Wie bereits angekündigt, haben wir gestern eine kleine Studienreise unternommen, die uns nach Neuenburg führte – oder, wie die Einheimischen auf Französisch sagen, nach Neuchâtel.
Dieser Ort liegt schön am See, ähnlich wie ihr es auch von Zürich kennt, wo es ebenfalls einen schönen See gibt. Neuenburg ist besonders geschichtlich interessant. Neben dem Besuch einer aktiven christlichen Gemeinde vor Ort sind wir durch die Stadt spaziert.
Dabei waren wir auch bei der Kollegatskirche, die auf einem kleinen Hügel oberhalb der Altstadt liegt. Von dort hat man einen sehr schönen Blick auf die Altstadt und den See. Im Inneren der Kollegatskirche findet man ein Schild, auf dem steht: „Wir als Bevölkerung von Neuenburg haben im Jahr 1530 beschlossen, alle Götzenbilder aus der Kirche zu entfernen.“
Heute würden wir uns wahrscheinlich anders ausdrücken, 500 Jahre später.
Vor 500 Jahren kam Jean Farel, auch Wilhelm Farel genannt, nach Neuenburg und begann dort zu predigen. Dabei geriet er in Schwierigkeiten. Einige Leute wollten ihn sogar in einem der Brunnen ertränken, die heute dekorativ auf dem Marktplatz stehen. Doch sie scheiterten. Interessanterweise waren es auch einige Frauen, die sich zusammenschlossen, um Farel mit Knüppeln und Waschbrettern anzugreifen. Das war nicht ungefährlich.
Obwohl sie ihn nicht töten konnten, wurde Farel einige Tage bettlägerig. Dieses Ereignis nahm ihn sehr mit. In der schönen Kirche, die ich wirklich schön finde, sieht man unter dem hohen Kirchendach einen Himmel mit blauem Hintergrund und vielen Sternen, die überall gemalt sind. Als Farel dort erstmals predigte, gab es in der Kirche 15 Kapellen von Heiligen. Die Kirche war damals katholisch, und es gab kein Bild von Jesus.
Im Jahr 1530 begann Farel zu predigen, und die Menschen beschlossen, die vielen Heiligenbilder zu entfernen. Nicht, weil die Gemälde schlecht waren, sondern weil sie von Jesus ablenkten. Man betrat die Kirche und sah Heilige wie Antonius, Franziskus und viele andere, die zwar vorbildliche Menschen waren. Doch im Kern geht es für Christen darum, Jesus nachzufolgen.
Seitdem ist es in der Kirche in Neuchâtel so, dass man am Ende der Kirche, in der Apsis, wo früher der Hochaltar stand und prächtige Bilder von Heiligen hingen, nichts mehr davon sieht. Alles wurde entfernt. Dort steht heute ein großer Tisch, auf dem eine aufgeschlagene Bibel liegt. Das war Jean Farel besonders wichtig.
Er betonte, dass es darum geht, Gott zu begegnen. Und wo begegnet man Gott am meisten? Nicht in einem heiligen Gebäude, auch wenn Kirchen schön sein können. Auch nicht im bloßen Betrachten von Heiligen. Es ist zwar schön, Vorbilder im Glauben zu haben und sich an ihnen zu orientieren. Aber es geht nicht um Rituale, die die Kirche vorgibt oder die Menschen selbst erfinden. Manche glauben, wenn sie bestimmte Dinge tun, dann haben sie eine Beziehung zu Gott, Gott hört zu und ihr Leben wird gesegnet.
Farel hingegen sagte, dass Gott uns in dem begegnet, was er den Menschen mitteilen will. Und das wurde glücklicherweise von Menschen aufgeschrieben, die Gott tatsächlich gehört haben. So wie manche Propheten im Alten Testament eine Stimme vom Himmel hörten und Gottes Worte aufschrieben, so gibt es auch im Neuen Testament Menschen, die unter der Leitung des Heiligen Geistes schrieben.
Paulus schreibt in seinem zweiten Brief an Timotheus, dass die Schriften nicht nur Ergebnisse von Lebenserfahrungen oder Weisheiten sind, die man an Universitäten gelernt hat. Vielmehr hat Gott den Menschen diese Worte eingegeben. Deshalb sollten sie aufgeschrieben und anderen Menschen weitergegeben werden.
Diese Haltung führte dazu, dass die Bibel zum Bestseller aller Zeiten wurde. Menschen lesen sie immer wieder, weil sie erfahren, dass Gott ihnen darin begegnet.
Das hat übrigens in Neuchâtel auch dazu geführt, dass man das Gebäude, in dem früher die Mönche gelebt haben, umfunktioniert hat. Das Kloster wurde aufgelöst. Danach war dort über 300 Jahre lang eine Schule untergebracht – und zwar lange bevor der Staat an Schulpflicht gedacht hat.
Die Reformatoren sagten sich nämlich: Wenn die Menschen Gott in der Bibel begegnen wollen, dann ist die erste Voraussetzung, dass sie lesen können. Die meisten Menschen damals konnten jedoch gar nicht lesen, auch in der Schweiz nicht. Kaum jemand kümmerte sich darum, auch der Staat nicht – ihm war das egal.
Deshalb haben diese Leute, die Reformatoren mit Jérôme Farel an der Spitze, gesagt: Das ist der Grundbestand. Wir müssen den Menschen in der Stadt Lesen und Schreiben beibringen – den Kindern und den Erwachsenen. So richteten sie eine Schule ein, in der Lesen und Schreiben unterrichtet wurde. Anschließend wurden die Bibeln verbreitet.
Ein kleines Detail: Die meisten von euch sind hier wahrscheinlich deutschsprachig und nicht französischsprachig. Aber die Bibel der Reformation im französischen Bereich – die Übersetzung von Olivétan, der wahrscheinlich ein bisschen Französisch sprach – war die erste und einflussreichste französische Bibelübersetzung der letzten 500 Jahre. Sie wurde in Neuchâtel hergestellt, dort auch gedruckt und dann bis nach Genf und Frankreich verbreitet.
Diese Übersetzung war die Grundlage für die meisten französischen Bibeln, die wir heute haben. Und daraus wiederum wurde deutlich, dass die Bibel etwas ganz Besonderes ist. Deshalb wollen wir in ihr lesen und hineinschauen.
Und da die Bibel etwas Besonderes ist, sagt uns das auch der Psalm, den wir gerade gehört haben. Ich lese ja immer wieder gern die Psalmen, wahrscheinlich viele von euch auch, weil sie eine schöne Art und Weise haben, Gedanken auszudrücken.
Dabei merkt man, dass alles vorkommt: Es gibt Psalmen, in denen Glück zum Ausdruck kommt. Die Leute jubeln und sind begeistert, wenn sie die Schöpfung oder das Handeln Gottes betrachten. Aber genauso gibt es Psalmen, die Trauer und Niedergedrücktheit ausdrücken, manchmal aufgrund eigener Fehler. „Ich habe in meinem Leben versagt und bitte Gott, hilf mir da heraus“, schreien sie zu Gott.
Außerdem gibt es einige Psalmen, die den Umgang der Menschen mit dem Wort Gottes, mit der Bibel, beschreiben. Besonders intensiv tut das Psalm 119, der sehr lang ist. Den lesen wir heute Morgen nicht vor. Dort wird das Wort Gottes immer wieder gelobt: Es ist wunderbar, toll und wird mit vielen Dingen verglichen.
Der erste Psalm gilt als eine Art Einleitung in die Psalmen. Manche sagen, er zeigt uns, was die Psalmen eigentlich wollen. Er malt ein poetisches und schönes Bild vor Augen. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich das höre oder lese, stelle ich mir innerlich gleich zwei grundsätzliche Lebenskonzepte vor, die dort gegenübergestellt werden.
Das eine Lebenskonzept ist das, in dem Gott eine Rolle spielt. Das andere ist ein säkulares Lebenskonzept. Dabei ist nicht unbedingt geregelt, ob es Gott gibt oder nicht, aber man lebt so, als ob es Gott nicht gäbe.
Jetzt kommen die Bilder ins Spiel. Wenn ich euch fragen würde: Woran möchtet ihr eher verglichen werden? An einen schönen, kräftigen, wachsenden Baum mit grünen Blättern und vielen Früchten, der am frischen Wasser steht?
Ihr müsst euch noch mehr vorstellen: Die ursprünglichen Leser dieser Psalmen lebten in Israel, wo es im Sommer oft sehr heiß und trocken ist. Ohne Wasser verdorrt dort alles. Das Gegenbild wäre also ein verdorrter Baum, alles ausgetrocknet, Boden und Knochen trocken, keine Blätter mehr daran. Dann wird gefragt: Was willst du sein? Eher der verdorrte Baum?
Manche würden vielleicht sagen, sie hätten einen Blick für Minimalismus. Aber hier ist das nicht gemeint. Es geht eher darum, ob man sich natürlich erbaut fühlt. Stell dir vor, vor deinem Wohnzimmerfenster oder Arbeitszimmer steht ein Baum. Der eine ist vertrocknet, verkrüppelt und tot, der andere grün und lebendig. Die meisten würden wohl eher den lebendigen Baum bevorzugen. Da ist Leben, Frische, da passiert etwas.
Genau das will uns der Psalmschreiber vor Augen führen. Er sagt: So ist es, wenn du dich für die Kraft des Wortes Gottes öffnest. Denn so wie der blühende und wachsende Baum am Wasser ist, so ist der, der sich mit dem Wort Gottes oder dem Gesetz Gottes auseinandersetzt und sich davon betreffen lässt.
Damit wird uns ganz deutlich: Das Lesen in der Bibel ist nicht wie das Lesen irgendeines anderen Buches. Der Psalmschreiber schreibt uns, dass das Bibellesen lebensverändernd ist. Das ist etwas anderes als bei irgendeinem anderen Buch. Deshalb haben Christen in der Vergangenheit die Bibel nicht nur „Bibel“ genannt, sondern auch „das Wort Gottes“ oder „die Heilige Schrift“.
Diese Bezeichnungen heben hervor, was das Besondere an der Bibel ist. Viele Bibelleser spüren das auch. Selbst Menschen, die sonst wenig mit der Bibel vertraut sind, merken: Da ist etwas anders, etwas Besonderes. Da strahlt eine Kraft und eine Wahrheit aus, die auch heute noch Menschen anspricht – obwohl die Bibel vor etwa 2000 Jahren abgeschlossen wurde und vor ungefähr 3500 Jahren begonnen hat, geschrieben zu werden.
In der Bibel werden diese beiden Lebenskonzepte einander gegenübergestellt. Die Frage ist für den einen oder anderen vielleicht: Wie ist das jetzt mit dem Bibellesen? Hoffentlich steht die Motivation schon da: Es wäre gut, darin zu lesen. Gott hat versprochen, dass es unser Leben verändert und bereichert.
Das müssen wir uns als Christen immer wieder vor Augen führen, denn es geht am Ende nicht nur darum, einen Druck zu machen. Wenn du jeden Tag eine Stunde in der Bibel liest, bekommst du keine Freifahrkarte in den Himmel. Jemand könnte sagen: So geht das nicht. Du kannst den ganzen Tag in der Bibel lesen, und es kann dein Leben trotzdem nicht verändern.
Es braucht, glaube ich, einen ersten Schritt: Zu sehen, dass das Bibellesen keine Selbstgerechtigkeit oder Pflichterfüllung ist. Sondern es bedeutet, sich bewusst zu machen, dass man Gottes Reden begegnet. Nicht dem Reden des Paulus oder Moses, sondern dass diese Menschen von Gott gebraucht wurden, um uns mitzuteilen, was er uns sagen will.
Wenn dir jemand einen Gruß schickt – sagen wir, jemand ist im Urlaub und trifft jemanden, den du kennst. Er nimmt deinen Gruß mit und sagt: „Ich grüße dich von so und so.“ Von wem ist jetzt der Gruß? Natürlich von dem, der den Auftrag gegeben hat, nicht von dem, der ihn weitergegeben hat. So ist es auch mit der Bibel.
Paulus ist nur derjenige, der es aufgeschrieben hat. Gott hat es gesagt und will es dir sagen. Paulus ist nur der Überbringer dessen, was Gott dir zu sagen hat. Diese grundsätzliche Motivation ist wichtig und verändert unseren Umgang mit der Bibel grundsätzlich.
Was bedeutet das nämlich? Das bedeutet in der Konsequenz nicht nur, dass wir einen theologischen Leitsatz haben, der lautet: Die Bibel ist von Gott inspiriert – das ist dann das Fachwort dafür –, sondern dass sich in der Praxis etwas verändert.
Ich habe unter anderem in Basel an der Universität Theologie studiert, und dort gab es viele kluge Theologieprofessoren. Viele von ihnen konnten perfekt Griechisch und Hebräisch und konnten die Bibel also sogar noch in den Ursprachen lesen. Manchmal, wenn ich mit ihnen gesprochen habe, dachte ich: Diese Gelehrten, Männer und Frauen, die sich ihr Leben lang mit der Bibel beschäftigt haben, manche haben die Bibel nie wirklich verstanden. Und das ist doch traurig, oder?
Das geht auch so: Du kannst Sachen intellektuell wahrnehmen und dich damit auseinandersetzen, aber du verstehst eigentlich gar nicht, worum es geht und warum. Nicht weil die Leute dumm sind, gar nicht, sondern weil wir für das richtige Verständnis der Bibel den Heiligen Geist brauchen.
Deshalb, wenn du in der Bibel liest, musst du dir das bewusst machen. Es genügt nicht, einfach nur in der Bibel zu lesen oder alle Regeln zu beachten. Vielleicht lernst du noch Griechisch und Hebräisch und was weiß ich noch alles dazu. Das ist in den meisten Fällen nicht schädlich. Aber das ist keine Garantie dafür, dass du dann richtig verstehst, was darin aufgeschrieben ist.
Wenn Gott durch den Heiligen Geist die Bibel hat aufschreiben lassen und sich an dich wenden will, dann musst du zuerst einmal bewusst werden. Und wie machst du das? Indem du, wenn du in der Bibel liest, auch betest und es ernst meinst: Herr Jesus, öffne du mir die Bibel, zeig du mir, was da drinsteht.
Dann wirst du manchmal merken, dass dir plötzlich auch Dinge auffallen, die dich regelrecht ansprechen. Du wirst merken: Das ist genau das, was ich heute brauche. Heute begegne ich diesem Menschen, heute habe ich diese Herausforderung – das ist genau das, was Gott mir sagen will.
Aber das passiert nicht automatisch. Du musst dir auch bewusst sein: Ich möchte gerne, dass Gott zu mir redet. Ich bin mir dessen bewusst und drücke das im Gebet auch aus. Sonst kann es sein, dass du die Bibel einfach nur als Lehrbuch oder historisches, kulturelles Buch liest. Das kann man auch tun, und das tun heute viele Menschen, zum Beispiel einige meiner Theologieprofessoren.
Aber ich habe gemerkt, dass das sie weder im Herzen berührt, noch dass sie manche Aussagen, die eigentlich ganz deutlich ins Leben hineinsprechen, wahrnehmen. Sie gehen einfach mit ihrer ganzen sprachlichen, kulturellen und historischen Analyse daran vorbei. Und das ist alles nicht falsch.
Also, wenn du in der Bibel liest, wirst du merken, dass das einen Unterschied macht. Sei dir bewusst: Gott will zu dir reden. Deshalb bete auch, wenn du in der Bibel liest, und bitte Gott darum, dass er dir das aufschließt und dir Weisheit gibt. Dann wirst du manchmal ganz anders mit der Bibel umgehen.
Ein Problem beim Bibellesen kann natürlich sein, dass dem einen oder anderen Hintergrundinformationen fehlen. Das kann dann auch zu Missverständnissen führen, was vollkommen klar ist.
Die meisten werden wahrscheinlich nicht Griechisch oder Hebräisch gelernt haben. Das heißt, ihr lest die Bibel in einer guten deutschen Übersetzung oder auf Französisch, Italienisch oder einer anderen Sprache. Das ist super. Ihr braucht keine Bedenken zu haben. Meistens ist das gar kein Problem, denn wir haben heute sehr gute Bibelübersetzungen.
Selbst wenn du Griechisch oder Hebräisch lernen würdest, wie ich es getan habe, wäre deine Übersetzung wahrscheinlich nicht so gut wie die, die du hast. Von daher seid ihr meist im Vorteil. Wenn du nicht sehr sprachtalentiert bist, spar dir die Zeit und lese einfach mehr in deiner deutschen Bibel. Bitte Gott, dass er dir das Verständnis schenkt, und versuche nicht, selbst noch einmal zu übersetzen.
Es gibt wirklich gute Leute, die das hervorragend gemacht haben. Vertraue ihnen. Wenn du mal genauer wissen willst, kannst du verschiedene deutsche Übersetzungen vergleichen und nebeneinanderlegen. Oder öffne auf deinem Computer zum Beispiel den Bibelserver. Dort kannst du kostenlos verschiedene Übersetzungen lesen und wirst merken, dass sie alle in dieselbe Richtung gehen. Die Wortwahl ist manchmal etwas anders, aber der Sinn bleibt gleich. Das kann eine gute Unterstützung sein.
Manchmal gibt es aber auch inhaltliche Schwierigkeiten. Ich treffe oft Leute, die wenig mit der Bibel umgehen und denen manche Dinge, die dort beschrieben sind, wegen der großen Zeitspanne Schwierigkeiten bereiten. Manche Schwierigkeiten kann man auch direkt umgehen.
Zum Beispiel gab es einmal jemanden, der auf der Suche nach einer Ehefrau war. Er schlug die Bibel auf und las: „Und es kam eine lange Dürre.“ Da war er verwirrt und dachte, er müsse in der Gemeinde nach einer besonders schlanken Frau suchen. Hier merkt man schon, dass das ein Problem sein kann. Man sollte Bibelstellen immer im Kontext lesen.
Im Kontext war das einfach eine Hungersnot. Es ging nicht um eine Frau, die heiraten sollte, sondern um eine lange Dürre und Hungersnot. Deshalb sollten wir die Bibel nicht als magisches Buch benutzen, in dem ein Orakel steckt. Stattdessen sollten wir uns anschauen, was vorher und nachher steht. Dann werden viele Dinge klar.
Man sollte die Bibel nicht wie ein Horoskop benutzen: Morgens aufschlagen, etwas lesen und denken, das ist jetzt das Wichtigste. Das kann sehr in die Irre führen. Man könnte auch ganz merkwürdige Sachen lesen, zum Beispiel: „Und er ging hin und erschlug ihn.“ Dann denkt man vielleicht, wen muss ich heute erschlagen? Nein, so ist das nicht.
Man muss erst den Zusammenhang verstehen. Das ist einfach eine historische Information. Vielleicht wird am Ende sogar gesagt: „Und das war vollkommen falsch, was er gemacht hat.“ Deshalb ist es wichtig, Bibelstellen im Zusammenhang zu lesen – den vorherigen und den nachfolgenden Text. Auch der historische Kontext ist wichtig. Man muss ihn sich manchmal erschließen, weil vieles nicht direkt klar ist.
Zum Beispiel liest man in der Bibel von seltsamen Gruppen wie Pharisäern und Sadduzäern. Wahrscheinlich weißt du aus der Schule oder vom Leben in Zürich, dass es diese Gruppen heute so nicht mehr gibt. Diese Gruppen gab es vor zweitausend Jahren, heute aber nicht mehr.
Manche sagen einfach: „Das waren die Gegner Jesu.“ Das ist eine Möglichkeit, aber wenn man genau wissen will, was sie vertraten und warum Jesus auf sie reagierte, hilft es, Fachinformationen heranzuziehen. Die einfachste Art ist ein Bibellexikon.
Ein Bibellexikon hilft, nicht ständig über geografische Begriffe, Namen oder Personen zu stolpern. Zum Beispiel: Was war eigentlich ein Prokurator, der damals Jesus hinrichten ließ? Pontius Pilatus war dieser Prokurator. Welche Funktionen hatte er? Und was machten die Römer in Israel, wenn sie doch eigentlich in Italien waren?
So bekommt man den historischen und kulturellen Zusammenhang. Wenn die Juden Pessach feierten – was ist Pessach eigentlich? Warum feiert man das? Bei all diesen Fragen kann ein Bibellexikon helfen, den Hintergrund besser zu verstehen.
Falls du technikaffin bist, gibt es Bibellexika auch online. Du kannst dir auch ein Programm kaufen, zum Beispiel Logos. Das ist das bekannteste weltweit. Es kostet etwas, aber du hast dort Bibelkommentare, Bibellexika, sprachliche Informationen und vieles mehr.
Wer nicht jeden Tag am Computer arbeitet, findet das oft unübersichtlich. Dann hat man so viele Informationen, dass sie eher verwirren. In dem Fall ist es besser, sich ein gedrucktes Bibellexikon zu kaufen. Das bekannteste und beste, aber auch relativ kurze, ist das von Rieneker und Meyer: „Lexikon zur Bibel“. Es ist überschaubar und du findest dort fast alles.
Ich vergleiche das mal mit einem fünfzehnbändigen Lexikon. Das Rieneker-Meyer-Lexikon ist kompakt und dennoch umfassend. Dort findest du Antworten auf Fragen wie: Wie hat man zur Zeit der Bibel geheiratet? Was lief im Tempel ab? Was hat der Hohepriester gemacht, wenn er irgendwo auftauchte?
So musst du nicht lange rätseln oder spekulieren. Du schlägst einfach nach und findest die Information. Das kann dir helfen, die Bibel zu lesen, ohne dich von Nebensächlichkeiten oder Unklarheiten ablenken zu lassen.
Wenn du zum Beispiel nicht weißt, was ein Hoherpriester oder ein Sadduzäer ist, kannst du das schnell nachschlagen. Historische, sprachliche und kulturelle Informationen sind dabei eine gute Hilfe.
Manche Menschen werden auch vom Bibellesen abgehalten, und das ist oft eine Persönlichkeitsfrage. Wahrscheinlich wisst ihr das schon: Es gibt Menschen, die generell nicht gerne oder viel lesen. Das macht das Bibellesen natürlich zu einer besonderen Hürde.
Hinzu kommt, dass wir heute wahrscheinlich mehr als früher abgelenkt werden. Die Werbewirtschaft hat sich darauf spezialisiert, unsere Aufmerksamkeit zu steuern. Sobald du eine Internetseite öffnest, erscheinen Banner, die deine Aufmerksamkeit fordern. Jeder will, dass du genau das siehst, was er dir verkaufen möchte.
Diese ständige Ablenkung erschwert es uns, in der Bibel zu lesen und uns die nötige Zeit zu nehmen, damit das Gelesene wirklich eindringen kann. Wenn du nur fünf Minuten in der Bibel liest, ist das nicht schlecht, aber das Gelesene geht schnell wieder verloren. Wenn du möchtest, dass das Bibellesen dein Denken, Wahrnehmen und Leben prägt, brauchst du mehr Zeit.
Dabei geht es nicht unbedingt um die Länge der Zeit, sondern darum, dass sich das Gelesene in deinem Denken verankert. Du kannst es von verschiedenen Seiten betrachten, und das braucht Zeit. Diese Zeit musst du dir bewusst nehmen. Das fällt manchen Menschen leichter, anderen schwerer.
Deshalb ist es wichtig, Rituale, Gewohnheiten und Prinzipien zu entwickeln. Wenn du jeden Tag neu darum kämpfen musst, dir Zeit fürs Bibellesen zu nehmen, wird das auf Dauer schwierig. Manche schaffen das flexibel, aber bei den meisten Menschen ist es so, dass sie abends im Bett merken: „Heute hatte ich keine Zeit, weil andere Dinge wichtiger waren.“
Vielleicht kam eine WhatsApp-Nachricht, ein Anruf, es gab Aufgaben im Betrieb oder dein Ehepartner wollte noch etwas erledigen. So vergeht der Tag, und die Welt geht nicht unter. Aber nach mehreren Tagen oder Wochen hast du nicht bewusst entschieden, nicht in der Bibel zu lesen. Es ist einfach im Alltag untergegangen.
Deshalb ist es sinnvoll, feste Zeitpunkte für das Bibellesen einzuplanen. So entsteht eine gute Gewohnheit. Diese hilft dir, das zu tun, was dir wichtig ist, ohne jeden Tag neu kämpfen zu müssen.
Überlege, wann am Tag du relativ wenig abgelenkt bist und noch einigermaßen frisch. Ich habe jemanden kennengelernt, der abends gerne in der Bibel liest, aber nach fünf Minuten einschläft. Das spart immerhin den Missbrauch von Schlafmitteln, könnte man sagen. Die Bibel hat also auch Nebenwirkungen – allerdings ist das nicht die eigentliche Absicht, wenn Gott zu dir sprechen will.
Deshalb ist es besser, Bibellesen auf Zeiten zu legen, in denen du noch aufnahmefähig bist. Das kann sehr unterschiedlich sein: Für den einen ist es morgens direkt nach dem Aufstehen, für den anderen erst nach einer Tasse Kaffee oder einem Spaziergang. Manche brauchen erst Bewegung oder Sport, um richtig in Gang zu kommen.
Für andere ist die Mittagspause gut geeignet. Es gibt auch Menschen, die morgens so müde sind, dass sie zwar vorhaben, in der Bibel zu lesen, aber ständig mit dem Schlaf kämpfen. Für sie ist die Mittagspause besser. Wieder andere sind abends bis Mitternacht wach und dann richtig konzentriert. Für sie ist die Abendzeit ideal.
Es gibt keine feste Regel, auch keine biblisch festgeschriebene Zeit. Du musst selbst herausfinden, wann du regelmäßig Zeit einplanen kannst, ohne jeden Tag neu kämpfen zu müssen. Wichtig ist, dass du einigermaßen fit und aufnahmefähig bist.
Suche dir außerdem einen Ort, an dem du wenig abgelenkt wirst. Psychologen sagen, dass allein das Handy auf dem Schreibtisch etwa zwanzig Prozent deiner Konzentration raubt, auch wenn es ausgeschaltet ist. Du wirst merken, wie oft du dann doch nach dem Handy greifst, um Nachrichten zu checken oder das Wetter zu sehen.
Besser ist es, das Handy in der Tasche oder in einer Schublade zu lassen. Auch sollten keine Briefe, Bücher oder andere Dinge auf dem Tisch liegen, die deine Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnten. Für manche ist ein Spaziergang im Park ideal, weil sie dort ungestört sind und sich gut konzentrieren können.
Auch andere Umweltbedingungen sind wichtig, zum Beispiel gutes Licht. Dämmerlicht macht müde, deshalb sollte der Ort gut beleuchtet sein, damit du gut sehen kannst. Manche merken auch, dass das Lesen auf dem Bett oder Sofa zwar bequem ist, aber nicht immer die beste Konzentration fördert.
Besser ist es, ordentlich auf einem Stuhl zu sitzen, nicht mit dem Buch oder der Bibel auf den Knien oder dem Tisch. Solche kleinen Dinge helfen dir, dich besser zu konzentrieren – und darum geht es ja.
Beginne dein Bibellesen mit einem Gebet, lese dann einen Abschnitt und bete danach noch einmal, dass Gott dir das Gelesene zeigt. Erinnere dich im Laufe des Tages immer wieder daran.
Schaffe dir also regelmäßige Zeiten, in denen du zur Ruhe kommst und dich konzentrieren kannst. Entwickle eine Gewohnheit, ein Ritual, das dir hilft, ohne jeden Tag neu kämpfen zu müssen. So wird das Bibellesen zu einem festen und wichtigen Bestandteil deines Lebens.
Und jetzt gibt es natürlich Dinge, und das wird der eine oder andere jetzt gleich gedacht haben, der sagt: Ja, das kommt aber schnell dazu, dass ich dann so zu einer Gewohnheit komme, und dann habe ich das einfach abgehakt. Aber ich will das doch immer frisch und begeistert machen, nicht nur aus Gewohnheit. Und das sollte man berücksichtigen.
Deshalb würde ich sagen: Neben diesen Gewohnheiten, die hoffentlich im Positiven dazu führen, dass du das immer wieder machst und merkst, das tut mir gut, solltest du darauf achten, dass du nicht in eine leere Gewohnheit verfällst. Variiere ab und zu mal. Variation ist, glaube ich, eine ganz wichtige Sache für viele Bereiche in unserem Leben.
Das ist ja beispielsweise auch so bei der Ehe – also ich meine den Ehepartner, falls du verheiratet bist. Die meisten Ehepaare hören doch ganz gerne mal „Ich liebe dich“, oder? Also die meisten schon. Aber das kann auch zum Ritual werden. In manchen amerikanischen Spielfilmen habe ich den Eindruck, dass du siehst, wie jemand „I love you“ sagt, und in der nächsten Szene überlegt derjenige, wie er ihn umbringen kann. Also es können auch leere Floskeln werden.
Und das ist genauso in der Liebe. Manchmal zeigst du deine Liebe vielleicht durch eine Umarmung, manchmal durch einen Kuss, manchmal durch ein Wort, manchmal durch eine Einladung zum Essen oder durch ein kleines Geschenk oder so. So, wie das ist: Du willst Liebe deinem Partner gegenüber haben, hoffentlich. Und jetzt musst du dir überlegen, neben dem Regelmäßigen, überleg dir doch mal etwas Besonderes. Das macht das wieder lebendiger, das kommt dann besser rüber.
Genauso ist es beim Bibellesen. Das Bibellesen ist super, wenn du es regelmäßig machst. Aber manchmal merkst du, dass das Wort Gottes dich ganz neu trifft, wenn du da etwas variierst. So eine Variation kann manchmal ganz einfach sein, kann aber richtig etwas auslösen.
Ich mache das auch so: Alle paar Jahre wechsle ich mal die Bibelübersetzung. Und obwohl ich ja schon seit Jahrzehnten in der Bibel lese, lese ich dann mal in einer neuen Bibelübersetzung. An manchen Stellen mache ich plötzlich ein halbes Halt, denke: Das habe ich ja noch nie so gelesen. Natürlich habe ich das schon gelesen, aber es ist jetzt anders ausgedrückt. Und plötzlich fordert mich das zum Mitdenken und zum Wahrnehmen anders heraus, weil es anders formuliert ist.
Denn gerade wenn ich jetzt mal ein paar Jahre in einer Bibelübersetzung gelesen habe, dann fange ich schon an zu lesen, dann kommen mir die Worte immer schon bekannt vor, und ich weiß schon fast, wie es weitergeht. Und da wird aufgebrochen durch eine andere Bibelübersetzung.
Jetzt sagst du: Ich habe meine Lieblingsbibelübersetzung, alles in Ordnung. Aber du wirst merken, bestimmte Dinge fallen dir nicht mehr auf, wenn du darin liest. Dann nimmst du mal eine andere Übersetzung, und das wird wieder frischer und lebendiger werden. Probier das einfach mal aus. Also das kann eine Sache sein, um das regelmäßige Lesen etwas lebendiger zu machen.
Bei einer anderen Sache ist es so, dass man vielleicht auch mal den Ort wechselt. Also statt am Schreibtisch mal im Garten oder auf der Terrasse die Bibel liest. Und schon merkst du: Andere Situation, neue Aufmerksamkeit. Oder auch in der Art und Weise, was und wie du liest.
Ich habe das bei mir so gemacht, dass ich alle paar Jahre mal gewechselt habe. Ich habe es mal so gemacht, dass ich ein ganzes biblisches Buch in einem Zug durchgelesen habe. Das war dann eben nicht nur fünf Minuten am Morgen, sondern ich habe mir gesagt: Jetzt nehme ich mir mal so zwei oder drei Stunden in der Woche, also nicht mehr am Morgen, und lese damit ein ganzes biblisches Buch durch.
Das hat mir manchmal die Augen geöffnet, weil dann sind die Zusammenhänge viel deutlicher geworden. Warum kommt das denn in dieser Reihenfolge? Wenn ich jedes Mal nur einen kleinen Abschnitt lese, geht das ein bisschen unter. Da habe ich natürlich nicht alle Details erfasst, aber so den großen Überblick.
Dann habe ich es mal so gemacht, dass ich immer nur einen kleinen Abschnitt gelesen habe, nur so einen Sinnabschnitt, was weiß ich, fünf, sechs, sieben Verse. Aber die habe ich dann morgens oder mittags zwei, drei, vier Mal gelesen. Und ich habe gemerkt: Immer wieder beim Lesen fallen mir neue Dinge auf.
Zum Teil habe ich das dann sogar so gemacht, dass ich diesen Bibeltext an jedem Tag der Woche gelesen habe. Und ihr sagt vielleicht: Ich verstehe das gleich beim ersten Mal. Ja, darum geht es ja gar nicht. Sondern darum geht es: Ich kann dir garantieren, das läuft so, du liest denselben Bibeltext am nächsten Tag, und dir fallen neue Dinge daran auf. Und du liest ihn noch einen Tag später, und dir fallen wieder neue Dinge daran auf.
Das kann auch sein, dass du dann mehr in die Tiefe gehst. Jetzt geht es gar nicht um sprachliche Analyse, sondern immer wieder darum: Herr Jesus, was willst du mir denn sagen? Plötzlich fallen dir mehr Dinge auf.
Ich kann dir garantieren, am Ende der Woche wirst du richtig intensiv in diesem Bibeltext drin sein. Er wird dir immer wieder durch den Kopf gehen, dein Alltagsleben prägen und deine Wertungen und Überlegungen beeinflussen. Das wollen wir ja auch: Nicht nur etwas hören, sondern dass es uns innerlich prägt und verändert.
Das kann deine Hilfe sein – also so immer wieder.
Manchmal – das ist jetzt nicht meine Sache, aber ich habe Schüler gehabt, die das gemacht haben. Eine Schülerin zum Beispiel, mit der war ich im Praktikum. Wir waren in der Gemeinde, und da war eine ganze Gruppe mit dabei. Dann zeigte sie mir ihre Bibel, und ich dachte: Wow, das ist ja eine richtig künstlerische Bibel.
Sie hatte sich nämlich eine Bibel gekauft, bei der zwischen jeder Seite eine freie, also leere Seite ist. Eigentlich ist das vom Hersteller als Studienbibel gedacht, damit man dort Gedanken dazu aufschreiben kann. Das ist eine gute Idee: gleich persönliche Kommentare zum Bibeltext aufzuschreiben.
Aber sie hat es anders gemacht. Zu jeder Bibelseite hat sie etwas gemalt – und sie konnte richtig gut malen. Ich wäre fast geneigt gewesen zu beten: Gib mir mal deine Bibel! Aber das war zu persönlich, es war ja ihre Sache.
Manche von euch sind wahrscheinlich künstlerisch veranlagt. Das kommt uns in der Gemeinde oder im Alltag vielleicht weniger vor. Aber es kann dazu führen, dass du dich intensiver mit einem Bibeltext auseinandersetzt, wenn du zum Beispiel sagst: Jetzt mache ich mal ein Gedicht darüber oder male ein Bild dazu.
Ich hatte das auch mal mit einer Gemeinde gemacht. Wir hatten eine ganze Bibelwoche, in der wir ein ganzes biblisches Buch durchgegangen sind – jeden Abend ein Kapitel. An einem Abend habe ich dann überlegt, etwas Experimentelles zu machen. Ich habe das vorher nicht angekündigt, damit nicht einige sagen: Oh nein, dann komme ich nicht. Dann habe ich gesagt: Jetzt setzt ihr euch in Gruppen zusammen, und in der nächsten dreiviertel Stunde sollt ihr zu diesem Bibeltext ein Lied dichten.
Ihr könnt euch vorstellen, dass manche von euch auch gesagt hätten: Da will ich nicht hinkommen, boah, niedlich, das kann ich ja gar nicht. Aber am Ende haben sie die Lieder vorgetragen, und die meisten waren gar nicht schlecht. Bei manchen dachte ich zwar: Okay, einmal hören genügt auch. Aber bei anderen dachte ich: Das wäre etwas, das man auch mit der ganzen Gemeinde singen könnte.
Ich muss sagen, ich war etwas frustriert am Ende der Woche. Ich habe mich für jeden Abend bemüht, eine Bibelauslegung zu machen und ihnen die Tiefen der biblischen Inhalte zu vermitteln. Und dann sagen sie mir: Ja, also da, wo du gar nicht so viel gesagt hast, war es am intensivsten.
Gut, ich glaube, wenn man das jeden Tag macht, geht das nicht. Aber ab und zu kann das so sein. Denn was passiert? Du willst das dichterisch ausdrücken. Zuerst musst du genau verstehen, was da steht. Dann überlegst du, wie du das mit eigenen Worten wiedergeben kannst. Und wie du das noch reimst, damit es sich gut anhört.
So bist du eine Dreiviertelstunde intensiv in dem Text drin. Er prägt dich wirklich, nimmt deine inneren Gedanken in Anspruch. Ich würde sagen: Probier es einfach mal aus. Vielleicht merkst du, dass du nicht so ein Typ dafür bist – auch in Ordnung, ein Versuch war es wert.
Der andere malt vielleicht gerne. Oder macht eine Choreografie, wenn er gerne tanzt. Und dann stellt er das vor. Es geht darum, die Gedanken der Bibel mit anderen Formen auszudrücken.
Als unsere Kinder klein waren, haben wir das manchmal mit Playmobil gemacht. Wir sagten: Hier, biblische Geschichte, spielt die doch mal nach. Das war für die Kinder immer begeisternder, als nur die Geschichte zu hören.
Manchmal gab es Streit, wer welche Rolle bekommt. Natürlich wollen die Kinder lieber die Helden sein und nicht die Bösewichte. Wer will schon gern Judas spielen? Ihr wisst ja: Judas war der Böse, der Jesus verraten hat. Das will man nicht.
Aber auf eine andere Art kreativ hineinzudenken und das auszudrücken, kann dazu führen, dass der Bibeltext einem näherkommt.
Manche Leute, die sehr systematisch sind, lieben das auch. Das kann man mal ausprobieren, indem man zum Beispiel aufschreibt. Dabei schreibst du ja nicht für jemand anderen, sondern für dich selbst. So eine Art Bibellesetagebuch oder so etwas.
Du wirst merken, dass du durch das Aufschreiben den Text besser in Erinnerung behältst. Das heißt, er bleibt stärker in deinem Gedächtnis. Wenn du nach einem Monat zurückblätterst, weißt du: Ah, das ist mir wichtig geworden. Dieses Kapitel ist mir wichtig geworden. So kommt das wieder in Erinnerung und pflanzt sich tiefer ein.
Das ist eine ganz wertvolle Sache für manche, nicht für jeden.
Ich habe das auch mal so gemacht – nicht nur mit Aufschreiben, sondern auch mit begleitenden Bibellesehilfen. Es gibt solche Hilfen, zum Beispiel den Bibellesebund in Deutschland oder Andachtsbücher.
Dabei musst du natürlich aufpassen: Das Andachtsbuch soll dir eine Hilfe sein, die Bibel zu verstehen. Es soll nicht im Mittelpunkt stehen.
Manche Andachtsbücher stellen zum Beispiel Fragen wie: Was sagt Jesus in dem Text? Was bedeutet das für dich? Wie hätten die Personen sich verhalten sollen?
Vielleicht kommst du alleine nicht so schnell auf solche Fragen. Diese Bücher geben dir Fragen oder Anregungen und helfen dir, dich intensiver mit dem Text zu beschäftigen.
Für manche, die nicht so schnell selbst auf solche Fragen kommen, kann das eine echte Hilfe sein. Du nimmst eine Bibellesehilfe, gehst die Fragen durch, machst dir ein paar Antworten – und das hilft dir, dich intensiver mit dem Bibeltext auseinanderzusetzen.
Es kann auch sein, dass du einen anderen Weg wählst. Manche Freunde markieren in der Bibel. Es gibt viele verschiedene Systeme.
Du kannst dir selbst etwas überlegen: Die einen markieren alles, was Gott sagt, rot. Andere markieren alle Verheißungen Gottes grün. Oder alles, was in deinem Leben falsch läuft, in einer anderen Farbe.
Das kann man verschieden machen, nach System.
Wenn du dann weiterliest, fallen dir durch die Markierungen wieder Dinge auf: Oh, hier eine Zusage, da eine Ermahnung, dort eine Verheißung für die Zukunft.
Das führt auch zu einer Vertiefung der Auseinandersetzung mit der Bibel.
Eine Sache, die ich eine Zeit lang gemacht habe – im Moment gerade nicht so häufig –, die ich aber als sehr wertvoll empfunden habe, ist, die Bibel auswendig zu lernen. Es gibt ja Leute, die sind darin richtig begabt. Auch manche meiner Schüler bekommen dann eine Alternativaufgabe, zum Beispiel: Schreibe einen Aufsatz über den Römerbrief oder lerne Kapitel eins bis fünf auswendig.
Ich wäre immer derjenige, der sagt: „Ich schreibe den Aufsatz.“ Aber es gibt Leute, die machen das richtig gut. Und dann, erstaunlicherweise, können sie wirklich zack, so auf Anhieb ganze Kapitel aufsagen. Es geht dabei ja nicht darum, hinterher Orden zu verleihen. Aber die Bibelverse, die ich auswendig gelernt habe, merke ich: Sie prägen mein Denken.
Manchmal bin ich in einer Diskussion mit jemandem, und plötzlich fällt mir ein Bibelvers ein, weil ich ihn mal auswendig gelernt habe. Jesus sagt ja auch: „Ich sende euch den Tröster, den Heiligen Geist, und der wird euch an alle Worte erinnern, die ich euch gesagt habe.“ Ich deute das ein bisschen so: Wir haben etwas auswendig gelernt, und Gott ruft das wieder hervor. Du merkst, das wird ein Teil deines Denkens.
Es ist doch viel schöner, wenn dir ein Bibelvers einfällt, als irgendein Slogan aus einer Werbebotschaft. Das passiert ja manchmal automatisch. Du willst die Slogans gar nicht auswendig lernen, und schon merkst du zack, zack, wenn ich jetzt welche nenne, sind sie dir schon lange im Kopf. Kennst du noch solche Sprüche wie „Haribo macht Kinder froh“? Siehst du, das klappt doch. Wahrscheinlich hast du dich nie hingesetzt und gesagt: „Das will ich auswendig lernen, so eine wichtige Wahrheit.“
Aber bei Bibelversen ist das toll. Du weißt, sie sind wichtig und bleiben es auch in fünfzig Jahren. Und jetzt setzt du dich hin und lernst sie auswendig. Das hilft immer. Mir hilft das auch. Ich habe sie dann aufgeschrieben oder manchmal aufgenommen und dann wieder angehört. Es gibt verschiedene Methoden, wie man das machen kann.
Ich würde sagen, das trägt dazu bei, dass du tiefer ins Wort Gottes kommst, es besser verstehst und besser damit umgehen kannst. Wenn du solche Sachen auswendig lernst, ist das ein guter Tipp, um tiefer ins Wort Gottes einzutauchen. Die Verse begleiten dich immer wieder im Alltag, und du kannst sie anwenden.
Manchmal habe ich das auch schon mit Leuten gemacht und gesagt: Versuch doch mal, einen Bibeltext – zum Beispiel ein ganzes Kapitel – in drei Sätzen mit deinen eigenen Worten zusammenzufassen. Das hilft ebenfalls. Das ist nicht so aufwendig wie ein Gedicht oder ein Lied zu schreiben, aber du musst dich konzentrieren. Ich will nur drei Sätze, und jetzt keine Ausflüchte. Manche sagen dann: „Ich mache dauernd Komma, Komma, Komma.“ Nein, nein, ich meine wirklich komprimieren.
Du musst dir Gedanken machen: Was ist der Kern? Was will Gott mir da wirklich sagen? Dann fasst du das zusammen, und du merkst, dass dir das mehr in Erinnerung bleibt.
Ich würde auch sagen: Beim Bibellesen wechsle immer mal zwischen Altem und Neuem Testament. Manche Leute lesen die Bibel sehr ordentlich, so wie sie es gewohnt sind: Sie fangen bei der ersten Seite an und hören bei der letzten auf. Manche bleiben dann zwischendurch stecken, weil es zum Beispiel im Alten Testament das dritte Buch Mose, das vierte Buch Mose, das fünfte Buch Mose gibt – mit endlosen Gesetzen. Da steht, welche Kleidung man tragen soll, wie man opfern soll, wie der Altar gebaut werden soll.
Wenn man das überwunden hat, kommen endlose Geschlechtsregister, und danach wird von Schlachten erzählt, in denen König so gegen König so kämpft – und man kennt die alle nicht. Deshalb ist es auch gut, mal andere biblische Bücher zu lesen. Je länger du Christ bist, desto mehr merkst du, dass da doch noch etwas drinsteckt.
Manchmal sage ich: Lass diese schwierigen Stellen mal beiseite und lies erst mal ein anderes biblisches Buch. Viele Leute sagen auch zu Recht, manches aus dem Alten Testament versteht man besser im Rückblick. Das heißt, wenn wir sehen, wohin es bei Jesus und der Gemeinde geführt hat, verstehen wir manches erst richtig.
Im Neuen Testament liest du dann besser, warum es eigentlich so laufen musste. Weil das das Ziel war, auf das alles hinausgelaufen ist.
Und zum Schluss vielleicht noch ein oder zwei Tipps dazu, wie das mit dem Bibellesen sein kann.
Manchmal hilft es, die Bibel in Gemeinschaft zu lesen. Das ist auch so eine Sache. Zum Beispiel lesen manche Paare regelmäßig gemeinsam in der Bibel. Das mache ich manchmal mit meiner Frau, aber überwiegend lesen wir doch alleine.
Bei mir ist das so: Wenn ich in der Bibel lese, sagt mir Gott durch das, was ich lese und worüber ich nachdenke, oft sehr persönliche Dinge. Die möchte ich nicht unbedingt mit meiner Frau diskutieren. Manchmal habe ich auch den Argwohn, dass sie denkt: „Ha, Michel, hast du das gelesen?“ Und dann möchte ich das lieber nicht besprechen. Es ist ja schon mühsam genug, wenn Gott mir das sagt, da muss meine Frau es mir nicht noch extra sagen.
Deshalb lese ich manchmal lieber alleine. Danach rede ich mit meiner Frau darüber, was mir wichtig geworden ist. Sie erzählt mir dann auch, was ihr wichtig geworden ist, und wir tauschen uns aus. Aber manchmal kann das gemeinsame Lesen auch wirklich guttun. Das habe ich schon erlebt, gerade mit Leuten, mit denen man auch mal Spannungen haben kann. Dann kann es eine Hilfe sein, schon allein für die Selbstdisziplin.
Ich war neulich in einer Gemeinde, da habe ich wirklich gestaunt. Drei, vier Männer wohnen nicht weit voneinander entfernt. Sie treffen sich seit einem halben Jahr jeden Morgen um halb sechs für eine halbe Stunde, um gemeinsam Bibel zu lesen und zu beten. Danach gehen sie zur Arbeit. Das ist Disziplin. Wenn es ihnen gut tut, würde ich sagen: Mach das so!
In einer anderen Gemeinde fand ich es auch originell. Dort gab es eine Frau aus Kolumbien. Ich habe sie gefragt, wie sie das mit dem Bibellesen macht. Sie sagte: „Weißt du, Michael, jeden Tag lese ich zusammen mit meiner Freundin aus Kolumbien die Bibel.“ Glücklicherweise muss man heute nicht extra hinfahren. Sie nutzen WhatsApp, das kostet nichts extra, man hat alles per Internet.
Über WhatsApp stellen sie ihr Handy hin, die Freundin hat die Bibel, sie auch, und sie reden beide auf Spanisch miteinander. So machen sie ihre gemeinsame Bibellese. Das geht auch. Für sie ist das schön, wegen des kulturellen Aspekts und weil sie die gleiche Sprache sprechen. Wenn das hilft, dann mach es doch.
Manche haben auch das Problem, dass sie alleine beim Bibellesen nicht so recht weiterkommen oder nicht verstehen, was da steht. Dann kann es helfen, sich mit jemandem zu verabreden, der sich mit der Bibel besser auskennt oder schon intensiver damit vertraut ist.
Setzt euch zusammen, vielleicht nicht jeden Tag, sondern einmal in der Woche, zum Beispiel sonntags nachmittags oder abends, wenn ihr Zeit habt. Lest gemeinsam und tauscht euch danach aus: Was ist dir aufgefallen? Was ist mir aufgefallen? Dabei geht es nicht darum, wer Recht hat oder nicht, sondern einfach um den Austausch.
Natürlich muss man sich manchmal auch korrigieren. Das kann das Bibellesen bereichern. Besonders, wenn du jemanden in der Gemeinde hast, der noch ganz frisch im Glauben ist und es nicht gewohnt ist, viel zu lesen. Dann würde ich sagen: Jeder von euch, der schon länger im Glauben steht, sollte so einer Person für ein halbes Jahr anbieten, gemeinsam Bibel zu lesen.
Schlagt vor: „Komm, lass uns mal treffen, wir trinken zusammen Kaffee oder machen einen Spaziergang, und danach setzen wir uns hin.“ So kann man die Hürden und Probleme beim Bibellesen besser kennenlernen, wenn man jemanden hat, von dem man lernen kann.
Manchmal muss man das Angebot machen oder nachfragen: „Komm, lass uns doch mal zusammen in der Bibel lesen.“ Dann kommt man tiefer hinein und versteht das Ganze besser.
Ich hoffe, dass heute Morgen einige Punkte dabei waren, von denen du merkst, dass du davon profitieren kannst. Dass sie dir in deinem Leben helfen. Vielleicht gibt es auch Dinge, bei denen du sagst: „Ja, das mache ich schon lange so.“ Dann ist das super – mach es weiter.
Aber vielleicht merkst du auch, dass hier und da eine Variation hilfreich wäre, um tiefer einzutauchen, um Dinge besser zu verstehen und wieder neue Freude und Spaß am Bibellesen zu haben. Bibellesen soll nicht nur den Kopf füllen, sondern du sollst immer auch die Frage stellen: Was bedeutet das jetzt für mich und mein Leben? Was bedeutet das für meine aktuellen Herausforderungen?
Wenn du diese Fragen stellst und Gott darum bittest, wirst du oft merken, dass genau solche Antworten in deiner Bibellesung auftauchen. Plötzlich erkennst du: Hier ist die Antwort, wie du mit einem schwierigen Arbeitskollegen umgehen kannst. Hier ist die Antwort, wie du neue Geduld bekommst, wenn deine Kinder dich mal nerven. Hier ist die Antwort, wie du mit einer schweren Krankheit umgehen kannst, die dich so niederdrückt.
Dann liest du etwas, und weil du Gott vorher darum gebeten hast, macht er es dir deutlich. Die Grundlage, die ich euch gesagt habe, ist, dass wir die Bibel nicht nur als ein Buch der Kulturgeschichte sehen, sondern erkennen, dass Gott selbst in der Bibel zu uns spricht. Deshalb bitten wir Gott darum, dass er uns mitteilt, was gerade für den Tag wichtig ist. So werden wir motiviert und versuchen, regelmäßige Zeiten im Leben zu finden, die für die Bibel reserviert sind.
Dabei kann man immer wieder Neues ausprobieren: neue Bibelübersetzungen, mal ein ganzes Buch in einem Stück lesen, mal kleine Abschnitte, mal etwas auswendig lernen, mal mit jemand anderem zusammen lesen, mal die Übersetzung wechseln, mal etwas aufschreiben oder anmarken. Es gibt eine große Bandbreite.
Manchmal kommt man auf neue Ideen und merkt: Das ist richtig super! Vielleicht entwickelt sich ja unter euch jemand zum Künstler, und bald gibt es große Gemälde, weil jemand etwas Tolles gemalt hat. Oder vielleicht singt ihr im nächsten Jahr ein Lied, das nicht aus dem Liederbuch stammt, sondern von jemandem von euch gedichtet wurde – über einen Bibelvers, der euch besonders berührt. Dann merkt ihr, dass da etwas drinsteckt, was euch motiviert, gemeinsam zu singen. So bringt Gott eure Begabungen mit ein.
An dieser Stelle möchte ich gerne mit euch beten, dass Gott euch Weisheit und Motivation schenkt und alles, was wir sonst noch brauchen, um uns seinem Wort auszusetzen.
Ich bete mit euch:
Vater im Himmel, wir danken dir, dass du nicht einfach ein stummer Gott bist. Dass du dich nicht mit einer vagen Ahnung von deiner Existenz begnügt hast, sondern Interesse daran hast, ganz konkret in unser Leben hineinzusprechen. Danke, dass wir die Bibel, dein Wort, die heilige Schrift haben – und dass sie für uns so einfach zugänglich und verständlich ist.
Ich bitte dich, hilf uns, die richtige Motivation zu haben. Erinnere uns immer wieder daran und gib uns die Sehnsucht nach deinem Wort. Lass uns merken, wie bereichernd die Bibel sein kann, indem sie unsere Gedanken prägt und uns durch dein Wort Antworten auf unsere Lebensfragen und Orientierung schenkt.
Hilf uns, Disziplin und Regelmäßigkeit zu entwickeln. Lass uns das Ablenkende zurückstellen, das uns immer wieder von deinem Wort wegziehen will. Hilf uns auch, wenn Routine entsteht, diese aufzubrechen, damit neue Impulse uns helfen, genauer hinzuschauen und offener zu sein für das, was du uns gerade sagen willst.
Gib uns Aufmerksamkeit, damit wir uns gegenseitig motivieren können, uns mit deinem Wort auseinanderzusetzen und dafür offen zu sein. So dass wir alle merken, wie du uns Stück für Stück veränderst und wie wir plötzlich anders anfangen zu denken und zu reagieren als die Menschen in unserer Umgebung oder als es unsere gewohnte Persönlichkeit tun würde.
Danke, dass du durch dein Wort zu uns sprechen willst. Wir wollen dafür offen sein und wünschen uns, dass du uns im positiven Sinne veränderst und weiterführst. Amen.
An dieser Stelle sage ich gerne noch...