Christlicher Glaube – fünf grundlegende Anfragen der Theologie, die dich im Glauben wachsen lassen. Nachfolge praktisch: dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Menschen, die nie von Jesus gehört haben. Wir sind am Ende einer ersten Podcast-Reihe über Anfragen an den christlichen Glauben.
Gründe für ein Leben ohne Sünde nach der Bekehrung
Gestern war es mir sehr wichtig zu zeigen, warum ein Christ nach seiner Bekehrung nicht einfach sorglos sündigen kann, frei nach dem Motto: „Mir ist vergeben, jetzt ist eh alles egal.“
Es gab drei Gründe dafür: Liebe, Loyalität und Angst.
Erstens verbindet mich mit dem Herrn Jesus eine Beziehung tiefster Freundschaft und Liebe. Sünde zerstört das, was wir miteinander haben. Deshalb lasse ich die Sünde nicht zu.
Zweitens habe ich verstanden, dass die Gnade Gottes es nicht dabei belässt, mich nur von der Schuld meiner Sünde zu befreien. Sie will die Sünde als zerstörerisches Prinzip aus meinem Leben entfernen. Gottes Geschenk an mich ist nicht nur seine Vergebung, sondern auch meine Heiligung. Das eine geht nicht ohne das andere.
Drittens fürchte ich die Folgen der Sünde und das züchtigende sowie strafende Eingreifen Gottes in mein Leben. Ein liebender Vater wird versuchen, mich von meinem sündigen Weg abzuhalten, und das kann sehr weh tun.
Das waren die drei Gründe, warum ein echter Christ nicht mehr sündigen sollte und eigentlich auch nicht mehr sündigen will. Er hat einfach viel zu viel Gefallen an der Nähe zum Heiligen Geist, an einem guten Gewissen und an einem Leben, das im Rahmen seiner biografischen und zeitgeschichtlichen Möglichkeiten gelingt.
Die Frage nach der Rettung der Menschen ohne Kenntnis von Jesus
Aber gehen wir gedanklich einen Schritt weiter. Wenn es beim Christentum wirklich um Beziehung geht, wenn mich der Glaube an Jesus Christus rettet und meine guten Werke bestenfalls ein Beleg dafür sind, dass ich bekehrt bin – also eine Folge der Bekehrung, aber nicht ihre Grundlage –, wie können dann all die Menschen gerettet werden, die das Evangelium von Jesus nie gehört haben?
Natürlich ist das eine gute Frage. Beim Bibellesen stellt man sie sich besonders in dem Moment, in dem man davon liest, dass Abraham als Glaubensvorbild in 1. Mose 15,6 um seines Glaubens willen von Gott gerecht gesprochen wird.
Schauen wir uns diese Stelle genauer an.
Die Bedeutung von Glauben und Gerechtigkeit bei Abraham
1. Mose 15,6: Und er, das ist Abraham, der an dieser Stelle noch Abram heißt, glaubte dem Herrn. Und Gott, das ist jetzt der Herr, rechnete es ihm als Gerechtigkeit an.
Diese Stelle ist eine ganz zentrale in der Bibel. Sie ist entscheidend, um zu verstehen, wie ein Mensch gerecht wird. Hier wird beschrieben, dass Gerechtigkeit von Gott aufgrund des Glaubens zugerechnet wird. Diese Art der Gerechtigkeit ist immer eine zugerechnete Gerechtigkeit. Ich werde gerecht, weil Gott mich trotz meiner Sünden aufgrund meines Glaubens gerecht spricht.
1. Mose 15,6: Und er glaubte dem Herrn, und er rechnete es ihm als Gerechtigkeit an.
Woran glaubte Abraham? Um es ganz klar zu sagen: Abraham glaubte nicht an den Herrn Jesus, denn das konnte er nicht. Er lebte etwa zweitausend Jahre früher. Also woran glaubte er?
Im direkten Zusammenhang glaubte Abraham daran, dass Gott ihm eine große Nachkommenschaft schenken würde. Das war tatsächlich erst einmal alles. Aber in diesem Glauben – und Paulus wird später schreiben, dass es ein Glaube gegen Hoffnung auf Hoffnung hin war – liegt das Grundvertrauen, das Gott bei einem Menschen sucht.
Abraham und Sarai waren ja beide schon sehr alt. In diesem Glauben an eine Nachkommenschaft findet Gott das grundsätzliche Vertrauen, das er bei einem Menschen sucht. Gott sucht Glauben – Glauben an Gott. Dabei weiß Gott natürlich auch, dass er inhaltlich nur das an Glauben finden kann, was für den jeweiligen Gläubigen möglich ist.
Ein Abram konnte nicht an Jesus glauben. Er wusste auch nichts von einem stellvertretenden Opfer. Aber auch ohne dieses Wissen war Glaube möglich – eben im Rahmen seiner Gotteserkenntnis. Gott sieht mein Herz und reagiert auf mein Herz.
Gottes Offenbarung und die Vielfalt des Glaubens
Und deshalb kann Gott in Maleachi sagen, Maleachi 1,11: „Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang ist mein Name groß unter den Nationen, und an allerlei Orten lässt man Opferrauch aufsteigen und bringt meinem Namen Gaben dar, und zwar reine Opfergaben, denn mein Name ist groß unter den Nationen, spricht der Herr der Heerscharen.“
Ich weiß nicht, ob dieser Vers in deine Theologie passt. Aber Gott spricht hier von Nationen, also von Heiden auf der ganzen Welt, die ihm Opfer bringen. Im Gegensatz zu den Opfern Israels zur Zeit von Maleachi waren ihre Opfer reine Opfergaben. Das heißt, Gaben, die Gott als passend und richtig ansah.
Und jetzt Vorsicht: Es geht bei solchen Opfern nicht darum, was geopfert wird, sondern um das Wie des Opferns. Wir kennen diesen Unterschied schon von Kain und Abel. Beide bringen, was sie haben und was ihrem Beruf entspricht. Aber Abel bringt es aus Glauben, während Kain genau dieser Glaube fehlt.
Reine Opfergaben sind Opfer aus Glauben. Und in Maleachi klagt Gott sein Volk an, dass er diese reinen Opfergaben von den Heiden bekommt, aber nicht von seinem eigenen Volk.
Verschiedene Zugänge zu Gott und Gottes Beurteilung des Glaubens
Frage: Woher hatten die Heiden eine Idee von Gott?
Wenn man diese Frage stellt, muss man sich klar machen, dass es unterschiedliche Zugänge zu dem lebendigen Gott gibt. Gott offenbart sich nicht nur durch sein Wort, die Bibel, oder durch die Zeugnisse der Menschen, die das Evangelium predigen.
Er offenbart sich als der lebendige Gott auch in der Schöpfung, im Gewissen der Menschen, in der Geschichte und natürlich durch persönliche Offenbarungen wie Träume oder Visionen.
Mein Eindruck ist, dass Gott einen Menschen danach beurteilt, wie er mit den Informationen umgeht, die er hat. Oder anders gesagt: Gott beurteilt einen Menschen nach seiner Liebe zur Wahrheit.
Gedanken zur Rettung ohne direkten Glauben an Jesus
Jürgen, willst du damit sagen, dass ein Mensch auch dann gerettet werden kann, wenn er nicht an den Herrn Jesus glaubt? Tja, was soll ich dazu sagen? Ich weiß, dass Abraham durch seinen Glauben gerettet wurde, obwohl er nicht an den Herrn Jesus geglaubt hat. Und ich weiß, dass Gott nicht ungerecht ist. Er wird also nichts vom Menschen fordern, was dieser nicht bringen kann.
Deshalb denke ich, dass Gott bei der Beurteilung eines Menschen dessen Glauben berücksichtigt. Dabei verlangt Gott im Hinblick auf den Inhalt des Glaubens nur so viel Einsicht, wie dem Gläubigen auch möglich ist. Es geht also nicht ohne Glauben, aber es geht ohne Glauben an Jesus – wenn, Achtung, ganz wichtig – wenn ich biografisch bedingt Jesus als Person nicht kennenlernen konnte.
An dieser Stelle muss ich zwei Punkte anfügen, damit mich niemand falsch versteht. Erstens: Heute hat wahrscheinlich jeder Mensch auf der ganzen Welt die Möglichkeit, von Jesus zu hören. Wenn jemand in Deutschland sagt: „Ich wusste nichts von Jesus“, dann ist das für mich eine Ausrede.
Zweitens: Mission bleibt super wichtig, weil Gott sie geboten hat und weil das Evangelium Gottes Liebe auf eine Weise offenbart, die gewinnender nicht sein könnte.
Praktische Anregung und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest heute für deine ungläubigen Freunde und Arbeitskollegen beten.
Das war's für heute. Für alle, die sich wundern, warum am Ende der Episoden zwei Minuten Stille folgen: Das ist gewollt als eine Zeit zum Nachdenken.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.