So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu allen, die ich aus Jerusalem in die Gefangenschaft weggeführt habe:
Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte.
Nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter; nehmt euch Frauen für eure Söhne und gebt eure Töchter Männern zum Heiraten, damit sie Söhne und Töchter bekommen. Sorgt dafür, dass es euch dort gut geht und nicht schlecht.
Denn ich weiß, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben.
Und wenn ihr mich anruft und zu mir betet, so will ich euch erhören.
Wenn ihr mich sucht, werdet ihr mich finden; wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR.
Denn in der Zeit, in der ihr in der Gefangenschaft seid, sollt ihr siebzig Jahre bleiben.
Wenn die siebzig Jahre voll sind, will ich euch besuchen und mein Wort an euch erfüllen und euch wieder an diesen Ort bringen.
Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben.
Denn ihr werdet mich suchen und finden, wenn ihr von ganzem Herzen nach mir fragt.
Ich will mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will euer Schicksal wenden und euch wieder sammeln aus allen Völkern und Orten, wohin ich euch zerstreut habe.
Ich will euch wieder an den Ort bringen, von dem ich euch habe wegführen lassen.
So spricht der HERR Zebaoth: Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte.
Nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter; nehmt euch Frauen für eure Söhne und gebt eure Töchter Männern zum Heiraten, damit sie Söhne und Töchter bekommen.
Sorgt dafür, dass es euch dort gut geht und nicht schlecht, denn ich will euch das Beste geben in dieser Zeit.
Denn so spricht der HERR Zebaoth:
Wenn ihr in der Stadt, wohin ich euch weggeführt habe, Propheten seht und Träumer, die euch sagen: "Ihr sollt nicht in die Fremde gehen und euch nicht dort niederlassen", so sollt ihr nicht auf die Worte dieser Propheten und Träumer hören.
Denn sie lügen zu euch, spricht der HERR.
Denn ich habe euch in die Fremde weggeführt, aber ich will euch wieder zurückbringen und euch nicht vernichten.
Sucht das Wohl der Stadt, in die ich euch weggeführt habe, und betet für sie zum HERRN; denn wenn es ihr wohlgeht, so geht es auch euch wohl.
Denn so spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels:
Ihr sollt nicht auf die Worte der Propheten hören, die unter euch sind und euch falsche Hoffnungen machen.
Sie reden von Frieden, wo kein Frieden ist.
Sie sagen: "So spricht der HERR", obwohl ich sie nicht gesandt habe, spricht der HERR.
Darum hört nicht auf sie.
Denn so spricht der HERR Zebaoth:
Wenn ihr in der Fremde seid und euch niederlasst, sollt ihr nicht auf falsche Propheten hören, die euch sagen, dass ihr nicht zurückkehren sollt.
Denn ich will euch wieder zurückbringen und euch nicht vernichten.
Sucht das Wohl der Stadt, wohin ich euch verschleppt habe, und betet für sie zum HERRN.
Denn wenn es ihr wohlgeht, so geht es auch euch wohl.
Einführung: Die erste Deportation und Gottes Wort an die Weggeführten
Jeremia 29 beschreibt die erste Deportation, die Wegführung von Bürgern aus Jerusalem nach Babel, nachdem die Stadt erobert wurde.
Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet Jeremia von Jerusalem an den Rest der Ältesten sandte, die weggeführt worden waren. Ebenso richtete er ihn an die Priester, Propheten und das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel verschleppt hatte. Nun folgen die Verse 4 bis 14:
So spricht der Herr Zebaoth, der Gott Israels, zu den Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen: Baut Häuser und wohnt darin! Pflanzt Gärten und esst ihre Früchte!
Versteht, die dort in die Gefangenschaft Geführten dachten, dass dies nur für kurze Zeit sei. Sie meinten, morgen seien sie wieder zu Hause – oder, wie es oft heißt, an Weihnachten seien sie zurück. Es schien ihnen nur eine kurze Zeit zu sein, sodass es sich nicht lohnte, sich dort sesshaft zu machen.
Aber Gott sagt: Macht euch nur sesshaft! Nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter! Nehmt für eure Söhne Frauen und gebt eure Töchter Männern, damit sie Söhne und Töchter gebären. Vermehrt euch dort, damit ihr nicht weniger werdet!
Sucht der Stadt Bestes, obwohl es Babel ist, wohin ich euch habe wegführen lassen. Betet für sie, für Babel, zum Herrn! Denn wenn es ihr wohlgeht, so geht es auch euch wohl.
Denn so spricht der Herr Zebaoth, der Gott Israels: Lasst euch nicht durch die Propheten, die bei euch sind, und durch die Wahrsager betrügen. Hört nicht auf die Träume, die sie träumen, denn sie weissagen euch Lüge in meinem Namen. Ich habe sie nicht gesandt, spricht der Herr.
Denn so spricht der Herr: Wenn für Babel siebzig Jahre voll sind, will ich euch heimsuchen und mein gnädiges Wort an euch erfüllen. Ich will euch wieder an diesen Ort bringen.
Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe das Ende, auf das ihr wartet.
Ihr werdet mich anrufen, hingehen und mich bitten, und ich werde euch erhören. Ihr werdet mich suchen und finden, denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, will ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr.
Ich werde eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch zerstreut habe, spricht der Herr. Ich will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen.
Herr, hilf uns, unsere rechte Stellung auch in der Welt zu finden, in der wir leben. Amen.
Die Realität der Christen in der Welt: Zwischen Kirche und Gesellschaft
Dieser Tage fiel mir wieder ein Satz in der Zeitung auf. Hohe kirchliche Würdenträger hatten gesagt: „Wir müssen in die Welt hinein. Wir können uns doch nicht nur ums Gemeindeleben kümmern, es geht doch um die Welt.“
Ich legte die Zeitung weg und dachte: Irgendetwas stimmt hier nicht. Da sitzen hohe kirchliche Würdenträger mit hohen Krägen und schwarzem Habit. Wie soll das gehen? Wie kommen denn die Leute in die Welt? Ist es nicht so, dass Gott schon lange in der Welt seine Leute hat?
Wäre es nicht besser gewesen, wenn sie gesagt hätten: „Ich möchte einmal sehen, wo haben wir bewährte Christen im blauen Anzug? Wo sitzen Christen, die Jesus dienen, am Schreibtisch oder in den Parlamenten?“ Das klingt ganz gut. Das Schlagwort „in die Welt hinein“ würde dann bedeuten, dass ich von der Kanzel heruntersteige und wir einen Gewerkschaftsführer holen, der über seine Probleme mit der neuen Heimat spricht. Dann reden wir hier über das Ozonloch, die Steuerreform, Parteiengezänk und den Katalysator. Wissen Sie, wie das in die Welt hinein geht?
Wenn Sie noch einmal sehen, was Gottes Wort sagt – und wir wollen zuerst einmal hören, was Gottes Wort sagt – dann hören wir: „Höre du auf die Stimme Gottes.“ Das wollen wir jetzt tun und nichts anderes als das. Wir wollen nicht die Stimme der Welt hören, sondern nur die Stimme Gottes. Das ist unsere Aufgabe im Gottesdienst. Das lassen wir uns nicht verschieben.
Aber wir merken auch: Gott schickt uns dann alle wieder hinaus. Wenn ich Sie so anschaue, denke ich, dass Gott das wunderbar in seiner Regie gesteuert hat. Sie sind überall in der Welt. Gibt es einen von Ihnen, der nicht mit beiden Füßen in der Welt steht? Sie kaufen ganz tüchtig ein, verdienen gut und arbeiten fleißig. Einige sind in den Direktionsetagen, andere in Büros, wieder andere in Krankenhäusern. Es gibt Pädagogen, Schüler, Sekretärinnen und Menschen, die sich in der Wissenschaft betätigen. Manche sind musikalisch begabt – wir sind doch überall in der Welt!
Jetzt müssen wir nur aufpassen, dass wir das eine und das andere unterscheiden. Nicht der Gottesdienst soll Babel werden, sondern im Gottesdienst wollen wir auf Gott hören. Damit wir dann draußen, wo wir in Babel leben, in der Welt Gott richtig dienen können.
Mir tut es leid, dass das schon seit Jahrzehnten so geht, dass Christen mit der gut gemeinten Parole „Wir wollen in die Welt“ verwirrt werden. Meist wird das von Funktionären der Kirche gesagt, obwohl die Gläubigen schon lange in der Welt leben und Gott dienen.
Wir wollen auf Gott hören und dann wissen: Was ist unser Platz in der Welt? Wie können wir dort ihm dienen?
Der zugewiesene Platz: Leben und Dienen in der Wirklichkeit
Mein erster Punkt: Der uns zugewiesene Platz
Die damals nach Babel deportierten Ältesten haben sich nur schwer mit ihrer Situation abgefunden. Sie sollten dort leben, in Babel. Es handelte sich um sieben Grundbesitzer und tausend Metallfacharbeiter, die für die Industrie Babels notwendig waren. Sie litten darunter und sagten, das sei keine befriedigende Beschäftigung für sie.
Ich weiß, dass viele Christen heute ähnliche Gedanken haben. Sie fragen sich, ob sie nicht in den vollzeitlichen Dienst treten sollten. Ist das nicht das Eigentliche, wenn man hauptamtlich dient? Es ist schön, wenn jemand an die Bibelschule geht, aber wenn das nur geschieht, um den irdischen Aufgaben zu entfliehen, dann ist etwas falsch.
Wir sollten wieder erkennen, wo Gott uns hingestellt hat. Unter den Deportierten in Babel waren viele Prediger. Sie erzählten fortwährend von Träumen – ideologische Gedankenspiele –, die besagten, bald gehe es zurück nach Jerusalem. Jerusalem war der Ort der Gegenwart Gottes. Dort konnte man Tag und Nacht im Tempel sitzen, Gott preisen und Lobgesänge erschallen lassen.
Jeremia, das Sprachrohr Gottes als Prophet, holte sie zurück und sagte: Nein, ihr müsst in Babel bleiben. Das ist Gottes Weg. Es ist nicht leicht, in Babel zu leben, weil es weit weg von Gott ist. Für mich war es ein Schock, als ich nach meinem Abitur samstags das mündliche Gespräch bei Daimler Benz in der Gesenkschmiede begann. Dort weht ein anderer Wind. Wenn man als Christ dort leben will, sind die Gesprächsthemen erschütternd, besonders wenn man aus einem behüteten Haus kommt. Man wird sagen: Du hast noch Ahnung, wie es bei uns so geht, welche Praktiken herrschen. Babel ist das richtige Wort dafür.
Kann man dort überhaupt noch Christ sein? Man kann von Jerusalem und den Liedern träumen, die man dort singt. Heute wollen wir hören, dass uns Gottes Wort dorthin weist: Geh an deine Aufgaben, dorthin, wo Gott dich hingestellt hat. Er hat einen Platz für dich, und das ist die Arbeit.
Ich bedaure sehr, dass heute in kirchlichen Diskussionen so viel über eine völlige, ideale Neugestaltung der Welt geredet wird. Es ist schön, solche Sandkastenspiele zu machen, wie man eine neue Weltwirtschaftsordnung verwirklichen kann. Was uns daran stört, ist, dass es ideologische Träume sind, die nichts mit der harten Wirklichkeit dieser Welt zu tun haben. Solche Dinge findet man in der Bibel, im Wort Gottes, nie.
Eine ungerechte Welt mit all ihren Fehlern und Mängeln wird angenommen, und es wird gesagt: Da musst du leben. Sie wird nicht ideal. Es tut mir weh, dass heute im Zeichen des Christentums jungen Leuten so getan wird, als gäbe es eine vollkommene Demokratie. Wir haben die beste, die die deutsche Volksgeschichte je gehabt hat. Ob sie viel idealer wird, daran wollen wir arbeiten. Aber wir müssen wissen: Jede menschliche Ordnung enthält viel Ungerechtigkeit. Jede Wirtschaftsordnung hat viel Ungerechtigkeit in sich.
Wir wollen das Unrecht so weit wie möglich verkleinern, aber wir werden es nie ganz beseitigen. Es hat keinen Wert, dauernd über ideale Ordnungen zu reden. Geh an deinen Platz und diene Gott dort. Es wird sogar gesagt, ihr dürft euch dort wohnlich einrichten, heiraten, Kinder bekommen, Familien gründen. Sucht das Beste für die Stadt, wohin ihr gesandt seid. Ihr seid Gesandte. Achtet darauf, dass es eurer Firma gut geht, dass der Handel läuft.
Es ist nicht schlecht, wenn es Profit gibt – nach der Bibel jedenfalls nicht. Schaut, wie ihr ihn verwendet, welchen Sinn das hat. Achtet darauf, dass das Beste dabei herauskommt, und prüft es.
In den heutigen Diskussionen über gerechte Ordnung wird oft übersehen, dass zu allen Zeiten Einzelne in Unrechtsstrukturen für Gott gewirkt haben. Gott hat sie als seine Werkzeuge gebraucht. Denken Sie an Joseph in Ägypten. Er hat sich nicht lange mit der ägyptischen Verwaltung aufgehalten und sie neu ordnen wollen. Aber er hat sich als Einzelner von Gott leiten lassen. Das hat heute Bedeutung, wenn Sie in diese Welt hineingehen.
Oder denken Sie an Daniel, der gerade in Babel lebte. Für ihn war klar, dass er sich nie gottlosen Gesetzen unterwerfen konnte. Wo sein Glaube behindert wurde, war er im Gewissen sehr sensibel. Er wusste, was vor Gott recht und unrecht war. Er hatte den Mut, als Einzelner gegen den Strom zu schwimmen. Das müssen Sie auch. Sie müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen.
Dennoch war Daniel in Babel unentbehrlich, weil diese Welt Menschen braucht, durch die Gott redet und die den Geist Gottes haben. Es gibt auch unter Christen, das hört man oft in Diskussionen, einen gewissen Hochmut. Gerade in unseren häufig geführten Gesprächen schleicht sich die Haltung ein, als ob nur die Kirche das lösende Wort hätte.
Wie wirkt das eigentlich auf Parlamentarier? Glauben sie wirklich, dass die Theologen, die manchmal so harsche Sprüche bringen, besser wissen, was gute Politik ist? Ich glaube nicht. Wir Christen sollten jeden Anspruch aufgeben, als ob wir in allen Fragen, auch der Wirtschaft, besser wüssten, was recht ist.
Ich bestreite es jedem Prediger auf der Kanzel, dass er besser weiß, wie Abrüstung geschieht als andere. Wie sollte er es besser wissen? Lesen Sie noch einmal nach bei Daniel oder Joseph. Als sie damals von den Mächtigen gerufen wurden, sagte der König zu Daniel: Ich höre, du kannst treu bedeuten. Daniel antwortete: Nein, ich nicht, aber es gibt einen Gott im Himmel.
Es waren sehr demütige und bescheidene Menschen, die nie meinten, sie seien mehr als andere. Sie wussten nur, dass Gott lebt und uns Dinge offenbaren kann. So dürfen Sie in die Welt hineingehen, als Einzelne dort wirken und wissen: Gott will auch durch mich manches anstoßen. Ich darf manches Mutige sagen.
Manche dienten einfach, weil Gott immer wieder Menschen beauftragt und in Dienst genommen hat. Sucht das Beste für die Stadt, wohin ihr gesandt seid. Es ist Gottes Weg, in dieser Welt zu arbeiten. Redet nicht zu viel über die Missgestalt dieser Welt – das wissen wir. Geht tüchtig an die Arbeit. Und so viel euch Gott schenkt, tut das Gute. Ihr habt Möglichkeiten dazu, wirkt!
Es gibt keinen Platz in dieser Welt, an dem ich nicht Gott dienen kann. Alle Aufgaben im weltlichen Dienst sind Gottes Platzanweisungen für uns. Sie sind niemals minderwertig gegenüber anderen Diensten, etwa dem vollamtlichen Dienst im Reich Gottes. Das ist der Platz, an den Gott sie stellt.
Das Gebet als Kraftquelle im Alltag
Zweitens: Was sollen wir tun, was können wir tun? Wir haben gesagt, die Christen sind nicht die Lehrmeister. Es entsteht der Eindruck, dass in diesen Tagen unheimlich viel Porzellan zerschlagen wird. Die Welt wird sehr enttäuscht sein, wenn sie merkt, dass die Christen viel vom Frieden, von Gerechtigkeit und von der Bewahrung der Schöpfung reden, aber am Ende nichts Neues zu sagen haben. Was haben wir denn wirklich zu sagen?
Jetzt lesen wir wieder, was da steht: Vers 7 – Sucht der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum Herrn. Hier sind wir ganz überrascht: Beten! Der größte Dienst, den Christen tun können, ist nicht ihre klaren Durchblicke, sondern ihr Gebet – auch an ihrem Arbeitsplatz. Dort, wo sie in der Fabrik oder im Büro mitarbeiten, dort, wo sie in ein Team hineingestellt sind.
Warum war Daniel seinerzeit in so achtbarer Stellung? Warum? Gott gab ihm Weisheit, mehr als allen anderen, weil er ein Beter war. Es kann allein durch Gebet kommen. Wer hat uns denn eingeredet, dass die Christenheit heute einfach nur deshalb neue, durchbrechende Erkenntnisse hat, weil sie fromm in die Welt blickt? Nein, als Beter!
Wir wollen beten für eine Welt in der Krise, und das ist tatsächlich wahr. Unsere Welt ist eine Welt unter dem Fluch Gottes, unter dem Zorn Gottes, wie es schon im Römerbrief steht. In unserer Welt sind viele Dinge durcheinander. Das ist aufreibend, wenn man dort Gott dienen will.
Sie sind hineingestellt. Schon morgen früh werden Sie kaum anfangen, ohne zu wissen, was Sie machen sollen. Das Geschlecht schlägt über Ihrem Kopf zusammen, und Sie sagen: „Ich weiß nicht.“ Dann sagen Sie Ihrer Sekretärin: „Ich will mal fünf Minuten nicht gestresst sein.“ Nur weil Sie beten, bringen Sie das sonst auch manchmal fertig. Und dann kann Gott Ihnen Vollmacht und Weisheit schenken.
Dann bleiben Sie auch demütig und bescheiden und wissen, dass es nicht von Ihnen kommt, sondern dass es eigentlich wichtig ist, dass Gott uns erst seinen Geist geben muss für die Aufgaben.
Die politische Dimension des Glaubens: Jesus als Vorbild
Über den Abschnitt Jeremia 29 wird oft gesprochen, und er wird häufig herangezogen, gerade um jede politische Aktivität von Christen zu begründen. Parteipolitik wird auch von den Kanzeln betrieben.
Ich würde meinen, bei jedem Bibelabschnitt, ob im Alten oder im Neuen Testament, ist die Nagelprobe, ob er uns irgendwie zu Jesus führt – oder nicht zur Parteipolitik. Führt dieser Abschnitt zu Jesus hin?
Wenn ich nur einen Teil herausnehme, etwa „Suche der Staat Bestes“, dann kann ich über alles predigen: Über den Umbau des Gillesberges, über neue Straßenbahnlinien und so weiter – „Suche der Staat Bestes“.
Wenn ich aber frage: Wo ist Christus in diesem Abschnitt? Das ist sehr wichtig. Denn Jesus sagt: „Die Schrift ist von mir zeugend.“ Die Schrift, das ist die Bibel des Alten Testaments, sie deutet immer auf Jesus hin.
Wo deutet sie denn auf Jesus hin? Was hat Jesus getan, als er Fleisch wurde, als der ewige Gottessohn? Er kam in die Welt und suchte der Stadt Bestes. Er ging in die Häuser, zu den Zöllnern, hat keine langen Programme zur Erneuerung der Welt gemacht. Er hat gedient, hat die Trauernden gesehen, die Einsamen – voll Liebe und Zuwendung.
Wieder sehen wir Jesus als den großen Beter für die Welt. Jesus hat uns deutlich gemacht, wie die Brücke geschlagen werden muss zwischen einer verlorenen, sündigen Welt und Gott. Jesus hat den Pilatus nicht hochnäsig kritisiert oder verletzend verurteilt. Er hat nie die weltliche Ordnung aufgelöst, das ist ganz wichtig. Er hat sich ihr untergeordnet.
Gleichzeitig war er derjenige, der den Blick auf die neue, kommende Welt richtete. So hat Jesus an der Welt gedient, hat Menschen herausgerufen und zur Versöhnung mit Gott gebracht.
Von Jesus her wird uns die Stellung, die wir in der Welt einnehmen sollen, richtig deutlich. Ja, da hat er uns hineingestellt. Auch die ersten Christen haben ihre Aufgaben dort erfüllt.
Das, was wir im ersten Petrusbrief gehört haben, ist ganz ähnlich wie das, was Paulus im Römerbrief sagt. Paulus hat nie dazu aufgerufen, revolutionär die Unrechtsregime zu stürzen. Er sagt: „Dient dort! Aber seid schon Bürger der neuen Welt!“
Der wichtigste Dienst, den ihr dieser Welt geben könnt, ist das Wort von der Versöhnung mit Gott. Helft, dass Menschen Gott wiederfinden und von dort aus ihr Leben auch im Heute neu ordnen können.
Das ist jetzt ganz wichtig: Das ist unser Dienst. Wir dürfen nicht einfach sagen: Wie Jesus wollen wir jetzt auch in die Welt hinausgehen und Fürbitte tun. Im Hebräerbrief 5,7 heißt es: Jesus hat mit Gebet und Flehen die Zeit verbracht, um für diese Welt zu beten.
Noch am Kreuz hat Jesus gerufen: „Vater, vergib ihnen.“ Es ist so bedeutsam, wenn Christen in dieser Welt Dienst tun – weit verstreut über alle unsere Aufgabenbereiche in Stuttgart, in den großen Firmen, in den kleinen Handwerksbetrieben, in den Haushalten, in Familien, in Schulen und Kindergärten.
Überall sind Christen. Seid dort Salz der Welt, Betende, die dort Dienst tun. Dann verschwindet auch dieses dumme Bild, als ob die Kirche erst in die Welt müsste. Die Gemeinde Jesu ist doch schon draußen und dient Gott in allen Völkern, Nationen und Sprachen.
Beispiele christlichen Wirkens in der Welt
Ich habe Ihnen vielleicht schon einmal die Geschichte erzählt, ich weiß es nicht mehr genau. Aber sie ist mir so eindrücklich in Erinnerung geblieben: Meine Frau und ich waren in einem Ostblockland. Dort sprachen wir mit einer Familie über die Geheimpolizei, die immer wieder kam und Kontrollen durchführte.
Zu dieser Zeit war eine Gruppe aus Stuttgart dort, die unheimlich viele Bibeln illegal ins Land gebracht hatte. Eine halbe Stunde später kam die Geheimpolizei. Sie durchsuchte stundenlang alles, fand aber kein einziges Bibelchen.
Wir sprachen mit den Leuten darüber und sagten, es sei einfach toll, wie sie das organisiert hätten, wie sie das machten. Doch die Söhne der Familie sagten damals: „Nö, nö, die Geheimpolizei ist bloß so strohdumm. Ihr wisst gar nicht, wie dumm kommunistische Polizei sein kann.“
Wir haben also tüchtig gelacht und uns amüsiert. Dann kam der Vater herein – vergesst das nie – einer dieser alten Deutschen. Er sagte: „Wie redet ihr von der Obrigkeit? Jetzt wollen wir uns zuerst vor Gott demütigen.“
Dann betete er: „Herr, verzeih uns unser liebloses Richten. Du hast uns auch in diese kommunistische Gesellschaftsordnung als Christen hineingestellt, nicht um Unrecht gutzuheißen, sondern um Menschen zu dienen und das Wort der Versöhnung weiterzusagen. Such das Beste der Stadt!“
Wenn heute junge Leute kommen und sagen, die Eltern hätten im Dritten Reich das alles eben wegblasen sollen, dann wissen sie nicht, wie unheimlich das Gericht Gottes im Dritten Reich war. Dieses Unheil musste bis zum letzten bitteren Tropfen ausgetrunken werden. Das hat unseren Vätern und Müttern unheimlich viel Not bereitet, auch dort, wo sie klare Bekenner waren.
Mein Vater hat damals sein Amt verloren. Was hat ihnen Not gemacht? Dass man wehrlos war und nichts tun konnte, aber dennoch den Menschen dienen sollte – und nicht so, wie die jungen Leute von heute am grünen Tisch sagen.
Lassen Sie mich einfach ein Beispiel erzählen und suchen Sie selbst die Leitfiguren des Glaubens, die Sie kennen. Ich könnte Ihnen von Christen erzählen, die heute in schwierigen Positionen ausharren.
Ich habe Respekt vor jedem Politiker, der im Gemeinderat sitzt oder sich in den Bundestag wählen lässt. Ich schäme mich, dass so wenige bekennende, bibellesende Christen dabei sind. Das ist aller Ehren wert – ein Dienst für Gott.
Ich freue mich über jeden, der heute in der Wirtschaft Verantwortung trägt, investiert und Arbeitsplätze sichert.
John Newton war auf einem Schiff, das im achtzehnten Jahrhundert Sklaven von Afrika nach Amerika transportierte – ein furchtbares Unrecht. Im neunzehnten Jahrhundert gab es solche schrecklichen Schiffe, deren Leid man kaum beschreiben kann.
Dieser John Newton kam später zum Glauben an Jesus. Als er das Ausmaß seiner Schuld sah, versuchte er, sein ganzes Leben lang zu helfen, damit es anders wird. Er hat das wunderbare Lied gesungen, das wir auch noch hier einmal singen müssen: "Amazing Grace" – wunderbare Gnade Gottes, die mich aus der totalen Finsternis geholt hat, aus der Sünde dieser Welt.
John Newton wurde Prediger in London. Dort lernte er einen jungen Parlamentarier kennen, Wilberforce. Er war ein Ehrgeizling, der mit 23 Jahren ins Parlament gewählt wurde, damals ins Unterhaus.
Eine Nacht lang hat Newton ihn begleitet und gesagt: „Du, Wilberforce, achte nicht die Ehre der Welt, geh ins Parlament, aber diene deinem Herrn Jesus.“ Wilberforce wurde derjenige, der später in England die Abschaffung der Sklaverei bis zu den letzten Konsequenzen durchsetzte.
Christen in der Welt, die Gott dienen – ja, das ist unsere Aufgabe und unser Platz, mit unseren Gaben ihm zu dienen. Ich bin überzeugt, dass auch heute in unserer gottlosen Gesellschaft tüchtige Christen sehr gesucht sind.
Lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn Sie Besserwisser von rechts und links haben – auch fromme Besserwisser mit ihren Sprüchen. Sie dienen dem Herrn Jesus nur vorläufig.
Wir können nicht wie manche Ideologen unserer Zeit in utopische Ideallösungen stürzen. Wir können nur, so wie wir die Kindererziehung zu Hause machen oder unsere Ehen leben – mit allen Mängeln und Fehlern –, weil wir von der Vergebung leben.
Liebe Schwestern und Brüder, auch im weltlichen Dienst ist es Gnade Gottes, wo er uns braucht. Darum noch ein Drittes:
Wir warten auf eine neue Welt – das steht auch noch da. Gott sagt: „Ich werde die Zeit von Babel begrenzen.“ Diese Zeit ist begrenzt, sie ist bei Gott nicht das Endgültige. Es kommt das himmlische Jerusalem. Ich werde euch wieder heimführen.
Die Sammlung Israels hat auch für uns eine große Bedeutung. Unsere weltlichen Aufgaben sind nicht von Dauer. Wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in welcher Gerechtigkeit wohnt.
Nur auf Zeit sind wir hier abgestellt und wollen Gott dienen. Darum wollen wir umso treuer Gott dienen, aber mit dem Wissen, dass das Vergängliche vergeht. Das macht uns nicht weltflüchtig, sondern sehr treu, hier Gott so lange zu dienen.
Ich kann die Sprüche von Christen, die erst in die Welt hinein müssen, nicht mehr hören. Es ist lächerlich. Wir stehen mit beiden Füßen fest in der Welt, aber wir wollen nicht von der Welt eingefangen werden. Wir wollen unserem Herrn dienen im Blick auf die neue Zukunft.
Da steht das große Wort: „So ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, will ich euch finden.“ Sie dürfen es wissen: Egal welchen Posten Sie haben – ob als Aufseher im Gefängnis, Kontrolleur in der S-Bahn oder welchen Dienst Sie auch tun, der vielleicht von den Menschen gar nicht hochgeachtet wird – Sie tun Ihren Dienst vor Gott.
Herr, gib mir deine Weisheit, deinen Blick, damit ich das Amt in deinem Sinn erfüllen kann. Wenn wir uns immer fragen, wie der Auftrag Jesu ist – als dem Herrn und nicht den Menschen – und nicht abhängig von einer vergehenden Welt, dann sind auch die vielen diskutierten Fragen der Systeme – der marxistischen, sozialistischen oder kapitalistischen Weltordnung – gar nicht so wichtig.
Daher braucht uns heute niemand zu fürchten. Mir macht es großen Eindruck, wie Christen in Asien und Afrika das viel klarer sehen.
Wenn ich an die Christen in Äthiopien denke, dann sagen sie: „Wir wollen nicht gegen dieses System kämpfen, das uns so oft ins Gefängnis steckt. Wir wollen an unserem Platz dienen – dem Herrn und nicht den Menschen.“
Dazu will uns der Herr gebrauchen, und dazu macht er uns tüchtig.
Amen.