Einführung in das Thema Anfechtung und Versuchung
Ich lese den Text, den ich gestern Abend auch schon einmal gelesen habe, für die, die da waren, oder für alle, die neu dabei sind, aus dem Jakobusbrief Kapitel 1, Verse 2 bis 18.
Meine Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung geratet. Denn ihr wisst ja, dass die Bewährung eures Glaubens standhaftes Ausharren bewirkt.
Das standhafte Ausharren aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und vollständig seid und es euch an nichts mangelt.
Wenn es aber jemanden unter euch an Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott, der allen gerne und ohne Vorwurf gibt. So wird sie ihm gegeben werden.
Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht, denn wer zweifelt, gleicht einer Meereswoge, die vom Wind getrieben und hin und her geworfen wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen wird.
Ein Mann mit geteiltem Herzen ist unbeständig in allen seinen Wegen.
Der Bruder aber, der niedrig gestellt ist, soll sich seiner Erhöhung rühmen, der Reiche dagegen seiner Niedrigkeit.
Denn wie eine Blume des Grases wird er vergehen. Kaum ist die Sonne aufgegangen mit ihrer Glut, so verdorrt das Gras, und seine Blume fällt ab. Die Schönheit seiner Gestalt vergeht.
So wird auch der Reiche verwelken auf allen seinen Wegen.
Glückselig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet. Denn nachdem er sich bewährt hat, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche der Herr denen verheißt, die ihn lieben.
Niemand sage, wenn er versucht wird: „Ich werde von Gott versucht.“ Denn Gott kann nicht zum Bösen versucht werden, und er selbst versucht auch niemanden.
Sondern jeder Einzelne wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde gereizt und gelockt wird.
Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde. Die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.
Irrt euch nicht, meine geliebten Brüder!
Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist, noch ein Schatten infolge von Wechsel.
Nach seinem Willen hat er uns gezeugt durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam Erstlinge seiner Geschöpfe seien.
Grundlegende Gedanken zur Anfechtung
Für alle, die gestern Abend nicht dabei waren, wiederhole ich kurz die Gedanken zum Anfang des von mir gelesenen Textes.
Es ist einfach festzustellen, worum es hier geht: Es dreht sich um Anfechtung. Der Begriff ändert sich im Text. Einmal spricht Jakobus von Anfechtung, dann von Versuchung.
Wir könnten uns weiter Gedanken darüber machen. Das haben wir gestern auch teilweise getan. Manchmal wird darauf hingewiesen, dass das eine von Gott kommt und uns positiv voranbringen soll. Das andere hingegen kommt vom Teufel und soll uns niedermachen und von Gott wegziehen.
Faktisch erkennen wir in unserem Leben nicht immer, ob die schwierige Situation, in der wir stecken, von Gott oder vom Teufel stammt. Das heißt, wir müssen sofort darauf reagieren.
Wir können nämlich von allem profitieren, auch von Situationen, in die uns der Teufel bringt. Er versucht zwar, uns von Gott wegzuziehen. Wenn wir aber darin beständig bleiben, kann das unser Glaubensleben voranbringen.
Deshalb kommt Jakobus zu der eher ungewöhnlichen Aussage: Freut euch, wenn ihr in mancherlei Anfechtung geratet. Normalerweise lösen schwere Situationen in unserem Leben nicht automatisch Freude aus.
Ich habe gestern auch darauf hingewiesen, dass es verschiedene Gründe gibt, warum wir uns freuen sollen. Ein Grund ist, dass die Echtheit unseres Glaubens zutage tritt.
Letztendlich kommt es genau darauf an, was wir uns selbst vormachen oder anderen vorspielen. Das wird früher oder später sowieso zusammenbrechen.
Durch Anfechtung erfahren wir, wie es wirklich um unser Glaubensleben bestellt ist. Das ist die Voraussetzung für echtes Wachstum. Daher ist Anfechtung gut.
Anfechtung ist auch deshalb gut, weil sie uns meistens, wenn wir richtig darauf reagieren, in die Nähe Gottes treibt.
Wenn wir in schwierigen Situationen sind, suchen wir Menschen mehr die Nähe Gottes. Das ist bei uns allen so und gut für uns.
Das heißt nicht, dass wir bei guten Zeiten unseren Glauben über Bord werfen. Aber dann besteht eher die Gefahr, dass wir ein ganz normales, durchschnittliches christliches Leben führen.
In Phasen, in denen es uns schwergeht, suchen wir die Nähe Gottes, und das ist gut für uns.
Drittens habe ich einen weiteren Grund genannt: Wenn wir in schwierigen Situationen auf Gott vertrauen, erleben wir oft Gottes Eingreifen. Das stärkt unseren Glauben und auch den Glauben der Menschen um uns herum.
Das sind nur drei Gründe, die ich versucht habe abzuleiten. Jakobus nennt sie nicht im Detail. Er sagt nur, dass es gut für uns ist, wenn wir in Anfechtung geraten – natürlich nur, wenn wir sie bestehen.
Was Anfechtung bedeutet und wie sie sich zeigt
Wir haben uns auch ein bisschen darüber Gedanken gemacht, was Anfechtungen denn überhaupt sind. Dabei habe ich euch gesagt: Anfechtung ist all das, was uns von Gott wegziehen will. Anlass der Anfechtung kann alles sein.
Alles, von einem bösen Gedanken bis hin zu der Versuchung, dem anderen eine runterzuhauen, kann eine Anfechtung sein. Manchmal begegnet man ja nervigen Menschen, bei denen einem das wirklich nahegeht. Dann denkt man vielleicht, man würde dem am liebsten eine runterhauen oder ihm etwas sagen oder sonst irgendetwas. Das kann eine Anfechtung sein.
Auch die Verleitung zu einer unmoralischen Tat zählt dazu. Ich habe gestern das Beispiel genannt: Da liegt plötzlich 50 Euro auf dem Tisch und jemand sagt: „Wenn du das und das machst, dann bekommst du das Geld.“ Und dann ist die Versuchung da. Für manche genügt auch schon weniger Geld, mancher macht irgendwelchen Unsinn schon für zehn Euro, aber der andere braucht ein bisschen mehr. Das kann eine Versuchung sein, das kann eine Anfechtung sein.
Ich habe auch gesagt, dass selbst Dinge, die wir für fromm halten, Anfechtungen sein können. Das ist dann der Fall, wenn sie uns dazu treiben, andere wichtige Dinge zu vernachlässigen. Das ist ja auch das Thema des Jakobusbriefs. Später werden wir noch zu der Stelle kommen, wo es heißt: Ein Bruder kommt an deine Tür und sagt, er hungert und ihm geht es schlecht. Und du sagst: „Sei gesegnet, geh hinweg.“ Ich könnte das jetzt noch ausdeuten und sagen: „Ich brauche jetzt gerade noch mein Bibellesen. Du verhungerst zwar, aber das ist deine Sache.“ Dann ist das auch Anfechtung.
Denn wenn wir die Bibel lesen, kann das Anfechtung sein – wenn du es aus der falschen Motivation oder zum falschen Zeitpunkt tust oder andere Dinge in deinem Leben vernachlässigst. Ich glaube, den meisten von euch wird das Bibellesen keine zu große Anfechtung sein, das wäre meine Vermutung. Ich vermute, dass die meisten von euch nicht den ganzen Tag darin lesen und deshalb viele andere Dinge vernachlässigen. Euch müsste man dann eher ermutigen, mehr darin zu lesen.
Ich wollte das an dem Beispiel nur sagen, nicht damit ihr euch hinterher frommer fühlt und sagt: „Ich lese gar nicht in der Bibel, ich habe gar keine Versuchung da.“ Nein, dann ist das vielleicht gerade deine Versuchung, nämlich dass du nicht darin liest und der Teufel dich durch irgendetwas anderes ablenken will. Was weiß ich, ein spannender Film oder die Gelegenheit, spazieren zu gehen oder sich mit Freunden zu treffen. Das ist alles nicht automatisch schlecht. Aber wenn es dich von der Nähe zu Gott abhält, ist auch das Versuchung.
Also: Versuchung im Leben kann alles sein. Selbst frommes Gebet kann Versuchung sein. Denken wir an den Pharisäer, der im Tempel steht – Jesus erwähnt das ja – und dann betet: „Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie der da.“ Das ist auch eine Versuchung. Denn Sünde, das wird uns ja deutlich von Jesus gesagt, können selbst Gebete und Bibellesen sein, wenn wir es nicht mit dem Geist Gottes tun, wenn wir es nicht an der Stelle tun, wo Gott uns herausfordern und gebrauchen will.
Anfechtung begegnet uns. Sie will uns von Gott wegziehen, und dazu kann alles gebraucht werden, was uns von dem abhält, was Gott in diesem Moment von uns will. Es kann sein, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt Bibellesen gut und richtig ist. Aber wenn du jetzt etwas anderes tun solltest, zum Beispiel zur Arbeit gehen oder zur Schule, könnten manche Schüler hier sagen, die nicht gerne zur Schule gehen: „Ich lese einfach nur noch in der Bibel.“ Und wenn der Lehrer kommt, sagst du: „Englisch gelernt? Nein, ich habe in der Bibel gelesen.“ Dann kann er ja nichts mehr sagen, das ist ja fromm. Nein!
Wenn deine Verpflichtung ist, deine Vokabeln zu lernen, dann musst du auch deine Vokabeln lernen. Eine Alternative wäre vielleicht, dass du in der Bibel liest, wo du sonst einen Film geschaut hättest. Das wäre auch eine Variante. Du kannst deine Vokabeln lernen und auch noch Bibel lesen. Aber dann würde mancher sagen: „Nein, Filme sehen ist so wichtig, das kann ich ja nicht fallenlassen.“ Na, dann ist das gerade deine Anfechtung, in der du steckst.
Anfechtung kommt, und sie kommt für jeden Christen, solange wir hier auf der Erde sind. Sie schüttelt uns in unserem Glaubensleben durch. Dabei werden wir an Grenzen geführt und merken, wo wir schwach sind. Jakobus sagt uns, dass das gut ist und wir diese Phasen brauchen.
Er zählt auch auf, was das bewirkt: Wenn wir darin bestehen, bewirkt das Ausharren. Und das Ausharren bewirkt ein vollkommenes Werk, damit wir vollkommen und vollständig werden. Das heißt, das geistliche Übungsprogramm, das wir hier auf der Erde durchlaufen, geht nicht ohne Anfechtung.
Diese Anfechtung braucht es immer wieder. Sie prüft die Echtheit unseres Glaubens, treibt uns zu Gott und wir erleben besondere Dinge mit Gott, bei denen er eingreift. Diese Erfahrungen würden wir ohne Anfechtung nicht machen.
Weisheit im Umgang mit Anfechtung
Ich habe euch bereits darauf hingewiesen: Wenn jemand mit Anfechtung nicht zurechtkommt – und wir alle haben auch mal Schwierigkeiten damit – sollen wir Gott um Weisheit bitten, richtig damit umzugehen.
Hier steht: Wenn es jemandem von euch an Weisheit mangelt – und hier ist nicht die Weisheit gemeint, wie man seinen Beruf führt oder Ähnliches, sondern die Weisheit, mit Anfechtung umzugehen –, dann soll er Gott darum bitten. Gott ist gerne bereit, jedem zu geben, der ihn darum bittet.
Die große Herausforderung für uns ist, dass wir in Zeiten der Anfechtung oft dazu neigen, diese mit eigenen Mitteln zu bewältigen. Wir versuchen, selbst Wege zu finden, um mit der Anfechtung fertigzuwerden. Das ist nicht grundsätzlich schlecht, aber meistens reicht es nicht aus. Denn damit erreichen wir nur menschliche Ziele.
Wenn wir jedoch das Ziel erreichen wollen, das Gott damit gesetzt hat, sind wir auf Gottes Weisheit angewiesen. Da wir diese Weisheit nicht automatisch immer in vollkommener Weise haben, müssen wir ihn immer wieder darum bitten. Gerade dieses Bitten zeigt deutlich, in welcher Stellung wir zu Gott stehen. Es macht uns bewusst, wo unsere Grenzen sind und dass wir von Gott abhängig sind und ihn brauchen.
Das hat auch ein pädagogisches Ziel, das Gott damit verfolgt: dass wir ihn darum bitten sollen. Und dann steht hier, dass er bereit ist, uns die Weisheit zu geben. Der Hinweis, der danach folgt, besagt, dass man mit Überzeugung bitten soll – nicht unsicher hin und hergerissen. Das bezieht sich hier bei Jakobus nur auf die Bitte um Weisheit.
Nicht auf irgendetwas anderes. Manche Christen deuten das so, als müssten sie zum Beispiel darum bitten, gesund zu werden. In manchen christlichen Kreisen nennt man das „proklamieren“: Man sagt, ich bin schon gesund, und glaubt fest daran, vollkommen gesund zu sein. Das steht hier aber nicht.
Hier geht es um Anfechtung und darum, Weisheit zu bekommen. Es geht nicht darum, in anderen Dingen unsicher zu sein, ob es der Wille Gottes ist. Aber Gottes Weisheit zu bekommen, das ist eindeutig sein Wille – das steht hier.
Ob du gesund wirst, weißt du nicht; ob das der Wille Gottes ist, kann ganz unterschiedlich sein. Mir ist kein Vers in der Bibel bekannt, der sagt, dass es Gottes Wille ist, dass Christen immer gesund sind. Manchmal will Gott gerade durch schwierige Situationen etwas in deinem Leben bewirken.
Aber es gibt keinen Vers, der sagt, Gott will nicht, dass du weise wirst. Gott will, dass du göttliche Weisheit bekommst. Wenn du davon überzeugt bist, kannst du mit Überzeugung zu Gott sagen: „Gib mir Weisheit“ – und dankbar sein, dass er sie dir geben will. Vorausgesetzt, du bist auch bereit, dich auf diese Weisheit einzulassen.
Das ist häufig der Knackpunkt. Ich habe das gestern auch erwähnt: Viele von uns sympathisieren ein wenig mit der Sünde, die uns versucht. Dann ist das keine ehrliche Bitte an Gott: „Gib mir Weisheit“, obwohl man schon weiß, dass man nicht tun will, was Gottes Weisheit einem sagt.
Dann wird Gott auch keine Weisheit geben. Wofür auch? Das ist das, was Jesus meint, wenn er sagt, man soll keine Perlen vor die Säue werfen. Warum sollte Gott dir Weisheit geben, wenn du eigentlich schon weißt, worum es geht, aber nicht bereit bist, danach zu handeln?
Im Grunde ist diese Bitte dann eher: „Lass mich gern die Sünde tun, aber ohne negative Folgen.“ Das passiert bei Gott nicht. Entweder gibt er dir die Weisheit und auch die Kraft, die Sünde und die Versuchungen zu überwinden – worin auch immer sie liegen –, und das hat er versprochen.
Dafür braucht es aber zumindest den ehrlichen Willen, die Sünde nicht zu tun. Das ist manchmal dieses Hin und Her, woran wir leiden. Und da sagt er: Du kannst nicht erwarten, dass Gott dir Weisheit gibt, wenn du nicht bereit bist, das zu tun, was er dir schon gezeigt hat – und dazu Ja zu sagen.
Die Frage ist immer – und die haben wir auch beim ersten Vers des Jakobusbriefs schon besprochen: Bist du bereit, deine Stellung zu Gott realistisch einzuschätzen? Dass du nämlich Sklave Gottes bist, wenn du Christ bist.
Das klingt vielleicht nicht gut, aber die Alternative ist nur: Sklave der Sünde und des Teufels oder Sklave Gottes. Da würde ich sagen, es ist allemal besser, Sklave Gottes zu sein. Gott ist ein besserer „Sklavenhalter“ als der Teufel. Ich drücke das mal provokativ aus.
Es geht nicht darum, ein glückliches Leben zu führen, zu tun, was man will, und dass Gott noch ein bisschen dazu segnet. Das ist nicht das Christenleben.
Christenleben heißt, sich ganz Gott unterzustellen und ehrlich zu sagen: „Ich will tun, was du willst.“ Wenn du das tust, zeigt dir Gott auch, was er will. Das ist aber nicht immer das, was du gerade für besonders cool, angesagt oder lustig hältst. Manchmal ist es das, aber eben nicht immer und nicht per se.
Nur wenn du bereit bist, dich Gott unterzuordnen, wird er dir diese Weisheit geben, und die Sache wird klar. Das haben wir gestern schon einmal angeschaut. Das war jetzt nur eine kurze Zusammenfassung.
Wir gehen weiter in Vers 9 und die folgenden Verse.
Zwei exemplarische Versuchungen: Armut und Reichtum
Jakobus nennt hier zwei Versuchungen als Beispiele, mit denen wir als Menschen häufig zu tun haben. Diese Beispiele treffen auf alle von euch zu, weil ihr entweder zu einer Gruppe oder zur anderen gehört. Wenn ich raten darf, gehört ihr wahrscheinlich alle zur anderen Gruppe.
Welche sind denn nun diese beiden Versuchungen? Kommen wir zuerst zu der, von der ihr wahrscheinlich seltener betroffen seid. Jakobus sagt: Der Bruder, der niedriggestellt ist, soll sich seiner Erhöhung rühmen. Damit meint er den Bruder, der in der Gesellschaft nichts gilt – den Bettler, den Armen, dem es schlecht geht.
Jakobus beschreibt das im Zusammenhang mit Anfechtung; es geht also immer noch um Versuchung. Er sagt, das kann uns als Menschen zur Anfechtung dienen. Nun könnte man fragen: Warum? Dir geht es schlecht, du hast kein Geld, bist vielleicht arbeitslos oder hast sonstige Probleme. Warum kann das zur Anfechtung werden? Diese Frage ist ernst gemeint, und einige von euch können sich vielleicht hineinversetzen.
Warum könnte es also eine Anfechtung sein, wenn du niedriggestellt bist – etwa jemand ohne Job oder mit einem schlechten Job? Warum kann das zur Versuchung werden? Jakobus sagt das nicht einfach so; in vielen Fällen wird es tatsächlich zur Anfechtung führen. Warum? Zum Beispiel, weil wir anfangen zu murren. Genau, wir beginnen zu klagen und sagen: „Hey Gott, warum geht es mir so schlecht? Du denkst gar nicht an mich und meinst es nicht gut mit mir.“ Das kann ein Grund sein.
Warum kann es noch zur Anfechtung werden? Genau, weil wir an Gottes Liebe zweifeln. Darauf kommen wir im weiteren Verlauf des Textes noch zurück, denn es heißt: Jede gute Gabe kommt von Gott. Wir denken dann: „Das ist doch keine gute Gabe.“ Weshalb kann das noch zur Versuchung werden? Neid und Eifersucht spielen eine Rolle. Man denkt: „Der hat so viel, und ich habe nichts.“ Je nachdem, wie man gestrickt ist, fängt man an zu schimpfen oder wird sogar aktiv – etwa indem man jemandem die Reifen zerstochen oder ähnliches.
Je nachdem, wie ihr gestrickt seid, redet der eine nur davon, der andere wird zum Revolutionär. In der Geschichte ist es häufig vorgekommen, dass gerade deshalb Mord, Revolution, Lüge und Betrug ausgelöst wurden, weil jemand niedriggestellt war und dies als Anfechtung empfand. Die Reaktion ist dann nicht, Nähe bei Gott zu suchen oder Dankbarkeit zu zeigen, sondern die Sache selbst in die Hand zu nehmen – und das ist fast immer mit Sünde verbunden.
Wir haben jetzt einige Beispiele genannt. Es ist also verständlich, dass es uns in bestimmten Lebenslagen schlecht geht und das häufig Anlass zur Versuchung ist. Jakobus sagt dann interessant: Der niedriggestellte Bruder soll sich seiner Erhöhung rühmen. Das ist sein Rezept. Wenn es dir ganz schlecht geht und du wirklich nur das hast, was du zum Leben brauchst, dann sagt er nicht nur: „Mäkel nicht so rum“, sondern: „Rühme dich deiner Erhöhung!“
Rühme dich für das, was du alles geschenkt bekommen hast. Wie gut ist dir Geld? Das ist das, was ich gestern gesagt habe: In der Bibel finden wir häufig diese asymmetrische Reaktion. Normalerweise fängt jeder Mensch an zu klagen, wenn es ihm schlecht geht. Besonders wenn es anderen um uns herum gut geht, ist das Mäkeln stärker. Wenn es allen schlecht geht, ist es meist nicht so ausgeprägt.
Was die Bibel uns hier zeigt, und was wir nur geistlich bewirken können, ist diese asymmetrische Reaktion: Nicht „Je schlechter es mir geht, desto mehr schimpfe ich“, sondern „Je schlechter es mir geht, desto mehr danke ich“. Nicht als eine Art Gehirnwäsche, wie es manchmal Psychologen empfehlen, wenn sie positives Denken predigen – also sich vor den Spiegel stellen und sagen: „Ich bin schön, ich bin toll“, bis man es selbst glaubt, auch wenn die anderen es nicht glauben.
Damit meine ich nicht, dass man sich in eine Illusion hineinsteigert. Dieses Sich-Erhöhen soll nicht in Selbsttäuschung enden. Auch der, dem es schlecht geht, soll auf das schauen, was Gott ihm geschenkt hat, und dafür dankbar sein. Das schützt vor Neid, Eifersucht, Gewalttaten und schlechten Gedanken gegenüber Gott – und zwar unabhängig davon, ob sich die Situation ändert.
Es wird nicht gesagt, dass er plötzlich reich wird, wenn er sich seiner Erhöhung rühmt. Er bleibt vielleicht so, wie er ist, aber sein Denken verändert sich, weil er einen anderen Teil der Realität wieder vor Augen geführt bekommt. Er hat sich nur auf das konzentriert: „Ich bin niedriggestellt, ich gelte nichts in der Gesellschaft.“
Jetzt könnt ihr sicherlich sagen: Wessen kann sich so jemand denn rühmen? Wenn hier steht, der soll sich seiner Erhöhung rühmen, wessen könnte das sein? Vielleicht ist es ein Sklave – nicht nur ein Sklave Gottes, sondern damals ein realer Sklave. Heute vielleicht ein Arbeitssklave irgendeiner Firma, die einen auspresst. Irgendwo in einem schlechten Job, es geht dir schlecht, du kannst gerade so überleben und verdienst kaum etwas.
Wessen kann er sich denn rühmen? Bitte? Zum Beispiel? Das klingt jetzt erst einmal sehr fromm, wie die Antwort aus der Kinderstunde. Und das ist es auch, aber es ist trotzdem wahr. Wir sollen eine andere Perspektive bekommen: Ich bin nicht nur der Loser, auch wenn alle mich so sehen. Natürlich, wenn ich faul bin, sollte ich vielleicht mehr arbeiten. Aber wenn ich alles gegeben habe und es trotzdem nicht klappt, dann kann ich sagen: „Ich gehöre zu Gott und damit zur Ewigkeit. Meine Seligkeit im Himmel ist vorbereitet, Gott ist bei mir.“
Worüber kann er sich noch rühmen? Das Ansehen des Menschen ist bei Gott. Gott sieht nicht auf das Äußere, sondern auf das Herz. Ich hoffe, dass es in vielen Gemeinden so ist. Jakobus wird später noch darauf eingehen, dass es nicht immer so ist, aber so sollte es sein. Da, wo es darauf ankommt – bei den Geschwistern in der Gemeinde – zählt nicht, wie groß mein Auto ist, wie groß mein Haus oder wie viel Geld ich habe. Das ist auch ein Grund, Gott zu loben.
Was noch? Auch das: Meine Sünden sind vergeben, ich habe ewiges Leben bekommen und so weiter. Das sind geistliche Dinge, die wir nennen sollen und für die wir dankbar sein sollen. Aber wir können uns auch darauf konzentrieren, was Gott uns sonst noch geschenkt hat, wo wir uns unserer Erhöhung rühmen können.
Das Geistliche ist ganz klar und soll da sein. Aber gibt es für jemanden, dem es einigermaßen schlecht geht, noch etwas anderes? Bitte? Genau, Gesundheit. Wenn jemand arm ist, heißt das nicht automatisch, dass er krank ist. Es gibt reiche Kranke, arme Gesunde, arme Kranke und reiche Gesunde. Wenn Gesundheit da ist, dann können wir auch dafür dankbar sein.
Am Ende des Textes steht: Denkt an Gott, der Geber jeder guten Gabe ist. Alles Gute, das wir im Leben empfangen, sollten wir sehen und nicht blind dafür sein. Häufig besteht die Gefahr, dass wir in bestimmten Lebensbereichen nur noch das Schlechte sehen und alles andere ausblenden. Das ist Undankbarkeit gegen Gott und blockiert auch unser geistliches Leben. Das wird zur Anfechtung.
Das Rezept dagegen ist nicht, die leidvolle Sache wegzuerklären. Sie ist oft real. Vielmehr sollen wir den Blick auch auf andere Bereiche richten, in denen Gott mit uns arbeitet. Meistens läuft nicht in allen Lebensbereichen alles schlecht.
Der eine sagt vielleicht: „Ich habe gar keine Freunde, bin ganz allein.“ Das kann sein, aber Freunde zu haben oder nicht ist nicht das ganze Leben, sondern nur ein Teil davon. Der andere sagt: „Ich leide an Krankheit.“ Ja, das ist wirklich ein Leiden, und Gott hat nicht versprochen, dass das immer weggeht. Ein anderer sagt: „Ich bin arbeitslos, habe wenig Geld, eine schlechte Bildung, eine schlechte Ehe oder Stress mit meinen Kindern.“ Das kann alles so sein, und wir wollen das nicht wegreden oder unrealistisch sein.
Aber das ist nicht dein ganzes Leben. Gott mutet dir in bestimmten Situationen schwierige Lebenslagen zu, etwa im materiellen Bereich oder gesellschaftlich niedriggestellt zu sein. Doch das ist nicht dein Ganzes. Schau auf all die anderen Bereiche, in denen Gott dich beschenkt – geistlich sowieso, aber auch sichtbar im Leben. Das bewahrt dich davor, in Versuchung zu fallen.
Darum geht es: Armut oder Niedrigstellung kann zur Versuchung werden, wenn man ständig denkt: „Warum geht es mir so schlecht? Warum lässt Gott das zu? Die anderen sind so böse.“ Das zerstört ein geistliches Leben, und die Anfechtung wird nicht bestanden.
Wenn du jedoch deinen Blick nicht nur auf das richtest, was schiefläuft, dann kann die Anfechtung dazu dienen, dass du davon profitierst, deine Beziehung zu Gott gestärkt wird und du sagst: „Obwohl es mir finanziell schlecht geht, danke ich Gott für das, was ich habe, dass er da ist und ich mit ihm sprechen kann.“ Das Geistliche wie Sündenvergebung und ewiges Leben gehören dazu. Vielleicht hast du einen lieben Ehepartner, ein Kind, das dich freut, oder heute ist ein sonniger Tag – all das sind Geschenke Gottes.
Wenn wir die Augen dafür offen haben, ist das gut. Aber ich habe den Eindruck, dass wir meistens eher zu den anderen gehören, wie ich gesagt habe.
Der Reiche dagegen soll sich seiner Niedrigkeit rühmen. Wieder diese asymmetrische Sichtweise. Wenn du heute eine Zeitung aufschlägst oder ein elektronisches Medium nutzt, würdest du denken, die Reichen sind verrückt. Warum sollten sie sich an ihrer Niedrigkeit rühmen? In der Welt protzen die Reichen mit Villen, Yachten, Privatflugzeugen – das gilt als das Erstrebenswerte.
Aber genau darin liegt die Versuchung: Das zum Ziel des Lebens zu erklären. Wenn ich das habe, bin ich glücklich. Jesus spricht ganz deutlich vom betrügerischen Reichtum.
Ihr werdet hoffentlich zustimmen, wenn ihr zurückblickt. In den ersten Jahren unserer Ehe lebten wir am Existenzminimum. Wir hatten keine staatliche Unterstützung, ich hatte ein paar Jobs, und wir konnten gerade die Miete bezahlen. Die Wohnung war sehr einfach: kein warmes Wasser, kein Badezimmer, keine Toilette in der Wohnung, keine Heizung. Trotzdem konnten wir die Miete bezahlen und hatten zu essen. Ein Auto gab es nicht.
Ich will kein Mitleid, sondern sagen: Wir lebten trotzdem glücklich. Heute habe ich viel mehr, wahrscheinlich immer noch weniger als viele von euch, aber mehr. Das heißt nicht, dass mit steigendem Besitz auch meine Glücklichkeit gewachsen ist.
Das zeigt Jakobus uns: Reichtum kann eine Versuchung sein. Es gab Untersuchungen, die ich faszinierend fand. Sie stammen aus den USA und untersuchten, wann Menschen am glücklichsten sind. Es stellte sich heraus, dass bei etwa 60.000 Dollar Jahresverdienst die Leute am glücklichsten sind. Darüber hinaus nimmt das Glück ab.
Warum? Menschen haben Angst, das Geld zu verlieren. Sie fragen sich, ob sie echte Freunde haben oder ob diese nur wegen des Geldes da sind. Sie freuen sich nicht mehr so an Dingen, die sie früher toll fanden. Das Glück sinkt also, wenn man eine bestimmte Reichtumsgrenze überschreitet.
Das erklärt, warum Jakobus das nennt: Reichtum macht nicht glücklich, er kann falsche Sicherheit geben und Hochmut fördern. Das passiert häufig. Manchmal ist es wie mit Salzwasser: Je mehr man trinkt, desto durstiger wird man und will noch mehr.
Das Absurde ist, dass es Menschen gibt, die so reich sind, dass sie es sich kaum vorstellen können. Zum Beispiel einer der Google-Gründer, dessen Vermögen auf etwa 18 Milliarden Dollar geschätzt wird. Eine Milliarde sind tausend Millionen. Er könnte uns alle zu Millionären machen und würde es kaum merken.
Und trotzdem gieren diese Menschen nach noch mehr Geld. Sie können es gar nicht in ihrem Leben ausgeben. Sie kaufen Villen für Millionen, Autos für Millionen – aber es reicht ihnen nie.
Auch Reichtum ist eine Versuchung, und wir alle sind in Gefahr, ihr zu erliegen. Das fängt nicht erst bei Milliarden an, sondern schon in unserem Einkommensbereich. Das gilt für uns alle, uns ehrlich zu prüfen.
Wenn ihr Statistiken zum Welteinkommen lest: Unsere Tochter war kürzlich in Kenia im Missionseinsatz. Dort hat eine Frau für das Team gekocht und verdient etwa zwei bis drei Euro am Tag für fünf bis sechs Stunden Arbeit. Seid ihr bereit, für einen Euro pro Stunde zu arbeiten?
In manchen Regionen Indiens verdienen Menschen sogar nur einen Euro am Tag. Ich frage mich, wie sie davon leben können. Viele sagen, das sei alles viel billiger dort. Aber wenn ihr nach Indien oder Kenia reist, werdet ihr merken, dass die Sachen dort gar nicht viel billiger sind. Die Menschen leben von dem, was wir hier nicht mehr essen würden.
Sie essen Runkelrüben oder Getreide, das hier den Schweinen verfüttert wird. Wer das gleiche Essen wie hier will, zahlt in vielen Ländern genauso viel.
Damit will ich sagen: Wir gehören zu den Reichen. Die meisten von uns haben ein Auto, viele haben ein Haus oder eine Eigentumswohnung. Viele können sich einen Urlaub leisten, zum Beispiel an der Bibelschule Brake. Das gibt es nicht für einen Euro.
Materieller Besitz ist für uns alle eine Versuchung. Er bringt Verantwortung mit sich und kann schnell dazu führen, dass wir unzufrieden werden und Gaben Gottes als selbstverständlich ansehen. Das ist Versuchung.
Deshalb sagt Jakobus uns hier ziemlich brutal: „Hey, du Reicher!“ Euer ganzes Leben und euer Reichtum sind wie eine Sommerblume. In Israel ist es oft so heiß wie heute. Manchmal regnet es ein paar Tage, dann sprosst etwas in der Wüste. Aber ein heißer Tag genügt, und die Blume ist vertrocknet.
Oder das Feuer kommt, und die Blume ist weg. Diese Kurzfristigkeit der Schönheit und des Genusses will uns Jakobus vor Augen führen: Bilde dir nicht zu viel auf deinen Besitz ein. Du meinst vielleicht, alles sei sicher und ewig – in Wirklichkeit ist es so vergänglich wie Gras auf dem Feld oder eine Blume.
Das ist eine wichtige Botschaft, die heute selten erinnert wird. Die meisten Menschen verdrängen den Tod und die Endlichkeit des Lebens. Mit 50, 60, 70 oder 80 Jahren scheint das immer noch weit weg zu sein. Die Bibel sagt jedoch: Das Leben ist siebzig, wenn es hochkommt achtzig – dann ist Ende.
Hier wird uns deutlich gesagt: Dein Leben ist endlich. Von all dem, was du hast, zerfällt unter deinen Händen alles. Nach hundert Jahren, wenn Jesus noch nicht wiedergekommen ist, wirst du nichts mehr von deinem Besitz finden.
Die Villa, die du baust, wird in hundert Jahren wahrscheinlich nicht mehr stehen. Die meisten Häuser werden abgerissen und neu gebaut, weil Technik und Mode sich ändern.
Ich will euch nicht deprimieren, sondern euch eine Alternative zu all den Versprechungen geben, wie wichtig und toll Besitz ist. Gott will uns durch Jakobus den Blick gerade rücken: Lass dich nicht durch Reichtum anfechten oder verführen.
Wenn du reich bist, rühme dich deiner Niedrigkeit – ganz anders als die Welt es tut. Werde dir bewusst: Ich bin vor Gott nichts, ich kann vor Gott nichts. Alles ist Geschenk. Das soll keine Floskel sein, sondern Überzeugung.
Wenn du das immer wieder betest und dir bewusst machst, kann dir Reichtum kaum etwas anhaben. Dann ist die Gefahr von Hochmut und Gier gering. Wenn du aber nur auf deinen Reichtum schaust, den du hast oder zu erwerben hoffst, kann das ein großes Problem werden.
Hier sind zwei Versuchungen, in denen wir stehen – beispielhaft für viele andere.
Die Belohnung für das Bestehen der Anfechtung
Glückselig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet. Denn nachdem er sich bewährt hat, wird er die Krone des Lebens empfangen, die der Herr denen verheißen hat, die ihn lieben.
Kurz zusammengefasst: In der Versuchung beständig zu sein, bringt auch bei Gott Lohn. Hier will Jakobus unsere Motivation noch erhöhen, dabei zu bleiben. Es geht nicht nur darum zu sagen: „Ich bin vielleicht irgendwie gerade gerettet“, sondern darum, festzuhalten und die Versuchung zu bestehen.
Denn es gibt Lohn bei Gott dafür. Es lohnt sich, das zu tun – nicht nur, weil du hier auf der Erde profitierst, indem dein Glaubensleben wächst, sondern auch, weil Gott das nicht vergisst. Er wird belohnen.
Die Herkunft der Versuchung und ihre Folgen
Und jetzt kommt noch ein weiterer Punkt. Nachdem Jakobus so ein Loblied auf die Versuchung gesungen hat, könnten wir sagen: Halleluja, das ist alles super, das ist ja ganz toll. Dann könnten wir den Eindruck gewinnen, dass Versuchungen immer von Gott kommen.
Hier wird jedoch deutlich gesagt: Diese Versuchung kommt häufig nicht von Gott, sondern vom Teufel oder, wie hier steht, von uns selbst. Warum? Weil Gott niemanden mit der Absicht versucht, etwas kaputtzumachen. Aber Gott lässt es manchmal zu, dass der Teufel das tut, wie bei Hiob. Hiob ist ja nicht von Gott versucht worden, sondern Gott hat es zugelassen. Am Ende dient es ja auch dazu, dass das Vertrauen Hiobs noch stabiler wird, sodass er bis heute für uns ein Vorbild ist.
Es ist also nicht Gott, der die Versuchung auslöst, sondern er ist es, der sie zulässt. Jetzt könnten wir sagen: Na ja, Haarspalterei, hier auf der Erde sehen wir den Unterschied ja nicht. Und das stimmt. Es wird auch nicht gesagt, damit wir bei jeder Versuchung sagen, sie kommt von hier oder von dort. Sondern es soll nur deshalb hier stehen, damit wir nicht anfangen, Gott Vorwürfe zu machen und sagen: Hey, du bist doch dafür verantwortlich, dass ich gesündigt habe, denn du hast mir doch die Versuchung gegeben. Das sollen wir nicht tun.
Vielmehr wird gesagt: Ja, die Versuchung kann gute Ziele haben, weil Gott sie gebrauchen kann. Aber letztendlich kommt die Versuchung aus dir selbst heraus. Also versuche nicht, Gott zu entschuldigen. Manche Leute versuchen das auch noch mit der Prädestination zusammenzubringen, also dass Gott alles vorhergesehen und bestimmt hat. Daraus folgern sie, wenn ich gesündigt habe, hat Gott das auch bestimmt, und deshalb muss ich ja sündigen. Nein, so ist das nicht.
Die Anfechtung und auch die Sünde kommen klar aus deiner eigenen Begierde, sie kommen von uns, nicht von Gott. Aber Gott lässt sie zu. Wenn du mit der Weisheit Gottes, die wir erbitten können, dagegen vorgehst, kannst du bestehen, kannst Nein dazu sagen. Hier wird beispielhaft das asymmetrische Verhältnis beschrieben: Du bist arm und dankst Gott für dein Reichsein; du bist reich und dankst Gott, dass du niedrig und arm bist. So kann man diese Versuchungen bekämpfen – und manche andere auch.
Wir dürfen uns nur nicht auf die Versprechen einlassen, die der Teufel mit dieser Versuchung verbindet. Denn der Teufel versucht seit jeher, den Menschen vor Augen zu malen, dass Sünde und falsches Handeln attraktiv und toll sind. Das können wir bei der ersten Versuchung nachlesen, die wir kennen, nämlich bei Eva im Paradies. Dort wird beschrieben, wie sie die Frucht des Baums der Erkenntnis von Gut und Böse sieht. Sie sieht, wie gut es wäre, von der Frucht zu essen, wie schön sie anzuschauen ist und wie klug sie machen könnte.
Das ist dieselbe Strategie, die der Teufel bis heute benutzt – oder die unser eigenes Fleisch benutzt. Unser Fleisch, also unser Ich, unser Begehren, unser Bedürfnis, wird uns sagen, es sei viel cooler, diese Sünde zu tun, nicht so zu leben, wie Gott es eigentlich will – und zwar in jedem Bereich. Es versucht uns immer einzureden, dass das Leben mit Gott öde und langweilig sei.
Der Teufel und unser Fleisch sagen das immer wieder. Viele Menschen, Jugendliche wie Erwachsene, fallen deshalb in Sünde und nehmen Abschied vom Glauben, weil sie dem Teufel glauben. Alle diese Menschen werden am Ende sagen müssen: Das hat nichts gebracht. Manchmal ist es dann zu spät, weil das Leben so kaputt ist, dass man äußerlich nicht mehr zurückkehren kann. Gott kann zwar immer noch vergeben, aber dann ist das Leben in Schutt und Asche – alles vorbei.
Es gibt niemanden, der auf Dauer ohne Gott lebt und am Ende sagen kann: Das hat sich wirklich gelohnt. Zwischendurch mag es zwar so aussehen, als wäre es toll. Zum Beispiel, wenn du mit deinen Schulkollegen am Wochenende auf einer Party bist, dich betrinkst und plötzlich viel lockerer wirst. Du gehst auf Mädchen zu, bei denen du vorher Hemmungen hattest. Alle sind locker, lachen, wissen zwar nicht genau, worüber, aber lachen eben.
So ist das, wenn du betrunken bist, denkst du nicht mehr klar. Irgendwann merkst du es nicht einmal mehr, weil du so viele Gehirnzellen verloren hast, dass du die Realität nicht mehr wahrnimmst. Klar, das wirkt erst mal cool. Aber mach das ein paar Jahre lang, und am Ende gibt es niemanden, der wirklich sagen kann: Das hat sich gelohnt, das war toll. Keiner.
Das ist genau das, was Jakobus uns hier sagt: Wenn wir bestehen, dann kommt etwas Positives daraus. Der Teufel hingegen will uns vorgaukeln, dass das, was uns versucht, gut und schön sei. Natürlich sind wir an verschiedenen Stellen versuchbar. Der eine vielleicht durch oberflächliches Partymachen, der andere durch Intellektualität.
Das kann auch eine Versuchung sein. Viele Gebildete meinen irgendwann, sie bräuchten Gott nicht mehr. Es gibt Leute wie Richard Dawkins, der die These aufstellt: Wenn du richtig klug und intelligent bist, glaubst du nicht an Gott. Glauben an Gott sei nur für Dummköpfe. Das haben auch schon mehrere Leute im Internet geschrieben. Sie sagen, der Glaube sei nur für die Dummen.
Ob das stimmt oder nicht, glaube ich nicht. Die Bibel sagt es übrigens auch nicht. Man kann hochintelligent sein und trotzdem an Gott glauben und fest davon überzeugt sein. Weil das für manche ein Problem ist, schreibe ich gerade an einer Sammelbiografie von drei bedeutenden Naturwissenschaftlern, die gleichzeitig überzeugte Christen waren: Isaac Newton, der als wichtigster Physiker aller Zeiten gilt; Blaise Pascal, Erfinder der ersten Rechenmaschine und Entdecker des Luftdrucks; und Gottfried Wilhelm Leibniz, deutscher Forscher, Entwickler des binären Systems, also der Grundlage des Computers, Erfinder von Rechenzeichen sowie der Integral- und Differentialrechnung.
Das sind ganz bedeutende Persönlichkeiten, nicht irgendwelche kleinen Lichter. Und alle haben ganz deutlich gesagt: Ich glaube an Gott, und die Bibel ist wahr. Das finde ich eigentlich sehr ermutigend. Es ist eben nicht so, dass Intelligenz und Glaube sich ausschließen.
Für manche Intelligente oder Halbintelligente kann ihr Intellekt eine Versuchung sein, Gott abzulehnen. Für andere kann das endlose Jobben oder Workaholismus eine Versuchung sein. Es können ganz unterschiedliche Dinge sein. Aber im Grunde steht dahinter unser Fleisch, das uns wegzieht und kaputtmacht.
Am Ende wird ganz deutlich: Wenn du nicht so lebst, wie Gott es sagt, dann kann dir der Teufel noch so sehr versprechen, dass du berühmt, anerkannt und glücklich wirst. Du wirst nicht glücklich, anerkannt und zufrieden. Das müssen wir erkennen.
Der Teufel nutzt immer wieder dieselbe Gelegenheit. Denken wir an David auf dem Dach, als er plötzlich Batseba sieht. Sein Gefühl sagt ihm, es wäre toll, mit dieser Frau zusammenzusein. Er denkt nur daran, wie schön das alles wäre. Dann tut er es. Sobald er es getan hat, merkt er: Es ist ganz anders gelaufen als gedacht. Jetzt ist sie auch noch schwanger. Was soll er tun? Er löst die Sache, indem er den Mann umbringt, damit er sie heiraten kann. So verstrickt er sich immer weiter in Sünde. Am Ende ist er natürlich nicht glücklich.
Gott zeigt ihm das zum Glück rechtzeitig. Wenn wir meinen, dass das, was der Teufel uns durch unsere Lust sagt, gut sei, dann stimmt das kurzfristig, aber auf Dauer niemals. Wir werden versucht von unserem eigenen Fleisch. Hier steht: Die Versuchung kommt von unserer Begierde. Die Begierde führt zur Sünde.
Das bedeutet: Erst kommt die Begierde, du stellst dir vor, wie toll es ist, etwas zu tun. Dann tust du es, und die Sünde ist da. Hier steht: Die Sünde führt immer zum Tod. Dabei ist nicht in erster Linie der irdische Tod gemeint. Der kommt manchmal auch, gerade aufgrund von Sünden. Aber hier ist vor allem der geistliche Tod gemeint.
Wenn du ständig in diesem Verstrickten lebst, immer nur nach der Sünde und dem Fleisch gehst, dann steht am Ende ganz eindeutig der ewige Tod. Hier auf der Erde führt das oft auch zu Leiden.
Gottes gute Gaben und unser Leben als Erstlinge seiner Geschöpfe
Dem wird folgendes gegenübergestellt: Irrt euch nicht, jede gute Gabe kommt von Gott und ist ein Geschenk Gottes. Hier sollten wir uns auch wieder zurechtrücken. Wenn euch etwas Gutes passiert, schreibt es nicht auf eure eigenen Fahnen. Viele Menschen verhalten sich anders: Läuft etwas schlecht, sagen sie: "Gott, du bist schuld, warum hast du das zugelassen?" Passiert etwas Gutes, meinen sie: "Das hast du aber gut gemacht." So geht das nicht.
Oft ist es genau umgekehrt. Meistens sind wir selbst verantwortlich für das, was schiefgeht, oder der Teufel. Für das, was gut in unserem Leben läuft, ist es jedoch ein Geschenk Gottes. Es wird weiter gesagt: Jedes Geschenk, das von oben herabkommt, vom Vater der Lichter. Was ist damit gemeint? Die Lichter sind die Lichter im Firmament. Gestern war ein sternklarer Himmel, da konnte man viele Sterne sehen. Dazu kommen Sonne und Mond. Gott ist der Vater dieser Lichter. Er steht über allem, hat das Ganze initiiert. Ohne ihn gäbe es das alles nicht. Wir könnten gar nicht leben.
Im Weltraum herrschen zig Grad unter null. Hätten wir keine Sonne, könnten wir nicht leben. Gott ist der, der uns die Grundvoraussetzungen schafft, damit wir leben können. Wir lesen in der Bibel: Gott lässt die Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte. Genau so ist es. Von Gott kommt alles. Er ist der Vater des Lichts. Diese Lichter auf der Erde können auch mal verschwinden. Die Sonne ist nachts nicht zu sehen, dann ist es dunkel. Doch bei Gott gibt es keine Veränderung oder Schatten infolge von Wechsel.
Der Mond wechselt: Mal sehen wir ihn ganz, mal halb, mal gar nicht. Die Sonne ist nur am Tag sichtbar, nicht in der Nacht. Aber Gott, der darüber steht und alles gemacht hat, ist immer da und immer gleich. Es gibt keinen Wechsel wie bei den Sternen, die wir nicht beeinflussen können, von denen wir aber profitieren.
Nach seinem Willen hat er uns gezeugt durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Geschöpfe seien. Selbst unser Leben verdanken wir diesem Gott. Das sollten wir immer bedenken und nicht aus dem Bewusstsein streichen. Es ist kein Zufall, dass wir geboren sind. Es liegt auch nicht daran, dass unsere Eltern gerade Lust hatten, ein Kind zu bekommen. Letztendlich ist es Gott, der das gebraucht und gewollt hat.
Wir sind Erstlinge seiner Geschöpfe, das sollen wir sein. Er hat uns geschaffen und durch das Wort der Wahrheit gezeugt, das heißt, als Christen gemacht. Das Ziel ist, dass wir für ihn leben. Das Ziel der Errettung ist nicht in erster Linie, dass du in den Himmel kommst, sondern dass du für ihn lebst und Gott hier auf der Erde und in der Ewigkeit verherrlichst.
Auch in der Ewigkeit wird es nicht so sein, dass Gott als Kellner herumgeht und schaut, dass es uns gut geht. In der Ewigkeit wird Gott gelobt und verherrlicht werden. Das ist auch hier das Ziel: dass wir die Erstlinge seiner Geschöpfe sind.
Erstlinge war im Alten Testament ein technischer Begriff. Er meint die Erstlinge, die für Gott geopfert wurden, um ihn zu verherrlichen. Das Erste, was vom Acker kam, das erste Tier, das geboren wurde, usw. Das heißt, du bist gerettet nicht nur, damit es dir gut geht – das ist ein Nebeneffekt –, sondern du bist gerettet, damit du Gott verherrlichst, so wie die Erstlinge im Alten Testament, die geopfert wurden.
Abschluss und Ermutigung zum Durchhalten
Ja, eigentlich hatte ich vor, euch jetzt auch noch den letzten Abschnitt bis Kapitel 2 vorzulesen und auszulegen. Aber ich vermute, dass angesichts der Witterungsverhältnisse eure Konzentration darunter leiden könnte. Deshalb lasse ich es vielleicht bei diesem Gedanken, der ja auch durchaus wichtig genug ist, um ihn in Erinnerung zu behalten: Versuchung und Anfechtung – jeder Christ wird damit zu tun haben.
Anfechtung und Versuchung erleben wir als schlimme Dinge, als etwas, das uns durchschüttelt und Schwierigkeiten bereitet. Trotzdem sollen wir Gott dankbar dafür sein. Wenn wir sie nämlich richtig im Sinne Gottes bestehen – mit seiner Kraft und seiner Weisheit – dann dient das dazu, dass unser Glaubensleben wächst. Das ist das Ziel, das Gott damit hat. Wenn wir diesen Übungsprozess bestehen, dann sind wir am Ende sogar vollständig, so wie Gott es eigentlich will.
Wenn wir es alleine nicht schaffen – und das tun wir alle nicht – dann sollen wir Gott um Weisheit bitten. Weisheit, um richtig in der Versuchung zu reagieren, also zu sehen: Wie können wir sie umgehen? Wie können wir das Versprechen des Teufels enttarnen? Wie können wir Situationen entgehen, in denen wir immer wieder in Versuchung kommen? Denn häufig sind es ja immer wieder dieselben Dinge, die uns Schwierigkeiten machen.
Wir sollen Gott darum bitten – mit der vollen Überzeugung, dass er uns diese Weisheit geben wird. Aber auch mit der Überzeugung: Ich will tun, was Gott mir sagt, ich will mich darauf einlassen.
Eine Versuchung oder zwei, die häufig in unserem Leben eine Rolle spielen können und hier exemplarisch genannt werden, sind Armut oder irgendein Mangel, den wir leiden, oder Reichtum beziehungsweise Überfluss, über den wir uns freuen. Beides kann Versuchung sein.
Jakobus spricht hier gerade asymmetrisch – das heißt nicht so, wie man normalerweise denkt: „Ich freue mich über den Reichtum und bin sauer über die Armut“, sondern genau umgekehrt. Er sagt: „Ich freue mich darüber, dass ich nichts habe, und ich bin skeptisch und arm, weil ich wenig reich bin.“ Daran sollen wir denken. Gottes geistlicher Umgang mit Anfechtung ist manchmal genau entgegengesetzt zu dem, wie wir es aus unserem Fleisch heraus tun würden. Darauf sollen wir richtig eingehen.
Wir sollen die Anfechtung nicht nur besiegen, weil wir hier auf der Erde davon profitieren und unser geistliches Leben wächst, sondern auch, weil wir von Gott in der Ewigkeit belohnt werden für die bestandene Versuchung.
Wenn wir versucht werden, sollten wir nicht auf den Trichter kommen und sagen: „Gott, das ist ja deine Schuld! Ich konnte ja gar nicht anders, oder du wolltest ja sogar, dass ich sündige.“ Das ist vollkommen daneben. Gott lässt Versuchung zu, aber sie kann uns dienen, wenn wir auf die Weisheit Gottes bauen. Wenn wir das nicht tun, werden wir Schaden nehmen.
Der Ursprung dieser Versuchungen und unserer Versuchbarkeit liegt in unserem Fleisch, unseren Begierden, unserem irdischen Leben und Denken – das kommt nicht von Gott. Wenn du dich darauf einlässt und mit aller Sünde sympathisierst, also immer wieder darüber nachdenkst: Könnte ich nicht? Sollte ich nicht? Vielleicht doch? – dann wird dein Verstand mit der Zeit immer gute Gründe finden, es doch zu tun und zu wollen.
Was du stattdessen tun musst, wenn Versuchung kommt: Sag gleich am Anfang Nein! Damit will ich nichts zu tun haben. Manchmal hilft es sogar, innerlich zu sagen: „Nein, Teufel, verschwinde! Ich will nicht.“ Das hat Jesus ja auch getan.
Als Jesus in der Wüste versucht wurde, hat er nicht lange mit dem Teufel diskutiert. Er hat nicht gesagt: „Na ja, gut, ich bete dich an, aber ich knie mich nicht nieder.“ So etwas hätte man diskutieren können. Das hat er gar nicht getan, sondern er hat einen Bibelvers zitiert und dem Teufel den Mund gestopft.
Genauso müsst ihr auch damit umgehen. Wenn Anfechtung kommt und ihr lasst euch auf lange Diskussionen mit eurem Fleisch ein, dann habt ihr schon halb verloren. Das ist genau das, was Eva getan hat. Eva hätte einfach zur Schlange sagen müssen: „Du Lügnerin, das stimmt ja alles gar nicht, hau ab!“ Genauso müssen wir das auch tun.
Suche also nicht die Situationen, in denen Versuchungen kommen. Und wenn Versuchungen kommen, führe keine langen Diskussionen. Denn wenn du dich auf die Begierde einlässt, also schon darüber nachdenkst, wie es wäre, dann ist die Sünde schon fast getan. Und wenn du die Sünde getan hast, ist der Lohn der Sünde der Tod. Darauf sollten wir uns nicht einlassen.
Deshalb: Von vornherein weniger in Versuchung sein und möglichst schnell Nein sagen. Bei vielen Dingen wissen wir ja, was falsch und richtig ist – gerade bei den Sünden, die wir immer wieder tun. Da wisst ihr doch längst, was falsch und richtig ist. Also lasst euch nicht darauf ein! Sobald du es tust, hast du fast keine Chance mehr.
Zum Schluss wird noch gesagt: Auf der anderen Seite sollten wir daran denken, dass Gott dich reich beschenkt. Er hat dich beschenkt und wird es auch in der Zukunft tun. Letztendlich kommt alles, was in deinem Leben gut läuft und gelingt, von Gott. Er gibt dir die Kraft, die Gesundheit, die Menschen in deiner Umgebung und lässt die Sonne scheinen – über Gerechte und Ungerechte.
Denk daran: Er hat dich durch sein Wort gerettet, nicht einfach so, sondern damit du ihn hier auf der Erde und in Ewigkeit verherrlichst. Du bist ein Erstling seiner Geschöpfe, ebenso wie die Opfergabe, die von den Erstlingen gegeben wurde. Das ist das Ziel.
Du hast erst die halbe Strecke erreicht – oder ein Viertel, ein Zehntel oder was auch immer, wenn du nur an die Errettung denkst. Das soll viel weitergehen. Und das heißt, in Anfechtung beständig zu sein und dabei zu bleiben.
Amen.