
Herzlich willkommen zum Predigt-Podcast von Neuland. Wir freuen uns, dass du eingeschaltet hast.
Wir hoffen, dass du aus der folgenden Predigt viel für deine Beziehung zu Gott und für dein Leben mitnehmen kannst.
In der Zeit, als Herodes König von Judäa war, lebte dort Zacharias, ein Priester, der zur Abteilung des Abia gehörte. Seine Frau stammte, wie er, aus dem Geschlecht Aarons und hieß Elisabeth. Beide lebten so, wie es Gott gefiel, und hielten sich in allem genau an die Gebote und Weisungen des Herrn.
Sie hatten keine Kinder, denn Elisabeth war unfruchtbar, und inzwischen waren sie beide alt. Das ist der Anfang der bekannten Weihnachtsgeschichte, die Lukas uns erzählt.
Wir sind im Advent angekommen, und Advent bedeutet Vorbereitung. Es ist die Vorbereitung auf das Kommen von Jesus. Dabei ist diese Vorbereitung sicherlich nicht nur in der Hinsicht gemeint, dass wir jetzt auf Weihnachten warten und das Kommen Jesu feiern.
Als Christen können wir den Advent in dreierlei Hinsicht sehen. Zum einen ist es ein Rückblick, nämlich die Freude darauf, dass Jesus in Person tatsächlich gekommen ist. Das ist das, was wir feiern, und wir können uns darauf vorbereiten, dies schön zu begehen.
Zum anderen ist es aber auch ein Blick nach vorne: Jesus wird wiederkommen. Die Hoffnung, die Christen haben, ist, dass Jesus König ist und wiederkommen wird, um sein Friedensreich aufzubauen und zu vollenden.
Advent ist aber eigentlich auch etwas, das wir jeden Tag erleben können. Es bedeutet, dass wir uns täglich, während wir mit Gott leben, darauf vorbereiten, dass er uns begegnen möchte und mit uns zusammen sein will.
Deshalb ist Advent eine Wartezeit, eine Vorbereitungszeit. Es ist eine Zeit des Wartens auf Jesus – in all den Hoffnungen, die du hast. Es ist die Zeit des Wartens auf Jesus in all den Wünschen, die du hast. Es ist die Zeit des Wartens auf Jesus in all den Träumen, die du hast. Es ist eine Zeit des Wartens auf Jesus in all den Sorgen, die du hast, und es ist eine Zeit des Wartens auf Jesus auch in all den Ängsten, die du vielleicht hast.
Advent bedeutet also zunächst einmal warten. Sonja hat uns da schon ein bisschen mit hineingenommen in das Warten.
Warten wird meistens als etwas Negatives empfunden, oder? Die meisten Menschen warten nicht wirklich gern.
Es gibt jedoch eine Art von Warten, die schön ist – das freudige Warten auf etwas Schönes, von dem wir wissen, dass es bald kommt. Ich erinnere mich noch daran, als ich klein war und Weihnachten vor der Tür stand. Bei uns wurde dann immer das Wohnzimmer mit einem Vorhang abgetrennt. Irgendwann läutete die Glocke, der Vorhang wurde weggezogen, und das Warten darauf war richtig spannend und hat Spaß gemacht.
Oder wenn du weißt, dass Besuch kommt und du voller Vorfreude wartest – das ist ein schönes Warten. Aber generell ist Warten eher unangenehm. Niemand wartet wirklich gern. Deshalb haben wir alle Handys, um unsere Wartezeiten möglichst zu überbrücken. Wir wollen die kürzeste Wartezeit und sofort wieder beschäftigt sein.
Ich weiß nicht genau, woran das liegt. Wir haben uns ja auch schon öfter darüber unterhalten. Vielleicht ist es die Angst vor der Ruhe oder die Angst, sich mit sich selbst zu konfrontieren. Selbst die kürzeste Wartezeit muss irgendwie überbrückt werden. Aber allgemein ist Warten für uns total negativ.
Warten empfinden wir als Zeitverschwendung, oder? Denn, hey, ich meine, ich bin wichtig, und wichtige Menschen warten nicht. Ich habe eine ewig lange To-do-Liste. Warten heißt, ich kann nicht meiner To-do-Liste nachgehen, sondern muss einfach hier warten. Warten ist Zeitverschwendung und vollkommen unnötig.
Trotzdem wusstet ihr, dass der Mensch im Durchschnitt 374 Tage seines Lebens mit Warten verbringt? Ein ganzes Jahr deines Lebens verbringst du einfach nur mit Warten. Furchtbar, oder? Du wartest an der Ampel oder am Automaten, am Bahnhof oder Flughafen, im Stau.
Ich habe mir gedacht: Wenn du Kinder hast, dann wartest du wahrscheinlich noch viel länger, weil du sagst: „Wir gehen jetzt“, und bis dann alle mal da sind, vergeht viel Zeit. Für Eltern ist das wahrscheinlich eher das Doppelte.
Aber du wartest auch vor deinem Rechner, bis sich eine Grafik aufbaut oder bis du die Daten bekommst, mit denen du dann Zugang erhältst. Oder du bist in einer Telefonhotline und hörst: „Bitte warten!“ Oder das wohl liebste Warten ist vielleicht das Warten beim Arzt, wenn es heißt: „Können Sie mal noch kurz warten?“ Dafür gibt es sogar ein extra Wartezimmer.
Spannend, ein Wartezimmer, in dem du deine Wartezeit verbringen kannst. Also, wer wartet schon gern? Niemand wartet gern.
Und trotzdem sind es ja nur diese kurzen Wartezeiten, von denen wir gerade gesprochen haben.
Was ist aber mit dem langen Warten? Diesem schweren Warten, wie es vielleicht Elisabeth erlebt hat, die ihr Leben lang darauf gewartet hat, endlich Kinder zu bekommen?
Was ist mit den großen Träumen und Wünschen, die du für dein Leben hattest? Du bist in dieses Leben gestartet und hast gedacht: „Wow, so wird es werden!“ Doch dann bist du älter geworden und merkst, dass vieles nicht so gekommen ist, wie du es dir vorgestellt hast.
Vielleicht wartest du auf den perfekten Partner oder darauf, dass dein Partner perfekt wird. Du wartest und wartest. Vielleicht wartest du darauf, endlich schwanger zu werden und Kinder zu bekommen – wie Elisabeth. Vielleicht wartest du auch darauf, dass die Kinder endlich ausziehen und ihr euer Haus wieder für euch habt.
Vielleicht wartest du in Krankheit und Leid darauf, dass es endlich vorübergeht. Es ist ein unsicheres Warten: Wie wird es weitergehen?
Vielleicht wartest du in Perspektivlosigkeit, in Arbeitslosigkeit, in Beziehungslosigkeit oder in Einsamkeit. Das ist das wirklich harte, lange Warten.
„Ich hoffe auf den Herrn“, heißt es im Psalm 130, „ich hoffe auf den Herrn, ja, aus tiefster Seele hoffe ich auf ihn. Ich warte auf sein rettendes Wort.“
„Ich hoffe auf den Herrn, aus tiefster Seele hoffe ich auf ihn.“ Vielleicht war das ein Gebet, das Elisabeth häufig gebetet hat. Sie kannte sicherlich die Psalmen gut und hat dieses Gebet zu ihrem gemacht, indem sie sagte: „Herr, ich hoffe auf dich.“
Wisst ihr, Elisabeth ist genau so ein Fall: eine junge Frau, die das Leben quasi vor sich hat und große Erwartungen hegt. Sie trifft einen tollen Mann, Zacharias, der ebenfalls hervorragende Berufsaussichten hat. Er wird einmal ein frommer Priester werden – alles scheint perfekt zu sein. Die beiden beschließen, dem Herrn zu dienen und ihr Leben für ihn einzusetzen. Sie heiraten, alles ist wunderbar, und sie leben gerecht und gottesfürchtig vor Gott.
Doch Jahr um Jahr vergeht, und Elisabeth wird nicht schwanger. Die Nachbarn beginnen zu tuscheln: Was ist nur mit Elisabeth los? Irgendetwas stimmt doch nicht. Natürlich bekommt sie mit, dass alle über sie reden, denn damals war es einfach die Erwartung, dass man als verheiratete Frau eine Familie hat. Das war der Stolz jeder Frau und auch jedes Mannes: möglichst viele Söhne zu haben.
Dabei haben sie doch alles richtig gemacht – fromm und gottesfürchtig lebten sie. Sie hätten sagen können: „Gott, wir machen doch alles, was du willst. Warum müssen wir so lange warten? Warum tust du uns das an?“ Doch stattdessen hoffen sie auf den Herrn, aus tiefster Seele. Mittlerweile sind sie alt geworden, und die Familienplanung ist sicherlich längst abgeschlossen.
Interessanterweise heißt es im Text von Lukas, dass sie immer noch gerecht und gottesfürchtig lebten. Das bedeutet: Das Leben mit Gott war für sie kein Mittel zum Zweck. Es war nicht so, dass sie sagten: „Okay, Gott, ich strenge mich jetzt an, damit du mir gibst, was ich will.“ Nein, sie haben diesen Gott geliebt. Auch als sie nicht das bekamen, was sie sich wünschten, sagten sie: „Gott, du bist trotzdem gut, und ich bleibe an dir dran.“
Vielleicht war das ihr Gebet: „Herr, dieses Leben hat mir nicht das gebracht, worauf ich gehofft habe, aber ich hoffe weiter auf dich. Aus tiefster Seele hoffe ich auf dich. Ich warte auf dich.“ Das ist Warten – echtes Warten.
Vielleicht spiegelt dieses Warten sich auch in deinem Leben wider. Vielleicht bist du gerade durch eine solche Wartephase gegangen oder steckst mitten drin. Es kann eine harte Zeit sein, in der Träume, die du für dein Leben hattest, zerbrochen sind und du merkst, dass alles anders geworden ist.
Vielleicht erlebst du gerade eine Phase der Zerbrochenheit, in der etwas in dir kaputtgeht. Vielleicht trauerst du über Beziehungen, die einst waren und jetzt nicht mehr sind, die zerbrochen sind. Vielleicht trauerst du über Menschen, die aus deinem Leben gegangen sind. Vielleicht ist es eine tiefe Einsamkeit, die du spürst, oder eine Entfremdung von Gott, bei der du sagst: „Gott, ich suche dich doch. Ich will dir nahe sein. Warum bist du so fern? Wo bist du?“
Vielleicht ist es auch eine Krankheit, die plötzlich über dich gekommen ist, und du bist mit einer ganz neuen Realität konfrontiert. Vorher hast du dein Leben geplant, doch nun bringt dich die Diagnose mit deiner eigenen Vergänglichkeit in Berührung. Das kann Traurigkeit mit sich bringen.
Vielleicht bist du gerade in einer Phase der Trauer, in der du morgens aufstehst und denkst: „Ihr habt so lange über Freude gepredigt, aber ich erlebe keine Freude in meinem Leben. Ich habe gerade mehr Trauer.“ Vielleicht befindest du dich auch in einer Depression oder einer längeren Phase des Wartens, die dein Leben prägt.
Vielleicht sagst du: „Das ist keine Phase mehr, das ist mein Leben.“ Eine Phase des Wartens, in der du hoffst: „Ich hoffe auf den Herrn, aus tiefster Seele hoffe ich auf ihn. Ich warte auf sein rettendes Wort. Herr, wo bist du? Ich warte auf dich.“
Und warten – das ist einfach etwas, was uns unsagbar schwerfällt. Still zu sein vor diesem Gott und unsere Hilflosigkeit anzunehmen. Uns einfach vor Gott hinzugeben, von ihm Hilfe zu erwarten und unser Leben sowie unser Schicksal in seine Hand zu legen. Dabei zu sagen: Herr, du weißt, ja, du weißt all das, was gerade passiert. Aber ich halte daran fest, du bist gut, du bist gut, und du bist mein Herr. Ich bleibe bei dir und warte still.
Wir leben in einer Phase, in einer Zeit, in der es, glaube ich, noch einmal einen Ticken schwerer geworden ist, still zu sein vor Gott und vor ihm zu warten. Denn wir leben in einer Zeit der Selbsthilfe. Du bekommst ständig diese Mantras, diese – ich nenne es einfach mal – Lügen unserer Zeit und unserer Gesellschaft um die Ohren geworfen.
Ihr habt das sicher schon gehört. Das sind diese Hashtag-Phrasen: Hashtag „Hey, lebe dein bestes Leben“, Hashtag „Folge deinem Herzen“, Hashtag „Lebe deinen Traum“, Hashtag „Live the life“, „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ oder „Du bist der Architekt deines Lebens“. Pack es an, think big, mach was!
Wenn du in so einer Phase bist, siehst du all die tollen Stories von Menschen, die scheinbar das perfekte Leben haben. Die es anpacken, ihr Leben umkrempeln, sich selbst verwirklichen, Erfolg haben, ihren Traum leben und Gesundheit sowie Geld besitzen. Und dann siehst du dich im Vergleich zu diesen Menschen und denkst: Alter, ich bin so ein Loser, weil mein Leben einfach nur Schrott ist. Mein Leben ist nicht so toll wie das. Ich kann keinen Champagner am Strand trinken, habe keine dicke Yacht, meine Freunde sehen nicht so schön aus, und ich habe überall Pickel.
Du denkst: Ich bin ein Loser, ich bekomme mein Leben nicht in den Griff. Also auf geht’s, ich muss was machen, packen wir es an. So greifst du entweder zu so einem Instagram-Kurs, den dir irgendjemand anbietet, oder zu einem Selbsthilfebuch. Da heißt es dann: Komm, such nach deiner Wahrheit, schau in dich rein und lebe deine Wahrheit.
Das ist so eine Spannung, in der wir leben. Leute, ich will das mal einfach klar auf den Punkt bringen. Ich muss einfach mal schwarz-weiß sprechen – und ihr wisst, ich bin normalerweise nicht so schwarz-weiß. Aber wisst ihr, so viele Selbsthilfebücher, so viele Kurse und schlaue Ratgeber, die dir sagen: Hey, mach dein Ding, zeigen, wie kaputt die Menschen in unserer Gesellschaft sind. So kaputt sind die Menschen in unserer Gesellschaft. Es ist echt, wie Jesus gesagt hat: Blinde führen Blinde.
Und trotzdem glauben wir so oft daran, dass dort vielleicht doch die Rettung zu finden ist. Wenn ich mich nur irgendwie selbst verwirkliche, wenn ich mich nur selbst finde, wenn ich nur selbst etwas machen kann, dann kann ich es irgendwie schaffen. Und dennoch sind wir mit Dingen konfrontiert, bei denen wir merken: Sorry, hier kann ich einfach gar nichts machen. Hier bin ich hilflos. Ich kann nicht.
Deshalb finden wir ein so befreiendes, so unglaublich befreiendes Konzept in den Schriften, gerade im Alten Testament, aber auch im Neuen Testament – eigentlich die ganze Bibel hindurch. Es ist kein Schauen nach innen, kein „Ich muss mich selbst finden“, kein „Ich muss mich selbst entdecken“, kein „Ich kann alles“, kein „Such nach der Wahrheit in dir“, kein „Mach dein Ding“. Stattdessen ist es ein ehrliches Reflektieren und das Zulassen von Trauer.
Dieses Zulassen von: Hey, nein, mein Leben ist gerade nicht so toll. Mein Leben ist kein Glamourleben, mein Leben ist ziemlich einfach. Und ganz ehrlich gesagt: Mein Leben ist gerade ziemlich bescheiden. Da ist Ehrlichkeit drin. Und Gott lädt dich ganz bewusst ein, ehrlich zu sein.
Er will überhaupt nicht, dass du ein frommes Theater vor ihm spielst. Er lädt dich ein, all deinen Frust, deine Angst und dein Warten rauszuhauen. Lest die Psalmen! Das ist ein dauerndes Schreien nach Gott.
Ich möchte euch einen Vers aus Micha vorlesen. Der Prophet im Alten Testament sagt: „Ich aber will nach dem Herrn ausschauen, ich will warten auf den Gott meines Heils; mein Gott wird mich erhören.“
Merkt ihr diesen starken Kontrast? Es geht nicht darum, in sich selbst nach einem Licht zu suchen oder nach irgendeiner Wahrheit in sich drin. Stattdessen schaue ich hinaus, ich schaue auf diesen Gott und suche ihn mit allem, was ich habe. Ich suche ihn, weil er mich retten kann. Ich selbst kann das nicht; er muss mich retten.
In unserer Zeit ist es schwer, still zu werden und auf diesen Gott zu warten. Denn er ist kein Instant-Gott. Gott lässt sich oft Zeit, er hat sein eigenes Timing. Aber es ist seine Einladung.
So ist Advent. Um den Bogen zurückzubringen: Advent ist eine Einladung. Die Einladung, auf eine Reise zu gehen – nicht eine Reise zu dir selbst, nicht eine Reise der Selbstentdeckung oder persönlichen Erfüllung. Sondern es ist die Reise zur Erweckung deiner Seele und zur Begegnung mit der Seele Gottes.
Advent erzählt keine Geschichte darüber, was wir tun können, wenn wir es uns nur richtig vornehmen. Ja, wir können viel tun, und es ist gut, wenn wir Dinge anpacken. Aber es gibt viele Grenzen, die wir erkennen müssen.
Advent ist ganz klar eine Geschichte darüber, dass wir uns nicht selbst retten können. Nur Gott kann uns retten. Es ist die Geschichte Gottes, der in unsere Geschichte kommt, um uns zu lieben, zu heilen und aus unserer Verlorenheit und Armut zu retten. Advent gibt uns Hoffnung und zeigt uns, dass wir nicht stark genug sind – aber Gott ist es.
Advent offenbart auch Gottes brennendes Verlangen und zeigt sein Herz und seinen Plan. Er will uns genau dort treffen, wo wir gerade stehen und sind. Es ist eine Geschichte von Demut: Wir müssen uns eingestehen, dass wir Hilfe brauchen, dass wir einen Retter brauchen und nicht alles allein schaffen können.
Unsere Aufgabe in dieser Geschichte besteht darin, das Ausmaß dieser liebevollen Einladung anzunehmen und mit einem Ja darauf zu antworten. Advent erinnert uns daran, auf Gott zu vertrauen und nicht auf uns selbst – denn er ist es, der uns rettet, nicht wir uns selbst.
Und vielleicht waren die Worte aus dem Propheten Jesaja, die Sonja uns gerade vorgelesen hat, auch Worte, die Elisabeth häufig in Erinnerung gerufen hat. Ich möchte euch noch einmal die letzten Verse vorlesen. Es sind sehr bekannte Verse, vielleicht habt ihr sie an der einen oder anderen Stelle schon einmal gehört.
Da heißt es: „Warum sagst du, Jakob, und sprichst du, Israel: Mein Weg ist verborgen vor dem Herrn, und meinem Gott entgeht mein Recht? Hast du es nicht erkannt oder hast du es nicht gehört? Ein ewiger Gott ist der Herr, der Schöpfer der Enden der Erde. Er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist seine Einsicht. Er gibt dem Müden Kraft und dem Ohnmächtigen mehrt er die Stärke. Jünglinge ermüden und ermatten, und junge Männer straucheln und stürzen, aber die auf den Herrn hoffen, gewinnen neue Kraft. Sie heben die Schwingen empor wie die Adler, sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht.“
Stellt euch vor, ihr seid in einem fremden Land, in einer fremden Kultur, weit weg von daheim. Ihr wisst, eure Heimat gibt es nicht mehr. Sie ist platt gemacht, alles abgebrannt, alles abgefackelt. Die wenigen Leute, die mit euch da sind, sind so die einzigen aus eurem Volk, die überlebt haben. Wahrscheinlich ist der Großteil eurer Familie einfach getötet worden.
Das ist der Kontext, in den Jesaja diese Verse stellt. Israel ist im Exil. Es ist von den Babyloniern angegriffen worden, Jerusalem ist gefallen, ist niedergemacht worden, alles ist niedergerissen worden. Diejenigen, die überlebt haben, sind gefangen nach Babylon geschickt worden – oder besser gesagt nach Babylonien – und dort wurden sie neu angesiedelt. Das war damals so die Strategie, wie sie Völker auseinandergerissen haben.
Und jetzt sind diese Israeliten schon viele, viele Jahre im Exil. Sie rufen jetzt zu Gott und sagen: „Gott, warum, warum hörst du uns nicht? Warum kommst du uns nicht zur Hilfe? Wie lange müssen wir noch warten, bis du eingreifst, bis du uns hier siehst in all diesem Elend, in dem wir sind?“
Es ist eigentlich, wenn wir es uns mal überlegen, empörend, dass sie so sprechen. Denn sie waren ja selbst schuld daran. Gott hat sie immer wieder gewarnt und gesagt: „Kehrt um von euren Wegen!“ Und sie wollten und wollten nicht hören. Bis Gott diese Babylonier genutzt hat, um Gericht zu üben und sie in die Gefangenschaft zu führen.
Aber jetzt begegnet Gott ihnen. Gott ist nicht dieser Gott, der sagt: „Ha, ha, hab ich euch gesagt, ihr seid selber schuld, jetzt guckt, wie ihr klarkommt.“ Sondern Gott sagt: „Wie kommt ihr darauf? Wie könnt ihr das sagen, dass ich euch nicht hören würde? Siehst du es nicht? Hast du es noch nicht verstanden? Weißt du nicht, wer Gott ist? Weißt du nicht, mit wem du es zu tun hast?“
„In deinem Warten erinnere dich daran, wer dieser Gott ist, mit dem ihr es zu tun habt.“ Gott begegnet ihnen in Freundlichkeit und Gnade. Dann zeigt er ihnen ein bisschen auf, wer er ist. Er zeigt: Gott ist ewig. Gott war schon immer und Gott wird immer sein. Das allein sprengt unser Vorstellungsvermögen. Wir können uns nicht vorstellen, dass es ein Wesen gibt, das ewig ist.
Aber Gott war schon immer und er wird immer sein. Und er hat alles erschaffen, alles kommt von ihm. Meinst du dann, dass er dich nicht kennt? Meinst du, er sieht dich nicht? Ein ewiger Gott, der alles erschaffen hat, der ewige Schöpfer, der niemals müde wird, der eine Kraft hat, die unerschöpflich ist.
Dieser Gott wird nie müde. Dieser Gott schläft nicht einfach so vor sich hin und denkt: „Was passiert jetzt?“ Er ist immer da. Jesus hat es so gesagt: Er kennt jeden Spatz, der hier über die Wiese fliegt, und alle Haare auf deinem Kopf sind gezählt. Dieser Gott weiß um alles in dir, auch in deinem Warten.
Und das sagt er den Israeliten, die gerade durch ihre Zeit der Bestrafung gehen müssen: „Ich bin bei euch. Ja, es ist gerade hart, aber ich bin da. Vergesst das niemals und vergesst niemals, wer ich bin.“ Sein Verständnis, sein Wissen sind unergründlich. Du hast es hier mit einem Gott der Superlative zu tun. Es gibt keinen wie ihn.
Und deswegen, in deinem Warten, vergiss nicht, wer dieser Gott ist. Erinnere dich daran, in deinem Schmerz, in deinen Umständen, in deinem Warten. Du musst wissen, wer dieser Gott ist. Erinnere dich an ihn, schaue auf ihn, warte auf ihn, hoffe auf ihn.
Und was macht dieser Gott? Er gibt dem Müden Kraft. Und dem, der nicht weiterweiß, der ohne Macht ist, also dem Ohnmächtigen, der vollkommen geschwächt ist, dem gibt er neue Stärke. Menschliche Kraft wird versagen. Verlasst euch nicht auf eure eigenen Möglichkeiten. Selbst die Kräftigen werden schwach.
Aber Gott ist ewig, er wird niemals müde. Da heißt es sogar: „Jünglinge ermüden und ermatten, und junge Männer straucheln und stürzen.“ Und ja, da ist ganz viel Kraft in jungen Männern. Wenn ich den Text lese, muss ich an Benny denken. Er ist so ein Kraftbündel, jung, voller Power. Aber auch Benny wird einmal müde werden. Er kann nicht ewig.
Aber Gott kann ewig. Gottes Kraft geht niemals aus. Und wer auf ihn hofft oder auf ihn harrt – das ist dieses alte Wort, das wir heute kaum noch benutzen, aber es ist ein schönes Wort – „harren“ bedeutet hoffen, warten und vertrauen.
Wer das tut, der gewinnt neue Kraft. Er schwebt, er läuft – also rennt – und er geht. Das ist das Versprechen, das ist das Versprechen von Gott. Warte auf Gott, und du gewinnst neue Kraft. Darauf könnt ihr Gott festnageln. Ihr könnt sagen: „Gott, du hast das gesagt, und ich will darauf vertrauen.“
Was bedeutet das jetzt praktisch? Ich möchte euch drei Aspekte mitgeben, wie wir dieses Warten, dieses Hoffen mit Leben füllen können. Was bedeutet es, dass wir auf Gott warten?
Der erste Aspekt ist: Warten bedeutet Gehorchen, also Hören auf Gott. Warten bedeutet Hören. Als meine Jungs noch klein waren, sind wir öfter mal klettern gegangen – mit Gurt, Seil und am Felsen. Ich erinnere mich, dass ich sehr oft gesagt habe: „Ihr wartet jetzt!“ Damit meinte ich nicht, dass sie sich nur hinsetzen und irgendwie warten sollen, sondern es hatte ganz klar den Aspekt, dass sie auf mich hören.
Denn wenn sie weiter herumturnen würden, könnte jemand abstürzen, und das wäre nicht gut. Warten beinhaltet also immer auch Hören. Ich höre auf Gott. Warten bedeutet, auf Gott zu hören, nicht einfach vorauszulaufen in meinem Warten, sondern zu sagen: „Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.“
Nehmt zum Beispiel Elisabeth, die treu in ihrem Warten ist und weiterhin das tut, was richtig ist, auch wenn sie warten muss. Sie bleibt an Gott dran, hört auf ihn und unterstellt ihrem Willen seinen Willen. Das ist das Schwerste, was es gibt – jemand hat mal gesagt: Das schwerste Geben ist das Aufgeben. Du kannst Gott Geld geben, Gelübde ablegen oder Zeit schenken, aber ihm dein Leben zu geben und zu sagen: „Okay, Gott, mein Leben gehört dir, und ich höre jetzt auf dich“ – das ist mit das Schwerste. Aber es ist ein ganz wichtiger Aspekt vom Warten: Im Warten auf Gott zu hören und zu gehorchen.
Der zweite Aspekt von Warten ist: Entspannen. Wir entspannen in unserem Warten. Es ist in deinem Warten, dass du sagst: „Okay, Gott, dein Zeitplan, nicht meiner.“ Ich habe meine Vorstellungen, meinen Zeitplan und meine To-do-Liste, aber Gott, es ist dein Zeitplan, nicht meiner. Warten bedeutet nicht nur, sich an Regeln zu halten und ungeduldig zu sein, weil es endlich weitergehen soll. Warten heißt, die Ordnung Gottes in meiner Geschichte zu akzeptieren. Ich akzeptiere, dass ich es nicht besser weiß und dass du, Gott, der Herr bist, nicht ich.
Der entspannende Faktor bedeutet, deine Sorgen vor Gott niederzulegen und zu sagen: „Ich bin ruhig in meinem Warten.“ Ja, ich habe noch nicht das bekommen, was ich mir so sehr wünsche, ja, meine Situation hat sich noch nicht verändert, aber ich bin jetzt ruhig, weil ich weiß, du bist der Herr der Zeit, und ich kann in dir zur Ruhe kommen.
Sorge ist immer ein Widerstand gegen Gottes Herrschaft. Jemand hat mal gesagt: Sorge ist temporärer Atheismus. Wenn du dich sorgst, schaltest du deinen Glauben für den Moment aus, weil du sagst: „Eigentlich glaube ich nicht, dass du wirklich alles in deiner Hand hast, deswegen muss ich mich jetzt sorgen.“ Luther soll das mal zu seinem Freund Philipp Melanchthon gesagt haben, der sich viel sorgte: „Philipp, warum sorgst du dich so viel? Gott hat die Welt nicht erschaffen, damit du sie aufrechterhältst.“
Das ist etwas, das wir uns immer wieder sagen müssen: Nein, durch unsere Sorgen halten wir nichts aufrecht. Wir dürfen ruhig sein. Sorgen, Ängste und Befürchtungen bedeuten immer: „Wenn ich für die Geschichte verantwortlich wäre, würde ich es besser machen als du, Gott, ich wüsste genau, was passieren müsste.“ Aber sobald du dich unter die Herrschaft nicht nur des Herrn des Gesetzes, sondern auch des Herrn der Geschichte und des Herrn der Zeit stellst, kannst du voller Freiheit sagen: „Ich kann mich entspannen.“
Hast du es nicht erkannt oder gehört? Ein ewiger Gott ist der Herr. Je mehr du diesen Gott kennenlernst, desto mehr wirst du dich entspannen können. Deshalb möchte ich euch schon jetzt herzlich einladen – ich sage es immer wieder: Lest eure Bibel! Lernt Gott kennen! Lest die Geschichten aus dem Alten Testament, wo ihr seht, wie Gott handelt. Lernt ihn kennen und merkt euch: Gott hat seinen Plan, und er wird auch mit dir zu seinem Plan kommen.
Wenn Gott sagt: „Hast du vergessen, wer ich bin?“, dann heißt das, du musst erst mal wissen, wer er ist. Deswegen lernt diesen Gott kennen und sucht ihn. Ich selbst habe mir schon seit langer Zeit zur Gewohnheit gemacht, alle zwei Jahre die Bibel durchzulesen. Ich möchte euch herzlich einladen: Wenn ihr sagt, „Ich habe das noch nie gemacht“ oder „Ich habe Lust, mal wieder durchzulesen“, dann fangt einfach am Jahresanfang mit einem Bibelleseplan an.
Es gibt zum Beispiel die U-Version mit Bibelleseplänen, die wir euch per WhatsApp schicken können. Ihr könnt euch einfach anmelden, und dann lesen wir gemeinsam durch die Bibel. Ein Jahr ist lang, aber ihr wartet auch ein Jahr lang. Von daher ist ein Jahr Bibel lesen sicher profitabler. Ihr werdet Gott ein Stück weit mehr kennenlernen, und das ist so wichtig, denn je mehr ihr ihn kennt, desto mehr könnt ihr in ihm entspannen und zur Ruhe kommen. Ihr wisst dann: „Okay, Gott, du bist so groß, du siehst mein kleines Leben, und ich bin sicher in deiner Hand.“
Der dritte Aspekt von Warten: Wir hatten jetzt, dass Warten bedeutet, auf Gott zu hören und in Gott zu entspannen. Der dritte Aspekt ist: Warten bedeutet erwarten. Hoffen oder Warten auf Gott bedeutet, dass du, wenn es wirklich wahr ist, dass die Gegenwart Gottes einen heilenden und stärkenden Einfluss auf dein Leben hat, hohe Erwartungen haben darfst.
Nicht an das, was du tun kannst, sondern an das, was Gott tun kann. Das Problem ist, dass viele von uns Pessimisten sind. Du schaust auf die Probleme in deiner Familie, in der Gesellschaft, in der Welt und vielleicht auch auf die Probleme in deinem eigenen Leben und Glauben und sagst: „Es ist ja alles nichts, und so ist es eben, da wird sich auch nichts ändern.“ Das ist Pessimismus.
Ist dir klar, wenn du so denkst, dass du Gott nicht als Gott behandelst? Du traust Gott nichts zu. Du sagst: „Es ist, wie es ist, und Gott wird nichts daran ändern, weil er entweder nicht interessiert ist oder es nicht kann oder was auch immer.“ Du machst Gott klein damit. Warte auf deinen Gott und erwarte Großes von deinem Gott!
Wenn Gott wirklich der ist, der die Kraftlosen aufsteigen lässt, sie laufen und gehen lässt, dann glaube ihm und wende dich aktiv gegen deinen Unglauben. Gott ist nicht nur eine Idee oder eine kulturelle Institution, die dir hilft, ein moralisch hochstehendes Leben zu führen. Gott ist da. Er ist der mächtige Herrscher.
Wir gehen jetzt auf Weihnachten zu, und was wir an Weihnachten feiern – nicht das Datum, sondern das, was Weihnachten bedeutet – ist ein historischer Fakt: Gott wird Mensch. Er lebt unter uns, wirkt unter uns, leidet unter uns, wird von uns getötet, aber er steht auf zu neuem, ewigem Leben für uns.
Wenn das dein Gott ist, der den Tod besiegt hat und dich einlädt zu ihm zu gehören, dann warte auf deinen Gott und erwarte Großes von deinem Gott! John Newton, der Verfasser des Liedes „Amazing Grace“, hat viele Lieder geschrieben. Ein schönes Lied möchte ich euch mit einer Zeile vorstellen. Ich lese sie erst auf Englisch vor, weil das alte Englisch schön klingt und sich reimt:
„Though art coming to a King, large petitions would we bring, for his grace and power as such none can ever ask too much.“
Übersetzt heißt das: „Du kommst zu einem König, bringe große Bitten mit dir, denn seine Gnade und Macht sind so groß, keiner kann je zu viel erbitten.“
Leute, wir haben es mit einem großen Gott zu tun. Wir dürfen Großes von ihm erwarten. Warte auf Gott und erwarte Großes von deinem Gott! Advent bedeutet warten, und warten beinhaltet diese drei Aspekte: hören, entspannen und erwarten.
Warte auf den Herrn – und wenn du das tust, was sagt er dann? Was wird passieren? Er hat gesagt, er wird deine Kraft erneuern. Du wirst schweben, du wirst laufen, du wirst gehen.
Es ist ein bisschen seltsam, als kleine Randnotiz, dass das hier eine Abwärtsbewegung ist. Du würdest erwarten, wenn jemand am Boden liegt und nicht mehr kann, dass er erst geht, dann läuft und dann schwebt. Aus irgendeinem Grund hat Jesaja es anders gemacht. Vielleicht geht es um Ausdauer.
Manchmal wirst du aufsteigen und schweben, und alles ist leicht. Es wird Zeiten geben, da wirst du rennen und Gas geben. Aber was du immer tun kannst, ist laufen. Du wirst immer in der Lage sein, alles zu überstehen, wenn du auf Gott wartest. Das ist sein Versprechen: Warte auf ihn!
Und Lukas beginnt die Adventsgeschichte genau an der Stelle, wo Elisabeth, eine unfruchtbare alte Frau, lebt. Ihre Träume sind zerplatzt, und sie hat keine Hoffnung mehr. Dennoch wartet sie, indem sie auf Gott hört.
Elisabeth wird als eine gläubige, untadelige Frau beschrieben, die in Gott ruht. Sie vertraut ihr Leben und ihre Zeit diesem Gott an und erwartet Großes von ihm.
Lukas will uns daran erinnern, dass Heilung gerade in unserem Schmerz und in unserer Dunkelheit beginnt. Gleichzeitig zeigt er, dass ein Leben im Geist der Adventszeit bedeutet, auf Gott inmitten dieser Dunkelheit zu warten.
Wir brauchen diese Hoffnung, denn für die wirklich wichtigen Dinge in unserem Leben gibt es meistens keine einfachen Antworten. Wir brauchen Hoffnung, weil wir uns nicht selbst retten können.
Mitten in unserer großen Not bricht das erste Licht einer unglaublichen Nachricht herein: Christus ist da, und Christus kommt wieder. Hör auf ihn, entspanne dich in ihm und erwarte ihn. Denn die Kraft liegt im Warten auf den Herrn.
Wir wollen jetzt wieder eine Zeit der Stille miteinander verbringen. Ihr könnt diese Zeit nutzen, um einfach zu sein – einfach vor Gott zu sein. Wir müssen nicht immer denken oder ständig etwas tun.
Wenn ihr Gedanken aus dieser Predigt mitnehmen möchtet, könnt ihr das jetzt in dieser Zeit tun oder vielleicht auch in der nächsten Woche. Wir haben euch wieder Schritte ins Neuland mitgebracht – in euer Neuland, wo ihr vielleicht neues Terrain betreten möchtet.
Es geht um drei Aspekte:
Nehmt euch Zeit, jeden Tag Gott zu begegnen und auf ihn zu hören. Lernt, im Warten gehorsam zu sein.
Nehmt euch Zeit, jeden Tag in Gott zur Ruhe zu kommen. Lernt, entspannt eure Sorgen abzugeben und auf ihn zu warten.
Nehmt euch Zeit, jeden Tag Gott und seine Rettung zu erwarten. Bittet um Großes und wartet auf ihn.
Das war der Predigt-Podcast von Neuland. Wir hoffen, ihr konntet etwas mitnehmen, einen Schritt in euer eigenes Neuland machen und Gott besser entdecken.
Wenn ihr Fragen habt oder einfach Kontakt zu uns aufnehmen möchtet, schreibt uns gerne eine Mail an hallo@neuland-church.de.
Bis zum nächsten Mal!