Einführung in das Gespräch am See Tiberias
Wir wollen heute Morgen von der Erscheinung Jesu am See Tiberias und dem Gespräch mit Petrus lesen, und zwar aus Johannes 21,18-22. Diese Verse bilden den Abschluss des Johannesevangeliums.
Zuvor hatte Jesus Petrus gefragt, ob er ihn liebe. Petrus antwortete: „Das ist doch klar, ich liebe dich.“ Das wäre auch ein schönes Thema für den heutigen Sonntag: Was verbindet uns mit Jesus? Ist es die Liebe? Man würde vielleicht sagen: „Das ist doch selbstverständlich.“ Doch Jesus forscht tiefer nach und will es genau wissen.
Dann sagt Jesus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst.“ Damit zeigt Jesus an, wie Petrus Gott preisen wird, nämlich durch seinen Tod.
Nachdem er das gesagt hatte, spricht Jesus zu ihm: „Folge mir nach!“ Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, den Jesus liebte. Dieser Jünger hatte auch beim Abendmahl an Jesu Brust gelegen und gefragt: „Herr, wer ist der, der dich verrät?“ Als Petrus diesen Jünger sah, fragte er Jesus: „Herr, was wird aber mit diesem?“ Jesus antwortete ihm: „Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht das dich an? Folge du mir nach!“
Ach Herr, zeig uns auch, was deine Aufträge sind. Amen.
Große Persönlichkeiten und das Potenzial im Leben
Es war im letzten Jahrhundert in Cannstatt, in einem Gartenhäuschen. Die Nachbarn waren immer ein wenig besorgt. Wenn etwas Merkwürdiges passierte, wenn gearbeitet wurde, man Blechgeräusche hörte und immer noch Licht brannte, dann wurde man aufmerksam. Schließlich alarmierte einer, der dort unten wohnte, die Polizei.
Bei Nacht und Nebel stürmte diese das Gartenhäuschen. Dort fanden sie zwei Schwaben, Charakterköpfe: Maybach und Daimler, zwei Entdecker, die Säulen des Motors. Das waren große Persönlichkeiten, Menschen, zu denen man aufblickt und sagt: Es gibt solche Frauen und Männer, auf die man wirklich stolz sein kann. Was sie geleistet haben, was sie aus ihrem kleinen Leben Großes gemacht haben, ist bewundernswert.
Unter uns ragen sie hervor, wie man das manchmal in den Schonungen der Wälder sieht. Wo die großen Bäume alle abgeholzt sind, stehen noch einige wenige, die über die kleinen Pflänzchen hinausragen. So sind auch die großen Persönlichkeiten, zu denen man aufblickt: Entdecker, Erfinder.
Es gibt auch gewaltige Wirtschaftsführer. Einer von ihnen hat nichts erfunden, er hatte nur eine eiserne Energie. Er wurde vielen zum Vorbild. Er wollte die ganze Weltkonkurrenz ausschalten, und man nannte sein Produkt nach seinem Namen: Kruppstahl. Was für ein Mann war das, der so viel leistete und konnte!
Ein anderer war durchs Abitur gefallen – ein Trost für manche, die in der Schule zu kämpfen haben. Trotzdem hat er studiert, damals war das möglich. Er konnte sich allerdings nicht habilitieren, aber er war der erste Empfänger des Nobelpreises für Physik. Ihr Schüler, was alles noch in euch schlummert!
Wilhelm Conrad Röntgen – was für Genies, die aus ihrem Leben so viel entwickelt haben! Mir tut das immer gut, und Ihnen hoffentlich auch. Man sagt: Da ruht in mir doch noch ein verkanntes Genie, die anderen haben es nur nicht gemerkt, die Lehrer haben es nicht bemerkt. Irgendwie muss das ja noch herauskommen. Und das stimmt ja, das stimmt ja.
Jeder Mensch ist ein unverwechselbares Original. Wichtig ist nur, was der auferstandene Jesus aus deinem Leben machen kann. Er hat einen Plan und eine Idee. Er will mit seiner Kraft gewaltig wirken.
Die Ermutigung durch die Begegnungen mit Jesus
Wenn wir die Geschichten von den Frauen und Männern lesen, die damals mit Jesus zusammentrafen, dann ist das immer wieder eine Ermutigung für uns. Jesus will etwas aus unserem Leben machen. Wir sind für ihn nur das Rohmaterial, und das spielt keine große Rolle.
Wichtig ist nicht, was das Nobelkomitee über uns sagt oder was die Presse meint. Entscheidend ist, was wir in den Augen Gottes bewirken können, was wir erreichen und was wir zustande bringen. Ob wir etwas werden zum Lobe Gottes.
Bei den meisten von euch ist es auch so, dass man sich ständig quält und versucht, aus seinem Leben noch etwas herauszuholen. Man sagt: „Ich strenge mich sehr an, ich bemühe mich, ich will ja auch etwas Großes sein.“ Doch das ist heute Morgen gar nicht gefragt. Es geht nicht darum, wie viel Leistung oder Kraft wir noch aus unserem Leben herausquetschen können.
Es geht auch nicht um irgendeine Kasteiung. Viele meinen, das christliche Leben sei ein großer Aufbruch der Aktivität. Am Sonntag nach Ostern, dem sogenannten Quasimodogenetag – ein toller Name, lateinisch und bedeutet „Wie die eben geborenen Kindlein“ – entdecken wir das Geheimnis des Lebens: Ich wachse durch die Kraft, die Jesus in meinem Leben sein will.
Er will in meinem Leben wirken. Das Geheimnis des Christenlebens ist, dass man mit Jesus auf Du und Du lebt, in einer ganz nahen, persönlichen Beziehung. Man streckt sich aus und sagt: „Du kannst doch jetzt etwas. Ich will deine Kraft erfahren und entdecken, was du aus meinem Leben machen kannst.“
Mir ist zuerst wichtig, nie mehr allein zu leben, nie mehr allein. Jesus hat das bei seiner letzten Begegnung mit Petrus, diesem stürmischen Mann, noch einmal eindringlich vermittelt.
Die Bedeutung von Gemeinschaft mit Jesus im Leben
Wenn man Petrus ein wenig charakterisieren möchte, dann hat er sich ganz bestimmt immer dadurch ausgezeichnet, dass er ein Mann war, der tatkräftig, voller Energie und Vitalität war. Er war jemand, der sich immer als Erster gemeldet hat. Es ist schön, dass es solche Menschen gibt – Leute, die sich bis zum Letzten einsetzen, die etwas fertigbringen, die etwas umwerfen und auch Leistung vorzuweisen haben. Ein Mann, der stolz auf das war, was er konnte, und der das Jesus gegenüber gerne zum Ausdruck brachte. Er sagte zum Beispiel: „Ach, das mache ich so, lass mich mal ran.“
Jetzt legt Jesus ihm aufs Herz und sagt: „Petrus, nie mehr allein, nie mehr ohne mich.“ Dieses Wort ist heute Morgen ein ganz konkretes Rufen für Sie: Machen Sie in Ihrem Christenleben nichts mehr ohne Jesus. Seien Sie stolz darauf, was Sie bis jetzt geschafft haben, aber gehen Sie nie mehr ohne ihn.
Jesus sagt weiter: „Als du jünger warst, gürteltest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst.“
Es ist merkwürdig, dass wir oft erst im höheren Alter, so wie Sie es vielleicht auch erleben, anfangen, mehr nach der Kraft Christi zu fragen. In der Jugend eröffnet uns die eigene Kraft viele Möglichkeiten, wo wir wirken können. Doch im Dienst für unseren Herrn Jesus stoßen wir immer wieder an die Grenzen unserer Kraft und können nicht mehr weiter.
Mich beeindruckt das bei den Lebensgeschichten von Christen immer sehr, wie sie genau diesen Punkt erlebt haben. Sie haben angefangen, für Jesus zu wirken, und kamen dann an den Punkt, an dem sie gescheitert sind. Die fruchtbare Wirkung ihres Lebens begann aber eigentlich erst dort, wo sie sich ganz aufgeschlossen haben und sagten: „Ich will den auferstandenen Jesus noch viel mehr in mein Leben einlassen.“
Es kann sogar sein, dass dies bei Ihnen erst in dem Moment geschieht, wenn Ihre Körperkraft reduziert ist und Sie in Ihrer Wirkungsweise eingeschränkt sind. Für Jesus macht das nichts aus, denn er wirkt in seiner ganzen Kraft.
Beispiel Hudson Taylor: Kraft in der Schwäche
Eine der größten Persönlichkeiten der Missionsgeschichte war Hudson Taylor, ein außergewöhnlicher Missionar. Innerhalb von 15 Jahren organisierte er ein unvergleichliches Missionswerk. Er vereinte verschiedene Missionsgesellschaften aus unterschiedlichen Ländern zu einer einzigen Mission in China: der China Inland Mission.
Wenn man seine Biografien liest, sieht man, wie fasziniert die Missionare waren, als sie diesen Mann kennenlernten. Er lebte in einer einfachen, bescheidenen Wohnung, doch mit klarem Verstand und Glaubensmut hatte er das riesige chinesische Reich im Blick. Er kannte alle Stationen und organisierte die Einsatzpläne.
Doch nach 15 Jahren Dienst kam er in eine große Krise. Er wurde müde, erschöpft und fühlte sich unfähig weiterzumachen. Krisen sind oft heilsame Momente im Leben. In dieser Zeit schrieb ihm ein Freund, der Missionar McCarthy, einen Brief. Darin sagte er: „James, du musst nur auf Jesus schauen.“
Hudson Taylor wusste das sein Leben lang und hatte es auch verkündet. Doch es ist etwas anderes, es in einer Krisensituation wirklich zu begreifen. Ich hoffe, einige verstehen heute Morgen, dass sie in den Krisen ihres Lebens alles in die Hände Jesu legen müssen. Man muss wegsehen, auf Jesus schauen, in ihm bleiben und sich ganz auf seine lebendige Kraft verlassen. So schrieb McCarthy.
Er schrieb weiter: „Er ist allein meine Erlösung.“ Und dann hieß es im Brief: „Ich habe das Gefühl, als wäre ich nur bis an das Ufer eines grenzenlosen Meeres gekommen, als hätte ich nur von etwas genippt, das völlige Befriedigung bringt. Christus ist jetzt meine ganze und einzige Kraft.“
Als Hudson Taylor das las, sagte er, dass einem so etwas nur ein anderer zurufen kann. Plötzlich verfügte er über ganz neue Kräfte. Er konnte jahrelang aus der Vitalität der Auferstehung Jesu wirken und wusste: Er ist bei mir, er trägt mich.
Die wahre Kraftquelle im Glauben
Warum ist es immer wieder ein Missverständnis von uns allen gewesen, als wir das Evangelium gepredigt bekommen haben? Wir haben es stets so verstanden, als sei es ein Aufruf an unsere eigenen Kräfte.
Es ist schön, wenn wir uns einsetzen, wenn wir sagen, wir müssen etwas tun, wir wollen uns anstrengen. Christen sollen keine faulen Leute sein. Aber so ein Petrus musste es unter Tränen lernen, nach der Nacht des Scheiterns, nach Verrat und Verleugnung. Jesus sagt zu ihm: „Jetzt wird dich ein anderer gürten und führen, wohin du nicht willst.“
Darum gehören Wunden, Enttäuschungen und Niederlagen ganz fest zum Glaubensleben dazu. Man muss sie einplanen, denn erst darüber kann man die Kraft Jesu entdecken.
Jesus sagt zu Petrus: „Als du jünger warst, wandeltest du, wohin du wolltest.“ Das Wort „wandeln“ bedeutet hier eigentlich, dass du überall herumgerannt bist. Du warst ein Hansdampf in allen Gassen.
Uns tut es weh, wenn uns jemand so kritisiert. Und wenn uns dann noch Jesus sagt, dass wir überall aktiv gewesen sind, dann sagen wir: „Aber Herr, wir haben es doch für dich gemacht. Entschuldigung, du darfst uns das doch nicht übel nehmen.“
Jesus will, dass in unserem Leben eine Konzentration auf das Wesentliche kommt. Ich sage Ihnen das gern heute Morgen: Das Wesentliche ist das, was Ihnen der Auferstandene aufgetragen hat, was Sie mit Ihrem Leben tun sollen.
In der Überfülle Ihrer Aufgaben, Dienste und Verpflichtungen möchte er Ihnen sagen, was eigentlich nötig ist und was er in Ihrem Leben wirken will.
Die Notwendigkeit des Führens durch Jesus
Erst wenn er uns gürtet und führt, wissen wir wieder, was Vorrang hat, was wichtig und bedeutsam ist.
Das Bild vom Gürten und Führen passt mir zunächst gar nicht. Wir sind ja stolze Menschen und wollen gerne allein loslaufen und unsere Herausforderungen selbst meistern. Wir möchten selbst entscheiden. Gürten und Führen klingt für uns so, als wäre man hilfsbedürftig. Genau das meint Jesus. Anders kann er in unserem Leben nichts vollbringen.
Sie brauchen jetzt gar nicht zu denken, dass etwas anderes geschehen muss. Sondern genau dort, wo Sie sagen: „Ich brauche ihn.“
Schon beim Schüler kann das beginnen, wenn er unter seinen Schulleistungen leidet und sich anstrengt. Dann kann er sagen: „Lass den Herrn in mein Leben.“ Es können körperliche Nöte sein, Schwierigkeiten in Ehe und Familie oder Berufsprobleme, die man nicht meistern kann und die einen fast erdrücken.
Auch Spannungen mit Kollegen, die unlösbar scheinen, können dazu führen, dass man sagt: „Herr, ich will dich jetzt da erleben, deine Kraft. Ich will mich von dir führen lassen. Ich will überhaupt erst einmal hinhören: Was sind deine Planungen und deine Pläne mit mir?“
Es wird viel zu viel gewurzelt und viel zu viel herumgerannt. Ich bin so froh, heute Morgen an diesem Wort: Nie mehr allein, nie mehr ohne ihn.
Die Herausforderung, Gottes Führung anzunehmen
Das Nächste ist, nicht mehr nach dem eigenen Kopf zu handeln – auch das kritisiert Jesus auf eine höfliche und freundliche Weise bei Petrus. Du hast bisher so gehandelt, wie du wolltest. Du hast geplant und bist dorthin gegangen, wo du wolltest.
Wie sollen wir denn anders unsere Entscheidungen treffen als nach dem Kopf, den wir haben, und nach den Entscheidungen, die wir treffen? Jesus sagt jedoch: Nein, es geht ganz anders. Pass mal auf: Es geht so, wie ich will.
Deshalb gibt es in ihrem Leben auch solche Wendungen, bei denen Jesus plötzlich entscheidend ihren Lebensweg verändert. Zuerst schreien wir auf und fragen: Warum passiert das? Weil er will und nicht ich. Nicht wie ich will, sondern wie du, Herr, willst.
Und wieder fällt uns auf, dass auch im Leben der von Gott gesegneten Frauen und Männer – dieser Persönlichkeiten, die etwas geworden sind und die Gott gebrauchen konnte – immer das Entscheidende war, dass Jesus etwas gewirkt hat, was gar nicht denen in den Kram passte.
Beispiel Ludwig Krapff: Treue trotz Leid
Ich erzähle ja immer so gern von dem Missionspionier Doktor Ludwig Krapff, der auf dem alten Friedhof in Korntal beerdigt ist. Dieser Ludwig Krapff, der aus Derendingen stammte, war ein Genie, leider aber bei uns sehr unbekannt. Er war ein Sprachforscher der Suaheli-Sprache und wird heute in Kenia als ein Nationalheiliger verehrt. Über ihn werden Filme gedreht, während er bei uns fast vergessen ist.
Er ging hinaus und schrieb zehn Grammatiken und Wörterbücher. Als er in Mombasa ankam, starb als Erstes seine Frau. Ich meine, Gott will Missionen. Kurz darauf folgte sein Kind wenige Tage später am Fieber.
Wir hätten unsere Sachen gepackt und gesagt: Das kommt von Gott, er will nicht, dass ich weitermache. Krapff schrieb jedoch nach Hause an sein Missionskomitee: „Sagen Sie dem Komitee, dass an der ostafrikanischen Küste ein einsames Missionsgrab sich findet. Es mahnt die Christenheit an die Aufgabe, die hier begonnen wurde. Denn Marsch über die Gräber ihrer Streiter bedeutet Sieg für die Kirche Christi. Achten Sie nie auf die Opfer!“
Dann arbeitete er 25 Jahre ohne Heimaturlaub weiter. Gerade dann, wenn Dinge vorkommen, die nicht in meinen Kopf passen, will Gott besonders wirken.
All das, was später in der Missionsgeschichte Ostafrikas getan wurde, war nur die Ausführung der großen Pläne und Gedanken, die Ludwig Krapff damals in seinen Büchern niedergelegt hat. Es geht nicht nach deinem Kopf, sondern nach den Gedanken Gottes.
Warum Leiden und Herausforderungen zum Glaubensleben gehören
Bei vielen von euch ist es ähnlich: In eurem Leben gibt es schwere Dinge, mit denen man nicht fertig wird. Man fragt sich: Warum muss in meinem Leben so viel Schweres geschehen? Die Antwort ist, dass der auferstandene Herr in ihrem Leben groß werden will.
Warum nimmt er ihnen die Kraft? Sie sagen: „Ich brauche doch Kraft.“ Warum nimmt er mir einen lieben Menschen weg? Ist Gott ein Sadist? Nein, er will seine Auferstehungskraft in ihrem Leben groß werden lassen. Das gilt nicht nur bei Ludwig Krapf, sondern bei uns allen.
Gott führt uns oft dorthin, wo wir nicht hinwollen. Warum führt er uns an Orte, die uns nicht passen? Weil er groß werden will – mit seinem Wirken und Tun.
Das sagte er aber auch, um zu zeigen, mit welchem Tod jemand Gott preisen würde. Ich stelle mir das ganz anders vor, wenn ich mit meinem Sterben Gott preisen soll: Ich denke, es wird eine Demonstration, eine schöne Sache.
Doch dann hat Gott für Petrus den Märtyrertod vorgesehen – einen schmählichen Tod mit Schimpf und Schande. Wir sagen: „Herr, eigentlich haben wir es uns ja anders vorgestellt, wenn wir dir dienen. Wir dachten, wir könnten ein wenig mehr Ehre für dich einbringen.“
Und der Herr antwortet: „Nein, lass mal. Ich habe die Planung, mit welchem Tode du mich preisen würdest.“
Das Leben als Lobpreis Gottes im Alltag
Es ist mein Anliegen und meine Überlegung, dass unser Leben ein Lobchoral Gottes sein soll – ein Lobchoral auf zwei Füßen. So wandelt die Welt und preist Gott, singt das Lied des auferstandenen Jesus.
Wir haben uns bereits am Ostertag daran erinnert, dass es Luther, dem Reformator, besonders wichtig war, in diesen Stellen immer davon zu sprechen, dass die erste Verpflichtung, zu der Gott uns ruft, die alltäglichen Dienste sind. Dabei kam das Wort „Beruf“ auf. Dieses Wort ist eine Schöpfung der Reformation. Es bedeutet, dass man sagt: „Dahin bin ich gerufen.“
Wir müssen immer wieder darauf achten, dass wir heute nicht den normalen Beruf, in dem wir leben und arbeiten, abwerten. Es darf nicht heißen: „Das Eigentliche, wo ich Gott diene, wäre doch die Freistellung.“ So wie wir es als Pfarrer glücklicherweise haben, dass wir vollzeitlich unserem Hobby nachgehen dürfen. Manche von Ihnen denken dann immer wieder: „Aber das ist doch schwierig für mich.“
Warum hat Luther immer wieder davon gesprochen, dass auch das Kehren des Stalls ein Dienst für Gott ist, ein Gottesdienst? Weil der auferstandene Jesus gerade in unseren alltäglichen Diensten und Verpflichtungen seine ganze Kraft schenken will.
Darum sind die Plätze so wichtig, wie wir es am Ostermontag auch erlebt haben. Dort, wo die Hausfrau und Mutter wirkt oder wo jemand im Beruf steht. Dort will die Kraft Jesu in ihrem Leben kräftig wirken. Dort will die Melodie erklingen, die der Herr aus unserem Leben weckt.
Symbolik des Führens und die Bereitschaft zur Hingabe
Diese gefalteten Hände, die wir auch beim Gebet verwenden, haben eine tiefe Symbolik. Ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst. Das ist das alte Sklavensymbol. Ich will mich von meinem Herrn binden lassen und nicht nur mit meinen Händen dauernd unruhig tätig sein. Ich will hören, was er tut.
Darum sagen wir natürlich: Die Hände in den Schoß legen – das ist die Kraft meines Lebens. An der entscheidenden Stelle still werden und hören: Was will der Herr aus meinem Leben? Was tut er? Was ist das Ziel?
Man möchte jetzt am liebsten nur aus der Missionsgeschichte erzählen. Warum ist denn meist die ganze erste Generation der Missionspioniere so früh gestorben? In wenigen Stunden wurden sie vom Schwarzwasserfieber, der Malaria oder dem Gelbfieber hinweggerissen. Sie kennen die Geschichte der Basler Mission, wie die Missionspioniere damals an die Goldküste hinausgingen. Sie kamen nur bis an dieses dänische Fort und lebten, wenn es hochkam, ein halbes oder dreiviertel Jahr.
Der einzige Überlebende schickte dann mit dem nächsten Segelschiff eine Nachricht zurück: „Eil, eil, schickt andere! Sie sind alle weg.“ Daraufhin ging der Leiter der Basler Mission in die Klasse seiner Kandidaten und fragte: „Wer geht? Wer meldet sich freiwillig?“ Alle saßen schweigend da. Wie sollte man in dieses Todeskommando gehen?
Dann fragte er anders. Er sagte nicht: „Wer geht freiwillig?“, sondern: „Wer lässt sich senden?“ Da standen alle auf. Wenn es in den Tod geht, dann aber für meinen Herrn, mit einer Botschaft vom Leben.
Ich sage Ihnen das, damit Sie die Widerwärtigkeiten Ihres Lebens mutiger tragen und sagen: Der auferstandene Herr will das nicht nur bei Petrus, er will das auch bei mir, dass ich ihm diene. Er hat den Plan, wie lang das sein soll, wie viel Raum er mir mit meinem Leben gibt. Aber ich soll ihn verkündigen und weitersagen.
Persönliche Berufung und Nachfolge
Sie wissen doch noch, warum heute unser Thema lautet: Wie werde ich eine Persönlichkeit?
Wir orientieren uns nicht am Nobelkomitee oder an den Entscheidungen der Presse, die Menschen lobt und erklärt, sie seien groß. Uns geht es darum, wo der Auferstandene heute in unserer Welt wirken kann. Und das geschieht dort, wo es nicht mehr nach unserem eigenen Willen geht. Dort, wo wir nie mehr allein handeln, sondern auf ihn schauen. Dort, wo wir uns auch nicht mehr mit anderen vergleichen, selbst nicht im Letzten.
Beim Erzählen christlicher Biografien passiert es leicht, dass wir sagen: Wir schauen auf solche Persönlichkeiten. Doch Petrus dreht sich um und fragt: Was wird dann aus Johannes? Jesus antwortet: Schluss, du brauchst nicht zu schauen, was andere tun sollen. Jeder hat seinen Weg vom Herrn.
Am Ostermontag habe ich davor gewarnt, aus der Predigt konkrete Anleitungen fürs Leben zu gewinnen. Natürlich soll jeder für sich etwas daraus gewinnen, aber nicht so, dass man sagt: Jeder Christ muss jetzt politisch aktiv sein oder jede bestimmte Entscheidung so treffen. Ich glaube, Jesus hat ganz verschiedene Wege. Er wird jedem deutlich machen, wie und wo er gehen soll.
Petrus fragt: Stirbt Johannes auch wie ich einen Märtyrertod? Ich hätte das gern gewusst. Jesus antwortet: Das geht dich nichts an. So verschieden sind die Führungen Jesu mit seinen Leuten. Vom Nachahmen hat man nichts. Man braucht auch nicht auf andere zu schauen und zu meinen, das müsste bei uns alles genauso laufen.
Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, gab es viele Stationen, an denen ich Gottes Führung nicht verstand. Doch heute muss ich sagen: Gerade dort waren große Wegführungen meines Herrn. An diesen Stellen hat er entscheidend gewirkt. Das macht Jesus hier deutlich.
Nur eines ist wichtig: Folge mir nach. Du sollst den auferstandenen Jesus in deinem Leben widerspiegeln und ihm Raum zum Wirken geben. Lass ihn bei dir einziehen. Du bist nicht menschenverantwortlich und musst nicht auf das Urteil anderer hören. Sei kein Abklatsch von irgendwelchen frommen Personen. Der Herr selbst, der Auferstandene, ruft dich in seinen Dienst und will bei dir wirken.
Es ist jetzt nur wichtig, ob wir wirklich mit allem anderen brechen und sagen: Du, Herr, du musst uns führen und leiten. Und wir sind gespannt, was wir mit dir erleben. Amen.
