Es ist Ferienzeit, und ich habe für euch eine vierteilige Reihe zum Thema Gebet vorbereitet.
Diese Reihe bietet Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, sowie praktische Impulse für deine Nachfolge und deinen geistlichen Alltag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um das Gebet.
Die Bedeutung des Gebets und erste Erfahrungen
Als die beiden bei uns ihr Praktikum gemacht haben, war es Pflicht, eine Stunde zu beten. Warum? Ja, weil du das lernen musst. Wir sind ja noch nicht bei spannenden Dingen wie dem nächtlichen Durchbeten angekommen.
Versteht ihr, eine Stunde ist erst einmal so: Jetzt weiß ich, wie es geht. Und der Clou ist, dieses Modell funktioniert auch für eine halbe Stunde oder für eine Viertelstunde. Allerdings wird deine Seele an dieser Stelle nicht satt. Das wirst du merken, wenn du regelmäßig lange genug betest, um an den Punkt zu gelangen, an dem deine Seele sagt: „Wow, so fühlt sich das an!“
Das ist wie beim Schwimmen im See, wenn es schön warm ist. Es gibt so einen Moment, in dem man einfach vor sich hin schwimmt und denkt: „Boah, jetzt ist es schön.“ Man kommt ganz an in einem fast meditativen Moment des Schwimmens. So ist es auch beim Gebet: Es gibt einen Moment, in dem deine Seele sagt: „Jetzt bin ich satt, meine Sorgen sind weg, jetzt bin ich angekommen. Boah, ist das schön!“
Bei mir kommt dieser Moment nach etwa einer Stunde bis einer Stunde fünfzehn Minuten, also anderthalb Stunden. Da bin ich an so einem Punkt. Das musst du ab und zu mal erleben, denn sonst kannst du das nicht genießen. Genuss entsteht dadurch, dass man etwas schmeckt. Siehe, wenn du nie geschmeckt hast, was es heißt, in der Gegenwart Gottes wirklich anzukommen, dann kannst du es nicht genießen. Und das geht nun mal durch Gebet.
Wenn du das nicht erlebst, wirst du an der Stelle ein Leben führen, in dem Gott irgendwie zur Last wird. Dann wird wirklich substanziell etwas fehlen.
Ich schmunzle gerade, weil ich weiß, was noch alles kommen könnte.
Wir schlagen auf Jakobus 4,2 auf.
Gebet als entscheidender Faktor im Leben
Warum ist das alles so unglaublich wichtig? Es ist deshalb so bedeutsam, weil das Gebet über dein Leben entscheidet. Ich weiß nicht, ob wir das ernst genug nehmen, was in Jakobus 4,2 steht. Dort heißt es: "Ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet." Diesen Vers solltest du mindestens auswendig lernen.
Es ist nur ein halber Vers, also eigentlich ein Geschenk, fast schon eine Kleinigkeit. "Ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet." Das sind nur sieben Worte, die kann man sich leicht merken: "Ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet."
Denke an dein Leben und überlege, wo du dir Dinge wünschst. Frag dich dann: Kann es sein, dass ich an den Stellen, die mir wirklich wichtig sind, im Gebet nicht hinterher bin? Natürlich darf Gott Gebete auch mal nicht erhören – zumindest nicht so, wie wir uns das vorstellen. Aber bin ich überhaupt dran, wenn es um die Gebete an den wichtigen Stellen geht? Oder denke ich nur: "Das wird schon irgendwie"?
Das ist die entscheidende Frage. "Ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet."
Es ist sehr wichtig, dass ich als jemand, der irgendwo Verantwortung trägt – und wir alle sind auf irgendeine Weise Leiter – diese Wahrheit verstehe. Wir leiten uns selbst, vielleicht eine Familie mit Kindern, wir tragen Verantwortung im Job, in der Gemeinde oder in einem Verein.
Die zentrale Rolle des Gebets im Leben und in der Führung
Du musst verstehen: In deinem Leben kommt es nicht auf deine Strategie an. Im Moment gibt es viele Bücher mit Titeln wie „Fünf Punkte zum Irgendwas“. Diese „Ich-kann-mich-selber-optimieren“-Bücher sind gerade sehr beliebt. Du darfst solche Bücher gerne lesen. Ich muss dir nur sagen, dass sie dir wahrscheinlich nicht viel bringen werden.
Hier und da findest du einen Tipp, den kannst du mitnehmen. Zum Beispiel: „Räum erst dein Zimmer auf, bevor du die Welt retten willst.“ Das klingt vernünftig. Solche Ratschläge gibt es schon. Aber wenn du sagst: Ich möchte ein komplettes Leben führen. Ich möchte ein Leben gewinnen und in diesem Leben den Weg finden, den Gott für mich hat – ohne an einen vorgezeichneten Weg zu denken –, dann ist das etwas anderes.
Ich denke an ein dynamisches „Wer bin ich?“, „Was wünsche ich mir?“ und an Gott, der das sieht und sich dazustellt. Ich möchte diesen Weg gehen: einen Weg der Berufung, einen Weg der Heiligung, letztlich einen Weg, auf dem ich für andere Menschen zum Segen werde.
Wenn das dein Ziel ist, gibt es nur eine einzige Sache, die du nicht falsch machen darfst: das Gebet. Ob du all diese klugen Bücher gelesen hast, ist irrelevant. Ich lese gerne Bücher, also niemand soll denken, ich sei gegen Bücher. Ich bin total dafür. Ich lese auch viele kluge Bücher. Aber am Ende reduziert sich dein Leben auf dein Gebetsleben.
Denn du wirst die Probleme deines Lebens nicht in den Griff bekommen ohne Gebet. Du wirst deine Ängste nicht in den Griff bekommen ohne Gebet. Du wirst deine Träume – ob sie gut oder schlecht sind – nicht in den Griff bekommen ohne Gebet.
Gebet als Lebensstil und Quelle der Ermutigung
Und ich möchte euch hier für mehr Gebet gewinnen, weil ich glaube, dass wir in einer Gesellschaft leben, die einfach viel, viel, viel zu wenig betet. Deshalb ist es so wichtig, dass wir verstehen, wenn es in der Bibel heißt: 1. Thessalonicher 5,17 – betet ohne Unterlass oder unablässig. Das ist ernst gemeint.
Gebet ist ein Lebensstil. Gebet ist das, was ich morgens tue, wenn ich wach werde. Es gibt auch eine regelmäßige Gebetszeit, die ich in mein Leben einbaue, wenn ich Zeit habe. Wenn ich Bibelverse wiederhole, ist das letztlich der Anfang zum Gebet. Wenn ich die Bibel lese, ist das der Anfang von Gebet.
Ich weiß nicht genau, wie ich euch dafür gewinnen kann. Versteht ihr? Ich kann euch nur zeigen, dass im Leben von unserem Herrn Jesus eine Sache besonders heraussticht, und das ist sein Gebetsleben. Das ist es, was ihn auszeichnet: Immer wieder in die Gegenwart des Vaters treten, immer wieder zurück zur Quelle gehen, sich immer wieder neu ermutigen, befruchten und kräftigen lassen. Immer wieder neu Hoffnung für den nächsten Schritt geschenkt bekommen.
Ihr erlebt genug Entmutigung in eurem Leben. Aber die Frage ist: Bekommt ihr auch genug Ermutigung? Die Entmutigung kommt ganz von alleine. Du wirst älter, hast schwierige Geschwister in der Gemeinde, Streit in der Familie. Dann fängt irgendwo etwas an, etwa dass es dir körperlich nicht so gut geht oder auf der Arbeit funktioniert etwas nicht. Das kommt von ganz alleine. Das nennt sich Nichtigkeit, das ist in dieser Welt eingebaut.
Aber die Frage bleibt: Hast du genug Ermutigung?
Die Verbindung von Liebe, Gewohnheit und Gebet
Und eigentlich lautet die Frage: Liebst du Gott wirklich, oder behauptest du das nur? Meine Sorge ist, dass viel zu viele Christen gar nicht wissen, wie man Gott liebt. Der Grund dafür ist, dass sie keine Gewohnheiten haben, die diese Liebe fördern. Das ist das Problem.
Man kann das vergleichen mit Ehemännern, die keinen Eheabend planen. Nein, dann liebst du deine Frau nicht. Punkt. Vielleicht denkst du: „Ich brauche doch keinen Eheabend, um meine Frau zu lieben.“ Doch genau das brauchst du, weil dein Herz nicht auf deine Frau ausgerichtet ist, solange du nicht Gewohnheiten in deinem Leben hast, die genau das fördern.
Es muss ja kein großer Eheabend sein. Ich garantiere dir aber, dass dir in deinem Herzen etwas fehlen wird, wenn du das nicht hast. Kannst du sagen, das ist dogmatisch? Nein, das ist mir völlig egal. Probier es doch einfach aus. Mach es, und du wirst feststellen, dass es nicht so einfach ist, wenn du es nicht tust.
Einmal in der Woche miteinander ausgehen, sich anlächeln, schöne Dinge sagen, einander feiern, die Ehe genießen – mach das einmal die Woche und schau, wie sich deine Ehe verändert. Und sollte ich mich irren und es bringt nichts, dann wart ihr halt vorher schon glücklich. Aber alle anderen werden ehrlich etwas davon haben.
Genauso ist es mit Gott: Kein Gebet bedeutet keine Gewohnheit, die dein Leben auf Gott ausrichtet. Und keine Ausrichtung auf Gott heißt keine Liebe.
Du singst dann vielleicht Lieder mit, weil man sie mitsingt, aber in deinem Herzen entsteht nichts, kein Resonanzboden. Dieser entsteht nur, wenn du alleine vor Gott bist und darüber nachdenkst, was es bedeutet, dass ich zum Beispiel El Roy bin – der Gott, der mich sieht (1. Mose 16,13). Wenn du über deine Sünde weinst, weil du sagst: „Mann, ich versuche jetzt seit einem dreiviertel Jahr abzunehmen, aber ich kriege es einfach nicht hin. Vater, ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich war heute Morgen wieder auf der Waage, und es ist wieder ein halbes Kilo mehr. Ich schaffe es nicht. Ich verstehe es nicht, weil ich so viele andere Sachen schaffe, aber an dieser Stelle komme ich nicht weiter.“
Diese Verzweiflung im Gebet vor Gott, wenn Gott sagt: „Hey, wir schaffen das. Trau dir zu, das wird.“ Solche Momente prägen dein Herz auf Gott hin. Nur wenn du solche Momente hast, werden Lieder, Gemeinschaft und das Wort in deinem Leben etwas bewirken.
Gebet als Übung und geistliches Training
Und deswegen heißt es in 1. Timotheus 4,7: Übe dich aber zur Gottseligkeit. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Übe dich zur Gottseligkeit, trainiere sie.
Schau dir 1. Timotheus 4,7 und 4,8 an. Im zweiten Teil, in Vers 8, steht ebenfalls: Übe dich aber zur Gottseligkeit. Nein, das ist noch Vers 7 am Ende. Das heißt: Trainiere Gebet.
Nimm dir das fürs nächste Jahr mit, bis zur nächsten Gemeindefreizeit. Und wenn dann jemand hier vorne steht und dich fragt: „Sag mal, was habt ihr denn letztes Jahr gemacht?“, dann gehen die Arme hoch und die Antwort lautet: „Gebet!“
Woher wisst ihr das? Ja, wir machen das seit einem Jahr. Versteht ihr? Das wäre cool, das wäre das, was ich mir wünschen würde.
Das war's für heute. Nächste Woche geht es mit dem nächsten Vortrag zum Thema Gebet weiter. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.