Sehr geehrte Hörerinnen und Hörer, wir begrüßen Sie zu einem Vortrag des Evangelisten Wilhelm Pahls zum Thema „Wenn wir beten, arbeitet Gott“.
Am Anfang liest Wilhelm Pahls einen Bibelvers aus dem Lukasevangelium, Kapitel 19, Vers 41: „Und als er näher kam, sah Jesus die Stadt an und weinte über sie.“
Das muss man sich einmal vorstellen. Ich weiß nicht, wie oft Jesus in Jerusalem gewesen ist – diese geliebte Stadt, die er immer wieder auf seinen Reisen besuchte, in der er viele Predigten gehalten und viele Wunder getan hatte. Jerusalem, diese geliebte Stadt.
Jetzt kommt er das letzte Mal nach Jerusalem. Ich kann mir gut vorstellen, wie er vom Ölberg hinunterkommt. Vor ihm liegt das Kidrontal, dort der Tempelberg mit den leuchtenden Kuppeln und den dicken Mauern. Die Jünger sind bei ihm. Plötzlich bleibt er stehen, schaut lange in diese Richtung und fängt an zu weinen.
Die Jünger verstehen überhaupt nichts mehr. Vielleicht hat einer gefragt: „Meister, was ist mit dir los? Was soll das jetzt? Die Leute würden dich am liebsten zum König machen, und da stehst du und weinst.“
Jesus sagt: „Jerusalem, Jerusalem, wie oft habe ich dich sammeln wollen, wie eine Henne ihre Jungen unter ihre Flügel sammelt, aber du hast nicht gewollt.“
Jesus weint über Jerusalem. Ich stelle das jetzt einmal meiner Predigt voran. Ich habe den Eindruck, dass Jesus auch über unsere Städte weint, über unsere Dörfer und vielleicht sogar manchmal über uns.
Einführung in das Thema Gebet und Erweckung
Ich möchte euch alle auch von meiner Seite ganz herzlich begrüßen. Ich freue mich, dass ich hier diesen Dienst tun darf. Ganz herzlichen Dank, Jan Peter, für die Einladung und das damit zum Ausdruck gebrachte Vertrauen.
Wir haben heute einen sogenannten Gebetstag. Es geht um Erweckung, und wir beten für die Evangelisation. Ich habe mich sehr gefreut, dass das Wort Erweckung darin vorkommt. Das darf man ja heute fast nicht mehr aussprechen. Ein Gebetstag für Erweckung und Evangelisation – so steht es in unserem Programm.
Eine Predigt über Gebet zu halten, ist fast nur mit Zittern möglich. Wer ist würdig, darüber zu reden, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen? Man muss fast im Voraus beten: „Herr, vergib mir“, weil bei allem Wissen doch vieles so mangelhaft ist.
Eine kleine Bemerkung vorweg: Es geht mir persönlich nie besser als dann, wenn ich viel bete, muss ich schon sagen. Und es geht uns in unserer Ehe nie besser als dann, wenn wir beide zusammen viel beten.
Auch in meinem Dienst geht es mir nie besser als dann, wenn ich viel bete. Ich bin ja Evangelist und von daher unheimlich viel unterwegs. Als der Bruder vorhin seinen Kummer ausdrückte, dass er seinen Sohn drei Tage nicht gesehen hatte, musste ich innerlich schmunzeln. In den ersten achtzehn Jahren meines evangelistischen Dienstes war ich zwölf Jahre nicht zu Hause. Also zwei Drittel der Zeit war ich unterwegs. Das ist einfach so bei Evangelisten.
Wir hatten vier Kinder, die zum größten Teil ohne Papa aufwuchsen. Dass trotzdem alle vier zum Glauben gekommen sind, ist schon ein ganz großes Geschenk.
Aber was ich sagen wollte: Auch in meinem Dienst geht es mir nie besser, als wenn ich viel allein und dann auch mit den anderen zusammen bete – mit meinen Gastgebern. Sehr oft wohne ich beim Prediger und dann natürlich auch in den Gebetsstunden, die wir immer haben.
Aber vieles ist einfach mangelhaft, wie ich schon sagte. Seit Jahren habe ich viele Bücher über dieses Thema gelesen, manche richtig studiert, manche einige Male gelesen. Wir sind gerade mal wieder umgezogen, und Johanna hat meine Bücher so ein bisschen nach Themen sortiert. Ich hoffe, ich finde noch etwas. Dann hat sie gestaunt über den Meter – ungefähr ein Meter Bücher über Gebet und Erweckung.
Das ist einfach das Thema, das mich in all den Jahren am meisten interessiert hat. Wenn ich irgendwo ein Buch zu diesem Thema gesehen habe, dann habe ich es mitgenommen oder bestellt.
Die Kluft zwischen Wissen und Tun im Gebet
Aber seitdem ich diese Bücher gelesen habe, ist die Kluft noch viel größer geworden – die Kluft zwischen Wissen und Tun, zwischen Theorie und Erfahrung.
Ich habe vor einigen Jahren gelesen, dass ein Mann, der mitten in der Erweckung in Indonesien stand und dort gewaltige Dinge mit Gott erlebt hat, zu einer Konferenz nach Deutschland eingeladen wurde. Er blieb noch etwas länger, besuchte auch Gemeinden und wurde vor dem Abflug am Flughafen nach seinem Eindruck über die deutschen Gemeinden und Christen allgemein gefragt.
Dieser Mann sagte, der größte Fehler der Christen in Europa sei, dass sie so viel über Gebet wissen, aber so wenig beten. Damals dachte ich, obwohl ich eigentlich schon recht viel betete, dass dies wahrscheinlich auch mein größter Fehler ist.
Sicher, wir haben viele Entschuldigungen. Besonders die vollzeitlichen Reichsgottesarbeiter haben unheimlich viel zu tun. Aber ich weiß, dass unsere Entschuldigungen weitgehend eine Lüge sind. Jemand hat einmal gesagt: Die raffinierteste Lüge ist die, dass wir unsere Lüge nicht als Lüge erkennen.
Stephen Alford, einer der bekanntesten englischen Prediger, sagte beim Weltkongress für Evangelisation: „Die gebetsärmsten Menschen sind die vollzeitlichen Reichsgottesarbeiter in Europa.“ Diesen Satz habe ich mir damals aufgeschrieben. Für mich fügte ich hinzu: besonders in Deutschland, basierend auf meinen Beobachtungen.
Natürlich haben wir unheimlich viel zu tun, das stimmt. Und wir tun auch viel, besonders die Prediger. Es gibt wahrscheinlich kaum einen Prediger, der eine 40-Stunden-Woche hat; die meisten arbeiten 60 Stunden und manche sogar noch mehr.
Wir haben viel zu tun und wir tun viel Gutes. Aber das Gute ist immer der Feind des Besten. Diesen Satz sollte man sich merken: Das Gute ist immer der Feind des Besten.
Der Teufel verführt die Welt zum Bösen. Aber uns verführt der Teufel zum Guten. Ein komischer Satz, oder? Aber es stimmt. Der Teufel verführt uns zum Guten, damit wir für das Beste keine Zeit haben.
Jemand sagt: Wenn du an einem Tag keine Zeit gefunden hast zum Beten, dann hast du ganz bestimmt Dinge getan – natürlich gute Dinge – die Gott überhaupt nicht wollte, und hast das Beste versäumt.
Ein anderes Zitat lautet: „Leute, die so viel zu tun haben, dass sie keine Zeit finden zum Beten, tun in Wirklichkeit am wenigsten, aber sie merken es nicht.“
Nochmal der Satz von oben: Die raffinierteste Lüge ist die, dass wir unsere Lüge nicht als Lüge erkennen.
Die Gefahr der Überbeschäftigung im Dienst
Ich habe aus meiner langen Reihe von Büchern zu dem Thema einige mitgebracht. Einige von ihnen begleiten mich auf jeder Reise, weil sie zu meinen liebsten gehören. Jetzt lese ich mal etwas aus diesem guten Buch, Seite 66:
Satans am meisten erfolgreiche Strategie, um den Dienst im Reich Gottes zu schwächen und zu verwässern, ist, die Menschen überaus beschäftigt zu halten. Das geschieht durch das Lesen der neuesten Bestseller, das Organisieren von Evangelisationen und anderen Veranstaltungen, das Studium erfolgreicher Methoden für Gemeindewachstum, Verwaltungsaufgaben, Besuche, Sozialdienste, sportliche Aktivitäten, Seelsorgeaufgaben, die Bekämpfung von Opposition – was natürlich ganz wichtig ist – und Kritik. So bleibt keine Zeit mehr für das Gebetsleben.
Ich möchte hier nicht missverstanden werden. All die soeben aufgezählten Aufgaben sind durchaus wichtig und notwendig. Dagegen will ich nichts sagen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die richtigen Prioritäten gesetzt werden müssen.
Wenn uns nicht genügend Zeit für den Umgang mit Gott im Gebet bleibt, könnte es sein, dass sich alle anderen Dinge, von denen wir uns diese Zeit stehlen lassen, als Seifenblasen und ein Schlag ins Wasser erweisen.
Bei einer Evangelistenkonferenz in der Schweiz hatten wir Edgar Schmidt als Hauptredner. Er war viele Jahre Direktor des Christianerwerks in der Schweiz. Edgar Schmidt sagte in einem Vortrag einen Satz, der mir damals sehr wichtig geworden ist:
Dienst für den Herrn beginnt nie mit Aktivität, sondern mit der innigsten Gemeinschaft mit ihm.
Dienst für den Herrn beginnt nie mit Aktivität, sondern mit der innigsten Gemeinschaft mit ihm.
Jesus als Vorbild im Gebet
Und ich denke, das hat keiner besser praktiziert als Jesus selbst. Jesus war ein Beter, der Gott gefiel.
In Markus 1,35 steht: „Am Morgen, noch vor Tagesanbruch, stand er auf und ging an eine einsame Stelle, um zu beten.“ Er begann den Tag also mit einer intensiven Gebetszeit.
In Lukas 5,15 heißt es: „Jesus zog sich an einen einsamen Ort zurück und betete dort.“ In Lukas 6,12 wird eine weitere Begebenheit erwähnt, wo steht, dass er die ganze Nacht über im Gebet blieb.
Eigentlich hätten wir gestern Abend unsere Gebetsnacht in Wienhausen gehabt. Wir veranstalten immer am ersten Freitag im Monat eine Gebetsnacht. Dabei bleiben wir zwar nicht die ganze Nacht zusammen. Man kann auch kommen und gehen, wie es einem am besten passt.
Dieses Mal haben wir uns entschieden, die Gebetsnacht ausfallen zu lassen und unsere Beter stattdessen nach Bad Gandersheim einzuladen. Nicht alle sind mitgekommen, aber uns ist das Gebet sehr wichtig.
Wenn ich an Jesus denke, frage ich mich, wie viele Nächte er wohl mit solchem Gebet verbracht hat, um allein mit Gott zu sein.
Persönliche Erfahrungen und die Sehnsucht nach Erweckung
Ich möchte hier zwei Dinge schnell erwähnen: ein ganz trauriges Erlebnis und etwas, das mich schon viele, viele Jahre beschäftigt.
Zuerst das traurige Erlebnis, das schon einige Jahre zurückliegt. Damals besuchte ich den Kongress in Lausanne, von dem auch die Lausanner Erklärung stammt, die viele von euch kennen. Das liegt ja schon etwas zurück. Ich war damals noch etwas jünger und saß unter den zehntausend Teilnehmern. Wir hörten beeindruckende Vorträge. Es waren zehn Tage in Lausanne mit, ich weiß nicht, sechstausend Besuchern aus aller Welt. Männer und Frauen standen auf der Bühne und hielten großartige Vorträge. Manche Namen hatte ich schon gehört, von manchen hatte ich bereits ein gutes Buch gelesen.
Billy Graham war da, ebenso Vertreter aus Korea, Indonesien, Südafrika, Uganda und vielen anderen Ländern. Es war eine eindrucksvolle Zeit. Als diese zehn Tage fast zu Ende waren, hatten wir Berichte von Erweckung und Gemeindewachstum gehört, von großen Bewegungen. Das berührte uns immer wieder tief.
Als die Konferenz fast zu Ende war, hatte ich plötzlich ein Erlebnis. Ich saß mitten in einem Vortrag von Alma Merktich. All die großartigen Dinge, die wir hier gehört hatten, hatten sich irgendwo abgespielt, aber nichts davon in Deutschland, gar nichts. Alle großen Redner, die vorne gestanden hatten und uns gedient hatten, kamen von irgendwo her – aus aller Welt –, aber kein einziger aus Deutschland, kaum einer aus Europa.
Da saß ich also zwischen den Tausenden, und mein Herz weinte: Was ist nur in Deutschland? Was ist nur in Europa los?
Das zweite Thema, das mich seit damals beschäftigt und immer noch beschäftigt, ist die Erweckung. Ich sagte vorhin schon, das Wort darf man fast nicht mehr in den Mund nehmen, weil es so abgegriffen ist. Wir warten ja schon seit Jahrzehnten darauf, und es kommt nicht. Vielleicht will Gott das gar nicht.
Wenn wir von Erweckung reden oder über Erweckung sprechen, dann meinen wir nicht eine Evangelisation, bei der sich 60 Leute bekehren oder 30 oder 100. Erweckung ist ein Erlebnis, bei dem ein ganzes Dorf umgekrempelt wird oder eine Stadt danach fast nicht mehr wiederzuerkennen ist.
Historische Beispiele großer Erweckungen
Das ist Erweckung, wenn man an die gewaltige Erweckung zur Zeit des Hiskia im Alten Testament denkt. Das ganze Land wurde umgekrempelt, die Götzenbilder wurden vernichtet, und die Menschen kehrten zurück zu Gott.
Im Neuen Testament begann die gewaltige Erweckung an Pfingsten, als Zehntausende zum Glauben kamen. Auch in Samarien wurde die ganze Stadt umgekrempelt. In Ephesus wirkte Paulus einige Jahre, und viele Menschen kamen zum Glauben. Rund um Ephesus entstanden lebendige, große Gemeinden.
Es hat immer wieder Erweckung in der Kirchengeschichte gegeben. Später gab es die gewaltige Bewegung unter John Wesley. Ich denke, viele kennen seine Lebensgeschichte, vielleicht auch sein Tagebuch, in dem festgehalten ist, was Gott damals durch John Wesley und Whitfield getan hat. In den USA wirkte Finney, und in Wales gab es eine gewaltige Erweckung.
Hört mal, wie das damals zuging: Im Jahr 1904 war ganz Wales in Bewegung. Das Volk hatte sich weit von Gott entfernt, wahrscheinlich ähnlich wie heute. Der geistliche Zustand war jämmerlich, der Kirchenbesuch sehr schlecht, und überall nahm die Sünde überhand – wie heute. Plötzlich wehte der Heilige Geist Gottes so unerwartet wie ein Tornado über das Land.
Die Kirchen waren überfüllt, viele konnten nicht mehr hineinkommen. Die Versammlungen dauerten von zehn Uhr morgens bis Mitternacht. Täglich wurden drei Versammlungen angesetzt. Evan Roberts war das menschliche Instrument dieser Erweckung. Es wurde eigentlich wenig gepredigt. Gesang, Zeugnisse und Gebete waren die Merkmale dieser Erweckung.
Man hatte keine Gesangbücher, man sang auswendig. Es gab keinen Chor, jeder sang mit. Man brauchte keine Kollekte und keine Propaganda. Niemals zuvor war eine Bewegung mit einer so weitgehenden Auswirkung überwältigend gewesen.
Ungläubige wurden bekehrt, Trinker, Diebe und Spieler wurden gerettet. Tausende begannen ein neues, ehrbares Leben. Überall hörte man, dass schwere Sünden bekannt wurden, alte Schulden bezahlt wurden. Die Theater mussten wegen Besuchermangels schließen. Die Maulesel in den Kohlenbergwerken wollten nicht mehr arbeiten, weil sie nicht an eine so freundliche Behandlung gewöhnt waren.
In fünf Wochen traten 20 Menschen in die Kirche ein. Es gibt weitere Berichte, die auch die Vorgeschichte etwas beschreiben. Es ging ein Gebet voraus – dreizehn Jahre Gebet. Einige junge Männer wurden damals in ganz besonderer Weise als Werkzeuge gebraucht.
Ich habe ein Buch über die Erweckung auf den schottischen Hebriden gelesen. Dieses Buch hat mich damals gewaltig bewegt.
Die Hoffnung auf neue Erweckungen
Ich glaube, eine der größten Lügen des Teufels ist es, den Gläubigen einzureden, die Zeit der Erweckung sei vorbei. Und weil die meisten Gläubigen das glauben, gibt es auch keine Erweckung. Denn wenn ich nicht daran glaube, wie soll sie dann kommen?
Ich habe das immer wieder gehört. Ich habe ja einige Jahre in der Schweiz gelebt und viele Jahre hauptamtlich in der Schweiz evangelisiert. Damals habe ich oft gehört: Die Zeit der Zeltevangelisation ist vorbei.
Ich habe dann die Schweizerische Zeltmission überredet, endlich mal ein richtiges Zelt zu kaufen – ein ordentliches, gutes, modernes, schönes, großes Zelt. Dann kam das Zelt mit zweitausend Plätzen, und eine Segenswelle kam über die Schweiz, die ungefähr zehn Jahre anhielt. Wie viele Tausende haben sich damals in dem Zelt der Schweizerischen Zeltmission bekehrt! Es war uns gelungen, den Leuten und Gemeinden zu sagen und zu erklären: Die Zeit der Evangelisation ist nicht vorbei. Gerade jetzt braucht das Land Erweckung oder das Evangelium.
Aber wenn wir sagen, die Zeit der Zeltmission zum Beispiel sei vorbei, und das in der Gemeinde nur ein paarmal erwähnen, dann haben wir gleich die halbe Gemeinde auf unserer Seite, die sagt: „Ja, ja, habe ich auch schon immer gesagt. Das ist auch so mühsam, so ein Zelt aufzubauen, was da alles so dranhängt.“ Ja, die Zeit der Zeltmission sei eigentlich vorbei.
Es gibt auch viele Prediger in Deutschland, die das glauben. Und weil sie das glauben, ist sie für ihre Gemeinde tatsächlich vorbei – und weithin überhaupt. Die Gläubigen sprechen dann gern von der Endzeit. „Jetzt ist sowieso nicht mehr die Zeit“, sagen sie. Die Bibel sagt ja voraus, dass die Endzeit kommt und dass viele vom Glauben abfallen werden. Sie fühlen sich dann ganz auf biblischem Boden.
Johannes hat ja schon viel über die Endzeit geredet, und Paulus hat über den Abfall gesprochen. Dabei haben sie ganz übersehen, dass die größten Erweckungen über die Erde gingen, als Johannes schon lange nicht mehr da war und Paulus schon lange gestorben war. Wenn man an die großen Erweckungen in Amerika denkt, dann kamen doch alle nach Johannes und Paulus.
Ich habe für mich schon öfter gedacht: Ich möchte lieber weiter darum beten, weiter hoffen und glauben, dass es irgendwann kommt. Selbst wenn ich es nicht erleben sollte, möchte ich dafür beten und glauben. Lieber so, als nicht dafür zu beten und nicht darum zu bitten – und irgendwann kommt es, und ich habe nichts damit zu tun.
Aktuelle weltweite Erweckungen
Die größten Erweckungen, die diese Welt in den letzten zwanzig Jahren erlebt hat, fanden statt, obwohl viele behaupteten, die Zeit der Erweckung und der Evangelisation sei vorbei. Gerade in dieser Zeit ereigneten sich die bedeutendsten Erweckungen auf der Erde.
Beispiele dafür sind die gewaltigen Erweckungen in Indonesien, auf den Philippinen, in Australien und Neuseeland – alles in den letzten Jahren. Selbst in Laos, einem buddhistischen und kommunistischen Land, sind Tausende zum Glauben gekommen. Laos gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, doch Jesus hat dort gewirkt und Menschen gerettet.
Auch im Iran haben sich viele Menschen bekehrt. In Afrika, speziell in Äthiopien, habe ich Berichte gelesen, die ich für glaubwürdig halte. Dort startete eine Gemeindebewegung mit etwa hunderttausend gläubigen Christen eine Gebetsbewegung. Daraufhin schenkte Gott Erweckung, und innerhalb von zwei Jahren wuchs die Zahl der bekehrten Christen von hunderttausend auf fünfhunderttausend.
Ich war mehrmals in Südamerika, in Brasilien und Paraguay. In Brasilien besuchte ich 1982 zweimal die Gemeinde von Doktor Fanini auf einer vorgelagerten Insel vor Rio de Janeiro. Beim ersten Besuch war die Gemeinde viel kleiner als beim zweiten Mal. Ich war von der Gemeinde sehr beeindruckt.
Beim zweiten Besuch hatte die Gemeinde bereits 2.500 Mitglieder. Der Gottesdienst dauerte drei Stunden und war ein gewöhnlicher Sonntag. Der letzte Teil des Gottesdienstes war Gebetszeit. Zwei Personen gingen in der großen Kirche auf die Knie und blieben lange so. Der riesige Chor, einheitlich gekleidet und wunderschön anzusehen, kniete auf der Bühne, während der ganze Saal voller kniender Beter war. Sie riefen zum Herrn und beteten um Erweckung für Brasilien.
Inzwischen liest man, dass es in Brasilien mittlerweile mehr evangelikale Christen als Katholiken gibt. Früher gab es dort vor allem Katholiken, Spiritisten und Atheisten. Doch Gott hat in den letzten Jahren gewaltige Dinge getan.
Auch in Argentinien gibt es heute Gemeinden mit zehntausend bekehrten Mitgliedern – etwas, das es vor zwanzig Jahren noch nicht gab. In El Salvador, der Hauptstadt San Salvador, gab es eine Gemeinde mit 300 Mitgliedern, die lange Zeit stagnierte. Dann geschah etwas: Die Gemeinde durchlief eine tiefe Buße, eine Gebetsbewegung begann, und man fing an, um Erweckung zu beten. Innerhalb kurzer Zeit wuchs die Gemeinde von 300 auf 18.000 Mitglieder. Eine Gemeinde nach der anderen wurde in der Hauptstadt und Umgebung gegründet, und Gott rettete viele Menschen.
Auch in Guatemala sind diese Veränderungen sichtbar. Dort ist heute etwa jeder vierte Bürger ein bekehrter, wiedergeborener Christ. Wenn man das mit Deutschland vergleicht, wo es vielleicht anderthalb Prozent sind, ist der Unterschied enorm.
In Russland gab es früher schon recht große Gemeinden, als die Deutschstämmigen noch dort lebten. Überall gab es Mennoniten, Baptisten und Brüdergemeinden. Doch die Deutschstämmigen sind fast alle ausgewandert. Heute findet man in Russland, Kasachstan oder Kirgisien kaum noch jemanden, der Deutsch spricht, weil sie alle ausgesiedelt wurden.
Damals bekamen manche fast ein schlechtes Gewissen: Wie kann man das machen, wenn man die leeren Kirchen zurücklässt? Der Chorleiter geht, der Jugendleiter geht, alle gehen – was soll aus der Gemeinde werden? Doch dann begann Gott ein neues Werk. Russen bekehrten sich, dann Kasachen und Kirgisen. Die Gemeindehäuser sind heute wieder voll, und es werden neue Gemeinden gebaut.
Wenn ich darüber nachdenke, dass in Russland solche Dinge geschehen und sich so viele Menschen bekehren, und dann an Deutschland denke, wird der Kontrast deutlich.
In China ist es erst einige Jahre her, dass man von etwa fünf Millionen bekehrten, wiedergeborenen Christen im Untergrund sprach. Trotz aller Verfolgung geht das Reich Gottes weiter. Heute sollen es fünfzig Millionen sein. Manche sprechen von 30 Millionen, andere sagen, es sind in Wirklichkeit noch viel mehr. Es könnten 50 Millionen oder sogar noch mehr sein. Manche meinen, dass fünf Prozent der Chinesen bekehrt sind.
Jedenfalls gibt es in China mehr bekehrte Christen als in den USA. Seit Jahren gibt es dort Tausende von Gemeinden, die sich jeden Abend versammeln und stundenlang für ihr Land beten. Das ist besonders interessant, wenn man an China denkt: Missionare wurden ausgewiesen, und dennoch bekehrten sich mehr Menschen. Prediger kamen ins Gefängnis, und noch mehr Menschen bekehrten sich.
Vielleicht lag es daran, dass die Missionare und Prediger endlich mehr Zeit zum Beten hatten. So begann Gott ein großes Werk.
Ich weiß nicht, ob es Zusammenhänge gibt, aber in den Ländern, in denen die größte Not herrscht und kein materieller Wohlstand vorhanden ist, hören wir oft von Erweckungen. Es gibt viele Beispiele: Dort, wo Bürgerkriege stattfinden oder gerade ein Umsturz war, bekehren sich Menschen.
Erweckung in wohlhabenden Ländern am Beispiel Südkorea
Jetzt kommen viele zu einer vorschnellen Schlussfolgerung und sagen, uns geht es in Deutschland zu gut. Uns geht es einfach zu gut, und deshalb gibt es keine Erweckung. Aber das ist nicht richtig.
Dann dürfte es in Südkorea keine Erweckung geben, denn dort gibt es keinen Kommunismus, keinen Bürgerkrieg und eigentlich auch keine Armut. Den Südkoreanern geht es gut. Doch in Südkorea findet die größte Erweckung statt, die diese Erde je gesehen hat. Ihr kennt sicherlich die wunderbaren Berichte aus Korea.
Ein paar Worte dazu aus einem guten Buch: In keinem anderen Land hat die Gemeinde Jesu Christi so überzeugend bewiesen, dass eindringliches und anhaltendes Gebet Großes bewirken kann. In keinem anderen Land der Welt macht die christliche Gemeinde das Gebet so sehr zu ihrem Hauptanliegen wie in Südkorea.
Gott gebraucht die gläubigen Gemeinden Südkoreas als Speerspitze einer weltweiten Erweckung. Es wird gesagt, dass die christliche Gemeinde in Südkorea viermal so schnell wächst wie die Bevölkerung. Damit erreicht sie wahrscheinlich die Wachstumsgeschwindigkeit der christlichen Gemeinde im ersten Jahrhundert des Christentums.
Durch die südkoreanischen Christen will Gott die weltweite Gemeinde Jesu Christi aufrufen, ermutigen und ermuntern, das Gebet zu ihrem Hauptanliegen zu machen.
Eine Tatsache ist: Alle großen Erweckungsbewegungen waren Gebetsbewegungen. Das war schon bei den Aposteln so. Die Apostel waren gern bereit, Brot auszuteilen und Kleider zu verteilen. Aber sie merkten, dass andere das besser konnten. Deshalb gaben sie viele praktische Arbeiten ab – nicht, weil sie sie nicht tun wollten, sondern weil Gott für sie etwas noch Wichtigeres vorgesehen hatte.
Sie brauchten einfach mehr Zeit zum Beten. Das taten sie am besten.
Beispiele für Gebetszeiten großer Erweckungen
Wenn ich an Wesley denke, an Finney, an Roberts, den ich vorhin erwähnte, oder an die Bewegung, die es heute in China gibt – Dr. Oswald Seiter, vielen von euch ein Begriff, kam gerade aus Indonesien zurück. Er hat dort Gemeinden besucht und wurde eingeladen, beim Silvestergottesdienst die Predigt zu halten.
Dabei hörte er ein Zeugnis von einem leitenden Missionar, der gerade in einer ganz großen Erweckung stand. Dieser Missionar berichtete, dass er im vergangenen Jahr zehn Prozent seiner Arbeitszeit im Gebet verbracht hatte. Für das neue Jahr hatte er sich vorgenommen, diesen Anteil auf zwanzig Prozent zu steigern. Sie hatten so gewaltige und gute Erfahrungen gemacht, dass sie zu solchen Entscheidungen kamen.
In Korea gibt es kaum eine Gemeinde, die nicht frühmorgens eine Gebetsstunde abhält. Männer und auch manche Frauen sind vor der Arbeit da, um für ihr Land zu beten.
Meine Beobachtung – und das sage ich jetzt vorsichtig, aber ich habe sie wirklich gemacht – betrifft nicht nur die Bibel und die Geschichte, sondern auch den bekannten Kreis wirklich gesegneter Menschen: Diese sind in der Regel Frühaufsteher. Das habe ich immer wieder beobachtet. Natürlich klappt das nicht, wenn man bis Mitternacht vor dem Fernseher sitzt, dann fällt das Aufstehen am Morgen schwer.
Wir brauchen Beter, die erfüllt sind mit der Liebe Gottes.
Ich habe hier ein Traktat aus einer Erweckungsgeschichte, die sich vor einigen Jahrzehnten in Schaffhausen abspielte und aus der ich viel gelernt habe. Hört einmal: Der einstige Bahnbrecher deutscher Evangelisation, Elias Schrenk, bezeugt, dass er in seinem Leben vielen Kindern Gottes begegnet ist. Dabei habe er die stille Wahrnehmung gemacht, dass diejenigen, die früh aufstehen, um ihrem Gott zu begegnen und mit ihm allein zu sein, zu den geheiligtesten Personen gehören, die er gesehen hat. Sie sind daher auch die gesegnetsten Werkzeuge für andere.
Fritz Binde sagt: Vom Morgengebet hängt die Arbeit des ganzen Tages ab. Wenn du angekleidet bist, lass Gott aus seinem Wort zu dir reden, damit du aus seinem Wort heraus im eigentlichen Morgengebet zu ihm sprechen kannst. Dieses Morgengebet sollst du verrichten, ehe du mit irgendeinem Menschen redest.
„Zucht ist der Weg des Lebens“, heißt es in Sprüche 10,17. Denn das Gebets- und Siegesleben der meisten Gläubigen wird schon in der Morgenstunde verwüstet.
Dauerten nach Bindes Abendvorträgen die seelsorgerlichen Aussprachen bis elf Uhr oder länger, so war Binde trotzdem morgens sehr früh auf den Knien. Er brachte die ersten Stunden des Tages mit Bibellesen, Beten, Danksagung und Fürbitte zu.
David Spleiss, in dessen Gemeinde im Kanton Schaffhausen vor hundert Jahren eine große Erweckung geschah, bezeugte auf dem Totenbett, er habe einen Drittel seiner Arbeitszeit im Gebet verbracht und dabei Großes erlebt. Wenn er nochmals von vorn anfangen könnte, würde er noch mehr Zeit im Gebet verbringen und noch Größeres erleben.
Von Charles Finney steht hier: Er widmete dem Gebet im Kämmerlein so viel Zeit, wie er nur konnte. Des Abends ging er so schnell wie möglich nach der Versammlung ins Bett. Morgens stand er gewöhnlich sehr früh auf, manchmal schon um vier Uhr, und ging in sein Studierzimmer, um dort das Angesicht Gottes zu suchen. Häufig kam dann der Geist des Gebets so mächtig über ihn, dass er mit Bitten und Flehen bis um acht Uhr anhielt, bis die Glocke zum Frühstück rief.
Ein Bruder, den Gott in der Schweiz besonders gebraucht hat, sagt: Nur die kann er ganz beschenken, die ihm ganz gehören.
Jetzt weiß ich – und das muss ich hier unbedingt sagen – dass man den Wert eines Gebets nicht mit der Stoppuhr messen kann. Das ist mir klar. Aber Menschen, die Gott wirklich besonders gebrauchte, waren Menschen, die einen beachtlichen Teil ihrer Zeit im Gebet verbracht haben.
Menschen mit Vollmacht sind ohne Ausnahme Menschen des Gebets. Das war immer so, und das wird immer so bleiben. Menschen mit Vollmacht sind ohne Ausnahme Menschen des Gebets.
Die Bedeutung einzelner Menschen für Gottes Wirken
Kleiner interessanter Bericht aus der Zeitung Herold über sein Kommen:
Wenn Gott etwas Besonderes tun will, sucht er immer einen Menschen. Kein System, keinen Plan, auch keine Organisation – sondern einen Menschen. Die überorganisierte Religion von heute hat für diese Wahrheit die Augen geschlossen, und ihre Anhänger tragen dunkle Brillen.
Als Gott die Sintflut voraussah, wählte er einen Menschen: Noah. Aus der Unbekümmertheit Chaldäas wählte er einen Mann, Abraham. Aus der Gebundenheit Ägyptens wählte Gott einen Mann, Mose.
Wann werden wir lernen, dass die Seiten der Geschichte voll sind mit Berichten darüber, was Gott durch einen auserwählten Menschen vollbracht hat? Joshua, Samuel, Gideon, Simson, Elisa, Daniel, Johannes der Täufer, Petrus, Paulus und viele, viele andere – auch viele Frauen.
Niemals hat eine Menschenmenge einen Kamelsieg errungen, einen Durchzug durch das Rote Meer erlebt oder Goliath besiegt. Gott wählte einzelne Menschen.
Bevor Gott Erweckung geben kann, muss er einen Menschen finden. Gott sucht Menschen, durch die er arbeiten kann. Wenn er einen findet, geschieht gewiss etwas Großes.
Die Herausforderung des heutigen Zeitgeistes
Wir sind heute alle sehr gut informiert. Wahrscheinlich hat jeder eine Tageszeitung, manche lesen zusätzlich Illustrierte, hören Radio oder sehen fern. Die Nachrichten, die uns erreichen, sind jedoch meist Geschichten, die uns eher bedrücken und ängstigen.
Ich habe heute Morgen auf dem Weg hierher die Nachrichten gehört: Ein Erdbeben hier, eine Überschwemmung dort, irgendwo wieder ein neuer Krieg. Ein Zug entgleist, ein Flugzeug wird entführt, die Luft ist verpestet, und der Wald stirbt.
Christen sitzen dann da und sagen: Ja, es ist Endzeit. Das ist ja schon in der Bibel vorausgesagt. Das Böse kommt zur Ausreife, es ist Endzeit. Die Bibel spricht auch vom großen Abfall.
Viele Christen stecken tief in einem richtigen Endzeit-Pessimismus. Manchmal möchte man fragen: Gibt es denn überhaupt nichts Gutes mehr? Wenn ich in die Zeitung schaue, gibt es nichts Gutes zu berichten. Wenn ich morgens die Nachrichten im Radio höre, gibt es eigentlich nichts Positives zu sagen.
Wir sind heute als Christen hier, und ich meine, wir sollten uns fragen, wie wir empfinden und mit welcher Erwartung wir leben sollten. Wir warten nicht auf eine neue Katastrophe – die mag kommen, aber wir warten nicht darauf.
Wir warten nicht auf den Dritten Weltkrieg, nicht auf den Antichristen und auch nicht auf den Zusammenbruch des Weltwirtschaftssystems. Stattdessen warten wir auf Jesus. Wir warten auf Erweckung. Wir warten auf Gottes neue Welt – so wie es ein Buchtitel sagt: Das Beste kommt noch.
Das Evangelium ist eine gute Nachricht. Das dürfen wir nicht vergessen. Das Evangelium ist eine frohe Botschaft.
Die Kraft des Gebets und die Notwendigkeit von Beterinnen und Betern
Johanna und ich lesen zurzeit nach dem Frühstück immer zwei Kapitel: eins aus dem Alten und eins aus dem Neuen Testament. Danach beten wir eine Zeit lang zusammen.
Zurzeit sind wir gerade im Buch Jeremia. Es geht viel um Gerichte, Gerichte, Gerichte. Gleichzeitig lesen wir auch in der Offenbarung. Das hat sich so ergeben. Wenn wir Jeremia beendet haben, legen wir eine Pause ein und lesen dann weiter in der Offenbarung. Es geht also immer wieder um Gerichte. Manchmal bekommt man dabei fast eine Gänsehaut.
Aber hört mal: Ganz am Anfang, in Offenbarung 1,3, steht: "Glückselig, wer liest, glückselig, wer das hört, und glückselig, wer behält." Wer das tut, kennt sich besser aus. In Vers 7 heißt es: "Siehe, er kommt!" Das ist ein Mutmacher für uns.
Und in Offenbarung 22,18 spricht er selbst: "Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir."
Wir brauchen Beter – Beter, die mit großer Erwartung ins Gebet gehen. Die schon zu Hause wissen, was sie in der Gebetsstunde beten wollen, damit die anderen das mit aufgreifen und gemeinsam vor Gottes Thron bringen.
Wir brauchen Beter mit großer Erwartung.
Hört mal, was Tillike gesagt hat – das hat mir gefallen: "Wir sind viel zu bescheiden geworden in unseren Gebeten. Wir bitten Gott nicht mehr um durchgreifende Veränderung der Verhältnisse, sondern nur noch um Kraft, sie durchzustehen. Wer in seinem Beten zu bescheiden ist, verrät damit, dass er Gott für einen kleinen Mann hält, der mit seinen Gaben haushalten muss und selber nicht so kann, wie er will. Wir jammern um unsere Nervenkraft und Seelenruhe, während Gott ein Reich zu vergeben hat. Die Gemeinde Jesu hat den längsten Atem in der Welt. Wenn das so ist – und es ist so – dann soll sie aber auch tief atmen und mit der Gelassenheit der Gotteskinder in die Nacht schreiten, in der Gott seine Wunder tut."
Das ist von Thielicke. Gut, oder? Mir hat das gefallen.
Die Bedeutung von Gebet über Ausbildung und Medien
Ich bin viel unterwegs und lerne immer wieder neue Leute kennen. Oft habe ich Menschen getroffen, die sagten: „Oh, hätte ich nur eine bessere Ausbildung.“ Mir ging das auch schon manchmal so, und oft habe ich andere dafür beneidet. „Hätte ich nur eine bessere Ausbildung“, oder „Hätten wir nur ein schönes, modernes Gemeindezentrum!“ Oder: „Wenn wir doch endlich ins Fernsehen kämen!“ „Wenn wir doch die neuen Medien besser nutzen könnten!“
Hört mal: Wir verbringen Jahre damit, Fächer wie Kirchengeschichte, Homiletik, Hermeneutik, Theologie, Seelsorge und andere zu studieren. All diese Dinge sind gewiss sehr gut und hilfreich. Doch wenn wir die Schulen oder Universitäten verlassen, ohne gelernt zu haben, wirklich zu beten und ohne zu wissen, was Gebet eigentlich ist, dann fehlt etwas Entscheidendes.
Wir müssen den Siegesschlag im Gebet ausführen, um dann im Gottesdienst die Beute einzusammeln. Wenn wir unser Studium beenden, ohne gelernt zu haben, dass Beten das Allerwichtigste ist, was jemand für das Reich Gottes und für Menschen tun kann, und ohne das Gebet zur Hauptaufgabe unseres Lebens zu machen, spielt es keine Rolle, wie viel wir gelernt haben, wie klug wir sind, wie beeindruckend wir auftreten oder wie fließend und rhetorisch wir predigen. Dann sind wir für unsere Aufgabe nur armselig ausgerüstet.
Der unbegabteste wiedergeborene Christ hat Zugang zu den umfangreichsten und kreativsten Reichtümern und Quellen des Universums. Das Gebet ist das Wichtigste. Der wichtigste Dienst, den jemand für die Sache Gottes oder für Menschen tun kann! Die unbegabteste und unbedeutendste Person in der Gemeinde kann, indem sie das Gebet zur Hauptaufgabe ihres Lebens macht, in Gottes Buch einen wichtigeren Platz einnehmen als der am höchsten geachtete, klügste und begabteste Mensch der ganzen Welt, der es versäumt hat zu beten.
Bei uns im Jugendraum, im Gemeindehaus, hängt ein Spruch an der Wand: „Satan lacht über unser Wissen.“ Muss man sich mal vorstellen! Satan lacht über unser Wissen, er spottet über unsere Bemühungen, aber er zittert, wenn wir beten.
Ein neues, schönes Gemeindezentrum ist bestimmt etwas Gutes. Aber die Leute darin sind nach der Einweihung noch dieselben, oder? Sie versammeln sich nur in einem anderen Haus. Wenn wir als Gemeinde ins Fernsehen kämen, würden sich vielleicht ein paar Leute bekehren. Aber die russischen Christen sind auch nicht im Fernsehen, und in China auch nicht. Und dort geschehen so wunderbare Dinge.
Uns fehlt etwas anderes, glaube ich. Nicht die neuen Medien – die sind oft noch schlechter als die alten. Uns fehlt etwas anderes. Moody sagt, eine Gebetsversammlung, wie sie die Jünger zu Pfingsten hatten, würde unsere ganze gottlose Gesellschaft erschüttern.
An einer anderen Stelle sagt Moody, über unsere Gebetsversammlungen lacht der Teufel; sie sind eine Blamage für Gott. Wir brauchen Beter. Deutschland braucht Beter, die erfüllt sind mit der Liebe Gottes. Als Jesus näher kam, sah er die Stadt an und weinte über sie. Bald darauf begann der Gebetskampf in Gethsemane – ihr kennt alle die Geschichte. Beide Male ging es um die verlorene Welt.
Das Reich Gottes kostet Blut, Schweiß und Tränen. Das war immer so, es ist heute so und wird auch in zehn Jahren so sein. Wenn jemand meint, er könnte es einfach haben, der irrt.
Niemand von uns hat etwas gegen bessere Ausbildung – das ist eine gute Sache, auch wenn man die Medien einsetzt. Aber was noch nötiger ist, viel, viel nötiger, sind Männer und Frauen, die vor Gott weinen. Ich glaube, nichts wiegt in der Waagschale Gottes schwerer als Tränen, die aus Liebe zu anderen vor Gott geweint werden.
Wir brauchen Männer und Frauen, die beten, fasten und weinen. Das wird beschrieben und auch gelesen. Ich habe etwas beobachtet: Mit einem wirklichen Beter kann man fast nicht streiten. Das geht nicht. Wolfgang Dück hat einmal gesagt: „Mit gefalteten Händen hat noch nie einer den anderen geschlagen.“ Und ich möchte hinzufügen: Mit gefalteten Händen hat noch nie jemand einen bösen Brief geschrieben.
Heiligung als Voraussetzung für göttliche Vollmacht
Die Zeit läuft mir davon. Ich möchte ein paar Worte über Heiligung sagen.
Ich war auf einer Evangelistenkonferenz, und damals hatten wir Pastor Kemner als Hauptredner. Er ist inzwischen schon in der Ewigkeit. Ich war sehr gespannt auf die drei Tage. Pastor Kemner hatte ein Thema angekündigt: Der Weg zur göttlichen Vollmacht. Darauf habe ich mich am meisten gefreut. Als Prediger denkt man, es gibt kein wichtigeres Thema. Das ist es ja: Der Weg zur göttlichen Vollmacht.
Dann trat Pastor Kemner ans Pult und begann ganz ungewöhnlich. Er legte sich übers Pult, sah sich erst einmal die Evangelisten an und sagte dann: „Brüder, macht euch nichts vor.“ Ich dachte, was will er jetzt? Er wiederholte den Satz: „Brüder, macht euch nichts vor, ihr habt nur so viel Vollmacht, wie ihr Echtheit vor dem Herrn besitzt.“ Dann fragte er: „Bruder, bist du echt?“ Dabei sah er in meine Richtung. Ich wurde ganz klein, denn er kam mir unheimlich nahe. Das werde ich nie vergessen, wie er so in meine Richtung schaute und fragte: „Bruder, bist du echt?“ Das hat sich tief eingeprägt.
Wir beten: Herr, sende Erweckung! Vielleicht sagt Jesus: „Das ist gut, ich möchte das auch.“ Aber vielleicht möchte er vorher mit dir ein paar Worte über deine Ehe reden. Oder vielleicht sagt Jesus: „Ich möchte mit dir über deine Finanzen reden.“ Oder über deine stille Zeit, deine Beschäftigung oder deine Zunge.
John Mott, dieser große Gottesmann, den Gott in der Vergangenheit so gewaltig gebraucht hat, sagt: Ein paar Menschen, voll des Heiligen Geistes, stoßen jede Berechnung um. Wer seine Bücher kennt, weiß, was er meint. John Mott meint nicht eine einzelne Begegnung mit dem Heiligen Geist, kein Erlebnis oder eine Berührung – auch wenn manche Leute solche Erfahrungen gemacht haben, die echt waren. Nein, er meint ein geisterfülltes Leben, Menschen, die unter der Herrschaft Jesu stehen.
Geistesfülle ist kein Rausch, sondern Gottes Herrschaft im Menschen. Niemand sollte sagen, er sei mit dem Heiligen Geist erfüllt, wenn seine Hände ständig Dinge tun, die Jesus beleidigen, wenn seine Füße Wege gehen, die Jesus nie gehen würde, oder wenn seine Lippen Worte sprechen, die Jesus beleidigen. Geistesfülle ist Gottes Herrschaft im Menschen.
Gott will ein gereinigtes, geheiligtes Leben – und zwar auf allen Gebieten. Finney sagt: Der Geist Gottes ist ein Geist der Heiligkeit. Der Heilige Geist ist ein Geist des Gebets. Der Geist des Gebets ist ein Geist der Erweckung.
Moody hat etwas sehr Interessantes herausgefunden: Jede große Bewegung, die Gott schenkte, lässt sich auf einen außergewöhnlichen Beter zurückverfolgen. Das habe ich auch ein Stück weit studiert, und es stimmt. Manchmal sind es auch zwei, drei oder fünf Menschen, die sich zusammentun und Gottes Thron bestürmen.
Sie erreichen die größten Resultate durch die unscheinbarste Beschäftigung. Liebe Geschwister, es gibt keinen größeren Dienst als den Dienst des Gebets. Gemeindeglieder, die die Gebetsstunde versäumen, versäumen die wichtigste Zusammenkunft der Gemeinde.
Manchmal stehe ich da und könnte nur den Kopf schütteln. Da sind Eltern, die um ihre Kinder weinen. Die Kinder sind inzwischen 15, 16 Jahre alt, verbringen die Abende in der Disco und in gefährlichen Verbindungen. Die Gemeinde hat Gebetsstunde, und die Eltern sitzen vor dem Fernsehgerät. Das kann ich nicht verstehen.
Ich glaube, ich würde manchmal nachts aufstehen, vor meinem Bett knien und weinen, bis der Sieg da ist. Der größte Dienst, den wir für Gott tun können, ist der Gebetsdienst.
Die Kraft des Gebets und die Verantwortung der Christen
Noch einmal: Nicht einfach das gute Buch aufschlagen. Die Gebetslosigkeit vieler Christen liegt meist daran, dass sie nicht daran glauben, durch Gebet etwas zu bewirken. Ich möchte hier nochmals an die Worte einiger großer christlicher Führer über das Gebet erinnern.
Gordon sagt, das Größte, das jemand für Gott und Menschen tun kann, ist zu beten. Außerdem erklärt er: Nachdem du gebetet hast, kannst du viel mehr tun als nur zu beten. Aber ehe du nicht gebetet hast, kannst du nicht mehr tun als zu beten. Weiter sagt er: Das Gebet ist der entscheidende Schlag, der den Sieg bringt. Im Gottesdienst wird dann nur die Siegesbeute eingesammelt.
All diese Worte enthalten erstaunliche Wahrheiten. Doch es gab auch in meinem Leben eine Zeit, da habe ich solche und ähnliche Worte nur als Zitatensammlung für gute Predigten betrachtet. Ich hielt sie für wichtig, um immer an der passenden Stelle das Richtige sagen zu können. Aber ich hatte keine Ahnung, welche gewaltige Wirklichkeit sich dahinter für mein persönliches Leben und die Welt ringsum verbirgt.
Das muss ich unbedingt noch aus einem anderen guten Buch lesen. Vielleicht ist das etwas vom Wichtigsten, was jetzt kommt. Ich gehe aber davon aus, dass einige nicht damit einverstanden sind. Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es so ist: stille Zeit nach der Uhr.
Um Menschen des Gebets zu werden, müssen wir lernen, zu festen Zeiten zu beten. Am Dienstag ist bei uns Gebetsstunde, und der Abend ist einfach dafür reserviert. Es gibt auch noch viele andere Veranstaltungen, aber ich weiß einfach, dass Gott mich dort haben will. Darum bin ich da, wenn nicht etwas ganz Außergewöhnliches dazwischenkommt. Manchmal kann man nicht, weil man krank wird oder, in meinem Fall, weil ich im Dienst unterwegs bin.
Das ist sehr wichtig: Wir werden dem Gebet nie eine zentrale Stellung zuweisen, wenn wir es von unserer Neigung abhängig machen. Vom Impuls zum Beten abhängig zu sein, endet wahrscheinlich damit, dass wir überhaupt nicht beten.
Viele Christen leben so in einer Gefühlsdusselei: „Mir ist jetzt nicht so danach“, auch in einer Gebetsstunde. „Mir ist jetzt nicht so danach, die anderen sollen das mal machen, ich sitze stumm da.“ Ich will beten, und weil ich beten will, darum bete ich.
Ich will am Morgen das Wort Gottes lesen. Während ich lese, fängt Gott an, zu mir zu reden, und dann fange ich an zu beten. Während ich anfange zu beten, kommt der Geist Gottes mir zu Hilfe und erinnert mich an dies und das und jenes. Ich möchte fast nicht aufhören, aber ich muss eine Zeit dafür haben. Jeder kann das.
Wenn sich ein Schüler bei mir bekehrt – ich hatte gerade eine große Evangelisation, bei der sich sehr viele bekehrt haben, auch viele Schüler und Teenager – dann schärfe ich ihnen das ein: Jeder Neubekehrte bekommt sofort eine Bibel geschenkt und einen Bibelfernkurs, den er machen kann.
Dann sage ich ihnen: Wenn du jetzt nach Hause kommst, stell deine Uhr zehn Minuten früher. Von jetzt an, nur zehn Minuten. Was ist das schon? Von jetzt an liest du jeden Morgen ein paar Verse in der Bibel und betest noch ein paar Minuten. Du dankst für die Nacht, bittest für den Tag, bittest für deine Eltern, für deine Geschwister, für deine Schulkollegen – und dann hinein in den neuen Tag.
Mach das, du wirst staunen, was dabei herauskommt. Manche erzählen später und danken dafür, dass man ihnen einmal einen solchen Tipp gegeben hat.
Wenn wir vom Impuls zum Beten abhängig sind, endet das wahrscheinlich damit, dass wir überhaupt nicht beten. Wir müssen Disziplin aufbringen, damit wir regelmäßig in der Bibel lesen und stille Zeit halten. Das gilt für das ganze geistliche Leben.
Ich weiß nicht, wie ihr es macht. Darf ich gerade mal so frei sein und fragen: Wie viel Zeit verbringst du im Gebet? Wie ist das bei dir? Du musst jetzt nicht die Hand heben oder dich laut melden.
Jemand sagt: Die größte Notwendigkeit der Gemeinde Jesu in Deutschland sind nicht Menschen mit viel Geld oder gescheiten Köpfen, sondern Menschen, die beten können. Nur sie bewegen Gottes Arm.
Da wohnte ich wieder einmal bei einem Prediger, einem jungen Prediger, der vielleicht fünf Jahre im Dienst war. Man beobachtet sich ja dann auch und sieht, was er alles zu tun hat. Nach fünf Tagen habe ich dann die Freiheit, den Bruder einmal zu fragen: „Sag mal, wie machst du das eigentlich mit deiner persönlichen stillen Zeit? Ich meine jetzt nicht deine Predigtvorbereitungen, die machst du bestimmt sehr gewissenhaft, sondern deine persönliche stille Zeit: Bibellesen einfach so für dich und Gebet. Wie viele Minuten verbringst du so am Tag im Gebet? Wie machst du das?“
Dann kam heraus, dass dieser junge Prediger überhaupt nicht betet. Er betet am Tisch jeden Tag dreimal, er betet in der Gemeinde jede Woche einige Male, und während er seine Bibel und seine Predigt durchstudiert, sagt er zwischendurch auch einige Male: „Oh Gott, gib mir Weisheit!“ Aber eine richtige Gebetszeit, in der er vor dem Herrn ist, um einfach mal eine halbe Stunde zu beten oder eine Viertelstunde oder zehn Minuten – das kennt der liebe Mann überhaupt nicht, und er ist schon fünf Jahre im Dienst.
Das kann ich nicht gut verstehen. Das Gebet sollte den ersten Platz in unserem Leben haben, in unserem Dienst, und wenn wir vollzeitliche Reichsgüterarbeiter sind, dann erst recht.
Stellt euch einmal vor: Heute wären alle FWG-Prediger aus dem Niedersachsenkreis hier und hätten alle ihre Ältesten mitgebracht und noch ein paar Hoffnungsträger aus der Gemeinde. Was das für Auswirkungen haben könnte für den Niedersachsenkreis! Sie hätten einfach mal das Gute liegen gelassen, um das Beste zu tun.
Die größte Notwendigkeit der Gemeinde Jesu in Deutschland sind nicht Menschen mit viel Geld oder gescheiten Köpfen, sondern Menschen, die beten können. Nur sie bewegen Gottes Arm.
Hier sind einige Rentner. Rentner haben die Möglichkeit, ihren Tag so einzuteilen, dass sie jeden Tag eine bestimmte Gebetszeit haben können. Eine Hausfrau kann das so einteilen, dass sie jeden Tag irgendwo eine ganz bestimmte Gebetszeit hat.
Eheleute sollten außerdem unbedingt wenigstens einmal am Tag zusammen beten – einer für den anderen, zusammen für die Kinder, für die Gemeinde, für gewisse Anliegen. Wenn wir das nicht gelernt haben, dann haben wir nicht einmal das ABC gelernt.
Wir brauchen Beter, die erfüllt sind von der Liebe Gottes. Ich bin davon überzeugt: Wenn einer von uns so ein Beter wird, wie wir das hier gehört haben, dann wird die Familie das ganz bestimmt spüren. Wahrscheinlich wird man es auch in der Gemeinde spüren, dass plötzlich einer aus der Versenkung auftaucht und an dieser Stelle aktiv geworden ist.
Das spürt man in der Gemeinde. Beter werden bald entdeckt, und wahrscheinlich wird sogar die Umgebung davon profitieren – oder darf ich sagen: bestimmt.
Die Gottlosigkeit nimmt in Deutschland zu. Wir wissen, dass man nur durch Bekehrung und Wiedergeburt ins Reich Gottes kommen kann. Darum brauchen wir dringend eine Erweckung.
Aber Erweckung kommt nicht, wenn wir lautstark durch die Straßen ziehen. Erweckung kommt nicht, wenn wir mit Trommellärm durch die Straßen ziehen. Erweckung kommt, wenn Gottes Volk weinend nach Golgatha geht.
Erweckung kommt nicht durch eine neue Lehre. Erweckung kommt auch nicht durch neue Methoden, so gut sie sein mögen. Es ist richtig, dass wir immer wieder Neues ausprobieren, aber das ist nicht der Schlüssel zur Erweckung.
Erweckung kommt, wenn wir das alte Wort Gottes wieder ernst nehmen.
Nur Beter verändern die Welt, und ich möchte es euch heute zurufen – und mir selbst auch: Nimm es dir heute vor! Ich will es mir wieder neu vornehmen, ich will ein Beter sein.
Wir brauchen Beter. Wir brauchen keine Schwärmer, keine Phantasten, die alles im Kopf haben und alles wissen, aber die Hände in der Tasche stecken. Wir brauchen Kämpfer. Wir brauchen Menschen, die sich mit einer glühenden Retterliebe für seine heiligen Interessen verwenden.
Wir brauchen Menschen, wie Jesus es einmal sagte, von deren Leibern Ströme des lebendigen Wassers fließen.
Nur solche Menschen verändern die Welt.