Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 82: Nathanael und die Himmelsleiter
Einführung: Die Herausforderung des Glaubens und die Wahrhaftigkeit der Bibel
Gestern sind wir bei Philippus stehen geblieben, der Nathanael auffordert, seine Skepsis gegen einen persönlichen Eindruck von Jesus einzutauschen: „Komm und sieh!“
Ich hoffe, dass ich niemanden mit meinen Ausführungen zur Wahrhaftigkeit der Bibel und dazu, wie man diese Wahrhaftigkeit erkennt, verwirrt habe. Natürlich bin ich davon überzeugt, dass die Bibel Gottes Wort ist. Dafür habe ich gewichtige Gründe, allen voran die in ihr enthaltenen Prophetien, ihre ungeschönte Beschreibung der Wirklichkeit und der einzigartige Weg der Errettung.
Dennoch braucht es für den Menschen auf dem Weg zu Gott nicht nur Beweise für die Inspiration der Bibel. Es braucht immer auch den Schritt des Glaubens, der uns die im Wort Gottes enthaltenen Wahrheiten ganz praktisch zugänglich macht.
Selbst wenn ich beweisen könnte, dass die Bibel in all ihren Aussagen wahr ist – und das kann ich nicht, weil ich nicht allwissend bin – selbst wenn ich ihre absolute Irrtumslosigkeit beweisen könnte, wäre das noch kein Beweis für die Wahrhaftigkeit ihrer Behauptungen. Das gilt solange, bis ich genau das an Beziehung zu Gott erlebe, was sie mir verspricht.
Denn darum geht es eigentlich in der Bibel: Sie will mich hineinbringen in eine Beziehung mit Gott.
Aber hören wir damit auf und wenden uns wieder Johannes zu.
Begegnung zwischen Nathanael und Jesus: Ehrlichkeit als Grundlage der Offenbarung
Johannes 1,46-47: Nathanael sprach zu ihm: „Aus Nazaret kann doch nichts Gutes kommen?“ Philippus antwortete ihm: „Komm und sieh!“
Jesus sah Nathanael auf sich zukommen und sagte zu ihm: „Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in dem kein Trug ist.“
Das ist ein beeindruckendes Zeugnis, oder? Ein Israelit, in dem kein Trug ist. Nathanael ist eine durch und durch ehrliche Person. Und das war in Israel nicht die Regel. In den Evangelien werden wir noch oft auf Heuchelei und Oberflächlichkeit stoßen. Menschen, die so tun, als würden sie Gott lieben, äußerlich Riten erfüllen, aber innerlich weit von Gott entfernt sind.
So jemand, so ein Heuchler, war Nathanael nicht. Jesus ist davon begeistert.
Johannes 1,48: Nathanael fragte ihn: „Woher kennst du mich?“ Jesus antwortete: „Ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.“
Das ist eine mehr als merkwürdige Antwort, oder? „Ich sah dich unter dem Feigenbaum.“ So spricht ein Prophet, der eine Vision von einem Menschen hat und ihm dann, als er ihm begegnet, von dieser Vision erzählt.
Wenn Jesus sagt, dass er ihn sah, meint er nicht seine äußere Erscheinung, sondern seinen Charakter. Als Nathanael zu Jesus kommt, sagt dieser nicht, er habe sein Gesicht schon einmal gesehen, sondern er weiß, wie es um sein Herz steht – unter dem Feigenbaum.
Wir wissen nicht, was dort passiert ist, aber Nathanael weiß es. Er weiß auch, dass dieser Moment nicht nur sein Herz offenbart hat, sondern dass er unter dem Feigenbaum allein war. Jesus war zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht anwesend.
Noch einmal: Wir wissen nicht genau, worauf Jesus mit dem Feigenbaum anspielt. Aber die Reaktion von Nathanael ist mehr als bemerkenswert.
Die Offenbarung Jesu und die Reaktion Nathanaels
Johannes 1,49: Nathanael antwortete und sprach: „Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels.“
Ups! Der Sohn Gottes, der König Israels – das ist wirklich von null auf hundert. Eben noch fragt Nathanael: „Woher kennst du mich?“ und jetzt diese Aussage?
Nathanael heißt übrigens übersetzt „Gottes Geschenk“ oder „Gottesgabe“. Jesus muss Nathanael damit voll erwischt haben. Ich finde das total spannend. Spannend deshalb, weil Jesus irgendwie genau weiß, wie er aufrichtige Menschen abholen muss, damit sie ihn erkennen.
Und ja, ich habe bewusst „aufrichtige Menschen“ gesagt. Das scheint mir eine Voraussetzung dafür zu sein, dass Jesus sich uns offenbaren kann. Selbstbetrug und Heuchelei machen es dem Messias schwer, in unser Leben hineinzusprechen.
Nathanael jedenfalls ist begeistert – vielleicht sogar ein bisschen zu sehr. Jedenfalls bekommt man diesen Eindruck, wenn man Jesu Antwort hört.
Johannes 1,50: Jesus antwortete und sprach zu ihm: „Weil ich dir sagte, ich sah dich unter dem Feigenbaum, glaubst du, du wirst Größeres als dies sehen?“
Es gibt mehr zu erleben als ein prophetisches Wort.
Johannes 1,51: Und er spricht zu ihm: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr werdet den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen.“
Amen, Amen, wahrlich, wahrlich.
Die Himmelsleiter: Die Verbindung von Himmel und Erde in Jesus Christus
Und was jetzt kommt, klingt vielleicht komisch, ist aber sehr wichtig und ein echter Hammer, wenn man kurz darüber nachdenkt. Jesus spricht zu den ersten Jüngern, von denen wir annehmen dürfen, dass sie das Alte Testament sehr gut kennen.
Es gibt eine Erzählung in 1. Mose 28, in der Jakob vor seinem Bruder Esau flieht. Während der Flucht muss er im Freien übernachten und hat einen Traum. In 1. Mose 28,12-13 und 17 heißt es: "Und er träumte. Und siehe, eine Leiter war auf die Erde gestellt, und ihre Spitze berührte den Himmel, und siehe, Engel Gottes stiegen darauf auf und nieder. Und siehe, der Herr stand vor ihm und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks."
Da erwachte Jakob aus seinem Schlaf und sagte: "Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich habe es nicht erkannt." Er fürchtete sich und sagte: "Wie furchtbar ist diese Stätte! Dies ist nichts anderes als das Haus Gottes und dies die Pforte des Himmels."
Das ist die Geschichte, auf die Jesus anspielt. Ich sage "anspielt", weil Jesus nicht wörtlich meint, dass die Engel Gottes auf und niedersteigen werden. Wenn Jakob von den Engeln träumt, zeigt ihm dieser Traum, dass der Ort ein besonderer Ort ist – der Ort, an dem Gott gegenwärtig ist. Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, wird ihm durch den Traum klar. Deshalb ist der Ort selbst das Haus Gottes, eine Pforte zum Himmel.
Genau das will Jesus hier im Gespräch mit Nathanael und den anderen, die zuhören, zum Ausdruck bringen. Ihr werdet Größeres sehen. Es ist wunderbar, wenn ihr erkennt, dass der Messias vor euch steht, der Sohn Gottes und der König Israels. Aber es gibt mehr.
Jesus ist als Person das Haus Gottes. Er ist als Person die Pforte zum Himmel. Jesus zu begegnen heißt, Gott zu begegnen – so wie Jakob in seinem Traum Gott vor sich sah. So sehen die Jünger Jesus vor sich stehen, aber indem sie Jesus anblicken, blicken sie Gott an.
Gott wird Mensch, und wo dieser Mensch ist, dort ist das Haus Gottes. Dort ist die Pforte zum Himmel, dort findet Begegnung mit dem Schöpfer statt. Jesus, der Sohn des Josef aus Nazareth, ist der Sohn des Menschen. Er ist der Punkt, an dem sich Himmel und Erde berühren, wo Gott uns zum Greifen nahe kommt.
Abschlussgedanken und Segenswünsche
Man könnte sich die Frage stellen, wie Jesus dich bei einer Begegnung charakterisieren würde.
War das alles für heute? Falls du aufgehört hast, Bibelverse auswendig zu lernen, könntest du heute wieder damit beginnen.
Der Herr segne dich, lass seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.