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Gnade und Wahrheit sind geworden

Jesu Leben und Lehre, Teil 12/652
09.02.2021Johannes 1,17
SERIE - Teil 12 / 652Jesu Leben und Lehre

Einführung: Die Einzigartigkeit Jesu im Vergleich zu Johannes dem Täufer

Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.

Gnade und Wahrheit sind geworden.

Was macht Jesus größer als den größten Propheten des Alten Bundes, Johannes den Täufer? Das ist die Frage, die wir heute abschließen wollen.

Er kommt aus der Ewigkeit. Wir leben aus seiner Gnade, und er hat uns viel mehr zu bieten als nur eine Sammlung von Geboten und Verboten, ein Regelwerk sowie das Gesetz, das Gott durch Mose dem Volk Israel gab.

 Johannes 1,17: Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.

Mose und Jesus: Ein grundlegender Vergleich

Mose kontra Jesus. Natürlich ist Jesus grundsätzlich größer als Mose, wie wir im Hebräerbrief Kapitel 3 nachlesen können, wo der Vergleich gemacht wird. Auf der einen Seite steht Mose als der treue Diener über das Haus Israel, auf der anderen Seite Jesus als der Architekt – von dem die Idee des Hauses Gottes stammt, die Idee eines geistlichen Volkes, nämlich der Gemeinde. In dieser Gemeinschaft nimmt Jesus als Sohn Gottes den Ehrenplatz ein.

Jesus ist die Erfüllung der Verheißung, die Mose selbst auf ihn macht, wenn er von einem zweiten Mose spricht. Im 5. Mose 18,15.18-19 lesen wir Folgendes: „Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen; auf ihn sollt ihr hören. Einen Propheten wie dich will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erstehen lassen. Ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird zu ihnen alles reden, was ich ihm befehlen werde. Und es wird geschehen: Der Mann, der nicht auf meine Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde ich Rechenschaft fordern.“

Jesus ist der zweite Mose, nur dass er nicht die Befreiung aus der Sklaverei Ägyptens einleitet. Vielmehr möchte er Menschen aus einer viel schlimmeren Versklavung erretten – nämlich der Sklaverei der Sünde.

Jesus und das Gesetz: Mehr als nur eine neue Auslegung

Und um diesen Auftrag zu erfüllen, reicht es nicht aus, dass Jesus nur ein neues Gesetz bringt. Es reicht auch nicht, dass er das Gesetz des alten Bundes erklärt und ihm eine neue Bedeutung verleiht.

Die Bergpredigt ist zweifellos ein solcher Moment. Hier erklärt Jesus den Selbstgerechten seiner Zeit, wie sie das Gesetz Gottes kleinredeten und falsch auslegten – nämlich so, dass es in ihr Denken und zu ihrem Verhalten passte. Jesus zeigt ihnen ihre falsche Auslegung und macht deutlich, was der wahre Anspruch eines Gesetzes ist. Dieses Gesetz war nie dazu da, zu retten, aber es war völlig in der Lage, einen Menschen zu verdammen.

Er zeigt ihnen genau den Anspruch Gottes, den ein Selbstgerechter nicht sehen will, weil „nicht sein kann, was nicht sein darf“. Eine solche Auslegung wäre das Ende aller Selbstgerechtigkeit. Doch genau darum geht es Jesus: Er will der Idee „Ich rette mich selbst“ ein Ende setzen.

Deshalb erklärt er das Gesetz und stellt seine autoritative Auslegung gegen die rabbinische Interpretation seiner Zeit. Auf der einen Seite sagt er: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist ...“, auf der anderen Seite: „Ich aber sage euch ...“. Jesus wendet sich damit gegen die Selbstgerechtigkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten.

Doch es ist ihm nicht genug, das Gesetz nur zu erklären und ihm quasi eine neue Bedeutung zu geben.

Gnade und Wahrheit als zentrale Elemente des Evangeliums

Egal, wie richtig wir das mosaische Gesetz auslegen, es ist nicht das, was Jesus bringt.

In Johannes 1,17 heißt es: „Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“ Das Gesetz enthält keine Gnade, aber Jesus bringt sie mit.

Das Gesetz kann mit seiner Wahrheit nur meine Versklavung unter die Sünde sichtbar machen und sogar verstärken. Jesus hingegen will mit seiner Wahrheit freimachen.

So heißt es später im Johannesevangelium, in Johannes 8,31-32: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaft meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen.“

Es geht also nicht um eine erneute Versklavung unter eine neue Wahrheit, sondern um Freiheit.

Die Bedeutung von "gegeben" und "geworden" im Vergleich von Gesetz und Gnade

Wie kann das geschehen? Schauen wir den Text noch einmal an.

Das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit aber sind durch Jesus Christus geworden. Auf der einen Seite wird etwas gegeben, auf der anderen Seite ist etwas geworden.

Mose gibt das Gesetz dem Volk Israel. Er erhält es und gibt es weiter. Auch nach seinem Tod wurde es weiterhin weitergegeben. So konnte man das Gesetz erhalten, ohne Mose je persönlich kennengelernt zu haben.

Mit Gnade und Wahrheit verhält es sich anders. Diese Aspekte sind geworden. Sie werden uns nicht wie ein Gesetz gegeben, sondern gewinnen Gestalt in der Person Jesu Christi. Sie sind durch ihn geworden.

Ohne persönlichen Kontakt mit Jesus Christus kann ich seine Gnade und Wahrheit nicht finden. Er, der in Vers 14 voller Gnade und Wahrheit ist, will beides in Vollendung in mein Leben hineinbringen.

Die Gefahr der Selbstgerechtigkeit und die Notwendigkeit der Gnade

Es ist wichtig, diesen Punkt zu verstehen. Im Christentum geht es nicht darum, nach der Bergpredigt zu leben und moralisch etwas verantwortungsbewusster zu handeln als der Rest der Bevölkerung. Es geht nicht darum, sich im Licht der eigenen Erkenntnisse zu sonnen und zu denken, dass das schon alles war. Nein, das war es nicht.

Das wäre nichts anderes als selbstgerechte Religiosität, mehr nicht. Es wäre der Versuch, den alten Bund mit seinen Gesetzen aufzupolieren und ihm einen neuen Anstrich zu verleihen. Frei nach dem Motto von Mark Twain: „Als sie das Ziel aus den Augen verloren hatten, ruderten sie mit doppelter Kraft.“

Nein, auch ein generalüberholtes mosaisches Gesetz, ausgelegt nach den Regeln der Bergpredigt, kann niemanden retten. Egal wie sehr ich mich anstrenge, wie treu oder hingebungsvoll ich mich reinhänge, selbst wenn es mir gelänge, in den Augen der Menschen besser dazustehen – Paulus war so einer: ein Vorzeige-Israelit, ein aufstrebender Stern der religiösen Szene, ein Elite-Student mit glänzenden Karriereaussichten.

Selbst wenn ich das erreiche, was man mit Disziplin und Askese erreichen kann, wäre es nie genug. Ich brauche Jesus, ich brauche Gnade und Wahrheit. Ich brauche, was er mir bringt, wenn er am Kreuz für meine Schuld bezahlt.

Gnade, um mir dann zu sagen, dass ich vollkommen sein soll, wie mein himmlischer Vater vollkommen ist. Ich brauche diese unglaubliche Mischung aus: „Ich bin hundertprozentig für dich, werde deine Sünde tilgen und dich retten“ – Gnade pur – und einer Wahrheit, die Nulltoleranz im Umgang mit Sünde kennt.

Dietrich Bonhoeffers Verständnis von teurer Gnade

Ich brauche das, was Dietrich Bonhoeffer „teure Gnade“ nannte. In seinem Buch Nachfolge heißt es, teure Gnade sei der verborgene Schatz im Acker, um dessen Willen der Mensch hingeht und mit Freuden alles verkauft, was er hatte.

Sie ist die köstliche Perle, für deren Preis der Kaufmann alle seine Güter hingibt. Es ist die Königsherrschaft Christi, um deren Willen sich der Mensch das Auge ausreißt, das ihn ärgert. Teure Gnade ist der Ruf Jesu Christi, auf den hin der Jünger seine Netze verlässt und nachfolgt.

Teure Gnade ist das Evangelium, das immer wieder gesucht wird, die Gabe, um die gebetet wird, die Tür an die angeklopft werden muss. Sie ist teuer, weil sie in die Nachfolge ruft. Gnade ist sie, weil sie in die Nachfolge Jesu Christi ruft.

Teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet. Gnade ist sie, weil sie ihm so das Leben erst schenkt. Teuer ist sie, weil sie die Sünde verdammt. Gnade ist sie, weil sie den Sünder rechtfertigt.

Teuer ist die Gnade vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das Leben seines Sohnes gekostet hat. „Ihr seid teuer erkauft“, und weil uns nicht billig sein kann, was Gott teuer ist.

Gnade ist sie vor allem darum, weil Gott sein Sohn nicht zu teuer war für unser Leben, sondern er ihn für uns hingab. Teure Gnade ist Menschwerdung Gottes.

Soweit Dietrich Bonhoeffer. Und es stimmt genau das.

Fazit: Leben durch Gnade und Wahrheit in Jesus Christus

Von Mose kann ich ein Gesetz bekommen, Regeln. Von Jesus bekomme ich ein Leben, nämlich seins – aber nicht losgelöst von ihm.

 Johannes 1,17: Das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit aber sind durch Jesus Christus geworden. Nur bei ihm finde ich gleichzeitig Gnade und Wahrheit.

Er ist der Einzige, der nicht nur sagt: „Folge mir nach und sündige nicht mehr“, sondern der mich auch dazu befähigen kann. Er ist es, der vergibt, und er ist es, der heiligt.

Er ist es, der mich erst einlädt, sein Jünger zu sein. Dann kann seine Wahrheit mich Stück für Stück durch die Kraft seines Geistes umgestalten in sein Bild. Wie es im 2. Korinther 3,18 heißt:

„Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden so verwandelt in dasselbe Bild, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie es vom Herrn, dem Geist, geschieht.“

Amen.

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