Herzlich willkommen zum Podcast der IFA Stuttgart mit Thomas Povileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Wir Menschen sind verletzlich. Nach Jahren des Wohlstands, der Gesundheit, der Sicherheit, der Freiheit und der Gerechtigkeit merken wir in dieser Zeit vermehrt, dass dieser Segen nicht selbstverständlich ist. Unsere Verhältnisse können sich sehr schnell ändern – das erleben wir gerade jetzt.
Gerade gestern sagte noch jemand zu mir: Hättest du dir vorstellen können, dass es Ausgangssperren gibt, dass man dir vorschreibt, mit wem du dich treffen darfst und mit wem nicht? Na ja, ich hätte mir das nicht vorstellen können. Doch gerade in solchen Zeiten, wie wir sie erleben, wird mir wieder bewusst, wie verletzlich wir sind.
Gott spricht uns in dieser Situation seinen Schutz zu – und nicht nur uns. Von diesen Zusagen haben viele Christen gelebt, die schon lange tot sind. Deshalb wollen wir uns in diesem Podcast mit Christen aus vier Jahrhunderten beschäftigen.
Wir wollen hinsehen, wie sie Gottes Zusagen in den Psalmen für sich in Anspruch genommen haben und wie sie in Zeiten der Pest, der Cholera und auch des Hungers wirklich auf Gott vertraut haben. Sie haben erlebt, dass sie durch Gottes Eingreifen beschützt wurden oder dass sie seine Kraft bekamen. So konnten sie ihm dienen, anderen dienen – ohne Furcht.
Wenn man diese Geschichten liest, fragt man sich: Wie haben die das gemacht? Ja, Jörg, die Frage gebe ich jetzt gern an dich weiter. Du hast dich mit der Thematik beschäftigt.
Christen haben schon immer offene Augen für diese Zusage Gottes gehabt: „Ich will euch beschützen.“ Wo ist dir diese Einstellung in der Bibel aufgefallen oder was fällt dir dazu ein? Es gibt unheimlich viele Stellen, an denen immer wieder steht: „Fürchte dich nicht.“ Ich glaube, das ist eines der häufigsten Worte.
Heute möchte ich mich mal auf die Psalmen konzentrieren. Ich nehme einen Psalm, der auf einer Wallfahrt nach Jerusalem von der Reisegruppe gesungen wurde. Die Pilger gingen dahin, ließen den Alltag hinter sich – denn man musste ja ein paar Tage reisen, wenn man etwas weiter weg war – und gingen zum Heiligtum nach Jerusalem. Dort, auf dem Weg, war Psalm 121 einer von den Psalmen, die gesungen wurden.
Was ich ganz früher mal über Urlaub gehört habe, war eine interessante Bemerkung: Wenn du zu den großen Festen hingegangen bist – also Passah, Pfingsten, Laubhüttenfest – hattest du drei Feste im Jahr. Jeweils zwei Wochen Hinweg, Rückweg und Fest. Das heißt, dreimal zwei Wochen Auszeit für Gott, in denen du dich auf Gott ausrichten konntest und nebenbei noch ein bisschen Zeit zum Sehen hattest. Gott hatte das so angeordnet, richtig? Er wollte das. Einmal zur Freude, dass wir uns an ihm freuen und das Evangelium verstehen, aber ich denke auch, um ganz bewusst aus dem Alltag herauszugehen.
Das war etwas, was ich für mich ganz wichtig empfand. Ich habe einen Tipp gehört, gerade wegen dieser tagesaktuellen Fragen – ich glaube, das Thema brauchen wir gar nicht zu erwähnen –, die uns gerade so umtreiben. Da hat jemand gemeint: Wenn du dich fünf Stunden am Tag mit einem bestimmten Thema beschäftigst, dann bist du danach fertig. Egal, welche Anschauung du hast, völlig egal, auf welcher Seite du stehst, du bist danach fertig. Das habe ich bei mir auch selbst festgestellt.
Er hat gesagt, er würde empfehlen, immer mehr Zeit mit Gott zu verbringen als mit der Tagespolitik. Also ich mache es inzwischen so: Wenn ich zum Beispiel zwei Stunden über Tagespolitik lese oder diskutiere, dann nehme ich mir eben drei Stunden Zeit für Gott. Die Zeit für die Tagespolitik reduziert sich übrigens sehr schnell. Aber man kann wirklich in dem ganzen Tag versinken, und das tut einem nicht gut.
Gott hat das so gemacht, dass er immer wieder Auszeiten geschenkt hat. Das finde ich sehr interessant.
Dass du das sagst, finde ich auch sehr hilfreich. Ich habe das bei mir vor kurzem eingeführt, dass ich mich mit der Tagespolitik nur am Montag, Mittwoch und Freitag beschäftige. Und das auch nicht lange. Das hilft mir, mich, wie du sagst, auf wichtige Dinge zu konzentrieren, auch auf Gottes Verheißung, um die es ja in diesem Podcast geht.
Aber du willst sicher jetzt noch intensiver auf Psalm 121 eingehen?
Ja, ja, den lese ich kurz vor. Er ist ja nicht lang.
Wobei das nur so ein Aufwärmen zum nächsten Psalm ist, der dann kommt. Die Wallfahrt ging dahin, alter Tag hinter sich gelassen, und dann kommt dieses Wallfahrtslied:
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird deinen Fuß nicht wanken lassen, und der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht. Der Herr behüte dich, der Herr ist dein Schatten zu deiner Rechten, dass dich am Tag die Sonne nicht steche, noch der Mond bei Nacht. Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.
Der Mensch braucht Hilfe. Ich nenne diesen Psalm für mich den Alpensalm, weil du, wenn du das Bild vor dir hast, in einer Ebene oder im Tal stehst und hoch zu den Bergen schaust. Wenn du in Israel bist, sind es natürlich die Berge um Jerusalem. Aber wenn du in Europa bist, finde ich das Beispiel mit den Alpen schön. Da ich noch nicht das Vorrecht hatte, wie du in Israel gewesen zu sein, stelle ich mir die Alpen vor.
Ich wusste leider nicht, wie ich mich damit begnügen sollte.
Ja, es ist auch sehr eindrucksvoll. Die Alpen sind auf jeden Fall beeindruckender.
Sehr schön, gut hingekriegt, Kober.
Okay, also ich schaue auf diese gewaltigen Alpen. Ich habe Probleme, deswegen schaue ich ja, woher meine Hilfe kommt. Dann schaut der Psalmist auf diese Berge und sieht diese gewaltigen Gebirge. Das ist ja wirklich beeindruckend. Die hat der Schöpfer des Himmels und der Erde gemacht. Und dieser ist jetzt auf meiner Seite. Dem ist es nicht zu viel.
Im Alltag kommt einem alles so überwältigend vor, das vergisst du. Hier hast du die Auszeit, und wenn du das singst, ist das noch mal tiefer.
Stimmt.
Jetzt schaue er auf die Alpen, und dann kam mir so ein Bild: Du bist praktisch auf einer mehrtägigen Bergtour und gehst auf die Gipfel hoch. Was bei so einer Tour sehr gefährlich ist, ist ein falscher Tritt – und das kann tödlich sein. Gott gibt dir Trittsicherheit, was ich als Mensch zum Beispiel nicht habe. Er wird deinen Fuß nicht wanken lassen. Du gehst auf dieser Gebirgstour, und er sorgt dafür, dass du in dieser Situation, in der du auf Hilfe angewiesen bist, keinen Fehltritt machst. Dafür sorgt er.
Was mir sehr gut gefällt: Wenn du dann auf dieser mehrtägigen Tour übernachtest und vielleicht noch wilde Tiere da sind – früher war das so, heute kommen die Wölfe wieder.
Wölfe kommen wieder, ja.
Ja, ich habe dann Probleme beim Schlafen, wenn ich denke: Oh weh, was passiert jetzt? Aber wenn eine Nachtwache da ist, hatte ich auch schon – eine Nachtwache von vier Stunden – dann schläft man einfach beruhigt. Er sagt, der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht. Gott hält die Nachtwache und vergisst nichts.
Egal, welche Sorgen du hast: Er sorgt dafür, dass du richtig laufen kannst, keinen Fehltritt machst, und er schläft nicht. Dir passiert nichts, ohne dass er es wüsste. Fünfmal steht da: „Er behüte dich.“ Das zeigt mir, dass es in seinem Herzen liegt. Er möchte uns beschützen, bewahren, behüten. Ganz tolle Bilder.
Wenn ich das jetzt noch singe, zum Beispiel: Du bist mein Zufluchtsort, ich berge mich in deine Hand – das wäre jetzt ein anderer Abschnitt –, dann dringt das natürlich tief ins Herz ein. Das wird regelmäßig gemacht, und das finde ich schön, dass Gott uns das zuspricht.
Das sind wirklich atemberaubende Verheißungen. Du hast es vorhin ja schon angedeutet: Viele machen sich heute Sorgen im Bereich der Gesundheit. Die einen wegen eines bestimmten Virus, die anderen wegen der Nebenwirkungen gegen diesen Virus, und die dritten wegen politischen Dingen, die mit beidem zu tun haben. Interessant ist, dass alle Ängste haben, obwohl die Ansichten völlig unterschiedlich sind.
Wenn wir in die Psalmen hineinschauen, die ja nicht erst gestern geschrieben wurden – das sind alte, alte Texte –, stellt sich die Frage, wie so ein Psalm heute in diesen aktuellen Fragen Trost und Halt geben kann. Nehmen wir mal Psalm 91, den Gesundheitspsalm, wie ich ihn nenne. Das ist spannend gemacht.
Ich weiß von zwei Gemeinden, die sich unter Psalm 91 gestellt haben zu Beginn der Krise und keinen Todesfall hatten. Sie haben sich ganz bewusst darunter gestellt. Wie macht man das? Schreibt man den Psalm irgendwo hin und stellt sich darunter? Schauen wir mal. Ich lese ihn vielleicht vor, dann wird es deutlicher, wie man sich darunter stellen kann.
Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, der bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen. Ich sage zu dem Herrn: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue!
Was geschieht, wenn du Gott zu deiner Zuflucht machst? Das steht im nächsten Vers:
Er wird dich retten vor der Schlinge des Vogelstellers und vor der verderblichen Pest. Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und unter seinen Flügeln wirst du dich bergen. Seine Treue ist Schirm und Schild.
Du brauchst dich nicht zu fürchten vor den Schrecken der Nacht, vor dem Pfeil, der bei Tag fliegt, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag verderbt. Ob tausend fallen zu deiner Seite und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es dich doch nicht treffen.
Mit eigenen Augen wirst du es sehen und zuschauen, wie den Gottlosen vergolten wird. Denn du sprichst: Der Herr ist meine Zuversicht. Den Höchsten hast du zu deiner Zuflucht gemacht. Kein Unglück wird dir zustoßen, und keine Plage wird sich deinem Zelt nähern.
Denn er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben, dass sie dich behüten und auf allen deinen Wegen bewahren. Auf den Händen werden sie dich tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt. Auf den Löwen und die Otter wirst du treten, den Junglöwen und den Drachen zertreten.
Warum? Diese ganzen Verheißungen gelten, weil er sich an mich klammert. Darum will ich ihn erretten. Ich will ihn beschützen, weil er meinen Namen kennt. Ruft er mich an, so will ich ihn erhören. Ich bin bei ihm in der Not. Ich will ihn befreien und zu Ehren bringen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben und ihn schauen lassen mein Heil!
Das sind wirklich großartige Zusagen Gottes.
Ich kann mich an diesen Psalm erinnern: Da war ich bei der Bundeswehr und sollte eigentlich zu einem Dienst kommen. Das war mir aber gar nicht so klar. Ich saß in so einer alten Kellerabsteige und habe diesen Psalm gelesen. So, wie du ihn jetzt vorgelesen hast, hat er mein Herz einfach berührt. So voll berührt kam ich dann zur Dienstablösung und habe erst kapiert, dass ich schon viel eher dort hätte sein sollen.
Ja, wirklich gute Verheißungen, die Gott gibt, oder?
Was macht es mit dir, wenn du diesen Psalm liest?
Bei mir ist es genauso. Ich stelle mich auf die Verheißung. Wobei mir letztens auffiel, dass dieser Psalm ganz unterschiedlich gelesen wird. Man pickt sich da ganz verschiedene Sachen heraus. Ich erlaube mir mal, das ein bisschen pointiert und etwas karikiert darzustellen, um das herauszuarbeiten.
Wenn ich zum Beispiel ein Charismatiker wäre, würde ich mich auf die Verheißung konzentrieren. So sind unsere Brüder und Schwestern da einfach: Gott ist der Sieger über alle Krankheit. Er hat den Tod und die Krankheit besiegt, er ist unser Arzt, er heilt, preist den Herrn, er will, dass wir gesund sind. Ich bin immer gesund, ich gebiete der Schlange, die ja auch in Vers 13 steht: „Weiche, Krankheit! Ich trete den satanischen Löwen zu Boden. Du bist besiegt, Satan, Halleluja!“ Dann folgt eine halbe Stunde Anbetung. Das können wir jetzt zeitlich nicht machen. Du kannst das ja sehr gut nachmachen.
Ich habe da auch so meine Grenzen, sag ich mal. Aber ich habe mich doch zurückgehalten. Kein guter Charismatiker würde das so lasch wie ich bringen, aber das traue ich mir nicht – ich will in der Gemeinde noch ein bisschen bleiben.
Was macht jetzt ein anderer Christ? Was liest der daraus? Er sieht die Verheißung vielleicht gar nicht so, weil er denkt: „Oh, kann das sein?“ Aber er liest Vers 14: „Weil er sich an mich klammert, darum will ich ihn erretten.“ Das ist ja eine Bedingung. Und der hört heraus: Ich muss mich an Gott klammern, ich muss mich mehr an Gott klammern. Das wäre so eine christliche Heiligungsbewegung, so etwas zum Beispiel. Meine Finger sind schon ganz weiß vom Klammern, aber ich weiß nicht, ob das reicht. Wird der Herr mich retten? Reicht das aus, was ich mache? So kannst du auch reagieren.
Oder das wäre vielleicht ein konservativer Christ. Er würde sagen: Die Rabbiner sagen, dass ein Psalm ohne Namensangabe, wie hier, vom Autor des Vorgehenspsalms ist. Das wäre Mose. Aber es sprechen auch Gründe dafür, dass es David sein könnte, mit seinen ganzen Erfahrungen, mit den Zehntausenden, die fallen, und so weiter. Gott sagt ihm da seinen Schutz zu. Wir können allerdings nicht sicher sein, ob er uns auch immer Gesundheit gibt. Wir sollten dann überlegen, es gibt natürlich auch Ausnahmen, und beten, dass Gottes Wille geschieht, ob in Gesundheit oder Krankheit.
Da wird so lange geredet, bis man am Ende gar nicht mehr weiß, was eigentlich die Verheißung war. Das ist so ein bisschen die Kritik, die ich an uns selber habe.
Man kann natürlich sagen, der und der und der würde das so lesen. Wie würdest du das denn lesen?
Natürlich auf die richtige Weise, wie ich in meinem Hochmut sage. Nein, also was ich auf jeden Fall machen möchte: Es gibt ein paar Knackpunkte, problematische Stellen, über die man diskutieren muss. Gilt das überall? Machen wir vielleicht später. Aber ich möchte erst mal die Verheißung ernst nehmen.
Das fand ich interessant: Luther hatte 1525 die Pest erlebt, nicht zum ersten Mal. Er war ja Reformator – 1517 war der Thesenanschlag, also das war Hochzeit. Trotzdem hat er mit seiner Frau ein Krankenhaus bei sich zu Hause eröffnet und die Kranken gepflegt, obwohl er unglaublich wichtig war. Wenn er gestorben wäre, wäre das ein enormer Verlust gewesen.
Er hat Psalm 41 und Psalm 91 als Grundlage genommen. Psalm 91 haben wir gelesen. Denn was ist, wenn du als Reformator ausfällst? Das haben ihm Leute auch gesagt: „Geh aus der Stadt, wir machen die Arbeit hier weiter.“ Er hat gesagt: „Nein, ich bin Seelsorger, ich muss bei der Herde bleiben.“
Er hat Psalm 41 zitiert, da steht: „Dem Vorsänger, ein Psalm Davids.“ Da ist klar, von wem. Wohl dem, der sich des Armen annimmt; der Herr wird ihn erretten zur bösen Zeit. Der Herr wird ihn bewahren und am Leben erhalten. Er wird glücklich gepriesen im Land. Du wirst ihn nicht der Gier seiner Feinde ausliefern. Der Herr wird ihn erquicken auf seinem Krankenlager. Du machst, dass es ihm besser geht, wenn er krank ist.
Er hat gesagt: „Ich erbarme mich der Armen, Gott wird dann verhüten, dass ich krank werde.“ Seine Auslegung: Er hat eine Schrift geschrieben, ob man vor dem Sterben fliehen möge – eine sehr bekannte Schrift. Ob man in der Pest bleibt oder nicht. Wer es nachlesen will, findet auf YouTube „Evangelisation, Spannung in der Pandemie“ – es gibt eine Viertelstunde darüber.
Er hat gesagt: Im Allgemeinen gilt das auch so. Er hat es gemacht und hat ohne Furcht den Leuten gedient, wie es ja auch in dem Psalm steht. Da steht wirklich: Kein Unglück wird sich deinem Zelt nähern, Tausende fallen um dich, du nicht. Du musst nicht mal Furcht haben, steht da drin. Weder vor der Pest noch vor Pfeilen.
Pfeile können militärisch gemeint sein oder Bilder für medizinische Seuchen. Ich tendiere zu beidem. Psalmen sind Poesie, das ist der Vorteil: Man kann das so ausdrücken.
Ganz klare Verheißung. Luther hat sich wirklich darauf gestützt und gesagt: Das ist so. Wenn man das natürlich nur macht, um Geld von denen zu bekommen, die dann sterben werden, dann beschützt Gott dich nicht. Das hat er ganz klar gesagt.
Und umgekehrt: Wenn du dich nicht auf Gott verlässt, dann kommt das Gegenteil auf dich, dass du krank wirst. Das war seine Erfahrung. Das möchte ich auch ernst nehmen, weil er in einer Situation war, in der viele gestorben sind. Er hat diese Verheißung so genommen, und nach seiner Erfahrung ist sie eingetroffen.
Also war es für ihn nicht nur Poesie. Er hat sie nicht theologisch weggeredet, sondern wirklich gesagt: Das kann Gott tun. Wenn ich in seinem Auftrag unterwegs bin, will ich ihm glauben, dass er es auch in meiner Situation macht.
Was hier wichtig ist: Du hast gesagt, er hat sie sich genommen, und das stimmt. Es ist kein Automatismus, dass jeder diesen Schutz bekommt. Im Psalm 41 steht: Wer sich des Armen annimmt, wird bewahrt. Und hier steht: Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und wer zum Herrn sagt: Meine Zuflucht, meine Burg – das ist aktiv. Das kriegt nicht jeder so, diesen besonderen Schutz. Man muss bewusst hingehen zu diesem Schutz.
Ich fand das Bild toll: Wenn ich den Alpenpsalm von eben nehme, bin ich aus der Entfernung und schaue auf den Berg. Da ist Gefahr, Nebel dazwischen und was weiß ich. Du hattest letztens in der Predigt das Beispiel über Anfeindungen. Hier ist das Bild noch viel toller: Du bist in einem Dorf. Was ist, wenn ein Kriegerheer ankommt? Dann geht man hoch auf den Hügel, auf den Berg, wo die Burg ist, und schließt sich in der Burg ein.
Das ist das Bild hier. Er sagt: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue. Das heißt, meine Aufgabe ist, ich gehe hoch in die Burg – im Bild gesprochen –, wenn Seuchen da sind. In der Burg steht Gott neben mir, Jesus. Da bin ich sicher. Da ist nichts mehr, ich und Jesus sind weit weg, und es könnte nichts dazwischenkommen.
Es ist egal, ob du ängstlich bist oder nicht. Wichtig ist, dass du in die Burg gehst. Da kannst du auch Angst haben. Der eine steht in der Burg und sagt: „Haha, guckt euch diese Heere an, die können gegen uns gar nichts.“ Der andere zittert und muss sich vielleicht ein bisschen mehr an Gott klammern. Aber es ist egal. Der Schutz kommt nämlich von der Burg und nicht von einem selbst.
Ganz ein wesentlicher Punkt.
Das finde ich toll an diesem Bild. Dann sitzt du wirklich unter dem Schirm des Höchsten oder im Schatten des Allmächtigen. Im Vers 9 steht es noch mal. Burg ist ja nur ein Bild.
Du sprichst: Der Herr ist meine Zuversicht, den Höchsten hast du zu deiner Zuflucht gemacht.
Wie steht es ab Vers 14?
Weil er sich an mich klammert, darum will ich ihn erretten. Ich will ihn beschützen, weil er meinen Namen kennt. Ruft er mich an, so will ich ihn erhören.
Also ich komme zu Gott, bete zu ihm, kenne ihn. Deswegen komme ich ja zu ihm. Das ist Glauben, ein Bild für Glauben.
Ich sage: Ich bin in einer schwierigen Situation, habe Angst vor Krankheit, Angst vor der Spritze, Angst vor der politischen Situation – je nachdem, wie du gerade gestrickt bist. Ich habe Angst, was mache ich? Ich gehe in diese Burg. In dieser Burg setze ich mich hin. Da ist der Allmächtige, der seinen Schatten über mir hat. Dann lasse ich den Allmächtigen machen. Ich muss nicht unbedingt aktiv werden. Er kämpft, er verteidigt die Burg, nicht ich.
Es ist egal, wie die Gefühle sind, was alles so ist. Das ist das Entscheidende.
Ich möchte etwas aus der Cholera-Zeit vorlesen, und zwar aus dem Kommentar von Charles Haddon Spurgeon, „Die Schatzkammer Davids“ zu Psalm 91. Übrigens ein wunderbarer Kommentar, gerade von 179 auf 129 Euro reduziert, alle Psalmen inzwischen. Ich habe gestern geguckt. Zwanzig Jahre hat er mit seinen Bibelschülern an diesem Psalmenkommentar gearbeitet.
Er berichtet über Vers 9 und 10, also diese Verse:
„Ich mache Gott zu meiner Zuflucht.“ Wie machst du das praktisch? Das war die Frage, wie die Leute das gemacht haben, dass sie sich darunter gestellt haben.
Gesagt ist es leicht. Ich lese mal vor. Ich fand die Geschichte einfach schön. Ich kann es nicht unterlassen, ehe wir den einzelnen Worten dieser Verse nachgehen, ein persönliches Erlebnis zu erzählen, das die herzstillende Kraft beleuchtet, die von diesen Worten ausgeht, wenn der Heilige Geist sie uns zueignet.
Im Jahr 1848 war er zwanzig Jahre alt, schon zwei Jahre Pastor, wenn ich mich recht entsinne. Als ich noch kaum ein Jahr in London war, wurde die Gegend, in der ich wirkte, von der asiatischen Cholera heimgesucht, und meine Gemeinde litt schwer unter der verheerenden Seuche.
Eine Familie nach der anderen rief mich an das Lager der von der schrecklichen Krankheit Ergriffenen, und beinahe jeden Tag hatte ich an einem Grab zu stehen. Mit jugendlichem Eifer gab ich mich dem Besuchen der Kranken hin, und aus allen Teilen des Stadtbezirks London mussten da eine halbe Million oder mehr schon damals gehabt haben, oder achttausend, keine Ahnung, so um den Dreh. Aus allen Teilen des Stadtbezirks sandten Leute jeden Standes und Religionsbekenntnisses nach mir.
Nach und nach wurde ich müde und matt an Leib und Seele. Das ist klar, wenn du fast jeden Tag am Grab stehst. Meine Freunde schienen einer nach dem anderen dahin zu sinken, und ich fühlte oder bildete mir ein, dass auch ich im Begriff war zu erkranken, wie so viele um mich herum.
Noch ein wenig mehr Anarbeit und Leiden hätte mich dahingestreckt wie die übrigen. Meine Last wurde mir zu schwer, als dass ich sie noch länger hätte tragen können. Ich war ganz nah daran, ihr zu erliegen.
Das kann man nachvollziehen.
Das ist die Situation von einem, der sagt: Hilfe! Und der in diese Burg fliehen muss, der sagt: Jetzt ist die Zeit, ich muss von meinem Dorf in die Burg fliehen.
Wie ist es bei ihm passiert?
Da fügte es Gott eines Tages, als ich traurigen Herzens von einer Beerdigung heimkehrte, dass mein Blick auf ein Blatt Papier fiel, das am Fenster eines Schuhmacherladens in der Doverstraße befestigt war.
Die Neugierde trieb mich, zu sehen, was darauf geschrieben stand, denn es sah nicht aus wie eine Geschäftsanzeige. Es war auch keine.
Vielmehr stand in fester, deutlicher Handschrift zu lesen:
„Der Herr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen.“
Diese Worte schlugen bei mir ein. Ich konnte sie mir sogleich im Glauben aneignen und fühlte mich reich erquicket und völlig sicher, ja, mit Unsterblichkeit gegürtet. Ich konnte mit ruhigem Gemüt fortfahren, die Sterbenden zu besuchen. Ich fühlte keine Furcht mehr und erlitt auch keinen gesundheitlichen Schaden.
Dank erfüllten Herzens preise ich das Walten der göttlichen Vorsehung, durch welche jener Geschäftsmann veranlasst wurde, die Bibelworte an sein Fenster anzubringen. Bei der Erinnerung an die wunderbare Wirkung, die sie auf mein Gemüt hatte, bete ich den Herrn, meinen Gott, an.
Da war es gerade Psalm 91 ganz praktisch im Alltag in einer schwierigen Situation. Hätte ich nie gedacht, warum? Und Gott hat so zu ihm gesprochen, dass es sofort in sein Herz ging und er es glauben konnte. Das ist entscheidend.
Spurgeon hat auch berichtet, dass in Vers 12 steht, du wirst sehen, wie die Gottlosen fallen. Das ist ein schwieriger Vers. Er berichtete von der Pest in London. Ich denke, er meint die Pest von 1664 bis 1666, die große Pest. Es war eine der letzten großen Pestepidemien. London hatte damals eine halbe Million Einwohner, und jeder Fünfte starb, fast hunderttausend. Das ist viel.
Es gibt einen tollen Roman darüber von Daniel Defoe, der auch Robinson Crusoe geschrieben hat. Er war damals fünf Jahre alt. Sehr interessant auch die Parallelen zu heute.
Spurgeon schrieb, die Puritaner, die damals verfolgt wurden, wurden so ergriffen von diesem Psalm, dass sie zu den Menschen aus ihren Verstecken gingen, Festnahmen riskierten, um ihnen das Evangelium zu sagen. Sie wussten, wenn die Menschen an dieser Seuche sterben, sind sie verloren.
Diese Verheißung hatten sie wirklich. Wir haben es jetzt im 16. oder 17. Jahrhundert, und Spurgeon im 19. Jahrhundert. Zu verschiedenen Zeiten hat Gott die Menschen wirklich ergriffen, und sie haben sich diesen Psalm zu eigen gemacht.
Ich finde es immer wieder spannend zu sehen, wie die Worte, die wir in der Bibel lesen, in der Geschichte genau die gleichen Worte sind, die im Leben von Menschen Wirkung gezeigt haben.
Ich meine, dieser Psalm wird ja schon eher zitiert, also nicht erst bei Spurgeon, sondern in Lukas 4 wird er ja auch zitiert, oder?
Ja, das ist natürlich kritisch zu sehen, weil das ja die Versuchungsgeschichte ist, wo der Teufel zitiert.
Genau, der Teufel zitiert diesen Psalm. Das zeigt natürlich auch, dass man über das Ziel hinausschießen kann. Er benutzt diesen Psalm, um den Herrn Jesus zu versuchen.
Das ist dir bestimmt auch klar, dass dieser Psalm da zitiert wird. Was würdest du dazu sagen?
Da habe ich keinerlei Bedenken. Er spielt auf die Stelle an, dass Engel uns behüten, bewahren, tragen, damit wir uns nicht mal den Fuß anstoßen. Dann sagt er: Spring herunter vom Tempel, von der Zinne des Tempels, der sogenannten Euchermauer.
Das sind ziemlich viele Meter. Man ist tot danach.
Der Teufel hat aber eine Kleinigkeit nicht zitiert bei diesen Versen: Da steht nämlich, die Engel werden dich bewahren auf allen deinen Wegen. Das hat er weggelassen.
Es geht nicht darum, dass du irgendeinen Blödsinn machst und sagst: Gott wird mich ja bewahren, seine Engel. Sondern wenn du auf deinen Wegen unterwegs bist, dann bewahrt Gott dich. Dann gilt die Verheißung.
Das andere ist eine Verdrehung, da muss man aufpassen. Du kannst nicht jeden Blödsinn machen, zum Beispiel dir eine Überdosis Drogen geben und sagen, der Herr mit seinen Engeln wird mich bewahren. Das ist Versuchung.
Wenn du aber auf deinem Weg bist, kann er dich vor vielem bewahren, auch vor mancher Spritze.
Wenn ich darauf noch mal zurückkomme auf Lukas 4: Es ist ja so, dass Menschen manchmal in ganz schwierigen Situationen sind. Sie lesen diesen Psalm, erleben aber keine Heilung oder nicht wirklich diese Sicherheit, wie du sie berichtet hast. Wie gehe ich damit um?
Der Psalm ist da, ich schaue hinein und denke manchmal: Na ja, ich höre zwar diese Botschaft, aber irgendwie wird das nicht meins.
Dass Gott es kann, würde ich mir nie rauben lassen, egal in welcher Situation.
Ich denke, Luther hat das ganz gut gesagt. Er sagt, im Allgemeinen gilt das. Spurgeon hat auch etwas darüber geschrieben. Das habe ich jetzt nicht zitiert, aber er sagt meistens. Beide diskutieren nicht darüber, sie nehmen die Verheißung in Anspruch, Punkt. Es gilt normalerweise.
Was auch heißt, es gibt Ausnahmen, auch bei gerechten Christen. Das haben sie stehen gelassen.
Und die Ausnahmen gibt es natürlich. Hiob zum Beispiel wurde nicht versucht trotz seines Glaubens, sondern wegen seines Glaubens. Er hatte gesundheitliche Probleme oder andere Dinge, weil Gott ihm das zutraute.
Es gibt Ausnahmen. Johannes der Täufer und Jakobus wurden beide hingerichtet. Die hätten sich bedankt, wenn man gesagt hätte: Ihr vertraut dem Herrn nicht. Haben sie natürlich nicht. Im Gegenteil, sie haben vertraut. Aber Johannes wurde verkauft, kam in Gefangenschaft und so weiter.
Am Ende merkt man, dass Gott das alles benutzt hat. Leid oder der Blindgeborene, bei dem gefragt wird, warum er blind geboren wurde – damit Gott verherrlicht wird.
Also gilt es normalerweise, aber Gott führt auch andere Wege. Er führt auch in Krankheit. Gesundheit ist nicht das Höchste.
Das ist wichtig, auch bei solchem Psalm, auch wenn du ihn Gesundheitspsalm nennst. Ja, ich würde ihn auch so sehen: ein gesunder Psalm. Aber das größere Ziel liegt im Blick: zu Gottes Ehre zu leben, an ihm zu bleiben.
Jetzt kommt die Spurgeon-Stelle, die ich mir aufgeschrieben habe. Ich lese mal kurz vor:
Es steht: Kein Übel wird dich treffen. Das diskutiert er auch in seinem Kommentar. Es ist schlechterdings unmöglich, dass ein Übel den Mann trifft, der vom Herrn geliebt ist. Auch der schwerste Schlag kann nur seine Heimfahrt abkürzen und seine Belohnung beschleunigen.
Da sieht man das Übel genau. Er sagt selbst, das Übel ist für ihn kein Übel, sondern Gutes in verschleierter Gestalt. Verluste bereichern ihn, Krankheit ist ihm Arznei, Schmach eine Ehre, das Sterben Gewinn.
Kein Übel im eigentlichen Sinn des Wortes kann ihm begegnen, denn alles wird ihm zum Besten gewendet.
Wohl dem, der in solcher Lage ist. Er ist geborgen, wo andere in Gefahren stehen. Er lebt, wo andere sterben.
Da gibt es eine höhere Wahrheit. Gott führt einen Jakobus, hat ihn hinrichten lassen, während ein Petrus aus dem Gefängnis freikam. Die waren beide im Gefängnis. Jakobus wurde vorher hingerichtet.
Dem einen fallen zehntausend Nehmdien, den anderen will Gott schneller bei sich haben und belohnen, wie Spurgeon sagt.
Ich glaube, das ist die höhere Wahrheit.
Es gibt beides. Ich glaube, das ist wichtig. Als du das jetzt von Spurgeon zitiert hast, fiel mir auch noch mal Timothy Keller ein. Er sagt: Alles, was der Tod kann, ist, unser Leben unendlich besser zu machen, wenn wir bei Jesus sind.
Deswegen haben Christen keine Todessehnsucht. Aber sie sind einfach geborgen in dieser Burg, von der du geredet hast: Ich bin bei Gott geborgen.
Das ist das Entscheidende: bei Gott geborgen zu sein und zu ihm zu gehen und nicht letztendlich nur mein Leben zu retten – auch wenn das die natürliche Reaktion ist. Logisch, dass das mir näher liegt als der Tod.
Aber ich habe eine Hoffnung, die über das Leben hinausgeht.
Um das vielleicht noch mal abzuschließen: Diese Spannung zwischen „Wirkt der Psalm immer?“ oder „Soll ich mich darauf berufen?“
Ich denke, der Psalm ist wirklich eine große Ermutigung, die Verheißungen ernst zu nehmen.
Wenn man sagt: Das kann ich nicht glauben, es kommt nicht darauf an, wie groß dein Glaube ist. Es kommt darauf an, dass du in die Burg gehst.
Du brauchst dabei nicht anderen erzählen, dass du total gewiss bist. Es ist nur entscheidend, Zuflucht bei Gott zu suchen.
Wie mache ich das? Indem ich zu ihm bete: Herr, beschütze mich. Herr, beschütze mich vor der Krankheit. Herr, beschütze mich vor der Spritze. Herr, beschütze mich vor der politischen Situation.
Das reicht.
Du musst da nicht Bäume ausreißen. Du musst nur beten.
Jesus festzuhalten, heißt klammern.
Und wenn du nicht klammern kannst, wird er schon deine Hand halten, steht ja auch im Johannesbrief.
Wir hatten im Vorspann gesagt, wir erzählen Beispiele aus vier Jahrhunderten. Jetzt fehlt das 20. Jahrhundert. Als Beispiel Hunger.
Da wird am Ende aus „Der Herr ist nah“, 18. Januar 2022, ein kleines Kalenderblatt von Johannes Busch erzählt. Er war der jüngere Bruder von Pastor Wilhelm Busch.
Es handelt kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Es war nach dem Tod ihres Vaters. Sie gingen damals durch große Armut. Es war Inflationszeit. Sie konnten fast nichts kaufen, und das Geld wurde von einem Tag zum anderen entwertet.
Sie hatten einmal keine Kohlen mehr und keine Aussicht, wieder welche zu bekommen.
Da kam die Mutter mit dem letzten Eimer die Treppe herauf. Sie wollte ihn zu der Tante bringen, die damals bei ihnen wohnte.
Der Erzähler erhob mächtigen Protest. „Lass nur“, sagte die Mutter. „Ich habe heute Morgen über alles gebetet, es wird schon recht werden.“
Er weiß nicht, was ihn ritt, als er sagte: „Das ist doch Unsinn. Es regt doch keine Kohlen vom Himmel.“
Aber je mehr und je überzeugter er sprach, desto ruhiger blieb die Mutter dabei. „Ich habe darüber gebetet, ich mache mir keine Sorgen.“
Während er noch ebenso vernünftig wie heftig antwortete und mit dem Fuß aufstampfte, klingelte es, und vor der Tür stand ein Bollerwagen mit Kohlen.
Sie haben nie erfahren, wer der heimliche Spender war.
Jetzt kommt die Einschränkung, und das ist das Schöne Realistische: Sicher haben sie später auch manches Mal gefroren, und es standen keine Kohlen vor der Tür.
Aber er vergisst nicht das strahlende, glückliche Gesicht seiner Mutter.
Glaubst du es jetzt, dass man beten kann?
Das kann man heute ebenfalls erleben. Man kann beten, wenn man Gottes Wege nicht versteht, wenn Krankheit oder Alter, Sorgen oder finanzielle Schwierigkeiten erdrücken, wenn Nöte in der Familie oder Gemeinde das Leben hilflos machen.
Dann kann man die Erfahrung machen: Er wird mich anrufen, und ich werde ihm antworten. Ich werde bei ihm sein in der Bedrängnis, ich werde ihn befreien.
Vers 15 aus Psalm 91.
Nehmen wir doch wie die Mutter Busch die Verheißung in Anspruch, vertrauen auf den Herrn, wie er uns herausführen wird, und gehen in diese Burg zu unserem Jesus und schauen, was er machen wird.
Das ist ein gutes Schlusswort.
Und das war schon wieder der Podcast der evangelischen Freikirche „Evangelium für alle“ in Stuttgart.
Wir hoffen sehr, ihr wurdet ermutigt, auch wenn ihr gerade in schwierigen Situationen steht, in diese Burg zu gehen und Gott zu eurer Zuflucht zu machen, gemäß diesem Psalm:
„Ich sage zu dem Herrn: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue.“
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und vor allen Dingen Gottes Schutz für euer Leben.
Das sind wirklich atemberaubende Verheißungen, und du hast es vorhin ja schon angedeutet. So ist es auch, dass sich heute viele Sorgen im Bereich der Gesundheit machen. Die einen wegen eines bestimmten Virus, die anderen wegen der Nebenwirkungen gegen diesen Virus und wieder andere wegen politischen Dingen, die mit beiden Themen zu tun haben.
Interessant ist, dass alle Ängste haben, obwohl die Ansichten völlig unterschiedlich sind. Viele fürchten sich in dieser Situation.
Wenn wir in die Psalmen hineinschauen, merken wir, dass sie nicht erst gestern geschrieben wurden. Es sind alte, sehr alte Texte. Da stellt sich natürlich die Frage, wie so ein Psalm heute in aktuellen Fragen Trost und Halt geben kann.
Nehmen wir zum Beispiel Psalm 91, den ich den Gesundheitspsalm nennen würde. Das ist ja spannend gemacht. Ich weiß von zwei Gemeinden, die sich zu Beginn der Krise unter Psalm 91 gestellt haben. Sie hatten in dieser Zeit keinen Todesfall. Sie haben sich ganz bewusst darunter gestellt.
Wie macht man das? Schreibe ich den Psalm einfach irgendwo auf und stelle mich symbolisch darunter? Schauen wir mal. Vielleicht wird es deutlicher, wenn ich einige Verse vorlese.
Die Frage ist: Wie bekommst du Schutz? Wir lesen einmal durch:
„Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen. Ich sage zu dem Herrn: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue!“
Was geschieht, wenn du Gott zu deiner Zuflucht machst? Das steht im nächsten Vers:
„Er wird dich retten vor der Schlinge des Vogelstellers und vor der verderblichen Pest. Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und unter seinen Flügeln wirst du dich bergen. Seine Treue ist Schirm und Schild.“
Du brauchst dich nicht zu fürchten vor den Schrecken der Nacht, vor dem Pfeil, der bei Tag fliegt, vor der Pest, die im Finstern schleicht, oder vor der Seuche, die am Mittag verderbt.
„Ob tausend fallen zu deiner Seite und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es dich doch nicht treffen. Ja, mit eigenen Augen wirst du es sehen und zuschauen, wie den Gottlosen vergolten wird.“
Denn du sprichst: „Der Herr ist meine Zuversicht.“ Den Höchsten hast du zu deiner Zuflucht gemacht. Kein Unglück wird dir zustoßen, und keine Plage wird sich deinem Zelt nähern.
„Denn er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben, dass sie dich behüten und auf allen deinen Wegen bewahren. Auf den Händen werden sie dich tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt. Auf den Löwen und die Otter wirst du treten, den Junglöwen und den Drachen zertreten.“
Warum all diese Verheißungen? Weil er sich an mich klammert, will ich ihn erretten. Ich will ihn beschützen, weil er meinen Namen kennt. Ruft er mich an, will ich ihn erhören. Ich bin bei ihm in der Not.
„Ich will ihn befreien und zu Ehren bringen, ich will ihn sättigen mit langem Leben und ihn schauen lassen mein Heil!“
Das sind wirklich großartige Zusagen Gottes.
Ich kann mich an diesen Psalm erinnern: Damals war ich bei der Bundeswehr und sollte eigentlich zu einem Dienst kommen, was mir aber gar nicht so klar war. Ich saß in einem alten Kellerabteil und habe diesen Psalm gelesen. So, wie ich ihn jetzt vorgelesen habe, hat er mein Herz einfach berührt.
So voll berührt kam ich dann zur Dienstablösung und habe erst verstanden, dass ich eigentlich schon viel früher dort sein hätte sollen.
Ja, wirklich gute, gute Verheißungen, die Gott gibt, oder?
Also, was macht es mit dir, wenn du diesen Psalm liest? Ja, bei mir ist es genauso. Ich stelle mich auf die Verheißung ein. Wobei mir letztens aufgefallen ist, dass dieser Psalm ganz unterschiedlich gelesen wird. Man pickt sich da ganz verschiedene Dinge heraus.
Ich erlaube mir mal, das ein bisschen pointiert und etwas karikiert darzustellen, um das besser herauszuarbeiten. Wenn ich zum Beispiel ein Charismatiker wäre, würde ich mich auf jeden Fall auf die Verheißung konzentrieren. So sind unsere Brüder und Schwestern einfach. Gott ist der Sieger über alle Krankheit. Er hat den Tod und die Krankheit besiegt, er ist unser Arzt, er heilt. Preist den Herrn! Er will, dass wir gesund sind. Ich bin immer gesund. Ich gebiete der Schlange, wie es auch im Vers 13 steht: „Weiche, Krankheit!“ Ich trete den satanischen Löwen zu Boden. Du bist besiegt, Satan, Halleluja! Und dann folgt eine halbe Stunde Anbetung. Das können wir jetzt von der Zeit her nicht machen, aber du kannst das sehr gut nachmachen.
Ich habe da auch so meine Erfahrungen. Naja, sagen wir mal X. Aber ich habe mich doch zurückgehalten. Kein guter Charismatiker würde das so lasch bringen wie ich. Aber das traue ich mir nicht, ich will in der Gemeinde noch ein bisschen bleiben.
Okay, was macht jetzt ein anderer Christ? Was liest er da heraus? Vielleicht sieht er die Verheißung gar nicht so, weil er denkt: „Oh, kann das wirklich sein?“ Aber er liest den Vers 14: „Weil er sich an mich klammert, darum will ich ihn erretten.“ Das ist ja eine Bedingung. Und der hört jetzt heraus, dass er sich an Gott klammern muss, sich mehr an Gott klammern muss. Das wäre so eine christliche Heiligungsbewegung. So etwas zum Beispiel. Meine Finger sind schon ganz weiß vom Klammern, aber ich weiß nicht, ob es reicht. Wird der Herr mich retten? Reicht das aus, was ich mache? So kannst du auch reagieren.
Oder das wäre vielleicht so ein kontrabaptistischer Christ. Er würde sagen: „Ja, die Rabbinen sagen, dass ein Psalm ohne Namensangabe, wie hier, vom Autor des Vorgehenspsalms ist.“ Das wäre dann Mose. Aber es sprechen natürlich auch Gründe dafür, dass es David sein könnte, mit seinen ganzen Erfahrungen, mit den Zehntausenden, die fallen, und so weiter. Gott sagt ihm seinen Schutz zu. Wir können allerdings nicht sicher sein, ob er uns auch immer Gesundheit gibt. Wir sollten dann überlegen: Es gibt natürlich auch Ausnahmen und wir beten, dass Gottes Wille geschieht – ob in Gesundheit oder Krankheit.
Da wird so lange geredet, bis man am Ende gar nicht mehr weiß, was eigentlich die Verheißung war. Und das ist so ein bisschen die Kritik, die ich an uns selber habe. Aber man kann natürlich sagen: Der und der würde das so lesen. Wie würdest du das denn lesen? Natürlich auf die richtige Weise, wie ich in meinem Hochmut sage.
Also, was ich auf jeden Fall mal machen möchte: Es gibt da natürlich ein paar Knackpunkte, problematische Stellen, über die man diskutieren muss. Gilt das überall und so weiter? Das machen wir vielleicht nachher. Aber ich möchte erst mal die Verheißung ernst nehmen.
Das fand ich interessant: Luther hatte 1525 die Pest erlebt, nicht zum ersten Mal. Er war ja Reformator, 1517 war der Thesenanschlag – das war seine Hochzeit. Trotzdem hat er mit seiner Frau ein Krankenhaus bei sich zu Hause aufgemacht und die Kranken gepflegt. Obwohl er unglaublich wichtig war. Wenn er gestorben wäre, wäre das ein enormer Verlust gewesen.
Er hat Psalm 41 und Psalm 91 als Grundlage genommen. Psalm 91 haben wir gelesen. Denn was ist, wenn du als Reformator ausfällst? Das haben ihm Leute auch gesagt: „Geh aus der Stadt, wir machen die Arbeit hier weiter.“ Er hat gesagt: „Nein, ich bin Seelsorger, ich muss bei der Herde bleiben.“
Er hat dann auch Psalm 41 zitiert. Da steht: „Dem Vorsänger ein Psalm Davids.“ Da ist dann klar, von wem die Rede ist. „Wohl dem, der sich des Armen annimmt, der Herr wird ihn erretten zur bösen Zeit. Der Herr wird ihn bewahren und am Leben erhalten, er wird glücklich gepriesen im Land. Du wirst ihn nicht der Gier seiner Feinde ausliefern. Der Herr wird ihn erquicken auf seinem Krankenlager, du machst, dass es ihm besser geht, wenn er krank ist.“
Also hat er gesagt: „Ich erbarme mich der Armen, Gott wird dann verhüten, dass ich krank sein werde.“ Und seine Auslegung – er hat eine Schrift geschrieben, ob man vor dem Sterben fliehen möge. Eine sehr bekannte Schrift. Ob man bei der Pest bleibt oder nicht. Wer es sucht, findet auf YouTube eine Viertelstunde darüber – Evangelisation, Spannung in der Pandemie.
Er hat gesagt: Im Allgemeinen ist das so. Er hat das gemacht und ohne Furcht den Leuten gedient, wie es auch in dem Psalm steht. Da steht wirklich: „Kein Unglück wird sich deinem Zelt nahen, Tausende werden um dich fallen, du nicht. Du musst nicht mal Furcht haben.“ Weder vor der Pest noch vor Pfeilen.
Pfeile können einmal militärisch gemeint sein oder Bilder für eine medizinische Seuche. Ich tendiere dazu, dass beides möglich ist. Psalmen sind ja Poesie, das ist der Vorteil des Psalms, dass man das so ausdrücken kann.
Also eine ganz klare Verheißung. Luther hat sich wirklich darauf gestützt und gesagt: Das ist so. Wenn man das natürlich nur macht, um Geld zu bekommen von denen, die dann sterben werden, dann beschützt Gott einen nicht. Das hat er ganz klar gesagt.
Und umgekehrt: Wenn du dich nicht auf Gott verlässt, dann kommt das Gegenteil auf dich – nämlich, dass du krank wirst. Das war das, was er erfahren hat. Und das möchte ich auch erst mal ernst nehmen.
Er war halt in einer Situation, in der wirklich viele gestorben sind. Er hat diese Verheißung so genommen und sie nach seiner Erfahrung in allem, was er erlebt hat, ist es auch wirklich so eingetroffen. Für ihn war es nicht nur Poesie. Er hat sie nicht irgendwie theologisch weggeredet, sondern wirklich gesagt: Das kann Gott tun. Und wenn ich in seinem Auftrag unterwegs bin, dann will ich ihm glauben, dass er es auch in meiner Situation macht.
Was hier jetzt wichtig ist: Du hast gesagt, er hat es sich genommen, und das stimmt. Das ist nämlich kein Automatismus, den jeder bekommt. Im Psalm 41 steht: Wer sich den Armen annimmt, der wird bewahrt. Und hier steht: Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und wer zum Herrn sagt: „Meine Zuflucht, meine Burg“ – das ist aktiv. Das bekommt nicht jeder so, diesen ganz besonderen Schutz. Man muss bewusst zu diesem Schutz hingehen.
Ich fand das Bild so toll. Wenn ich den Alpenpsalm von eben nehme, bin ich ja aus der Entfernung und schaue auf den Berg. Da ist die Gefahr, es kommt Nebel dazwischen, oder was weiß ich. Du hattest letztens in der Predigt das Beispiel über Anfeindungen. Hier ist das Bild noch viel toller, finde ich.
Das Bild ist: Du bist in einem Dorf. Was passiert, wenn zum Beispiel ein Kriegerheer ankommt? Dann geht man hoch auf den Hügel, auf den Berg, wo die Burg ist, und schließt sich in der Burg ein. Das ist das Bild hier. Er sagt: „Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue.“ Das heißt, meine Aufgabe ist, ich gehe hoch in die Burg – im Bild gesprochen – wenn Seuchen da sind.
In der Burg steht Gott neben mir, Jesus. Da bin ich sicher. Da ist nichts mehr, ich und Jesus sind weit weg, und es könnte etwas dazwischenkommen. Es ist auch egal, ob du ängstlich bist oder nicht. Wichtig ist, dass du in die Burg gehst. Und da kannst du auch Angst haben.
Der eine steht in der Burg und sagt: „Haha, guckt euch diese Heere an, die können gegen gar nichts gegen uns.“ Der andere zittert und denkt: „Oh weia“, und der muss sich vielleicht ein bisschen mehr an Gott klammern. Der zittert, aber es ist egal. Der Schutz kommt nämlich von der Burg und nicht von einem selber. Ganz ein wesentlicher Punkt, ja. Das finde ich toll an diesem Bild.
Dann sitzt du wirklich unter dem Schirm des Höchsten oder im Schatten des Allmächtigen. Im Vers 9 steht es noch einmal, denn Burg ist ja nur ein Bild: „Du sprichst, der Herr ist meine Zuversicht, den Höchsten hast du zu deiner Zuflucht gemacht.“
Wie steht es ab Vers 14? „Weil er sich an mich klammert, darum will ich ihn erretten, ich will ihn beschützen, weil er meinen Namen kennt, ruft er mich an, so will ich ihn erhören.“
Also, ich komme zu Gott, ich bete zu ihm, ich kenne ihn. Deswegen komme ich ja zu ihm. Das ist Glauben, das ist ein Bild für Glauben.
Ich sage jetzt: Ich bin in einer schwierigen Situation, ich habe Angst. Ich habe Angst vor der Krankheit, ich habe Angst vor dem, was gegen die Krankheit übernommen wird – je nachdem, wie du gerade gestrickt bist. Ja, ich habe Angst, was mache ich? Ich gehe in diese Burg.
In dieser Burg setze ich mich hin. Da ist der Allmächtige, der seinen Schatten über mir hat. Und dann lasse ich den Allmächtigen machen. Ich muss hier gar nicht unbedingt aktiv werden. Er kämpft. Also, er verteidigt die Burg, nicht ich.
Und da ist es egal, wie gesagt, wie die Gefühle sind, was alles so ist. Das ist das Entscheidende.
Da möchte ich etwas aus der Zeit der Cholera vorlesen, und zwar aus dem Kommentar von Charles Haddon Spurgeon, der Schatzkammer Davids zu Psalm 91. Übrigens ein wunderbarer Kommentar, der von 179 auf 129 Euro reduziert wurde. Alle Psalmen sind inzwischen darin enthalten, ja, ich habe gestern nachgesehen. Zwanzig Jahre hat er mit seinen Bibelschülern an diesem Psalmenkommentar gearbeitet.
Er berichtet dabei über Vers neun und zehn, also über diese Verse: "Ich mache Gott zu meiner Zuflucht." Die Frage ist, wie macht man das praktisch? Wie haben die Menschen es damals geschafft, sich unter diese Verheißung zu stellen? Denn es wird gesagt, das sei leicht.
Ich lese einfach mal vor, weil ich die Geschichte sehr schön finde. Ich kann es nicht unterlassen, bevor wir den einzelnen Worten dieser Verse nachgehen, ein persönliches Erlebnis zu erzählen, das die beruhigende Kraft beleuchten soll, die von diesen Worten ausgeht, wenn der Heilige Geist sie uns zueignet.
Im Jahr 1848 – Spurgeon war damals zwanzig Jahre alt und bereits seit zwei Jahren Pastor, wenn ich mich recht erinnere – wurde die Gegend, in der er wirkte, von der asiatischen Cholera heimgesucht. Seine Gemeinde litt schwer unter der verheerenden Seuche. Eine Familie nach der anderen rief ihn ans Lager der von der schrecklichen Krankheit Gegriffenen. Beinahe jeden Tag musste er an einem Grab stehen.
Mit jugendlichem Eifer besuchte er die Kranken. Aus allen Teilen des Stadtbezirks London – der damals etwa eine halbe Million Einwohner hatte, vielleicht auch mehr, oder etwa achttausend, ich bin mir nicht sicher – sandten Menschen jeden Standes und Religionsbekenntnisses nach ihm.
Nach und nach wurde er müde und matt an Leib und Seele. Das ist verständlich, wenn man fast jeden Tag an einem Grab steht. Seine Freunde schienen einer nach dem anderen dahin zu sinken, und er fühlte oder bildete sich ein, dass auch er im Begriff war zu erkranken, wie so viele um ihn herum. Noch ein wenig mehr Arbeit und Leiden hätten ihn dahingestreckt wie die übrigen.
Seine Last wurde zu schwer, als dass er sie noch länger hätte tragen können. Er war ganz nah daran, ihr zu erliegen. Das kann man gut nachvollziehen. Das ist die Situation von jemandem, der sagt: "Hilfe!" und in diese Burg fliehen muss. Er sagt: "Jetzt ist die Zeit, ich muss von meinem Dorf in die Burg fliehen."
Wie ist es bei ihm passiert? Eines Tages, als er traurigen Herzens von einer Beerdigung heimkehrte, fiel sein Blick auf ein Blatt Papier, das an dem Fenster eines Schuhmacherladens in der Doverstraße befestigt war. Die Neugier trieb ihn, zu sehen, was darauf geschrieben stand, denn es sah nicht aus wie eine Geschäftsanzeige – und tatsächlich war es keine.
Vielmehr stand in fester, deutlicher Handschrift zu lesen: "Der Herr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht, es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen."
Diese Worte schlugen bei ihm ein. Er konnte sie sich sogleich im Glauben aneignen und fühlte sich reich erquickt und völlig sicher – ja, mit Unsterblichkeit gegürtet. Er konnte mit ruhigem Gemüt fortfahren, die Sterbenden zu besuchen. Er fühlte keine Furcht mehr und erlitt auch keinen gesundheitlichen Schaden.
Dank erfüllten Herzens preist er das Wirken der göttlichen Vorsehung, durch die jener Geschäftsmann veranlasst wurde, die Bibelworte an sein Fenster anzubringen. Bei der Erinnerung an die wunderbare Wirkung, die sie auf sein Gemüt hatten, betet er den Herrn, seinen Gott, an.
Also war es gerade Psalm 91, der ihm ganz praktisch im Alltag in einer schwierigen Situation geholfen hat. Er hätte nie gedacht, warum das so wirkte. Und Gott hat dann so zu ihm gesprochen, dass es sofort in sein Herz ging und er es glauben konnte. Das ist entscheidend.
Spurgeon berichtet auch von anderen Versen, etwa von dem, wo steht, dass man sehen wird, wie die Gottlosen fallen. Das ist ja ein schwieriger Vers. Er berichtete von der Pest in London. Ich denke, er meint die Pest von 1664 bis 1666, die große Pest. Es war eine der letzten großen Pestepidemien. London hatte damals eine halbe Million Einwohner, und jeder Fünfte ist gestorben – fast hunderttausend Menschen. Das ist viel.
Dazu gibt es einen tollen Roman von Daniel Defoe, der auch Robinson Crusoe geschrieben hat. Er war damals fünf Jahre alt, als das passierte. Sehr interessant sind auch die Parallelen zu heute.
Spurgeon schrieb, dass die Puritaner, die damals verfolgt wurden, so ergriffen von diesem Psalm waren, dass sie trotz Festnahmerisiko aus ihren Verstecken gingen, um den Menschen das Evangelium zu sagen. Sie wussten, wenn die Menschen an dieser Seuche sterben, sind sie verloren.
Diese Verheißung hatten sie wirklich. Wir sprechen hier vom 16. und 17. Jahrhundert, und Spurgeon lebte im 19. Jahrhundert. Zu verschiedenen Zeiten hat Gott die Menschen wirklich ergriffen, und sie haben sich diesen Psalm zu eigen gemacht, diese Verheißung.
Ich finde es immer wieder spannend zu sehen, wie die Worte, die wir in der Bibel lesen, in der Geschichte genau die gleichen Worte sind, die im Leben von Menschen eine große Wirkung hatten.
Dieser Psalm wird ja schon sehr früh zitiert, nicht erst bei Spurgeon. Zum Beispiel wird er auch in Lukas 4 erwähnt.
Ja, das ist natürlich kritisch zu sehen, weil es sich um die Versuchungsgeschichte handelt, in der der Teufel zitiert wird. Genau, der Teufel zitiert diesen Psalm. Das zeigt auch, dass man über das Ziel hinausschießen kann. Er benutzt diesen Psalm ja, um den Herrn Jesus zu versuchen.
Das ist dir bestimmt auch klar, dass dieser Psalm da zitiert wurde. Was würdest du dazu sagen? Dazu habe ich keinerlei Bedenken. Er spielt ja auf die Stelle an, dass Engel uns behüten, bewahren und tragen, damit wir uns nicht einmal den Fuß stoßen. Dann sagt er: „Spring herunter vom Tempel.“ Ja, von der Zinne des Tempels, das ist die Außermauer. Er geht ziemlich weit herunter. Sind das hundert Meter? Knapp, ich glaube siebzig oder so. Egal, ich bin noch nicht gesprungen. Man ist danach tot.
Der Teufel hat aber eine Kleinigkeit bei diesen Versen nicht zitiert. Da steht nämlich: „Die Engel werden dich bewahren auf allen deinen Wegen.“ Und genau das „auf allen deinen Wegen“ hat er weggelassen. Es geht nicht darum, dass du irgendeinen Blödsinn machst und sagst, Gott wird mich ja bewahren, seine Engel. Sondern wenn du auf den Wegen unterwegs bist, dann bewahrt Gott dich. Und dann gilt die Verheißung.
Das andere ist eine Verdrehung, da muss man schon aufpassen. Du kannst nicht jeden Blödsinn machen, dir zum Beispiel eine Überdosis Drogen spritzen und dann sagen, der Herr mit seinen Engeln wird mich bewahren. Das ist Versuchung. Sondern wenn du auf deinem Weg bist, kann er dich vor vielem bewahren, auch vor so mancher Spritze, die da kommen mag.
Wenn ich darauf noch einmal zurückkomme, auf Lukas 4: Es ist ja so, dass Menschen manchmal in ganz schwierigen Situationen sind. Dann lese ich diesen Psalm, aber ich erlebe keine Heilung oder vielleicht nicht wirklich diese Sicherheit, wie du jetzt berichtet hast, dass andere sie erlebt haben. Wie gehe ich denn damit um? Der Psalm ist da, ich schaue hinein und denke manchmal: Na ja, ich höre zwar diese Botschaft, aber irgendwie wird das nicht meins.
Das, was Gott kann, würde ich mir niemals rauben lassen – egal in welcher Situation. Ich denke, Luther hat das sehr gut ausgedrückt. Er sagte, im Allgemeinen gilt das. Auch Spurgeon hat etwas dazu geschrieben, was ich jetzt nicht zitiert habe. Er sagt ebenfalls meistens. Beide diskutieren nicht darüber, sondern nehmen die Verheißung in Anspruch und sagen: Es gilt normalerweise.
Das bedeutet, es gibt wohl Ausnahmen, auch bei gerechten Christen. Diese Ausnahmen haben sie stehen gelassen. Natürlich gibt es sie. Hiob zum Beispiel wurde nicht versucht trotz seines Glaubens, sondern wegen seines Glaubens hatte er gesundheitliche Probleme und alles, was ihm widerfuhr. Gott sagte ja, ihm könne er das zutrauen. Es gibt also Ausnahmen.
Johannes der Täufer und Jakobus wurden beide hingerichtet. Sie hätten sich bedankt, wenn man gesagt hätte, sie vertrauten dem Herrn nicht. Im Gegenteil: Natürlich vertrauten sie. Aber Jakobus wurde an seine Brüder verraten, kam in Gefangenschaft und so weiter. Am Ende merkte man, dass er sonst nie nach Ägypten gekommen wäre. Gott hat das alles benutzt.
Auch das Beispiel des blind Geborenen zeigt das: Da wird gefragt, warum er blind geboren wurde. Die Antwort lautet: Damit sich Gott verherrlichen kann. Es gilt also normalerweise, aber Gott führt auch andere Wege. Er führt auch durch Krankheit. Gesundheit ist nicht das Höchste.
Ich glaube, es ist wichtig, das auch bei solchen Psalmen zu sehen. Auch wenn du ihn Gesundheitspsalm nennst – und ich sehe das genauso – ist er ein gesunder Psalm. Aber man sollte das größere Ziel im Blick behalten: Zu Gottes Ehre zu leben und an ihm zu bleiben.
Jetzt kommt die Stelle von Spurgeon, die ich mir aufgeschrieben habe. Ich lese sie kurz vor: Es steht ja, dass kein Übel dich treffen wird. Das diskutiert er auch in seinem Kommentar. Es sei schlechterdings unmöglich, dass ein Übel den Mann trifft, der vom Herrn geliebt wird. Auch der schwerste Schlag kann nur seine Heimfahrt abkürzen und seine Belohnung beschleunigen.
Man sieht hier, dass das Übel – ja, er sagt es selbst – für ihn kein Übel ist, sondern Gutes in verschleierter Gestalt. Verluste bereichern ihn, Krankheit ist ihm Arznei, Schmach eine Ehre, das Sterben Gewinn. Kein Übel im eigentlichen Sinn des Wortes kann ihm begegnen, denn alles wird ihm zum Besten gewendet. Wohl dem, der in solcher Lage ist! Er ist geborgen, wo andere in Gefahr stehen, und er lebt, wo andere sterben.
Das ist eine höhere Wahrheit. Gott führte Jakobus dazu, ihn hinrichten zu lassen, während Petrus aus dem Gefängnis freikam. Beide waren im Gefängnis; Jakobus wurde vorher hingerichtet. Dem einen fallen zehntausend Nehmdien zu, den anderen will Gott schneller bei sich haben und belohnen, wie Spurgeon sagt.
Ich glaube, das ist diese höhere Wahrheit. Es gibt, glaube ich, beides. Und ich finde es sehr wichtig, dass du Spurgeon zitiert hast. Da fiel mir auch noch einmal Timothy Keller ein, der sagt: Alles, was der Tod kann, ist, unser Leben unendlich besser zu machen, wenn wir bei Jesus sind.
Deshalb haben Christen keine Todessehnsucht, aber sie sind einfach geborgen in dieser Burg, von der du gesprochen hast: Ich bin bei Gott geborgen. Und das ist das Entscheidende – bei Gott geborgen zu sein und zu ihm zu gehen. Nicht zuletzt, um mein Leben zu retten, auch wenn das die natürliche Reaktion ist. Es ist logisch, dass mir das Leben viel näher liegt als der Tod. Aber ich habe eine Hoffnung, die über das Leben hinausgeht.
Um das vielleicht noch einmal ein bisschen abzuschließen: Diese Spannung, die da ist – wirkt sie immer oder soll ich mich darauf berufen?
Ich denke, der Psalm ist wirklich eine große Ermutigung, die Verheißungen, die darin stehen, ernst zu nehmen. Wenn man sagt, das kann ich nicht glauben, dann kommt es nicht darauf an, wie groß dein Glaube ist. Entscheidend ist, dass du in die Burg gehst. Du brauchst dabei nicht anderen davon zu erzählen oder total gewiss zu sein. Es ist nur wichtig, Zuflucht bei Gott zu suchen.
Wie mache ich das? Indem ich zu ihm bete: Herr, beschütze mich! Herr, beschütze mich vor der Krankheit! Herr, beschütze mich vor der Spritze! Herr, beschütze mich vor der politischen Situation! Das reicht. Du musst dabei keine großen Taten vollbringen, du musst nur beten. Jesus festzuhalten heißt, an ihm zu klammern.
Und wenn du nicht klammern kannst, wird er schon deine Hand halten. Das steht ja auch im Johannesbrief.
Und jetzt habe ich hier etwas. Wir hatten ja im Vorspann gesagt, wir zeigen Beispiele aus vier Jahrhunderten. Nun fehlt noch das zwanzigste Jahrhundert – Hunger als Beispiel.
Das folgende stammt aus „Der Herr ist nah“, vom 18. Januar 2022, ein kleines Kalenderblatt. Johannes Busch, der jüngere Bruder von Pastor Wilhelm Busch, erzählt. Es handelt kurz nach dem Ersten Weltkrieg.
„Es war nach dem Tod meines Vaters. Für uns ging es damals durch große Armut hindurch. Es war Inflationszeit, wir konnten fast nichts kaufen. Dazu war das Geld von einem Tag zum anderen entwertet. So hatten wir einmal keine Kohlen mehr und auch keine Aussicht, wieder neue zu bekommen.
Da kommt Mama mit dem letzten Eimer die Treppe herauf. Sie will ihn zu der Tante bringen, die damals bei uns wohnte. Ich erhob mächtigen Protest. ‚Lass nur‘, sagte Mama, ‚ich habe heute Morgen über alles gebetet, es wird schon recht werden.‘
Ich weiß nicht, was mich ritt, als ich sagte: ‚Das ist doch Unsinn, es regt doch keine Kohlen vom Himmel.‘ Aber je mehr und je überzeugter ich sprach, desto ruhiger blieb meine Mama dabei. ‚Ich habe darüber gebetet, ich mache mir keine Sorgen.‘
Während ich noch ebenso vernünftig wie heftig antwortete und mit dem Fuß aufstampfte, schellte es, und vor der Tür stand ein Bollerwagen mit Kohlen. Wir haben nie erfahren, wer der heimliche Spender war.
Jetzt kommt die Einschränkung, und das ist das Schöne und Realistische: Sicher haben wir später auch manches Mal gefroren, und es standen keine Kohlen vor der Tür. Aber ich vergesse nicht das strahlende, glückliche Gesicht meiner Mutter.
‚Glaubst du es jetzt?‘, fragte sie, ‚dass man beten kann.‘ Das kann man heute ebenfalls erleben. Man kann beten, wenn man Gottes Wege nicht versteht, wenn Krankheit oder Alter, Sorgen oder finanzielle Schwierigkeiten erdrücken, wenn Nöte in der Familie oder Gemeinde das Leben ja hilflos machen.
Und dann kann man die Erfahrung machen: ‚Er wird mich anrufen, und ich werde ihm antworten, ich werde bei ihm sein in der Bedrängnis, ich werde ihn befreien‘ (Psalm 91,15).
Nehmen wir doch, wie die Mutter Busch, die Verheißung in Anspruch, vertrauen auf den Herrn, wie er uns herausführen wird. Gehen wir in diese Burg zu unserem Jesus und schauen, was er machen wird.“
Ja, das ist ein gutes Schlusswort.
Das war wieder der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen sehr, dass ihr ermutigt wurdet – auch wenn ihr gerade in schwierigen Situationen steht. Geht in diese Burg und macht Gott zu eurer Zuflucht, ganz im Sinne dieses Psalms: „Ich sage zu dem Herrn: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich traue.“
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und vor allem Gottes Schutz für euer Leben.