Einführung und Überblick zum Thema Katholizismus
Es geht also heute Abend um das Thema Katholizismus: Was lehrt die römisch-katholische Kirche?
Nach einigen Vorbemerkungen möchte ich heute Abend hauptsächlich über die Lehren Roms sprechen. Auf der ersten Seite finden Sie die Gliederung. Wir werden nicht alle Punkte gleich stark gewichten, aber besonders eingehen möchte ich auf Offenbarung und Tradition.
Anschließend schauen wir uns an, was die katholische Kirche zum Sündenfall sagt und wie sie diesen versteht. Ebenso behandeln wir die Rechtfertigung, die Sakramente und die Lehre von der kirchlichen Heilsanstalt.
Weiterhin geht es um die Lehre von der Jungfrau Maria, was die Kirche über Heilige sagt, das Papsttum, den Ablass, gute Werke und die Lehre vom Fegefeuer. Auch die Heilsgewissheit wird Thema sein.
Darüber hinaus wollen wir klären, was hinter der katholischen Mystik steht, was es mit der Reliquienverehrung auf sich hat und wie das Zölibat betrachtet wird. Außerdem betrachten wir den Protestantismus aus katholischer Sicht.
Zum Abschluss wollen wir thesenartig zusammenfassen und die sogenannten Partikula exclusiva der Reformation kennenlernen. Dabei handelt es sich um die sogenannten Ausschließlichkeitssätze, die Martin Luther formuliert hat.
Falls die Zeit reicht, werde ich noch kurz auf methodische Hinweise für die Missionsarbeit unter Katholiken eingehen. Die zentrale Frage, die durch den Vortrag beantwortet werden soll, lautet: Ökumene – Hilfe oder Gefahr?
Vorbemerkungen zur Herangehensweise
Wahrheitsanspruch und Kritikfähigkeit
Jetzt zu den Vorbemerkungen auf Seite zwei, römisch erstens: Wir wollen heute Abend unbedingt Lehren und Personen auseinanderhalten.
Was ich heute Abend sagen muss, mag für den einen oder anderen schmerzlich sein, besonders für diejenigen unter uns, die aus katholischem Hintergrund kommen, die in dieser Kirche groß geworden sind und diese Kirche geliebt haben oder noch lieben. Das muss ich sagen, um der Wahrheit willen. Dabei ist es nicht meine Absicht, irgendjemandem unter uns weh zu tun. Ich hoffe, dass das deutlich wird. Mein Anliegen ist es, niemanden zu verletzen, sondern um Gottes Willen die Wahrheit zu sagen.
Wir wissen sehr wohl, dass es auch in der evangelischen Kirche viele Ansatzpunkte für berechtigte Kritik gibt. Ich füge hinzu: Auch in Freikirchen, ganz gleich welcher Couleur, gibt es Kritikpunkte. Auch hier bei uns in der biblischen Gemeinde gibt es Dinge, die nicht so sind, wie Gott sie sich wünscht. Und das gilt auch für mein Leben und das Leben von uns allen – das ist ganz klar.
Kritik an evangelischen Strömungen
Und heute, in vier Wochen, so Gott will, wollen wir uns mit der Theologiegeschichte der evangelischen Kirche beschäftigen. Das ist etwas leichter, denn es umfasst nur knapp 450 Jahre – von Martin Luther bis heute.
Dabei werden wir sehen, dass es um die evangelische Kirche nicht besser bestellt ist. Vielleicht ist es sogar eher schlechter als bei vielen Dingen der römisch-katholischen Kirche.
Ich nenne hier schon einmal einige Ansatzpunkte der Kritik an der evangelischen Kirche vorweg:
Da ist zunächst die liberale Theologie, insbesondere die sogenannte Entmythologisierungslehre von Rudolf Bultmann. Er meint, in der Bibel alle Märchen und Mythen herausfiltern zu müssen.
Dann der Objektivismus von Karl Barth, der sagt, dass durch die Erlösung Jesu am Kreuz alle Menschen auf dieser Erde Christen geworden sind.
Weiter nenne ich die Taufwiedergeburtslehre, genauer gesagt die Säuglingstaufwiedergeburtslehre. Menschen in unserem Land werden von Geburt an, als ob sie in ein Leichentuch eingewickelt wären, in diese Lehre hineingebunden. Wenn sie sechs Wochen alt sind, werden sie über einen Taufstein gehalten, mit Wasser besprengt und ihnen wird immer wieder gesagt: Du bist Christ. Das wirkt wie eine Immunisierung gegen die Botschaft des biblischen Evangeliums.
Auch nenne ich die „Gott-ist-tot“-Theologie von Dorothee Sölle, einer evangelischen Theologieprofessorin in Hamburg, die von Kirchensteuermitteln lebt und diese Theologie lehrt und verbreitet. Ebenso die feministische Theologie und ähnliche Strömungen.
Ihr seht also, es gibt auch in der evangelischen Kirche zahlreiche Ansatzpunkte zur Kritik. Wir wollen heute Abend nicht einseitig nur die katholische Kirche in ein schlechtes Licht stellen.
Grundtendenzen der Großkirchen
Drittens lassen sich die Grundtendenzen der beiden großen Kirchen in Bezug auf ihre Lehren etwa folgendermaßen zusammenfassen. Diese Erkenntnis hat mir sehr geholfen, als ich sie einmal verstanden habe.
Die römisch-katholische Kirche neigt dazu, zum in der Heiligen Schrift geoffenbarten Wort Gottes etwas hinzuzufügen. Fast alle falschen Lehren der römisch-katholischen Kirche sind Ergänzungen zur Bibel, sie sind hinzugefügt oder hinzugedichtet.
Die evangelische Kirche hingegen neigt dazu, vom in der Heiligen Schrift geoffenbarten Wort Gottes etwas wegzunehmen. Das, was wir eben gehört haben, etwa bei Bultmann und anderen, führt dazu, dass die Bibel ausgehöhlt wird. Sie wird ihrer Aussagekraft und ihres Fundamentes beraubt.
In Gottes Augen ist wohl das eine genauso schlimm wie das andere. Denn die Bibel sagt über sich selbst, dass sie vom Geist Gottes eingegeben wurde. Außerdem fordert sie uns auf, nichts hinzuzufügen und nichts wegzunehmen.
Dies steht nicht ohne Grund im letzten Kapitel der Bibel, in Offenbarung 22.
Gemeinschaft der wiedergeborenen Christen
Viertens: Die Gemeinschaft zwischen wiedergeborenen Christen aus verschiedenen Konfessionen ist durch Jesus Christus und das Wort seiner Wahrheit möglich. Diese Gemeinschaft darf und soll selbstverständlich festgehalten und gepflegt werden.
Damit meine ich, dass es innerhalb der römisch-katholischen Kirche wiedergeborene Christen gibt, die zum Glauben gekommen sind und vielleicht zunächst noch ihren Platz dort sehen. Selbst wenn sie ihren Platz immer dort sehen würden, sind sie, wenn sie durch Jesus Christus wiedergeboren sind, Brüder und Schwestern. Dasselbe gilt für die evangelische Kirche und auch für andere Gruppierungen.
Das steht völlig fest: Die Denominationen entscheiden nicht über die Bruderschaft. Gott hat so viele Kinder, wie er wiedergeboren hat, wie er selbst gezeugt hat. Ich habe so viele Brüder und Schwestern, wie Gott Kinder hat. So müssen wir das wohl sehen.
Das Lehrgebäude der römisch-katholischen Kirche
Offenbarung und Tradition als Quellen
Also, soweit die Vorbemerkungen, jetzt zum Schwerpunkt des Abends: Römisch Zweitens, das Lehrgebäude der römisch-katholischen Kirche.
Zuerst wollen wir anschauen, was die Kirche über Offenbarung und Tradition sagt. Hier ist mit Offenbarung nicht die Offenbarung des Johannes gemeint, also das letzte Buch der Bibel. Vielmehr versteht man unter Offenbarung, wie Gott sich offenbart hat, wie er sich mitgeteilt hat und wie er sich zu erkennen gegeben hat.
Die katholische Kirche lehrt, dass als Hauptoffenbarung die Heilige Schrift gilt. Amen, das ist richtig. Die Heilige Schrift ist die Hauptoffenbarung. Dort hat sich Gott geoffenbart. Ohne die Heilige Schrift wüssten wir kaum etwas über ihn. Allenfalls könnten wir ihn als Schöpfer in der Schöpfung erkennen, aber wir wüssten wenig über sein Wesen, etwa dass er Vater ist, und so weiter.
Neben der Heiligen Schrift erkennt die katholische Kirche jedoch auch die sogenannte Tradition als gleichberechtigt an. Tradition bedeutet Überlieferung.
Unter Überlieferung in der Kirchengeschichte versteht man alle Konzilsentscheidungen, die im Laufe der letzten Jahrhunderte getroffen wurden. Konzile sind Versammlungen, bei denen Kirchenführer zusammenkamen, um über bestimmte Fragen nachzudenken und Entscheidungen zu treffen.
Dazu gehören alle Konzilsentscheidungen, alle päpstlichen Erlasse und alle Dogmen. Dogmen sind fest formulierte, fast zementierte Lehrsätze der römisch-katholischen Kirche. Ein Dogma ist unveränderlich.
Heilige Schrift und Tradition sind in dogmatischer Hinsicht und Bedeutung völlig gleichgestellt. Der Katholik sieht die Bibel und die Tradition auf einer Ebene.
Die Problematik der Gleichstellung von Bibel und Tradition
Wolfgang Bühner hat ein sehr gutes Buch über die römisch-katholische Kirche geschrieben. Es heißt „Ich bin auch katholisch – Die Heilige Schrift und die Dogmen der Kirche“. Auf dem Titelbild sieht man ihn hier: Rechts ist die Bibel abgebildet, links die Tradition, also die Überlieferung der Väter. Er hat dort einige Bücher liegen, die ich ebenfalls besitze und die ich heute Abend ebenfalls verwenden werde.
Das ist ein Auszug aus der römisch-katholischen Tradition, aus den letzten sechzehnhundert Jahren Kirchgeschichte der katholischen Kirche. Es zeigt, was alles gesagt, geschrieben und verfasst wurde. Ihr seht, nach katholischer Lehre sind Bibel und Tradition gleichberechtigt. Hier müssen wir schon wachsam sein.
Die Tradition, diese Seite, stammt doch alles von Menschen. Es sind fehlerhafte Menschen, die nicht vom Heiligen Geist inspiriert waren. Sie hatten keinen direkten Offenbarungsauftrag, das zu schreiben. Dort steht viel Richtiges und Gutes, aber auch manches oder sogar viel Falsches, das von der Bibel abweicht. Und genau das wird nun mit der Bibel auf eine Ebene gestellt. Hier ist dem Irrtum Tür und Tor geöffnet.
Das ist die Einflussmöglichkeit, durch die falsche Dinge hineinkommen. Wenn ihr euch später fragt: Wie ist das möglich? Wie kann eine große Kirche, die größte Kirche der Welt, so irren? Wie kann sie Aussagen machen, die offensichtlich der Heiligen Schrift widersprechen? Wie ist das möglich, wenn diese Leute doch Christen sein wollen, die Bibel lesen und es ernst meinen?
Dann habt ihr hier die Antwort: Weil die Tradition auf gleicher Ebene steht wie die Bibel. Die meisten Theologen der katholischen Kirche studieren nicht nur die Bibel, sondern lesen sie immer durch die Brille der Tradition von Augustinus, Thomas von Aquin und anderen Heiligen. Dadurch kommen sie schon in ein falsches Fahrwasser.
Das ist der Grund, und das ist sehr verhängnisvoll. Über dieses Nebengleis fahren viele falsche Erkenntnisse und Lehren einfach ein. Die Bibel sagt ganz klar in Römer 3,4: „Gott ist wahrhaftig, und alle Menschen sind Lügner.“ Er allein hat die Wahrheit. Menschen sind Lügner, und auch wenn sie es nicht absichtlich tun, irren sie sich. Dadurch gelangen viele falsche Dinge hinein.
Die Bibel sagt in 2. Timotheus 3,16-17 über sich selbst, dass sie von Gottes Geist eingegeben wurde und nützlich ist zur Lehre. In der Bibel haben wir die zuverlässige, gültige Lehre. Und noch einmal diese Stelle, die wir schon oben erwähnt haben: Offenbarung 22,18-19. Die Bibel sagt, wir dürfen ihrem Inhalt nichts hinzufügen. Sonst müsste unsere Bibel inzwischen so dick sein, dass wir sie mit einem Schubkarren transportieren müssten, wenn alles, was hinzugefügt worden wäre, wirklich rechtens wäre. Das geht aber nicht.
Hier liegt die Wurzel, hier ist die Einstiegsmöglichkeit für viel Irrtum. Über diesen Weg ist Menschliches und vielleicht auch Teuflisches hineingerutscht.
Die Lehre vom Sündenfall und der Sünde
Unterschiedliche Auffassungen zum Sündenfall
Der Sündenfall und die Sünde
Ich muss leider sagen, dass die römisch-katholische Kirche zwar grundsätzlich anerkennt, dass die Bibel Heilige Schrift und Gottesoffenbarung ist. Doch wenn es dann ans Eingemachte geht, zeigt sich, dass mit der Bibel sehr bibelkritisch umgegangen wird. Zum Beispiel werden die ersten Kapitel der Bibel oft nur als bildliche Erzählungen gewertet.
Wenn man mit Theologen spricht – das habe ich schon getan – und sie auf 1. Mose 3 hinweist, wo der Sündenfall berichtet wird, heißt es plötzlich, dass dies nicht wörtlich zu nehmen sei. Man könne es nur bildlich deuten und so weiter.
Die Bibelkritik ist in den letzten Jahrzehnten in der römisch-katholischen Theologie immer mehr salonfähig geworden. Das gilt schon seit über hundert Jahren, aber in den letzten Jahrzehnten besonders stark. Deshalb wird der Sündenfall nicht wörtlich genommen.
Die römisch-katholische Kirche sagt, dass der Mensch im Sündenfall schwer verunglückt ist, aber nicht gestorben. Das ist der wesentliche Unterschied. Die Bibel sagt hingegen, dass als Adam und Eva Gottes Gebot übertraten und von dem Baum aßen, sie den geistlichen Tod starben.
Gott hatte zuvor gesagt: Wenn ihr von dem Baum esst, dann müsst ihr des Todes sterben. Sie aßen von dem Baum und starben den Tod – nicht biologisch, denn physisch lebten sie weiter, aber geistlich. Die Beziehung zu Gott zerbrach.
Man kann sich das vorstellen wie eine Spinne, die an ihrem eigenen Faden herunterkrabbelt. Wenn man den Faden mit der Hand durchtrennt, fällt sie ab und stürzt. So ist der Mensch abgestürzt aus der Beziehung zu Gott. Der Faden nach oben, die Beziehung zu Gott, ist zerbrochen.
Die römisch-katholische Kirche sagt, der Mensch ist bei diesem Sturz schwer verletzt, aber nicht tot. Die Bibel sagt jedoch, der Mensch ist durch den Sündenfall geistlich tot. Die Beziehung zu Gott ist zerbrochen, und er braucht eine Auferweckung, eine Wiedergeburt, wie die Bibel es nennt.
Er braucht nicht nur eine Pflege, bei der er wieder aufgepäppelt wird, bis er ganz gesund ist, sondern er muss aus dem Toten auferweckt werden.
Bildhafte Darstellung des Unterschieds
Und das ist der ganz entscheidende Unterschied. Ich möchte es jetzt noch einmal mit einem anderen Bild erklären. Es ist zwar nicht ganz ästhetisch, aber ich benutze es trotzdem.
Stellt euch vor, ich hätte in meinem Körper kein Skelett mehr. Wenn ich mich recht erinnere, haben wir in der Biologie etwa 256 Knochen. Wenn diese plötzlich aus meinem Körper entfernt würden, würde ich unten auf der Erde liegen. Ich könnte vielleicht noch mit den Muskeln zucken und mich ein wenig bewegen, aber ich könnte nicht mehr laufen. Ich könnte nichts machen, vielleicht nicht einmal mehr sprechen, weil das ohne Skelett nicht funktioniert.
Angenommen, ich wäre noch am Leben – auch wenn ich nicht weiß, ob das medizinisch möglich ist. Ich würde einfach da liegen und ein bisschen zucken, aber ohne Skelett.
Die römisch-katholische Kirche sagt, dass der Mensch nach dem Sündenfall einem Menschen ohne Skelett gleicht. Durch die Sakramente der römisch-katholischen Kirche bekommt er langsam das Skelett wieder eingebaut. In der Taufe erhält er das Rückgrat, bei der Firmung das Becken, und bei der Eucharistie kommen weitere Knochen hinzu. Jedes Mal, wenn er zur Eucharistie geht, wächst sein Skelett weiter.
Eines Tages, wenn er auf dem Sterbebett liegt und die letzte Ölung empfängt – wobei das heute nicht mehr so streng gehandhabt wird –, sind alle Knochen wieder da. Dann ist er wieder gesund und kann in die andere Welt Gottes eingehen. Dort wird er zunächst noch eine Weile im Fegefeuer sein, aber eines Tages kann er zu Gott kommen. Er ist wiederhergestellt.
Die Bibel sagt jedoch etwas anderes: Der Mensch liegt nicht einfach da ohne Skelett. Er liegt da und ist tot – geistlich tot in Sünden und Übertretungen. Er muss neu auferweckt werden und ein neues Leben aus Gott empfangen.
Biblische Belege für geistlichen Tod
Wo sagt die Bibel, dass der Mensch tot ist? In Epheser 2,1 heißt es: „Auch ihr, die ihr tot wart in Sünden und Übertretungen.“
In Lukas 15 kommt der verlorene Sohn nach Hause, und der Vater sagt: „Dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden.“ (Lukas 15,24) Das ist ein großer Unterschied – er war tot.
Die römisch-katholische Lehre nimmt den Sündenfall letztlich nicht ernst, sondern sagt, der Mensch sei instabil geworden. Man drückt es so aus: Vorher war der Mensch Geist, Seele und Leib. Nach dem Sündenfall ist diese Ordnung durcheinandergekommen. Nun sei er Seele, Leib, und der Geist sei verborgen. Er müsse sich wieder entfalten und aufgepäppelt werden.
Aber sie sagt nicht, dass der Mensch tot war. Und das ist die Wurzel des Problems: Wer den Sündenfall falsch versteht, dessen ganze Erlösungslehre wird notwendigerweise schief. Wer das nicht ernst nimmt und die Bibel nicht genauso wörtlich nimmt wie in allen anderen Aussagen, dessen ganze Lehre wird schief.
Unterscheidung von Todsünden und lässlichen Sünden
Und so ist auch die Lehre über die Sünde nicht schriftgemäß. Die römisch-katholische Kirche unterscheidet zwischen Todsünden und lässlichen Sünden. In der Bibel findet sich diese Unterscheidung jedoch nicht; die entsprechenden Ausdrücke fehlen dort.
Die katholische Kirche lehrt, dass Todsünden in die Hölle verdammen. Aber was sind Todsünden? Es handelt sich um die willentliche Übertretung der zehn Gebote, alle sexuellen Vergehen und eine lange Liste weiterer Sünden, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder geändert wurde. Lässliche Sünden dagegen verlängern nur den Aufenthalt im Fegefeuer. Dazu zählen schlechte Gedanken, falsche Motive, Unbeherrschtheit und Ähnliches.
Mit dieser Unterscheidung in Todsünden und lässliche Sünden fördert die katholische Kirche wahrscheinlich ungewollt, dass man es mit der Sünde nicht so genau nimmt. Denn es sind ja nur lässliche Sünden. Wie viele sind in der Faschingszeit unterwegs und sagen: „Ach ja, in der Faschingszeit kann man das machen, das sind lässliche Sünden, das wird vergeben.“
Diese Unterscheidung kennt die Bibel nicht. Die Bibel lehrt, dass es keinen Unterschied gibt. In Römer 6,23 heißt es: „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“ Es gibt ein Gesetz im Universum: Wer sündigt, muss sterben.
Ich frage immer wieder: Wie viele Sünden hat Adam begangen, als er von Gott aus dem Paradies gewiesen wurde? Eine einzige Sünde genügte. Eine Sünde trennt von dem heiligen Gott. Man muss nicht erst eine Bank ausgeraubt haben.
Jakobus 2,10 sagt: „Wer das ganze Gesetz hält und an einem Punkt sündigt, der ist in allem schuldig.“ Ich habe schon mehrmals das Bild von einem Bergsteiger benutzt, der einen Viertausender besteigt, etwa die Eiger-Nordwand. Er macht tausend gute und sichere Tritte, doch wenige Meter unter dem Gipfelkreuz tritt er daneben. Dann wird er den ganzen Berg hinunterfallen.
So ist es auch mit dem Versuch, durch Werke oder ein gottgefälliges Leben zu Gott zu kommen. Das gelingt nicht. Wer danebentritt, tut das nicht nur einmal, sondern unzählige Male.
Zusammenfassung der biblischen Lehre zum Sündenfall
Also zusammenfassend: Die biblische Lehre vom Sündenfall und der Sünde, dargestellt auf Seite drei oben, besagt, dass der Mensch geistlich tot ist und eine Auferweckung braucht. Das Wort Gottes hat die Kraft, den Menschen geistlich aufzuerwecken.
Jesus sagt: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht ins Gericht. Stattdessen ist er vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. In Johannes 5,24 heißt es dazu: „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“
Der Mensch braucht also Auferweckung und Wiedergeburt. Gott ist ein heiliger Gott, und jede Sünde braucht Vergebung. Es gibt keine Sünde, die zu klein wäre, um nicht vergeben zu werden, und keine, die zu groß wäre, um nicht vergeben werden zu können – mit einer Ausnahme.
Diese Ausnahme ist die Lästerung gegen den Heiligen Geist. Diese Sünde hat das Volk Israel begangen, und ein einzelner Christ kann sie nicht begehen.
Die Lehre von der Rechtfertigung
Grundverständnis der Rechtfertigung
Zehn, die Rechtfertigung. Rechtfertigung bedeutet: Wie wird ein sündiger, verlorener Mensch vor einem heiligen Gott gerecht? Wie findet ein verlorener Mensch einen gnädigen Gott? Diese Frage beschäftigte Martin Luther damals sehr. Wie bekommt man einen gnädigen Gott?
An dieser Stelle kommt ein ganz entscheidender Satz von Thomas von Aquin aus dem elften Jahrhundert. Er lehrte auf Latein: „Gratia non tollit naturam sed perficit“. Auf Deutsch heißt das: „Die Gnade hebt die Natur nicht auf, sondern vollendet sie.“
Das bedeutet, mit anderen Worten und im Bild vom Schwerverletzten: Der Schwerverletzte ist nicht tot, sondern er wird durch die Gnade aufgepäppelt. Er wird durch die Gnade vollendet.
„Die Gnade hebt die Natur nicht auf“ heißt, dass die Natur des Menschen nicht sterben muss. Sie kann so bleiben, wie sie ist. Nur muss sie vollendet werden, veredelt, hochgeführt, quasi hochgepäppelt werden.
Die Bibel sagt jedoch, der alte Mensch, die alte Natur, muss sterben. Gott muss etwas Neues schaffen, eine neue Schöpfung. Und genau das ist der Kern.
Die römisch-katholische Kirche sagt dagegen: Nein, es genügt, wenn die Natur des Menschen, die nicht so ist, wie Gott sie will, langsam verändert wird, verwandelt wird und hochgepäppelt wird, bis sie so ist, wie Gott sie haben will.
Rechtfertigung als Wiederordnung durch Sakramente
Rechtfertigung im katholischen Sinn bedeutet die Wiederherstellung der Ordnung des Instabilen durch die von der römisch-katholischen Kirche verwalteten Gnadenmittel, die Sakramente.
Wolfgang Bühne beschreibt in seinem Buch, das ich euch bereits gezeigt habe, wie die katholische Kirche im Wesentlichen auf der Lehre von den sieben Sakramenten aufgebaut ist. Diese Sakramente werden wir gleich noch kennenlernen.
Würde ich eine kurze Schrift über die katholische Kirche verfassen, würde ich sie „Die Sakramentskirche“ nennen, denn alles läuft über die Sakramente. Sie stehen im Mittelpunkt und sind zentral für das kirchliche Leben.
Die katholische Kirche lehrt, dass durch die Säuglingstaufe, also die Besprengung eines kleinen Kindes, die Erbsünde von ihm weggenommen wird. In der Firmung empfängt es den Heiligen Geist. Bei der Eucharistie, also dem Abendmahl im wöchentlichen Gottesdienst, kann der Gläubige sich scheibchenweise das ewige Leben in sich aufnehmen.
Dabei wird die Aussage aus Johannes 6, „Jesus spricht: Wer mein Brot isst und mein Fleisch isst, wer mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben“, im sakramentalen Sinn verstanden. Dies ist jedoch nicht wörtlich gemeint, sondern so, dass derjenige, der Jesu Opfer am Kreuz in Buße und Glauben für sich annimmt, das ewige Leben empfängt. Er „isst“ im Glauben sein Fleisch und „trinkt“ sein Blut.
Biblische Lehre von Rechtfertigung
Die biblische Lehre im Blick auf die Rechtfertigung lautet ganz schlicht: Nicht Verbesserung des Alten, sondern Neuschöpfung durch Gottes Wort und Geist.
Alle Religionen und Philosophien auf dieser Erde wollen den alten Menschen verbessern. Es gibt nur eine Ausnahme: Karl Marx. Der Kommunismus wollte nicht den alten Menschen verbessern. Karl Marx sprach immer von einem neuen Menschen, den er schaffen wollte. Er hatte erkannt, dass der Mensch so, wie er ist, nicht in Ordnung ist. Er wollte einen neuen Menschen schaffen – ist natürlich wirklich gescheitert.
In Klammern gesagt: Kennt ihr den Unterschied zwischen Theorie und Praxis des Kommunismus? Die Theorie ist Marx, aber die Praxis ist Murks. Also daran ist er gescheitert, an der Praxis. Aber das hat er richtig erkannt: Er wollte einen neuen Menschen schaffen.
Die katholische Kirche hingegen will keinen neuen Menschen schaffen, sondern sie will den alten Menschen verbessern. Und ihr müsst euch eines merken: Verbesserung des alten Menschen führt immer in die Werkgerechtigkeit.
Wer den alten Menschen verbessern will, der kommt immer dazu, durch gute Werke, eben durch Anstrengen, Mühen, Ringen, Weinen, Laufen, Fasten, Machen und Opfern den alten Menschen verbessern zu wollen. Das führt immer in die Werkgerechtigkeit – das heißt, man will aus Werken gerecht werden. Und das widerspricht völlig der Bibel.
Die Bibel lehrt ganz deutlich die Gnade ohne Verdienst und Werke. Es geht also nicht um Hochentwicklung und Veredelung, sondern um Sterben und Auferstehen.
Eine Kernstelle, die ihr euch dazu notieren könnt, ist 2. Korinther 5,17. Dort schreibt der Apostel Paulus: „Ist jemand in Christus, dann ist er eine neue Kreatur, eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.“
Das Alte ist vergangen, es musste sterben. Niemand von uns kann das neue göttliche Leben durch Hocharbeiten erhalten. Vielmehr muss er sein altes Leben in den Tod geben und Jesus Christus in sein Herz und Leben aufnehmen. Dann kommt das neue Leben in ihn hinein.
Die Sakramente im katholischen Glauben
Einführung zu den Sakramenten
Kommen wir zu Punkt D, den Sakramenten. Wir wollen nicht alle sieben Sakramente betrachten, sondern uns nur die ersten drei genauer ansehen: die Taufe.
Die Taufe
Über die Taufe lehrt die katholische Kirche Folgendes: Ich lese hier etwas vor aus einem Buch, das heißt "Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung" von Neuner/Ros. Das ist ein Standardwerk, das wohl jeder katholische Priester und viele andere Mitarbeiter der katholischen Kirche besitzen. Aus diesem Buch, der Originalliteratur, der Primärliteratur der katholischen Kirche, habe ich viele Aussagen entnommen.
Darum möchte ich hier einmal die katholische Kirche selbst zu Wort kommen lassen und darlegen, was sie zur Taufe sagt.
Die Taufe ist das Sakrament, das den Menschen von der Erbschuld und der persönlichen Schuld befreit. Es gliedert ihn an Christus und seine Kirche an. Sie ist also die Pforte zu neuem übernatürlichem Leben.
Kindertaufe, also Säuglingsbesprengung, wird als die Pforte zum neuen übernatürlichen Leben verstanden. Das heißt: zum göttlichen Leben. Das lehrt die Bibel jedoch nicht.
Weiter wird gesagt, die Taufe sei zum Heil notwendig. Sie bewirkt die Nachlassung der Erbsünde und aller persönlichen Sünden sowie der Sündenstrafen. Außerdem vermittelt sie die heiligmachende Gnade, die Eingliederung in Christus und die Zugehörigkeit zur Kirche.
Wir sehen also, die Taufe wird ganz sakramental und magisch verstanden. Da ist ein Säugling, er wird über den Taufstein gehalten, mit Wasser besprengt, dazu wird eine religiöse Formel gesprochen. Und jetzt ist der Säugling Christ. Jetzt ist die Erbsünde weggenommen.
So einfach geht das nicht. Das ist nicht der Weg, den die Bibel lehrt. Das ist ein ganz sakramentales Verständnis. Die Bibel spricht über die Taufe ganz anders.
Die Taufe hat keine Heilsbedeutung. Christ wird man nur durch Christus, nicht durch Sakramente.
In der Bibel ist die Taufe die Taufe der Gläubiggewordenen. Das Alter spielt dabei keine Rolle, entscheidend ist, dass man gläubig geworden ist.
Bei dieser Taufe, die durch Untertauchen geschieht, wird äußerlich dargestellt, was im Herzen passiert ist: dass der Gläubige mit Christus gestorben und mit ihm auferstanden ist.
Das meint die Taufe. Darüber haben einige unserer Schwestern gestern Abend schon mehr gehört im Grundkurs.
Die Firmung
Zweitens die Firmung. Ich zitiere wieder aus Neuner und Ros: „Das Sakrament der Firmung vollendet das Taufsakrament. Die Taufe ist das Sakrament der Wiedergeburt zu neuem übernatürlichen Leben. So ist die Firmung das Sakrament der Reife und Mannbarkeit.“
Sie ist ein wahres, von Christus eingesetztes Sakrament. Die Firmung wird gespendet durch die unter Gebet vollzogene Handauflegung und die Salbung mit Chrisma, einem vom Bischof geweihten Öl.
Die Wirkung des Firmensakraments ist die Stärkung im Glauben und zum Glaubensbekenntnis. Doch die Bibel lehrt nicht, dass durch die Handauflegung eines Priesters oder irgendeines anderen Menschen eine Stärkung oder gar eine Geistübermittlung stattfinden kann.
In der Apostelgeschichte kommt die Handauflegung zwar dreimal vor, aber in einem ganz anderen Zusammenhang. Das kann ich heute Abend hier nicht weiter ausführen. Auf jeden Fall ist diese Sicht nicht richtig.
Die Bibel lehrt, dass man den Heiligen Geist in dem Augenblick empfängt, in dem man an Jesus Christus gläubig wird. Das steht in Epheser 1,13: „Ihr seid versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, als ihr gläubig wurdet.“
Im Griechischen steht dort genau die Zeitform, die eine Gleichzeitigkeit ausdrückt. Denn in dem Moment, in dem man Jesus Christus als seinen persönlichen Erretter und Herrn erkennt und annimmt und sein Leben ihm unterstellt, wird man mit dem Heiligen Geist versiegelt.
Dann kommt Christus nämlich unsichtbar im Heiligen Geist in das Leben hinein – und zwar nicht auf sakramentalem Weg.
Die Eucharistie
Die Eucharistie – das ist jetzt noch sehr wichtig. Ich möchte dazu auch aus dem Buch von Neuner und Ros zitieren. Die Eucharistie ist das Zentrum der katholischen Liturgie. Sie findet in jedem Gottesdienst statt, wenn das Abendmahl gefeiert wird, also die Eucharistiefeier. Eucharistie bedeutet Danksagung und Lobpreis.
Sie ist die sakramentale Vergegenwärtigung Gottes im Gottesdienst. Man spricht dabei von der Realpräsenz. Während der Eucharistiefeier, wenn der Priester die Hostie nimmt und das Glöckchen ertönt – das Geheimnis des Glaubens –, und er die Hostie bricht, lehrt die katholische Kirche, dass in diesem Augenblick eine Wandlung geschieht. Auf Lateinisch heißt das Transubstantiation. Dabei werden die chemischen Substanzen von Brot und Wein in die chemischen Substanzen des Leibes und Blutes Jesu Christi verwandelt.
Die katholische Kirche geht hier über die Bibel hinaus. Die Bibel lehrt das nicht. Dort heißt es nur: „Das ist mein Leib“. Aber aus dem Zusammenhang des Neuen Testaments lässt sich eindeutig erkennen, dass dieses Wort „Das ist mein Leib“ zu verstehen ist als „Das bedeutet meinen Leib“. Als Jesus Christus mit den Jüngern beim Abendmahl saß, gab er ihnen das Brot und sagte: „Hier, das ist mein Leib.“ Alle sahen jedoch, dass er ihnen nicht ein Stück seines Leibes gab, sondern ein Stück von dem Brot – und dass er es symbolisch meinte.
Die Bibel lehrt, dass das Mahl ein Gedächtnismahl ist. Die katholische Kirche lehrt jedoch die Wandlung. Das ist der Grund, warum der Priester jeden Tropfen bis zum Letzten ausdrückt, weil es ja jetzt Blut Christi ist. Das darf man nicht wegschütten. Deshalb wird jede Hostie wieder aufgenommen und nur noch bei der Haus-Eucharistie verwendet. Man darf sie nicht wegwerfen. Nach katholischer Vorstellung ist es jetzt Leib Christi. Es sieht zwar noch aus wie Brot und Wein, aber es ist Leib und Blut Christi.
Das wäre vielleicht ein entschuldbarer Irrtum. Was noch dazu kommt, ist, dass die römisch-katholische Kirche lehrt, dass bei jedem Messopfer, also wenn diese Wandlung bei der Eucharistie geschieht, das Opfer Jesu vom Kreuz unblutig wiederholt wird. In jeder Eucharistiefeier wird das Opfer Jesu unblutig wiederholt.
Wir haben ja vor kurzem am Mittwochabend den Hebräerbrief betrachtet. Dort wird siebenmal betont und deutlich gemacht, dass Jesus Christus einmal oder sogar ein für alle Mal das Opfer gebracht hat. An verschiedenen Stellen heißt es, dass er sich „ein für alle Mal“ mit seinem Blut dargebracht hat, „ein für alle Mal“ das Heiligtum betreten hat, „einmal in der Vollendung offenbar geworden“ ist usw. Diese sieben Stellen im Hebräerbrief machen das klar.
Ich habe damals schon gesagt, in welchem hässlichen Licht die falsche Lehre der römisch-katholischen Kirche vom Messopfer steht. Rom lehrt, dass Christus in jeder Eucharistiefeier unblutig geopfert werde. Das ist letztlich eine Lästerung des einmaligen und vollkommenen Opfers Jesu Christi. Vielleicht geschieht das nicht bewusst, aber unbewusst.
Tut man damit etwas, was Gott sicher sehr betrübt? Dass das Opfer Jesu nicht als gültig angenommen wird? Wie kann man diese Stellen im Hebräerbrief so blindlings übersehen, wo ganz klar gegen diese Sicht argumentiert wird?
