Einleitung und Klärung zu Übersetzungen und Begriffen
Es sind einige Fragen da, die ich ganz kurz beantworten möchte. Falls jemand nicht ganz zufrieden ist, können wir später noch einmal darüber sprechen.
Eine kurze Anmerkung: Ich hatte die Konkordante Übersetzung und die Dabar-Übersetzung erwähnt. Diese stammen von Allversöhnern, also von Personen, die die Lehre der Allversöhnung vertreten. Man sollte vorsichtig sein, wenn man diese Übersetzungen verwendet.
Besonders beim Begriff „Ewigkeit“ ist Vorsicht geboten. Die Vertreter der Allversöhnungslehre glauben nämlich nicht, dass das Wort „ewig“ tatsächlich „ewig“ bedeutet. Doch sie irren sich. Das Wort, das bei uns mit „ewig“ übersetzt wird, heißt wörtlich „in die Zeitalter der Zeitalter hinein“ und bedeutet tatsächlich „ewig“.
Diese Information ist vor allem für diejenigen wichtig, die das nicht wissen. Falls jemand diese Übersetzungen, Konkordante oder Dabar, besitzt, sollte er dies berücksichtigen.
Fragen zur Auslegung von 1. Korinther 11
Bedeutung von Haar und Schleier
Dann gab es in 1. Korinther 11 noch eine Frage: Sagt Paulus nicht, dass das Haar anstelle eines Schleiers gegeben ist? Bedeutet das, dass die Frau doch ihr Haupt nicht bedecken soll, wenn sie betet oder weissagt?
Nein, das ist nicht richtig. In 1. Korinther 11, Vers 15, heißt es, dass das Haar anstelle eines Schleiers gegeben ist – nicht anstelle einer Kopfbedeckung. Das griechische Wort ist hier unterschiedlich.
Der Schleier ist das, was rundherum geht, peri bolaion. „Peri“ bedeutet rundherum, und „bolain“ ist ein Umwurf rundherum. Es ist der Schleier, der das Gesicht verdeckt. Das Haar ist etwas anderes.
Paulus spricht vorher von der Kopfbedeckung. Das ist nicht das Haar, sondern etwas anderes. Er sagt, es sei eine Macht, ein Symbol der Macht, der Autorität, mit dem die Frau zeigt, dass sie sich unter die Autorität des Mannes unterordnet. Das ist dort gemeint.
Das Haar ist ein Zusatzargument für Paulus. Die Haartracht betont denselben Gedanken, aber es ist nicht so, dass das Haar anstelle der Kopfbedeckung ist, sondern anstelle eines Schleiers. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Gilt die Kopfbedeckung nur für verheiratete Frauen?
Nächste Frage zur Kopfbedeckung: Ist nur die verheiratete Frau gemeint, weil sie sich ihrem Mann unterordnet?
Nein, ich denke, es geht um die Schöpfungsordnung. Das geht aus dem Text eigentlich hervor. Wenn man den Text liest, meint man zunächst, es geht um Mann, Frau und Ehe. Aber es geht nicht nur um die Ehe. Es geht um Adam und Eva. Adam und Eva waren nicht nur verheiratet, sie waren auch Geschöpfe. Und sie waren Vertreter ihres Geschlechts.
Es heißt, der Mann – so wie die Frau aus dem Mann ist – so ist der Mann durch die Frau. Das passt nicht nur auf die Ehefrau, denn der Mann ist nicht durch die Ehefrau auf die Welt gekommen, sondern durch die Mutter.
Also geht es um Mann und Frau, um Adam und Eva als Vertreter ihres Geschlechts. Es geht um die Schöpfungsordnung und nicht nur um die Eheordnung. Die Ehe ist auch eingeschlossen, aber es geht um mehr. Das Thema ist allgemeiner: Es geht um die Schöpfung.
Fragen zur Gemeinde und Gottes Volk
War die Gemeinde von Ewigkeit her geplant?
Die nächste Frage lautet: War die Gemeinde von Ewigkeit her das Volk Gottes, bestehend aus Juden und Heiden, die in Christus Jesus sind, oder wurde dies erst im Neuen Testament offenbart? Oder war die Gemeinde nur ein Plan B, weil die Juden Jesus abgelehnt haben?
Die Frage ist vielleicht nicht ganz klar formuliert, aber wahrscheinlich ist sie so gemeint: Hatte Gott von Ewigkeit her ein Volk und hatte er von Ewigkeit her prophezeit, dass dieses Volk aus Juden und Heiden bestehen wird? Oder ist die Gemeinde nur ein Zusatzprodukt, also nachträglich ein Plan B, weil die Juden Jesus abgelehnt haben?
Die Antwort lautet: Nein, die Gemeinde ist nicht nachträglich ein Plan B. Die Gemeinde war von Anfang an Gemeinde des Volkes Gottes. Gott hat also von jeher gewusst, dass sein Volk aus Heiden und aus Juden bestehen wird.
Das Geheimnis, dass auch die Heiden Miterben mit Israel sind und in das Gottesvolk eingegliedert werden, wurde erst im Neuen Testament offenbart. Ebenso wurde offenbart, dass die Heiden Mitteilhaber derselben jüdischen Verheißungen sind.
So weit zur Beantwortung dieser Frage.
Sind Moslems Palästinenser Nachkommen von Ismael?
Nächste Frage: Sind die Moslems Palästinenser Nachkommen von Ismael? (Sind die Nachkommen von Ismael unsere Halbbrüder?)
Nein, sie sind nicht unsere Halbbrüder, und die Juden sind nicht unsere Brüder. Wir leben nicht mehr im Alten Testament.
Wissen Sie, wer ein Bruder ist? Der Herr Jesus hat gesagt: „Diese, die den Willen Gottes tun, das Wort Gottes hören und tun, das sind meine Brüder und das sind unsere Brüder.“
Die Moslems behaupten, dass sie zum alleinigen lebendigen Gott, dem allmächtigen Allah, beten. Gibt es zwei lebendige Götter? Oder sind Allah und unser Gott derselbe Gott?
Es gibt nicht zwei lebendige Götter, und der Gott der Moslems ist nicht derselbe Gott. Der Gott der Moslems ist einer von 365 Götzen. Wenn Sie das nicht gewusst haben, studieren Sie die Schriften der Araber.
Die Araber hatten 365 Götzen, und einer von ihnen heißt Allah. Dieser eine hat Mohammed als Gott erhoben. Also machte er einen Götzen zum sogenannten allmächtigen Gott – es ist ein Götze.
Wir beten nicht zu Allah, und wir beten auch nicht zum selben Gott. Es sind ganz verschiedene Götter. Das eine ist der wahre Gott, und das andere ist ein Götze. So weit.
Fortsetzung der Auslegung zu Römer 9 und 10: Das Problem der Verwerfung Israels
Grund für den Ausschluss Israels vom Heil
Dann hatten wir gestern mit Römer 9 fast fertig. Es ging um das Problem der Verwerfung Israels.
Wir hatten gesehen, wie Paulus erklärt, warum der teilweise Ausschluss Israels vom Heil trotz seiner Vorrechte möglich ist. Dies liegt daran, dass Gott Gott ist, und nur Er darf diejenigen ausschließen, die nicht an den Messias glauben. Gott hat bestimmt, dass das Heil allein aus Gnade geschieht. Wer nicht auf dieser Grundlage der Barmherzigkeit und Gnade kommt, ist vom Heil ausgeschlossen.
Es ist also möglich, dass Israeliten, die nicht an den Messias glauben, vom Heil ausgeschlossen werden.
Dann stellte sich die Frage, warum Israels Ausschluss vom Heil gerecht ist. Paulus sagt, das liegt daran, dass Gott Gott ist. Wir sind nicht diejenigen, die über Gott bestimmen können. Gott ist souverän und hat entschieden, dass er so handeln darf, wie er will. Er ist barmherzig zu jedem, dem er barmherzig sein will.
Wem will er barmherzig sein? Er will jedem barmherzig sein, der auf der Grundlage der Barmherzigkeit zu Gott kommt, der sich auf Gottes Erbarmen beruft. Wenn sich jemand auf eigene Werke beruft, wäre das schlecht, weil der Mensch dann nach Gerechtigkeit beurteilt würde. Wird der Mensch nach Gerechtigkeit beurteilt, geht er verloren, denn eine einzige Sünde würde genügen.
Gott hat aber entschieden, dass die Rettung allein aus Barmherzigkeit und Gnade geschieht – für denjenigen, der daran glaubt, der an Jesus Christus glaubt.
Schriftstellen zur Rettung von Heiden und Israel
Wir kamen dann zu Römer 9, Verse 24 und 25. Ich lese hier weiter, ohne noch einmal zurückzugehen. In Vers 25 heißt es, wie auch in Hosea: „Ich werde nicht mein Volk mein Volk nennen und die nicht Geliebte Geliebte. Und es wird geschehen, an dem Ort, an dem zu ihnen gesagt wurde: Ihr seid nicht mein Volk, dort werden sie Söhne des lebendigen Gottes genannt werden.“
Jesaja ruft über Israel aus: „Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, der Überrest wird gerettet werden, denn er ist einer, der ein Wort ganz zu Ende führt und rasch erledigt in Gerechtigkeit, weil der Herr eine rasch erledigte Sache auf der Erde tun wird.“ So ist es, wie Jesaja zuvor sagte: „Wenn der Herr der Heere uns nicht Samen übrig gelassen hätte, wären wir wie Sodom geworden und Gomorra gleich geworden.“
Paulus fügt hier also mehrere Schriftstellen an, um zu belegen, dass die Heiden aus Gnade gerettet werden können. Er zeigt auch, dass es schon im Alten Testament so war, dass Gott zu einem Nichtvolk gesagt hat, sie werden mein Volk werden. Gott wendet sich dem Nichtvolk zu und macht sie zu seinem Volk.
Wenn Gott das so getan hat, dann kann er das auch heute tun: Er kann sich einem Nichtvolk zuwenden, nämlich den Heiden, und sie in Christus Jesus als sein Volk annehmen. In Vers 26 heißt es: „An dem Ort, an dem zu ihnen gesagt wurde: Ihr seid nicht mein Volk, dort werden sie Söhne des lebendigen Gottes genannt werden.“
Genau dort, wo Menschen den Messias angenommen haben, werden sie Söhne des lebendigen Gottes genannt – sowohl die Juden, die den Messias angenommen haben, als auch die Heiden, die ihn angenommen haben.
Jesaja ruft über Israel aus: „Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, der Überrest wird gerettet werden.“ Hier ist die Rede davon, dass Gott nur diejenigen Juden retten wird, die den Überrest bilden, die zum Überrest gehören. Das heißt, es wird niemals so sein, dass alle Juden gerettet werden, sondern nur diejenigen, die zum Überrest gehören.
Wer der Überrest ist, wird Paulus später erklären. Wir lassen das jetzt noch offen. Aber es ist ganz klar, dass nicht ganz Israel, also nicht alle Israeliten, gerettet werden.
Gerettet wovor? Das erklärt Paulus im nächsten Vers. Wovor muss man denn gerettet werden? Denn er ist einer, der ein Wort – nämlich das Gerichtswort – ganz zu Ende führt und rasch in Gerechtigkeit erledigt, weil der Herr eine rasch erledigte Sache auf der Erde tun wird. Man könnte auch sagen: „Weil der Herr eine rasch erledigte Sache im Land tun wird.“ Das ist Jesaja 10, Verse 22 und 23.
Hier geht es um ein Gericht. Ein Gericht über Israel wird angekündigt. Gott sagt hier dem Volk Israel: Wenn das Gericht kommt, wird nur ein Überrest von Israel gerettet werden, die anderen werden gerichtet.
Ein rasches Gericht, ein Gericht, das sehr nahe ist. Paulus wendet dieses Wort an. Damals war es auf die Assyrer bezogen, wie in Jesaja 10. Dort ist die Rede von Assur, den Assyrern, die kommen und Israel richten werden. Gott wird Israel durch die Assyrer schlagen.
Das Nordreich Israel wurde dann tatsächlich geschlagen. Viele wurden gefangen genommen, viele getötet und ins assyrische Reich verschleppt. Das war damals.
Paulus aber wendet dieses Wort auf seine eigene Situation an. Das war im Jahr 56 nach Christus. Er sagt: Es kommt ein Gericht, und es ist nahe. Eine rasch erledigte Sache wird der Herr im Land tun.
Das rasche Gericht, das kommen sollte, kam dann 13 oder 14 Jahre später genau über das ungläubige Israel. Es war ein furchtbares Gericht, wie man es kaum vorstellen kann: die schreckliche Zerstörung Jerusalems und des Tempels, die Ausrottung fast der ganzen Juden in Palästina.
Der Rest wurde in Gefangenschaft verkauft, die anderen getötet. Nur der Überrest wurde gerettet, nämlich gerettet vor dem Gericht. Der Überrest sind die, die an den Messias glauben. Das werde ich später noch erklären.
Die anderen, die nicht an den Messias glauben, kommen ins Gericht. Und dieses Gericht kam tatsächlich.
In Vers 29 heißt es: „Und es ist so, wie Jesaja zuvor sagte: Wenn der Herr der Heere uns nicht Samen übrig gelassen hätte, wären wir wie Sodom geworden und wie Gomorra gleich geworden.“ Der Herr hat also einen Teil übriggelassen.
Dieser Teil sind diejenigen Juden, die an den Messias glauben. Wenn sie nicht da wären, wären alle wie Sodom und Gomorra unter das Gericht gekommen.
Die anderen, die an den Messias glauben, kommen nicht ins Gericht. Das Gericht kommt also nur über ein ungläubiges Israel.
Gerechtigkeit durch Glauben und das Stolpern am Stein des Anstoßes
In den Versen 30 bis 33 lesen wir: Was werden wir also sagen? Die von den Völkern, die nicht nach Gerechtigkeit strebten, erlangten Gerechtigkeit – eine Gerechtigkeit, die aus Glauben ist. Aber Israel, das einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebte, gelangte nicht zu einem Gesetz der Gerechtigkeit. Warum nicht? Weil es nicht aus Glauben geschah, sondern aus Gesetzeswerken.
Denn sie stießen sich an dem Stein des Stolperns, so wie geschrieben steht: „Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Stolperns und einen Felsen des Ärgernisses, und jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“
Hier zeigt Paulus die Lösung auf. Er fragt: Wie kann dann Israel gerettet werden? Und wie können die Heiden gerettet werden? Er sagt, die Heiden, die sich nicht auf ihre Werke beriefen und nicht einmal nach Gerechtigkeit strebten, erlangten eine Gerechtigkeit in Christus.
Diejenigen Heiden, die jetzt den Messias angenommen haben, haben in Jesus Christus die göttliche Gerechtigkeit geschenkt bekommen. Jeder Mensch, der Jesus als seinen Retter annimmt, wird vor Gott gerecht gesprochen, ohne dass er das Gesetz Gottes in der Vergangenheit gehalten haben muss. Gott spricht ihnen einfach gerecht aus Gnade.
Also erlangten sie eine Gerechtigkeit, eine Gerechtigkeit, die aus Glauben ist. Man muss also glauben, dann erhält man die gnädige Gerechtigkeit Gottes.
Aber Israel, das einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebte, also Israel, das sich bemühte, durch das Gesetz gerecht zu werden, gelangte nicht dahin. Das heißt, es erlangte nicht die Gerechtigkeit. Sie konnten nicht so gut leben, dass Gott zu ihnen sagen konnte: „Jetzt habt ihr es geschafft, jetzt habt ihr den Maßstab erfüllt, jetzt seid ihr gerecht.“ Nein, sie haben es nie geschafft.
Warum nicht? Weil es nicht aus Glauben geschah. Der einzige Weg, auf dem man gerettet werden und gerecht werden kann, ist der Weg über Jesus Christus. Das ist der einzige Weg, wie ein Mensch vor Gott gerecht gesprochen werden kann.
Denn sie stießen sich an dem Stein des Stolperns. Dieser Stein des Stolperns wurde in Zion niedergelegt. Der Retter kam nach Jerusalem, und dort wurde dieser Retter, Jesus Christus, zu einem Stein des Stolperns und des Anstoßes. Es heißt hier: „Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Stolperns und einen Felsen des Ärgernisses und Anstoßens, und jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“
Wer an diesen Stein glaubt, den Gott in Zion gelegt hat, wird gerettet werden. Er wird nicht zu Schanden werden, das heißt, er wird nicht eines Tages beschämt dastehen und sagen müssen: „Oh, ich habe vergeblich geglaubt.“ Nein, er wird gerettet werden.
Der Herr Jesus Christus kam, der Retter kam nach Zion – Zion heißt Jerusalem. Dort in Zion hat er das Erlösungswerk vollbracht. Von Zion aus ging die Botschaft der Rettung aus.
Joel hatte davon geweissagt: Von Zion aus wird Heil ergehen, und von Zion aus werden die Menschen gerettet werden. Jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden. Das geht von Zion aus.
Der Messias kam also nach Zion, nach Jerusalem. Dort ist er gestorben, dort ist er von den Toten auferstanden und hat sich auf den Thron Davids gesetzt – auf einen sehr hohen Thron. Er war nämlich so hoch wie der Thron Gottes. Er setzte sich zur Rechten des Thrones Gottes.
Von diesem Thron Gottes aus regiert der Messias seit Pfingsten über sein geistliches Königreich. Aber er sitzt auf dem Thron Davids, sagt Petrus. Ich lese das jetzt nicht vor, wir können uns später noch Zeit dafür nehmen.
Von Zion aus ging die Botschaft aus. Er setzte sich auf den Thron, und die Apostel auf der Erde begannen von Zion aus, das Evangelium zu verkündigen. Von Jerusalem ausgehend gingen sie dann nach Judäa und Galiläa und überall dorthin, wo Juden lebten – bis an das Ende des Römischen Reiches. Sie gingen, um den Juden die Botschaft von der Rettung zu verkünden.
Später war die Botschaft nicht nur für die Juden, sondern auch für die Heiden – das werden wir gleich noch lesen.
Wichtig ist hier, dass jeder, der an diesen Stein des Stolperns glaubt, nicht zu Schanden werden wird (Jesaja 28,16; Jesaja 8,14).
Einführung zu Römer Kapitel 10: Gründe für die Verwerfung Israels
Kapitel 10 geht es dann weiter. In diesem Kapitel spricht der Apostel über den Grund für die Verwerfung Israels. Wir werden dieses Kapitel heute nur überfliegen, da uns die Zeit fehlt, um ins Detail zu gehen. Sonst werden wir morgen nicht fertig.
Zuerst noch einiges ganz kurz. Etwas Einleitendes in den Versen 1 und 2: Brüder, das Wohlgefallen meines Herzens und wofür ich zu Gott für Israel flehe, ist ihre Rettung. Denn ich gebe ihnen Zeugnis, dass sie Eifer für Gott haben, jedoch nicht nach Erkenntnis.
Paulus fleht also für Israel, dass sie gerettet werden. Das ist sein Anliegen: die Rettung Israels. Er hat große Sorge und großen Eifer um sie. Warum? In Vers 2 heißt es: „Ich gebe Ihnen Zeugnis, dass Sie Eifer für Gott haben, jedoch nicht nach Erkenntnis.“
Was bedeutet das? Warum haben sie nicht die richtige Erkenntnis? Der Eifer Israels ist nicht nach Erkenntnis. Das ist der Grund, warum sie nicht gerettet sind. Ihr Eifer ist zwar gut, aber das hilft ihnen nichts. Eifrig zu sein nach guten Werken reicht nicht aus, wenn man den Messias ablehnt.
Das heißt, ihr Eifer ist nicht nach rechter Erkenntnis; sie haben die Wahrheit nicht erkannt.
Eigenständige Gerechtigkeit statt Gerechtigkeit Gottes
In den nächsten Versen erklärt er dies noch eindringlicher. In Vers 3 heißt es, dass sie ihre eigene Gerechtigkeit aufrichten wollen. Dort steht: "Denn als solche, die die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten und ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten trachteten, unterordneten sie sich nicht der Gerechtigkeit Gottes." Sie waren einfach nicht gehorsam.
Gott hat gesagt, dass sie an den Messias glauben müssen. Doch sie sagen: „Lasst den Messias beiseite, wir wollen unsere eigene Gerechtigkeit aufrichten.“ Sie wollten aus eigenen Werken gerecht werden.
Als Nächstes erkannten sie den Zweck des Gesetzes nicht, wie in Vers 4 beschrieben: "Denn das Ziel und Ende des Gesetzes ist Christus zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt." Der Zweck des Gesetzes war, die Juden dahin zu bringen, dass sie erkennen, dass sie Sünder sind und einen Retter brauchen.
So wäre Christus das Ziel des Gesetzes gewesen. Das Gesetz sollte die Israeliten erziehen und auf Christus hinführen, damit sie erkennen, dass sie durch das Gesetz ihre Sündhaftigkeit sehen. Dadurch sollten sie merken, dass sie einen Erlöser brauchen. Dieser Erlöser ist Christus, der Messias.
Das Gesetz sollte sie dorthin bringen, denn Christus ist das Ziel und das Ende des Gesetzes: Christus zur Gerechtigkeit für jeden, der an ihn glaubt, für jeden, der glaubt.
Gerechtigkeit aus Glauben als Weg zur Rettung
In den Versen fünf bis dreizehn erklärt Paulus noch einmal, dass viele nicht verstehen, was es bedeutet, durch Glauben gerecht zu werden. Wir lesen die Verse: Mose schreibt von der Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt. Der Mensch, der diese Dinge tut, wird durch sie leben.
Aber die Gerechtigkeit, die aus Glauben kommt, sagt Folgendes: Sage nicht in deinem Herzen: „Wer wird in den Himmel aufsteigen?“ Das heißt, Christus vom Himmel herabzuholen. Oder: „Wer wird in den Abgrund hinabsteigen?“ Das bedeutet, Christus von den Toten heraufzuholen.
Was sagt sie andererseits? Das Wort ist dir nahe, in deinem Munde und in deinem Herzen. Das ist das Wort des Glaubens, das wir verkünden. Wenn du mit deinem Munde Jesus als Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten erweckt hat, wirst du gerettet werden.
Denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde wird bekannt zur Rettung. Die Schrift sagt: Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden. Es gibt keinen Unterschied zwischen Jude und Grieche, denn derselbe Herr ist aller Herr und reich für alle, die ihn anrufen.
Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.
Zusammenfassung: Unglaube als Grund für Israels Verwerfung
Ich gehe jetzt nicht näher auf die einzelnen Verse ein, sondern möchte nur den entscheidenden Gedankengang darstellen. Paulus sagt, dass die Juden nicht erkannt haben, dass man die Gerechtigkeit nur durch Glauben erlangen kann, nicht durch Werke. Das war ihr Problem. Man nennt das Unglaube.
Der Grund, warum Gott Israel verworfen hat, ist dieser Unglaube. Paulus weist hier mehrfach darauf hin, dass es um den Glauben geht. In Vers 9 sagt er es, in Vers 8 nennt er es „das Wort des Glaubens“. Am Ende von Vers 8 wiederholt er: „das ist das Wort des Glaubens, das wir verkündigen“.
Dieses Wort des Glaubens beinhaltet zwei Dinge, die man tun muss. Zum einen muss man etwas mit dem Munde tun, zum anderen etwas mit dem Herzen. Mit dem Munde muss man bekennen. Das heißt, man muss etwas ausrufen, etwas sprechen wie: „Herr, rette mich“, oder „Du bist Herr, Jesus, du bist Herr, rette mich“. Man anerkennt Jesus als Herrn und spricht mit dem Munde: „Du bist Herr, und jetzt brauche ich dich.“
Mit dem Herzen muss man glauben, dass Gott Jesus, diesen Herrn, von den Toten auferweckt hat, dass er also lebt. Wenn man beides tut – das eine mit dem Mund und das andere mit dem Herzen – dann wird man gerettet und gerechtfertigt.
Denn mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde bekennt man zum Heil, zur Rettung.
Biblische Belege für Glauben und Bekenntnis
Und jetzt kommen zwei Bibelverse, die das belegen, was er soeben gesagt hat. Paulus bringt immer wieder Bibelverse und sagt: „Schau, das steht doch schon geschrieben, denn es steht geschrieben, denn die Heilige Schrift sagt.“
Vers 11: „Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“ Wir haben ja gesagt: Etwas muss man mit dem Munde tun, und etwas muss man mit dem Herzen tun.
Er fängt von hinten an und sagt, mit dem Herzen muss man glauben. Jetzt kommt der Beleg fürs Glauben. Er zitiert aus Jesaja 28,16: „Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“
Denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche, denn derselbe Herr aller ist reich für alle, die ihn anrufen. Denn jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden.
Jetzt sagt er das Zweite. Zuerst hat er gesagt: Mit dem Herzen wird geglaubt. Da kommt das Zitat aus Jesaja: „Wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“ Jetzt kommt das andere. Vorher hat er gesagt: Mit dem Munde muss man bekennen, Jesus ist Herr.
Jetzt kommt das Zitat aus Joel Kapitel 3, Vers 5: „Denn jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden.“ Also er belegt beide Sachen.
Das mit dem Herzen glauben belegt er mit Jesaja 28,16, das mit dem Munde bekennen belegt er mit Joel Kapitel 3, Vers 5. So steht es geschrieben: „Also derselbe Herr, Allah, ist reich für alle, die ihn anrufen, denn jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden.“
Also anrufen tut man mit dem Mund, glauben tut man mit dem Herzen. Anrufen heißt bekennen: Jesus als Herrn bekennen – Herr, du bist Herr, ich anerkenne es und ich brauche dich jetzt, rette mich.
Man muss beten, man muss sich an Jesus Christus wenden, um gerettet zu werden. Man muss auf die Knie gehen und vor diesem Jesus von Nazaret, der der Messias ist, muss man sich beugen und ihn jetzt anrufen, um Rettung zu empfangen.
Und zweitens muss man glauben, dass er auferstanden ist, dass er lebt, dass er nicht nur gestorben ist, sondern dass sein Tod zur Sühnung für unsere Sünden ist.
Er selbst hat den Tod gar nicht gebraucht, er hätte nicht sterben müssen, aber er hat einen stellvertretenden Tod erlitten. So weit.
Gründe für Israels Verwerfung und Gottes Bemühungen
Fehlender Glaube und fehlende Reaktion auf das Evangelium
Und nun folgt der zweite Grund, der in Kapitel 10, Verse 14 bis 21 genannt wird. Warum hat Gott Israel verworfen?
Der erste Grund war, dass sie keine Erkenntnis hatten, keine Heilserkenntnis. Sie hatten zwar Eifer, aber nicht die richtige Erkenntnis. Das bedeutet, sie wollten nicht wirklich annehmen, dass Jesus der Messias ist. Stattdessen wollten sie ihre eigene Gerechtigkeit aufrichten und lehnten die Glaubensgerechtigkeit ab.
Der zweite Grund für die Verwerfung Israels ist, dass Gott sich sehr um Israel bemüht hat. Nach der Verwerfung des Messias, nachdem dieser sich auf den Thron Davids gesetzt hatte, hat Gott weiterhin um Israel geworben. Er ließ das Evangelium verkünden, doch Israel wollte nicht hören.
Notwendigkeit der Verkündigung für Glauben
Lesen wir den Text, Vers 14: Wie sollten sie den anrufen, an den sie nicht geglaubt haben? Wie sollten sie aber an den glauben, von dem sie nicht gehört haben? Wie sollten sie aber hören, ohne dass jemand verkündet? Wie sollten sie aber verkünden, wenn sie nicht gesandt werden?
So steht es geschrieben: „Wie schön sind die Füße derer, die das Evangelium verkünden, die gute Botschaft bringen!“ Frieden den Füßen derer, die die gute Botschaft des Evangeliums verkünden oder die guten Dinge des Evangeliums sagen.
Doch nicht alle haben der guten Botschaft gehorcht. Hier haben wir es. Er sagt: Schaut, woran liegt das Problem? Sie haben ihn nicht angerufen. Ja, um ihn anzurufen, muss man erst glauben. Aber sie haben nicht geglaubt. Um zu glauben, muss man hören. Um zu hören, braucht man aber einen Verkündiger.
Und jetzt sagt er: Schaut, die Juden haben nicht gehorcht, sie haben der guten Botschaft, dem Evangelium, nicht gehorcht. Denn Jesaja sagte: „Wer hat unserer Kunde geglaubt?“
Glaube entsteht aus Gehörtem
Vers 17: Der Glaube entsteht also aus dem Gehörten, aus der Botschaft. Diese Botschaft aber kommt durch das Wort Gottes.
Es wird erklärt: Zuerst haben wir vom Glauben gesprochen. Doch um glauben zu können, braucht es eine Verkündigung, ein Wort. Und um ein Wort zu haben, das verkündet wird, braucht es einen Prediger – also jemanden, der das Wort verkündet.
Evangelium im ganzen Römischen Reich verbreitet
Und jetzt sagt er in Vers 18: „Demnach ist also der Glaube…“ Jedoch sage ich, „haben Sie nicht gehört?“ Doch, klar haben Sie gehört. „In jedem Teil der Erde ging ihre Stimme hinaus, und zu den Enden des Weltreiches gingen ihre Worte.“ Das ist ein Zitat aus einem Psalm. Paulus verwendet dieses Zitat auf seine eigene Situation.
Gehen Sie mit mir zurück ins Jahr 56 oder 57, als Paulus diesen Brief schrieb. Was war da? Wo war das Evangelium hingekommen? Zuerst von Jerusalem nach Judäa, dann von Judäa nach Samaria, weiter nach Galiläa, dann hinaus in den Norden, nach Antiochia. Danach kam das Evangelium nach Zypern, dann in die heutige Türkei und schließlich nach Griechenland, genauer nach Makedonien.
Dann kam das Evangelium nach Rom. Es war eigentlich schon relativ früh in Rom angekommen. Durch Paulus kam es später nach Rom, aber zuvor gab es schon Leute, die in Rom herumreisten und das Evangelium dorthin brachten. Also gab es damals schon viele Christen in Rom.
Wenn es in Rom war, dann war es auch in der ganzen römischen Welt, denn Rom war das Zentrum der damaligen Welt. „Alle Wege führen nach Rom“, heißt es ja. Damals hieß es auch so: Alle Wege führten nach Rom, und alle Leute kamen nach Rom und gingen wieder in die Provinzen zurück. So kam das Evangelium bis in die entlegensten Teile des gesamten Römischen Reiches.
Paulus sagt: bis an die entlegensten Teile der Erde. Das war die damals bekannte Erde, die bekannte Welt. Das ist ein Ausdruck, der in der Bibel oft verwendet wird für die bekannte Welt. Zum Beispiel ließ Augustus einen Erlass über das ganze Reich ausgeben, da heißt es „die ganze Erde“, „alle Völker“, „Erdkreis“ oder „ganzen Erdkreis“. Damit ist das römische Reich gemeint.
Also war das Evangelium zum Zeitpunkt, als dieser Brief geschrieben wurde, schon im ganzen römischen Reich verbreitet, zerstreut im ganzen Reich. Man nennt das Diaspora. Diese Juden waren Händler und waren übrigens sehr reich. Sie waren damals schon reich und kannten sich gut mit Geld aus. Sie trieben Handel im ganzen römischen Reich. Überall dort sind auch Juden hingekommen, die mit dem Evangelium bekannt geworden waren. So kam das Evangelium überall in die entlegensten Teile des römischen Reiches.
Paulus wollte nach Spanien reisen. Warum? Um die Christen, die dort inzwischen Christen geworden waren, zu stärken und um das Evangelium in noch weitere Gegenden Spaniens zu verkündigen. Das heißt, das Evangelium hatten die Juden des römischen Reiches gehört. Natürlich nicht jeder einzelne, aber im Wesentlichen war das Evangelium überall hingekommen.
Israel hat das Evangelium gehört, aber nicht verstanden
Haben sie es nicht gehört? Doch, gehört haben sie es schon.
In Vers 19 heißt es: „Hat Israel nicht verstanden?“ Die nächste Frage lautet: Könnte es sein, dass sie es nicht verstanden haben?
Als Erster sagt Mose: „Ich werde euch zur Eifersucht reizen über ein Nichtvolk, über ein unverständliches Volk werde ich euch erzürnen.“ Aber Jesaja erkundigt sich und sagt: „Ich wurde gefunden von denen, die mich nicht suchten, ich wurde offenbar denen, die nicht nach mir fragten.“
Zu Israel aber sagt er: „Den ganzen Tag strecke ich meine Hände aus zu einem ungehorsamen Volk.“ Ungehorsam heißt hier übrigens Unglauben – also ungehorsam, weil sie nicht glaubten. Den ganzen Tag streckte ich meine Hände aus zu einem ungehorsamen und widersprechenden Volk.
Paulus verwendet hier viele Zitate aus dem Alten Testament. Denn er spricht ja zu Juden, und deshalb will er hier jüdische alttestamentliche Zitate bringen.
Aber was heißt das? Hat Israel nicht gehört? Doch, die Juden im ganzen Römischen Reich haben von Christus gehört. Haben sie es nicht verstanden? Doch, sie haben es verstanden.
Es ist nicht das Problem, dass sie die Botschaft nicht verstanden haben. Nein, das Problem ist, dass sie ungehorsam waren – durch den Unglauben. Das ist das, was er in Vers 21 sagt: „Den ganzen Tag streckte ich meine Hände aus zu einem in Unglauben ungehorsamen Volk.“
Das sind die Juden im ganzen Römischen Reich: die Juden von Palästina, die Juden der heutigen Türkei, die Juden von Ägypten, die Juden von Griechenland und die Juden von Rom. Alle haben das Evangelium gehört, aber sie wollten es nicht glauben. Und das ist Ungehorsam.
Es liegt also nicht daran, dass Gott sich nicht bemüht hätte, die Juden zu erreichen. Doch, er hat sich bemüht. Überall ging das Evangelium hin, und Gott streckt die Hand aus und sagt: „Lass dich retten, lass dich retten.“
Sie haben nicht geglaubt, sie blieben ungehorsam und widersprechend.
Gebetspause und Dank für das Evangelium
Dann kommt das Kapitel. Wir wollen hier eine kurze Pause von zehn Minuten machen. Achten Sie darauf, dass Sie nach zehn Minuten wieder zurück sind.
Zum Abschluss beten wir und stehen zum Gebet auf.
Lieber Vater im Himmel, wir danken Dir, dass Du Dein Evangelium überall hast verkünden lassen, gerade in jener wichtigen Zeit, zur Zeit von Paulus. Damals ist das Evangelium in jede Ecke des römischen Reiches hinausgegangen und hat sich über die damals bekannte Erde verbreitet.
Herr, ich danke Dir, dass Du Deine Hände ausstreckst und auch heute noch allen Menschen Deine Hilfe anbietest. Lasst euch retten! Danke, Herr, auch für die Pause, die wir jetzt haben dürfen. Wir beten um Deinen Segen, auch für die Zeit danach. Amen!
Ja, wir wollen jetzt weitermachen und stehen zum Gebet auf.
Lieber himmlischer Vater, wir danken Dir, dass wir auch schwierige Textstellen lesen dürfen. Wir beten, dass Du uns Konzentration und Gelingen gibst, besonders für das Kapitel Römer 11, das wir heute und morgen noch betrachten wollen.
Herr, Du siehst, dass wir fehlerhafte Menschen sind und oft nur kleine Stücke erkennen. Hilf uns, den Gedankengang des Apostels in diesem Kapitel zu verstehen. Wir beten auch, dass wir die Demut haben, zu warten, wenn noch nicht alles ganz klar ist. Du kannst uns zu Deiner Zeit Licht geben.
Danke, Herr, dass Du der Gott bist, der über allem steht. Hilf uns heute Abend, gerade jetzt in der nächsten halben Stunde. Amen.
Beginn der Betrachtung zu Römer Kapitel 11: Grenzen der Verwerfung Israels
Wir kommen nun zu einem Kapitel, das in der Christenheit etwas umstritten ist. Es gibt einige Schwierigkeiten, insbesondere zwei Verse, die in der Übersetzung genauer betrachtet werden müssen.
Es geht um die Frage der Grenzen der Verwerfung Israels. Paulus hat klargemacht, dass es Gottes gutes Recht war, Israel zu verwerfen. Wenn sie nicht an den Messias glauben, gehen sie verloren. Das ist Gottes gutes Recht, denn er hat bestimmt, dass man nur aus Gnade durch den Glauben an den Messias gerettet werden kann.
Wir haben gelernt, dass der Grund für die Verwerfung der Unglaube und der Ungehorsam dieses Volkes ist. Das betrifft diejenigen, die nicht glauben wollen, nicht das ganze Volk. Viele von ihnen sind der Grund für die Verwerfung.
Nun kommen wir zu den Grenzen der Verwerfung Israels. Die Frage lautet: Ist Israels Verwerfung total? Gibt es keine Möglichkeiten mehr für Israel, gerettet zu werden, nachdem sie den Messias verworfen haben?
Gott hat sein Volk nicht gänzlich verworfen
Nun lesen wir zuerst die ersten Verse. Paulus sagt: Verstoße Gott sein Volk? Das sei ferne, denn auch ich bin ein Israelit aus dem Samen Abrahams, vom Stamm Benjamin.
Wenn wir diesen Vers lesen, wird klar, dass es um das Volk Israel geht – das historische Volk, von dem Paulus die ganze Zeit sprach. Es sind die Verwandten des Paulus, also seine Stammverwandten. Das heißt, es geht um das fleischliche Israel. Die Frage ist: Hat dieses fleischliche Israel, das im Alten Testament Gottes Volk war, nun gänzlich verstossen?
Paulus sagt: Nein, das sei ferne. Gott hat dieses fleischliche Israel, das den Messias ablehnt, nicht verstossen. Nun folgt eine Begründung. Woher weiß Paulus das? Die Beweisführung beginnt hier.
Er sagt: Denn auch ich bin ein Israelit – also ich bin genauso ein Israelit wie das fleischliche Israel, aus dem Samen Abrahams, vom Stamm Benjamin. Gott hat sein Volk nicht verstossen, das er zuvor kannte.
Oder wisst ihr nicht, was die Schrift bei Elija sagt, wie er vor Gott gegen Israel auftritt? Elija sagt: „Herr, sie töteten deine Propheten, gruben deine Altäre ab, und ich blieb allein übrig, und sie trachten nach meiner Seele.“
Aber was sagt ihm die göttliche Antwort? „Ich ließ mir übrig bleiben siebentausend Mann, die vor Baal das Knie nicht beugten.“ So ist also auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Gnadenerwählung entstanden.
Wenn aber durch Gnade, dann ist es nicht mehr aus Werken. Sonst wäre die Gnade nicht mehr Gnade. Wenn aber aus Werken, dann ist es nicht mehr Gnade. Sonst wäre das Werk nicht mehr Werk.
Überrest Israels und Verhärtung der übrigen
Vers 7: Was ist also zu sagen? Israel hat sein Ziel nicht erreicht, aber die Erwählung hat es erreicht. Die übrigen wurden verhärtet.
So wie geschrieben steht: Gott gab ihnen einen Geist des Schlafes, Augen, die nicht sehen, und Ohren, die nicht hören, bis zum heutigen Tag. David sagt, ihr Tisch werde ihnen zur Schlinge, zum Fallstrick, zum Anstoß und zur Vergeltung. Ihre Augen seien verfinstert, damit sie nicht sehen, und ihren Rücken beuge er immerzu.
Die Hauptaussage dieses Abschnitts ist also, dass nicht das gesamte Volk verworfen ist. Zumindest Paulus ist nicht verworfen. Er sagt: „Ich bin auch ein Benjaminiter, ein Israelit, ich bin nicht verworfen.“ Er fordert dazu auf, ihn anzusehen. Er ist einer, der an den Messias glaubt. Wenigstens er ist ein Vertreter des fleischlichen Israel. Er stammt aus dem fleischlichen Israel, das ist seine Verwandtschaft.
Gott hat Israel also nicht verworfen, und Paulus ist der Beweis dafür. Es geht nicht um die Frage, ob alle Israeliten gerettet werden. Sie werden sowieso nicht alle gerettet. Das hat Paulus bereits in Kapitel 9, Vers 27 gesagt: Selbst wenn die Zahl der Israeliten wie der Sand am Ufer des Meeres wäre, wird nur ein Überrest gerettet werden.
Es geht also nicht darum, ob alle Israeliten gerettet werden. Nein, sie werden nicht alle gerettet. Aber einige werden gerettet. Gott hat sein Volk allein deshalb nicht verworfen, weil es einige gibt, die jetzt an den Messias glauben. Die, die an den Messias glauben, werden gerettet werden. Sie treten ein in die ewige Herrlichkeit und kommen nicht ins Gericht.
Paulus selbst ist der Beweis dafür, dass Gott sein Volk nicht verworfen hat.
Bedeutung der Erwählung in Christus
Gott hat sein Volk nicht verstoßen, weil er es im Voraus kannte. Das bedeutet, Gott hat sein Volk im Voraus gekannt. Übrigens bedeutet das griechische Wort für "kannte" nicht nur, jemanden zu kennen, sondern auch zu lieben und zu wissen.
Man kann jemanden auf verschiedene Arten kennen. Zum Beispiel kenne ich jemanden, den ich einmal gesehen habe. Ich kann sagen: "Ich kenne dich, ich habe dich einmal getroffen." Aber das ist kein wirkliches Kennen. Andererseits kann man jemanden auch wirklich kennen, wie ich meine Frau oder meine Kinder kenne.
Damit meine ich nicht nur, dass ich weiß, dass sie irgendwo in der Schweiz sind. Nein, ich habe eine Beziehung zu ihnen, ich liebe sie. Wenn der Herr Jesus sagt: "Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich", dann meint er, dass er sie mit Liebe kennt. Sie sind sein Eigentum, und er hat eine besondere Beziehung zu ihnen.
Wenn er aber an anderer Stelle sagt: "Ich kenne euch nicht, geht weg von mir", dann erkennt er sie schon genau. Er ist ja allwissend. Aber er hat keine Beziehung zu ihnen.
Wenn Paulus hier sagt, Gott hat sein Volk gekannt, dann meint er, dass Gott eine Beziehung zu diesem Volk hatte. Gott hat dieses Volk aus Ägypten herausgeführt. Er sagte: "Das ist mein Volk, ich kenne mein Volk und ich liebe mein Volk." Dieses Israel, um das er sich so sehr bemüht hatte, ist sein Volk.
Dieses fleischliche Israel, das ihm dann so viel gesündigt hat, ist trotzdem sein Volk – jedenfalls bis zu dem Tag, an dem Paulus lebte.
Das historische Israel zur Zeit des Paulus
Wir gehen jetzt zurück ins Jahr 56. Zu dem Zeitpunkt, als dieser Brief geschrieben wurde, gab es immer noch ein Israel. Man wusste genau, wo dieses Israel zu finden war. Man brauchte nur nach Jerusalem zu schauen, und man erkannte: Aha, diese Leute dort, das sind die Juden.
Man konnte sogar in Rom einen Israeliten erkennen oder treffen. Er hätte gesagt: Ja, das ist das Volk meiner Väter. Dieses historische Israel war also weiterhin ein gültiges, echtes Volk. Es war da und immer noch das Volk, mit dem Gott eine Geschichte gemacht hatte.
Es handelte sich um die Nachkommen derer, die Gott aus Ägypten herausgeführt hatte. Natürlich gab es auch Proselyten, das heißt solche, die sich dem Volk Israel angeschlossen hatten. Diese wurden ebenfalls einfach dazugezählt.
Aber der Kern des Volkes war das historische Israel. Gott hatte sein Volk nicht verworfen.
Beispiel Elija und der Überrest
In den Versen zwei bis vier weist er auf Elija hin. Er sagt: „Wisset ihr nicht, dass die Schrift bei Elija sagt: ‚Herr, sie töteten die Propheten, und ich bin allein übrig geblieben‘?“ Elija berichtet, dass er der Einzige ist, der noch übrig geblieben ist von deinem Volk. Die anderen sind alle im Baalskult abgefallen.
Doch Gott widerspricht und sagt: „Nein, das stimmt nicht. Es sind noch siebentausend Leute da, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt haben.“ Diese siebentausend Menschen waren der Überrest Israels, der treue Kern des Volkes zu jener Zeit.
Dieses treue Israel war das Volk, mit dem Gott sich noch identifizierte. Er sagt: „Das ist mein Volk.“ Sie bildeten das Königreich Gottes im Alten Testament. Diese Menschen waren diejenigen, über die Gott noch Herr war, bei denen Gott noch König war.
Gnadenwahl und Erwählung in Christus
Und dann kommt Paulus in Vers 5 und zieht eine Schlussfolgerung. Er sagt: So ist also auch in der jetzigen Zeit ein Überrest entstanden nach Gnadenerwählung. Er meint, dass es im Jahr 56 nach Christus, in der jetzigen Zeit, immer noch einen Überrest gibt.
Wer ist dieser Überrest? Paulus sagt, es ist der Überrest nach Gnadenwahl. Gnadenerwählung bedeutet, dass diejenigen, die in Christus erwählt sind, dazugehören. Was heißt das genau? Im Neuen Testament geschieht die Erwählung in Christus. Im Alten Testament geschah die Erwählung so, dass Gott Abraham, seinen Sohn Isaak und seinen Sohn Jakob erwählte; sie waren das Heilvolk oder das geschichtliche Volk Israel.
Im Neuen Testament hingegen geschieht die Erwählung in Christus. Das heißt, der Mensch, der durch den Glauben an Jesus Christus glaubt, kommt durch diesen Glauben in Christus hinein. Sobald ein Mensch in Christus ist, gilt er als Erwählter. Warum? Weil Christus der Erwählte Gottes ist.
Die Juden wussten schon damals, dass der Messias der Erwählte Gottes ist. Erwählt sein bedeutet, eine besondere Wertschätzung zu erfahren. Wenn ich zu meiner Frau sage: „Du bist meine Erwählte“, freut sie sich, weil ich damit ausdrücke, dass sie mir kostbar und höchst wertvoll ist.
Wie wird man Erwählter? Indem man Ja sagt. Die Initiative ging zwar von mir aus – ich habe gefragt –, aber ich habe sie nur eingeladen: „Darf ich dich einladen zu heiraten?“ Und sie hat Ja gesagt. Das heißt, Erwählung wird tatsächlich dadurch, dass man Ja sagt zu Christus. Wer Ja sagt zu Christus, kommt in Christus hinein.
Das ist wie mit diesem Blatt Papier, das ich hier habe. Das ist ich. Als ich den Herrn Jesus Christus aufnahm, als ich Ja sagte zu Christus, hat Gott gesagt: „Gut, dann bist du jetzt in Christus, ich gebe dich jetzt in Christus hinein.“ Jetzt bin ich in Christus. So wie das Blatt Papier in der Bibel ist, bin ich in Christus.
Wenn ich die Bibel dort hinlege, liegt auch der Zettel dort. Überall, wo die Bibel hinkommt, ist auch der Zettel. Jetzt liegt der Zettel dort, weil er in der Bibel ist. Das heißt, ich bin jetzt in Christus versetzt worden. Alles, was mit Christus geschieht, geschieht mit mir.
Alles, was Christus ist, bin ich auch. Christus ist gerecht – bin ich auch gerecht? Ja. Christus ist heilig – bin ich auch geheiligt? Ja, ich bin geheiligt in Christus. Christus ist ein Sohn, der den Titel Sohn hat – bin ich auch Sohn? Ja, ich habe die Sohnschaft in Christus durch meine Verbindung mit ihm.
Christus ist ein Erwählter, ein Geliebter, etwas höchst Kostbares. Ich bin es auch in Christus, und jeder in der Gemeinde ist in Christus. Deshalb ist die Gemeinde in Christus eine Erwählte. Sobald man Christ wird, ist man erwählt. Bevor man Ja sagt zu Christus, ist man nicht erwählt, man ist draußen. Sobald man Ja sagt, ist man erwählt.
Das ist ganz einfach mit der Erwählung. Jeder Mensch entscheidet selbst, ob er erwählt wird oder nicht, denn die Erwählung ist Christus. Deshalb sagt Paulus hier von der Gnadenwahl: Das sind alle Juden, die Ja sagten zu Christus. Sie sind aus Gnade in Christus erwählt, aus Gnade, weil es nicht aus Werken geschah, sondern weil sie sich allein auf die Gnade Christi verlassen haben.
Gott hatte diesen Plan von Ewigkeit her. Schon vor Grundlegung der Welt fasste er den Entschluss, dass die Gemeinde in Christus eine erwählte Gemeinde sein wird. Deshalb steht in Epheser 1,4: „Wie er uns vor Grundlegung der Welt erwählte in Christus.“ Die Gemeinde, die Schar der Heiligen, ist von Ewigkeit her in Christus erwählt, nicht außerhalb von Christus. Außerhalb von Christus gibt es keinen Erwählten.
Also, zurück zu Vers 5: So ist also auch in der jetzigen Zeit ein Überrest entstanden nach Gnadenerwählung. Das ist der Teil Israels, der durch den Glauben die Gnade in Jesus Christus angenommen hat und so in Christus hineingekommen ist.
In Vers 6 heißt es: Wenn aber durch Gnade, so ist es nicht aus Werken. Das ist klar, sonst wäre Gnade keine Gnade. Wenn es aus Gnade ist, dann ist es nicht aus Werken. Das schließt sich aus.
Vers 7 fragt: Was ist also zu sagen? Wonach Israel trachtet, das erreichte es nicht. Wonach hat Israel getrachtet? Das historische Israel wollte eine Gesetzesgerechtigkeit erreichen, also seine eigene Gerechtigkeit durch gute Werke aufrichten. Das ist nicht gelungen. Sie haben keine Gerechtigkeit erlangt.
Aber die Erwählung, also die Gruppe, die in Christus die Erwählten sind, hat die Gerechtigkeit erreicht, weil sie in Christus ist. Die übrigen wurden verhärtet.
Wie verlief die Verhärtung in der Geschichte? Zuerst waren es die Pharisäer, die ihr Herz hart machten gegenüber Christus. Jesus sagte treffend, dass Jesaja gesagt habe: „Das Herz dieses Volkes ist hart, und mit ihren Augen sehen sie, aber sie sehen nicht; und mit ihren Ohren hören sie, aber sie hören nicht.“ Das Herz dieses Volkes war verhärtet – das waren die Pharisäer.
Bei der Kreuzigung Jesu waren es die israelitische Führung, die Hohenpriester und Schriftgelehrten, die das Volk anleiteten. Sie verhärteten sich und brachten Jesus ans Kreuz, und das Volk machte mit.
Wenn sie sich verhärtet haben, dann hat Gott sie verhärtet. So läuft es immer: Der Mensch verhärtet sich, dann kommt ein Gericht, und Gott verhärtet ihn. Aber Verhärtung bedeutet nicht, dass man sich nicht bekehren kann.
Bitte verstehen Sie Verhärtung nicht falsch. Sie bedeutet, dass man für eine gewisse Zeit unzugänglich für das Evangelium ist. Sie haben sich verhärtet, und Gott hat ihnen die Tür zugeschlossen – aber nur für eine gewisse Zeit, nicht für alle Ewigkeit.
Wir wissen, dass sich einige Pharisäer später doch bekehrten, und einige Priester wurden gläubig. In Apostelgeschichte Kapitel 5 kamen einige der Obersten zum Glauben.
Das heißt, nicht jedem Israeliten wurde die Möglichkeit genommen, sich zu bekehren. Eine Zeit lang sagte Gott: „Wenn ihr nicht hören wollt, dann schließe ich euch die Tür zu.“
Dann kam die nächste Gruppe, die Hohenpriester bei der Kreuzigung. Wenn sie nicht hören wollten, sagte Gott: „Gut, dann mache ich zu.“
Dann war Pfingsten. Zu Pfingsten kam der Heilige Geist, und Petrus predigte in Jerusalem. Warum in Jerusalem? Man könnte sagen, die Israeliten sind verstockt und verhärtet, also brauche man nicht predigen. Aber Verhärtung heißt nicht, dass sie für immer verhärtet sind.
Die Verhärtung betraf immer die Gruppe, die die Tür zugemacht hatte – hier waren das die Obersten, die ihr Herz verschlossen hatten. Jetzt kam die Botschaft erneut zum Volk in Jerusalem, und viele hörten zu. Ganz Jerusalem wurde mit dem Evangelium erfüllt.
Es kamen dreitausend, fünftausend Männer, viele Frauen und viele weitere zum Glauben. Aber nicht alle. Die übrigen, die in dieser Rettungsstunde, in der Zeit der Pfingstpredigt und der folgenden Wochen nicht zum Glauben kamen, verhärteten sich selbst, und Gott schloss ihnen die Tür.
Dann ging das Evangelium nach Judäa, Galiläa und Samaria. Viele Juden kamen dort zum Glauben, wie in Apostelgeschichte 8 beschrieben. Die Samaritaner kamen zum Glauben, aber andere nicht. Die, die nicht glaubten, wurden verhärtet. Das geschah stückweise.
Dann ging das Evangelium nach Antiochia in Syrien, im Norden Israels. Viele Juden dort glaubten, andere nicht. Die, die nicht glaubten, verhärteten sich selbst und wurden von Gott verhärtet.
Man fragt sich: Warum das Ganze? Gott hatte einen Zweck. Er sagt: Wenn Israel sukzessive Nein sagt zu Christus, dann habe ich das Recht, das Evangelium den anderen, den Heiden, zu bringen.
Das ist wie bei einer Hochzeit: Das Fest ist vorbereitet, die Gäste sind eingeladen. Wenn die Geladenen nicht kommen wollen, sagt der König: „Gut, dann gehe ich hinaus auf die Straßen und an die Zäune und lade alle ein, die ich finde.“
Das heißt, wenn die geladenen Gäste sich nicht würdig erachten, dann geht Gott zu den Heiden.
In Antiochia in Pisidien, Apostelgeschichte 13, predigt Paulus am ersten Sonntag das Evangelium. Einige Juden hören zu, einige glauben, die meisten nicht. Am nächsten Sonntag predigt Paulus erneut, und die Heiden kommen auch.
Wenn die Juden sich verhärten, sagt Paulus: „Dann gehe ich zu den Heiden.“ Warum sagt er das? Er hätte einfach gehen können. Aber er sagt es ihnen, um sie zur Eifersucht zu reizen.
Gott hat Israel also sukzessive verhärtet. Das bedeutet nicht, dass die Tür für immer zu ist. Gott will sie durch die Eifersucht, die das Evangelium bei den Heiden auslöst, wieder erreichen.
Gott hat Israel verhärtet, weil er jetzt das Recht hat, das Evangelium den Heiden zu bringen. Ein jüdischer Messias für die Heiden war damals unerhört.
In Vers 11 heißt es: „Ich sage also: Sind sie gestolpert, damit sie fallen und liegen bleiben sollten?“ Paulus überlegt hier, ob die Israeliten, die sich am Stein des Anstoßes – Jesus Christus – gestoßen haben, jetzt liegen bleiben sollen.
Im Griechischen bedeutet das Wort für „stolpern“ so viel wie „stolpern, dass man fällt“. Paulus fragt: Bedeutet ihr Fehltritt, dass sie jetzt liegen bleiben müssen? Hat Gott sie fallen gelassen, damit sie nie mehr die Möglichkeit haben, sich zu bekehren?
Das sei ferne! Durch ihren Fehltritt ist das Heil zu den Heiden gekommen, um die Israeliten zur Eifersucht zu reizen.
Wenn aber ihr Fehltritt Reichtum der Welt ist und ihr Heilsverlust Reichtum der Heiden, wie viel mehr wird ihre Fülle sein?
Worum geht es hier? Gott hat die Israeliten nicht einfach verhärtet, damit sie für alle Ewigkeit verhärtet bleiben. Nein, er hat sie verhärtet, damit er durch ihre Verhärtung das Evangelium zu den Heiden bringen kann.
Das war Gottes Anliegen bei der Heidenmission: Die Israeliten wollen nicht hören – gut, dann macht Gott die Tür zu. Die nächste Gruppe Israeliten will auch nicht hören – wieder macht Gott die Tür zu.
So geht das durch die Geschichte. Bis zum Jahr 56 nach Christus, also 26 Jahre, hat Gott gewartet. Immer, wenn das Evangelium verkündigt wurde, sagten sie Nein. Dann schloss Gott die Tür für die Juden.
Aber die Tür ging auf für die Heiden. Das Evangelium ging zu Cornelius und zu allen anderen Heiden im Römischen Reich. Viele Heiden nahmen das Evangelium an, nicht alle, aber eine große Schar.
Das heißt, der Fehltritt Israels brachte den Heiden Reichtum – sie konnten das Evangelium aufnehmen.
Wenn aber ihr Fehltritt Reichtum der Welt ist und ihr Heilsverlust Reichtum der Heiden, wie viel mehr wird ihr Heilsgewinn sein?
Manche Übersetzungen verwenden „Vollzahl“ statt „Fülle“, aber hier ist „Fülle“ die bessere Übersetzung. Es geht nicht um eine volle Zahl, sondern um die Fülle, den Gewinn, das Gegenteil vom Heilsverlust.
Israel hat Nein gesagt zum Messias, das war ihr Heilsverlust. Nun erhalten die Heiden das Heil und werden reich durch Christus.
Wenn also schon der Fehltritt Israels Reichtum der Welt ist, wie viel mehr wird ihr Ja zum Messias ein großer Gewinn sein!
Gott hat die Tür für Israel nicht zugemacht. Paulus sagt: „Denn euch, die ihr von den Völkern seid – insofern ich der Apostel derer bin, die von den Völkern sind – verherrliche ich meinen Dienst, ob ich auf irgendeine Weise sie, die mein Fleisch sind, zur Eifersucht reizen und etliche aus ihnen retten möge.“
Paulus ist stolz, Apostel der Heiden zu sein. Warum? Weil er den jüdischen Messias den Heiden verkündigt, nicht nur um die Heiden zu gewinnen, sondern um die Juden zur Eifersucht zu reizen.
Paulus bleibt Jude und verkündet ein jüdisches Evangelium. Er gründet keine neue Religion, sondern verkündet, dass der Messias gekommen ist. Für die Juden gibt es kein anderes Heil als durch den jüdischen Messias.
Das hat die Juden gestört, denn Paulus sagte nicht: „Ich wechsle Religion“, sondern: „Jesus Christus ist die Erfüllung eurer jüdischen Religion.“
Wenn die Juden das nicht annehmen wollen, dann geht das Evangelium zu den Heiden, um die Juden zur Eifersucht zu reizen.
In Vers 15 heißt es: „Denn wenn ihre Verwerfung Versöhnung der Welt ist, was ist ihr Angenommenwerden anderes als Leben aus den Toten?“
Wenn die Juden den Messias verworfen haben und dadurch die Heiden Versöhnung empfangen, was bedeutet dann das Angenommenwerden Israels?
Es bedeutet Leben aus den Toten. Wenn Juden den Herrn Jesus verworfen haben, geht das Evangelium zu den Heiden. Wenn aber einige Juden eifersüchtig werden und den Messias annehmen, bedeutet das für Israel Leben aus den Toten.
Ein totes Israel wird lebendig. Ein Israel, das den Messias verworfen hat, hat sich selbst getötet, was die Verheißung Gottes betrifft. Sie sind nicht mehr Gottes Volk im vollen Sinn.
Wenn Juden sich aus Eifersucht zum Messias wenden und von Gott angenommen werden, bedeutet das Leben aus den Toten für Israel.
Wir wollen hier schließen und morgen noch näher auf die nächsten Verse eingehen.
Wir stehen auf zum Gebet.
Du hast einen herrlichen Heilsplan gehabt und hast ihn noch. Du hast deinen wunderbaren Messias gesandt, den Herrn der Herrlichkeit. Du hast ihn auf den Königsthron des Königs David erhoben, sodass er diesen ewigen Thron einnehmen konnte und eingenommen hat. Du hast dem Volk Israel den König auf ihren eigenen Thron gesetzt.
Wir sehen in der Geschichte, wie du um dein Volk gerungen hast, wie du für dein Volk geblutet hast, wie du das Evangelium deinem Volk verkünden und ihnen eine zweite Chance geben ließest, ehe das Gericht kommt.
Wir danken dir, Herr, für deine Barmherzigkeit, wie du diesem Volk nachgegangen bist.
Wir danken dir auch, dass durch das Verwerfen des Volkes die Tür für die Heiden aufgegangen ist, sodass die große Fülle von Heiden hineingehen konnte, die große Schar von Menschen aus den Heidenvölkern, die ihr Vertrauen auf den Messias setzten.
Wir danken dir, Vater, für diese herrlichen Heilswege in dieser schwierigen Zeit damals, als du noch diese Gnadenseite in den Jahren, in denen Paulus schrieb, offenbart hast.
Wir danken dir für diesen herrlichen Brief. Wir beten, dass wir auch heute schätzen, welches herrliche Evangelium das ist und welcher herrliche Gott du bist, der den Menschen nachgehst und sie immer wieder ruft.
Wir danken dir auch für den heutigen Abend und beten, dass du uns behütest und dass es uns gelingt, über deine Gedanken nachzudenken und sie zu verstehen.
Amen.
Verhärtung Israels in der Geschichte
Wann? Wann? Jetzt muss man Acht geben.
Wie verlief denn die Verhärtung in der Geschichte? Zuerst waren die Pharisäer, die ihr Herz hart gemacht hatten gegenüber Christus. Jesus sagte ihnen trefflich, wie Jesaja es prophezeit hatte: „Das Herz dieses Volkes ist hart, und mit ihren Augen sehen sie; obwohl sie mit den Augen sehen, sehen sie nicht, und obwohl sie mit den Ohren hören, hören sie nicht.“ Das Herz dieses Volkes war also verhärtet. Das waren die Pharisäer.
Dann, bei der Kreuzigung Jesu, waren es die führenden israelitischen Autoritäten – die Hohenpriester und Schriftgelehrten, die geistlichen Führer des Volkes –, die sich verhärtet hatten. Sie brachten Jesus Christus schließlich ans Kreuz, und das Volk machte einfach mit. Sie hatten sich verhärtet. Wenn Menschen sich verhärten, dann verhärtet Gott sie auch. Es läuft immer so: Der Mensch verhärtet sich, dann kommt ein Gericht, und Gott verhärtet ihn.
Aber bitte verstehen Sie das Wort „Verhärtung“ nicht falsch. Verhärtung bedeutet nicht, dass man sich nicht bekehren kann. Es heißt, dass man für eine gewisse Zeit unzugänglich für das Evangelium ist. Man hat sich verhärtet, und Gott hat wie eine Tür zugeschlossen – aber nur für eine gewisse Zeit, nicht für alle Ewigkeit.
Denn wir wissen genau, dass sich einige Pharisäer später doch noch bekehrt haben. Auch einige Priester wurden dem Glauben gehorsam. Später, im Kapitel 5 der Apostelgeschichte, kamen einige von den Obersten zum Glauben. Das heißt also nicht, dass jedem Israeliten die Möglichkeit genommen wird, sich zu bekehren. Das bedeutet es nicht. Für eine Zeit hat Gott gesagt: Wenn ihr nicht hören wollt, gut, dann schließe ich euch die Tür zu. Und ihr könnt euch jetzt nicht bekehren.
Dann kam die nächste Gruppe, die Hohenpriester bei der Kreuzigung. Wenn ihr nicht hört, dann schließe ich zu. Was geschah dann? Pfingsten. Zu Pfingsten kam der Heilige Geist, und Petrus predigte in Jerusalem.
Warum predigte er in Jerusalem? Man könnte sagen: Die Israeliten sind ja verstockt und verhärtet. Brauchst du gar nicht predigen, Petrus, spar dir die Mühe, das Volk ist ja verhärtet. Nein! Verhärtung bedeutet nicht, dass sie für immer verhärtet sind. Verhärtet waren sie immer – es geht immer um die Gruppe, die zugemacht hat. Die Gruppe, das waren hier die Obersten, die ihr Herz verschlossen hatten.
Jetzt kommt die nächste Gruppe: das Volk in Jerusalem. Das Volk hört noch einmal die Botschaft, diesmal von Petrus. Viele hören zu, und sie erfüllen ganz Jerusalem mit dem Evangelium. Überall in Jerusalem wurde das Evangelium verkündigt. Die ganze Stadt war voll davon.
Und was geschah? Es kamen dreitausend, fünftausend Männer, noch mehr Frauen, viele, viele zum Glauben. Aber eben nicht alle. Die übrigen, die in dieser Rettungsstunde, in dieser Zeit, in der das Evangelium zu Pfingsten verkündigt wurde und in den folgenden Tagen und Wochen nicht zum Glauben kamen, die wurden verhärtet. Sie hatten sich selbst verhärtet, und Gott schloss ihnen die Tür.
Was geschieht jetzt? Das Evangelium geht weiter nach Judäa, Galiläa, Samaria und so weiter. Wer hört, kommt zum Glauben. Viele Juden kamen zum Glauben in Judäa, Galiläa und Samaria. In Apostelgeschichte 8 kam die ganze Schar der Samariter zum Glauben. Aber die anderen nicht. Und die, die nicht zum Glauben kamen, wurden verhärtet. Das geschah stückweise.
Dann ging das Evangelium nach Antiochia in Syrien, im Norden von Israel. Kam das Evangelium dort an? Viele Juden glaubten, aber die anderen nicht. Die, die nicht glaubten, verhärteten sich selbst, und Gott verhärtete sie.
Man fragt sich: Warum das Ganze? Weil Gott einen Zweck damit verfolgt. Er sagt: Wenn Israel sukzessive Nein zu Christus sagt, dann habe ich das Recht, das Evangelium den anderen zu bringen.
Es ist wie bei einer Hochzeit: Das Fest ist fertig, alles ist bereit, und die Geladenen sagen Nein, sie wollen nicht kommen. Was macht der König? Er sagt: Gut, dann geht hinaus an die Straßen und Zäune, und ladet alle ein, die ihr findet.
Das heißt: Jetzt geht es nicht mehr an die geladenen Gäste. Wenn diese sich nicht für würdig halten, das ewige Leben zu empfangen, dann wendet sich Gott den Heiden zu.
In Antiochia in Pisidien, Apostelgeschichte 13, kam Paulus dorthin. Am ersten Sonntag wurde das Evangelium verkündigt. Einige Juden hörten zu und glaubten, die meisten aber nicht. Am nächsten Sonntag gab es wieder eine große Versammlung, und das Evangelium wurde erneut verkündigt. Die Heiden kamen auch dazu.
Als sich die Juden verhärteten, sagt Paulus: „Wenn ihr nicht hört, dann gehe ich zu den Heiden.“ Warum sagt er das? Er hätte auch einfach gehen können. Aber er sagt es ihnen, um sie zur Eifersucht zu reizen – wie ich gestern schon kurz erwähnt habe.
Das heißt: Gott hat Israel sukzessive verhärtet. Schrittweise Verhärtung bedeutet nicht, dass die Tür für immer geschlossen ist. Nein, Gott will sie wieder erreichen, indem er das Evangelium zu den Heiden bringt.
Gott hat sie verhärtet, weil er nun das Recht hat, das Evangelium den Heiden zu bringen – einen jüdischen Messias für die Heiden. Das war etwas völlig Neues und Unerhörtes.
Beschreibung der Verhärtung Israels
Lesen wir weiter, Vers 11. Die Verhärtung wird in den Versen 8, 9 und 10 beschrieben, wie ich bereits gelesen habe. Gott hat ihnen einen Schlafgeist gegeben. Schlafgeist bedeutet jedoch nicht, dass sie für immer schlafen, mit Augen, die nicht sehen, und Ohren, die nicht hören, bis zum heutigen Tag.
Israel hat sich stückweise verschlossen. Gott gibt ihnen Augen, um nicht zu sehen. Das heißt, sie sehen bis zum heutigen Tag, im Jahr 56 nach Christus, nicht.
Wo genau? In Antiochia, dann kam man nach Zypern, dann nach Pisidien und schließlich in die Gegend von Makedonien und Griechenland. Überall gab es Juden. Und überall dort, wo die Juden Nein zum Evangelium gesagt haben, hat Gott ihnen die Tür verschlossen. So ist es bis zum heutigen Tag, bis zum Jahr 56.
David sagt: Es werde ihr Tisch zur Schlinge, zum Fallstrick, zum Anstoß und zur Vergeltung. Er zitiert einen Vers aus den Psalmen und erklärt, dass dieser Vers zwar damals in den Psalmen auf etwas anderes bezogen war, er ihn aber auf Israel anwendet. Er sagt: Wenn sie so verharren, dann wird ihnen ihr Tisch zur Schlinge. Das bedeutet, es kommt ein Gericht, das ihnen zum Fallstrick, zum Anstoß und zur Vergeltung wird.
Sie werden in ein furchtbares Gericht kommen und keine Chance mehr haben, gerettet zu werden. Dieses Gericht lag 14 Jahre voraus, beziehungsweise in 13 Jahren sollte es kommen.
Wenn Gott sich jetzt den Heiden zuwendet, bedeutet das jedoch nicht, dass Gott Israel gänzlich verworfen hat. Das ist sein Argument, das in den nächsten Versen folgt. Die Tatsache, dass Gott sie verhärtet hat, heißt nicht, dass er sie vollständig verworfen hat. Gott wirbt im Jahr 56 immer noch um die Israeliten.
Israel stolpert, aber bleibt nicht liegen
Und jetzt lesen wir, wir haben noch ein paar Minuten. Wir lesen in Vers elf, ja, Vers elf.
Ich sage also: Stoßen Sie sie an oder stolpern sie, damit sie fallen und liegenbleiben? Ich darf diesen Text sogar hier auf der Folie zeigen, weil ich dir etwas zur Übersetzung erklären möchte.
Ich sage also: Stoßen Sie sie an oder stolpern sie, damit sie fallen und liegenbleiben? Was bedeutet das?
Paulus stellt diese Frage und überlegt: Was war denn? Die Israeliten haben sich am Stein des Anstoßes gestoßen – Jesus Christus. Jesus Christus liegt als Stein da, und sie wollen ihn nicht annehmen. Aber sie stolpern über ihn. Und was geschieht? Sie stolpern. Wenn man stolpert, dann fällt man.
Im Griechischen bedeutet das Wort für stolpern tatsächlich so viel wie stolpern, dass man fällt. Deshalb muss man hier übersetzen: „damit sie fallen und liegenbleiben sollten“. Wenn man hingefallen ist, dann sagt Paulus: Jetzt liegen sie am Boden. Die Israeliten liegen jetzt am Boden.
Und jetzt fragt er: Bedeutet die Tatsache, dass sie sich am Stein des Anstoßes gestört haben und gestolpert sind – also den Messias verworfen haben –, dass sie liegenbleiben sollen? Hat Gott sie fallenlassen? Hat Gott ihnen dieses Gericht geschickt, diese Verhärtung, damit sie nie mehr die Möglichkeit haben, sich zu bekehren?
Das sei ferne! Durch ihren Fehltritt ist das Heil zu den Heiden gekommen, um sie zur Eifersucht zu reizen. Wenn aber ihr Fehltritt Reichtum für die Welt ist und ihr Heilsverlust Reichtum für die Heiden, wie viel mehr wird dann ihre Fülle sein?
Zweck der Verhärtung: Heidenmission und Eifersucht
Worum geht es hier? Er sagt: Schaut, Gott hat die Israeliten nicht einfach so verhärtet. Nachdem sie den Messias und das Evangelium abgelehnt hatten – in Jerusalem, in Antiochia, in Antiochia Pisidia, in Athen und überall, wo die Juden waren – hat Gott diese Israeliten nicht deshalb verhärtet, damit sie für alle Ewigkeit verhärtet bleiben. Nein, Gott hat sie verhärtet, damit er durch ihre Verhärtung das Evangelium zu den Heiden bringen kann. Das ist es.
Das heißt: Die Heidenmission war Gottes Anliegen. Er sagt, die Israeliten wollen nicht hören. Okay, sie wollen nicht hören. Gut, dann mache ich zu. Nächste Israeliten. Die wollen auch nicht hören, mache ich zu. Nächste wollen auch nicht hören. So geht es durch die Geschichte.
26 Jahre lang, bis zum Jahr 56 nach Christus, hat Gott gewartet. Immer wieder hat er gewartet, ob sie nicht doch hören wollen. Und immer, wenn das Evangelium verkündigt wurde, sagten sie Nein. Gut, dann hat Gott die Tür zugemacht für die Juden.
Aber die Tür geht jetzt auf für die Heiden. Das Evangelium ging zu Cornelius, das Evangelium ging zu allen anderen Heiden im ganzen Römischen Reich. Überall nahmen die Heiden das Evangelium gern an. Natürlich nicht jeder Heide, aber viele Heiden nahmen das Evangelium an – eine große Schar, eine große Fülle.
Das heißt: Der Fehltritt Israels brachte den Heiden einen Reichtum. Das ist gemeint. Der Fehltritt Israels, die Tatsache, dass Israel den Messias verworfen hat, brachte den Heiden ihren Reichtum, weil sie jetzt das Evangelium aufnehmen können.
Wenn aber ihr Fehltritt Reichtum der Welt ist und ihr Heilsverlust ihr Schaden, dann ist ihr Reichtum der Heiden groß. Wie viel mehr aber ihre Heilsfülle!
Vielleicht steht hier „Fülle“ oder ich weiß nicht, was bei ihnen steht. Wenn bei ihnen „Vollzahl“ steht, dann darf man getrost durchstreichen und „Fülle“ darüber schreiben. Denn das Wort „Vollzahl“ ist zwar eine mögliche Übersetzung von Pläroma, aber das ist eine Sonderübersetzung.
Es geht hier einfach um die Fülle. Es geht nicht um eine volle Zahl, sondern um die Fülle, also das Gegenteil von Heilsverlust.
Sie haben ja – ich denke, Schlachter übersetzt es mit Verlust: „Wenn ihr Fehltritt Reichtum der Welt ist und ihr Verlust Reichtum der Heiden, wie viel mehr ihr Gewinn!“ Das ist das Gegenteil von Verlust, das heißt Gewinn, Heilsgewinn, Fülle.
Gemeint ist nicht eine große Anzahl von Israeliten, sondern das Gegenteil: Es ist der Gewinn, das Gegenteil von Heilsverlust.
Israel hat Nein gesagt – oder Israel hat Nein gesagt zum Messias. Was war das Ergebnis? Heilsverlust. Sie sind nicht gerettet, sie kommen nicht zum Heil.
Jetzt geht das Evangelium zu den Heiden. Die Heiden bekommen das Heil, sie werden reich durch Christus.
Wenn also schon der Fehltritt von Israel Reichtum der Welt ist, wie viel mehr wird der Heilsgewinn Israels Reichtum sein? Wie viel mehr Reichtum wird es sein, wenn Israel Ja sagt zum Messias?
Das ist gemeint: Wenn ihr Fehltritt, ihr Nein zum Messias, Reichtum der Welt ist, wie viel mehr wird ihr Ja zum Messias ein großer Gewinn sein? Wie viel mehr Reichtum wird ihr Heilsgewinn sein, wenn sie Ja sagen.
Paulus als Apostel der Heiden und sein Anliegen
Das heißt, Gott hat die Tür für Israel nicht zugemacht. Nein, das hat er nicht. Denn die ihr von den Völkern seid – ich sage das, weil ich der Apostel derer bin, die von den Völkern sind – verherrliche ich meinen Dienst. Ob ich auf irgendeine Weise sie, die mein Fleisch sind, zur Eifersucht reizen und etliche aus ihnen retten möge.
Beachten Sie das Wörtchen „denn“. In der Schlachterübersetzung heißt es: „Denn euch, die ihr von den Völkern seid, sage ich, insofern ich der Apostel derer bin, die von den Völkern sind, verherrliche ich meinen Dienst.“ Paulus sagt also: Ich bin stolz, ich bin stolz, dass ich ein Heidenapostel bin.
Wieso ist er so stolz darauf? Weil er sagt: „Ob ich auf irgendeine Weise sie, die mein Fleisch sind, diese Eliten, zur Eifersucht reizen und etliche aus ihnen retten möge.“ Ich bin so stolz auf meinen Dienst unter den Heiden, denn ich verkündige den jüdischen Messias. Ich verkündige den jüdischen Messias den Heiden.
Und ich mache das nicht einfach nur, um die Heiden zu gewinnen. Ich mache es, um die Juden zu gewinnen. Ich bewirke einen Bumerang-Effekt, damit die Juden eifersüchtig werden, wenn sie sehen, dass der jüdische Messias von den Heiden angenommen wird.
Vergessen wir nicht: Paulus bleibt immer ein Jude. Er war ein Jude und er bleibt ein Jude. Er verkündigte ein jüdisches Evangelium, das ist nichts anderes. Paulus war kein Sektierer. Er war nicht jemand, der gesagt hat: „Wir gründen eine neue Religion, die nennen wir jetzt einfach Christenheit.“ Nein, es war keine neue Religion.
Das, was Paulus den Juden verkündigte, war jüdische Religion. Die jüdische Religion sagte: Euer Messias ist gekommen. Euer Messias ist der einzige Retter für euch. Es gibt kein anderes Heil für euch Juden als den jüdischen Messias. Nehmt ihn an!
Und genau das hat die Juden gestört. Wenn Paulus gesagt hätte: „Ach, wisst ihr was, ihr Juden, ich habe meine Religion gewechselt, ich gehe jetzt zu den Christen, wir gründen eine neue Religion“, das hätte die Juden nicht gestört. Das wäre überhaupt kein Problem gewesen.
Aber dieser Paulus kam daher und sagte: „Jesus Christus ist die Erfüllung unserer Religion, unserer jüdischen Religion. Das ist das neue Evangelium, das ist unsere jüdische Religion. Und ihr seid jetzt alle falsch, ihr glaubt das Falsche, weil ihr diesen Messias nicht angenommen habt.“
Verstehen Sie? Er verkündigte ein jüdisches Evangelium. Und wenn die Juden das nicht annehmen wollen, dann gut. Dann gehen wir zu den Heiden. Jetzt wird das jüdische Evangelium den Heiden verkündigt, um sie zur Eifersucht zu reizen.
Leben aus den Toten für Israel durch Annahme des Messias
Und der letzte Vers für heute, Vers 15: Denn wenn ihre Verwerfung Versöhnung der Welt ist, was ist ihr Angenommenwerden anderes als Leben aus den Toten?
Wenn ihre Verwerfung – das heißt die Tatsache, dass sie den Messias verworfen haben und deshalb von Gott verworfen wurden – zur Folge hatte, dass die Heidenwelt in Christus Versöhnung empfängt, was bedeutet dann das Angenommenwerden Israels anderes als Leben aus den Toten?
Wenn jetzt Juden den Herrn Jesus verworfen haben, dann bedeutet das, dass das Evangelium zu den Heiden geht. Aber wenn einige Juden wieder eifersüchtig werden und den Messias doch noch annehmen, was bedeutet das?
Das bedeutet, dass ein totes Israel zum Leben kommt. Es bedeutet Leben für Israel, Leben aus den Toten für Israel. Immer dann, wenn irgendwo Juden doch noch Ja sagen, ist das für Israel wie eine Auferstehung.
Früher war Israel tot – durch den Unglauben. Jetzt nehmen sie den Messias wieder an, hier einer, dort einer, dort eine ganze Schar. Und überall, wo Juden den Messias annehmen, weil sie eifersüchtig geworden sind, bedeutet das Leben aus den Toten.
Ein totes Israel wird lebendig. Ein Israel, das den Messias verworfen hat, hat sich selbst getötet, was die Verheißung Gottes betrifft. Sie sind nicht mehr Gottes Volk in dem Sinne, dass sie, wenn sie jetzt sterben würden, alle verloren gingen.
Wenn nun diese Juden aus Eifersucht sich doch noch zum Messias wenden und von Gott angenommen werden, dann bedeutet das für Israel Leben aus den Toten.
Abschlussgebet und Dank für Gottes Heilsplan
Wir wollen hier schließen. Morgen möchten wir noch näher darauf eingehen und die nächsten Verse lesen. Nun stehen wir auf zum Gebet.
Du hast einen herrlichen Heilsplan. Du hast deinen wunderbaren Messias gesandt, den Herrn der Herrlichkeit. Du hast ihn auf den Königsthron des Königs David erhoben, sodass er diesen ewigen Thron einnehmen konnte und tatsächlich eingenommen hat. Du hast dem Volk Israel den König auf ihren eigenen Thron gesetzt.
Wir sehen in der Geschichte, wie du um dein Volk gerungen hast, wie du für dein Volk geblutet hast und wie du das Evangelium deinem Volk verkünden ließest. Du hast ihnen eine weitere, zweite Chance gegeben, ehe das Gericht kommt. Dafür danken wir dir, Herr, für deine Barmherzigkeit, mit der du diesem Volk nachgegangen bist.
Wir danken dir aber auch, dass durch das Verwerfen des Volkes Israel die Tür für die Heiden geöffnet wurde. So konnte die große Fülle von Heiden, die große Schar von Menschen aus den Heidenvölkern, hineingehen. Alle, die ihr Vertrauen auf den Messias setzten, konnten aufgenommen werden.
Wir danken dir, Vater, für diese herrlichen Heilswege in jener schwierigen Zeit, als du noch diese Gnadenseite offenhieltest, in den Jahren, in denen Paulus den Brief schrieb. Wir danken dir für diesen herrlichen Brief.
Wir beten, dass wir auch heute noch schätzen, welches herrliche Evangelium das ist und welcher herrliche Gott du bist, der den Menschen so nachgehst und sie immer wieder ruft.
Wir danken dir auch für den heutigen Abend. Wir beten, dass du uns behütest und dass es uns gelingt, nachzudenken und deine Gedanken zu verstehen, die du hast. Amen.