Wie sollten Christen mit einer solchen Aufforderung oder Anfrage umgehen? Um es gleich offen zu sagen: Ich habe der Person kein Geld gegeben. Dennoch sind diese Worte nicht spurlos an mir vorübergegangen.
Was sagt das über meinen Glauben aus, wenn ich nicht bereit bin, einem Menschen zu helfen, der ganz offensichtlich in Not ist?
In unserer Predigtserie zum ersten Johannesbrief kommen wir heute zu einem Abschnitt, der uns lehrt, dass tätige Bruderliebe ein Zeichen dafür ist, dass wir wahrhaftig Kinder Gottes sind und somit das ewige Leben haben.
Darum geht es in diesem ganzen Brief, den wir schon seit einiger Zeit miteinander betrachten: Im ersten Johannesbrief verfolgt der Verfasser im Prinzip zwei wesentliche Ziele.
Das erste Ziel ist, die Christen in ihrer Gewissheit zu stärken, dass sie das ewige Leben wirklich besitzen. Zum anderen möchte Johannes seinen Lesern helfen, Scheinheilige und Irrlehrer zu enttarnen, damit diese in den Gemeinden keinen Schaden anrichten können.
Die zentrale Botschaft der Bruderliebe
Nun, wer kommt zu unserem heutigen Predigttext? Es ist der Erste Johannesbrief, Kapitel 3, Verse 11-24, den wir gerade in der Textlesung gehört haben. Dieser Abschnitt beginnt mit einem Aufruf, der quasi als Überschrift über unserem ganzen Abschnitt heute steht: Vers 11.
„Das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang an, dass wir uns untereinander lieben sollen.“
Der Apostel Johannes, der diese Worte schreibt, hatte diese Aufforderung direkt von Jesus gehört. Jesus selbst hatte gesagt – und es steht im Johannes-Evangelium, Kapitel 13, Vers 35:
„Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“
Und, ihr Lieben, wir müssen uns klar machen: Für den Apostel Johannes war das nicht einfach irgendein Bibelvers, den man ab und zu mal hört oder der vielleicht am Abrisskalender irgendwo steht. Diese Worte hatte er aus dem Mund seines geliebten Herrn Jesus gehört. Das waren ganz persönliche Worte für ihn, Worte, die ihn tief berührt hatten und die ihn dazu bewegten, diese Botschaft weiterzutragen.
Der Apostel Johannes hatte diese Botschaft verkündet, und so hatten die Christen, denen er hier schreibt, diese Botschaft von Anfang an gehört – sicherlich immer wieder. Nun, Johannes war offenbar davon überzeugt, dass seine Adressaten diese Aufforderung noch ein weiteres Mal hören mussten.
Wie ist das mit uns? Ich bin mir sicher, alle, die heute vielleicht nicht zum allerersten Mal in einem Gottesdienst sind, haben diese Aufforderung schon gehört. Müssen wir diesen Aufruf zur Bruderliebe oder zur Geschwisterliebe erneut hören? Müssen wir daran erinnert werden?
Diese Bruderliebe, diese Liebe ist eine ganz besondere Liebe. Diese Liebe ist etwas, was die Nachfolger von Jesus in besonderer Weise kennzeichnet. Ja, wir Christen sind auch dazu aufgerufen, ganz allgemein unseren Nächsten zu lieben und sogar unsere Feinde zu lieben. Aber die Liebe zu den Glaubensgeschwistern soll eine ganz besondere Qualität haben.
Die Gemeinde soll eine Bastion der Liebe sein, in der wir einander so lieben, dass wir dann ausgehen können von der Gemeinde und diese Liebe weitertragen – zu unseren Nächsten und selbst hin zu unseren Feinden.
Gott beschreibt sich selbst als die Liebe. Gott ist die Liebe, und da, wo sich seine Kinder versammeln, da soll die Liebe keine Grenzen kennen. Nein, in der Gemeinde soll die Liebe regieren, und es soll keinen Platz mehr geben für Missachtung, für Streit, für Hass.
Das soll ein Merkmal der christlichen Gemeinde sein: ein Ort der Geborgenheit, ein Ort, wo Liebe Platz hat und ein Ort, von dem dann eine Strahlkraft ausgeht in diese oft so lieblose Welt hinein.
Das ist der Aufruf, der hier am Anfang unseres Textes steht: dass wir uns untereinander lieben sollen.
Bruderliebe als Erkennungszeichen der Christen
Im Fortgang unseres Predigttextes sehen wir, dass der Gehorsam gegenüber dieser Botschaft wirklich das Erkennungszeichen von Christen ist.
Johannes zeigt uns zuerst in den Versen 12 bis 15, dass die Kinder des Teufels, wie er sie in Vers 10 nennt, oder auch die Nachkommen Kains – wir werden das gleich noch sehen – keine solche Liebe haben. Das heißt, diejenigen, die keine Christen sind, besitzen diese Liebe nicht.
In den Versen 16 bis 18 erklärt er dann, wie die Bruderliebe aussehen soll, an der man eben die Kinder Gottes erkennt.
Die abschließenden Verse 19 bis 24 möchte Johannes nutzen, um die Zuversicht der Gläubigen zu stärken. Er will ihnen zeigen, dass sie wahrhaftig Kinder Gottes sind und das ewige Leben haben.
Das sind die drei Punkte dieser Predigt.
Kein Vorbild Kains
Beginnen wir mit Vers 12 bis 15. Dort sehen wir, dass wir nicht dem Vorbild Kains folgen sollen. Kain war der erste Sohn – ich denke, den meisten von uns ist das klar – von Adam und Eva, der erste von Menschen gezeugte Mann. Er war auch der erste Mörder in der Menschheitsgeschichte, denn er tötete seinen jüngeren Bruder Abel.
Als Christen sollten wir einander lieben, nicht wie Kain, der vom Bösen stammte und seinen Bruder umbrachte. Warum brachte er ihn um? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders jedoch gerecht.
Wundert euch nicht, meine Brüder, wenn euch die Welt hasst. Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben gekommen sind, denn wir lieben die Brüder. Wer nicht liebt, der bleibt im Tod. Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger. Ihr wisst, dass kein Totschläger das ewige Leben bleibend in sich hat.
Mit anderen Worten sagt uns Johannes: Sei kein Kain. Kain ist der Inbegriff eines Menschen, der keine Liebe hat, keine Bruderliebe. Kain hatte seinen physischen Bruder Abel neben sich. Beide brachten Gott ein Opfer dar. Kain tat es, weil man das vielleicht irgendwie so machen musste, aber er hatte keine Liebe zu Gott. Er war böse in seinem Herzen.
Abel dagegen liebte Gott. Das wurde ihm als Gerechtigkeit zugerechnet. Abel liebte Gott und brachte ihm ein gottwohlgefälliges Opfer dar. Dieses Opfer war ganz anders als das seines Bruders. Es machte Kain zornig.
Das gute Werk von Abel offenbarte das lieblos-ungläubige Werk von Kain deutlich. Deshalb tötete Kain seinen Bruder. Er war ein Kind des Teufels oder, wie es hier in Vers 12 heißt, er stammte vom Bösen ab.
Die Welt wird Christen hassen
Und in Vers 13 lesen wir, dass wir Christen damit rechnen müssen, dass die Welt uns auf dieselbe Weise behandelt. Wundert euch nicht, meine Brüder, wenn euch die Welt hasst.
Immer wieder höre ich von Christen, die glauben, die Welt würde uns viel mehr schätzen und lieben, wenn sie uns nur besser kennen würde oder wenn wir ein klareres Zeugnis in dieser Welt hätten. Sie interpretieren die Ablehnung, die wir Christen erfahren, so, dass bei uns wahrscheinlich etwas falsch läuft.
Es ist gut, dass wir Christen uns ab und zu hinterfragen, ob wir in der Welt unnötig Anstoß erregen. Wenn das der Fall ist, sollten wir Buße tun und etwas ändern. Aber uns muss klar sein, dass die Welt uns Christen niemals lieben wird und dass sie Anstoß nehmen wird an einem sehr klaren christlichen Zeugnis.
Wenn wir konsequent unseren Glauben leben und durch die Liebe Gottes verändert in Liebe und guten Werken wandeln, dann zeigt das der Welt erst richtig, wie böse sie eigentlich ist.
Wer eine beeindruckende Illustration davon hören möchte, wie die Veränderung, die Gott wirkt, zu Widerstand führt, hätte die Gelegenheit, am Donnerstag zu einem Zeugnisabend zu kommen. Die junge Frau stammt aus Kuwait und hat eine Veränderung erlebt. Sie ist durchgedrungen zu einer Liebe, die sie zuvor nicht kannte. Gerade das hat dazu geführt, dass sie viel Ablehnung, Hass und Widerstand erfahren hat.
Ich denke, viele von uns haben das in gewisser Weise auch erlebt: Dass unser Zuwenden zu Gott, unser bewusstes Bemühen, gute Werke zu tun und in Liebe zu wandeln, dazu geführt hat, dass Menschen sich gegen uns gestellt haben.
Lieber Christ, wundere dich nicht, wenn dich die Welt hasst. Diese Welt ist böse. Johannes zeichnet hier ein ganz klares Bild und teilt die Menschen in zwei Gruppen ein. Er sagt: Die einen sind Kinder Gottes, die man an ihrer Bruderliebe erkennt. Die anderen, die Welt, stammen vom Bösen ab. Die anderen hassen die Brüder und sind Totschläger.
Vielleicht erscheint uns dieser Kontrast extrem, und wir denken, es gäbe einen großen Zwischenraum zwischen der Bruderliebe, wie Johannes sie beschreibt, und dem Mord. Doch Johannes macht deutlich: Das ist nicht der Fall.
Von Natur aus sind wir alle Nachkommen Keins, geistlich tot. Wir lieben nicht und sind schnell dabei, diejenigen abzulehnen, wenn wir kein bekehrtes Herz haben, wenn wir also noch natürlich aus der Nachfolge Keins leben. Dann wenden sich Menschen schnell gegen diejenigen, die Gutes tun und in besonderer Weise lieben.
Manchmal wird gesagt, besonders böse Taten wie Mord und Totschlag seien die Folge schwieriger Lebensumstände. Menschen müssten dann nicht mehr bestraft, sondern therapiert werden. Aber das ist falsch.
Es sind nicht die Lebensumstände, die Menschen böse machen. Typischerweise sind es die Lebensumstände, die das Böse eindämmen. Es sind Gesetze und die Angst vor Strafe, die Menschen davon abhalten, dem Bösen in sich freien Lauf zu lassen.
Wer daran zweifelt, kann sich anschauen, was dort geschieht, wo man diese Einschränkungen wegnimmt, wo Anarchie herrscht. Regiert dort die Liebe?
Der Mensch ist von Grund auf böse. Wenn Menschen in unserer Gesellschaft dem Bösen keinen freien Lauf lassen, wenn sie nicht zu Mördern werden, sondern vielleicht nur ein bisschen Missachtung oder kalten Hass zeigen, ist das aus Gottes Sicht letztlich dasselbe. Denn die Herzenshaltung bleibt die gleiche.
Jesus hat das selbst in der Bergpredigt erklärt: Schon dort, wo wir zornig sind und lieblos handeln, beginnen wir, in Richtung Mord zu marschieren. Wir haben dann schon das Gebot „Du sollst nicht töten“ gebrochen.
Deshalb heißt es in Vers 15: Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger. Und Totschläger haben das ewige Leben nicht.
Neu geboren durch Gottes Liebe
Um dieses ewige Leben zu erhalten und ein Kind Gottes zu werden, muss Gott selbst eingreifen. Es bedarf etwas wirklich Radikales: Eine Herztransplantation muss erfolgen. Ein kaltes, liebloses Herz muss entfernt und durch ein warmes, lebendiges, liebendes Herz ersetzt werden.
Oder anders ausgedrückt: Wir müssen neu geboren werden, neue Menschen werden. Mit den Worten aus Vers 14 heißt das, wir müssen vom Tod zum Leben kommen.
Ob wir vom Tod zum Leben gekommen sind, erkennen wir daran, dass wir die Glaubensgeschwister, also die Christen, lieben.
Noch einmal: In einer Welt, die uns feindlich gesinnt ist, sollte die Versammlung der Gläubigen ein Ort sein, an dem der Hass dieser Welt keinen Raum hat. Die Gemeinde sollte ein Ort sein, an dem die Liebe herrscht.
Ihr Lieben, das ist keine optionale Aufgabe für besonders gute Christen. Wenn du nur selektiv liebst, wenn du manche Glaubensgeschwister magst und andere ablehnst, dann bitte Gott, dein Herz zu verändern. Bemühe dich bewusst darum, gerade auch die nicht so leicht zu liebenden Geschwister mit immer mehr Liebe zu begegnen.
Johannes ermahnt uns: Wer seine Geschwister nicht liebt, ist noch nicht wirklich vom Tod zum Leben gekommen. So heißt es am Ende von Vers 14: Wer nicht liebt, der bleibt im Tod.
Nimm diese Warnung ernst: Sei kein Keiner! Sei ein Christ, der seine Geschwister liebt.
Die Liebe Jesu als Vorbild für tätige Bruderliebe
Und das bringt uns zum nächsten Punkt der Predigt, zu den Versen 16 bis 18.
Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns gelassen hat, und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen. Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darin und schließt sein Herz vor ihm zu, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm? Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit!
In Vers 16 macht Johannes deutlich, dass wir unsere Glaubensgeschichte nur lieben können, weil Jesus Christus, von dem hier die Rede ist, uns die Liebe Gottes offenbart hat. Er hat uns so von der Tyrannei des Hasses und des Bösen befreit. In Jesus Christus kam der ewige, vollkommen gute und vollkommen liebende Gott zu uns Menschen, die wir böse sind.
Wie einst Abel wurde auch Jesus getötet, weil böse Menschen Anstoß an seinem Leben nahmen, das so voller Liebe war. Für einen Moment konnte man denken, dass der Hass über die Liebe triumphiert hätte. Die Bösen töten den Liebenden. Aber genau das Gegenteil war der Fall.
Am Kreuz nahm Jesus die gerechte Strafe für das Böse der Welt auf sich. Er starb den Tod, den wir verdient hätten, und dann besiegte er den Tod, indem er am dritten Tag von den Toten auferstanden ist.
Jeder, der sich ihm im Glauben zuwendet, darf wissen, dass auch er vom Tod zum Leben übergegangen ist. Er wird den Tod eines Tages überwinden, hin zu einem viel besseren Leben in der herrlichen Gegenwart Gottes. Dort wird das Böse, wird Hass keinen Raum mehr haben. Dort wird die Liebe vollkommen sein.
Dass wir das erlebt haben und diesen Glauben haben, der uns zu neuen Menschen macht, erkennen wir unter anderem daran, dass wir nun auch so lieben, wie wir zuvor von Gott geliebt wurden.
Von daher ist die grundlegende Frage, die jeder für sich beantworten sollte: Hast du die Liebe Gottes erkannt? Hast du erkannt, wie sehr Jesus dich liebt, dass er bereit war, sein Leben hinzugeben und für dich zu sterben?
Er nahm die gerechte Strafe auf sich, die du verdient hast für alles Böse in deinem Leben, damit du vom Tod befreit bist und über den Tod hinaus zu einem ewigen Leben auferstehen kannst.
Wenn du diese Liebe erkannt hast, dann folge ihm nach. Sei ein Christ, der andere Christen mit der Liebe Gottes liebt, die du empfangen hast.
Vielleicht denkst du, das ist zu schwer für mich, das kann ich nicht. Das stimmt, das können wir aus eigener Kraft niemals tun.
Deswegen ist es so wichtig, dass Johannes uns darauf hinweist, dass wir uns erst auf die große Liebe besinnen, die Gott uns erwiesen hat. Sie ist für uns Vorbild und Grundlage für unsere Fähigkeit zu lieben.
Bedenke auch, dass Gott allen, die seine Kinder sind, allen, die im Glauben zu ihm kommen, ein großartiges Geschenk gibt.
Wenn du einen Bibelvers suchst, über den es sich lohnt, vielleicht nächste Woche mal nachzudenken, dann wäre Römer 5,5 ein guter Vers.
Dort lesen wir, dass Gott seine Liebe durch den Geist in unsere Herzen ausgegossen hat.
Alle Christen, alle, die wahrhaft zu Jesus Christus gehören und ihm nachfolgen, haben die Liebe Gottes in ihre Herzen ausgegossen bekommen.
Das heißt, du musst nicht mit einer eigenen, begrenzten Liebe lieben. Nein, du kannst mit der Liebe Gottes lieben.
Auf diese Liebe sollst du dich besinnen und ihr Raum in deinem Herzen geben. Dann wirst du befähigt, andere zu lieben.
Das bedeutet konkret, dass wir bereit sein sollen, unser Leben zum Wohl anderer einzusetzen, ganz konkret zum Wohl unserer Glaubensgeschwister.
Bist du bereit, dein Leben aufzugeben? Das heißt, es komplett zu investieren zum Wohl deiner Glaubensgeschwister.
Die Bruderliebe, die uns Christen auszeichnet, macht der Text hier deutlich, ist nicht einfach ein Lippenbekenntnis: "Ich habe dich lieb."
Nein, sie wird tätig.
Wenn wir Christen in Not sehen, bemühen wir uns darum, zu helfen. Wenn wir in die Gemeinschaft der Gläubigen kommen, drängt uns förmlich die Liebe Gottes, einander beizustehen in tätiger, wahrhaftiger Liebe.
Christen opfern dabei selten ihr Leben, aber sie opfern freizügig Zeit, Energie, Geld und Träume. Sie stellen ihre eigenen egoistischen Anliegen hinten an.
Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit!
Beispiele gelebter Liebe in der Gemeinde
Ein besonderes Privileg, das ich als Pastor dieser Gemeinde habe, ist, dass ich viel mitbekomme von dem, was hier geschieht. Tagtäglich darf ich bezeugen, dass hier eine Liebe herrscht, die diese Welt nicht kennt.
Ich sehe regelmäßig Johanna, Sepp, Thilo und andere, die sich engagieren, damit wir hier ein einladendes Grundstück haben. Ich sehe Samuel, David, Ulrich, Matthias und viele weitere, die sich investieren, damit Menschen das Wort Gottes hören können und die Technik funktioniert. Ich sehe Jonathan, Andrea, Gerlinde und Klaus, die sich dafür einsetzen, dass wir hier ein sauberes Haus haben. Sie dienen treu und im Verborgenen dieser Gemeinde.
Vor allem sehe ich aber auch Menschen wie Bettina, Jutta, Alex, Alena und Matthias, die darauf bedacht sind, dass neue Menschen schnell in die Gemeinschaft hineinfinden und geliebt werden – ganz praktisch und tatkräftig. Ich sehe Menschen wie Andrew, Judy, Mike und Caroline, die ihre Heimat verlassen haben, um die Liebe Gottes hier weiterzugeben.
Ich sehe Menschen wie Simon, der eine großartige Karriereoption aufgegeben hat, um sich weiter zu rüsten und der Gemeinde Gottes als Pastor zu dienen. Viele Geschwister sind für andere da und sorgen seelsorgerlich für sie. Was für eine Freude war es heute früh, als Jürg zu mir kam und sagte: „Mir geht es im Moment zwar nicht gut, aber Matthias, du glaubst gar nicht, wie viel Liebe, Unterstützung und Ermutigung ich durch so viele Geschwister bekomme.“
Ich sehe Tom, Hans, Beate, Markus, Ulli und Petra, die das Wort Gottes freizügig auf der Straße weitergeben und zu Glaubenskursen einladen, damit Menschen die Liebe Gottes erfahren können. Ich sehe Svetlana, Sarah und Alena, die ins Rotlichtviertel gehen, um Menschen dort die Liebe nahezubringen, die so wenig Liebe erleben.
Ich könnte weitermachen, die Predigt unendlich fortsetzen, weil ich so viel Liebe erlebe. Das bewegt mich, berührt mich, macht mich froh und dankbar. Ich preise Gott dafür, denn ich weiß, wo das herkommt: Es kommt von Gott. Er hat uns diese Liebe gezeigt und in uns ausgegossen, damit wir einander lieben können.
Er hat uns in die Gemeinschaft der Gläubigen hineingerufen, damit wir einander in Liebe begegnen können. Lasst uns immer wieder bedacht darauf sein, wie wir einander lieben können – mit einer Liebe, die für diese Welt ein großartiges Zeugnis ist. Diese Liebe wird der Welt oft Anstoß sein, doch sie wird immer wieder durch das mächtige Wirken Gottes dazu führen, dass Menschen in den Bann dieser Liebe gezogen werden, zum Glauben kommen und Teil der Gemeinde werden.
Die Bedeutung der Gemeinschaft für tätige Liebe
Ich möchte mich an dieser Stelle kurz an diejenigen wenden, die nicht regelmäßig am Gemeindeleben teilnehmen. Tätige Bruderliebe können wir nur dann praktizieren, wenn wir bewusst in der Gemeinschaft der Gemeinde leben.
Christen lieben alle ihre Geschwister. Sie sind nicht einfach Konsumenten, die ab und zu mal zum Gottesdienst kommen und dann schnell wieder gehen oder gar aus sicherer Distanz den Gottesdienst im Livestream verfolgen. Christen sind keine Menschen, die nur mit einigen wenigen ausgewählten Personen Gemeinschaft pflegen. Nein, Christen – das macht Johannes hier deutlich – nehmen so gut sie können Anteil aneinander.
Deshalb möchte ich dich ermutigen: Wenn du zu denen gehörst, die die Gemeinschaft der Gemeinde nicht so pflegen, dann ändere das. Dein Mangel an tätiger Liebe sollte für dich ein Warnsignal sein.
Ich höre manchmal, und ich kann das verstehen, von Gemeindemitgliedern, die sich zurückziehen, dass sie das tun, weil sie so wenig Kontakte in der Gemeinde haben und so wenig Liebe empfangen. Aber dieser Rückzug ist der falsche Weg. So wirst du die Liebe nicht erfahren und du wirst sie nicht weitergeben.
Komm zurück in die Gemeinschaft! Beginne, dich mit tätiger Liebe in Menschen zu investieren, und du wirst sehen, wie schnell du nicht mehr allein bist. Du wirst erleben, wie schön und segensreich es ist, wirklich Teil, wirklich Teil der Familie Gottes zu sein.
Denn wir Gemeindemitglieder haben uns nicht umsonst dazu verpflichtet, regelmäßig am Gemeindeleben teilzuhaben. Wer das nicht tut, nimmt der Gemeinde die Möglichkeit, sie zu lieben, und verweigert ihr gleichzeitig die tätige Liebe.
Wenn dich das betrifft, komm zurück! Liebe deine Brüder und Schwestern mit der Tat und mit der Wahrheit und zeige damit, dass du wirklich ein Kind Gottes bist.
Und wir, die wir das tun, die wirklich Teil dieser Gemeinschaft sind, lasst uns diese Liebe ganz bewusst auch denen entgegenbringen, die aus unserem Blickfeld verschwinden. Lasst uns ihnen nachgehen, lasst uns sie lieben und wieder zurück hinein in die Gemeinschaft holen.
Tätige Bruderliebe ist ein Kennzeichen wahrer Christen. Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, wie es zu Beginn von 1. Johannes 3,19 heißt.
Zuversicht im Glauben durch tätige Liebe
Der Herr möchte, dass wir diese Zuversicht und feste Gewissheit haben. Er möchte, dass wir wissen, dass wir das ewige Leben haben. Deshalb kommt er in den Versen 19 bis 24 darauf zu sprechen. Ich möchte diese Verse nur ganz kurz mit uns betrachten.
Ich lese uns diese Verse vor:
"Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor ihm damit zum Schweigen bringen, dass, wenn uns unser Herz verdammt, Gott größer ist als unser Herz und alle Dinge erkennt. Ihr Lieben, wenn uns unser Herz nicht verdammt, so haben wir Zuversicht zu Gott, und was wir bitten, werden wir von ihm empfangen. Denn wir erhalten seine Gebote und tun, was ihm wohlgefällig ist. Und das ist sein Gebot, dass wir glauben an den Namen seines Sohnes Jesus Christus und uns untereinander lieben, wie er uns das Gebot gegeben hat. Wer sein Gebot hält, der bleibt in Gott und Gott in ihm."
Genauso wie es Menschen gibt, vor denen Johannes in diesem ganzen Brief warnt – Menschen, die anderen und vielleicht sogar sich selbst nur vortäuschen, Christen zu sein – gibt es auch diejenigen, die ein sehr zartes Gewissen haben. Sie geraten schnell in Zweifel, ob sie wirklich Kinder Gottes sind.
Ich bete, dass Gottes Geist in dieser Predigt so wirkt, dass die, die Ermahnung brauchen, Ermahnung hören, und die, die Ermutigung brauchen, Ermutigung hören. Ich weiß, ich spreche das gleiche Wort zu euch, und ich bete, dass Gottes Geist es in rechter Weise in eurem Herzen ankommen lässt.
(1. Johannes 3,19-24)Umgang mit Schuldgefühlen und das Vertrauen auf Gottes Zusagen
Ich möchte ganz bewusst noch einmal auf die Situation zurückkommen, von der ich am Anfang der Predigt gesprochen habe. Als dieser Mann mich aufforderte, ihm 50 Euro zu geben, war ich einerseits verärgert über diese kühle, berechnende Forderung. Andererseits verfehlten seine Worte ihre Wirkung nicht völlig. Für einen Moment hatte ich tatsächlich ein unruhiges Herz.
Ich habe mich gefragt, was es über meinen Glauben aussagt, wenn ich diesen Menschen jetzt einfach stehen lasse. Und in der Tat sollten wir uns diese Frage ab und zu stellen. Wir sollten nicht zu schnell sein, weiterzugehen. Immer wieder sollten wir überlegen, ob wir in konkreten Situationen nicht tatsächlich von der Liebe Jesu dazu bewegt sein sollten, Menschen in Not zu helfen.
Andererseits ist es so, dass uns zumindest den allermeisten von uns die Ressourcen fehlen, um jede Not zu lindern. Das kann dazu führen, dass wir ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir eine Not nicht lindern, auf die wir aufmerksam gemacht werden. Dann fragen wir uns, was das über unseren Glauben aussagt.
Ich bin mir sicher, so mancher von uns hat das schon erlebt, oder? Eine Situation, in der du mit einer konkreten Not konfrontiert wurdest, dich entschieden hast, weiterzugehen, nicht zu reagieren, und dann kam dieses ungute Gefühl.
Der Apostel Johannes weiß darum. Deshalb hilft er solchen Christen, damit sie ihr Herz, wenn es sie denn versucht zu verdammen, zum Schweigen bringen können. Johannes erklärt in gewisser Weise: Die Frage ist nicht, ob du ab und zu mal ein schlechtes Gewissen hast oder ob du jede Not, die sich dir zeigt, gelindert hast. Die Frage ist, ob du grundsätzlich erkennen kannst, wie Gottes Liebe in dir Raum eingenommen hat.
Zeigt sich das an tätiger Liebe gegenüber deinen Geschwistern? Hat Gottes Liebe in dir Raum, zeigt sich das immer wieder und vielleicht immer mehr daran, dass du deine Geschwister tätig, ganz praktisch liebst? Dann lass dich von deinem oft unruhigen Herzen nicht verdammen. Vertraue nicht auf dein Gefühl, auf dein Herz, sondern verlasse dich auf die Zusage aus Gottes Wort.
Er ist größer als dein Herz. Er erkennt und weiß alle Dinge, er weiß, wer sein Kind ist, und was er sagt, das gilt. Mit dieser Erkenntnis können wir unser Herz zum Schweigen bringen. Wir können Zuversicht haben.
Ich bin noch nicht angekommen, ich brauche noch Vergebung, ich suche sie regelmäßig im Gebet. Aber ich weiß, dass, wenn Gottes Liebe in mir wirkt und sie sichtbar wird, mehr und mehr, dass ich ein Kind Gottes bin und ewiges Leben habe.
Ihr Lieben, Gott liebt seine Kinder. Er liebt es, wenn sie auch im Gebet, gerade in solchen Situationen, zu ihm kommen. Und er hört das Flehen seiner Kinder. Das ist die Zusage, die wir haben.
Wenn wir zu ihm kommen, wenn wir im Glauben zu ihm kommen, wenn wir immer mehr im Gehorsam auch zu ihm kommen, dann dürfen wir erleben, dass er uns beisteht.
Ihr Lieben, die Welt wird die Kinder Gottes hassen, aber Gott liebt seine Kinder. Er hört ihr Gebet und sorgt für sie. Wir dürfen wissen, dass wir seine geliebten Kinder sind, wenn wir glauben, dass Jesus der Christus, der Sohn Gottes, ist und wenn wir die Liebe Gottes in uns tragen und uns damit untereinander lieben.
Daran wird jedermann erkennen, dass wir Jesu Jünger sind, wenn wir Liebe untereinander haben. Sei kein Scheinheiliger, sei ein Christ und wachse in dieser Zuversicht.
Himmlischer Vater, darum wollen wir dich bitten. Wir wissen, dass wir von Natur aus nicht die Liebe in uns tragen, nicht die Liebe, wie du sie hast. Unsere rein menschliche Liebe kommt und geht schnell. Sie liebt vor allem sich selbst.
Herr, füll uns immer mehr mit deiner Liebe, einer aufopferungsbereiten, einer selbstlosen Liebe. Herr, hilf uns als Gemeinde immer mehr, eine solche Bastion der Liebe zu sein, die Strahlkraft entwickelt, auch nach außen hin.
Herr, ich preise dich für die klaren Zeugnisse deines Wirkens in den Geschwistern hier. Ich danke dir für die Liebe, die ich tagtäglich erleben darf. Ich danke dir für jedes Wort der Ermutigung, für jedes seelsorgerliche Gespräch, für jeden praktischen Akt der Liebe.
Herr, schenke mehr, schenke mehr davon. Nimm immer mehr Raum ein in unseren Herzen. Herr, vergib uns da, wo wir noch Lieblosigkeit Raum gegeben haben. Räume du in unseren Herzen auf und erfülle uns mit deiner Liebe, auf dass die Welt erkennt, dass wir deine Kinder sind. Amen.
Lasst uns aufstehen und unserem...