In Jesu Namen, Amen!
Erinnerungen an kirchliche Einteilungen und Feierlichkeiten
Liebe Freunde,
früher war es in der württembergischen Landeskirche so: Wer eine Eins im Examen hatte, also sehr gut war, wurde Pfarrer in Stuttgart. Wer eine Zwei, also gut, hatte, kam in die Reichsstädte Ulm, Esslingen oder Heilbronn. Wer eine Drei, also befriedigend, erreicht hatte, kam entweder ins Oberland oder ins schöne Unterland. Und wer eine Vier, gerade noch ausreichend, hatte, kam entweder in den Schwarzwald oder auf die Ostalb.
Ich war Pfarrer auf der Ostalb. Mein Vikar hieß Albrecht Speidl, mit dem ich bis zum heutigen Tag gut befreundet bin. Dort feierte man das 600-jährige Jubiläum, den sechshundertsten Geburtstag der schwäbischen Hüttenwerke. Aus diesem Anlass war auch der Pfarrer eingeladen, und es gab manches zu bestaunen: die Schmelzöfen, die Gießgruben, die Bearbeitungsmaschinen.
Am Schluss zeigte mir mein Begleiter ein uraltes Dokument, einen Erlass des Kaisers Karl IV. aus dem Jahr 1365, der den Helfensteinern von Königsbronn das Hütten und Gießen erlaubte. „Sehen Sie“, sagte er, „nicht wegen uns, sondern wegen dieser Urkunde feiern wir.“
Daran denke ich auch: Sie feiern keinen sechshundertsten Geburtstag, sondern einen vierzigjährigen. Und was es nicht ist, kann ja noch werden. Es gibt auch hier viel zu bestaunen, allein was die Tafeln hier aussagen: Wie viele Dienste hier getan wurden! Dreißig Jahre Evert Staebler als Chorleiter, viele andere mit ihren treuen Diensten. Viel zu bestaunen und viel zu danken.
Aber deshalb sind wir doch hoffentlich nicht zusammengekommen, um uns gegenseitig zu gratulieren und uns auf die Schulter zu klopfen, wie herrlich weit wir es hier gebracht haben. Sondern auch diese Gründungsväter hier verweisen auf den Erlass des Kaisers aller Kaiser, nämlich Gottes selbst, aus dem Jahr 33, der den Menschen ein fröhliches und befreites Leben erlaubt.
Das ist die Botschaft von Jesus Sieg, der ewig bleibt, dem die ganze Welt gehört. So feiern wir mit diesem vierzigsten Jahrestag eigentlich nur den über zweitausendjährigen Geburtstag unseres Herrn, der auferstanden ist und auch an diesem Morgen sagt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“
Der Aufruf zum Fruchtbringen im Weinberg
Nun können wir nichts Besseres tun, als diese Urkunde auch heute Morgen wieder aufzuschlagen. Und zwar an der Stelle, die Sie sich gewünscht haben, und an der Stelle, die wir vorhin als Schriftlesung gehört haben – vom Weinberg und den Weingärtnern.
In diesem Text geht es ums Fruchtbringen, ganz einfach ums Fruchtbringen. Wir sollen nicht nur Blätter tragen. Manche tragen ihre Geburtsbescheinigung, ihre Taufbescheinigung, ihre Konfirmationsbescheinigung, ihre Ehebescheinigung oder ihre Steuerbescheinigung wie fromme Feigenblätter mit sich herum. Man will sich ja keine Blöße geben. Aber Blätter sind keine Frucht.
Wir sollen auch keine Blumen werden. Ein Blumenideal ist wohl in jedem Menschen vorhanden: eine schöne Blume sein, kein Kaktus, keine Brennnessel, keine stinkende Hoffart, sondern eine Rose, eine Nelke – einfach schön. Blühen wollen wir bis ins neunzigste Lebensjahr. Und wenn es nicht ganz so klappt, dann helfen ja ein paar Salben und Puder von der Firma Schlecker, um unser Blumendasein zu unterstützen.
Aber nicht Blumen sein, sondern Frucht bringen! Wir sollen auch nicht Blüten treiben. Ich kenne Jugendkreise mit ganz, ganz schwärmerischer Luft, mit schwärmischem und dickem Mistgedünkt. Dort treiben sie Blüten des Geistes unter Frömmigkeit, und die bestaunen wir. Aber Gott will nicht Blüten, sondern Frucht.
Gott wollte keine botanischen Karten, sondern er wollte einen Weinberg. Er wollte einen Weinberg, bei dem nicht auf die Blüte, sondern auf die Frucht ankommt.
Frucht als missionarische Aufgabe
Vor einigen Jahren wurde ich von der Liebenzeller Mission eingeladen, an einem Missionarskurs in Tokio teilzunehmen. Als ich am Flughafen von Tokio von Missionar Ockert abgeholt wurde, sagte er zu mir: „Tokio, Tokio ist immer dicht, ein Auto neben dem anderen. Aber heute ist es ganz besonders dicht – wegen der Kirschblüte.“
Die Kirschblüte in Tokio ist unglaublich. Menschen aus allen Regionen strömen in die Stadt, gehen zu den blühenden Kirschbäumen, liegen davor, stehen davor oder klettern in die Zweige, um sich fotografieren zu lassen. Auf die Blüte, die Kirschblüte, kommt es an. Die Frucht ist völlig gleichgültig.
Bei Gott ist es genau umgekehrt. Ihm kommt es nicht so sehr auf Blätter, Blumen oder Blüten an, sondern auf die Frucht. Es geht um Frucht, es geht um Frucht.
Aber was ist nun Frucht? Der Theologe Schlatter hat gesagt: Menschen, die von Jüngern zu Gott geführt werden, sind Frucht. Frucht hat also eine missionarische Dimension. Frucht bringen heißt, missionarisch etwas bewirken.
Manche nehmen den Glauben auf und lagern ihn ab. Doch Glauben ist nicht wie Wein, der bei der Lagerung besser wird. Glaube ist eher wie Milch, die bei der Lagerung sauer wird. Wie viele „Sauermilch-Christen“ kenne ich, die ihren Glauben abgelagert haben und dort ist er sauer geworden.
Glaube darf nicht abgelagert werden, sondern er muss herauskommen. Frucht keimt dort, wo wir die Himmelfahrt nicht als Abschiedstag für einen Christus im Ruhestand feiern, der mit Orden und Ehrenzeichen bedeckt wird und mit Böllerschüssen verabschiedet wird in seinen himmlischen Ruhesitz.
Christus im Ruhestand? Nein! Himmelfahrt ist der Anbruchstag der Mission.
Frucht treibt dort, wo es uns umtreibt, dass erst zwei Prozent der Inder, nur ein Prozent der Chinesen, ein halbes Prozent der Japaner Christen sind. Ja, auch in unserem Land, in Frankfurt an der Oder. Dort habe ich gerade gehört, bei 60 Einwohnern gibt es gerade mal 16 Konfirmanten.
Wenn uns das nicht bewegt, dann wächst keine Frucht. Frucht wächst dort, wo es uns an die Nieren geht, wo es uns umtreibt, dass junge Leute vom Kreuz zum Halbmond konvertieren und mit anderen heilsleeren Kräften verkehren, die den Mondkalender lesen, Horoskope nachschauen und sich die Zukunft am Fernseher weissagen lassen.
Frucht gedeiht dort, wo wir kapieren, dass Glaube und Vision zusammengehören. Dort, wo wir endlich verstehen, dass Glaube und Zeugnis nicht zwei Paar Stiefel sind, sondern eins.
Glaube und Zeugnis gehören zusammen. Ich kann den Glauben nicht für mich behalten und das Zeugnis der Mission der DIPM oder der Liebenzeller Mission nicht weitergeben. Es ist in mir. Das ist Mission – dass ich verstehe: Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht predige.
Mission, Frucht ist das, wenn es mich bewegt, dass ich weiß, ich kann den Mund nicht halten. Dass wir den Mund nicht halten können über die weltbewegende Offenbarung, die in Jesus Christus geschehen ist.
Nein, Glaube ist keine Geschmackssache, die dem einen schmeckt und dem anderen nicht. Glaube ist keine Ansichtssache, die der eine so sieht und der andere anders. Glaube ist keine Privatsache, die ich mit mir selbst ausmache.
Glaube ist Eilsache, die weitergegeben werden muss.
Beispiele großer Missionare als Vorbilder
So wie es etwa William Carey schon damals bemerkte – ein einfacher Schuster am Rande von London. Eines Tages schob er seinen Dreifuß zurück, ging zum Konsistorium, zum Oberkirchenrat, wie wir heute sagen würden, und erklärte, dass er hinaus in die Mission gehen wolle, um diese Botschaft weiterzusagen.
Die Herren Konsistorialräte, streng in Schwarz gekleidet, antworteten ihm: „Herr Carey, wenn Gott etwas so Unglaubliches gewollt hätte wie die Weltmission, dann bräuchte er dazu keinen Schuster Carey.“ Doch er ließ sich nicht entmutigen.
Er kehrte nach Hause zurück, sammelte Geld, ging fort und reiste aus. Schließlich wurde er einer der ganz großen Missionare, der sagte: „The world is my parish“ – die Welt ist meine Parochie.
Oder ich denke an Johannes Ziegenbalg. Er war kein besonders guter Schüler, sein Abschlusszeugnis in der Schule lautete „schwach an Leib und Seele“ – das war ein Gesamtdurchschnitt von vier bis fünf. Doch Johannes Ziegenbalg reiste nach Indien aus und schrieb eine der schwierigsten Grammatiken für die Tamil-Sprache.
Gott fragt nicht nach dem Schulzeugnis, Gott fragt nach dem Christuszeugnis, und das kann jeder geben. Jeder Vater, der zu Hause wieder beginnt, seine Hausandacht zu halten, trotz heranwachsender Söhne. Jede Mutter, die nicht abends die Kinder vor den Fernseher setzt, um noch zehn Minuten Sandmännchen zu schauen, sondern die Mutter, die anfängt, wieder biblische Geschichten zu erzählen.
Wo sonst sollten sie es noch lernen? Jeder Jugendkreisleiter, der nicht nur die Spielkassette öffnet, sondern die Bibel und von dem weitergibt, was ihm wichtig geworden ist – so wie es hier 40 Jahre lang gemacht wurde und wofür wir dankbar sind.
Doch wir alle sind dazu aufgerufen.
Frucht wächst nicht auf Befehl
Aber bringt Frucht schon wieder dieser Imperativ? Bringt Frucht. In der Schule müssen wir gute Noten bringen, im Betrieb Stückzahlen. Später merken wir immer wieder diesen Druck – jetzt wieder –, aber Frucht wächst nicht auf Druck hin.
Ich habe einmal von einem Bauern gehört, der im Stall eine Stereoanlage montieren ließ, um die Milchkühe beim Melken zu animieren. Aber ich habe noch nie gehört, dass im Lendinger Tal ein Obstbauer unter seinen Bäumen stand und rief: „Auf die Plätze, fertig, los! Wer reift, hat gewonnen.“
Nein, auf Kommando wächst nichts, auch nicht im Glauben. Früchte lassen sich nicht befehlen, sie müssen wachsen. Deshalb steht hier: „Wer bleibt, der bringt.“ Sechs Mal in sieben Versen kommt dieses Wort „bleiben“ vor – ein Lieblingswort des Johannes.
Über hundert Mal erscheint das Wort „bleiben“ im Neuen Testament, und mehr als die Hälfte, sechzig Mal, im Johannesevangelium. „Bleibt, bleibt in diesem Herrn!“
Deshalb steht hier als Erstes: Vom Drinbleiben. Wir müssen drinbleiben!
Die Bedeutung des Drinbleibens in Christus
Ich persönlich bin ein Fan der Schwäbischen Alb, der Trockentäler und der Wacholderheiden. Dass die UNESCO das erst jetzt erkannt und das Gebiet zum Biosphärengebiet erklärt hat, ist ein Armutszeugnis. Ich habe das schon vor 50 Jahren begriffen: Hier sind wir dem Himmel ein Stück näher als im übrigen Land, und die Luft kommt noch aus erster Hand.
Nicht umsonst habe ich vor 45 Jahren meinen ersten Sohn Albrecht genannt. Zu Deutsch bedeutet das „der Edle“ oder „der Vornehme“. Ja, und jetzt sind wir dem Yellowstone Park gleichgestellt. Bald wird sicher auch der Uracher Wasserfall den Niagara-Fällen gleichgestellt werden. Mit dem Wasser hapert es zwar noch, aber das kann ja die Feuerwehr von Sankt Johann regeln. Verstehen Sie?
Doch die neue Nobelpreisträgerin Herta Müller schrieb von Landschaften der Heimatlosigkeit. Für mich ist die Alb eine Landschaft der Heimat. Sie ist schön, aber es gibt auch andere schöne Landschaften, zum Beispiel die Weinberge am Neckar. Mein Sohn war zehn Jahre Pfarrer in Mundelsheim. Von seinem Pfarrhaus aus sieht man hinüber auf diesen wunderbaren Kästwerk, diesen großartigen Weinberg von Mundelsheim.
Dort habe ich einiges über den Wein gelernt. Im Winter ist der Weinberg ein trostloser Anblick. Da stehen ein paar Stecken aus der Erde heraus wie fleischlose Arme, und ein paar ausgegrabene Pfahlwurzeln liegen nutzlos herum. Dann kommt der Wenger und schneidet mit seinem Messer zu. Er lässt nur einen Stamm übrig, an dem zwei Zweige dranbleiben. Diese werden nach links und rechts hinausgebunden. Es sieht aus wie ein Kreuz.
Dann fangen die Säfte an zu treiben, und es entstehen Tropfen an den Schnittstellen. Die Weingärtner sagen: „Der Weinberg blutet.“ Über Nacht wächst plötzlich dieses Grün und bedeckt den ganzen Stock. Ein einziges wahres Wunder der Schöpfung: ein Weinstock.
Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock.“ So will er gesehen werden: „Ich bin der Weinstock.“ Es ist ein wahres Wort. Seine Wurzeln hat er ganz tief in der Erde und holt dort, was er braucht, aus der Ewigkeit.
Es ist auch ein demütiges Wort. Kein Palmbaum, keine Zeder, keine Wettertanne, sondern nur ein Weinstock. Ganz, ganz arm, wie in Jesaja 53, wo es heißt, er sei nicht angesehen und man ihn beinahe übersieht. Es ist ein opferbereites Wort. Dieser Jesus wird aufgehängt, die Arme nach links und rechts ausgestreckt, und dann wird er in die Seite geschnitten. Jesus blutet – blutet um unserer Gerechtigkeit willen.
Es ist ein kraftvolles Wort. Über Nacht kommt alles, und Jesus steht da und sagt: „Doch, ich lebe.“ Ein wahres Wunder der Schöpfung und der Erlösung, dieser Jesus, der gesagt hat: „Ich bin der Weinstock.“
Und in dieser Lebenssphäre sollen wir bleiben. Wir sind nicht die Wurzeln, die den Saft hochtreiben müssen. Wir sind nicht die Rinde, die schützen muss. Wir sind nicht der Stamm, der tragen muss. Wir sind nicht die Krone, die alles überragt. Wir sind Zweige am Weinstock.
An dieser Wesensverbindung zu Jesus hängt alles, und an dieser Wesensverbindung sollen wir bleiben.
Verbundenheit als Lebensprinzip
Im Garten stand ein kleiner Birnbaum, an dem die Früchte hingen. Es war das Verbot der Mutter, keinen Fußball in die Nähe dieses Bäumchens zu bringen. Die Jungen hielten sich daran, doch ein verunglückter Strafstoß landete trotzdem dort. Eine Birne wurde dabei beschädigt. Nicht nur der Zweig war geknickt, sondern auch die Jungen waren betroffen.
Was nun? Ein Lausbub hatte eine Idee. Er ging nach Hause, holte einen Zwirnsfaden und verband den Zweig damit wieder wunderschön. Der Zweig stand so schön wie zuvor. Doch nach zwei Tagen welkten die Blätter.
Die Mutter bemerkte das. Sie gab keine Prügel, aber es gab eine Strafpredigt. Die Jungen lernten für ihr Leben: Zweige dürfen nicht nur angebunden sein, sondern sie müssen verbunden sein. Genauso ist es bei Christen. Christen dürfen nicht nur angebunden sein, sie müssen verbunden sein.
Viele sind doch nur angebunden. Sie suchen etwas, das sie ein bisschen verbindet – das Fädchen der Frömmigkeit. Andere haben das Fädchen der Freundschaft. Zum Beispiel: „Weil Nataja und Anja in den Chor gehen, gehe ich auch. Wo soll ich sie sonst treffen?“
Sehen Sie, es gibt viele solcher Fädchen. Diese Fäden nützen nichts. Wir müssen verbunden sein. „Bleibt in mir“ heißt: Bleibt in meinem Wort. Bleibt in meinem Wort.
Drinbleiben als geistliche Gesundheitspflege
Vielleicht machen Sie es so, wie ich es gelernt habe: Nicht nur ein Auto muss zum TÜV, sondern auch ein älterer Mensch. Er muss zum TÜV, zum Doktor. Man muss ja wissen, ob die Gehirnströme noch funktionieren, ob das Herz rotiert, ob die S-Bremse überhaupt noch tut.
So ging ich auch zum Doktor, und er machte es gründlich. Er klopfte mich ab und schaute mich an. Dann sagte der Herr Doktor: „Jetzt machen wir noch ein EKG.“
Ich dachte schon an das evangelische Kirchengesangbuch und wollte unbedingt „Lobe den Herren“ anstimmen. Aber er verkabelte mich. Dann schaute er die Linien an und sagte am Schluss: „Ich rate Ihnen, grauen Sie einen Hometrainer jeden Tag 30 Minuten lang zu nutzen. Das tut Ihnen gut.“
Ich bin kein Doktor, aber ich rate Ihnen etwas Billigeres: Nehmen Sie Ihre Bibel, nehmen Sie sie sich wieder vor. Dreißig Minuten täglich, das tut Ihnen gut. Da bleiben Sie drin, in seinem Wort. Sie bleiben drin in seinem Gebet. Sie bleiben drin in seiner Gemeinschaft.
Nein, wir brauchen keine Mannschaft. Wenn dort der Ball weg ist, dann ist das Einzige, was verbindet, weg. Wir brauchen keine Partei. Wenn es keine Funktionäre gibt, funktioniert sie nicht mehr. Wir brauchen keine Party. Wenn dort kein Alkohol ist, ist Katzenjammer.
Wir brauchen die Gemeinde Jesu. Und so, wie es hier praktiziert wurde und Gott geschenkt hat, 40 Jahre lang, so bleiben Sie die nächsten 40 Jahre. Bleiben Sie in diesem Wort, in dieser Gemeinschaft einfach drin.
Die Notwendigkeit des Zurückschneidens
Und das andere: Sie müssen drunter bleiben, sie müssen drunter bleiben. Der Weinberg, der Weingärtner kommt wieder. Er sieht die wachsende Pracht, aber er sieht auch die wuchernden Schosse – Seitentriebe, die die Kraft rauben.
Mit dem Winzermesser nimmt er wieder sein Messer und haut zu, schneidet ab. Nur so wachsen Trauben, die wirklich Frucht bringen. Jesus sagt: „Eine jegliche Rebe, die da Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringt.“
Wie Freunde, sehr vieles ist ein Wasserschoss, wie bei der Kirche. Ein kleiner Stammwuchs, heute weit verzweigt, und da sind in dem Grün der Kirche, in der Gemeinde Jesu, bunte Vögel, schräge Vögel – solche, die Grufen oder Hippen oder Gregorianisch singen.
Manchmal treibt dieser Baum der Kirche tolle Blüten, aber von Frucht ist nichts zu sehen. Wie viel wächst Frucht? Was muss herausgereinigt werden? Was sollte herausgereinigt werden, auch in Ihrem Leben?
Vieles ist gewuchert, vieles treibt vor sich hin, vieles hat gar keinen Wert. Bringts Frucht! Es muss herausgereinigt werden, damit es Frucht bringt. Auch unser Lebensbaum muss unter das schneidende Messer unseres Herrn. Er kommt, er schneidet ab, er nimmt es weg, auch wenn es weh tut.
Calvin, der krank war, hat gesagt: „Es ist ja deine Hand, die es tut. Wenn ich krank werde, es ist ja deine Hand, die es tut. Und wenn ich Leid wiederfahre, es ist ja deine Hand, die es tut. Und wenn ich Schmerz habe, wenn ich die Arbeitsstelle verliere, es ist ja deine Hand, die es tut.“
Und er tut es, damit Frucht wachse in unserem Leben. Eine völlig neuere Sicht unserer Entbehrungen, unserer Sorgen und unserer Nöte.
Beispiel der Glaubensstandhaftigkeit unter Verfolgung
Wir sollten es so machen wie die Frau Marie Durand. Sie war 38 Jahre lang eingekerkert, wegen ihres Glaubens, im Tour de Constance in Südfrankreich. 38 Jahre lang hielt sie an ihrem Glauben fest.
Sie hätte nur unterschreiben müssen, nicht mehr von diesem Herrn zu reden, dann wäre sie freigekommen. Immer wieder wurde ihr ein Revers vorgelegt, auf dem sie hätte unterschreiben können, um freizukommen.
Marie Durand aber schaute jedes Mal, wenn ihr dieses Papier vorgelegt wurde, nicht auf das Papier. Stattdessen blickte sie nach oben und sagte: „À votre disposition, Seigneur“ – ganz zu deiner Verfügung.
Und wenn ich noch weiter hier schmachten muss, ganz zu deiner Verfügung. Und wenn du mir die Gesundheit nimmst, ganz zu deiner Verfügung. Und wenn ich hier sterben muss, wenn du mir das Leben nimmst, „à votre disposition, Seigneur“.
So sollten auch wir es sagen können: Wenn du mir die Mutter nimmst, wenn du mir die Arbeitsstelle nimmst und wenn du mir die letzten Kräfte nimmst, „à votre disposition, Seigneur“ – Herr, ganz zu deiner Verfügung.
Darum geht es: dieses Ganzbleiben, dieses Blaubleiben. Alles andere bringt dir nichts. Wir müssen darunter bleiben und am Ende dranbleiben.
Dranbleiben als Voraussetzung für Fruchtbarkeit
Noch ein letzter Blick in den Weinberg, hinüber nach Wundelsheim zum Käseberg. Dort liegen abgeschnittene Stecken herum. Sie sind völlig nutzlos.
Mit Weidenstecken kann ich flechten, mit Tannenreisern kann ich schmücken. Mit solchen, mit Buchenstecken kann ich schnitzen. Aber mit Stecken vom Weinstück kann ich überhaupt nichts anfangen.
In Israel war es verboten, sie überhaupt als Opfer zu benutzen. Sie können nur gesammelt und verbrannt werden. Wer nicht dranbleibt, sagt Jesus, wird weggeworfen wie eine Rebe. Er ist reif fürs Gericht.
Ohne mich könnt ihr nichts tun. Der eine plant jetzt noch sein Leben: Abitur, dann Studium, dann Arbeitsstelle. Ohne mich kann er nichts tun.
Der andere plant sein Haus und Grundstück, dann das Geld sammeln und schließlich einen Bungalow. Ohne mich könnt ihr nichts tun.
Ein weiterer plant seine Gesundheit: Walking, Schwimmen, Müsli. Ohne mich könnt ihr nichts tun.
Und der Letzte plant seinen Ruhestand mit Kreuzfahrten, Urlaub und Reisen. Ohne mich können sie nichts tun.
Ohne mich können sie gar nichts tun. Auch ihren Jugendkreis können sie nicht weiterführen. Ohne mich läuft nichts, ohne mich bringt es nichts, ohne mich ist es gar nichts.
Jesus ist es, auf ihn kommt es an. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer drinbleibt, dranbleibt, der bringt Frucht.
Liebe Freunde, wer in Jesus bleibt, der bringt es doch. Wer in Jesus bleibt, der bringt Frucht. Amen.
