
Herr, herzlich willkommen hier bei machbar, dem Podcast für Alltagsmissionare. Wisst ihr was? Wir starten schon in die zweite Staffel. Heute bin ich nicht alleine, sondern habe den Andi hier bei mir. Andi, herzlich willkommen! Andi, Mr. Jugendarbeit – mehr dazu gleich.
Heute beschäftigen wir uns mit der Frage, ob und wie wir Jugendliche für Jesus Christus begeistern können. Jugendliche, die heute inmitten von Social Media, Sucht, Trends und Zukunftsängsten leben. Ich freue mich, Andy, dass du da bist und wir miteinander reden können.
Andy, wer oder was ist Mr. Jugendarbeit? Also, das Team hat mir schon ein bisschen geholfen und mir ein paar Sachen gegeben. Ich lese das mal vor, und du ergänzt es gerne, okay?
Also: Anna und du habt vor ungefähr 15 Jahren geheiratet. – Okay, das stimmt schon mal nicht. Später habt ihr dann vier Kinder adoptiert – auf einmal. Das stimmt, voll krass. Ihr lebt in Rumänien, und du hast mit der Jugendarbeit eine Initiative gegründet, die Eltern, Jugendleitern und Menschen, die mit Jugendlichen zu tun haben und ein Herz für sie haben, hilft. Sie sollen Jugendliche besser verstehen, also diese Generation, wie sie ticken und ihre Lebenswelt. Habe ich das richtig verstanden?
Genau. Wir sind so ein Missionswerk, könnte man sagen, oder eine Missionsarbeit, die das klare Ziel hat, bei Evangelisation und Jüngerschaft zu helfen und Eltern, Lehrer sowie Jugendleiter auszurüsten.
Cool! Eine Frage, Andy: Als du Anna das erste Mal gefragt hast, ob sie dich heiraten will – was hat sie gesagt? Und wann hast du sie zum zweiten Mal gefragt?
Wow, ihr habt euch gut vorbereitet! Anna und ich haben uns in Rumänien kennengelernt, gegenüber vom Frauenhaus. Meine Mama ist auch Missionarin und hat ein Frauenhaus gegründet, das heißt Frauenhaus Ester – oder Ester-Frauenhaus, glaube ich. Die Domain ist .de. Gegenüber davon hat Anna gewohnt. Sie ist die Tochter eines Pastors einer Pfingstgemeinde.
An dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben, sind wir abends in die Jugendgruppe gegangen. Dort habe ich sie aus Spaß gefragt, ob sie mich heiraten will. Das war eine peinlich-komische Situation. Ich war wirklich jung, sehr jung.
Aber du warst begeistert von ihr? Ja, ja. Sie hat für mich übersetzt, weil ich kein Rumänisch konnte. Da war ein Typ, der mit ihr reden wollte, und sie meinte, ich solle etwas tun, damit er nicht kommt. Also habe ich ein Haargummi von ihr genommen, es zum Ring gerollt und bin auf feuchte Knie in der Jugendgruppe gegangen.
Das ist wirklich cringe, also peinlich, was ich da gemacht habe. Ich war halt wirklich in meinem jugendlichen Alter. Und dann hat sie aus Spaß ja gesagt. Drei Tage später waren wir zusammen.
Ich glaube, drei Monate danach habe ich sie richtig gefragt, ob sie mich heiraten will. Das war am 07.07.2006. Das war eine schöne Situation. Da hat sie dann auch ja gesagt. Möglicherweise hat sie gefragt, ob das dein Ernst ist – bei einem oder bei beiden der Fälle. Aber dann, ein Jahr später, am 07.07.2007, haben wir geheiratet. Seitdem sind wir verheiratet – jetzt schon 17 Jahre.
Krass! Und ihr lebt in Rumänien? Genau. Wir sind hingezogen, um unsere vier Kinder zu adoptieren. Wir dachten, wir bleiben nur sechs Monate, so lange dauert der Prozess. Aber es hat drei Jahre gedauert. Jetzt sind wir schon sieben Jahre dort.
In der Zeit haben wir mit der Jugendarbeit angefangen und andere lokale Projekte gestartet. Wir sind dort engagiert. Wenn Gott uns woanders hinruft, sind wir bereit.
Aber reden wir doch ein bisschen darüber. Nimm uns mit hinein, wie es dazu gekommen ist, dass du nach Rumänien gekommen bist, dass du also mit Anna, das hast du schon erzählt, aber dann auch die Kinder aufgenommen hast. Wie kam das? Kam dir die Idee einfach so, oder hattest du schon immer den Wunsch, Kinder zu adoptieren?
Also, mit Rumänien hole ich mal etwas weiter aus. Ich bin in Rumänien geboren, in Transsilvanien, in einer kleinen Stadt. 1990 kam meine Familie als Flüchtlinge nach Deutschland. Wir sind Siebenbürger Sachsen. Wir waren drei Monate in einem Flüchtlingsauffanglager in Nürnberg.
Mein Vater hat mir heute erzählt, dass ich nicht zum ersten Mal zu Werner Heuckelbach gehe, sondern zum zweiten Mal. Das erste Mal war 1990, als wir als Flüchtlinge neu in Deutschland ankamen. Wir waren in der Nähe von Verwandten. Meine Familie kam hierher. Ich weiß nicht, ob das Gebäude schon stand, aber es stand schon da. Sie wollten damals den Werner treffen, aber der lebte schon lange nicht mehr. Das wurde ihnen auch gesagt.
Ich war damals im Auto, ich war drei Jahre alt. 1997 war ich noch nicht hier. Das ist interessant und witzig. Sie kannten das Missionswerk von Werner Heuckelbach, weil die harten Traktate an Geschwister in der ganzen Welt verteilt wurden, auch in Osteuropa.
Erklär uns, was sind Traktate?
Traktate, das kann man jemandem mitgeben. Wenn hier nur einer wäre, der wüsste, wie man Traktate macht – das ist ja euer Ding.
Flyer.
Genau, Flyer. Die haben die Leute ermutigt, die Christen, und es kam an. Auch bei meinen Eltern damals in Rumänien, im kommunistischen Rumänien. Sie dachten, okay, wir kennen jetzt nicht viele Leute in Deutschland. Wir vernetzen uns mal und schauen, ob der Werner da ist. Aber er war nicht da. Das war das erste Mal, dass sie das versucht haben. Und jetzt, über 30 Jahre später, sitze ich wieder hier. Super cool. Diesmal durfte ich auch aus dem Auto raus.
Also, wir kommen aus Rumänien, wir haben diesen Hintergrund. Als meine Mutter dann das Frauenhaus in Rumänien gestartet hat, war klar, die Verbindung zu Rumänien bleibt. Wir engagieren uns dort langfristig.
Anna und ich haben dann geheiratet, wir haben in Lörrach gewohnt, später in Basel, Theologie studiert, in der Jugendarbeit gearbeitet und hatten den Kinderwunsch. Wir konnten selbst keine Kinder bekommen, haben gebetet und uns gefragt, was für uns dran ist – In-vitro oder nicht.
Da wir in der Jugendarbeit waren, sagten wir: Es gibt so viele Kinder auf der Welt, die Eltern brauchen. Dann machen wir Jugendarbeit so viel wir können und nehmen so viele Jugendliche auf in unserem größten Einflussbereich. Außerdem haben wir einen Kurs für potenzielle Adoptiveltern gemacht. Im Landkreis Lörrach waren wir auf der Warteliste für Adoptionen.
Dann kam der Anruf aus Rumänien, vom Frauenhaus, ob wir nicht vier Kinder adoptieren wollten, die gerade verlassen wurden. Darüber haben wir gebetet.
Vier Kinder aus einer Familie?
Genau, alle biologische Geschwister. Die Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt unseres Ältesten vierzehn Jahre alt und mit zwanzig hatte sie schon alle vier. Eine dramatische Geschichte, ein schwerer Hintergrund, viel Gepäck zu tragen. Aber Gott hat an den Kindern gewirkt und uns auch die Kapazität gegeben, das mitzubegleiten.
Ich glaube, wir sind sehr bewahrt geblieben, nach dem, was ich jetzt über Adoption weiß und wie sehr das Familien herausfordern kann.
Auf jeden Fall sind wir dann aus der Schweiz, wo wir gewohnt und Jugendarbeit gemacht hatten, ausgewandert nach Rumänien. Wir haben das tolle Loft hinter uns gelassen, die Supergemeinde. Zuerst haben wir in einem kleinen Apartment gewohnt und für ein paar Jahre im Wohnzimmer auf dem Sofa geschlafen, weil wir dachten, eine Adoption dauert ja nicht lange. Aber es hat doch länger gedauert.
Das war aber gut, weil die Kinder ab dem Zeitpunkt, an dem sie ins Frauenhaus kamen, bis heute eigentlich nicht umgezogen sind. Sie wohnen in einer Straße, haben immer die gleichen Routinen, gute Jugendarbeit und Menschen, die in sie investieren.
Eure Kinder sind jetzt wahrscheinlich etwa acht bis vierzehn Jahre alt? Ja, wir haben eine Teenagerin, und die zweite wird im November Teenager, also sind sie auf dem Weg dorthin.
Wie erlebst du es, deinen Kindern deinen Glauben näherzubringen? Ist das leicht? Ja, denn unsere Kinder kamen ja durch die Krise. Kinder, die vielen Krisen ausgesetzt sind, werden sehr schnell erwachsen. Sie strecken ihre Fühler aus, prüfen dich und sehen: Will ich das haben, was er hat? Will ich mit ihnen unterwegs sein?
Wir hatten durch das Frauenhaus eine Atmosphäre, die nicht nur ruhig und friedlich ist, sondern auch schön. Das Frauenhaus ist ästhetisch ansprechend gestaltet. Es ist ein richtiges Nest, in dem man sich geliebt fühlt. Viele Menschen haben dort investiert. Für unsere Kinder waren wir, als wir neu ankamen, wie eine Erweiterung des Frauenhauses. Das Frauenhaus gibt es heute noch, und Mitarbeiter betreuen die Kinder weiterhin. Das ist super.
Ich glaube, was es leicht macht, ist – ich weiß nicht genau – Gott hat es einfach geöffnet. Man weiß ja nie, wie die Chemie zusammenpasst, wenn man als eine „blended family“ gematcht wird. Ich kann das gar nicht so genau erklären. Ich denke, es hängt auch viel damit zusammen, dass man offen hineingeht, Fragen stellt und zuhört.
Das ist so ein bisschen mein Geheimtipp an alle, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben: Beziehungen sind das Wichtigste. Und in Beziehungen ist es am wichtigsten, gute Fragen zu stellen und dann zuzuhören. Denn so erarbeitet man sich das Recht, gehört zu werden. Man zeigt, dass man wirklich interessiert ist und nicht nur Informationen teilen will. Außerdem bereitet man so das Interesse beim Gegenüber vor, damit man selbst etwas weitergeben kann, das die anderen auch gerne aufnehmen.
Du bist ja eigentlich Marketing-Experte. Das Wort Experte – da bin ich fasziniert von Marketing. Aber du hast es nicht gelernt. Ich habe Marketing studiert, aber das Studium abgebrochen, weil wir dann für die Adoption ins Ausland gegangen sind.
Du hast dich aber schon sehr damit beschäftigt. Studium okay, wenn auch nicht fertig gemacht. Aber wie bist du da zur Jugendarbeit gekommen? Wie war dein Werdegang, und wie kam es dazu, dass du Mr. Jugendarbeit gegründet hast?
Als ich in Deutschland aufgewachsen bin – ich bin mit drei Jahren nach Deutschland gekommen – haben wir ein Dorf in Hessen gefunden, in dem wir aufgewachsen sind. Dort hatten wir eine super Gemeinde. Die Gemeinde hatte selbst keinen hauptamtlichen Pastor, hat aber gemerkt, dass die Jugendlichen wegbrechen, und gesagt: Wir müssen handeln.
Also haben sie bei der benachbarten Bibelschule Beröer gefragt, ob nicht jemand kommen könnte, der helfen kann. Ich hatte das Vorrecht, dass Johannes Schneider mein Jugendpastor wurde. Er ist später Dozent an der Bibelschule geworden. Er hat richtig in uns investiert, in die Jugendlichen.
Ich würde ihn mitverantwortlich machen dafür, dass ich heute für Jugendarbeit begeistert bin. Dann gab es noch jemanden in der Gemeinde, der das Technikteam geleitet hat. Er war Informatiker bei einer Volksbank und hat mir beigebracht, wie man mit Content-Management-Systemen arbeitet und die Webseite für die Gemeinde erstellt.
Diese beiden Elemente – Webseite und Technik einerseits, Jugendarbeit andererseits – haben dann viele Jahre später eine Langzeitwirkung entfaltet, nämlich Mr. Jugendarbeit, also die Plattform. Das ist so ein bisschen die Origin-Story.
Als wir dann nach Rumänien ausgewandert sind und nicht mehr direkte Jugendarbeit machen konnten, wollte ich gerne Creator werden – das war mein Traum. Ab dem Zeitpunkt, als ich YouTuber wie Casey Neistat gesehen habe, wie er vloggend durch New York auf seinem Boosted Board fährt, war ich fasziniert.
Ein Jugendlicher, den ich in der Jugendarbeit hatte, hat mir die Videos gezeigt. Das erste Video hat mich fasziniert, ab dem dritten Video habe ich mir gedacht: Das kann ich auch.
Was hat dich fasziniert? Die Freiheit, sich kreativ auszudrücken. Ein Leben zu leben, das ein volles Abenteuer ist. Jeder Tag ist eine Produktion, ein kleines Abenteuer, das er abfilmt und über Nacht schneidet.
Der YouTuber, der mich so inspiriert hat, ist natürlich ein Extremfall. Er schläft nur drei bis vier Stunden und hat sehr viel Energie. Auf jeden Fall habe ich ab dem sechsten Video gedacht: Okay, ich guck mal, was so eine Kamera kostet.
Ich habe mir eine gekauft und dann selbst angefangen zu vloggen. So wuchs in mir der Wunsch: Ich möchte ein christlicher Creator sein. Also jemand, der regelmäßig YouTube-Inhalte und auch andere Inhalte, wie Newsletter, bereitstellt.
Einerseits, um meinen kreativen Drang oder das, was Gott in mich hineingelegt hat, auszudrücken. Andererseits, um meine Hauptmission im Leben umzusetzen: nämlich Jünger zu machen und das Evangelium zu teilen.
So kam dann ein Puzzleteil zum anderen. Mr. Jugendarbeit ist eine Plattform, die mit Creator-DNA funktioniert. Wir denken sehr stark so, wie ein YouTuber denken würde. Deshalb können wir sehr schnell agieren und sehr großzügig unterwegs sein, weil wir eben nicht wie ein klassischer Publisher oder Verlag denken.
Hast du abgesehen von deinen eigenen Kindern sonst noch Kontakt im Alltag mit Jugendlichen? Du hast ja gesagt, du lebst in Rumänien und hast in Deutschland Jugendarbeit gemacht. Wie sieht das heute dort aus? Findet sich dein Anliegen für die Generation Z vor allem in deiner Arbeit wieder? Du richtest dich ja eher an Jugendliche, Jugendleiter, Eltern und Menschen, die mit Jugendlichen zu tun haben, um sie zu unterstützen. Oder prägen Jugendliche auch deinen eigenen Alltag, sodass du darin deine eigene Praxiserfahrung sammelst? Das würde mich interessieren.
Also, es gab eine Phase, in der wir uns vor allem um Kinder gekümmert haben. Jetzt bin ich tatsächlich wieder Jugendpastor für eine Gemeinde in Rumänien, und das in meiner Drittsprache. Da habe ich gerade erst angefangen, und ich bin gespannt, wie das wird.
Was ist deine Zweitsprache? Schweizerdeutsch? Englisch natürlich auch, logisch.
Ja, aber jetzt mache ich Jugendarbeit auf Rumänisch, genau. Die Sprache habe ich durch die Kinder gelernt. Beim Schreiben von Texten hilft mir ChatGPT, die kann ich dann auswendig lernen. Aber jetzt mache ich tatsächlich wieder Jugendarbeit in Rumänien. Die Mischung macht es: die Kombination aus Erziehung meiner eigenen Kinder und Jugendarbeit in der Gemeinde.
Ich glaube, so bleiben wir „fit“ bei Mr. Jugend. Ich bin ja nicht allein Mr. Jugend, wir haben ein Team, ein sehr fittes Team. Zum Beispiel Esther, die in Neubrandenburg Missionarin ist und lokale Jugendarbeit macht. Dann gibt es Carola, die ebenfalls Jugendarbeit macht, und einige andere, die regelmäßig Inhalte mit einbringen. Priscilla Milano in Italien ist Mama und ebenfalls engagiert in der Gemeinde.
Neben den Ehren- und Hauptamtlichen im Team haben wir noch viele Autoren – etwa 150 Organisationen und Autoren –, die Inhalte für diese Jugendarbeit bereitstellen. Ich entwickle mich zunehmend zu einem Kurator und nicht mehr zum alleinigen Creator der Plattform. Eines Tages werde ich sie wahrscheinlich sogar aus der Hand geben. Darauf arbeite ich hin, damit die Arbeit langfristig Frucht bringen kann.
Denn so eine Organisation steht und fällt, wenn sie zu stark an eine einzelne Person gebunden ist. Wenn ich mir Jesus angucke, dann muss ich ja damit rechnen, dass ich irgendwann mal in den Himmel gehe und jemand anderes weitermacht. Es ist wichtig, den Staffelstab rechtzeitig zu übergeben.
Jetzt sind wir schon voll bei Mr. Jugendarbeit, super. Du hast jetzt Italien erwähnt, du selbst ein bisschen Rumänien, aber ist das alles deutschsprachig oder gibt es das in mehreren Sprachen?
Wir sind noch deutschsprachig und führen Gespräche mit anderen Organisationen, um das europaweit in weiteren Sprachen aufzubauen.
Die Methode, die ich dabei verfolge, ist folgende: Ich suche Creator in den jeweiligen Ländern, die der Mr. Jugendarbeit für ihr Land sein wollen oder die erste Person, die das aufbaut. Diesen bringen wir alles bei, und dann multiplizieren wir das.
Ja, sehr gut.
Wie muss ich mir das vorstellen, wie arbeitet ihr in dem Team? Du hast eben drei, vier Namen genannt, an unterschiedlichen Standorten. Ich denke mal, ihr habt da regelmäßig Online-Meetings und so. Was sind da so deine Aufgaben?
Ja, ich glaube, das Wichtigste an so einer – ich nenne es mal – Organisation, obwohl wir ja noch so jung sind, ist die Kultur. Und die Kultur zu prägen, ist sicherlich meine Aufgabe. Das geht vom Hauptwert der Großzügigkeit, den ich präge. Ich lebe das ja vor: Ich bin großzügig mit meiner Zeit unseren Teamkolleginnen und -kollegen gegenüber, aber auch mit Geld und mit Unterstützung, wenn es geht. Und auch die Inhalte möglichst immer großzügig.
Wir treffen uns jeden Montagmorgen zum Team-Meeting. Die Team-Meetings definieren sich vor allem durch ein Drei-Fragen-Set, das wir durcharbeiten. Du musst dir das so vorstellen: Wir treffen uns für eineinhalb Stunden und sprechen nur über diese drei Fragen. Und die sind nur beziehungsorientierte Fragen.
Jetzt sind wir gespannt, welche Fragen das sind.
Genau, deshalb sage ich ja: Beziehungen sind das Wichtigste im Leben, und das leben wir auch vor. Die erste Frage ist: Erzähl uns ein Highlight aus deiner letzten Woche. Danach erzähl uns ein Lowlight aus deiner letzten Woche. Das funktioniert im Kindergottesdienst, das funktioniert bei den Pfadfindern, das funktioniert auch bei Treffen mit Erwachsenen, die hauptamtlich miteinander arbeiten.
Wenn Highlight und Lowlight geteilt wurden – das kann beliebig lang sein, bei jüngeren Leuten kann es ein Satz sein, bei Erwachsenen auch mal 15, 20 Minuten –, sage ich in der Regel: Jetzt, wo wir das miteinander geteilt haben, komm, lass uns das vors Kreuz bringen und Gott mit da involvieren, dass er da sein Wunder tut oder das mitträgt.
Das Schöne an dieser Drei-Fragen-Formel ist: Das ist im Kern das, was wir in der Kinder- und Jugendarbeit machen wollen. Wir wollen zuhören, deswegen fragen wir. High und Low – wenn die geteilt werden, öffnet man sich. Und wenn wir auch unsere Highs und Lows teilen, da entsteht eine Beziehung.
Aber das Wichtigste ist: Wir binden die Leute dann nicht an uns. Deswegen die dritte Frage, sondern wir binden sie an Jesus. Und dann wissen sie langfristig: Wenn ich ein High oder ein Low in meinem Leben habe, kann ich immer zu Jesus gehen. Dort ist meine Anlaufstelle.
Damit ist meine Aufgabe erfüllt: Ich habe in Beziehungen gelebt, und ich habe sie in die Beziehung mit Jesus geführt. Und das replizieren und skalieren wir auf viele, viele andere Inhalte, Content-Pieces – es ist sehr schwer, Deutsch zu sprechen, ohne englische Worte –, ich verwende gerade Content-Pieces.
Okay, ja, die drei Fragen. Danach haben wir ein Redaktionsmeeting, und dann operieren wir nach dem Modus: Wir sagen, jeder sucht sich sein Lieblingsthema raus. Mir ist es wichtig, dass wir schnell Inhalte publizieren und nicht lange an ihnen arbeiten.
Wir haben zum Beispiel mal fast zwei Jahre an einer Andachtsserie durchs Alte Testament gearbeitet, übersetzt aus dem Englischen. Das war ein Leidensweg. Es ist da, es ist online, aber wir merken: Wenn ich ein Thema nehme, das Esther Brent interessiert, und sie einfach fragt: „Was brauchst du? Brauchst du was?“ – „Nö.“ – Dann geht sie los. Dann haben wir fünf neue Artikel innerhalb von 24 Stunden, und die sind alle gut.
So versuche ich, die Leute im Team freizusetzen.
Das ist gut, das nehme ich mir gerne auch mit hier für uns.
Du hast uns schon ein paarmal angedeutet, aber was ist noch einmal ganz kurz und knapp eure große Vision mit Mr. Jugendarbeit? Was wollt ihr mit dem Projekt erreichen? Kannst du das noch einmal zusammenfassen?
Alles klar. Wir wollen Erwachsenen helfen, in der Jüngerschaft und in der Evangelisation, indem wir sie ausrüsten. Wir verstehen uns als Ausrüster, Begleiter und vielleicht auch als Guide für die Begleitung von jungen Menschen. Langfristig kann ich mir vorstellen, dass das Ganze zu einem Movement wird – von Gott initiiert unter Christen in Europa, die junge Menschen erreichen wollen.
Kurz genug?
Ja, ja, das war kurz genug. Es waren zwar mehr als ein Satz, aber auf jeden Fall gut verständlich.
Du hast gesagt, ihr arbeitet viel mit Partnern zusammen. Der Content, den ihr auf eurer Plattform habt, kommt nicht nur von euch, sondern von vielen anderen. Welche Angebote habt ihr denn konkret für Eltern, Jugendgruppen, Gemeinden und Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten und wissen wollen, wie die ticken?
Der erste und größte Kooperationspartner, den wir haben, ist Axis aus Colorado Springs. Die bieten Ressourcen wie den Culture Translator an. Das ist ein Newsletter, der freitags erscheint und über kulturelle Trends informiert. Anfänglich haben wir den übersetzt und das ein paar Jahre lang gemacht. Nach und nach haben wir immer mehr lokale Inhalte eingebaut, also aus Deutschland, der Schweiz oder Österreich. Jetzt ist es ein Hybrid: ein Trend-Update-Newsletter mit Beziehungsfragen am Ende von jedem Update.
Das ist der Newsletter. Daneben haben wir einen neuen Eltern-Newsletter. Der richtet sich vor allem an Eltern und behandelt Themen wie Smartphone, Pornografie oder wie man mit seinem Kind oder Jugendlichen über Hausaufgaben spricht – und viele weitere Themen. Der Fokus liegt hier auf Pädagogik und Parenting.
Dann gibt es noch den Leaders-Bereich. Das ist ein Newsletter, der sich an Hauptamtliche richtet. Dort gibt es Inhalte wie „Wie mache ich zum Beispiel so einen Aufruf bei einer Evangelisation?“, also einen sogenannten Alter Call. Macht man das heute noch, und wenn ja, wie? Außerdem gibt es Fachartikel zu Themen wie „Wie tickt eigentlich die Generation Z?“ oder „Was macht die christliche Generation Z besonders?“ und „Wie erreiche ich sie am besten?“
Daneben bieten wir noch ausgearbeitete Andachten, Gruppenstunden und Spiele an. Insgesamt sind es fünf Sparten, aber ich würde sie in drei große Bereiche zusammenfassen: den großen Freitags-Newsletter, den Eltern-Newsletter und den Leaders-Newsletter.
Ja, wir verlinken alle Angebote natürlich in den Show Notes. Und ich denke, je nachdem, welchen Newsletter man möchte – wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es jetzt drei verschiedene – kann man sich einfach zu allen anmelden. Wenn einem ein Newsletter nicht gefällt, kann man ihn unten abbestellen. Dann erscheint auch eine Maske, die einem erklärt: „Schau mal, hier bist du noch für diese anderen Newsletter angemeldet.“
Okay, sehr gut. Cool.
Welche Herausforderungen wecken euch in dieser Arbeit, in eurem Anliegen? Was läuft schon richtig gut?
Die Zahlen laufen wirklich gut. Wir haben viel organischen Traffic, etwa eine halbe Million Besucher im letzten Jahr. Dieses Jahr gehen wir auf eine Million Besucher zu. Außerdem gibt es sieben Leserinnen und Leser, die den Newsletter jede Woche erhalten. Gott hat da wirklich die Türen geöffnet – das ist großartig.
Und was sind die Herausforderungen?
Die Herausforderung, die Herausforderung, die eine Herausforderung: Geld. Das ist ganz klar. Ich habe gesagt, wir machen das wie ein Creator. Professionelle Creator klären immer zuerst die Frage der Finanzierung. Mark Rober, ein YouTuber, nennt das den Super-Mario-Effekt. Wenn du Super Mario spielst und in ein Loch fällst, stirbst du, aber es macht nichts, denn du kannst neu starten. Du hast also kein wirkliches Risiko.
Übertragen auf das Leben eines Content Creators bedeutet das: Du hast deine Finanzen gesichert und kannst einfach spielen, also deine Arbeit machen. Wir haben das nicht. Trotzdem haben wir angefangen, im Glauben, dass Gott uns versorgen wird.
Wir haben ein Abo-Modell ausprobiert, das hat nicht funktioniert. Dann haben wir ein Spendenmodell gestartet, und dabei sind wir jetzt. Wir haben uns zunehmend gefestigt, dass wir uns als Missionare identifizieren. Seit 17 Jahren leben wir im Glauben, dass Gott uns versorgen wird. Mr. Jugendar ist jetzt bald sieben Jahre alt, und auch hier leben wir im Glauben, dass Gott uns versorgt.
Er hat es bisher jedes Jahr getan, aber es gibt Monate, in denen wir nicht wissen, wie es weitergeht. Bisher hat es jedoch immer geklappt.
Die Arbeit läuft irgendwie, aber sie kostet auch Geld. Es geht ja auch darum, dass die Mitarbeiter davon leben können.
Ist das auch damit abgedeckt? Lebst du davon? Machst du das fulltime, oder hast du noch eine Marketingagentur nebenbei?
Wir können das im Hybrid-Modell machen. Ich kann als Freelancer arbeiten, aber das geht dann auf die Mr. Jugendar-Arbeit. Die Einnahmen fließen in denselben Topf, aus dem dann mein Gehalt bezahlt wird. Spenden sind ein Einnahmestrom, Freelance-Arbeit ein anderer, der den Topf ergänzend füllt.
Super, du hast das deutsche Wort gefunden.
Ist "Supplement" ein deutsches Wort?
Nein, ergänzt.
Okay, reden wir ein bisschen über die Generation Z.
Um eine Grundlage zu schaffen, da vielleicht nicht jeder Zuhörer mit diesem Begriff vertraut ist: Wer ist eigentlich die Generation Z? Und was würdest du sagen, sind die Haupteinflussfaktoren dieser Generation?
Ja, es gibt sogenannte Generationenschubladen. Generationenschubladen? Das ist ein Begriff, den man sich im Marketing ausgedacht hat. Es gibt die Boomer, die Generation Z, die Generation Y oder Millennials und dann die Generation Alpha, das sind die ganz Jungen. Diese Begriffe werden einem oft um die Ohren geworfen.
Generation Z beschreibt diejenigen, die jetzt in die Arbeitswelt eintreten und langsam aus der Schule herauswachsen. Wenn man sich mit Jugendlichen beschäftigen möchte, passt in der Regel die Generation Z, wobei eigentlich die Generation Alpha schon die ersten Teenager erreicht. Das sind also unsere jungen Menschen.
Und was war deine zweite Frage?
Die zweite Frage war, was die Haupteinflussfaktoren dieser Generation sind, wovon sie geprägt werden. Reden wir von christlichen oder allgemeinen Pfarreien?
Von allgemeinen Pfarreien, ja.
Also, Familie und Eltern prägen natürlich klar. Später kommen dann Freunde hinzu. Neu und immer stärker wird Social Media, weil die Welt ja zu einem Dorf wird. Die gleichen Influencer, Content Creator und YouTuber, die in Amerika bekannt sind, prägen jetzt auch hier im deutschsprachigen Raum. Beispiele sind MrBeast oder andere.
Die gleichen Videospiele werden gespielt, wie Fortnite oder Roblox, und die gleiche Musik wird gehört, vor allem Hip-Hop und Elektro werden prägender. All das zusammen prägt junge Menschen und beeinflusst ihre Wünsche und Erwartungen. Man sieht Lebensstile, vielleicht auch viel Verschwendung, und wünscht sich das dann auch.
Ältere Generationen werden stark von ihren Ländern, Kulturen und so weiter geprägt. Ist das bei der Generation Z, ich bleibe jetzt mal bei dem deutschen Begriff, den du auch benutzt hast, genauso? Oder handelt es sich durch die Globalisierung, die Welt als Dorf, und auch durch Social Media eher um eine globale Jugendkultur? Wie nimmst du das wahr?
Wenn alle das Gleiche konsumieren und nachmachen, dann ist es irgendwie überall gleich, oder? Das prägt. Natürlich gibt es noch Unterschiede. Es hängt stark davon ab, wie die lokale Kultur ist.
Wenn ich zum Beispiel christliche Jugendliche anschaue und die Gemeinde sehr stark prägend ist, dann entwickelt sich daraus eine Gemeindekultur, die einen starken Einfluss hat. Wenn Eltern klare Strukturen und Regeln haben, prägen diese natürlich noch mehr. Das fließt ineinander über.
Ich glaube auch, dass es nicht gut ist, alle Jugendlichen einer Generation in eine Schublade zu stecken. Es gibt extrovertierte und introvertierte Menschen, global orientierte und lokal orientierte, hochtechnisch versierte und solche, die offline leben wollen – am besten in einer Hütte im Wald, mit nur einem Stuhl, einem Tisch, einem Feuer und einem Hund.
Thorsten Attendorn sagte das mal, glaube ich, in Bezug auf den Generationenkonflikt. Wenn man fragt, ob es einen Konflikt zwischen den Generationen gibt, meint er: Nein, wir haben keinen Generationenkonflikt, oder es sieht nicht danach aus. Vielmehr handelt es sich um einen Haltungskonflikt.
Je nachdem, mit wem man es aus der Generation Z zu tun hat, hat man unterschiedliche Haltungen in Bezug auf Lernbereitschaft und Flexibilität. Man muss Menschen immer als Individuen sehen. Das können wir hier im Westen gut, da wir hoch individualisiert sind. Man sollte ihnen auf der Beziehungsebene begegnen und sie dort abholen.
Es ist sehr schwer, generelle Aussagen zu machen.
Vor ein paar Monaten hast du ein Webinar zu einer Studie zum Thema Generation Z und Glauben gemacht. Dabei hast du darüber gesprochen, ich weiß gar nicht genau. Die Studie wurde von Barna durchgeführt, oder? Genau. Du hast dann ein Webinar darüber gemacht, zusammen mit Thorsten Attendorn. Er hat eine deutsche Studie erstellt und tausend christliche Jugendliche in Deutschland und der Schweiz befragt. Seine Ergebnisse hat er mit denen von Barna zusammengeführt und in dem Webinar präsentiert.
Das Webinar heißt „Wie tickt die christliche Generation Z?“ und man kann es auf YouTube anschauen. Ein super Webinar, das wir gerne verlinken. Aber was war für dich das wichtigste Ergebnis? Und was hat dich vielleicht überrascht?
Da gab es einige Dinge, die mich überrascht haben. Wir reden hier nur von christlichen Jugendlichen. Überrascht hat mich zum Beispiel, dass ein Viertel aller Gemeindejugendlichen einen sehr niedrigen Selbstwert hat. Sie denken, und sogar 15 Prozent sagen, sie seien Außenseiter – richtig, richtige Außenseiter. Das nehme ich mit Bedauern zur Kenntnis und denke mir, das darf eigentlich nicht so sein, dass sie sich als minderwertig einstufen. Es bricht einem das Herz, wenn man bedenkt, dass sie doch Jesus haben.
Wenn ich an die Kommunikation denke, die wir als Christen haben: Dr. Carol Paul sagt, die drei wichtigsten Dinge, die wir in der Kinder- und Jugendarbeit kommunizieren müssen, sind Antworten auf die drei wichtigsten Fragen, die Kinder und Jugendliche haben. Diese Fragen sind: Wer bin ich? Wo gehöre ich hin? Und was ist der Sinn meines Lebens?
Wir als Christen haben die besten Antworten darauf. Erstens: Du gehörst dazu, du bist einer von uns. Das beantwortet die Frage nach der Zugehörigkeit – wozu, nämlich zur Gemeinde Gottes oder zur Kirche. Die Frage „Wer bin ich?“ wird durch die Antwort „Du bist genug“ beantwortet, basierend auf dem, was Jesus für dich getan hat. Das ist der Schlüssel: dieses „genug“, weil er alles für mich getan hat. Jesus plus nichts ist alles – das ist das echte Evangelium, göttliche Mathematik.
Diese Botschaft müssen Kinder und Jugendliche aber erst vermittelt bekommen haben. Die Gemeindekultur, in der sie leben – und ich sage das pauschal für alle Kirchen, weil es in allen Kirchen ähnlich ist – führt dazu, dass viele junge Menschen sich nicht als genug ansehen, obwohl sie das Evangelium kennen. Sie haben eine klare Christologie und verstehen, wer Jesus ist. Trotzdem hakt es.
Zurück zu den drei Dingen: Ich glaube, diese drei Aussagen – du bist genug aufgrund von dem, was Jesus für dich getan hat, du gehörst dazu, und der Sinn deines Lebens liegt nicht in deiner Selbstverwirklichung, sondern darin, Teil von Gottes größerer Geschichte zu sein – müssen regelmäßig kommuniziert werden. Das gilt für unser Programm und unsere Interaktionen.
Wir können das tun, indem wir zum Beispiel sagen: „Ich freue mich, dich zu sehen“, mit einem High Five oder einem Schulterklopfen zeigen, dass wir zufrieden mit dem Jugendlichen sind. Jesus ist es übrigens auch. Du gehörst dazu.
Das dritte ist eher gegen die Kultur gerichtet und deshalb herausfordernd: Der Sinn deines Lebens ist nicht, deine eigenen Wünsche zu erfüllen oder besonders einflussreich, mächtig oder leistungsstark zu sein. Sondern du bist Teil von Gottes großer Geschichte. Er ist der Held der Geschichte, du bist ein Teil dieses Körpers, des Leibes Christi, der Gemeinde. History is His story.
Das zu sehen entspannt ungemein. Es kann aber auch mit der gängigen Kultur so kollidieren, dass man sagt: „Nein, ich will eigentlich Einfluss haben, mich selbst verwirklichen, jemand Besonderes sein.“
Wenn man diese drei Dinge zusammennimmt und regelmäßig kommuniziert – und ich glaube, das muss in jeder Gruppenstunde, in jedem Gottesdienst und in jeder Hauskreis-Interaktion mit Jugendlichen geschehen – dann kommt man darauf zu sprechen: Du bist genug aufgrund von Jesus. Das würde so viel Druck wegnehmen, Entspannung bringen und damit auch Potenziale freisetzen. Denn wenn man entspannt ist, kann man spielerisch Herausforderungen annehmen, die man sonst nie angehen würde.
Welche Rolle spielen Medien, Social Media und vor allem Influencer für die Generation Z? Wie wirkt sich das auf ihren Glauben beziehungsweise den persönlichen Zugang zum Glauben aus?
Wir können hier sowohl über christliche Jugendliche als auch über Jugendliche allgemein sprechen. Als Werk ermutigen wir gerade jetzt im Podcast dazu, Alltagsmission zu leben und sich für die Lebenswelt des Gegenübers zu interessieren. Wenn das ein Jugendlicher ist, sollte man sich fragen: Wie tickt dieser Mensch? Wie kann ich durch Fragen Interesse an seinem Leben gewinnen und ihm auf diese Weise auch etwas von Christus vermitteln?
Die Frage ist also: Welche Rolle spielen heute Medien, Social Media und Influencer für die Generation Z? Und wie wirkt sich das auf den persönlichen Glauben aus?
Vielleicht bleiben wir zunächst bei Menschen, die Christus noch nicht kennen. Jugendliche verbringen ungefähr so viel Zeit auf sozialen Medien wie in einem Vollzeitjob – also etwa 40 Stunden pro Woche. Diese Medien sind sehr prägend. Die meisten konsumieren die Inhalte nicht bewusst, sondern lassen sich eher berieseln. Das bedeutet, die Inhalte sind so gestaltet, dass sie möglichst schnell Aufmerksamkeit gewinnen und diese lange halten.
Im Gegensatz dazu sind die Inhalte, die meistens von christlichen Organisationen produziert werden, nicht so konzipiert, dass sie Aufmerksamkeit schnell gewinnen und lange halten. Sie fokussieren vielmehr auf die Lösung, auf Jesus, auf theologische und wahre Inhalte. Auf Social Media suchen die Jugendlichen aber nicht so sehr das Wahre, sondern das Authentische – und genau das bekommen sie dort geboten. Dort werden sie abgeholt.
Ich denke, wir können sehr viel davon lernen, wie Inhalte heute aufbereitet werden. Es geht mehr um die Form, die wir als Christen lernen sollten, um unsere Botschaften so zu platzieren, dass sie ihre Wirkung entfalten können. Denn wer die Aufmerksamkeit gewinnt, prägt auch Einkaufsentscheidungen, Kleidungsentscheidungen und Sprache. Die Jugendsprache wird über Social Media geprägt. Da sagt jemand „very demure, very mindful“ und plötzlich spricht sogar die Tagesschau in Deutschland davon. Das ist faszinierend.
Wer die Sprache prägt, prägt auch die Kultur des Denkens und nimmt langfristig Einfluss. Dazu kommen wir gleich noch.
Eine spannende Frage ist auch: Wie echt ist das denn überhaupt?
Welche Rolle spielt der Glaube heute noch für diese Generation? Einerseits der christliche Glaube und die Kirche, andererseits aber auch andere Glaubensrichtungen wie New Age oder sogar Atheismus – der ja auch eine Form von Glauben oder Nichtglauben ist.
Wie prägend ist das Thema Glaube überhaupt noch? Ist es für junge Leute ein Thema?
Ich denke, Glaube ist unglaublich wichtig, weil er eine Weltanschauung bietet, die beruhigend wirkt. Manche Evangelisten sagen, Glaube wirkt auf das Loch im Herzen, das nur Gott beruhigen kann.
Wie meinst du das?
Wir wissen, wohin es hingeht. Wir wissen, wer am Ende gewinnt – vorausgesetzt, man glaubt daran.
Genau, wenn man daran glaubt. Ansonsten kann es auch unruhig sein.
Der Begriff Religion bedeutet im Lateinischen „Zurückverbindung“. Man verbindet sich mit dem, in unserem Fall mit Gott, dem Schöpfer – und das braucht man. Menschen suchen instinktiv danach und versuchen, sich an etwas festzuhalten.
Man merkt das daran, womit man sich beschäftigt und wo die Aufmerksamkeit liegt. Wenn man abends im Bett liegt, wohin schweifen die Gedanken? Das, was wir suchen, betrachten und womit wir uns beschäftigen, prägt uns.
Ich glaube, Glaube oder Religion ist die Lösung. In unserem Fall ist es das Genugsein, der Frieden, den man nur bei Jesus findet.
Unsere Welt funktioniert so, dass wir ständig mit Nachrichten bombardiert werden, die unser Verlangen triggern. Sie sagen uns: „Hey, du brauchst das!“ Und in dem Moment, in dem man ein Produkt kauft, ist man zufrieden und glücklich. Doch schnell merkt man, dass das nicht das Wahre ist. Der Glanz verliert sich, man sucht das nächste Produkt und gerät in einen Zyklus der Unzufriedenheit.
Deshalb glaube ich, dass Dinge niemals wirklich befriedigen können – nur eine Person, in unserem Fall Jesus Christus.
Einerseits hast du schon angedeutet, dass es der Generation Z wichtig ist, individuell zu sein. Individualität ist für sie ein hoher Wert. Jeder darf so leben, wie er möchte, ohne sich etwas vorschreiben lassen zu müssen.
Andererseits ist die Generation aber auch sehr abhängig – abhängig von Influencern und davon, Dinge nachzumachen. Das klingt irgendwie widersprüchlich. Ist das nicht ein Widerspruch? Ich frage mich, wie sich das auf die Reaktion der Generation auf das Evangelium in der Evangelisation auswirkt.
Wir haben heute ein Überangebot an Informationen durch das Internet und gleichzeitig einen Mangel an echter Gemeinschaft. Ich glaube, viele sehnen sich danach, einfach Räume zu haben, wo sie authentisch und echt sein können. Räume, in denen sie offen über ihre Herausforderungen sprechen können – im direkten Austausch mit anderen.
Wenn wir solche Räume schaffen, sowohl digital als auch offline, dann ist schon viel gewonnen. Ich glaube auch, dass viele Menschen bereit wären – oder zumindest sein sollten –, einer Community beizutreten. Denn um in eine Gemeinschaft hineinzukommen, muss man auch Kompromisse eingehen, sich darauf einlassen und sich an Regeln halten.
Wenn ich zum Beispiel einem Volleyballclub beitrete, aber Fußball spielen will, wird das schwierig. Man darf aber auch mal mit dem Fuß beim Volleyball spielen. Dieses Beispiel ist vielleicht nicht ganz perfekt, aber es zeigt, dass es Kompromisse braucht.
Das ist schon lange her, aber ich habe früher Volleyball gespielt. Das Bild kam spontan, weil ich daran gedacht habe. Junge Menschen – aber wir waren bei der Frage: Hast du den Widerspruch nicht gesehen? Einerseits Individualität, andererseits mache ich doch alles nur nach, was Influencer vormachen.
Eine der Hauptbeschwerden, die Jugendleiterinnen vor allem in der Arbeit mit Kindern in unseren Newslettern zurückmelden, lautet: Die Eltern erziehen heute oft so, dass Kinder mit Schlafanzug in den Kindergarten gehen oder ohne Schuhe. Die Kinder werden einfach so abgegeben, und das Personal soll sich dann kümmern.
Mit dieser Einstellung kommen Kinder dann in Gemeindeprogramme und sagen: „Ich möchte eigentlich nicht mitmachen, ich setze mich hier mit dem Handy in die Ecke und spiele Fortnite.“ Was macht man da? Da sind wir in der kirchlichen Arbeit gefordert.
Es ist schwer, weil man die Eltern braucht. Wenn die Eltern aber nicht mitmachen, muss man viel mehr Zeit investieren, um das individuelle Recht der Kinder, gehört zu werden, zu verdienen. Das heißt: noch mehr Arbeit in den Beziehungsaufbau investieren, bevor man überhaupt zu Inhalten kommen kann.
Das finde ich sehr gut. Wie verdient man sich das Recht, gehört zu werden? Durch Fragen stellen und aktives Zuhören – das sind die zwei wichtigsten Dinge. Man betet für die Menschen, mit denen man in Beziehung tritt, und lässt sich auf sie ein.
Man sollte weniger Zeit in die Vorbereitung von Programmen und Predigten investieren und stattdessen viel mehr Räume schaffen, in denen man einfach nur reden kann. Es lohnt sich nicht, Hunderttausende von Euro in einen Jugendraum zu investieren, den man dann erhalten muss, wenn man nicht gleichzeitig die Räume schafft, in denen man sich regelmäßig mit Jugendlichen treffen kann.
Ich verstehe den Ansatz mit den Fragen und so weiter, aber zum Beispiel bei Influencern: Wenn du sagst, wir sollten von ihnen lernen und das für das Evangelium nutzen, wie verschaffen sich Influencer das Recht, gehört zu werden? Das stellt mir keine Fragen, sondern sie stellen dir Fragen.
Ein Influencer stellt viele Fragen. Typische Videos sind so aufgebaut, dass sie mit vielen Hooks – also Haken – arbeiten, um deine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Zum Beispiel sind das Titelbild und der Text so gestaltet, dass sie Neugier, Angst oder Verlangen auslösen. Dann klickst du auf das Video.
Direkt die ersten Worte, die dir ein YouTuber sagt, sind Hooks wie: „Hast du schon mal darüber nachgedacht?“ oder „Bist du in dieser Situation?“ Du identifizierst dich, der Influencer öffnet neue Loops, neue Wege, die dich neugierig machen. Jetzt willst du das Video bis zum Ende schauen, weil er dir Fragen stellt.
Was Content Creator und Influencer gerade so würdig macht, gehört zu werden, ist, dass sie sich in einem Bereich wirklich auskennen. Wenn man sich ein Venn-Diagramm vorstellt – drei sich überschneidende Kreise –, dann gibt es einen Kreis mit den Hobbys oder Interessen des Influencers, in denen er sich auskennt.
Dann gibt es die Überschneidung mit dir, also deinen Interessen, und schließlich einen Bereich, der möglichst viele andere interessiert. Influencer widmen sich bewusst einem Thema. Sie sagen: „Ich bin der für Solaranlagen“ – das wäre zum Beispiel etwas, das mein Vater anschauen würde. Oder: „Ich bin der Influencer für Mikrofone und Equipment.“
Genauso gibt es auch Influencer, die sich nur mit biblischen Themen beschäftigen. Die haben wir auch. Sie sind sehr prägend. Ein Beispiel: Ich glaube, im freikirchlichen Bereich in Deutschland gibt es nur zwei Influencer – und das sage ich bewusst übertrieben.
Ein Statement-Hook: Ich behaupte, 50 Prozent aller freikirchlichen Predigten sind entweder vom Hartel oder von Tobi Teichen geprägt. Zwei Influencer in diesem Bereich. Die Leute schauen sich während der Predigtvorbereitung deren Inhalte an, klauen sich mal hier einen Satz, mal da einen Satz, manchmal den ganzen Aufbau und geben den dann am Sonntag wieder.
Das ist, weil sie eben Influencer für diese Nische sind. Sie kennen sich aus, haben wirklich das Know-how und sind von ihrer Familie freigesetzt, um da Vollgas zu geben. Und sie teilen ihr Wissen gerne.
Cool. Jetzt muss ich mal schauen, wie ich weitermache hier. Ja, vielleicht genau.
Diese Generation Z, um nochmal zurückzukommen, beruft sich einerseits ganz blind auf Fakten und Aussagen wie diese, die Sie schon einmal gehört haben: „Hier widersprechen sich Glaube und Wissenschaft“, „Es gibt keine Wunder“ oder „Es gibt keinen Gott“. Andererseits haben sie ein recht klares Bewusstsein für das Übernatürliche. Es muss mehr geben als das. Sie sind offen dafür. Wir haben ja schon darüber gesprochen, dass es eben noch mehr gibt.
Dazu kommt, dass der Glaube an Jesus aufgrund persönlicher Überzeugungen, zum Beispiel zum Thema LGBTQ, Abtreibung oder Sexualmoral, eher abgelehnt wird. Man weiß, die Kirche hat da eine Meinung dazu, aber viele sagen: „Das sehe ich anders.“ Andererseits wird authentisch gelebter Glaube durchaus respektiert. Wenn ich einen Jugendlichen kennenlerne und er sieht, dass ich meinen Glauben wirklich lebe und das, was ich sage, mit meinem Leben übereinstimmt, dann ist da eine Authentizität, die anziehend wirkt.
Meine Frage ist: Wie können wir jetzt, mitten in all diesen Widersprüchen und Einflüssen, auf eine gute Art und Weise das Evangelium vermitteln, sodass es auch ankommt und in ihrer Lebenswelt verstanden wird? Du hast gesagt, es gehört dazu, mit den Fragen gehört zu werden, das Recht zu haben, sich den Glauben zu erarbeiten. Kannst du da noch ein bisschen weitergehen? Auf welche Weise kann ich in dieser Generation jetzt einen Glaubensinhalt vermitteln? Du hast so viele interessante Sachen gesagt, auf die ich gerne eingehen würde.
Ich glaube, die Mehrheit der Gesellschaft lebt eher in der Mitte und ist ausgewogen. Aber das ändert sich auch. Man polarisiert. Social Media funktioniert so, dass nur die Extreme gehört werden. Wenn du zu ausgewogen bist, gibt es keinen Grund, deine Meinung oder deine Ideen anzuhören. Man braucht starke Ideen, denn starke Ideen werden weit getragen auf Social Media.
Dann hast du aber den Nachteil: Wenn du starke Ideen hast und für etwas einstehst, dann hat die Gesellschaft die Gewohnheit, den Rasen zu mähen. Es gibt in Amerika diesen Spruch, das sogenannte Tall Poppy Syndrome – also eine Blume, die größer wächst als die anderen, wird abgeschnitten. Und zwar vor allem in unserer Kultur, in der deutschen Kultur. Wenn jemand besonders hervorsticht mit einer Meinung, wird er natürlich angegriffen und herausgefordert.
Wenn man als Christ für etwas stehen möchte, gehört es zur Leidenschaft dazu, Rückschläge, Schläge und Kommentare auszuhalten. Darauf lässt man sich ein. Man folgt Jesus und weiß auch, wohin er gegangen ist. Darauf läuft es hinaus, wenn man für etwas einstehen will. Man muss sich gut überlegen, ob man das überhaupt will. Oder man denkt sich: „Will ich lieber, dass Gott uns einen anderen Pastor schickt, der das dann macht?“
Genau, das ist das eine. Und wenn es um Wirkung im christlichen Bereich geht, würde ich vor allem den Shift machen: Wir müssen nicht die anderen Leute gewinnen, das macht der Heilige Geist. Was wir müssen, ist Schüler von Jesus sein. Er hat auf eine ganz besondere Art und Weise gedacht, geredet und gehandelt.
Wenn ich an seine interne Motivation denke, spiegelt sich das auch in dem wider, was er den Jüngern beigebracht hat, zum Beispiel beim Thema Gebet. Jesus sagt seinen Jüngern, dass sie so beten sollen: „Unser Vater im Himmel, geheiligt werde dein Name.“ Das hat einen besonderen Grund. Jesus hat alles, was er getan hat, durch diese Brille angeschaut: Werde ich mit dem, was ich jetzt hier sage und tue, den Vater verherrlichen? Werde ich ihm Ehre bringen? Das war auch der Hauptgrund, weshalb er auf die Erde kam.
Man könnte sogar kritisch sagen: Jesus kam nicht nur aus Liebe zu dir – das ist natürlich auch ein Grund –, aber vor allem kam er zur Ehre des Vaters, um seines Namens willen. Weil der Vater zeigen wollte, wie er wirklich ist, weil er wirklich liebevoll ist. Es geht hier mehr um die Ehre des Vaters.
Wenn das seine interne Motivation ist und ich die als Christ von ihm abschaue und imitiere, dann frage ich mich natürlich: Was kann ich heute tun, um den Vater zu ehren? Dann komme ich zuerst zu den geistlichen Gewohnheiten, bevor ich zum Predigen auf Social Media schaue. Bete ich denn? Bin ich mit dem Vater verbunden? Fühle ich wirklich, dass ich genug bin aufgrund dessen, was Jesus für mich getan hat? Gebe ich den Zehnten oder bin ich großzügig? Habe ich Bibelverse intus, sodass ich weiß, wie ich zum Beispiel mit dem Thema Geld umgehe?
Da gibt es diesen Spruch in den Sprüchen: „Der, der sich Geld ausleiht, ist Sklave dessen, von dem er sich ausleiht.“ (Sprüche 22,7) Das ist einer der wichtigsten Verse für Christen, wenn es um Finanzen geht: Mach keine Schulden.
Jüngerschaft bedeutet, dass ich Jesus imitiere und auch das, was ich in der Bibel lese, als autoritativ anerkenne und in meinem Leben umsetze. Das macht mich counter-cultural und dann auch würdig, auf Social Media angeschaut zu werden. Denn dann wollen die Leute wissen: Wie machst du das denn wirklich? Das macht neugierig.
Indem ich mich Jesus ganz hingebe, komme ich an den Punkt, dass ich als Alltagsmissionar auch wirklich gerne gefragt werde. So erarbeite ich mir das Recht, gehört zu werden, weil ich einfach nur Jesus kopiere.
Sehr gut, das hast du richtig gut erklärt. Danke dir, voll gut.
Wir kennen die Risiken von Social Media inzwischen recht gut: Suchtverhalten, der Druck, irgendwie gut dazustehen, der Zwang, sich ständig zu vergleichen, schlechte Vorbilder und so weiter. Aber ist wirklich alles negativ? Oder gibt es vielleicht auch Chancen, die uns Social Media und Medien allgemein für unsere Alltagsmissionen und für Jugendliche bieten?
Ein bisschen hast du das schon angesprochen, im Kontext des Rechts, gehört zu werden, und auch davon zu lernen – von Influencern, auch von nichtchristlichen Influencern. Kannst du dazu noch etwas sagen? Hast du gute Beispiele oder kannst du aus eigener Erfahrung berichten?
Mittlerweile lernt man ja den Großteil von dem, was man lernt, verallgemeinert gesagt, auf YouTube. Ich gehe stark davon aus. Wenn ich heute wissen will, wie ich den Garten am besten bestelle, dann gehe ich direkt zu YouTube. Ich wüsste auch gar nicht, wo ich lokal einen Fachmann finden sollte, der mehr weiß als Siegfried auf YouTube. Das Gleiche gilt für Solaranlagen. Es ist jetzt Winterzeit bei uns, und man schaut sich natürlich auf YouTube an, wie man eine Heizung entlüftet.
Social Media ist heute ein Ort, an dem man sich bildet – das kommt noch dazu.
Was ich mich frage: Denkst du nicht, dass KI wie ChatGPT oder andere Tools da eher schneller helfen? Ich gehöre ja nicht mehr zur jüngeren Generation, ich nutze YouTube viel, aber manchmal dauert mir das einfach zu lange. Da labert jemand viel, und ich will doch einfach nur schnell wissen, wie ich etwas mache.
Zum Beispiel hatte ich diese Woche das Auto meiner Tochter repariert, einen Fiesta. Ich mache ein Foto, nutze ChatGPT und frage, was kaputt sein könnte. Ich benutze dann ChatGPT.
Ja, ich auch. Aber natürlich kommt es darauf an. Tools wie Perplexity oder andere, bei denen man eine gute Quellenangabe bekommt und direkt nachschauen kann, helfen mir meistens schneller weiter als ein langer YouTube-Film.
Das stimmt. Meine letzte Frage war: Wie nehme ich Antibiotika ein? Alle zwölf Stunden oder alle vierundzwanzig Stunden? ChatGPT fragt dann quasi den Arzt oder Apotheker, und man muss nicht mehrfach nachfragen. Ja, wie ist es mit dem und dem Antibiotikum? So etwas.
ChatGPT ist im Moment spannend. Ich bin neugierig, wie es sich entwickelt. Es muss teurer werden, wenn man bedenkt, was es für uns leistet. Ich zahle jetzt 20 Euro im Monat. Ich kann mir gut vorstellen, dass irgendwann die Schere zwischen Arm und Reich aufgeht und man dann vielleicht 500 oder sogar Tausende von Euro im Monat für einen guten KI-Zugang zahlt.
Okay, aber das ist ein anderes Thema.
Genau, da kann man später beim Essen drüber reden.
Zurück zu den Chancen und Risiken und wie man Social Media gut nutzen kann, um auch Jugendliche zu erreichen. Ich wollte ein Beispiel bringen.
Das Erste, was man sich fragen sollte, ist: Bin ich berufen, auf Social Media Missionar zu sein? Nicht jeder beantwortet diese Frage mit Ja, denn online zu arbeiten ist ein Ministry.
Die ersten Online-Pastoren in den USA gab es schon vor einigen Jahren. Sie wurden von Gemeinden angestellt, um online mit Menschen zu interagieren, Livestreams zu begleiten und auch online Seelsorgegespräche zu führen. Diese Pastoren arbeiteten ausschließlich digital.
Sie hatten oft wenig oder keinen Auftrag, die Menschen vom digitalen Raum in den lokalen Raum zu holen. Denn häufig bleiben digitaler und lokaler Raum getrennt.
Also lautet die Frage: Habe ich den Auftrag, digital zu sein, Menschen dort zu dienen und auch dort zu bleiben? Möchte ich sie nicht von Instagram auf eine physische Location holen?
Wenn du diese Frage mit Ja beantworten kannst, ist die nächste Frage: Welches Format ist das richtige für dich?
YouTuber oder generell Content Creator arbeiten meist in dieser Reihenfolge: Zuerst überlegen sie, welche Idee sie kommunizieren möchten. Sagen wir, du willst als Alltagsmissionar unterwegs sein. Dann ist klar: Die Idee ist, ich bin genug aufgrund dessen, was Jesus für mich getan hat. Dieses Evangelium will ich vermitteln.
Als Nächstes überlegt man, welches Format passend ist. Bin ich jemand für das Interviewformat? Für Vlogs? Für ein Breakdown-Format, in dem ich Inhalte erkläre und theologisch aufdrösle? Es gibt viele Formate, zum Beispiel Challenge-Formate, bei denen man besondere Stunts, Herausforderungen oder Spiele macht.
Danach, wenn das Format oder die Kombination aus Formaten feststeht, überlegt man, was das Besondere, das „Gewürz“ ist – also der „Spice“, der das Video besonders macht. Kann ich die Herausforderungen oder „Stakes“ erhöhen? Kann ich zum Beispiel Geld involvieren oder andere Risiken wie Beziehungen oder Zeit? Vielleicht investiere ich besonders viel Zeit in ein Video. Das ergibt dann ein Gesamtkonzept.
Das Herausfordernde ist: Wenn man sagt, ich bin Online-Missionar auf Social Media, dann müsste man eigentlich drei Videos pro Woche machen. Am Anfang produziert man Masse, bis man die ersten 40 oder 50 Videos gemacht hat. Danach zeigt sich, welches Format gut funktioniert. Dann produziert man weniger häufig, aber dafür in einem Format, das gut ankommt. Am Ende produziert man vielleicht nur noch einmal pro Woche oder sogar nur einmal im Monat.
Online zu arbeiten ist ein Vollzeitjob. Ich glaube, was wir sehen werden, ist, dass die YouTuber, die sich jetzt etabliert haben, immer professioneller werden. Ab einem bestimmten Follower-Count engagieren sie Leute, die für sie arbeiten. Sie haben Produktionsteams.
Dann ist es fast unmöglich, in den Wettbewerb einzusteigen, es sei denn, man ist anders. Und das ist die Herausforderung: Anders zu sein auf Social Media – echt zu sein – fällt sehr schwer. Man sieht die Erfolgsrezepte und möchte sie kopieren, darf das aber nur teilweise. Man muss sich inspirieren lassen und gleichzeitig original sein.
Das ist nicht das Schwerste. Es gab mal einen Palliativmediziner, Bonnie Ware, der herausfand, dass die Top fünf Gründe, die Menschen auf dem Sterbebett bereuen, an erster Stelle stehen: „Ich bereue, dass ich nicht mehr ich selbst war, nicht mehr authentisch.“
Denn man passt sich lieber an, um nicht anzuecken. Das kostet weniger Energie, wenn man einfach mitläuft.
Wenn man online auf Social Media wirklich ein Ministry haben will, muss man bereit sein, das Risiko einzugehen, viel kritisiert oder belächelt zu werden – bis es irgendwann klappt.
Das ist ein enormes Risiko. Ohne Berufung würde ich es nicht machen.
Ja, das ist wichtig.
Kommen wir vom Online-Bereich zurück zum Offline-Leben: Was kann der Jugendleiter vor Ort von Influencern im Umgang mit der Generation lernen?
Nehmen wir als Beispiel jemanden, der sich auf Programme für die Predigtstunde vorbereitet. Oft wird dabei problemorientiert gesprochen und gedacht, statt lösungsorientiert. Ich selbst komme eher lösungsorientiert und möchte den Jugendlichen sagen: „Jesus liebt dich.“
Die Jugendlichen hingegen kommen problemorientiert. Sie sagen: „Ich fühle mich so allein. Ich weiß nicht, ob mich jemand mag.“ Anstatt also zu sagen: „In dieser Predigt werde ich dir sagen, wie sehr Jesus dich liebt“, könnte man sagen: „In dieser Predigt werden wir darauf eingehen, warum du dich manchmal einsam fühlst und was du tun kannst, um dich geliebt zu fühlen.“
Das ist ein sogenannter Hook, der auf dem Problem aufbaut und am Ende klar die Lösung bietet. Statt zu sagen: „Wir predigen über Matthäus 5, irgendwas“, sagt man: „Wir predigen heute über das Problem, und du willst sicher die Lösung dazu hören.“
Mehr solcher Hooks sind wichtig. Jemand hat mal gesagt: „Du musst die Leute dort kratzen, wo es juckt.“ Oder ihnen zeigen: „Schau mal, es könnte sein, dass es dort juckt.“ Dann wollen sie wissen: „Oh ja, stimmt, da juckt es mich wirklich jetzt.“
So entsteht Interesse und die Verbindung zu den Jugendlichen wird stärker.
Wofür hat diese Generation Z Angst? Medial aufbereitet zeigt sich, dass sie einerseits Angst vor der Umwelt hat. Ja, ich war noch nicht ganz fertig. Wovon träumt sie? Also zwei Fragen: Wovor hat sie Angst, und wovon träumt sie?
Wenn man genauer hinschaut, hängen die größten Ängste mit der Umwelt zusammen, insbesondere mit der globalen Erwärmung. Das macht vielen jungen Menschen so viel Angst, dass sie sagen: „Ich möchte keine Kinder in die Welt setzen.“ Die Zukunft erscheint ihnen unsicher und volatil.
Wir wissen historisch, dass Menschen, die Angst vor der Zukunft haben und die Welt als unsicher wahrnehmen, oft unüberlegte Entscheidungen treffen. Diese Kurzschlussentscheidungen sind langfristig nicht förderlich.
Neben der Umweltängsten gibt es auch die Sorge vor Krieg. Joe Biden sagte einmal, dass Putin keine Seele habe. Das macht den Amerikanern natürlich Angst, mit so jemandem in Konflikt zu geraten – und Jugendlichen erst recht.
Diese Woche kommen immer mehr Franzosen nach Rumänien, wo wir wohnen. Dort führen sie Truppenübungen durch, einfach um zu zeigen: „Schaut mal, wir sind bereit, falls es weitergeht, wenn Trump gewählt wird.“ Dieser globale Konflikt belastet die Menschen.
Dann gibt es immer wieder Spannungen zwischen Israel, Iran, der Hisbollah und der Hamas. Das macht die Welt sehr unsicher. Man sieht, dass Raketen bereits einige Kilometer weit fliegen können, und die Welt könnte jederzeit explodieren – es braucht nur einen Verrückten am Schalter, am roten Knopf. Das bedrückt junge Menschen sehr.
Hinzu kommt, dass Jugendliche etwa 40 Stunden pro Woche Social Media ausgesetzt sind. Das wirkt sich negativ auf ihre mentale Gesundheit aus, was wissenschaftlich nachgewiesen ist. Deshalb empfehlen Sozialpsychologen wie Jonathan Haidt, kein Handy unter 14 Jahren zu erlauben und Social Media erst ab 16 Jahren zu nutzen. Denn es belastet. Es verändert Denkmuster und lässt die Betroffenen nur noch um Probleme kreisen. Man wird ständig bombardiert.
Aber das betrifft nicht nur junge Menschen. Ich merke das selbst zum Beispiel. Ich habe viele Social-Media-Apps von meinem Handy gelöscht, besonders Twitter, also X, weil es dort so toxisch ist. Je nachdem, wofür man sich interessiert, sieht man nur noch dieses Zeug. Selbst ich, der ich schon älter bin, merke, was das mit mir macht. Aber ich sage: Nein, das will ich nicht.
Also, es betrifft nicht nur junge Leute, das stimmt. Gerade Erwachsene tragen die Verantwortung, mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenn Eltern sagen: „Handy ist nicht gut für dich“, aber selbst beim Mittagessen ständig ihr Handy checken, wird das von den Kindern irgendwann imitiert.
Außerdem konsumieren Jugendliche auf Social Media oft News-Inhalte, springen aber sofort zu den Kommentaren. Sie schauen nicht die Berichterstattung, sondern die Kommentare. Diese haben oft eine stärkere Prägung, weil sie imitiert und weiterverbreitet werden – etwa auf dem Schulhof oder im Gespräch mit anderen.
Man nimmt schnell den Kommentar mit den meisten Likes, vergleicht ihn mit anderen und sagt: „Ja, das ist ungefähr meine Meinung.“ Diese Meinung übernehmen sie dann. Das birgt viel Risiko.
Das war viel zum Thema Angst und Belastung. Wovon träumen diese jungen Menschen?
Gerechtigkeit ist ein zentraler Begriff, vor allem soziale Gerechtigkeit. Jeder soll sich selbst entfalten und treu zu sich selbst sein können – was auch immer das bedeutet.
Wenn man stark von Social Media beeinflusst ist, zeigt sich das auch in der Kinder- und Jugendarbeit. In manchen Jugendgruppen gibt es viele junge Menschen, die sich als LGBTQ identifizieren. Man spricht in den USA mittlerweile von etwa 20 Prozent der jungen Leute, die sagen, sie gehören zu dieser Gruppe – also lesbisch, schwul, bi, trans und weitere Identitäten.
Es ist gut, diese Gruppe zu fördern und in den Mittelpunkt zu stellen. Früher war das nicht so. Wenn man sich jedoch die tatsächlichen Zahlen anschaut, liegt der Anteil der wirklich homosexuellen Menschen eher zwischen 1,5 und 5 Prozent.
Wie kommt es, dass die Zahl medial so inflationär dargestellt wird? Durch diesen medialen Push sehen wir auch Phänomene wie „rapid onset gender dysphoria“. Manche Jugendliche sehen auf Social Media die Lösung für ihre Probleme darin, trans zu sein.
Vielleicht sind sie unbeliebt, vielleicht auf dem Autismus-Spektrum, und sie glauben, dass das Trans-Sein ihre Probleme löst. Viele junge Menschen nehmen das an. Dann rufen Lehrer zu Hause an und sagen: „Ihre Tochter ist jetzt ein Junge.“ Die Eltern sagen dann oft: „Dann wird es wohl so sein.“
Das ist die Welt, in der wir leben. Man muss bedacht und liebevoll damit umgehen. Es ist nicht richtig, einfach zu sagen: „Das ist falsch.“ Stattdessen sollte man das Gespräch suchen und die Betroffenen an die Hand nehmen.
Man könnte sagen: „Lasst das Kind noch nicht operieren und macht keine Pubertätsblocker.“ Warte erst einmal ab und überdenke das Ganze. Es kann auch sein, dass das Kind unbeliebt ist, weil die Familie vielleicht auch komisch ist und daran arbeiten sollte.
Solche Erlebnisse bieten wunderbare Möglichkeiten, echtes Interesse am Gegenüber zu zeigen und ihm zu helfen. So kann man ein tieferes Verständnis für das Problem entwickeln und die Person vielleicht auf den eigenen Glauben und Überzeugungen einen Schritt näher zu Jesus bringen.
Dafür muss ich mich für meinen Nächsten interessieren und seine Herausforderungen ernst nehmen.
Wir haben viel darüber gesprochen. Ich glaube, das funktioniert nur, wenn man „Margin“, also Raum und Kapazität, in sein Leben einbaut. Die meisten Menschen tun das nicht.
John Mark Comer ist bekannt für die „Neuerfindung der Langsamkeit“ und das Leben in Ruhe. Sein Buch „Das Ende der Rastlosigkeit“ habe ich kürzlich gelesen. Ich mache jetzt mit meiner Frau regelmäßig den Sabbat.
Der Sabbat ist bei uns nicht am Samstag, sondern ein Tag von 18 Uhr bis 18 Uhr. Wir beginnen gemeinsam mit Kochen als Familie und verbringen den Abend miteinander. Man merkt, das verändert etwas.
Es verändert dich und deine Sicht auf deine Frau und deine Kinder. Du hast Zeit, hörst zu und bist nicht ständig vom Smartphone abgelenkt. Meine Kinder machen noch nicht so gut mit, aber meine Frau und ich ziehen das durch. Ich muss sie noch überzeugen.
Andi, vielleicht hast du noch einen Tipp für mich? Ich probiere es mal mit deinen drei Fragen.
Sehr gut.
Andi, vielen Dank für das Gespräch. Es war total interessant. Ich hätte noch tausend weitere Fragen, um mal in die Tiefe zu gehen, aber ich glaube, wir machen hier mal einen Punkt. Vielleicht können wir das irgendwann mal weiterführen.
Zum Abschluss habe ich noch drei persönliche Fragen an dich.
Was ist deine eigene größte Herausforderung, wenn es darum geht, Jugendliche für Jesus zu gewinnen?
Kann man ja rausschneiden.
Nein, wir schneiden nicht. Ich denke nach: Jugendliche für Jesus zu begeistern, war die größte Herausforderung. Zeit, Fokus, Prioritäten – dass ich mir die Zeit nehme. Ich denke jetzt an meine eigenen Kinder. Es ist so leicht zu sagen: Ich gehe jetzt schnell arbeiten oder mache ein Meeting mit jemandem, der Hilfe braucht. Aber die eigenen Kinder oder die Jugendlichen, die wirklich Hilfe bräuchten, brauchen Zeit. Und das geht nur, wenn ich Priorität setze und sage: Diese Stunde treffe ich mich jetzt mit dir und wir gehen spazieren. Beim Spazieren öffnen sich Jugendliche erst. Aber oft kommt es gar nicht erst dazu, weil ich meine Zeit mit scheinbar wichtigeren Dingen verbringe.
Welches Buch kannst du empfehlen, wenn sich jemand noch mehr mit der ganzen Thematik dieser Generation beschäftigen möchte?
Tatsächlich Artikel auf unserer Webseite. Da kommt immer wieder etwas Neues. Wir übersetzen die besten Inhalte, und viele der Inhalte brauchen kein Buch. Es reicht, wenn man die Liste sieht, auf die Schnelle.
Und die letzte Frage: Welchen Tipp hast du für unsere Podcast-Hörer? Egal ob es sich um Jugendleiter, Eltern, Geschwister oder Menschen handelt, die mit Jugendlichen zu tun haben – was können sie diese Woche ganz gleich sofort praktisch umsetzen, um die Generation Z zu erreichen?
Wenn jetzt jemand neu in der Jugendarbeit anfängt, einfach eine Liste machen. Von drei Leuten, die du diese Woche anschreibst oder anrufst, mit denen du Zeit verbringst. Mach nicht zu viele, mach es nicht zu kompliziert und verbring einfach Zeit mit ihnen.
Sehr gut. Stell ihnen die drei Fragen.
Andi, vielen, vielen Dank für deinen Besuch hier.
Danke für die Einladung, es ist wirklich professionell bei euch. Ich weiß nicht, die Leute – das Erste, das muss ich euch sagen, das Erste, was der Andi gemacht hat: Der kommt hier rein und guckt die Kamera an.
Ja, es sind wirklich gute Kameras, wirklich gute Kameras. Es ist ein Traumstudio, wenn ihr das sehen könntet.
Ja, das sehen sie ja manchmal.
Okay, also vielen Dank auch an euch fürs Zuschauen und Zuhören. Ich mache einfach ein kurzes Ende hier.
Ach ja, falls du den Newsletter noch nicht abonniert hast, geh auf heugebach.org, machbar und abonnieren dir, dann verpasst du keine neue Folge mehr. Da gibt es auch immer coole, wertvolle Tipps. Und in den Shownotes unbedingt gucken, Mr. Jugendarbeit besuchen.
Alles klar, wir sagen Tschüss bis zum nächsten Mal.