Ein lebendiges Bild des Glaubens: Die Sonne als Symbol
Welcher Vergleich war das, den wir eben gesungen haben? Die Gottlieben müssen sein wie die Sonne, die in ihrer Pracht aufgeht.
Denke zurück an das Jahr 1979 – das ist schon lange her. Wir waren mit dem schwäbischen Posaunendienst unterwegs in Indien. Die indischen Zepfer und Emmer wollten Posaunenblasen lernen und suchten Inspiration.
Als wir im Süden dieses Halbkontinents, in Trivandrum, waren, sagten uns die Freunde: „Wenn ihr schon hier seid, dann müsst ihr unbedingt morgen früh zum Sonnenaufgang an das Kap Komorin fahren.“ Das ist wirklich die Südspitze, wo zwei Ozeane zusammenkommen. Dort gibt es ein hinduistisches Heiligtum, und die Menschen werfen sich ins Wasser der beiden Ozeane.
Man muss also zum Sonnenaufgang dort sein. Ein Offizier der Heilsarmee von Trivandrum war bereit, uns zwölf Leute in seinen Landrover zu quetschen. Als wir dann auf den langen Straßen nach Süden unterwegs waren, wurde es immer heller. Wir hatten schon Angst, zu spät zum berühmten Sonnenaufgang zu kommen.
Aber als wir dort ankamen, unter Hunderten von Pilgern, die baden wollten, war es zwar hell am Himmel, doch die Sonne war noch nicht aufgegangen. Wir warteten darauf. Ein Freund von uns, damals noch ein Hauptverantwortlicher bei Zeiss Ikonen, wollte das filmen. Er fragte immer wieder: „Wann kommt sie denn endlich?“ Ganz typisch schwäbisch, nicht?
Als dann endlich der glutrote Ball der Sonne über den Wassern aufstieg, dachte ich: Wie schön und dichterisch vollkommen sagt die Bibel: Gott hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht, und sie geht heraus wie ein Bräutigam aus seiner Kammer. Sie läuft ihren Weg, und nichts bleibt vor ihrer Hitze verborgen.
Unser schwäbischer Freund hat es etwas deftiger ausgedrückt. Wir Schwaben können ja alles, nur nicht richtig Hochdeutsch. Er sagte: „Jetzt kommt sie wie Zau.“ Wie viel schöner ist es doch, wenn die Bibel sagt: „wie ein Bräutigam aus der Kammer.“
Die Bedeutung des Sonnenaufgangs in der Bibel
Sonnenaufgang – immer wieder finden sich in der Bibel Vergleiche damit. Die Sonne kündigt den neuen Tag an, schon wenn ihre Strahlen über das Firmament kommen, bevor sie selbst aufgegangen ist. Sie vertreibt die Nebel und wärmt die Erde. Im Buch Tobias heißt es, dass der Mensch aufstehen und Gott für den neuen Tag danken soll.
Im Buch der Sprüche wird die aufgehende Sonne als Zierde am Himmel des Herrn beschrieben, ähnlich wie die Schönheit einer jungen und klugen Frau eine Zierde ist. Schön ist auch die Aussage unseres Herrn Jesus, die vielleicht noch kürzer und prägnanter ist: Gott lässt seine Sonne über Böse und Gute aufgehen. In seiner großen Güte hält Gott nicht Gericht und verbirgt sein Licht nicht vor den Bösen.
Noch schöner ist die Stelle in Matthäus 13, am Schluss der Gleichnisse: Wenn der Herr seine Auserwählten sammeln wird – und hoffentlich werden wir einmal dazugehören dürfen – dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne im Reich ihres Vaters. Also immer wieder dieses Bild vom Sonnenaufgang, das in der Bibel oft erwähnt wird.
Vielleicht am allerschönsten findet es sich in dem kriegerischen Lied der Deborah und Barak. Die Prophetin Deborah hatte Barak bestimmt, gegen die Feinde Israels in den Kampf zu ziehen. Barak zögerte zuerst und sagte: „Nur wenn du mitgehst, Deborah, dann mache ich es.“ Am Schluss dieses Liedes, das eines der ältesten Kriegslieder, Heldenlieder ist, das wir überhaupt aus dem Altertum kennen, heißt es: „So müssen umkommen, so wie Sisra, der Feldhauptmann der Aramäer, so müssen umkommen deine Feinde.“ Doch es wird kein Punkt gesetzt, denn unser Gott ist kein Zerstörer. Deshalb fährt Deborah fort: „Aber die, die dich liebhaben, Gott, müssen sein wie die Sonne, die aufgeht in ihrer Macht und Pracht.“
Es sind ähnliche Worte, wie sie sonst auch in der Bibel zu finden sind. David hat einmal gesagt: „Wer gerecht herrscht unter den Menschen, der ist wie die aufgehende Sonne, die die Erde erwärmt.“ Oder denken Sie an das herrliche Prophetenwort am Schluss des Buches Maleachi: „Euch aber, die ihr seinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln. Und ihr sollt hinausgehen und springen wie die Mastgelber.“ Auch hier kommt das Bild von der Sonne vor.
Im Psalm heißt es, dass das Licht in der Finsternis für den Frommen immer wieder aufgehen muss. Und das von denen, die Gott lieben, ist ja auch vom Apostel Paulus aufgenommen worden. Wir wissen, dass bei denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.
Das Bild des Sonnenaufgangs wird also oft gebraucht, aber selten so prägnant und eindrücklich formuliert wie in Deborahs Lied: „Die dich Gott liebhaben, sollen sein wie die Sonne, die aufgeht in ihrer Pracht.“
Die Frage nach der Bedeutung des Vergleichs
Was ist nun ohne Bild gemeint? Das soll unsere erste Frage sein. Ohne diesen Vergleich, ganz konkret: Was ist damit gemeint, wenn gesagt wird, wie die Sonne in ihrer Pracht aufgeht?
Unter uns wird immer wieder das Wort des Gottesleugners Nietzsche zitiert: „Die Christen müssten mir erlöst aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“ Schrecklich dumm von diesem Pfarrersohn Nietzsche, der nicht viel mitbekommen hat – als ob unser Erlöser am Kreuz gekränkelt hätte.
Was heißt denn „erlöster Aussehen“? Was ist damit gemeint, wenn gesagt wird, es sei wie der Sonnenaufgang in seiner Macht?
Ich denke an Ludwig Hofacker. Ich durfte ja eine kleine Biografie über ihn schreiben; Restbestände davon liegen noch vor. Dieser Erweckungsprediger unseres schwäbischen Landes wurde kaum dreißig Jahre alt und wirkt doch bis heute. Er starb 1930, und bis heute werden seine Predigten in der siebzigsten Auflage verbreitet.
Dieses Werkzeug Gottes erlitt in seiner letzten schweren Krankheit eine Amputation eines Fingers. Die Wassersucht stieg so stark an, dass er ein halbes Jahr lang nicht mehr im Bett liegen konnte. Er musste auf dem Sofa sitzen und nach Luft schnappen. Da las ihm sein Freund Wilhelm Roos einen Vers vor, in dem geschrieben steht, dass uns in der Welt Gottes die strahlenden Gassen von Gottes Stadt erwarten.
Daraufhin sagte Hofacker unwirsch: „Das ist nichts für mich. Ich habe mit all dem, was ich in meinem Leben versäumt habe, was ich falsch gemacht habe, tausendmal mehr die Hölle verdient als den Himmel.“
Verstehen Sie: Man kann Erweckungsprediger sein, ein gesegnetes Werkzeug Gottes, und dennoch werden einem die Versäumnisse bewusst. Man erkennt, dass man eigentlich vor Gott nicht bestehen kann.
Da dieser Freund Wilhelm Roos, ähnlich wie wir manchmal bei Krankenbesuchen, die Tür hinter sich zumachte, fragte er sich, ob er das richtige Wort gefunden hatte. Ob er wirklich Trost geben konnte oder vielleicht genau das Falsche gesagt hatte.
So ging Wilhelm Roos weg und wagte es eine Woche lang kaum, den sterbenden Ludwig Hofacker zu besuchen. Als er ihn schließlich traf, war Hofacker abgezehrt, mit aufgeschwemmtem, aufgedunsenem Leib, aber das Gesicht war fast heiter, fröhlich, gelassen.
Wilhelm Roos fragte ihn, wie dieser Stimmungsumschwung gekommen sei. Hofacker antwortete: „Ich habe mir klargemacht, dass ich mich erbärmlich ernst nehme, noch mit meinem Kleinglauben vor Gott. Ich kann nicht selig werden, Gott kann mich nicht gebrauchen, es kreist immer um mich. Und jetzt habe ich mich einfach entschlossen, es gelten zu lassen, dass der Heiland schon so lange seine Arme zu mir ausstreckt. Und jetzt will ich es gelten lassen, dass er mich haben will.“
Da ist wahr geworden, was gesagt wird: „Die ihn lieb haben, wird es sein wie die Sonne, die in ihrer Pracht aufgeht.“ Über einen Körper, der dahinsiechte, über einen Menschen, der sich bewusst war, was er in seinem Leben auch an Fehlern gemacht hat.
Ich will es gelten lassen, dass der Heiland die Hände nach mir ausstreckt und dass das mir gilt.
Beispiele gelebter Liebe zu Gott
Ich muss immer wieder an unsere Großmutter denken. Bei ihr habe ich erlebt, wie ein Mensch lebt, wie die Sonne aufgeht in ihrer Macht. Sie war jung Witwe geworden. Von ihren neuen Kindern weg ist der Mann gestorben. Sie hat damals, auch nach der Weltwirtschaftskrise, kaum eine Rente bekommen. Aber sie hatte 42 Enkel, und wir durften alle in Fehen zur Großmutter kommen.
Man musste in den Fehen nicht zu einer bestimmten Zeit aufstehen, sondern man durfte aufstehen, wann man wollte. Wenn es halb elf Uhr morgens war, und die Frühaufsteher schon um fünf Uhr aufgestanden waren, stand immer von der Großmutter zubereitet das Frühstück bereit – speziell mit einer Lieblingsmarmelade. Sie wusste bei den Enkeln genau, wer schwarze Johannisbeermarmelade liebte und wer Quittengelée gerne mochte. So haben wir die Liebe der Großmutter erfahren.
Sie war bald schwerhörig geworden. Bei ihr habe ich gelernt, wie man mit schwerhörigen Menschen umgehen kann. Aber wenn sie alt, gebrechlich und erschöpft vom Tageslauf war, von den Gemeinschaftsstunden oder Gottesdiensten kam und mit einem strahlenden Gesicht zurückkehrte, sagte man zu ihr: „Großmama, warum gehst du denn überhaupt in die Stunde? Du bekommst doch gar nichts mehr mit mit deinem Gehör.“ Da konnte sie antworten: „Gemeinschaft der Heiligen.“ Wir wussten, was das Geheimnis ihres Lebens war.
Wenn wir als junge Enkel in ihrem Zimmer schlafen durften, stellte sie sich morgens um vier Uhr den Wecker. Sie sagte immer: „Wenn man täglich vier Kapitel in der Bibel liest, kommt man in einem Jahr durch die Bibel durch.“ Aber wenn sie dann betete, so halblaut, dass wir Enkel es mitbekamen, war das wie ein Gespräch zwischen Bräutigam und Braut, die sich lieb haben müssen – wie die Sonne, die aufgeht in ihrer Pracht.
Dann, im Jahr 1945, wurde das kleine Dorf auf der Schwäbischen Alb nach langen Kämpfen und Beschießungen von Amerikanern eingenommen. Wir alle hatten uns im Keller verkrochen, drei Nächte lang während des schweren Artilleriebeschusses. Die Großmutter war oben geblieben, ohne Angst. Sie war auch die Erste, die dann die Amerikaner, die zur Tür hereinkamen, mit dem Karabiner am Hausflur aufstieß.
Die Großmutter kam ihnen entgegen mit einer Kanne dampfenden Malzkaffee. In diesem Augenblick war sie für uns nur „die Ma'am“. Wir mussten wieder in den Keller hinunter, aber für die Amerikaner war sie „Ma'am“ – die ganze Liebe.
Als die Großmutter gestorben war, sagte der Sparkassenbeamte von Bad Urach: „So ein Konto habe ich nie erlebt.“ Es war dauernd überzogen, weil sie so viel verschenken konnte. Das Geheimnis war dieses Gespräch mit ihrem Gott und Herrn, den sie lieb haben sollten – wie die Sonne, die aufgeht in ihrer Pracht.
Die Kraft der Liebe Gottes im Alltag
Der Arbeiterdichter Fritz Woike, der ein Gottesleugner war, lebte im Ruhrgebiet.
Ich habe bei einer Terstegens Ruhkonferenz in Essen erlebt, wie Wilhelm Busch ihn fragte: „Fritz Woike, sagen Sie doch, wie Sie zum Glauben gekommen sind. War es eine Predigt, war es ein Traktat?“
Nein, antwortete er, „ich war schwer krank im Hüssenstift, im großen Krankenhaus in Essen. Und da kam am Morgen die Schwester Bertha Fuhrmann herein, hat nichts gesagt. Wie sie schon die Kissen aufgeschüttelt hat und einfach da war, habe ich gemerkt, dass ein Mensch anders ist als ich, dass er etwas hat, was ich nicht habe.“
Wie die Sonne aufgeht in ihrer Pracht, hat das sein Leben verändert.
Sie alle kennen vermutlich Corrie ten Boom und wissen, wie sie im Konzentrationslager Ravensbrück war. Dort hat sie erlebt, wie eine sadistische SS-Bewacherin ihre Schwester zu Tode gequält hat.
Und plötzlich, bei einer Versammlung in der Nachkriegszeit, sieht sie dieses Gesicht wieder. Sie erkennt die Schergin, die sich trotzdem wieder hineingewagt hat, um einen Vortrag von Corrie ten Boom zu hören.
Corrie ten Boom berichtet: „In mir wollte der Hass und die Härte aufsteigen. Doch dann habe ich mich festgehalten an dem, dass die Liebe Gottes ausgegossen ist in unser Herz durch den Heiligen Geist. Ich konnte dieser Frau anders begegnen, als sie es eigentlich verdient hätte.“
Dies sind nur einige Beispiele von Menschen, bei denen die Sonne aufgeht in ihrer Pracht. Es ist so wichtig, dass es solche Menschen gibt.
Die Herausforderung, ein strahlender Mensch zu werden
Zu Jochen Klepper, dem Schriftsteller und Dichter großer Kirchenlieder, kam damals der Generalsuperintendent Otto Dibelius mit einer Bitte. Klepper solle doch für die damalige bekennende Kirche Lieder schaffen.
Als Dibelius gegangen war, schrieb Klepper in sein Tagebuch: „Solche Männer werden mich nie lehren, Lieder zu schreiben.“ Er hatte die Härte gespürt, selbst im Kampf der bekennenden Kirche. Dabei gab es wenig Strahlen, so wichtig es auch ist, wenn wir Menschen für Jesus gewinnen wollen.
Klepper schrieb weiter, dass es ihm nur selten gelingt, dass Gott einigen von uns das gibt, die ihn liebhaben sollen, wie die Sonne aufgeht in ihrer Pracht. Die Frage ist: Wie kann man das erreichen? Wie kann man es fertigbringen? Was muss man tun, um ein so hilfreicher, wohltuender und überzeugender Mensch zu werden? Wie kann es zum Liebhaben Gottes kommen?
Thielecke hat uns einmal, die wir uns als kluge Studenten vorkamen, gefragt: „Warum muss denn bei den Christen in Bibelstunden und Predigten immer wieder ein Bibeltext gelesen werden, als Grundlage genommen werden? Wenn ich Goethes Faust gelesen habe, weiß ich, was drinsteht. Ich kann ihn mir auch ein zweites Mal ansehen, zum Beispiel bei einer Faust-Aufführung. Aber dann weiß ich Bescheid. Warum kommen die Christen denn immer wieder zu derselben Bibelstelle, die sie schon längst vielleicht kennen, hoffentlich?“
Da waren wir klugen Studenten sprachlos. Diese Frage hatte sich uns noch nie gestellt. Thielecke erklärte uns daraufhin, dass es so sei wie bei einer Braut, die den Brief eines Bräutigams immer wieder liest. So müssen wir die Berichte der Bibel lesen, damit in uns die Liebe erhalten bleibt.
Man hat uns dazu gesagt: Deshalb sind so viele Erzählungen in der Bibel. Zwei Drittel der Bibel sind Erzählungen darüber, was Gott getan hat, wie er ist und wie er zu den Menschen steht. Damit wir, die wir in einer Welt leben, in der wir bloß mit Menschen zu tun haben, bewusst haben – und dass das bewusst bleiben kann –, wie Gott zu uns stehen möchte. So bleibt die Liebe erhalten oder wächst neu auf zu Gott.
Die Kraft der Erinnerung an Gottes Wirken
Im Psalm 18, im Psalm Davids – falls Sie ihn einmal aufschlagen möchten, wenn Sie eine Bibel zur Hand haben – finden sich einige Verse, die deutlich machen: Wenn wir uns bewusst werden, was Gott bereits an uns getan hat, kann die Liebe zu ihm wachsen.
Psalm 18, von David, dem Knecht des Herrn, der dem Herrn die Worte dieses Liedes sprach, als ihn der Herr aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls errettet hatte. Er sang: „Herzlich lieb habe ich dich, Herr, meine Stärke, Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter, mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und der Berg meines Heils und meines Schutzes.“
David beschreibt weiter: „Es umfingen mich des Todes Bande, und die Fluten des Verderbens erschreckten mich. Die Bande des Totenreichs umgaben mich, und die Stricke des Todes überwältigten mich. Als mir Angst war, rief ich den Herrn an und schrie zu meinem Gott. Da erhörte er meine Stimme, mein Schreien kam vor ihm.“
Verstehen Sie, David machte sich bewusst: Was habe ich mit meinem Gott erlebt?
Einer der großen Vorbilder für mein Leben, Doktor Tom Zimmermann, Präsident der Gemeinschaft der Pfingstgemeinden in Amerika und bedeutender Finanzminister der Lausanner Bewegung für Weltevangelisation, war ein strahlender Christ. Anders als das blasse amerikanische „Keep smiling“ kam seine Fröhlichkeit von innen heraus. Trotz seiner vielen Verpflichtungen wandte er sich einzelnen kleinen Leuten wie mir zu und fragte herzlich: „Ralph, how are you?“ Er wollte wissen, wie es mir geht und was ich tue – in einer großen, herzerwärmenden Liebe.
Ich habe ihn gefragt: „Tom, wie schaffst du es, trotz der vielen Enttäuschungen, die du erlebst, immer so gelassen, fröhlich und strahlend zu bleiben?“ Er antwortete: „Rolf, wenn ich am Ende bin, ausgebrannt, nehme ich einen Bogen Papier vor mich und schreibe auf, was Gott in den letzten vier Wochen alles Gutes an mir getan hat, wovor er mich bewahrt hat und wie er mich durch Schwierigkeiten geführt hat.“ Oft müsse er dann schnell einen zweiten Bogen holen. So werde ihm wieder wohl.
Wenn wir uns bewusst machen, was Gott an uns getan hat, kann die Liebe zu Gott wachsen und zugleich wahr werden. Diejenigen, die ihn lieben, sollen sein wie die Sonne, die in ihrer Pracht aufgeht.
Helmut Thielige hat einen schönen Vergleich benutzt. Manche mögen ihn vielleicht vermessen finden. Er sagt: Im Volkslied heißt es, dass eine Schönheit jemanden zum Lieben gebracht hat, mit großem Verlangen. Helmut Thielige ergänzt: Im Geistlichen stimmt das erst recht. Das ist die Schönheit Gottes, seine Güte, die er mir erwiesen hat und die mich zum Lieben mit großem Verlangen gebracht hat.
Aber es muss noch ein weiterer Teil hinzukommen. Manche tun sich schwer mit der Liebe zu Gott. Das beschäftigt nicht nur die kleine Frieda in Hannover. Einige von Ihnen kennen die Geschichte vielleicht: Eine Großnichte von mir, die kleine Dreijährige Frieda, war mit ihrer Mutter im Gespräch über Gott und den Glauben. Die Mutter wollte ihr erklären, wer Gott ist. Da sagte Frieda: „Den mag ich nicht.“ Die Mutter fragte ungläubig: „Was, wen?“ Frieda antwortete: „Gott mag ich nicht, ich mag den Kleinen.“ Sie meinte den kleinen Jesus, also den Sohn.
Fragen Sie sich selbst: Wie steht es bei Ihnen? Wenn ich mich geprüft habe, fällt mir auf, dass Jesus gesagt hat, das höchste und größte Gebot sei: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deinen Kräften.“ Ihn zu bekennen, fiel mir ein Leben lang schwer – und zwar aus einem Grund: Mir wurde immer wieder bewusst, dass der heilige Gott eines Tages mit seinen unbestechlichen Augen mein ganzes Leben prüfen wird. Es wird vor ihm liegen wie eine riesige Müllkippe.
Wie werden dann die Augen Gottes auf mich sehen? Traurig, zornig, enttäuscht? Das war der Grund, warum ich es schwerfiel, Gott wirklich zu lieben. Wirklich zu sagen: „Lieber Vater, es genügt nicht, das wie in einer Endlosschleife zu sagen: Ich preise dich, ich liebe dich, ich werfe mich vor den Thron deiner Majestät.“ Es muss von ganzem Herzen kommen.
Ich habe gemerkt, Respekt vor Gott hatte ich. Ich konnte auch große, lange Vorträge über Gott halten. Theologisch waren sie sicher sauber. Aber kam es über diesen Respekt hinaus zu wirklicher Liebe? Und zwar so, dass ich in der Endstufe meines Lebens nur noch einmal das Gebet sprechen konnte: „Lieber Vater im Himmel, gewähre mir das, was der Apostel Paulus sagt: Der Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Der Geist Gottes lehrt uns, treibt uns, zu rufen: Abba, lieber Vater!“
Dann wurde mir geschenkt, dass ich meine bisherige theologische Auffassung über den Haufen werfen konnte. Bis dahin hatte ich oft geschrieben – das können Sie auch in manchen meiner Bücher lesen –, wenn ich vor dem heiligen Gott stehe, müsse ich eigentlich im Boden versinken. Gott werde traurig sein über sehr vieles, was in meinem Leben war. Aber bevor er sagen wird: „Ich kenne dich nicht“, wird Jesus sagen: „Vater, für den komme ich auf, den darfst du nicht wegschicken, für den bin auch ich gestorben.“
So habe ich es dargestellt, und es war fromm gemeint. Bis mir der Heilige Geist klargemacht hat: Es ist ganz anders. Nicht der zornige, strafende, richtende Gott, und Jesus der liebe Heiland, der mich vor dem Vater vertritt, sondern gerade dann, wenn die ganzen Fehler meines Lebens wie eine Müllkippe, wie ein stinkender Haufen daliegen und nichts mehr zu entschuldigen oder gutzumachen ist, dann werden die Augen Gottes voll großer Liebe strahlen – auch über mir mit den Defiziten meines Lebens.
Weil der Vater sehen wird: Da ist ja meine Arbeit mit Jesus, mein Rettungswerk, zum Ziel gekommen. Dazu habe ich doch Jesus in die Welt geschickt. Damit so Leute wie ich, Rolf Schäffug, selig werden können – trotz all des vielen Falschen in ihrem Leben. Es ist eine Einheit zwischen Vater und Sohn, nicht so, dass der Sohn etwas aufbringen muss, was beim Vater in seiner Liebe fehlt.
Und jetzt kann ich es von ganzem Herzen sagen: „Aber lieber Vater, Gott, der du seit Ewigkeiten so einen Plan für die Rettung hast und mich einschließt, so ist nun nichts Verdammliches, nichts Verdammenswertes“, sagt der Apostel Paulus über diejenigen, die zu Jesus gehören. Der Vater wird mit seinen Augen strahlen über denen, bei denen er mit seinem Retter Jesus zum Ziel gekommen ist.
Auch in unserem Leben, in Ihrem Leben, kann die große Liebe aufbrechen, wenn Sie sich bewusst werden, was Gott an uns und für uns getan hat. In der Bibel werden Beispiele genannt für solche Menschen, deren Angesicht strahlte.
Josef, bei der ersten Gemeinde ein Levit aus Zypern, wurde als Barnabas, der Sohn des Trostes, bezeichnet. Sein Alter Name war gar nicht mehr wichtig, sondern nur noch das, was aus ihm strahlte, was bei ihm anders wurde und welchen Impuls er in die Gemeinde gab.
Oder es wird von Stephanus erzählt, einem Mann voll heiligen Geistes und Weisheit. Trotz der Anklagen gegen ihn – man warf ihm vor, gegen die heilige Stätte und das Gesetz zu reden – war sein Angesicht wie das eines Engels. Es verhärtete sich nicht durch die Anklagen und Gehässigkeiten. Stattdessen sah er auf und sah Jesus sitzen zur Rechten Gottes.
Psalm 34, einer der großen Psalmen, sagt: „Wer auf ihn sieht, wird erquickt, und sein Angesicht wird strahlen vor Freude.“
Manchmal haben wir so viel Angst, dass wir alle so fixiert sind auf unser kleines Leben, das uns doch unter den Händen zerrinnt. Schauen Sie doch einmal alte Fotos an, vor zwanzig Jahren. Sie glauben kaum noch, dass Sie mal so frisch und lebendig ausgesehen haben. Das war doch erst gestern!
Das Leben rinnt uns durch die Hände, und wir halten uns jeden Tag fest und bitten: „Lieber Gott, schenk's doch noch mal, dass ich nur ein bisschen leben darf.“ Ich kenne diese Sehnsucht, dieses Bitten.
Aber das Entscheidende kommt erst für uns, die wir zu Jesus gehören wollen: Dass unser Angesicht strahlen wird, wenn wir den Vater sehen, wie wir es zuvor gesungen haben. Wir werden den Vater sehen.
Sie können sich kaum vorstellen, wie viel Gott für uns bereit hält, die wir jetzt in aller Armseligkeit versuchen, dankbar ihn zu lieben.
Darf ich mit Ihnen beten? Treuer Vater im Himmel, du erbarmender Gott, wie viel hast du schon in unserem Leben gewirkt! Wie viel hast du uns zugeteilt! Wie viele Menschen hast du hilfreich an die Seite unseres Lebens gestellt! Wie hast du immer wieder in unser Leben hineingewirkt!
Vergib, dass wir es oft vergessen und so vieles zur Seite schieben. Du hast dir so viel Mühe um uns gegeben – nur damit wir erkennen, wie sehr du dich um uns sorgst.
Du bist die Liebe, die mich erlöst. Du bist die Liebe und liebst auch mich, jedes einzelne von uns. Lass uns in dieser Liebe geborgen sein, in den Tagen, die du uns hier auf Erden gewährst, und erst recht, wenn es ans Sterben geht. Lass uns gelten lassen, dass du deine Hände nach uns ausgestreckt hast und uns nicht loslassen willst.
Amen.
Die Schönheit der Liebe zu Gott
Helmut Thielige hat einen schönen Vergleich benutzt, der manchen vielleicht vermessen erscheinen mag. Im Volkslied heißt es: „Das hat eine Schönheit gemacht, hat mich zum Lieben gebracht mit großem Verlangen.“ Helmut Thielige sagte jedoch, dass dies im Geistlichen erst recht stimmt. Das ist die Schönheit Gottes, seine Güte, die er mir erwiesen hat, und die mich zum Lieben gebracht hat – mit großem Verlangen.
Es muss aber noch ein weiterer Teil hinzugefügt werden. Wenn man sich schwer tut mit der Liebe zu Gott, dann ist das nicht nur ein Problem der kleinen Frieda aus Hannover. Einige von Ihnen kennen die Geschichte vielleicht schon: Frieda ist eine Großnichte von mir. Ihre Mutter sprach mit der kleinen Dreijährigen über Gott und den Glauben. Dabei wollte sie ihr erklären, wer Gott ist. Doch Frieda sagte: „Den mag ich nicht.“ Die Mutter fragte verwundert: „Was? Wen? Was?“ Frieda antwortete: „Gott mag ich nicht, ich mag den Kleinen.“ Sie meinte damit den kleinen Jesus, also den Sohn.
Fragen Sie sich selbst: Wie steht es bei Ihnen? Wenn ich mich geprüft habe, erinnere ich mich daran, dass Jesus gesagt hat, das höchste und größte Gebot sei: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit all deinen Kräften.“ Man muss ihn bekennen. Doch ich habe ein Leben lang damit schwer getan. Und zwar aus einem Grund: Mir wurde immer wieder bewusst, dass der heilige Gott eines Tages mit seinen unbestechlichen Augen mein ganzes Leben prüfen wird. Dieses Leben wird vor ihm liegen wie eine riesige Müllkippe. Wie werden dann die Augen Gottes auf mich sehen? Traurig, zornig, enttäuscht?
Das war der Grund, warum es mir schwerfiel, Gott wirklich zu lieben. Wirklich zu sagen: „Aber lieber Vater, es genügt ja nicht, dass man es wie in einer Endlosschleife sagt: Ich preise dich, ich liebe dich, ich werfe mich vor den Thron deiner Majestät.“ Aber wenn es von ganzem Herzen kommen soll, dann habe ich gemerkt, dass ich Respekt vor Gott hatte. Ich konnte auch große, lange Vorträge über Gott halten. Theologisch waren sie sicher sauber. Aber kam es über den Respekt vor Gott hinaus zu wirklicher Liebe? Und zwar so, dass ich im Endstadium meines Lebens immer wieder nur noch das Gebet sprach: „Lieber Vater im Himmel, gewähre mir das, was der Apostel Paulus sagt: Der Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Der Geist Gottes lehrt uns, treibt uns, zu rufen: Abba, lieber Vater!“
Dann wurde mir das geschenkt, dass ich plötzlich meine bisherige theologische Auffassung über den Haufen werfen konnte. Bis dahin hatte ich oft – und ich kann das auch in manchen meiner Bücher nachlesen – geschrieben: „Wenn ich vor dem heiligen Gott stehe, dann müsste ich eigentlich im Boden versinken, und Gott wird traurig sein über sehr vieles, was in meinem Leben war.“ Doch bevor Gott sagen wird: „Ich kenne dich nicht“, wird Jesus sagen: „Vater, für den komme ich auf, den darfst du nicht wegschicken, für den bin auch ich gestorben.“ So habe ich es dargestellt, und es war fromm gemeint.
Doch dann hat mir der Heilige Geist klargemacht: Es ist ganz anders. Nicht der zornige, strafende, richtende Gott ist es, und Jesus der liebe Heiland, der mich vor dem Vater vertritt. Gerade dann, wenn die ganzen Fehler meines Lebens wie eine Müllkippe, wie ein stinkender Haufen daliegen und nichts mehr zu entschuldigen oder gutzumachen ist, dann werden die Augen Gottes voll großer Liebe strahlen – auch über mir mit den Defiziten meines Lebens.
Weil der Vater sehen wird: Da ist ja meine Arbeit mit Jesus, mein Rettungswerk, zum Ziel gekommen. Dazu habe ich doch Jesus in die Welt geschickt, damit Leute wie der Rolf Schäffug selig werden können – trotz all dem vielen Falschen in ihrem Leben. Das ist eine Einheit zwischen Vater und Sohn, nicht so, dass der Sohn etwas aufkommen muss, was beim Vater an Liebe fehlt.
Und jetzt kann ich es von ganzem Herzen sagen: „Aber lieber Vater, Gott, der du seit Ewigkeiten so einen Plan für die Rettung hast und mich einschließt, so ist nun nichts Verdammliches, nichts Verdammenswertes“, sagt der Apostel Paulus an jene, die zu Jesus gehören. Der Vater wird mit seinen Augen strahlen über denen, bei denen er mit seinem Retter Jesus zum Ziel gekommen ist.
Auch in unserem Leben, in Ihrem Leben, kann diese große Liebe aufbrechen, wenn man sich dessen bewusst wird, was Gott an uns und für uns getan hat.
Strahlende Gesichter als Zeichen der Nähe zu Gott
In der Bibel werden Beispiele für Menschen genannt, deren Angesicht gestrahlt hat. So etwa Joses bei der ersten Gemeinde, ein Levit aus Zypern. Die Menschen gaben ihm die Zunahmen. Barnabas, der Sohn des Trostes, war sein Name. Sein Altername spielte keine Rolle mehr, sondern nur noch das, was aus ihm strahlte, was sich bei ihm verändert hatte und welchen Impuls er der Gemeinde gab.
Oder es wird von Stephanus erzählt, einem Mann, der voll heiligen Geistes und Weisheit war. Die Anklagen gegen ihn prasselten herein. Man sagte, er rede gegen diese heilige Stätte und gegen unser Gesetz. Doch sein Angesicht war wie das eines Engels. Es verhärtete sich nicht durch die Anklagen und Gehässigkeiten. Stattdessen schaute er auf und sah Jesus zur Rechten Gottes sitzen.
Psalm 34, einer der großen Psalmen, sagt: „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt, und ihr Angesicht wird strahlen vor Freude.“ Manchmal haben wir solche Angst, dass wir alle… Aber ich verstehe das, wenn ich selbst durch schwierige Zeiten gegangen bin. Wir sind so fixiert auf unser kleines Leben, das uns doch unter den Händen zerrinnt.
Schauen Sie sich doch einmal alte Fotografien an, von vor zwanzig Jahren. Man glaubt kaum noch, dass man damals so frisch und lebendig aussah. Es war doch erst vorgestern. Das Leben rinnt dahin. Und trotzdem halten wir uns jeden Tag fest und bitten: „Lieber Gott, schenk mir doch noch einmal, dass ich ein bisschen leben darf.“ Ich kenne diese Sehnsucht, dieses Bitten.
Dabei sollten wir sagen: Das Entscheidende kommt doch erst für uns, die wir Jesus gehören wollen. Unser Angesicht wird strahlen, wenn wir den Vater sehen, wie wir es zuvor gesungen haben. Wir wollen den Vater sehen. Man kann sich kaum vorstellen, wie viel Gott für uns bereit hält, die wir jetzt in aller Armseligkeit versuchen, dankbar ihn zu lieben.
Gebet um Liebe und Geborgenheit in Gottes Hand
Darf mit Ihnen beten, treuer Vater im Himmel, du erbarmender Gott.
Wie viel hast du schon in unserem Leben gewirkt! Wie viel hast du uns zugeteilt! Wie viele Menschen hast du hilfreich an die Seite unseres Lebens gestellt? Wie hast du immer wieder in unser Leben hineingewirkt?
Vergib, dass wir es oft vergessen und es so leicht beiseiteschieben. Du hast dir so viel Mühe um uns gegeben – nicht nur, damit wir erkennen, wie viel Mühe du dir gegeben hast.
Du bist die Liebe und lässt mich erlösen. Du bist die Liebe und liebst auch mich, jedes einzelne von uns.
Lass uns in dieser Liebe geborgen sein, in den Tagen, die du uns hier auf dieser Erde gewährst. Und erst recht, wenn es ans Sterben geht, lass uns gelten lassen, dass du die Hände nach uns ausgestreckt hast und uns nicht loslassen willst.
Amen.