
Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart. Mein Name ist Thomas Powileit, und mir gegenüber sitzt Marion. Herzlich willkommen bei uns, Marion.
Hallo Thomas, ich freue mich auch, dass ich hier sein darf.
Ja, schön, dass du dir Zeit für unseren Podcast nimmst. Unser Podcast will zum praktischen Christsein herausfordern und auch zum theologischen Denken anregen. Heute beschäftigen wir uns mit Christen, die einen Teil oder sogar ihre ganze Arbeitszeit dafür einsetzen, die gute Nachricht von Jesus weiterzugeben. Kurz gesagt: Wir sprechen über Missionare.
Missionare sind keine Übermenschen, sondern Christen, die Gott oft in einem anderen kulturellen Kontext berufen hat. Manche Missionare bleiben jedoch auch in Deutschland, und das finde ich genauso wichtig. Ich kann Missionar in Dortmund sein und muss nicht unbedingt nach Dörpen oder Dubai reisen.
Auch in Dortmund muss ich nicht lange nach Menschen suchen, die aus einem anderen kulturellen Kontext kommen. Gleichzeitig soll ich aber auch die Deutschen nicht aus dem Blick verlieren, die keine Ahnung davon haben, wer Jesus ist und was er für sie getan hat.
Um zum Thema zurückzukommen: Marion, du hast ja mehr mit Missionaren zu tun, die in einem anderen kulturellen Kontext unterwegs sind. Deshalb wollen wir den Fokus in diesem Podcast auch mehr auf diese Missionare legen, die in ein anderes Land gehen.
Es wird vor allem darum gehen, wie wir persönlich oder auch als Gemeinde Missionare unterstützen können. Deshalb haben wir diesen Podcast „Missionare sind auch Menschen“ genannt. Das wird leider oft vergessen.
Also zunächst einmal, Marion, in welchem Land bist du Missionarin und was genau machst du dort?
Ja, genau. Ich bin in einem anderen Land, und zwar weit weg, zehntausend Kilometer entfernt und auf einem anderen Kontinent – in Südamerika, im Land der Inka und Alpakas, in Peru. Dort darf ich Missionarin sein, und meine Arbeit nennt sich Member Care.
Ich arbeite im Bereich Member Care beziehungsweise habe dort vor Ort eine Member Care-Arbeit aufgebaut. Dabei unterstütze ich die Missionare, die dort leben und arbeiten. Ich begleite sie und helfe ihnen beim Ankommen.
Dabei handelt es sich hauptsächlich um deutschsprachige Missionare. Wir haben zwar Menschen aus verschiedenen Ländern, doch überwiegend kommen sie tatsächlich aus Deutschland.
Das heißt, du nimmst sie in Empfang, wenn sie aus Deutschland kommen?
Wenn ich nun jemand bin, der ausreisen möchte, kann ich mir die Frage stellen: Was würdest du mir raten? Was kann ich tun, um mich auf einen Einsatz in einem anderen Land – mal ganz generell gesagt – vorzubereiten?
Zum einen ist es wichtig, dass ich ganz sicher bin, dass dieser Weg in dieses andere Land mein Weg ist. Diese persönliche Gewissheit ist entscheidend: Ich gehe jetzt in dieses Land nicht, weil ich das so toll finde oder weil es dort viele Möglichkeiten gibt oder schöne Strände, sondern weil ich wirklich weiß: Dieses Land, diese Menschen hat Gott mir aufs Herz gelegt. Oder dieses Projekt, diese Arbeit, die dort läuft, ist der Grund, warum ich diesen Weg gehe.
Das ist die grundsätzliche Voraussetzung: Ich muss mich wirklich fragen, ob es mein Weg ist und ob ich mit Gott gehe oder ob Gott mit mir geht. Bin ich mit ihm unterwegs? Das ist erst einmal die Basis, die Grundlage von allem.
Dann finde ich es sehr wichtig, dass man sich mit dem Land beschäftigt – mit den Menschen, die dort leben. Man sollte sich fragen, welche Kultur dort herrscht und wie die Menschen geprägt sind. Es gibt heutzutage so viele Informationen und Literatur, mit denen ich mich belesen kann. So erfahre ich auch etwas über die Geschichte des Landes, was mir hilft, die Kultur besser zu verstehen.
Welche Sprache wird dort gesprochen? Habe ich diese Sprachkenntnisse schon? Was brauche ich, um sie zu erwerben? Das sind wichtige Fragen, die nach vorne gerichtet sind.
Natürlich gibt es auch viele Dinge zu beachten, die ich hier in Deutschland regeln muss. Ich muss Dinge abschließen, bevor ich gehe. Es ist also ein ganzes Kompaktpaket: Ich muss hier Dinge fertigstellen und mich gleichzeitig neu aufmachen.
In diesen ganzen Prozessen helfen Missionsorganisationen sehr gut. Sie kennen die Abläufe, da sie immer wieder Missionare aussenden. Sie wissen, was vertraglich oder versicherungstechnisch beachtet werden muss. Deshalb würde ich jedem sehr ans Herz legen, nicht auf eigene Faust auszureisen, sondern wirklich mit einer Organisation zusammenzuarbeiten, die für einen da ist.
So hat man auch einen Vertrag, der unter deutschem Recht steht und das Sozialsystem berücksichtigt. Dann kann man die einzelnen Schritte gehen und sich nach vorne ausrichten: Welchen Dienst werde ich dort machen? Was kann ich schon jetzt für diesen Dienst tun?
Je näher der Zeitpunkt der Ausreise rückt, desto mehr kommen die praktischen Fragen auf: Welche Kleidung muss ich einpacken? Was brauche ich vor Ort? Von vielen Dingen muss man sich trennen. Es ist immer wieder ein Loslassen.
Je nachdem, welchen Stand ich hier in Deutschland habe – ob ich ein Haus oder eine Wohnung besitze – gilt es, Wohnungsauflösung zu organisieren, eventuell ein Auto zu verkaufen und vieles mehr.
Ich empfehle sehr, mit Checklisten zu arbeiten. Wir haben von unserem Projekt aus eine Plattform, auf der viele Informationen stehen. Dort kann sich ein Missionar, der vor der Ausreise steht, genau informieren: Was brauche ich? Was muss meine Packliste beinhalten? Wie komme ich überhaupt in das andere Land? Welche Fluglinie ist geeignet? Wie komme ich dorthin?
Bis hin zu Fragen wie: Welche Impfungen sind für das Land nötig? Was brauche ich dafür? Brauche ich ein Visum? In manchen Ländern muss man frühzeitig mit der Beantragung eines Visums beginnen. In meinem Land ist es ganz einfach: Ich reise als Tourist ein, und dann beginnt erst der Prozess für die Visumangelegenheiten.
Das heißt, eine Missionsgesellschaft unterstützt hier sehr. Du hast ja gesagt, dass es sehr wichtig ist, mit einer Missionsgesellschaft zu gehen. Das ist die eine Seite – die organisatorische –, die man auf jeden Fall bedenken muss.
Auf der anderen Seite ist Mission ohne Gemeinde natürlich gar nicht denkbar, also dass eine Gemeinde hinter jemandem steht. Manche Gemeinden haben jedoch gar nicht so viel Erfahrung damit. Wenn wir einen Missionar haben, also jemanden aus unserer Gemeinde, der in die Mission geht, stellt sich die Frage: Wie kann die Gemeinde ihn unterstützen?
Das geschieht, indem sie sich informiert. Die Gemeinde sollte sich einfach offen dafür zeigen und vielleicht eine Missionsorganisation oder Missionare einladen. So hört sie, worum es bei der Mission überhaupt geht und was Missionare brauchen. Es gibt viele Angebote dazu.
Ich glaube, der erste Schritt ist, wahrzunehmen, dass jemand aus der Gemeinde in die Mission gehen möchte. Was brauchen wir dafür überhaupt? Je nach Größe der Gemeinde ist es sehr hilfreich, wenn es jemanden gibt, der das im Blick behält. In kleineren Gemeinden übernimmt das oft der Pastor. In größeren Gemeinden ist es sinnvoll, eine Person zu benennen, die als Missionsbeauftragter fungiert. Diese Person informiert die Gemeinde über Missionen.
Es bleibt dabei nicht nur beim Informieren. Dadurch wird Interesse geweckt und Sensibilität geschaffen. Man merkt plötzlich: Da gibt es mehr, da sind Menschen, die außerhalb der Gemeinde arbeiten. Wenn eine Gemeinde dann für sich sagt: „Das ist mein Außendienstmitarbeiter, das ist jemand von uns gesandt“, dann nimmt sie wirklich Anteil. Und das kann eine Win-win-Situation werden.
Der Missionar bekommt Unterstützung von der Gemeinde in seinem Einsatzland. Die Gemeinde wiederum erhält Einblicke in die große, weite Welt. Sie bekommt Informationen und erlebt das Leben mit, auch das, was Gott vielleicht auf einem ganz anderen Kontinent wirkt.
Das ist wahrscheinlich auch für Missionare sehr ermutigend, wenn sie merken, dass sich die Gemeinde kümmert und nicht nur sagt: „Ja gut, dann geh doch.“ Das ist unbedingt notwendig und sozusagen das A und O. Ich glaube, es wird oft unterschätzt, wie wichtig das ist.
Wenn man selbst als Missionar geht oder zwischendurch zurückkommt, merkt man sehr schnell, wer den Rundbrief liest, wer Anteil nimmt und wer mit dabei ist. Es ist dann sehr wertschätzend und ermutigend, wenn man merkt: Wow, die beten für mich. Für mich ist das immer eine riesige Ermutigung, weil ich genau weiß, ich habe Beter im Hintergrund.
Dieses Gebet ist nicht nur wichtig, es ist die Basis. Wir brauchen eigentlich nichts zu tun, wenn wir nicht anfangen zu beten. Die Gemeinde hat hier eine wichtige Aufgabe. Das ist nicht nur „nice to have“, sondern ein entscheidender Punkt, der einem Missionar den Rücken stärkt.
Es ist ja nicht nur der Missionar, der etwas tut. Er kann im Prinzip nichts tun, wenn er nicht die Möglichkeit und die Kraft dazu hat. Das Ganze ist ein Geben und Nehmen. Für eine Gemeinde ist es außerdem ein Geschenk und eine Horizonterweiterung, wenn sie sich in diese Richtung orientiert.
Man merkt es auch bei den Leuten im Gebet, das ist ein wichtiger Parameter. Missionare merken, wenn Menschen nachfragen und Anteil nehmen. Wenn ich zurückkomme, merke ich oft genau, wer meinen Rundbrief gelesen hat und wer ihn nur empfangen, aber nicht geöffnet hat. Das kann man manchmal ganz schnell erkennen.
Manchmal kommen Geschwister auf mich zu, und da merke ich, sie haben die ganze Zeit für mich gebetet und tun das weiterhin. Bekomme ich auch manchmal Mails oder Ähnliches aus der Gemeinde? Ja, hin und wieder. Das ist unterschiedlich, aber es kommt immer wieder etwas, und das ist sehr ermutigend.
Es ist wirklich schön, wenn man auch Feedback oder Ermutigung bekommt. Für mich ist es immer sehr wertvoll, wenn ich einen Rundbrief verschickt habe und einzelne Personen kurz schreiben: „Hey, vielen Dank, echt informativ und ermutigend.“ Es muss kein langer Roman sein, aber ich merke, diese Person hat den Brief gelesen und steht hinter mir.
Es muss gar nicht viel sein, aber es macht mir Mut. Man schreibt so einen Rundbrief, investiert Zeit und überlegt sich genau, was man schreibt, um zu informieren. Dann zu merken: Ja, das ist angekommen, die Leute haben es erhalten – das ist total schön und wirklich ermutigend für mich.
Du hast gesagt, du bist im Membercare tätig. Das ist deine Aufgabe, wenn Missionare neu ankommen oder vielleicht schon länger dort sind. Welche der größten Schwierigkeiten nimmst du wahr, mit denen Missionare zu kämpfen haben? Wo kann die Gemeinde konkret für diese Anliegen beten?
Für viele ist es sicherlich schwierig, eine neue Sprache zu lernen. Das ist eine große Herausforderung. Denn irgendwann muss man in dieser Sprache leben und arbeiten. Man braucht die Sprache wirklich zum täglichen Überleben. Das kann sehr viel Kraft kosten.
Mir persönlich hat es zum Beispiel in meinem ersten Einsatz vor einigen Jahren sehr viel abverlangt, mit der Sprache zurechtzukommen. Dieses Jahr hat mich auch müde gemacht. Das liegt nicht daran, dass ich schlecht Sprachen lerne. Ich kann mich hinsetzen und lernen, das tue ich auch. Aber es fällt mir einfach schwer.
Missionare zu ermutigen ist wichtig, denn nach einer gewissen Zeit ist die kulturelle Umstellung schwierig. Es ist auch für sie eine Herausforderung, sich im neuen Land einzufinden. Viele müssen sich erst noch eine Wohnung suchen und von vorne anfangen. Manchmal muss sogar die gesamte Küchenausstattung neu gekauft werden.
Das ist unterschiedlich, je nachdem, wo jemand anfängt und was schon vor Ort vorhanden ist. Aber es ist immer ein Neustart. Wir alle wissen, was es bedeutet, wenn man innerhalb Deutschlands umzieht. Aber hier ist es ein Umzug in ein neues Land, in eine neue Kultur, in der man nicht weiß, wie die Dinge laufen.
Das verunsichert Missionare. Man fühlt sich manchmal wie ein Erstklässler, der gerade erst beginnt, sich in der Schule zurechtzufinden. Besonders wenn man die Sprache nicht kann, fällt es schwer, sich auszudrücken. Man steht dann vielleicht einfach da und weiß nicht, was man sagen soll.
Für Missionare ist es wichtig, solche Situationen auch mit Humor zu nehmen. Es gehört dazu, mal in Fettnäpfchen zu treten oder Dinge zu sagen, über die sich die Einheimischen lustig machen oder lachen. Das darf man mit Humor nehmen.
Du hast gesagt, natürlich, man muss sich in eine andere Kultur ja erst einmal hineinfinden. Wenn man einschlägige Literatur liest, stößt man immer wieder auf den Begriff Kulturschock. Du hast das bestimmt auch schon mitbekommen. Was ist das eigentlich, und wie kann man damit umgehen?
Ich spreche tatsächlich lieber vom Kulturstress. Kulturschock, das sagt schon das Wort, ist ein Schock – ein Moment, der mich wirklich schockiert und völlig durcheinanderwirbelt. Das ist so ein einzelner Moment. Viel häufiger tritt jedoch Kulturstress auf. Das bedeutet, es gibt eine Phase, die eigentlich fast jeder in irgendeiner Form durchmacht – mehr oder weniger schwierig, je nach Person.
Das sind zum Beispiel Dinge wie ein ganz anderer Lautstärkenpegel als in Deutschland. Hier haben wir oft Doppelverglasung in den Fenstern, manchmal sogar Dreifachverglasung. In anderen Ländern gibt es das nicht, und ich erlebe eine ganz andere Lautstärke. Draußen fährt ein Laster vorbei, die Gläser in den Schränken wackeln, die Musik des Nachbarn ist laut aufgedreht oder die Musik vom kleinen Geschäft gegenüber, der Tienda, dröhnt herein. Und ich denke mir: Eigentlich wollte ich jetzt gerade keine Musik hören.
Das kann man eine gewisse Zeit ertragen. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem es einen nervt. Solche Zeiten muss man ein Stück weit durchstehen. Es hilft sehr, wenn man sich dessen bewusst ist. Trotzdem muss man manchmal wieder darauf hingewiesen werden.
Mir ging es selbst so. Ich habe mich viel mit Kultur beschäftigt, reflektiert und wusste um diese Phasen. Trotzdem war ich nach einem halben Jahr, was sehr typisch ist, wieder in dem gleichen Land, wo ich die Gegebenheiten schon kannte, und plötzlich hat mich alles genervt. Ich bin rausgegangen, der Vorgarten war mit Müll übersät – Plastik überall. Ich ging durch den Vorgarten, hatte die Hand voller Müll und war richtig genervt und gereizt. Ich dachte: Boah, das nervt dich gerade alles total.
Man geht vor die Tür, es riecht nach Urin, und es gibt all diese unangenehmen Dinge. Dann hat mir meine Mentorin gesagt: Kann es sein, dass du im Kulturschock bist? Da dachte ich: Bingo, genau das ist es, da bin ich gerade drin.
Obwohl ich es wusste, hilft es manchmal, darauf aufmerksam gemacht zu werden. Dann dauert diese Phase eine gewisse Zeit, flacht aber auch wieder ab. So war es bei mir. Zwei Wochen später war alles wieder okay. Es hatte sich nichts geändert: Der Vorgarten war weiterhin voller Plastikmüll, es roch unangenehm, und die Musik dröhnte den ganzen Tag. Aber ich konnte es wieder besser ertragen.
So gibt es Phasen, und dieser Kulturstress kann immer wiederkommen. Der Kulturschock ist viel, viel heftiger. Wenn man den erlebt, muss man darauf achten, ihn gut zu verarbeiten, um wieder herauszukommen.
Was sind denn die größten Ängste, die Missionare haben, wenn man das überhaupt so sagen kann? Es gibt wahrscheinlich Dinge, die immer wieder vorkommen.
Das ist natürlich auch sehr personenabhängig. Ein Punkt ist, je nachdem wie die Person ist, dass man denkt: Was soll ich denn machen? Man traut sich selbst vielleicht gar nichts zu, ist ängstlich und muss dann wirklich Gott mit einbeziehen. Gott sagt: „Hey, durch deine Schwachheit will ich stark sein.“
Gerade vor der Ausreise kann es passieren, dass man entmutigt ist und denkt: Eigentlich bin ich gar nicht die richtige Person dafür. Warum eigentlich ich? Das können solche Gedanken sein.
Auch das Loslassen von Wohnung und Auto ist ein Thema. Wenn du aus Deutschland gehst, denkt man oft: Ja, das ist doch selbstverständlich. Aber ich hatte es tatsächlich einmal durchgemacht und beim zweiten Mal war es wieder ein Thema für mich. Man hält innerlich die Sachen wirklich krampfhaft fest.
Wir Menschen sind einfach auch so ein Stück weit: Das ist meins, das ist doch mein schönes Auto, mein erster Neuwagen, den ich hatte, meine schönen Möbel. Warum soll ich das jetzt loslassen? Mich hat es erschreckt, als es mir beim zweiten Mal so ging. Ich dachte: Sag mal, Marion, du warst schon mal draußen, du weißt, dass es funktioniert, und jetzt stellst du dich wieder so an?
Ich habe echt gebetet und gesagt: Gott, schenk mir, dass ich es loslassen kann. Und tatsächlich passierte das dann. Es bleibt wirklich eine Herausforderung. Es ist herausfordernd, es bleibt so. Und es ist immer wieder ein Ja da zu finden.
Selbst jetzt, nachdem ich nur fünf Monate in Deutschland war, ist es für mich wieder ein Abschiednehmen, wieder ein Loslassen, wieder zu wissen, ich sehe Freunde und Familie vielleicht zwei Jahre nicht mehr. Das ist immer wieder neu.
Ich kann mich auch erinnern, dass ich eine Zeit lang auf einer Schule war, wo es viele Missionare gab. Die haben gesagt, sie hatten auch Angst, wenn sie im Heimatdienst waren und in eine bestimmte Region hier in Baden-Württemberg kamen. Die Leute dort konnten alles lösen. Wenn sie sagten: Wir haben das und das Problem, war es für die Leute völlig klar, das wird so und so gelöst, Punkt.
Deswegen haben sie manchmal gesagt: Halt jetzt mal deinen Vortrag so, wie du ihn auch von Missionaren halten würdest, und nicht so gefiltert, wie man ihn vor der Gemeinde hält. Denn man hat einfach Angst, dass die Leute keine Ahnung von der Situation haben, aber ganz schnelle Lösungen parat haben.
Das ist tatsächlich immer wieder zu registrieren: Ich bin hier in einer anderen Welt. Jemand hat zu mir gesagt: „Ja, du lebst jetzt in zwei Welten.“ Und es ist ein Stück weit so. Ich habe hier meine deutsche Welt und in Peru meine peruanische Welt – und in beiden muss ich zurechtkommen.
Ich glaube, das ist wirklich diese Herausforderung, in diesen zwei Welten immer wieder zurechtzukommen und zu switchen.
Und wie geht es dir, wenn du nur kurz da bist? Oder wenn du zum Heimatdienst kommst und Vorträge hältst? Da ist ja vielleicht auch ein innerer Druck da, weil die Leute dich unterstützen sollen. Wie gehst du mit diesem Druck um?
Das ist eine sehr gute Frage. Ja, tatsächlich bin ich ein Stück weit davon abhängig. Mein Gehalt setzt sich aus vielen Spenden zusammen, die Leute für mich geben. Mir persönlich hilft dabei immer, dass ich weiß: Alles Geld kommt von Gott.
Besonders erlebe ich dabei, dass Menschen, von denen man denkt, sie hätten einen guten Beruf, vielleicht als Manager, und von denen man erwartet, dass sie spenden, oft nichts geben. Gleichzeitig schickt mir eine alleinerziehende Mutter monatlich eine Überweisung. Das zeigt mir deutlich, dass Gott es ist, der die Herzen bereit macht zu geben. Letztendlich ist es sein Geld. Das hilft mir, ein Stück weit aus dieser Abhängigkeit zurückzutreten.
Ich habe ganz unterschiedliche Menschen, die mich finanziell unterstützen. Da sind Freunde dabei, mit denen ich auch eine Freundschaft pflege. Diese Freundschaft ist die Freundschaft, und dass sie mich zusätzlich unterstützen, nehme ich dankbar an. Es gibt aber auch Freunde, die mir noch keinen Cent geschickt haben – sie bleiben trotzdem meine Freunde.
Umgekehrt gibt es Menschen, von denen ich total überrascht bin, dass sie mir etwas schicken und an mich denken. Manche kenne ich vielleicht gar nicht richtig. Das macht für mich deutlich: Gott legt den Menschen aufs Herz, was sie geben sollen.
Es hilft mir immer, einen Schritt zurückzutreten und zu sagen: Okay, ich kriege mein Geld von Gott und bin nicht abhängig von den Menschen. Sonst gerät man tatsächlich in eine Abhängigkeit und behandelt vielleicht die Leute unterschiedlich. Das möchte ich auf keinen Fall. Das steht bei mir nicht im Vordergrund. Das ist mir ganz, ganz wichtig, und ich glaube, Gott schenkt mir die Kraft, gut damit umzugehen.
Das habe ich auch gedacht. Klar, im Reisedienst denkt man, man muss doch noch mal vorbeischauen. Das sind schon Dinge, die da sind. An dieser Stelle möchte ich auch betonen: Ein Reisedienst oder ein Heimataufenthalt ist kein Urlaub. Das ist ganz sicher so.
Ich komme gerade aus sehr anstrengenden Wochen zurück. In diesen fünf Monaten bin ich 10.000 Kilometer gefahren. Das ist wirklich viel. Je nachdem, wie man damit umgeht, ist das schon eine Belastung. Aber immer wieder zu sagen: Gott ist derjenige, der gibt – das lässt mich Abstand gewinnen.
Danke, du hast das wirklich sehr gut formuliert, und ich denke, das kann wirklich eine Hilfe sein.
Wenn jetzt aber eine Gemeinde sagt: „Wir haben eigentlich gar keinen Missionar“, aber wenn wir das so hören, was du sagst – ich weiß ja nicht, wer uns alles zuhört – die würden sagen: „Ja, wir würden gern einen Missionar haben wollen.“ Kann man sich den bei Amazon bestellen, oder wie läuft das dann?
Also, der Wunsch wäre schon mal total genial, das ist schon mal der erste Schritt. Amazon, glaube ich, liefert viel, aber nein, Missionare gibt es dort noch nicht.
Dann würde ich auch sagen: Ich sage immer, es fängt alles mit Gebet an. Boah, wenn eine Gemeinde das auf dem Herzen hat, dann haben sie schon fast einen Missionar, würde ich fast sagen. Dann soll sie dafür beten, dass sich wirklich jemand angesprochen fühlt, merkt: „Oh, ich glaube, ich bin gemeint“ und dann geht.
Ich glaube, das ist das geringere Übel oder das kleinste Problem, so etwas auf dem Herzen zu haben. Es gibt sicherlich auch Gemeinden, wo vielleicht junge Leute gehen würden, aber die Gemeinde hat gar keinen Blick dafür. Das finde ich viel schwieriger.
Genau, oder sie schreiben, wie du gesagt hast, einer Missionsgesellschaft und sagen: „Habt ihr jemanden für uns?“ Das kann man ja vielleicht auch machen. Das kann tatsächlich passieren. Es gibt viele Konstellationen, in denen jemand das so auf dem Herzen hat und vielleicht im Moment keine Gemeinde hat, aus welchen Gründen auch immer. Das kann ganz vielschichtig sein.
Ich selbst bin auch umgezogen und war nur ganz kurze Zeit hier in der Gemeinde. Ich durfte schon – das ist nicht selbstverständlich, muss man ganz klar sagen – es war für mich ein Riesengeschenk, dass ich direkt ausgesandt wurde. Aber es gibt da natürlich sicherlich Möglichkeiten.
Genau, man kann eine Missionsorganisation anschreiben und fragen: „Habt ihr vielleicht jemanden, der unbedingt raus möchte, wo ihr das auch seht?“ Eine Missionsorganisation prüft ja das alles und kann dann sagen: „Ja, hey, wir hätten hier eine Familie oder wir haben hier einen Single, der gern raus möchte und nur darauf wartet.“
Schön, dass du trotz voller Wochen zum Podcast vorbeigekommen bist. Es war wieder der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart.
Wir hoffen, ihr habt durch diesen Podcast einen besseren Blick dafür bekommen, dass Missionare keine Supermenschen sind. Ganz im Gegenteil: Sie sind ganz normale Menschen mit ganz normalen Bedürfnissen. Vielleicht konnten wir euch durch diesen Podcast auch dabei helfen, Missionare, die ihr kennt, besser zu unterstützen.
Übrigens: Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen sowie ein Herz und einen Blick für die Missionare, die ihr kennt.