Das Buch, das euch in den nächsten etwa fünf Wochen beschäftigen wird, sofern ihr regelmäßige Teilnehmer an unserem Ati-Bibellese-Kreis seid und mitlest, ist das zweite Buch Mose. Dieses Buch trägt noch einen anderen Titel. Das war ja auch beim ersten Buch Mose so: Es heißt in vielen Sprachen Genesis, und wir nennen es das erste Buch Mose. Genauso verhält es sich hier. Das Buch heißt Exodus.
Exodus bedeutet so viel wie „Auszug“ oder „Hinausgehen“. Wenn ihr das Buch lest, wird euch eine Dreiteilung auffallen. Am Anfang, etwa in den ersten achtzehn Kapiteln, geht es darum, dass das Volk Israel, das zu Beginn des Buches noch in der Sklaverei lebt, durch Gott befreit wird. Das ist der eigentliche Auszug. Man kennt diese Geschichte aus verschiedenen Hollywoodfilmen. Dazu braucht man eigentlich kaum etwas zu sagen: Passah, das Rote Meer, der Untergang der ägyptischen Streitmacht – das ist alles bekannt. Das ist der Anfang des Buches und auch der Grund für seinen Namen.
Der zweite Teil erstreckt sich ungefähr von Kapitel neunzehn bis Kapitel vierundzwanzig. Er ist uns größtenteils auch vertraut. Man könnte sagen: Der erste Teil ist der Auszug, der zweite Teil das Gesetz. Zumindest Kapitel zwanzig kennt ihr, denn dort stehen die Zehn Gebote. Danach folgen noch weitere Gebote, die oft etwas übersehen werden. Zusammen bilden sie so etwas wie das bürgerliche Gesetzbuch der Israeliten. Dieser Abschnitt endet ungefähr mit Kapitel vierundzwanzig.
Dann folgt der dritte Teil, der die Stiftshütte behandelt. Die Stiftshütte ist der Ort, an dem Gott unter seinem Volk wohnen will. Man kann sie sich vorstellen wie einen transportablen Tempel. Dieser Teil wird zweimal beschrieben. Dazwischen liegt das unglückliche Ereignis mit dem goldenen Kalb. Danach wird die Stiftshütte erneut erwähnt und am Ende schließlich gebaut.
Das ist also das zweite Buch Mose: der Auszug, das Gesetz und die Stiftshütte. Über alle drei Teile möchte ich irgendwann ein paar Worte verlieren. Heute beginnen wir mit dem Auszug, mit dem Exodus, und werden schon erste Gedanken zum Gesetz ansprechen. Beim nächsten Mal werden wir das Thema Gesetz fortführen und auch noch einige Dinge zur Stiftshütte sagen.
Der erste Teil, der Auszug oder Exodus, zeigt uns drei Akteure: Gott, Ägypten und Israel. Wir können darüber nachdenken, was der Exodus für diese drei bedeutet. Welche Bedeutung verbinden sie jeweils damit? Was kann ich daraus lernen, dass Israel ausgezogen ist, Gott sie befreit hat und die Ägypter sie nicht loslassen wollten? Das wird unser erstes Thema sein, das uns wahrscheinlich die nächsten zwanzig Minuten beschäftigen wird.
Fangen wir mal damit an: Was bedeutet der Exodus für Israel? Mindestens vier Dinge sollten uns einfallen, wenn wir darüber nachdenken, was der Exodus für Israel bedeutet.
Wir werden jetzt ein bisschen lesen. Unsere erste Bibelstelle ist 2. Mose 12. Falls ihr noch Bibeln braucht, sagt Bescheid – da hinten ist ein ganzer Schrank voll. Nehmt euch gerne welche heraus.
2. Mose 12 zeigt uns, dass der Exodus für Israel der Anfang eines ganz neuen Lebens war. Das wird deutlich an einer Begebenheit, wie wir hier lesen, in 2. Mose 12,1-2:
Und der Herr sprach zu Mose und zu Aaron im Land Ägypten: „Dieser Monat soll für euch der Anfangsmonat sein, er sei euch der erste von den Monaten des Jahres.“
Gott sagt hier also: Egal, welcher Monat gerade ist – in unserem Fall, wenn unser Exodus heute wäre, dann würde Gott sagen: Vergesst euren bisherigen Kalender, heute ist Januar, und zwar der erste. Es fängt etwas ganz Neues an, der Anfang eines neuen Lebens.
Für die Israeliten beginnt etwas, das man nur mit dem Begriff Freiheit beschreiben kann. Das ist unser zweiter Punkt: der Beginn einer ganz neuen Freiheit. Schaut euch 2. Mose 13,3 an, wie Ägypten beschrieben wird:
Und Mose sagte zum Volk: „Gedenkt dieses Tages, an dem ihr aus Ägypten gezogen seid, aus dem Sklavenhaus.“
Für die Israeliten sollte Ägypten in Erinnerung bleiben – aber in der richtigen Erinnerung, nämlich als Ort, an dem sie einmal Sklaven waren.
Ich sage euch eins: Wenn eine Sache für einen Christen von Bedeutung ist, dann ist es diese, nie zu vergessen, wie das Leben vor der Bekehrung war. Denn wenn du das vergisst, dann wirst du die Segnungen Gottes in deinem Leben nicht mehr wertschätzen können.
Hier finden wir genau diesen Gedanken: Gott sagt, passt auf, ich führe euch in eine ganz neue Freiheit, aber vergesst nicht, wo ihr herkommt – aus dem Sklavenhaus.
Für Israel ist der Exodus nicht nur der Anfang eines neuen Lebens und einer neuen Freiheit, sondern auch der Anfang einer neuen Gemeinschaft. Wenn es um Gemeinschaft im Alten Testament geht, gibt es eine Einrichtung, die wir Deutschen nicht so wirklich zu schätzen wissen, die aber im Alten Testament eine große Bedeutung hat: die Idee, gemeinsam ein Fest zu feiern.
Schlagt mal 2. Mose 12,14 auf. Da sagt Gott:
„Und dieser Tag, das ist der Tag des Auszugs, soll euch eine Erinnerung sein.“
Was macht Gott jetzt, damit sein Volk sich an diesen Tag erinnert? Er sagt:
„Ihr sollt ihn feiern als Fest für den Herrn, als ewige Satzung für alle eure Generationen.“
Feste im Alten Testament sind ein Ausdruck von Gemeinschaft. Deswegen lesen wir auch später, wenn Gott sich seinem Volk zu erkennen gibt, von einer Szene, in der die Ältesten vor Gott sitzen, essen und trinken und die Gemeinschaft genießen. (Leider finde ich die genaue Stelle gerade nicht.)
Der vierte Punkt ist also: Neues Leben, neue Freiheit, neue Gemeinschaft – und das alles durch das Symbol des Festes.
Dann fängt etwas an, das eine ganz neue Sicherheit bedeutet. Das möchte ich euch an 2. Mose 6,7-8 zeigen.
Ich möchte gerne eine eventuell falsche Vorstellung von dem Volk Israel verwerfen. Diese Vorstellung besagt, dass Israel ein armes, geknechtetes Volk war, das an seinem Gott hing, jahrhundertelang zu ihm schrie, niemals Götzendienst trieb und ganz treu war. Und nun erbarmt sich Gott endlich dieses Volkes.
Diesen Gedanken möchte ich etwas korrigieren, denn er stimmt nicht ganz. Wir werden später noch lesen, dass das Volk Israel relativ schnell im Land Ägypten die ägyptischen Götter liebgewonnen hat.
Vor diesem Hintergrund ist zu sehen, was wir jetzt lesen: Gott ist hier der Handelnde. 2. Mose 6,7 sagt:
„Und ich will euch mir zum Volk annehmen und will euer Gott sein. Und ihr sollt erkennen, dass ich der Herr, euer Gott, bin, der euch herausführt unter den Lastarbeiten der Ägypter hinweg.“
Weiter heißt es in Vers 8:
„Dann werde ich euch in das Land bringen, um dessen Willen ich meine Hand zum Schwur erhoben habe, dass ich es Abraham, Isaak und Jakob geben will, und ich werde es euch zum Besitz geben. Ich bin der Herr.“
Gott sagt also mehrfach: „Ich will euer Gott sein, ich will euch zum Volk annehmen und ich werde euch in das Land bringen.“
Das ist die Sicherheit, die das Volk Israel hat. Wir können sagen: Auf unserer Seite steht Gott, und er hat versprochen, sich darum zu kümmern. Wie genau, wissen wir noch nicht.
Und die Parallele dazu
Zu diesem ganzen Exodus findet sich im Neuen Testament unter anderem in Lukas 9 eine wichtige Stelle. Wir befinden uns dort auf dem Berg der Verklärung. Jesus trifft sich mit Mose und Elija, wie es in Lukas 9,28-31 beschrieben wird:
„Es geschah aber etwa acht Tage nach diesen Worten, dass er Petrus und Johannes und Jakobus mitnahm und auf den Berg stieg, um zu beten. Und als er betete, veränderte sich das Aussehen seines Angesichts, und sein Gewand wurde weiß strahlend. Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm, es waren Mose und Elija. Diese erschienen in Herrlichkeit und besprachen seinen Ausgang, den er in Jerusalem erfüllen sollte.“
Das Thema, das sie hatten, war also sein Ausgang. Wörtlich steht dort „sein Exodus“. Was ist damit gemeint? Zuerst einmal sein Tod. Sein Tod sollte die Grundlage sein für einen Exodus ganz besonderer Art. Mit seinem Tod wird Jesus die Menschen befreien – von der Schuld und von der Macht der Sünde.
Genauso wie die Israeliten durch den Auszug unter Mose Leben, Freiheit, Gemeinschaft mit Gott und Sicherheit erhielten, wird nun das Gegenstück durch Jesus erreicht. Das Evangelium bedeutet für den Gläubigen genau dasselbe: Es ist ein neues Leben, es ist Freiheit, es ist Gemeinschaft mit Gott – und das ist Sicherheit.
Das waren die Gedanken: Was bedeutet der Exodus für Israel und dann in Übertragung für den Gläubigen?
Was zeigt uns der Exodus über Ägypten, beziehungsweise was können wir lernen, wenn wir den Exodus und seine Auswirkungen auf Ägypten betrachten?
Das Erste, was wir lernen können, ist, dass Götzendienst wirklich etwas ganz Falsches ist. Die ganze Falschheit des Götzendienstes wird im Exodus deutlich dargestellt.
Dazu möchte ich bitten, Josua 24 aufzuschlagen. In Josua 24, Vers 2 heißt es: „Und Josua sprach zu dem ganzen Volk: So spricht der Herr, der Gott Israels.“ Jetzt blickt Josua weit zurück: „Jenseits des Stroms haben eure Väter vor Zeiten gewohnt, und zwar Terach, der Vater Abrahams und der Vater Nahors, und sie dienten anderen Göttern. Ich nahm euren Vater Abraham von jenseits des Stroms und ließ ihn im ganzen Land Kanaan umherziehen. Ich mehrte seine Nachkommen und gab ihm Isaak, und dem Isaak gab ich Jakob und Esau, und dem Esau gab ich das Gebirge Seir zu besitzen.“
Was Josua hier betont, ist, dass Abraham zwar ein gottesfürchtiger Mann war, seine Vorfahren – also sein Vater – aber Götzendiener waren. Nur weil Abraham gottgläubig war, bedeutete das nicht automatisch, dass auch seine Nachkommen gottgläubig werden würden.
Es ist eher so, dass wir – dazu schlagen wir einmal Hesekiel auf – sehen, wie die Israeliten in Ägypten schon nach kurzer Zeit begannen, Götzendienst zu betreiben, und zwar mit den Göttern der Ägypter. Dieser Götzendienst, der in Ägypten begann, wurde bis zur babylonischen Gefangenschaft zu einem sehr negativen, aber dennoch markanten Kennzeichen der Israeliten.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir, wenn wir den Exodus im Hinblick auf Ägypten betrachten, verstehen: Ein Punkt, den Gott vermitteln wollte, ist, dass all diese Götzen nichts taugen. Das ist eine falsche Idee. Die Israeliten hatten sich auf die Ägypter eingelassen und gedacht, diese seien eine große Macht, weil sie große Götter hätten. Doch in Wirklichkeit sind diese Götzen nichts als aufgeblasene Vorstellungen.
Wenn aber der wahre Gott, der Gott der Realität, der wirklich da ist, eingreift, dann merkt man, wie klein und bedeutungslos diese Götzen sind.
2. Mose 12, Vers 12 verdeutlicht diesen Gedanken, besonders im zweiten Teil: Dort wird Gottes Absicht deutlich, was er eigentlich will. Es heißt: „An allen Göttern Ägyptens werde ich ein Strafgericht vollstrecken, ich, der Herr.“ Gott war es wichtig zu zeigen, dass er diese Götter bestrafen kann. Das kann nur Gott selbst, denn die anderen sind eben keine wirklichen Götter.
Diese Lektion, dass Gott seine Anbetung nicht teilt, dass er der große Gott ist und Dinge tun kann, die anderen Göttern unmöglich sind, kommt bei den Menschen an.
Ihr werdet lesen, dass mitten in den Plagen – in 2. Mose 8, Vers 15 – die Zauberer, die für eine Weile die Wunder noch nachahmen können, sagen: „Das ist der Finger Gottes.“ Sie merken also, dass etwas nicht stimmt. Mit ihren Fähigkeiten kommen sie nicht mehr mit.
Oder in 2. Mose 15, Vers 14, ein Zitat aus dem Lied der Israeliten, das sie nach ihrer Errettung gesungen haben: Dort lernen wir, dass auch die Völker ringsum ihre Lektion gelernt haben. „Sie hörten den Auszug und den Untergang der Armee des Pharao, sie hörten es, die Völker, sie bebten, Angst ergriff die Bewohner Philistias.“
Die Zauberer haben also ihre Lektion verstanden, und die Nationen ringsum haben gemerkt: „Ups, was da passiert ist, das ist wirklich einmalig.“
Dann kommt 2. Mose 18, Josua zu Besuch – das ist der Schwiegervater von Mose. In 2. Mose 18, Vers 10 sagt Jitro: „Gepriesen sei der Herr, der euch errettet hat aus der Hand der Ägypter und aus der Hand des Pharao, der das Volk errettet hat unter der Hand der Ägypter hinweg. Nun habe ich erkannt, dass der Herr größer ist als alle Götter.“
Der Auszug zeigt den Leuten wirklich: Wir haben es mit einem Gott zu tun, der alles in den Schatten stellt, was bis zu diesem Zeitpunkt bekannt war.
Und noch einmal zurück zu 2. Mose 15, Vers 11, aus dem Lied der Israeliten: Es war nicht nur so, dass die Zauberer, die anderen Völker und Jitro das verstanden haben, sondern auch Israel selbst hat das verstanden. Dort heißt es: „Wer ist dir gleich unter den Göttern, o Herr? Wer ist dir gleich so herrlich in Heiligkeit, furchtbar an Ruhmstaten, wundertätend?“
Leider hat Israel dann nicht ganz beherzigt, was es da gelernt hatte. Das ist immer eine gefährliche Sache: Erst zu erkennen, dass die Götzen nichts taugen, und sich dann doch nicht an den wahren Gott zu halten.
Der zweite Punkt, den wir lernen können, betrifft den Umgang mit Exodus und Ägypten. Es zeigt sich, wie dumm und grenzenlos töricht es ist, Gott Widerstand leisten zu wollen.
Die Konfrontation zwischen Ägypten, insbesondere der Person des Pharao, und Israel beginnt im Kapitel fünf. In 2. Mose 5,2 treten Mose und Aaron vor den Pharao. Der Pharao antwortet ihnen: „Wer ist der Herr, dass ich auf seine Stimme hören und Israel ziehen lassen soll? Ich kenne den Herrn nicht und werde Israel auch nicht ziehen lassen.“
Wir wissen bereits, weil wir ein wenig aus dem zweiten Buch Mose im Kopf haben, dass jetzt die zehn Plagen folgen werden. Der Pharao sagt: „Ich kenne ihn nicht.“ Doch was ernten Menschen, die sich Gottes Willen widersetzen? Letztlich Klagen und Untergang.
Man kann sich fragen, warum Gott sich überhaupt auf so ein Ringen einlässt. Einmal zack – und der Pharao wäre weg. Gott könnte ihn einfach vernichten, doch das tut er nicht. Warum nicht?
Gott hat damit eine Intention. In 2. Mose 9,15-16 kündigt Gott die siebte Plage an: den Hagel. Hier scheiden sich plötzlich die Geister in Ägypten. Einige Menschen glauben Gott und bringen ihr Vieh in Sicherheit. Andere glauben nicht und verlieren ihr Vieh.
In 2. Mose 9,15 heißt es: „Schon jetzt hätte ich meine Hand ausstrecken und dich und dein Volk mit der Pest schlagen können, so dass du von der Erde ausgetilgt worden wärest. Aber ich habe dich bestehen lassen, um dir meine Macht zu zeigen und damit man auf der ganzen Erde meinen Namen verkündigt.“
Gott verfolgt also ein Ziel mit seinem Vorgehen. Wenn man dann weiterliest, auch über die Sommerpause hinweg, wenn das Buch Josua allmählich kommt, wird man feststellen, dass 40 Jahre nach dem Auszug Kundschafter in Jericho Unterschlupf bei einer Hure finden. Diese versteckt und rettet sie vor ihren eigenen Landsleuten.
Die Begründung dieser Hure Rahab für ihr Handeln findet sich in Josua 2,8: „Aber bevor sie sich schlafen legten, stieg sie, das ist Rahab, zu ihnen auf das Dach hinauf und sagte zu den Männern: Ich habe erkannt, dass der Herr euch das Land gegeben hat und dass der Schrecken vor euch auf uns gefallen ist, so dass alle Bewohner des Landes vor euch mutlos geworden sind.“
Weiter heißt es, „denn wir haben gehört, dass der Herr die Wasser des Schilfmeeres vor euch ausgetrocknet hat, als ihr aus Ägypten zogt, und was ihr den beiden Königen der Amoriter getan habt, die jenseits des Jordan waren.“
Vierzig Jahre später war es für eine Hure in Jericho ganz klar: Sie wusste genau, was damals passiert war. Die Menschen in Jericho wussten es ebenfalls sehr genau. Sie hatten große Angst vor Israel, weil sie verstanden hatten, dass der Gott, der zu Israel hält, ein ganz besonderer Gott ist. So etwas hatte es vorher noch nie gegeben, und so etwas wird es auch danach nicht mehr geben.
Die erste Lektion war die Falschheit des Götzendienstes. Die zweite Lektion, die wir lernen können, ist: Es ist grenzenlose Dummheit, sich Gott zu widersetzen.
Eine dritte Lektion zeigt eine weitere Parallele: Ägypten hat für uns mehr als nur eine geografische Bedeutung. Ägypten steht für ein System, aus dem ein Mensch errettet werden muss.
Man könnte sagen, es symbolisiert die Welt. Dabei kann „Welt“ in der Bibel Verschiedenes bedeuten. Hier möchte ich es als ein System verstehen, das der Mensch sich selbst erschafft, um ohne Gott glücklich zu sein.
Die Merkmale dieses Systems finden sich genau in Ägypten wieder. Aus diesem System müssen wir wirklich errettet werden. Deshalb muss jeder von uns, ebenso wie die Israeliten, einen Exodus durchmachen.
Dieser Exodus führt uns aus dem System heraus, das uns dazu drängt, den Blick von Gott abzuwenden. So können wir unseren Blick wieder auf Gott richten.
Dritter Punkt: Der Exodus und Gott. Na ja, das hatten wir eigentlich schon, oder? Der Exodus zeigt uns, dass Gott mächtig ist. Im Alten Testament wird der Auszug immer wieder als Vergleichspunkt herangezogen – so wie damals. Das ist der Maßstab, an dem alles gemessen wird.
Wenn du ein Gott sein willst, dann handle bitte so, wie Gott es damals getan hat. Das war der Standard für Macht. Ein ganzes Volk zu führen, es herauszuführen und dann noch die ganze Armee zu vernichten. Und dann ernähre es einfach vierzig Jahre in der Wüste und schenke ihm ein Land. Damit sind wir ungefähr bei diesem Standard angekommen.
Auch der Prophet Micha und andere werden sich daran zurückerinnern. Es ist ein Ausdruck von Gottes Macht, der Maßstab, an dem man Macht messen kann.
Wisst ihr, was der Maßstab im Neuen Testament ist? Im Alten Testament ist es der Exodus, aber im Neuen Testament? Der Maßstab ist der, der die Seele zu verderben vermag. Du meinst ja, die Seele zu verderben vermag. Ja, das ist in der Tat ein Punkt, aber das ist das, was man fürchten soll. Es ist nicht der Parallelpunkt zur Macht.
An einer Stelle hat Gott im Neuen Testament seine Macht bewiesen. Und das benutzt der Apostel Paulus auch, um uns zu sagen, dass wir die Größe seiner Macht erkennen sollen. Nicht die Verklärung, nicht die Kreuzigung – die Auferstehung bleibt richtig.
Hier, schaut euch das an, Epheser 1, Vers 19: Im Alten Testament haben wir den Exodus, aber im Neuen Testament haben wir etwas, das noch darüber hinausgeht. Ich lese mal Vers 18 des Zusammenhangs wegen:
„Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, was die Hoffnung seiner Berufung ist, was der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen ist und jetzt kommt’s: was die überschwängliche Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, ist, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke.“
Jetzt kommt der Vergleichspunkt: „Diese hat er in Christus wirksam werden lassen, indem er ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in der Himmelswelt gesetzt hat.“
Also, wenn wir davon sprechen, dass Gott ein Gott ist, der wirklich Macht hat, dann wäre unser Vergleichspunkt der, dass wir sagen: Ja, er hat Jesus auferweckt, und Jesus sitzt jetzt im Himmel. Er hat ihn auffahren lassen.
Das ist Macht.
Mir war noch etwas wichtig, das ich sagen wollte: der Exodus im Vergleich zum Evangelium. Das wurde ja deutlich. Es gibt Ähnlichkeiten, aber auch Gegensätze. Ich möchte diese kurz zusammenfassen.
Bei den Ähnlichkeiten geht es sowohl beim Evangelium als auch beim Exodus um eine Befreiung. Beim Exodus werden die Israeliten freigelassen. Beim Evangelium geht es darum, dass die Menschen von ihrer Schuld befreit werden – von der Strafe der Sünde und von der Bindung, die die Sünde schafft.
Im Zentrum beider Ereignisse stehen sehr ähnliche Dinge. Im einen Fall ist es das Passa, also ein geschlachtetes Lamm. Auch das Neue Testament beschreibt Jesus als das Passalamm, das geschlachtet wird – ein Lamm ohne Fehler, ohne Flecken, das sein kostbares Blut gibt. Das sind die Gemeinsamkeiten.
Aber es gibt auch Gegensätze, die ich kurz zeigen möchte. Zum einen ist die Art der Opfer ganz unterschiedlich. Beim Exodus sind es Tieropfer, viele Tiere. Im Evangelium hingegen ist es kein Tieropfer, sondern ein Menschenopfer. Und es sind nicht viele, sondern nur eines – ein Opfer für alle. Das ist ein wichtiger Gegensatz.
Dann war der Exodus eine ganz nationale Sache. Er betraf wirklich nur die Israeliten. Einige wenige mit israelitischer Herkunft waren womöglich mit ausgezogen. Das werdet ihr spätestens im vierten Buch Mose sehen, wenn sie anfangen zu murren. Aber im Großen und Ganzen war es eine Sache für Israel.
Das Evangelium ist hingegen für die ganze Welt. Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit nicht die ganze Welt verloren geht, sondern jeder, der an ihn glaubt.
Ein weiterer Unterschied: Der Exodus hat mit physischer Befreiung zu tun. Die Menschen wurden wirklich aus einer tatsächlichen Sklaverei befreit. Beim Evangelium geht es um eine geistliche Befreiung – die Befreiung von der Sünde.
Das eine führt die Menschen ins gelobte Land, das andere führt sie in den Himmel. Insofern gibt es zum Glück einige Unterschiede.
So viel zu dem Thema Exodus. Etwa die Kapitel 1 bis 18 beschreiben diesen Bereich. Ihr könnt viel lernen, wenn ihr darüber nachdenkt und geistliche Parallelen für euer Leben zieht.
Der zweite Teil des Buches, ab Kapitel neunzehn, beschreibt das Gesetz. Heute werde ich von meinen fünf Punkten zum Gesetz nur den ersten behandeln. Dieser ist schon schwer genug, weil ich euch mit einigen Gedanken konfrontieren möchte.
Der Hauptgedanke ist, dass der mosaische Bund eigentlich kein wirklich neuer Bund ist. Der Bund, den Gott mit dem Volk Israel am Sinai schließt, stellt vielmehr die Entwicklung eines früheren Bundes dar, den Gott viel, viel früher mit einem anderen geschlossen hat. Mit wem? Mit Abraham. Danke, Tobi.
Lasst uns Zweite Mose 19 aufschlagen, ab Vers 4:
"Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe, und wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und zu mir gebracht habe. Nun, wenn ihr willig auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, dann sollt ihr aus allen Völkern mein Eigentum sein, denn mir gehört die ganze Erde. Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein." Das sind die Worte, die du zu den Söhnen Israels sprechen sollst.
Ich hoffe, wenn ihr das lest, klingelt es euch ein wenig neutestamentlich in den Ohren. Dieses Ziel, das Gott mit seinem Volk hat, ist dasselbe, das im Neuen Testament beschrieben wird – mindestens im ersten Petrusbrief Kapitel 2. Dort wird beschrieben, dass Gott sich ein Volk schafft, ein Königreich von Priestern, eine heilige Nation. Das ist sein Ziel.
Die Frage ist nun: Wenn er in Vers 5 davon spricht, dass ihr willig auf meine Stimme hören und meinen Bund halten werdet, welchen Bund meint er denn hier? Wenn man das wissen will, muss man ein Stück zurückgehen. Wir springen jetzt ein wenig zurück zu Zweite Mose 2.
In Zweite Mose 2, Vers 24 heißt es: "Da hörte Gott ihr Ächzen." Das Volk war schon in der Sklaverei, und Gott dachte an seinen Bund mit Abraham, Isaak und Jakob. Es gibt also einen Bund, an den Gott zurückdenkt. "Gott sah nach den Söhnen Israels und kümmerte sich um sie."
Dann springen wir noch ein Stück weiter zu der Stelle, die wir vorhin hatten: Zweite Mose 6. Wieder mit der Frage im Hinterkopf: Welcher Bund könnte hier gemeint sein? In Zweite Mose 6, Verse 4-7 wird Mose berufen und erhält seinen Auftrag. In Vers 2 sagt Gott:
"Ich bin Yahweh. Ich bin Abraham, Isaak und Jakob erschienen als Gott der Allmächtige, aber beim Yahweh habe ich mich ihnen nicht zu erkennen gegeben. Auch habe ich meinen Bund mit ihnen aufgerichtet, ihnen das Land Kanaan anzugeben, das Land ihrer Fremdlingschaft, in dem sie als Fremdlinge gelebt haben."
Merkt ihr etwas? Es gibt einen alten Bund, den Gott mit Abraham, Isaak und Jakob geschlossen hat. Im Zentrum dieses Bundes steht: "Ich werde euch beziehungsweise euren Nachkommen dieses Land geben." Gott sagt, dieser Bund gilt, er hat sich nicht davon distanziert.
In Vers 5 heißt es weiter: "Ich habe auch das Ächzen der Söhne Israels gehört, die die Ägypter zur Arbeit zwingen, und ich habe an meinen Bund gedacht." An welchen Bund? Natürlich an den Bund mit Abraham, Isaak und Jakob.
Darum sollen sich die Söhne Israels an den alten Bund erinnern. Gott sagt: "Ich bin der Herr. Ich werde euch herausführen unter den Lastarbeiten der Ägypter, euch aus ihrer Arbeit erretten und erlösen mit ausgestrecktem Arm und durch große Gerichte. Ich will euch mir zum Volk annehmen und will euer Gott sein, und ihr sollt erkennen, dass ich der Herr, euer Gott, bin, der euch herausführt unter den Lastarbeiten der Ägypter."
Merkt ihr etwas? Gott hat da einen Bund, den Bund Abrahams, der viel früher geschlossen wurde – etwa fünfhundert Jahre vorher. Gott erinnert sich daran, bleibt dabei und sagt: Der gilt. Weil er sich an den Bund erinnert, kommt er jetzt zu seinem Volk und sagt: Ich möchte euch retten.
Wenn ihr den Bund lesen wollt, lest Erste Mose 15, dort wird der Bund geschlossen. In Erste Mose 17 wird er erneuert, und es kommt das Zeichen der Beschneidung mit Abraham hinzu. Von Erste Mose 17 bis Zweite Mose 2 oder auch Zweite Mose 19, je nachdem, wo man einsteigt, wird kein anderer Bund erwähnt. Das ist der einzige Bund, den es in dieser Zeit gibt.
Ich habe euch gezeigt, dass Gott der Handelnde in dieser ganzen Sache ist.
Jetzt, wenn ich euch frage: Warum war Abraham gerecht? Weil er glaubte. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Abraham erhielt seine Gerechtigkeit, seine Rechtschaffenheit durch den Glauben.
Das Schöne an Abrahams Lebensbericht, was mich immer wieder begeistert, ist, dass er Fehler gemacht hat – und nicht zu knapp. Zweimal gab er seine Frau als seine Schwester aus. Man kann sagen, das war nur halb gelogen, ja, das stimmt, aber es war trotzdem nicht ganz fair.
Abraham war nicht makellos. Aber an einer Stelle wird eines deutlich: Er war jemand, der Gott vertraut hat, und das rechnet ihm Gott hoch an.
Was war der Auftrag? Was musste Abraham tun, um in dem Bund zu bleiben? Das war irgendwie die Grundlage des Bundes. Was musste er tun, um in dem Bund zu bleiben? Gehorsam? Nein.
Denn das Land, aus dem er kam, hatte er schon verlassen, bevor der Bund überhaupt geschlossen wurde. In Erste Mose 12 verlässt er sein Land, und in Erste Mose 15 kommt es zum Bundesschluss.
Was musste er eigentlich tun, um in dem Bund zu bleiben? Vertrauen. Er vertraute, und das Einzige, was Gott von ihm wollte, war, dass er einfach weiter vertraut.
Keine besonderen Gebote, sondern einfach: Bitte schön, vertraue auf mich, das ist das, was ich will.
In Erste Mose 17,1 wird das so ausgedrückt: "Lebe vor meinem Angesicht und sei untadelig." Lebe einfach weiter, wie du es bisher getan hast, vertraue einfach weiter. Das ist die Grundlage des Bundes Gottes mit Abraham.
Jetzt kann man sich fragen: Was ändert sich im zweiten Buch Mose, wo das Volk die Gesetze bekommt? Ist der Glaube jetzt out? Man hat fast den Eindruck, dass sich alles ändert.
Man hat fast den Eindruck: Hier hinten ist Abraham, und Abraham fängt mit Glauben an. Aber dann kommt eine ganz komische Entwicklung, plötzlich sind die Gesetze da. Von nun an muss man halt, um mit Gott im Reinen zu sein, die Gebote halten.
Vorher ging es nach Glauben – das war die schöne Zeit Abrahams. Aber spätestens seit Mose sind die Gesetze dazugekommen, und alles ist irgendwie kompliziert geworden, weil die kann keiner halten. Furchtbar.
Ich weiß nicht, ob es euch beim Lesen so geht, aber wenn ja, dann geht es euch wie mir. Und das bekommt man erst einmal gar nicht so richtig auf die Reihe, wie das eigentlich zusammengehört.
Das Interessante ist, wenn wir genau lesen, zum Beispiel in 2. Mose Kapitel 19, dann stellen wir fest, dass das, was Gott den Israeliten anbietet, tatsächlich der alte abrahamitische Bund ist. Einen anderen Bund gab es überhaupt nicht. Es handelt sich um einen Bund, der eine Grundlage hatte, nämlich Glauben – oder das deutsche Wort dafür heißt Vertrauen.
Das ist auch sehr vernünftig, denn Gott kennt das menschliche Herz. Er weiß ganz genau, dass der Mensch nie in der Lage sein wird, seine Gebote vollständig zu halten. Das kann er nicht.
Ich erinnere mich noch, wie erschrocken ich war, als ich im fünften Mose einen Vers las, in dem Gott sagt: Ja, und das Herz, das ihr habt, kann die Gebote sowieso nicht halten – so ungefähr steht es dort. Da dachte ich: Ups, warum hat Gott dann überhaupt die Gesetze gegeben? Warum gibt Gott Gesetze, die der Mensch nicht halten kann?
Wenn man genau liest, stellt man Folgendes fest: Gott bietet den Israeliten in Kapitel 19 den abrahamitischen Bund an. Doch das Volk reagiert auf dieses Angebot auf eine ganz merkwürdige Weise.
Bevor ich weiterrede, möchte ich etwas Generelles sagen: Glaube oder Vertrauen ist für einen Ungläubigen nichts wert. Das hat für ihn keinen Wert. Das merkt man immer wieder, wenn man mit jemandem über das Evangelium redet und sagt: Du musst nur Gott vertrauen. Die Leute, die nicht glauben wollen oder einfach nicht glauben, lehnen das sofort ab. Sie sagen: Das ist ja viel zu einfach, so etwas Blödsinniges – ja, nur zu glauben? Was ist denn das?
Für einen Ungläubigen hat Glaube keine Bedeutung. Der religiöse Mensch ist jemand, der sich den Himmel erarbeiten möchte, der irgendetwas tun will, um in den Himmel zu kommen. In seinem Bestreben, Gott etwas bieten zu können, verliert er den Blick für die Realität. Die Realität ist nämlich, dass kein Mensch Gott etwas bieten kann.
Jetzt müssen wir in den Römerbrief hineinspringen, um zu zeigen, was die Israeliten falsch gemacht haben. In Römer 10, Verse 2 und 3 heißt es, Paulus spricht hier über seine israelitischen Volksgenossen, die das Gesetz so hochhalten:
„Denn ich gebe ihnen Zeugnis, dass sie Eifer für Gott haben.“ Ist das nicht toll? Da hat jemand Eifer, ist nicht faul – aber nicht mit rechter Erkenntnis.
„Denn da sie Gottes Gerechtigkeit nicht erkannten und ihre eigene auf Gerechtigkeit aufzurichten trachteten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen.“
Das ist das Problem vieler Menschen. Ich habe es so formuliert: Man kann mit Eifer in die Hölle gehen. Du kannst Eifer haben und sagen: Ich möchte etwas leisten, ich möchte für Gott etwas erreichen. Du kannst ins Kloster gehen, viele gute Werke tun und dich wirklich einsetzen.
Ich erinnere mich daran – Anne wird das besser verstehen – dass wir in Albanien auch die Missionaries of Charity besucht haben, die sich um Straßenkinder kümmern. Das ist eine Arbeit, von der ich nicht weiß, wer von uns sie tun würde. Sie haben keine lebendige Beziehung zu Jesus, sie haben Eifer, aber wenn es um Jesus geht, haben sie keine Erkenntnis.
Ja, mit Eifer in die Hölle!
Der religiöse Mensch, wie ich gesagt habe, will sich seine Gerechtigkeit erkaufen. Gerade dieses Bestreben, etwas leisten zu wollen vor Gott, ist letzten Endes ein Ausdruck seines Unglaubens. Die Tatsache, dass du noch etwas leisten willst, zeigt, dass du nicht wirklich verstanden hast, dass du nichts leisten kannst.
Nur derjenige, der verstanden hat, dass er selbst nichts bringen kann, ist – wie in der Geschichte von dem Zöllner und dem Pharisäer im Tempel – in der Lage zu sagen: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Das ist der Ausdruck des Vertrauens. Zu sagen: Ich habe nichts. Oder wie es in den Seligpreisungen heißt: Die, die bettelarm im Geist sind, das sind die Glückseligen, weil sie verstanden haben, dass sie nichts bringen können.
Wenn du aber sagst: Nein, das schaffen wir schon. Gott gibt die Gebote her, ich steige in den Vertrag ein und mache das schon. Egal, was du von mir forderst, du weißt gar nicht, Gott, was für ein toller Kerl ich bin. Sag mir, was ich machen soll, was es kostet, den Himmel zu kriegen, und ich mache das.
Leute, die mit dieser Einstellung rangehen, bringen zum Ausdruck: „Du willst mir die Errettung schenken, Gott? Lass da mal jemanden ran, der wirklich Ahnung hat, auf den man sich wirklich verlassen kann – nämlich auf mich. Lass mich meine Errettung in die eigene Hand nehmen, dann wird das auch was.“
Und genau das ist die Haltung der Israeliten. Gott bietet ihnen einen Bund an, und was machen sie? Sie sagen: Kein Problem, sag, was wir tun sollen, wir machen es, wir sind dabei. Grenzenlose Selbstüberschätzung. Sie verstehen überhaupt nicht, dass sie auf dem Weg sind, ihre Errettung irgendwie selbst zu machen, obwohl Gott doch gesagt hatte: „Ich will es machen.“ Sie sagen: „Nee, komm, wir machen das.“
Lesen wir 2. Mose 19, Vers 8, kurz nach dem Angebot:
„Da antwortete das ganze Volk gemeinsam und sagte: Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun.“
Wow! Mose brachte dem Herrn die Worte des Volkes zurück. Gott bietet dir einen Bund an, der auf Glauben beruht, und du sagst: Ich möchte etwas tun. Wow, gut, okay.
Nur was ist, wenn du die letzten vierhundert Jahre nicht geschafft hast, so zu leben, wie Gott es wollte? Und wenn du dann anfängst in so einer Situation zu behaupten, jetzt schaffe ich es – ist das realistisch? Oder ist das nicht grenzenlose Selbstüberschätzung?
Lesen wir noch einmal 2. Mose 24. Gott war einen Schritt weitergegangen. Er hatte ihnen Gebote gegeben, und sie sagen, Vers 4:
„Alle Worte, die der Herr geredet hat, wollen wir tun.“
Da schrieb Mose alle Worte des Herrn auf. Am nächsten Morgen aber machte er sich früh auf, errichtete einen Altar unten am Berg und zwölf Denksteine nach den zwölf Stämmen Israels.
Vers 7: „Und er nahm das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volkes, und sie sagten: Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun und gehorchen.“
Jetzt kommt etwas, das wirklich zeigt, wie ernst Gott die Entscheidung des menschlichen Herzens nimmt – auch an der Stelle, wo die Entscheidung falsch ist. Was sie tun, haben wir in Römer 10 gelesen: Sie verwerfen die Gerechtigkeit, die Gott ihnen anbietet, und suchen eine Gerechtigkeit aus dem Halten von Geboten heraus.
Und Gott sagt: Okay, du kannst das haben, das ist kein Problem, machen wir das. Wenn du das möchtest, bin ich damit einverstanden. Gott wird ihnen einen Weg zeigen, wie sie gerecht sind vor Gott, und er definiert die neue Gerechtigkeit.
Die alte hieß Gerechtigkeit aus Glauben, und die neue – davon lesen wir in Römer 10, Vers 5:
„Denn Mose beschreibt die Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz ist.“
Merkt ihr was? Es gibt eine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz ist. Es gibt die Gerechtigkeit aus dem Glauben, aber tatsächlich auch eine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, aus dem Halten von Geboten kommt. Sie heißt: Der Mensch, der diese Dinge getan hat, wird durch sie leben.
Ja, du kannst durch das Halten der Gebote gerecht werden vor Gott. Es gibt nur eine Einschränkung: Du darfst keinen Fehler machen. Jakobus 2, Vers 10 drückt das vielleicht für uns Bekannte so aus:
„Denn wer das ganze Gesetz hält, aber in einem strauchelt, ist aller Gebote schuldig geworden.“
Und das Volk, das dreimal geschrien hat: „Wir werden das alles halten“, findet sich wieder unter dem Fluch des Gesetzes. Gott sagt: Okay, probiert es aus. Wenn ihr es wollt, könnt ihr es haben.
Jetzt werdet ihr sagen: Ja, aber das funktioniert doch bei keinem Einzigen. Ja, das stimmt, es funktioniert bei keinem Einzigen.
Deswegen gab es in der Geschichte Israels immer wieder Menschen, die das gemerkt haben. Die erkannt haben, dass sie auf dieser Schiene nicht weiterkommen, dass diese Schiene nichts bringt. Es gab immer wieder Gläubige, die verstanden haben, dass Gott ein Gott ist, der Gerechtigkeit schenkt.
Deshalb lasst uns diesen letzten Gedanken noch am Beispiel von Römer 4 auslegen. Im Römerbrief wird ja die Gerechtigkeit aus Glauben propagiert. Römer 4 ist die Illustration, die Paulus verwendet, um zu zeigen, dass es im Alten Testament immer wieder Menschen gab, die sich auf den Glauben berufen haben und gemerkt haben, dass der Versuch, die Gebote zu halten, nicht funktionieren kann.
Er nimmt zwei Beispiele in Römer 4: Das eine ist Abraham. Man kann sagen: Ja gut, bei Abraham gab es das Gesetz noch nicht. Deshalb nimmt er noch einen zweiten.
Der Zweite, der das auch verstanden hat, ist David. Er zitiert in Römer 4 aus den Psalmen Davids.
Ich lese mal Vers 5:
„Dem aber, der nicht Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen Recht fertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet.“
Das ist das Prinzip: Wer Gott vertraut, wer ihm Glauben schenkt, dem wird allein der Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet.
Jetzt Vers 6:
„Wie auch David die Seligpreisung des Menschen ausspricht, dem Gott Gerechtigkeit ohne Werke rechnet.“
Nun folgt ein Zitat aus dem Alten Testament, Psalm 32:
„Glückselig sind die, deren Gesetzlosigkeiten vergeben und deren Sünden bedeckt sind, glückselig der Mann, dem der Herr Sünde nicht zurechnet.“
Lasst uns in Psalm 32 hineinspringen, um das ganze Bild zu sehen.
Was war passiert in Psalm 32? David hatte gesündigt. David hatte seine Schuld nicht bekannt. Er hatte gemerkt, dass er als Sünder die Hand Gottes auf sich fühlte. Er war niedergedrückt, fühlte sich nicht mehr wohl.
Denn Tag und Nacht, Vers 4:
„Lastete auf mir deine Hand, verwandelt wurde mein Saft in Sommergluten.“
Okay, so würden wir nicht sprechen, aber ihr versteht alle, was ein schlechtes Gewissen ist.
Was tat er jetzt damit? Wie geht er mit seiner Schuld um? Er, der gesündigt hatte und nicht in allem geblieben war, was das Gebot forderte, sagt in Vers 5:
„So tat ich dir kund meine Sünde und deckte meine Schuld nicht zu. Ich sagte: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen, und du hast vergeben die Schuld meiner Sünde.“
Wodurch erwartet David Vergebung? Durch Bekennen.
Und was tut er? Letztlich nichts. Er kann durch Werke nicht wiedergutmachen, was er getan hat. Er kann nur eines tun – und dafür wird David ein Top-Beispiel –, er legt sich auf diese Schiene und sagt: Okay, das Einzige, was ich tun kann, ist, ich kann meine Schuld bekennen. Indem ich sie bekenne, empfange ich von Gott Gerechtigkeit, also Vergebung. Nichts weiter ist es ja, dass Gott mir vergibt und diese Ungerechtigkeit tilgt.
Das ist das, was ich mir wünsche, dass ihr mitnehmt bis zum nächsten Mal, wenn wir das ganze Thema noch ein bisschen weiter auswalzen mit der nächsten Frage:
Warum hat Gott dann überhaupt das Gesetz gegeben, wenn es doch nur den Tod bringt? Wozu brauchen wir dann das Gesetz? Hat das Gesetz noch andere Funktionen?
Ja, das hat es. Das Gesetz hat eine Bedeutung. Nur: Das Gesetz kann dich nicht in den Himmel bringen.
Und wenn dir ein Mensch begegnet, der sagt: Doch, das kann es, dann kannst du sicher sein, er ist auf der falschen, selbstgerechten Schiene gelandet – wie die Israeliten, die ein Angebot bekommen haben und gesagt haben: Wir wollen etwas tun.
Und Gott geht darauf ein und lässt sie dann etwas tun.
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