Einführung in das Thema Gebetshaltung
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 488: Dringlich beten.
Hinter uns liegen einige Episoden zum Thema Beten lernen. Nun wisst ihr, was mir in den letzten Jahrzehnten wichtig geworden ist.
Bitte findet euren eigenen Weg zum Thema Gebet. Dabei ist nicht gemeint, dass ihr euren Weg im Sinne des alten Sinatra-Schlagers „I did it my way“ gehen sollt. Vielmehr sollt ihr überlegen, wie ihr mit euren Möglichkeiten den Rahmen ausfüllen könnt, den Gott uns im Gebet vorgibt.
Bis hierhin ging es vor allem um Inhalte. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Wie ist die Haltung, mit der wir Gott im Gebet begegnen sollen?
Die Herausforderung unerwarteter Not
Dazu eine Frage: Lukas Kapitel 11, Verse 5 und 6. Er sprach zu ihnen: Wer von euch wird einen Freund haben und um Mitternacht zu ihm gehen und sagen: Freund, leihe mir drei Brote? Denn ein Freund von mir ist auf der Reise bei mir angekommen, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann.
Hier wird ein Problem beschrieben, das wir uns heute kaum noch vorstellen können. Ich jedenfalls nicht, da ich für eine nahezu beliebige Anzahl von Freunden Nudeln und Tiefkühlpizza vorrätig habe. Damals war einfaches Essen jedoch nicht in dem Maße vorhanden, wie es heute normal ist.
Brot wurde für den Tag gebacken, an dem es auch verzehrt wurde. In diesem Fall begegnen wir jemandem, der unerwartet Besuch bekommt, aber nichts zu Hause hat. Für einen Orientalen mit seiner Verpflichtung zur Gastfreundschaft war das ein echtes Problem.
Noch etwas müssen wir wissen: Die Häuser damals waren keine Häuser im heutigen Sinn mit mehreren Zimmern. Ein Haus bestand meist nur aus einem großen Raum für die Familie. Wenn ich also um Mitternacht zu meinem Freund gehe, um mir drei Brote zu leihen, wecke ich nicht nur ihn, sondern seine ganze Familie gleich mit.
Die Frage lautet also: Wer von euch traut sich, mitten in der Nacht wegen eines überraschenden Besuchers ein ganzes Haus aufzuwecken?
Die Schwierigkeit der Bitte und die Antwort des Freundes
Aber man kann das Problem noch ein wenig verschärfen. Was ist, wenn der Angesprochene nicht will?
Lukas 11,7: Und jener würde von innen antworten und sagen: „Mach mir keine Mühe, die Tür ist schon geschlossen, und meine Kinder sind bei mir im Bett. Ich kann nicht aufstehen und dir geben.“
Die Antwort lautet also nicht, ich habe selbst kein Brot, sondern der Freund verweist auf die Kinder, die sich schon hingelegt haben, und die Tür, die bereits geschlossen ist.
Wenn er jetzt aufsteht, weckt er die Kinder, die mit ihm auf einer großen Matte schlafen. Selbst wenn sie nicht gleich aufwachen, sobald er den Riegel der Tür zur Seite schiebt, Licht anmacht, Brot sucht und sich mit dem Fragesteller kurz unterhält – wenn er das tut, entsteht ein so großes Durcheinander, dass an Schlaf erst einmal nicht mehr zu denken ist.
Deshalb das „Mach mir keine Mühe“.
Ich hatte gesagt, das Ganze ist eine Frage: Wer von euch wird einen Freund haben und wird um Mitternacht zu ihm gehen und zu ihm sagen ...?
Wenn du in eine solche Situation kommst, wie wird der Freund reagieren? Trotz der Kinder und der Mühe?
Die Kraft der Hartnäckigkeit und Dreistigkeit im Gebet
Ganz einfach: Lukas 11,8 sagt: „Ich sage euch, wenn er auch nicht aufstehen und ihm geben wird, weil er sein Freund ist, so wird er wenigstens um seiner Unverschämtheit willen aufstehen und ihm geben, so viel er braucht.“
Warum ist der, der kommt, unverschämt? Ganz einfach: Es ist schon Mitternacht. Man weckt mitten in der Nacht keine ganze Familie auf, nur um drei Brote zu bekommen. Der Begriff „Unverschämtheit“ ist hier nicht leicht zu übersetzen.
Das griechische Wort beschreibt eine Mischung aus Hartnäckigkeit, Entschlossenheit, Dreistigkeit und Unverfrorenheit. Es bezeichnet ein Verhalten, das gesellschaftliche Normen oder Peinlichkeiten ignoriert, um eigene Ziele zu erreichen.
Da Jesus hier im Zusammenhang über das Gebet spricht, will er damit die Haltung beschreiben, die wir im Gebet einnehmen sollen. Es geht ihm also nicht, wie an anderer Stelle, um Beharrlichkeit – also darum, dass wir immer wieder unsere Anliegen vor Gott bringen. Vielmehr geht es um die Dreistigkeit, mit der wir unsere Bitten vortragen.
Gott weiß, was wir brauchen. Aber die Tatsache, dass Gott unsere Nöte kennt, soll uns nicht dazu bringen, weniger intensiv zu bitten. Wir haben Zugang zu Gott, und hier fordert Jesus uns auf, genau diesen Zugang auch zu nutzen.
Weil wir Gott kennen und weil er unser Vater ist, sollen wir uns trauen, im Gebet stark aufzutreten.
Die Einladung zu einem fordernden Gebetsstil
Lukas 11,9: „Und ich sage euch: Bittet, und es wird euch gegeben; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch geöffnet.“
Wir dürfen und sollen bitten, suchen und anklopfen. Dabei können wir uns an der Unverschämtheit dessen ein Vorbild nehmen, der mitten in der Nacht zu seinem Freund kommt, um drei Brote zu leihen. Sicherlich gibt es dabei Grenzen. Wir beten immer noch zu Gott, und trotz aller Dreistigkeit dürfen wir nicht frech oder respektlos werden.
Doch darum geht es hier nicht. Es geht vielmehr um die Frage, wie Jünger, die das Beten lernen wollen, beten sollen – mit welcher Haltung. Jesus lädt sie ein, fordernd aufzutreten. Die Frage „Darf ich das denn?“ wird mit „Ja, weil Jesus es sagt“ beantwortet.
Es ist tatsächlich wichtig, sich die Haltung dessen zu eigen zu machen, der mitten in der Nacht kommt. Unser Gebet darf und soll eine dringliche, ernste Angelegenheit sein. Wir dürfen – und ich meine, wir sollten – Betroffenheit zum Ausdruck bringen. Beim Beten sollten wir Ziele verfolgen und mit Entschlossenheit antreten.
Jesus als Vorbild für ein leidenschaftliches Gebet
Und Jesus ist uns dabei das größte Vorbild. Wenn ich mir Johannes 17 durchlese, staune ich über sein Gebet. Ich bewundere, mit welcher Chuzpe er Gott um Dinge bittet, bei denen ich denke: Wow, das ist mutig.
Ein Beispiel ist Johannes 17,24: „Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir sind, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast.“ Dieses „ich will“ zeigt, worum es ihm geht. Hier plappert jemand nicht routiniert sein Standardgebet herunter. Jesus betet leidenschaftlich und mit Entschlossenheit. Er weiß, was er will, spricht es aus und erwartet, dass seine Jünger genauso beten.
Deshalb sollten wir vorsichtig sein, wenn sich in unser Gebetsleben Gleichgültigkeit, Oberflächlichkeit oder sogar Beliebigkeit einschleicht. Was wir stattdessen brauchen, ist Eindringlichkeit. Wir brauchen Hartnäckigkeit und Leidenschaft.
Schlussgedanken zur Haltung im Gebet
Deshalb die Frage: Wie ist die Haltung des Freundes, der nachts um ein Brot bittet? Als Beter sollten wir uns diese Haltung zu eigen machen.
Wir wollen gehört werden, und dabei dürfen wir ruhig ein wenig dreist und kühn auftreten. Das ist möglich, weil das, was wir sagen, Ausdruck einer tiefen Beziehung zu unserem Vater im Himmel ist.
Was könntest du jetzt tun? Denke über deine Haltung im Gebet nach. Was geht in dir vor, wenn du Gott begegnest?
Das war's für heute. Wenn du meine App oder meinen Podcast gut findest, dann gib doch eine Bewertung ab. Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
