Einführung in das Thema Identität
Schön, dann darf auch ich alle begrüßen, die wiedergekommen sind oder neu zu uns gestoßen sind im Rahmen dieser kleinen Vortragsreihe über die Identität eines Christen.
Ich möchte keine langen Vorreden halten, sondern nur ganz kurz noch einmal aufgreifen, was wir gestern Abend zusammen bedacht haben: Identität ist die Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“. Wir haben festgestellt, dass das Wort „Identität“ in der Bibel nicht vorkommt, die Sache aber auf jeder Seite präsent ist.
Identität ist das, was uns ausmacht, was uns unverwechselbar und unvergleichlich mit anderen macht. Jeder von uns hat einen Fingerabdruck. Es gibt sieben Milliarden Menschen auf der Erde, und keiner hat den gleichen Fingerabdruck. Jeder ist einzigartig.
Wir haben eine DNA. Wenn wir 30 Jahre irgendwo im Wald gelegen sind, tot, und man findet nur ein kleines Hautfetzelchen von uns, kann man uns sofort an der DNA erkennen. Identität – jeder von uns hat einen Ausweis: Kinder einen Kinderausweis, wir einen Personalausweis, Reisepass, Identitätsurkunde, Identitätskarte – ja, unsere Identität weist uns aus: Wer bin ich?
Wir haben gesehen, wenn man den Menschen nur von außen beschreibt, dann kann man all diese Dinge nennen, die in dem Kreis mit gelber Farbe stehen: körperliche Faktoren, unsere Lebensgeschichte, soziale Beziehungen, in denen wir stehen, unsere Vorlieben, Interessen und die Grenzen, die wir setzen oder entfernen.
Wir verändern uns, wir sind in einem Prozess der Veränderung und haben einen Sinn für die Zukunft. Aber das allein ist zu wenig. Wenn das unser ganzes Leben ausmacht, fehlt etwas ganz Entscheidendes.
Die Identität in Christus – ihn zu kennen und in ihm Leben zu haben – das ist das positive Vorzeichen vor der Klammer. Und dann schloss ich gestern Abend mit dieser Folie. Ich habe gesagt: Durch die Wiedergeburt, wo Gott in ein Menschenleben eingreift und einem Menschen eine neue Geburt schenkt, ein neues Leben und eine neue Identität, wurde uns eine neue perfekte Identität geschenkt.
Das können nur Christen sagen: Sie haben eine neue Identität. Diese müssen wir uns aber im Glauben zu eigen machen. Darauf werde ich in etwa zwanzig Minuten zurückkommen.
In Christus kann jedes Identitätsproblem seine Lösung finden. Er bringt uns nämlich alles zurück, was Adam uns geraubt hat – jener Adam im Garten Eden, was er uns geraubt hat. Und da möchte ich anknüpfen.
Der Gegensatz zwischen Adam und Christus
Ich habe hier eine Folie, die ich jetzt nicht entwickeln kann. Ich muss sie so auf einmal gleich zeigen. Leider kann ich hier auch nicht mit dem Pointer arbeiten, aber ihr seht es ja: Wir gehen immer von einer Spalte zur anderen.
Der erste Adam im Garten Eden kehrte sich vom Vater ab und sündigte. Christus, der in der Bibel der letzte Adam genannt wird, kehrte sich zum Vater hin – auch in einem Garten, im Garten Gethsemane.
„Adam war nackt und schämte sich“, haben wir gestern Abend gelesen. Weil er gesündigt hatte, schämte er sich und musste sich verstecken. Christus war nackt und trug unsere Scham. Wir stellen ihn aus ästhetischen Gründen mit einem Lendentuch dar, und das ist auch richtig so. Das sollten wir auch so tun.
Aber wir wissen aus der Geschichte, dass die Gekreuzigten bis zur letzten Schande und Ehrlosigkeit erniedrigt waren – sie waren nackt. Adam sündigte und brachte uns Dornen. Christus blieb ohne Sünde und trug eine Dornenkrone. Es ist kein Zufall, dass er eine Dornenkrone hatte; sie ist das Zeichen des Fluches in der Bibel – die Dornen.
Adam sündigte an einem Holz, Christus trug unsere Sünden an einem Holz, „auf das Holz“, sagt Petrus. Adam stellte sich an die Stelle Gottes, Christus wurde unser Stellvertreter vor Gott. Adam starb als Sünder, Jesus starb für die Sünder.
Seht ihr diese wunderbare Gegenüberstellung, diesen Kontrast? Christus brachte alles zurück, was Adam uns geraubt hat – und noch mehr. Wir, die wir in Christus sind, haben mehr als Adam vor dem Fall hatte.
Denn Adam war ein Geschöpf Gottes, vollkommen, aber unerprobt. Als er erprobt wurde, fiel er. Aber er war nicht in Christus. Das können heute nur Wiedergeborene sagen, die im Zeitalter der Gemeinde leben.
Wie Hans-Jürgen eben aus dem Kolosserbrief gelesen hat: Wir haben mehr als Adam.
1. Korinther 15,45-49; Kolosser 1,18; 1. Petrus 2,24
Paulus als Lehrer der Identität
Gestern Abend habe ich gesagt, dass wir uns heute nur mit Paulus beschäftigen wollen. Ich glaube, dass wir von niemandem so viel zum Thema Identität lernen können wie von ihm.
Ich habe gestern Abend schon gesehen, dass einige von euch wie die Weltmeister schreiben. Ihr könnt natürlich alle Präsentationen haben. Ich habe sie bereits in einen Ordner namens „Bayreuth“ sortiert. Wenn ihr sie verwenden oder noch einmal nachlesen wollt, könnt ihr sie gerne haben.
Jeder, der schreiben möchte, darf das tun, Thomas. Alles klar, kein Problem. Wenn ich bei einem Vortrag sitze, schreibe ich auch immer mit – das geht gar nicht anders.
Der Apostel Paulus hatte selbst eine starke Identität in Christus. Er kommunizierte dieses Thema oft in seinen Briefen. Heute Abend können wir nicht alle dreizehn Paulusbriefe anschauen, das ist nicht möglich. Aber vier Briefe werden wir nacheinander betrachten.
Zum Beispiel die Identität im ersten Korintherbrief, da...
Identität im ersten Korintherbrief
So sehen wir, wie Paulus selbst seine neue Identität in Christus fand. Dies beschreibt er in Kapitel 15, und zwar in den Versen 8 bis 10.
1. Korinther 15 ist das große Auferstehungskapitel der Bibel. Es umfasst 58 Verse, die sich mit der Auferstehung Jesu Christi beschäftigen. In den ersten elf Versen schildert Paulus die historischen Zeugen – die Augenzeugen der Auferstehung, die ihn als Auferstandenen gesehen haben.
Dort lesen wir: „Zuletzt aber von allen erschien er auch mir, der ich gleichsam eine unzeitige Geburt bin.“ Unzeitig bedeutet frühzeitig oder zu spät, also nicht zum richtigen Zeitpunkt. Paulus erklärt weiter, dass er der Geringste unter den Aposteln sei und sich nicht würdig fühle, Apostel genannt zu werden, weil er die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Doch er betont: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Diese Aussage ist eine der schönsten und wichtigsten Identitätsbekundungen in der ganzen Bibel. Wenn ein Mensch so sagen kann, zeigt das die Kraft der Gnade Gottes. Paulus fährt fort: „Die Gnade, die er an mir erwiesen hat, ist nicht vergeblich gewesen. Ich habe mehr gearbeitet als sie alle, jedoch nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist.“
Vor seiner Bekehrung hieß Paulus noch Saulus. Er begegnete dem auferstandenen Christus vor Damaskus, der Hauptstadt Syriens. Dieses Ereignis veränderte sein ganzes Leben und auch seine Identität grundlegend. Zwar blieb er im selben Körper, aber er erhielt eine völlig neue Identität. Die Gnade Gottes definierte ihn neu.
Er sagt: „Von Gottes Gnade bin ich jetzt, was ich bin.“ Paulus war nicht mehr der rebellische Christenverfolger, an dessen Händen einst Blut klebte. Er war nicht mehr der jüdische Eiferer, der gesetzliche Feuergeist. Saulus von Tarsus wurde ein Christ, ein Kind des lebendigen Gottes, ein wahrer Jünger Jesu.
Das war der große Wechsel in seinem Leben – ein Paradigmenwechsel, ein Identitätswechsel von der alten zur neuen Natur. Im Mittelpunkt steht die Aussage: „Von Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Die Bedeutung der Gnade
Welche Vorstellung verbinden wir mit dem Wort Gnade? Ist es für uns etwas Undefiniertes, Pietistisches oder Liturgisches? Was bedeutet Gnade für uns? Ich möchte nicht, dass das Wort zu einer leeren Worthülse wird, die nichts enthält, nur Luft.
Gnade ist für mich das Hauptwort der Bibel. Wenn man die gesamte Botschaft der Bibel mit einem Wort zusammenfassen wollte, wäre Gnade am passendsten. Gnade bedeutet, etwas ohne Verdienst und ohne Würdigkeit geschenkt zu bekommen. Im Gegenteil, man hat Zorn, Hölle, Verdammnis und Strafe verdient. Doch man erhält von Gott geschenkt Vergebung der Sünden, Frieden mit Gott, Leben, ewiges Leben, eine Kind-Vater-Beziehung zu Gott – kurz: eine neue Identität. Und dann lebt man in und aus diesem Geschenk. Das ist Gnade.
Man bekommt also nicht nur etwas, das auf ein Konto gebucht wird und dort liegen bleibt, sondern man erhält etwas, aus dem man leben kann und in dem man leben kann. Christen leben in der Gnade. Paulus schreibt an die Römer, dass wir Zugang zur Gnade bekommen haben, in der wir stehen oder leben (Römer 5,2).
Unsere Väter haben von einem Gnadenstand gesprochen. Ein Evangelist namens Krupka, der Schwiegersohn von Ernst Modersohn, sagte einmal: „Ein Vogel lebt in der Luft, ein Fisch lebt im Wasser, und Christen leben in der Gnade.“ Das ist unser Lebenselixier. So wie sich ein Vogel in der Luft wohlfühlt und ein Fisch im Wasser, so leben wir in der Gnade. Ich finde das schön ausgedrückt.
Lebenselixier Gnade ist der Raum, in dem wir leben. Wir könnten sogar sagen, unsere geistliche Geographie ist die Gnade. Wir leben als Christen in und aus der Gnade. Ich hoffe, dass jeder von uns etwas mit diesen Aussagen anfangen kann und versteht, was es bedeutet, aus dem geschenkten Leben zu leben.
Besonders diejenigen, die aus dem Hintergrund einer der beiden großen Kirchen in Deutschland kommen – und ihr ahnt schon, welche ich meine –, die sehr unter Druck standen, Werke tun mussten und sich das Heil verdienen mussten, atmen meistens auf, wenn sie die Gnade kennenlernen. Das ist eine Befreiung: nicht mehr das Heil verdienen zu müssen, nicht mehr ständig in Ungewissheit zu leben, ob man genug getan hat. Ob es auf dem Sterbebett ausreicht, was man getan hat.
Ein Mensch, der die Gnade erfasst hat, muss nicht mehr so denken. Er weiß sich von Gott geliebt, angenommen und reich beschenkt. Schaut noch einmal auf die Worte, die ich hervorgehoben habe: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und seine Gnade, die er an mir erwiesen hat, ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe mehr gearbeitet als sie alle“ (1. Korinther 15,10).
Die Gnade lässt uns also nicht faul oder träge werden, sodass wir unsere frommen Däumchen in der Gartenlaube drehen. Paulus sagt: „Ich habe mehr gearbeitet als sie alle.“ Aber er beeilt sich zu sagen: „Nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist.“ Was für wunderbare, herrliche und köstliche Aussagen!
Die besondere Situation in Korinth
Warum schreibt er das gerade an die Korinther? Warum nicht an die Thessalonicher oder an Timotheus? Warum richtet er diese Sätze an die Korinther?
Korinth war eine Hafenstadt, das Sankt Pauli des Altertums, ein Sündenbabel. Es gab sogar ein Sprichwort: Wenn man sagen wollte, jemand lebt ganz liederlich, sagte man, er lebt korinthisch. Das war sprichwörtlich, jeder wusste, was gemeint war.
Paulus kam in dieses Sündenbabel und verkündigte das Evangelium von dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus. Er hisste die Kreuzesflagge, und solche Menschen kamen zum Glauben. Paulus kannte die Korinther gut. Er lebte eineinhalb Jahre mit ihnen auf engstem Raum.
Er schreibt: „Wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige – Gott hat ein volles Ja zur Sexualität, aber im Rahmen der Ehe –, noch Götzendiener, Ehebrecher, die in eine fremde Ehe einbrechen, Lustknaben, Diebe, Habsüchtige, Trunkenbolde, Lästerer – nicht Gotteslästerer, sondern solche, die über andere Menschen herziehen und lästern – noch Räuber werden das Reich Gottes ererben.“
Dann sagt er: „Und das sind manche von euch gewesen. Das ist das Holz, aus dem die Korinther geschnitzt waren. Da kamen sie her.“
Aber dann kommt das große Aber: „Ihr seid abgewaschen durch das Bad der Wiedergeburt, das wir gestern Abend gehört haben, oder mit dem Blut Jesu Christi abgewaschen, alle Sünden abgewaschen. Ihr seid geheiligt, für Gott ausgesondert, ihr seid gerechtfertigt worden.“ Das heißt, ihr seid für gerecht erklärt worden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.
Darum schreibt er das den Korinthern: Sie hatten einmal eine alte Identität – Sünder, verlorene Menschen ohne Gott in dieser Welt, auf dem Weg zur Hölle. Aber durch den Glauben an Jesus Christus haben sie eine neue Identität erhalten.
Die Herausforderung der Identität vor Gott
Jetzt möchte ich an dieser Stelle eine Frage stellen. Niemand von euch muss sich beteiligen, niemand muss jetzt die Hand heben, wenn ich frage. Aber die Mutigen von euch dürfen gerne die Hand heben und sich melden, wenn sie möchten.
Wer von euch glaubt denn, dass er in den Augen Gottes genauso gerecht und angenommen ist wie Billy Graham? Der große Prediger Amerikas im letzten Jahrhundert, der vor mehr Menschen gepredigt hat als alle zuvor.
Habt ihr das gesehen? Da gehen Hände hoch!
Wer von euch glaubt denn, dass er in den Augen Gottes genauso gerecht und angenommen ist wie der Apostel Paulus? Habt ihr das gesehen? Da melden sich immer noch einige!
Ich kann das noch toppen: Wer von euch glaubt denn, dass er in den Augen Gottes genauso gerecht und angenommen ist wie der Herr Jesus Christus? Da gehen immer noch Hände hoch!
Habt ihr das gesehen? Jetzt denken die anderen, die sich nicht gemeldet haben: Sind die alle ein bisschen blöder? Sind die so vermessen? Warum sagen sie, sie seien in Gottes Augen genauso gerecht und angenommen wie diese drei Namen, die da stehen?
Ihr Kinder, die ihr hier seid, ihr Jungs, ihr Heranwachsenden.
Die Geschichte von Napoleon und dem Grenadier
Ich möchte euch eine kleine Geschichte über Napoleon, den französischen Kaiser, erzählen. Vielleicht habt ihr schon in der Schule von ihm gehört. Napoleon ritt oft auf einem Schimmel und musste im Hochsommer eine Truppenparade abnehmen. Tausende Soldaten standen in militärischer Formation angetreten. Wenn man in einer solchen Formation steht, darf man sich nicht bewegen – auch nicht bei einem Erdbeben.
Während Napoleon die Parade abnahm, flog plötzlich eine Biene, Wespe oder Hummel vor den Nüstern seines Pferdes herum. Das Pferd erschrak, scheute und stieg auf seine Hinterläufe. Es machte sozusagen einen Tanz, und fast wäre Napoleon vom Pferd gefallen. Das hätte eine große Blamage gegeben.
Warum ist das nicht passiert? Ein einfacher Soldat, ein Grenadier, also der unterste Dienstgrad, war mutig, wirklich mutig, tapfer und beherzt. Obwohl er sich nicht bewegen durfte, sprang er aus der Formation heraus. Er erkannte die Situation, griff das Pferd am Zügel und zog es herunter.
Napoleon erkannte sofort, dass er diesem einfachen Grenadier die Vermeidung einer Blamage zu verdanken hatte. Er wollte sich großzügig und erkenntlich zeigen. Laut und öffentlich sagte er vom Pferd herunter: „Merci, Captain!“ – also „Danke, Hauptmann.“ In diesem Augenblick beförderte er den Grenadier vom untersten Dienstgrad zum Hauptmann. Bei der Bundeswehr liegen zwischen diesen beiden Dienstgraden zwölf Stufen. Es war ein riesiger Sprung.
Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Der Grenadier, der jetzt Hauptmann war, war wirklich mutig, tapfer und beherzt. Er ging nicht zurück zu seinem Platz in der Formation, sondern direkt auf die andere Seite, wo die Offiziere standen. Schließlich war er gerade zum Hauptmann befördert worden – das hatten alle gehört.
Die Offiziere dort schauten wahrscheinlich nicht schlecht, als sie den Mann in Grenadieruniform sahen, der jetzt Hauptmann war. Von diesem Moment an wurde er mit „Herr Hauptmann“ angesprochen und erhielt Hauptmannsgehalt. Obwohl er noch nicht wusste, wie man eine Kompanie führt oder wie man sich im Offizierskasino mit Messer und Gabel benimmt – wahrscheinlich hatte er davon noch nie gehört –, war er Hauptmann geworden. In einem einzigen Augenblick wurde er vom Grenadier zum Offizier befördert.
Ihr merkt sicher, warum ich diese Geschichte erzähle. Genauso wird ein Mensch Christ. Man wird nicht Christ, indem man sich langsam hocharbeitet. Man wird Christ, indem man sein ganzes Vertrauen auf Jesus Christus setzt – im Hinblick auf die ewige Errettung. Dann ernennt Gott einen zum Christen. Er rechtfertigt einen, erklärt einen für gerecht und sieht einen nicht mehr als verlorenen Sünder, sondern als sein geliebtes Kind.
Man tritt auf die andere Seite, erhält eine neue Identität. Man ist nicht mehr Grenadier, sondern Offizier, Hauptmann. Natürlich musste dieser neue Hauptmann noch jahrelang lernen, wie ein Hauptmann zu leben. Er musste Lehrgänge besuchen und viel lernen. Es dauerte Jahre, bis er wirklich wie ein Offizier leben konnte. Trotzdem war er in einem Augenblick Offizier geworden.
Das ist wichtig, weil viele Christen das nicht auseinanderhalten. Die Bibel spricht von Rechtfertigung – das ist, wenn ein Mensch vor einem heiligen Gott gerecht wird. Diese Rechtfertigung geschieht in einem Augenblick, genau wie bei dem Soldaten.
Heiligung dagegen ist etwas anderes. Das ist ein lebenslanger Prozess. Von dem Moment an, in dem ein Kind geboren wird, muss es wachsen. Von dem Moment an, in dem jemand zum Hauptmann ernannt wird, muss er lernen, wie ein Hauptmann zu leben. Von dem Moment an, in dem man Christ wird, muss man lernen, wie man als Christ lebt. Das ist ein jahre- und jahrzehntelanger, ja sogar lebenslanger Prozess.
Man muss Rechtfertigung und Heiligung auseinanderhalten. Das ist ganz, ganz wichtig.
Paulus schreibt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ In seinem Leben ist etwas geschehen. Gottes Gnade war an ihm nicht vergeblich. Er hat mehr gearbeitet als alle anderen – nicht er selbst, sondern die Gnade Gottes, die mit ihm ist. Diese Gnade hat ihn neu definiert. So hat er eine neue Identität gefunden.
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin“ – dieses Bekenntnis ist sehr befreiend. Es zeigt Gottes Fürsorge für unsere Vergangenheit. Wir alle haben eine Vergangenheit. Manche waren grobe Sünder, lebten in allem, was es nur gibt: Trinken, Hurerei und andere Dinge. Andere waren feine Sünder, kleine Pharisäer, stolz und überzeugt, nichts Böses getan zu haben. Doch beide waren gleichermaßen von Gott entfernt.
Das ist Gottes Fürsorge für die Vergangenheit. Und die Gnade Gottes ist die größte identitätsschaffende Kraft, die es gibt. Sie ist Gottes Fürsorge für Gegenwart und Zukunft.
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ Kannst du das auch sagen? Kennst du diese Kraft? Lebst du darin? Oder gibt es bei dir kein „Einst und Jetzt“? Gibt es bei dir keinen Unterschied? Ist dein Leben immer dasselbe? Bist du noch nie so vor Gott getreten mit der Bitte um Gnade, wie wir es heute Morgen von dem Tschecher gehört haben: „Jesus, denke an mich, wenn du in dein Reich kommst! Schenk mir deine Gnade, sei mir gnädig! Gott, sei mir Sünder gnädig!“ So muss man kommen, sonst wird man die Gnade Gottes nicht kennenlernen.
Identität im Zweiten Korintherbrief
Zweitens: Identität im Zweiten Korintherbrief.
Wir lesen im Zweiten Korintherbrief Kapitel 5. Ihr braucht nur ein paar Seiten weiterzublättern, und dort finden wir eine der bekanntesten Identitätsaussagen der Bibel. Im Vers 17 heißt es: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“
Hier gibt es zwei Schlüsselworte, auf die wir gleich noch eingehen: „in Christus“. Könnt ihr euch an die erste Folie erinnern, auf der wir Adam und Christus gegenübergestellt haben? Es gibt auf der ganzen Erde nur zwei Gruppen von Menschen – wahrscheinlich auch heute Abend hier in diesem Raum. Die einen sind in Adam, noch in Adam, und die anderen sind in Christus. Es gibt nur diese beiden Gruppen.
Ihr müsst nicht unterscheiden zwischen evangelisch, katholisch, jung, alt, arm oder reich – das könnt ihr alles vergessen. Es gibt nur „in Adam“ oder „in Christus“. Paulus schreibt: Wenn jemand nicht mehr in Adam, sondern in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.
Adam und Christus werden in der Bibel als zwei Oberhäupter gesehen. Sie sind die Repräsentanten für die Menschen, die ihnen folgen und genauso sind wie sie. Entweder sind wir wie Adam gefallene Naturen, Sünder, Unerlöste, die auf dem Weg zum Verderben sind, oder wir sind in Christus, neu gemacht und auf dem Weg zum Himmel. Es gibt nur diese beiden Gruppen.
Noch einmal: Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung, eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
William Macdonald, der weise William Macdonald, dem ich persönlich viel verdanke und den ich einmal in seinem Apartment in Kalifornien kennenlernen durfte – ein kleines Einraumappartement mit einer Nasszelle, ähnlich wie die Unterkünfte in Rumänien –, war ein Mann mit einem Doktortitel von der Harvard University. Er hätte Millionen verdienen können, doch als er starb, passte seine ganze Habe in einen Koffer.
William Macdonald schreibt, dieser Vers sei ein Lieblingsvers derer, die erst kürzlich wiedergeboren wurden, und er werde oft in persönlichen Zeugnissen zitiert. Das stimmt. Als ich vor bald fünfunddreißig Jahren zum Glauben kam, habe ich diesen Vers auf einer schönen, langen Spruchkarte gefunden. Er hat mir so gut gefallen, dass ich 40 Stück davon gekauft und an alle meine Freunde geschickt habe – an Lehrer von früher, von der Schule, vom Gymnasium. Sogar meinen Parteiaustritt aus einer christlichen Partei habe ich mit dieser Spruchkarte und diesem Vers erklärt. Dreimal dürft ihr raten, welche Partei das war, da ich nicht in Bayern wohne.
Dieser Vers ist ein Lieblingsvers derer, die kürzlich zum Glauben gekommen sind. Wenn der Vers jedoch auf diese Weise zitiert wird, entsteht manchmal ein falscher Eindruck. Die Zuhörer könnten denken, dass die alten Gewohnheiten, bösen Gedanken und begierigen Blicke eines Menschen, wenn er errettet wird, für immer Vergangenheit sind und im Leben dieses Menschen buchstäblich alles neu wird. Aber so ist es nicht.
Wir wissen, dass das nicht stimmt. Der Vers beschreibt nicht das praktische Verhalten eines Gläubigen, sondern vielmehr seine neue Stellung vor Gott. Er ist jetzt in Christus, nicht mehr in Adam. Gott sieht ihn in seinem geliebten Sohn. Er ist jetzt neu geworden, er ist auf die Seite derer getreten, die erlöst sind. Er ist Hauptmann geworden, Christ geworden, Kind Gottes geworden.
Bitte versteht diese Aussage nicht falsch. Sie beschreibt nicht den neuen Zustand des Lebens. Noch ist nicht alles neu im Leben von uns Christen. Wirklich alles neu wird es erst in Offenbarung 21, Vers 5, geben. Dort heißt es, dass es im neuen Himmel und auf der neuen Erde keine Sünde mehr geben wird. Ja, dann ist wirklich alles neu.
Hier steht: „Neues ist geworden.“ Und ich möchte euch gerne zeigen, was damit gemeint ist. Noch einmal: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung. Die neue Geburt versetzt uns in einen neuen Stand, nämlich der Gerechtigkeit, nicht in einen neuen Zustand.
Unser ganzes Denken und unser ganzes Leben sind nicht sofort vollkommen neu. Wären wir das, wären wir alle sündlos – wir Christen. So ist es nicht, sondern es ist ein neuer Stand. Denn Gott schreibt im Vers 21 desselben Kapitels: „Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.“ (2. Korinther 5,21)
Das gehört auch noch dazu, dieser einundzwanzigste Vers. Schaut mal, dort ist das Kreuz von Golgatha. Heute Morgen saßen wir hier im Kreis und haben darüber nachgedacht, was auf diesem Hügel geschehen ist. Dort standen viele Kreuze; auf diesem Hügel wurden oft Menschen von den Römern hingerichtet.
Wir sehen hier das Kreuz, und wir sehen: Damit wir eine neue Identität finden konnten, haben wir Menschen, die Sünder sind, unseren Herrn Jesus Christus, seine Identität als sündloser Sohn Gottes aufgegeben. Er wurde zur Sünde für uns. Die Bibel sagt: Er wurde für uns zur Sünde gemacht.
Das heißt, er hatte nicht nur Berührung mit der Sünde, die Sünde lag nicht nur irgendwie auf ihm, sondern er wurde zur Sünde gemacht, sagt die Bibel. Er wurde Sünde in Person. Das können wir uns nicht vorstellen. Gott musste die Sünde an ihm richten – stellvertretend.
Da waren meine Sünde und deine, unsere aller Sünden, aller Menschen, die je auf dieser Erde gelebt haben und leben werden. Sie wurden an seinen Sohn gerichtet. Darum wurde es drei Stunden finster über dem Hügel Golgatha. Das konnte kein Mensch sehen und keiner ertragen, wie Gott die Sünde der ganzen Welt an seinem eigenen Sohn richtete.
Er wurde für unsere Sünde gemacht. Luther konnte sagen: Als Christus am Kreuz hing, war er der größte Mörder, Ehebrecher und Heiligtumsschänder, der je gelebt hat. Nicht, weil er das getan hätte – nein, er kannte die Sünde nicht einmal –, sondern weil wir diese Dinge getan haben und weil sie alle auf ihm lagen. Er hat sich damit identifiziert.
Er wurde zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm. Das nannte Luther den fröhlichen Tausch. Luther sagte: „Christe, du bist meine Sünde, und ich bin deine Gerechtigkeit“ – der fröhliche Tausch. So hat Luther es genannt.
An diesem Punkt bin ich mal ein Lutheraner, sonst nicht. Ja, aber an diesem Punkt bin ich Lutheraner. Ich möchte mich nicht nach Menschen nennen, auch wenn Gott sie gesegnet und gebraucht hat. Wir wollen uns nicht nach Menschen nennen.
Jetzt sind wir gerade bei den Reformatoren, bei Luther, und dann gibt es den Heidelberger Katechismus, der einige Zeit nach der Reformation in Heidelberg, Baden, entstanden ist. Er ist so aufgebaut, dass immer eine Frage gestellt und dann eine Antwort gegeben wird.
Hier ist schon die sechzigste Frage: „Wie bist du vor Gott gerecht?“ Könnt ihr euch an die Frage erinnern, die ich vorhin gestellt habe? Wer von uns ist in den Augen Gottes genauso gerecht und angenommen wie Billy Graham, der Apostel Paulus oder Jesus Christus? Wie bist du vor Gott gerecht?
Jetzt schaut mal diese Antwort an: „Allein durch den wahren Glauben an Jesus Christus. Zwar klagt mich mein Gewissen an, dass ich gegen alle Gebote Gottes schwer gesündigt und keines je gehalten habe und noch immer zu allem Bösen geneigt bin – genau so ist es –, aber Gott schenkt mir ganz ohne mein Verdienst aus lauter Gnade die vollkommene Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi. Er rechnet sie mir an, als hätte ich nie eine Sünde begangen noch gehabt und selbst den ganzen Gehorsam vollbracht, den Christus für mich geleistet hat, wenn ich allein diese Wohltat mit gläubigem Herzen annehme.“
Kann man das besser ausdrücken als in diesen Sätzen? Ich fürchte nicht. Das ist so auf den Punkt gebracht.
Habt ihr das verstanden? Das bedeutet, vor Gott gerecht zu sein. So wird ein verlorener Sünder vor einem heiligen Gott gerecht – auf keinem anderen Weg. Du kannst dein Leben als Märtyrer in den Tod geben, und es wird nicht eine einzige deiner Sünden auslöschen. Christus hat das getan. Glaube ihm, vertraue ihm, lass ihn in dein Leben hinein und lass dich beschenken mit dieser Gerechtigkeit. Dann lebe in dieser Gerechtigkeit und in diesem Glauben. Das ist der Weg.
Noch einmal die Frage: Vielleicht ist jetzt jemand da, der sich doch melden würde – ich frage jetzt nicht mehr. Niemand muss mehr strecken, nicht dass er noch Muskelkater im Arm bekommt. Billy Graham, der Apostel Paulus, Jesus Christus – das ist natürlich ein Unterschied. Billy Graham und der Apostel Paulus waren Menschen, und Jesus Christus war der Mensch gewordene Gott.
Aber trotzdem: Wir, jeder Christ auf dieser Erde, ist in den Augen Gottes genauso gerecht und angenommen wie alle drei, deren Namen da stehen.
Identitätsaussagen im Neuen Testament
Ich habe gesagt – oder wir haben eben hier gelesen – Neues ist geworden. Es gibt ein Buch, das heißt „Neues Leben, neue Identität“.
Das war lange Zeit das einzige Buch in deutscher Sprache, das sich überhaupt mit dem Thema Identität befasst hat. Es gibt das Buch schon eine Weile, von Doktor Neil Anderson. Er war wahrscheinlich der Erste, der die ganze Bibel, das ganze Neue Testament, durchsucht hat, um herauszufinden, wo etwas über unsere Identität gesagt wird.
Schaut euch mal die Liste an! Eine Aussage hat er vergessen, die musste ich ergänzen, aber das verzeihen wir ihm.
„Ich bin das Salz der Erde“ – das heißt, jeder Christ kann das sagen. Immer wenn das Wort „sein“ als Hilfszeitwort in der Bibel vorkommt, also „ich bin“, dann bedeutet das: Es ist meine Identität als Christ. „Ich bin Salz der Erde“, „ich bin Licht der Welt“ – immer wenn das Christen zugesprochen wird, gilt es auch mir, denn ich bin ja auch ein Christ.
„Ich bin ein Kind Gottes.“ Niemand ist von Geburt an ein Kind Gottes. Wir sind alle Geschöpfe Gottes, aber Kind wird man durch den Glauben an Jesus Christus.
„Ich bin Reber am Beinstock“, ein Kanal des Lebens Christi. „Ich bin Christi Freund“ – ich darf ihn Freund nennen, er ist mein bester Freund. Es gibt ein Lied: „Der beste Freund ist in dem Himmel“ – ja, das ist der Herr Jesus.
„Ich bin von Christus erwählt und berufen, Frucht zu bringen.“ Das ist meine Lebensaufgabe: Frucht für Gott zu bringen.
„Ich bin ein Diener der Gerechtigkeit, nicht mehr der Sünde.“ Früher war ich ein Sklave der Sünde, das war ich. Ich kann als Christ immer noch sündigen, aber ich bin kein Sklave mehr, ich muss nicht mehr.
„Ich bin Gottes Knecht oder Gottes Magd“, je nach Geschlecht. „Ich bin ein Sohn Gottes, ein erbrechtigtes Kind Gottes.“ Gott ist mein geistlicher Vater, aber ich darf ihn lieber Vater nennen.
„Ich bin ein Miterbe Christi.“ Weil ich ein Kind bin, bin ich auch automatisch ein Erbe. Den Himmel kann man nicht verdienen, man kann ihn nur erben. Man muss ein Kind Gottes werden, dann erbt man den Himmel.
Es geht noch weiter: „Ich bin ein Tempel, eine Wohnung Gottes.“ Sein Geist und sein Leben wohnen in mir. „Christus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit“ – das haben wir eben in Kolosser 1 gelesen.
Das war die Identitätsaussage, die Anderson vergessen hat. Jetzt verzeihen wir ihm.
„Ich bin ungesäuerter Teig.“ Heute feiern in Israel und weltweit Juden das Passafest, Pessach. Paulus greift das in 1. Korinther auf und sagt: „Wie ihr ja ungesäuert seid, fegt den alten Sauerteig aus, die Sünde. Ihr seid ja ungesäuerter Teig, ihr seid in Christus eine neue Kreatur.“
„Ich bin ungesäuerter Teig“ – das ist meine Identität. Das klingt jetzt nicht besonders attraktiv, ja, Teig, aber ihr versteht das Bild. Ich bin ungesäuerter Teig – das ist meine Stellung vor Gott. Ich bin mit dem Herrn verbunden und ein Geist mit ihm. Was für eine schöne Aussage: ein Geist mit ihm, ganz mit ihm verbunden.
„Ich bin Glied am Leib Jesu Christi“, ein Glied an dem weltweiten Christus-Leib. „Ich bin eine neue Kreatur“, haben wir eben in 2. Korinther 5,17 gelesen. „Ich bin mit Gott versöhnt und sogar ein Botschafter dieser Versöhnung.“
„Ich bin ein Heiliger.“ Nicht ein katholischer, orthodoxer, griechischer oder sonstiger Heiliger, sondern ein biblischer Heiliger, nämlich ein Mensch, der Christus gehört und für Gott abgesondert ist.
„Ich bin Gottes Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken.“ Seht ihr, er ist die ganze Bibel durchgegangen, das ganze Neue Testament, und überall, wo etwas steht, was wir Christen sind, hat er es auf sich persönlich bezogen.
„Ich bin Mitbürger der Heiligen und ein Gottes Hausgenosse.“ Das heißt, ich gehöre zur Familie Gottes.
„Ich bin ein Gefangener Christi.“ „Ich bin heilig und gerecht vor Gott.“ Schade, dass wir nicht mehr Zeit haben, denn bei jeder dieser Aussagen könnten wir stehen bleiben und überlegen, was das bedeutet. Das kann ich jetzt nicht.
„Ich bin ein Bürger des Himmels.“ Mein erster Wohnsitz ist im Himmel, der zweite ist in Bayreuth, Waldsassen und wo ihr alle wohnt, zum Beispiel in Strullendorf und so weiter. Aber der erste Wohnsitz ist im Himmel.
Mein Bürgerrecht, „politoi mar“, sagt Paulus, ist im Himmel. „Ich bin verborgen mit Christus in Gott.“ Das sieht niemand, wenn ich auf der Straße durch Bayreuth laufe. Niemand kann sehen, dass ich Christ bin, es ist verborgen. Aber das wird einmal offenbar werden, dann werden alle wahren Christen wirklich offenbar werden.
„Ich bin ein lebendiger Ausdruck von Christi Leben, weil er mein Leben ist.“ Paulus schreibt: „Christus ist unser Leben.“
„Ich bin ein auserwählter Gottes, heilig und geliebt.“ Was für herrliche Aussagen!
„Ich bin ein Kind des Lichts, nicht mehr der Finsternis.“
„Ich bin Teilhaber der himmlischen Berufung.“ Gott hat mich für den Himmel berufen. Ich lebe jetzt noch auf der Erde, aber ich bin für den Himmel berufen.
„Ich bin ein Teilhaber Christi“, nehme teil an seinem Leben.
Und die letzte Folie der Aufzählung: „Ich bin ein lebendiger Stein“, sagt Petrus, „der mit anderen zusammen von Jesus Christus zu einem geistlichen Haus gebaut wird.“
Ich bin ein lebendiger Stein, ein Mitglied des auserwählten Geschlechts, der königlichen Priesterschaft, des heiligen Volkes, des Volkes des Eigentums.
„Ich bin ein Fremdling und Pilger in der Welt.“ Das gehört auch dazu. Was macht unser Auge, wenn ein Fremdkörper hineingekommen ist? Es schwemmt ihn aus. Genauso macht es die Welt mit allen wahren Christen: Sie werden abgelehnt, oft und ausgeschwemmt.
„Ich bin ein Kind Gottes und werde Christus gleich sein, wenn er wiederkommt.“
„Ich bin von Gott geboren und Satan kann mich nicht antasten.“ Der, der in mir ist, ist stärker als der, der in der Welt ist.
Dann schließt er die Liste – das gefällt mir: „Ich bin nicht der große Ich Bin, das ist Gott, aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Ist das nicht herrlich? Unsere Herzen müssen jetzt vor Freude bersten! Das alles gilt jedem wahren Christen auf dieser Erde. Das ist unsere neue Identität: Neues ist geworden.
Die Annahme der neuen Identität im Glauben
Haben wir jetzt gesehen, was das bedeutet? Jetzt haben wir es mit Inhalt gefüllt, es ist etwas Neues geworden. Das kennt ein Weltmensch nicht, das kennt nur der, der Christus wirklich in seinem Leben hat.
Ich sagte, ich komme noch einmal zurück auf diese Aussage: Das muss sich im Glauben verbinden, das muss in mein Leben kommen. Wenn es hier in der Bibel steht, ist es wahr und wird immer wahr sein. Aber es muss doch in mein Leben kommen. Wie kommt das in mein Leben?
Nimm jede dieser einzelnen biblischen Aussagen, geh einmal diese Liste durch, die wir eben gesehen haben, und danke Gott im Gebet dafür. Jungs, wie beweist man, dass man ein Geschenk angenommen hat? Nehmen wir an, am Sonntag kommt Besuch zu euch nach Hause, bringt euch eine Tafel Schokolade mit und einen Zehn-Euro-Schein darauf geklebt, und sagt: „Da! Für dich, David.“ Was sagst du dann? Er hat's.
Dann sagt man Danke. In dem Moment, in dem man Danke sagt, beweist man, dass man das Geschenk angenommen hat. Stell dir vor, du würdest zu dem Onkel sagen: „Nee Onkel, das kannst du doch nicht machen, das kann ich doch nicht annehmen.“ Ja, gehört es dir dann? Natürlich nicht. Dann wärst du schön dumm. Aber sobald du Danke sagst, ist alles klar. Dann gehört es dir.
Durch Danken ist es so einfach, so simpel klingt das. Aber im Geistlichen ist das gar nicht so naheliegend, da muss man erst mal draufkommen. Genauso verhält es sich mit geistlichen Gaben.
Ich möchte dich bitten, wenn das noch nicht geschehen ist, geh zu Hause auf deine Knie – nicht jetzt – und bete diese Liste durch. Setze deinen Namen ein und danke Gott im Glauben für jede dieser Wahrheiten. Zum Beispiel: „Herr, ich danke dir, dass ich dein Kind bin. Ich danke dir, dass ich in deinen Augen heilig und gerecht bin. Ich preise dich, dass ich jetzt ein Kind des Lichts bin.“
Verstehst du, du musst es im Glauben in dein Leben hineinnehmen. Durch dankbare Annahme im Glauben werden geistliche Aussagen in unserem Leben erfahrbare Realität. Auf keine andere Weise sind geistliche Wahrheiten je in mein Leben gekommen. Auch nicht diese Identitätsaussagen.
Du musst es nehmen für dich. Nimm es, und es gehört dir. Nimm es im Glauben, danke Gott dafür, und es gehört dir. Das ist der Weg.
Identität im Epheserbrief
Drittens: Keine Angst, dieser Punkt dauert nicht so lange wie die ersten beiden. Der dritte hier geht ganz kurz, und dann kommt schon der vierte zum Schluss.
Identität im Epheserbrief: Es gibt Ausleger, die sagen, kein Buch der Bibel enthält so viele Identitätsaussagen wie der Epheserbrief. Diese können wir heute Abend nicht alle beleuchten. Wir werden gleich nur eine einzige anschauen, weil ich daran wieder etwas Neues deutlich machen möchte.
Schaut mal: Paulus entfaltet im Epheserbrief Kontraste, Gegensätze. In Kapitel 2 heißt es: Ihr wart einst tot. So ist der Mensch, der Unerlöste – er ist tot, geistlich tot. Er empfindet nichts für Jesus, er lebt ohne ihn, lässt ihn ein guter Mann sein und ignoriert ihn. Geistlich tot, jetzt aber lebendig gemacht. Einst ferne dem Reich Gottes, den Bündnissen und all den Dingen, jetzt nahegebracht.
Was hatten wir mit Abraham zu tun und mit den ganzen Heiligen des Alten Testaments? Wir Germanen, die hier herumgelaufen sind mit Keulen im Wald – was hatten wir damit zu tun? Nichts. Jetzt sind wir nahegebracht.
Kapitel 2: Einst Fremde und Nichtbürger des Reiches Gottes, jetzt Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, in Gottes Familie. Einst fremd dem Leben Gottes, wir wussten gar nichts davon. Wir haben ohne Gott gelebt, wie Heiden in der Finsternis. Jetzt aber den neuen Menschen angezogen, eine neue Identität: Christus angezogen.
Und noch ein Kontrast: Fünf Kontraste baut Paulus im Epheserbrief auf, ja? Einst ward ihr Finsternis, jetzt seid ihr Licht im Herrn.
Schaut euch mal diesen Satz an, das ist eine Identitätsaussage: Ihr ward Finsternis, sagt Paulus an die Epheser. Er sagt nicht, ihr kanntet die Finsternis oder hattet Berührung mit der Finsternis. Er sagt, das war eure Identität. Ihr wart Finsternis für Gott. Da war kein Licht in euch, kein Fünkchen. Ihr wart Finsternis, es war eure Identität.
Jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Licht – was für ein Wechsel! Wandelt als Kinder des Lichts. Das ist jetzt die Folge. Wenn wir Licht sind, dann können wir auch als Kinder des Lichts wandeln. Wir strengen uns nicht an, um uns langsam ins Licht hochzuarbeiten. Wir sind Licht, es ist unsere Identität. Und darum wandeln wir als Kinder des Lichts.
Glauben bedeutet also, aus der Identität zu leben, die Gott uns in seiner Gnade geschenkt hat. Lebe, was du bist. Du bist Hauptmann geworden, jetzt lebe auch wie ein Hauptmann.
Ich möchte noch ein anderes Bild gebrauchen, das verstehen die Kinder, die hier sind, auch ganz gut: Da ist ein Tierchen, eine Raupe. Da sagt niemand von uns: „Oh, wie niedlich, eine Raupe.“ Da sagen wir: „Ih, was ist denn das für ein stacheliges Fieder, eine Raupe.“
Aber ihr wisst, was da passiert: eine Metamorphose, eine Gestaltsumwandlung. Eines Tages wird aus der Raupe ein wunderschöner, fliegender Schmetterling.
Die Raupe kriecht im Dreck herum, auf der Erde. Es kann sogar sein, dass sie mal durch Kot krabbelt. Ja, das ist eine Raupe, die kriecht da herum.
Der Schmetterling fliegt in der Luft. Es kann sein, dass er auch mal falsch landet und sogar auf dem Kothaufen landet. Aber er fliegt gleich wieder weg. Er ist ein Schmetterling, der kriecht nicht weiter herum. Er hat eine neue Identität, er will fliegen.
Merken wir uns: Ihr seid Licht, wandelt als Kinder des Lichts. Ihr seid Schmetterlinge. Wir wollen nicht mehr in der Sünde herumkriechen, das wollen wir nicht. Dann haben wir nichts mehr verloren.
Wenn wir da mal landen, wenn wir in Schwachheit übermannt werden und sündigen, hoffentlich wird uns der Geist Gottes schnell daran erinnern, dass wir da gar nichts mehr verloren haben, dass wir eine neue Identität haben.
Lebe, was du bist. Du bist ein Kind des Lichts.
Identität im Galaterbrief
Viertens und zuletzt: Identität im Galaterbrief.
In die galatischen Gemeinden – das waren heidenchristliche Gemeinden – waren Leute aus Judäa eingedrungen. Galatien entspricht dem heutigen Gebiet der Türkei. Dort waren heidenchristliche Gemeinden durch den Dienst des Apostels Paulus entstanden. Nun kamen Judenchristen, die ebenfalls an Jesus glaubten, dorthin. Sie sahen, dass es Gemeinden gab, denen jedoch etwas fehlte.
Diese Judenchristen sagten zu den Galatern: „Hey, eure Identität steht auf dem Spiel. Ihr seid noch nicht gut genug. Ihr braucht noch ein bisschen mehr jüdische Identität, um gute Christen zu werden.“ Was meinten sie damit? Sie sagten: „Ihr glaubt an Jesus, das ist in Ordnung. Aber ihr solltet euch trotzdem beschneiden lassen, wie es die Juden tun. Den Sabbat halten, vor allem auf die jüdischen Speisegebote achten, den jüdischen Festkalender beachten und so weiter.“
Sie wollten nicht alle 613 Gebote des Alten Testaments den Heidenchristen auferlegen, aber einige ausgewählte Vorschriften, die ihnen besonders wichtig erschienen, verlangten sie von ihnen.
Wie reagierte Paulus darauf? Er nannte diesen Ansatz im Galaterbrief gleich zu Beginn des Briefes völlig unschmeichelhaft eine Irrlehre. Er schrieb, dass selbst wenn ein Engel vom Himmel käme und ein solches vermischtes Evangelium verkündigen würde – also Gesetz und Gnade, Gebote halten und an Jesus glauben –, das sei wie Feuer und Wasser, das passe nicht zusammen.
Gebote zu halten, um vor Gott gerecht zu werden und ihm angenehm zu sein, das gehe nicht. Das nannte Paulus Irrlehre. Das ist die zentrale Botschaft des Galaterbriefs.
Ich möchte jedoch auf etwas anderes hinaus. Wie hätte ich versucht, den Galatern klarzumachen, dass das, was diese Judaisierer brachten, falsch war? Wahrscheinlich hätte ich einen langen Vortrag gehalten und ausführlich erklärt, was alles falsch ist an ihrer Lehre. So gründlich, wie wir Deutschen sind, hätte ich alles angeführt. Paulus hat das nicht getan.
Wisst ihr, was er erkannt hat? Die Galater hatten die Gnade noch nicht tief genug verstanden. Sie hatten noch nicht wirklich begriffen, wer Christus ist und was er gebracht hat, wie vollkommen sein Werk ist. Das hatten sie noch nicht verstanden.
Paulus wusste deshalb, dass er ihnen den Gekreuzigten vor Augen malen musste. Er musste Christus groß machen, damit sie das verstehen. Dann würden sie von selbst aufhören, Sabbat zu halten, Speisegebote zu beachten und Ähnliches.
So finden wir im Galaterbrief eine Christusoffenbarung. Galater 1 sagt: „Als es Gott wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren.“ So beginnt der Brief. Ein Mensch muss verstehen, wer Christus ist. Dazu muss Gott seinen Sohn in einem Menschen offenbaren. Das können die Eltern nicht – auch wenn sie es wollten. Wir konnten es auch nicht bei unseren Kindern. Wir konnten Christus nicht offenbaren. Das muss Gott selbst tun. Er gebiert seine Kinder selbst.
Ihr Eltern, die ihr noch um eure Kinder bangt, die noch nicht beim Herrn sind: Gott muss euch zeigen, wer Christus ist und was er getan hat.
Paulus sagt, als er Christus erkannt hatte, lebte dieser Sohn in ihm. Das ist also nicht nur eine intellektuelle Erkenntnis – „Ah ja, das ist Christus“ – sondern etwas Existentielles: Christus lebt in mir. Nicht irgendwie mystisch, sondern ganz real. Er ist in mein Leben gekommen, er regiert mich jetzt, er bestimmt mein Leben. Ich teile mein Leben mit ihm. Er ist in meinem Leben.
Das muss man doch auch sehen, wenn Christus in einem Menschen lebt. Deshalb schreibt Paulus den Galatern, dass er noch einmal um sie Geburtswehen erleidet. Einmal damals, als er hinkam und das Evangelium verkündete, da sah er, wie sie zum Glauben kamen, wie sie von neuem geboren wurden. Und jetzt schreibt er ihnen, dass er noch einmal Geburtswehen hat, noch einmal Angst um sie, bis Christus in ihnen Gestalt gewinnt.
Christus war bei den Galatern nicht zu sehen. Stattdessen gab es wieder Beschneidung, wieder Sabbat halten, wieder Festkalender. Dort war Christus nicht sichtbar. Das waren wieder menschliche Mühen. Dazu neigen wir alle.
Und schaut mal, da hören dann die meisten auf. Aber Galater 5,22 – eine der bekanntesten Stellen des Galaterbriefs und des Neuen Testaments – sagt: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit.“ Das ist die Ausprägung der Liebe in neunfacher Gestalt.
Christus hat Gestalt gewonnen in einem Menschenleben. Dieser Mensch hat dann keinen Heiligenschein oder Ähnliches, aber man sieht Christus an ihm – an der Art, wie er in bestimmten Situationen reagiert, wie er lebt, wie er sich verhält, was ihm wichtig ist, ob er so leben will, wie Christus auf dieser Erde gelebt hat, ob er auch Retterliebe für Menschen hat, die verloren sind.
Das ist Christusähnlichkeit. Christus hat Gestalt gewonnen in einem Menschen.
Wisst ihr, wenn ich am Sonntag predige, ist es nicht so wichtig, dass ihr sagt: „Oh, er hat ein paar nette Vorträge gehalten.“ Wichtiger wäre es, wenn ihr sagt: „Ich habe Christus an ihm gesehen“ oder „Nicht nur an mir, wir untereinander, sondern ich habe Christus an ihm oder ihr gesehen, wie er redete, wie er diente.“
Christus hat Gestalt gewonnen.
Seht ihr, das war die Therapie, die Paulus für die Galater hatte. Nicht nur Diagnose: „Bei euch stimmt es nicht, alles schief, ihr seid gesetzlich.“ Sondern die Therapie war, Christus großzumachen, ihn zu erkennen, mehr von ihm zu erkennen.
Schade, dass ich keine Zeit habe, weiter darüber zu sprechen. Ich muss schließen. Ich bin schon auf der Zielgeraden. Haltet noch kurz durch.
Die Einheit mit Christus
Paulus verwendet hier ständig den Ausdruck „Syn Christo“, also „Mit Christus“. Das griechische „Syn“ bedeutet immer „zusammen“. Man denkt an eine Symphonie, wenn mehrere Instrumente harmonisch zusammenspielen. „Syn Christo“ heißt, völlig mit Christus verwachsen zu sein.
Ich bin als Gläubiger mit Christus gekreuzigt. Heute Morgen haben wir daran gedacht, wie er gekreuzigt wurde – an diesem schrecklichen Kreuz, dem schlimmsten Galgen, der je auf dieser Erde stand. Aber ich war dabei. Ich bin mit ihm gekreuzigt. Es ist so, als wäre ich damals mit am Kreuz gehangen, vor zweitausend Jahren. Ich habe mich mit ihm identifiziert, bin völlig eins mit ihm geworden.
Ich habe verstanden: Ich hätte dort hängen müssen, aber er ist an meiner Stelle gestorben. Dann bin ich mit ihm gestorben – tot, dem alten Menschen gestorben, meinem früheren Leben. Ich bin mit ihm begraben worden, ich lag mit ihm im Grab. Am dritten Tag bin ich mit ihm zu einem neuen Leben auferstanden.
Und dann geht es noch weiter: Ich bin mit ihm in den Himmel versetzt worden, sagt der Epheser- und der Kolosserbrief. Deshalb habe ich einen himmlischen Stand, eine himmlische Berufung. Mein erster Wohnsitz ist im Himmel, wie wir vorhin gesagt haben. Syn Christo, mit Christus, völlig verwachsen.
Darum heißt meine neue Identität, auf den kleinsten Nenner gebracht: Ich bin in Christus. Das sagt alles. Ich bin in ihm. Schaut mal, ich bin in Christus, gerecht gemacht. Egal, wie ich früher gelebt habe – Gott hat mich für gerecht erklärt. Er hat mich zum Hauptmann ernannt.
Ich bin angenommen. Er hat den Verbrecher, der am Kreuz neben ihm hing, nicht weggestoßen. Er hat nicht gesagt: „Nein, nein, nein, Freundchen, das geht nicht.“ Sondern er hat gesagt: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Ich bin angenommen.
„Vollkommen gemacht“ – das haben wir eben im Kolosserbrief gelesen –, unantastbar und unanklagbar. Der Teufel kann mich nicht mehr anklagen. Er kann es versuchen, aber Christus wird zu ihm sagen: „Sei still, ich bin seine Gerechtigkeit geworden.“ Ich bin passend für den Himmel.
Ihr lieben Geschwister, wenn ich in Christus bin, bin ich jeden Augenblick passend für den Himmel. Selbst wenn ich jetzt auf der Stelle durch einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder ein Unglück sterben müsste, muss ich nicht denken: „Ach, an mir fehlt noch so viel, und da ist noch so viel Altes dran.“ Ja, es ist noch schlimmer, als du denkst – auch bei mir. Aber trotzdem bin ich passend für den Himmel, in Christus. Passend für den Himmel.
Noch einmal MacDonald: Wenn Gott jemanden rettet, dann gibt er dieser Person sofort die Eignung für den Himmel. Diese Eignung ist Christus selbst. Sie ist durch nichts zu verbessern. Nicht einmal ein langes Leben des Gehorsams und Dienstes hier auf Erden macht jemanden geeigneter für den Himmel, als er am Tag seiner Bekehrung war.
Hast du das verstanden? Sein Anspruch auf die Herrlichkeit gründet sich allein auf Jesu Blut. Passend für den Himmel: Ich bin in Christus.
Paulus verwendet diesen Ausdruck „in Christus“, „en Christo“, siebenundneunzig Mal, fast hundert Mal. Dazu kommen noch die Ausdrücke „im Herrn“ oder „in ihm“, die dasselbe meinen. Insgesamt sind es zweihundertsechzehn Mal im Neuen Testament.
Paulus – nur Paulus, auch Petrus und Johannes verwenden diesen Ausdruck, aber ganz selten – Paulus 216 Mal. Ihm ist diese Botschaft von der Identität von Gott aufgetragen worden.
216 Mal – kein anderer Terminus kommt im Neuen Testament häufiger vor als diese beiden Worte „in Christus“. Lies da bitte nicht mehr drüber hinweg. Nimm deine Bibel und unterstreiche das rot, jedes Mal, wenn du liest „in ihm“, „im Herrn“, „in Christus“. Du wirst staunen: Zweihundertsechzehn Mal.
Illustration der Einheit mit Christus
So, ich bin gleich fertig. Schau mal, ich habe noch etwas vorbereitet. Ich weiß, dass das manchmal schwierig zu verstehen ist: Ja, ich bin in Christus, und er ist in mir.
Hier ist eine kleine Wasserschale, und da ist ein trockener Schwamm. Ihr wisst alle, was passiert, wenn ich den jetzt eintauche. Zunächst ist noch viel Luft im Schwamm, die muss ich erst ein bisschen herauspressen, herausquetschen. Nach und nach ist der Schwamm ganz vollgesogen mit Wasser.
Jetzt ist der Schwamm im Wasser, und das Wasser ist im Schwamm. Ich hätte noch ein bisschen mehr Wasser reintun müssen, dann wäre er ganz verschwunden. Aber ihr seht, der Schwamm ist im Wasser, und das Wasser ist im Schwamm. Eine ganz einfache Illustration, aber mir hat das geholfen. Das ist ganz real so: Christus ist in meinem Leben, und ich bin in ihm. So sieht mich Gott – wie wir es hier sehen: Wasser im Schwamm und Schwamm im Wasser.
Vielleicht hilft dir das auch. Nimm dieses kleine Bild mit – das bleibt hängen. Ich habe hier sogar ein Handtuch, damit ich meine Bibel oder meinen Pointer nicht nass mache.
Letzte Folie: Christen sind in Christus und mit Christus eins. Könnt ihr das noch aufnehmen? Dreissig Sekunden.
Christen haben den gleichen Namen wie Christus. Wir nennen uns Christen und werden Christen genannt. Früher war das eine Spottbezeichnung, aber heute ist es ein Ehrentitel. Wir tragen den gleichen Namen wie er, wir sind nach ihm benannt.
Darum finde ich es schade, wenn sich Menschen nach Menschen benennen, zum Beispiel Lutheraner, Calvinisten, Wesleyaner und so weiter. Bitte, wir sind Christen!
Christen haben das gleiche Geschick wie Christus. Den gleichen Tod haben wir eben gesehen, die gleiche Auferstehung, die gleiche Erhöhung – das gleiche Geschick wie Christus.
Christen haben das gleiche Leben wie Christus. Sein Leben ist in mir, er ist in mein Leben gekommen.
Christen haben den gleichen Geist wie Christus. Der Heilige Geist wird in der Bibel auch Geist Gottes oder hier in Galater 4 Geist Christi genannt – den gleichen Geist wie er.
Christen haben die gleiche Natur wie Christus. Petrus sagt, wir haben Anteil an der göttlichen Natur. Das ist nicht esoterisch gemeint, als hätten wir uns selbst hochgearbeitet oder hätten einen göttlichen Funken in uns. Nein, Christus ist in unser Leben gekommen, deswegen haben wir Anteil an der göttlichen Natur.
Christen werden eines Tages die gleiche Herrlichkeit haben wie Christus. Wir werden das ewige Leben im Himmel haben.
Die schönste Aussage habe ich rot hervorgehoben: Christen werden von Gott mit derselben Liebe geliebt wie Christus. Hast du das schon gewusst? Hast du das schon erkannt? Wenn du dem Herrn Jesus gehörst, bist du mit derselben Liebe von Gott geliebt wie Christus.
Wenn ihr eure Bibel aufschlagt, steht es dort: Damit die Welt erkenne, betet unser Herr im hohen priesterlichen Gebet, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, sie, die Jünger, wie du mich geliebt hast.
Siehst du, der Vater hat die Jünger, uns Jünger, dich mit derselben Liebe geliebt, mit der er seinen Sohn geliebt hat. Kann man etwas Schöneres sagen?
Das ist unsere Identität, liebe Geschwister: Wir sind mit derselben Liebe geliebt, wie Gott seinen Sohn geliebt hat. Das ist unsere Identität in Christus.
Fazit und Ausblick
Fazit: Christen haben vor Gott die gleiche Stellung wie Christus – das ist unsere Identität.
Morgen wollen wir fortsetzen, und zwar morgen Vormittag um zehn Uhr. Ja, morgen Vormittag, Samstag, noch ein Feiertag, sozusagen. Unsere Identität in Christus – wenn wir so eine Identität haben, wie wir es eben in diesem Vortrag gehört haben.
Entschuldigt, dass ich ein paar Minuten länger gesprochen habe. Ich habe zwei Vorträge zu einem komprimiert, das ging nicht anders. Also, seelsorgerliche und praktische Auswirkungen – das hat doch Auswirkungen, das muss doch in unserem Leben spürbar sein. Und es hat welche, ganz sicher.
Wäre schön, wenn ihr auch morgen Vormittag bei Teil 3 dabei sein könnt. Ihr wisst, die Vorträge sind in diesem Buch, das ist klar. Wenn jemand noch einmal nachlesen oder vertiefen will oder jemand anderem schenken möchte, der nicht hier sein kann, dann...
Viele von euch haben Hans-Peter Reuer gekannt, persönlich oder zumindest seine Predigten im Internet gehört oder seine Bücher gelesen. Da ist auch eins nach dem Armenbete, das habe ich auch gelesen, ich habe alle seine Bücher gelesen. Aber dieses ragt für mich heraus: „Du musst sterben, bevor du lebst, damit du lebst, bevor du stirbst.“ Genau die Botschaft, die wir heute hatten: unsere Identität in Christus, damit du lebst, bevor du stirbst.
Das hat er wunderbar ausgeführt mit ganz großartigen Beispielen. Er war kein Theologe, er war Bergführer und brachte so feine, gut verständliche Beispiele. Er ist am 17. August letzten Jahres verunglückt. Ich wollte ihn an dem Tag besuchen, war nur dreißig Kilometer entfernt, und an dem Abend hatte ich die Furcht, dass er nicht mehr am Leben ist.
Dann möchte ich euch das zweitbeste Buch vorstellen. Ich rede von menschengeschriebenen Büchern, das ich kenne. Nummer eins habe ich leider nicht da, was bei mir an Nummer eins steht: „Das Leben ist zu kurz, um die Hauptsache zu verpassen“ von Bob George. Blöder Titel, blöder geht es gar nicht mehr. Da denkt man, das sei evangelistisch. Das Buch hat der Henzer Verlag verbrochen. Ich habe auch Friedrich Henzer schon gesagt, sie haben einen ganz scheußlichen Titel gewählt für so ein wichtiges Buch. Der Originaltitel war „Klassisches Christsein“, klassisches Christentum. Das war der Originaltitel. Da machen die so etwas daraus. Aber stört euch nicht an dem Titel, der Inhalt ist herausragend gut.
Das ist Bob George. Ich bin mit ihm in Verbindung. Ich wollte ihn gerne einladen. Er ist ein älterer Herr, inzwischen 81 Jahre alt. Leider hat er letztes Jahr einen Schlaganfall erlitten und kann nicht mehr kommen. Er ist wahrscheinlich nicht mehr in der Lage, nach Übersee zu reisen.
Dieses Buch ist ein Weltbestseller, fast eine Million Auflage in verschiedenen Sprachen. „Das Leben ist zu kurz, um die Hauptsache zu verpassen“ ist so voller Einsichten über das geistliche Leben. Etliche Beispiele, die ich heute verwendet habe und morgen verwenden werde, stammen aus diesem Buch. Ich habe es schon mehrmals gelesen. Wenn ihr das nicht kennt, legt die anderen Bücher, die ihr genommen habt, wieder weg. Nehmt bitte lieber das mit. Lest dieses Buch, ihr werdet staunen.
Er hat übrigens eine deutsche Frau geheiratet, und das sind seine zwei Kinder. Im Hintergrund ist der mit dem Schnauzer sein Schwiegersohn.
Die letzten beiden Bücher habe ich nicht mehr auf Folie da oben: „Christus in uns“. Das steht bei mir an Nummer drei meiner Top-Ten-Bücherliste. Fritz Binde, mein Lieblingsautor, „Christus in uns“. Der Mann, durch den meine Großeltern zum Glauben kamen. 1905 haben sie sich in seinen Bibelstunden bekehrt. Und ich würde nicht hier stehen ohne ihn, menschlich gesprochen.
Mein Lieblingsbuch heißt „Vom Geheimnis des Glaubens“. Ich habe es vergessen einzupacken. Es war irgendwo verdeckt, und ich habe es nicht gesehen beim Einpacken. Schade, tut mir leid. Aber hier „Christus in uns“, genau davon haben wir heute Abend gesprochen – ganz großartige Botschaften.
Wir haben den Apostel Paulus kennengelernt. Er hat sein Leben in andere Menschen investiert. Hier ist ein Buch von Doktor Koschi. Ich glaube, einige von euch kannten ihn. Koschi war immer wieder in Deutschland. Hans Stelter in Kulmbach war gut verbunden mit ihm. Er war in Metzingen bei Stuttgart zum Dienst. Koschi ist vor anderthalb Jahren heimgegangen. Rosenberg, sein Jünger und Schüler, hat zusammen mit ihm dieses Buch geschrieben: „Das investierte Leben – der nachhaltige Segen echter Jüngerschaft“. Ich kann euch gar nicht sagen, wie kostbar dieses Buch ist.
Ein Satz aus dem Buch: „Als Jünger Jesu brauchst du einen Paulus, der in dich investiert, einen Barnabas, dem du Rechenschaft gibst und der dich ermutigt, und einen Timotheus, in den du investierst.“ Ein Satz – ja, und schon eine Botschaft aus diesem Buch.
Und gestern habe ich euch ein neues Buch vorgestellt, das noch keiner gesehen hat. Heute Abend noch eins, das kam auch diese Woche aus der Druckerei – ein Riesenbrummer. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viel Arbeit da drinsteckt. Von meiner Frau und mir. Ich will das nicht rühmen: „Johannes Evangelium und führten sie zu Jesus“ – evangelistische Bibelarbeiten zum Johannes-Evangelium, alle 21 Kapitel. Wir haben alles reingepackt, was wir nützlich fanden.
Wenn ihr gerne Menschen zu Jesus führt, im persönlichen Bibelstudium oder auch in einem Bibelkreis, unter Männern oder Frauen, dann würde ich euch bitten, schaut da mal rein, wenn ihr wollt.
Also, wir sind dankbar, dass es endlich da ist. Wir haben zwei Jahre lang immer wieder daran gearbeitet. Nicht rund um die Uhr, aber immer wieder, zuletzt meine Frau ganz viel, die das alles zusammengestellt hat.
So, ihr Lieben, jetzt habt ihr aber eine Medaille verdient – eine Tapferkeitsmedaille für langes Zuhören, ja? Ich setze mich schon.