Mit Schwäche leben – Fünf Impulse aus dem Wort Gottes
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Schwäche, weil Gott mich schwach macht.
Gestern haben wir uns vorsichtig dem Thema Schwäche genähert und dabei den Punkt betrachtet, dass Gott unser Leben auf seine Weise lenkt. Am Beispiel von Joseph haben wir gesehen, dass die Höhen und Tiefen unseres Lebens unserer Berufung nicht im Wege stehen, wenn wir Gott vertrauen und nicht aufhören zu glauben, dass er weiß, wie die Wechselwirkungen unseres Lebens in seine Geschichte mit der Welt hineinpassen.
Ich sage bewusst „mit der Welt“. Unser Horizont ist häufig zu klein. Wir sehen dann nur unser Leben oder unsere Gemeinde, aber Gott denkt eben schon mal größer.
Gottes größere Perspektive auf unser Leben
Im Allgemeinen liegt unser Denkfehler in zweierlei Hinsicht. Erstens glauben wir, unsere spezielle Berufung unbedingt ergründen zu müssen. Zweitens denken wir, dass es besser wäre, stark zu sein, um diese Berufung zu erfüllen.
Ich möchte tatsächlich beides infrage stellen. In meiner Bibel steht nicht „Suche deine Berufung“, sondern in Prediger 9,10: „Alles, was deine Hand zu tun findet, das tu in deiner Kraft.“ Hier wird erneut die Betonung auf „deine Kraft“ gelegt. Was nicht in meiner Kraft steht, ist nicht mein Auftrag.
Ich darf im Heute leben und die guten Werke finden, die Gott für mich vorbereitet hat. Dabei darf ich darauf vertrauen, dass nicht ich meine Berufung finde, sondern dass meine Berufung mich findet. Sie findet mich, weil Gott mich Schritt für Schritt zu ihr führen wird, so wie er es bei Josef getan hat.
Wenn wir das glauben können, dürfen wir auch glauben, dass alle Schwäche in unserem Leben dieser einen Berufung dienen muss, die Gott für uns hat – auch wenn wir das nicht auf den ersten Blick verstehen.
Es ist nämlich so: Gott bekommt mehr Ehre, wenn wir schwach sind und er durch unsere Schwäche hindurch seine Stärke leuchten lässt.
Schwäche als Raum für Gottes Kraft
Wir hatten diesen Gedanken schon in der ersten Episode, 2. Korinther 4,7: „Wir haben aber diesen Schatz, gemeint ist das Evangelium, in irdenen Gefäßen, also in zerbrechlichen Körpern, damit das Übermaß der Kraft von Gott ist und nicht aus uns.“
Die Welt sagt: Zeige, wie toll dein Leben ist. Gott hingegen spricht: Zeige, wer durch dich hindurch wirkt. Und das ist umso wichtiger, je begabter wir sind.
Keiner hat das in der Bibel feiner formuliert als der Apostel Paulus. Nachdem er sehr vorsichtig ein paar ganz besondere, sehr persönliche geistliche Erfahrungen aufzählt, schreibt er in 2. Korinther 12,7: „Darum, damit ich mich nicht überhebe, wurde mir ein Dorn im Fleisch gegeben, ein Engel Satans, der mich mit Fäusten schlägt, damit ich mich nicht überhebe.“
Ist das verrückt? Hier haben wir es mit der Speerspitze der Evangelisation zu tun. Paulus ist persönlich durch den Herrn Jesus berufen, der Mann fürs Grobe, der dort predigt, wo es noch niemand vor ihm getan hat. Einer, der sowieso schon viel leiden muss.
Er wird geschlagen, kommt in Seenot, lebt unter permanenter Bedrohung, kennt Hunger, Durst, Kälte und opfert sich für die Gemeinden auf. Es ist nicht so, dass Paulus ein einfaches Leben hatte. Und dann auch noch ein Engel Satans, der ihn zusätzlich drangsaliert.
Gottes Antwort auf menschliche Schwäche
Was tut Paulus? Er betet. In 2. Korinther 12,8-9 heißt es: „Um dessentwillen habe ich dreimal den Herrn angerufen, dass er von mir ablasse, und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung.“
Wie bitte? Der Apostel betet um Befreiung von diesem zusätzlichen Übel, das seinen Dienst beeinträchtigt und ihn schwächt. Doch Gott antwortet mit Nein! Genau, Gott sagt Nein.
Wie kann das sein? Welchen Sinn macht es, dass Gott seinen Top-Evangelisten schwächer statt stärker macht? Das klingt ja fast so, als wäre Schwachsein eine Auszeichnung.
Die Antwort lautet: Gottes Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung. Lasst uns diese Wahrheit bitte tief verstehen.
Gott braucht unsere Stärke nicht. Gott will unsere Stärke nicht. Stärke ist sogar gefährlich, weil sie hochmütig machen kann.
Hier sagt Paulus: „Damit ich mich nicht überhebe, wurde mir ein Dorn im Fleisch gegeben.“ Gott weiß um die Gefahren von Stärke und beugt vor – mit einem Dorn im Fleisch, etwas zusätzlicher Schwäche.
Eine Einschränkung, die mir nicht passt, die mich behindert, die meiner Berufung scheinbar im Wege steht und die doch nichts weiter ist als Gottes liebevoller Versuch, mir zu zeigen, worauf es wirklich ankommt.
Schwäche als Zeichen göttlicher Wirksamkeit
In der Welt sind die Starken die Macher, in Gottes Reich jedoch sind es die Schwachen. Und warum ist das so? Weil Gottes Kraft nur dort zur Vollendung kommt, wo ich schwach bin. Das heißt: Ich bin dort am effektivsten, wo ich im Vertrauen auf Gott aus der Schwäche heraus diene.
Darf ich ein Geheimnis verraten? Wenn ich mit dieser Perspektive lebe, kommt viel Gelassenheit in mein Leben. Gelassenheit, weil ich glaube, dass Gottes Wirken nicht mehr von meiner Stärke abhängt. Es reicht, im Rahmen meiner Möglichkeiten treu meinen Dienst zu tun und mich daran zu freuen, dass Gott gerade in den Momenten, die mir am schwächsten erscheinen, am besten wirken kann.
Paulus schreibt über seinen Dienst in Galater 4,13: „Ihr wisst aber, dass ich euch einst in Schwachheit des Fleisches das Evangelium verkündigt habe.“ An anderer Stelle hält er prägnant fest: „Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen“ (1. Korinther 1,25).
Dazu fällt mir nur ein: Amen.
Persönliche Erfahrungen mit Schwäche im Dienst
Wenn ich auf meinen eigenen Dienst schaue, kann ich oft nur schmunzeln. Ich glaube, dass Gott mir die Berufung geschenkt hat, Predigten zu halten. Doch wenn ich mich betrachte – mit meiner brüchigen Stimme und dem Lispeln, mit meinem beschädigten Langzeitgedächtnis, das Bibelverse schneller vergisst, als ich sie lernen kann – oder wenn ich mir eingestehe, dass ich definitiv nicht der Typ mit der charismatischen Persönlichkeit bin, der einfach voller Herzlichkeit und Selbstsicherheit den Raum beherrscht, dann… na ja, wisst ihr, ich habe auch schon gebetet, dass ich mehr werde wie die „großen Prediger“, die hippen, die eloquenten, die Menschen einfach so für sich einnehmen.
Irgendwann habe ich dann umgedacht und mich einfach an dem gefreut, was Gott mir geschenkt hat. Ich bin dort, wo Gott mich heute gebrauchen will. Nachher werde ich wieder ans Mikrofon treten und mir beim Schneiden dieser Episode vielleicht kurz wünschen, eine schönere Stimme zu haben. Doch im nächsten Moment danke ich Gott für das, was er mir gegeben hat. Denn meine Schwäche begrenzt ihn nicht.
Darauf kommt es an: Gottes Ziele kommen in Kraft zur Vollendung. Ob wir das nun glauben oder nicht – Gottes Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung.
Praktische Anregungen zum Nachdenken und Handeln
Was könntest du jetzt tun? Du könntest überlegen, wie sich das Thema der heutigen Episode im Leben des Herrn Jesus widerspiegelt.
Das war's für heute? Überlege dir, wie du dienende Geschwister in deiner Gemeinde ermutigen kannst. Achte dabei besonders auf diejenigen, die ihren Dienst im Hintergrund tun.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.