Ich glaube, ihr braucht heute keine Bibel. Ich glaube, ich habe einen Bibelvers oder so von der Größenordnung. Den Rest erzähle ich euch einfach.
Für alle Gäste: Das ist nicht die Regel, dass es so wenig gibt, aber ich dachte einfach mal, ich mache eine Predigt. Wie ist die entstanden? Ich habe ein Buch gelesen. Und wenn ich ein Buch lese, dann sind das immer merkwürdige Bücher.
Dieses Buch hat den Titel „Samson and the Pirate Monks“, auf Deutsch „Simson und die Piratenmönche“. Ihr merkt schon, wie kann man so ein Buch lesen? Ich fand es toll. Ich fand es nicht ganz so toll wie der, der es mir empfohlen hat, aber ich habe es vor Monaten gelesen und habe gedacht, da ist ein Gedanke dabei, den möchte ich gerne mit euch teilen.
Diesen einen Gedanken habe ich jetzt in eine Predigt gegossen. Es ist ein Gedanke, von dem ich persönlich den Eindruck habe, dass wir ihn gut gebrauchen können.
Wenn jetzt jemand denkt: „Jürgen, du hast die Predigt bestimmt für mich geschrieben, du willst mir nur hintenrum was sagen“, nein, ich habe das vor Monaten gelesen, habe gedacht, darüber müsste man was machen, habe in den Predigtplan geschaut und habe gesehen: Aha, jetzt in dem Monat geht es um Gemeinschaft, da packen wir die rein.
Das heißt, wenn du heute hier bist und wenn heute die Predigt für dich ist, ist es dein Problem – ausnahmsweise mal nicht meins.
Zwei Lebenswege im Vergleich: Simson und David
Worum geht es? Ich möchte zwei Personen miteinander vergleichen. Auf der einen Seite steht Simson. Simson ist recht bekannt und gilt eigentlich als der ultimative Held in der Kinderbibel. Er hat viele beeindruckende Taten vollbracht, die sich gut in Bildern darstellen lassen. Als persönliches Vorbild taugt er vielleicht nicht so sehr, aber er ist der wahre Actionheld der Bibel – der ruhige, starke Typ, der sich kaum selbst hinterfragt. Leider analysiert er weder seine Motive noch nimmt er seine Fehler wirklich ernst. Er ist nicht unbedingt ein Mann des Gebets, aber doch irgendwo jemand, der auf den ersten Blick erfolgreich erscheint.
Zwanzig Jahre lang war Simson Richter in Israel. Äußerlich machte er seinen Job anscheinend ganz gut. In der Bibel steht nichts Schlechtes über ihn als Richter. Sein Privatleben jedoch ist gelinde gesagt ein Desaster. Simson wurde von Geburt an berufen. Er ist ein Mann mit außergewöhnlicher körperlicher Kraft – so jemand, der einen Löwen mit bloßen Händen packt. Wenn man ihn in einer Stadt einsperren will, dann geht er an die Stadttore, reißt sie aus der Verankerung und trägt sie auf seinem Rücken den Berg hinauf, damit niemand von hinten mit Pfeilen auf ihn schießen kann. Ein ziemlich ungewöhnlicher Typ.
Sein Problem war wahrscheinlich vielschichtig, aber das Problem, das die Bibel besonders beschreibt, hat zwei Beine und lange Haare – also Frauen. Simson liebte es, mit den falschen Frauen ins Bett zu gehen. Wenn man seine Lebensgeschichte liest, merkt man, dass er am Ende blind wurde. Doch lange bevor ihm die Augen ausgestochen wurden und er körperlich blind war, war er moralisch blind. Er hat nicht richtig mitbekommen, dass in seinem Leben vieles schief läuft. Ein starker Mann, beherrscht von seinem Testosteron, und trotzdem – und das ist das Spannende – getrieben vom Heiligen Geist.
Wozu war Simson auf der Welt? Was war seine Berufung? Er war von Gott dazu bestimmt, einer bestimmten Bedrohung ein Ende zu setzen. In Israel herrschten die Philister, und Simson hatte den Auftrag, sich darum zu kümmern, dass diese Bedrohung endet – die Philister sollten vertrieben werden. Er tut viel, doch das Traurige ist: Am Ende seines Lebens steht er blind da, als Partygag in einem riesigen Haus voller Philister, die gerade eine große Feier veranstalten. Mit letzter Kraft reißt er die Mittelsäulen weg, und während er stirbt, sterben auch einige Philister. Aber das eigentliche Problem, das er lösen sollte, nämlich die Bedrohung durch die Philister, löst er nicht.
Dieses Problem wird in der Bibel von einer ganz anderen Person gelöst, nämlich von David. Wenn du an Simson denkst – ich setze jetzt ein bisschen Vorwissen voraus, verzeiht mir das –, falls nicht, lies die Geschichte einfach nach. Sie lässt sich leicht lesen. Schnapp dir irgendeine bebilderte Kinderbibel, das ist wirklich herrlich.
Wenn man an Simson denkt, denkt man an einen Eselskinnbacken. Stell dir vor, eine Horde Philister kommt auf ihn zu. Er schaut sich um, findet so einen alten Eselskinnbacken, nimmt das Ding und schlägt damit auf die Leute ein. Ein Mann, ein Eselskinnbacken, tausend Tote.
Wenn ich mir dagegen anschaue, wie David seinen Dienst anfängt, dann bringt er am Anfang nicht tausend um, sondern nur einen – aber den richtigen. Beide, sowohl Simson als auch David, haben auf ihre Weise ein Problem mit Frauen. Aber nur einer kommt zur Buße, nämlich David. Beide haben den Auftrag, das Problem mit den Philistern zu lösen, aber nur einer von beiden erfüllt diesen Auftrag, nämlich David.
Die Frage ist: Was unterscheidet die beiden so sehr, dass der eine seinen Auftrag erfüllt und der andere nicht?
Unterschiedliche Lebensweisen und ihre Folgen
Wie gesagt, die Begabung macht bei beiden nicht den Unterschied. Beide sind berufen, beide haben den Heiligen Geist. Beide sind Menschen, die in der richtigen Situation eigentlich da wären, um das Richtige zu tun. Aber sie leben ihre Begabung sehr unterschiedlich.
Simson ist der Typ, der irgendwie immer unterwegs ist. Wenn du seine Geschichte liest, wirst du feststellen, dass er scheinbar nie wirklich ein Zuhause hatte. Er ist ständig irgendwo unterwegs. Simson ist jemand – und jetzt kommen wir langsam zum Kern dieser Predigt – der sich überhaupt keine Mühe macht, Freunde zu gewinnen. Er ist ein in sich gekehrter Macher, ohne echte Freunde. Er hat sein Ding durchgezogen, war auf seine Weise erfolgreich, aber er wurde eben doch nicht zum Durchbruch. Er wurde wirklich nicht zum Knaller.
Wenn wir uns David anschauen, sieht das ganz anders aus. Eigentlich muss man sagen, dass er erst mal weniger beeindruckend wirkt. Da kommt der Prophet Samuel zur Familie von David, um den neuen König zu salben. Und keiner denkt daran, den kleinen David zu holen. Samuel sagt: „Bring mir deine Söhne!“ Alle Söhne kommen, aber keiner ist der Richtige. Man übersieht den kleinen David, der draußen wartet. Man denkt: „Den kannst du doch nicht meinen, der kann es nicht sein, oder?“ Doch, genau der. Hol ihn her.
Wenn wir uns anschauen, was David tut, wird klar: Was macht David, als er Goliath erschlagen hat? Was ist das Erste, was er danach tut? Er erschlägt Goliath, und natürlich denkt man: „Oh, was für ein toller Typ! Dann holt König Saul ihn zu sich.“ Aber das Erste, was David tut, nachdem er Goliath besiegt hat, ist sehr markant. Er bekommt einen Freund, Jonathan. Der Prinz wird sein Freund.
Die ganze Zeit kannst du Davids Leben verfolgen und wirst feststellen, dass er niemals ein Einzelkämpfer ist. Er lebt sein Leben – und es ist ein herausforderndes Leben – immer als Teil eines Teams. Er ist immer eingebunden in Beziehungen. Er stellt sich nie als One-Man-Show dar.
Genau das ist es, was ihn am Ende auch rettet. Als er Ehebruch mit Bathseba begeht und dann noch den Mann von Bathseba umbringen lässt, lebt er in so engen und guten Beziehungen, insbesondere zu Nathan, dass dieser zu ihm hingehen kann. Obwohl David König war, sagt Nathan zu ihm: „Weißt du, ich erzähle dir mal ein Gleichnis.“ Am Ende merkt David: „Boah, du meinst ja mich.“
Das ist das Geheimnis von David: Er hatte sein ganzes Leben hindurch ganz tolle Freunde.
Ich glaube, wenn man sich die Frage stellt, warum David das Problem mit den Philistern gelöst hat und Simson nicht, dann liegt das daran, dass der eine es immer alleine probiert hat. Simson war stark, berufen und begabt, aber das hat für die Aufgabe nicht gereicht. Auf der anderen Seite steht jemand, der genauso berufen und begabt war, die gleiche Aufgabe bekam und sie erreicht hat, weil er sich als Teil eines größeren Ganzen verstanden hat.
Gemeinschaft als Schlüssel zum geistlichen Erfolg
Die Bibel betont den Wert von Teamwork, Gemeinschaft und Gemeinde. Mein Eindruck ist, dass es in Gemeinden heute viele „Simsons“ gibt – Menschen, die begabt und berufen sind und durchaus einiges erreichen können. Doch ihr Leben ist oft wenig vom Gebet geprägt. Es gibt wenig Siege über falsche Lüste. Dabei muss es nicht immer um Sexualität gehen, wie im Fall von Simson. Es kann auch Materialismus, Workaholismus oder Alkohol sein.
Viele Menschen treten über fünf, zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre auf der Stelle. Es gibt wenig echte Freunde, und in der Gemeinde wird oft nicht mehr als eine Gruppe von Menschen verstanden, die sich gegenseitig ins Leben hineinreden darf.
Was mich an David begeistert, ist, dass er ein unglaublich ehrliches Leben vor Gott führt. Er versteckt seine Sünde nicht vor Gott, sondern ist ganz offen und ehrlich. Das sieht man, wenn man seine Gebete anschaut. Diese sind tief und ehrlich. Er lässt zu, dass Gott einen ganz tiefen Blick in sein Herz wirft.
Dann kommt etwas Zweites hinzu: Er teilt dieses ehrliche Leben, das er mit Gott führt, auch mit anderen. Das Buch in der Mitte der Bibel sind die Psalmen. Wisst ihr, wie viele Psalmen David geschrieben hat? Es gibt 150 Psalmen. Wie viele davon stammen von David? Was würdet ihr schätzen? 100 Psalmen? Das wäre etwas zu hoch. Merkt euch einfach die Hälfte: 75 Psalmen sind von David.
Wenn ihr die Psalmen von David lest, merkt ihr, dass es nicht nur fröhliche Halleluja-Lieder sind. Vielmehr beschreibt jemand, was er gerade mit Gott erlebt. Es gibt mal ein Halleluja, aber nach der Geschichte mit Bathseba schreibt David ein Lied, in dem er vor Gott zerbricht und Buße tut. Das ist schon gewagt.
Aber dann dieses Lied zu nehmen und im Gottesdienst vorzusingen, in dem er erzählt, wie er letzte Woche Buße getan hat, wie ihm das Herz zerrissen war und wie nötig jemand kommen musste, um ihm wieder klarzumachen, wer er ist – das ist mutig. Da würde man doch sagen: „Lieber König, was hältst du davon, das niemandem zu erzählen?“ Wenn du das am Sonntag im Gottesdienst singst, wissen es alle. Auch die, die bis dahin nicht wussten, was du angestellt hast.
David ist so stark dahinter und sagt: „Nein, ich schreibe ein Lied. Ich möchte nicht nur ehrlich zu Gott sein, sondern auch vor meinen Geschwistern, vor dem heiligen Gottesvolk.“ Er hat es nicht nötig, sich vor ihnen zu verstellen. Sie dürfen ruhig wissen, was er gemacht hat.
Hinter diesem Verhalten steckt ein wunderschönes Konzept: das Konzept der Gnade. Wir müssen niemandem etwas vorspielen. Das geistliche Leben von David ist wie ein aufgeschlagenes Buch. Ich glaube nicht, dass das eine Macke von ihm ist, sondern ein Prinzip.
Das Prinzip lautet: Ein erfolgreiches geistliches Leben ist einerseits ehrlich vor Gott. Wir verstecken unsere Sünde nicht vor ihm. Andererseits ist es offen für die Menschen um uns herum. Es mag sein, dass du nicht alles mit jedem besprichst. Aber Offenheit scheint mir hier trotzdem ein wichtiges Prinzip zu sein.
Herausforderungen der Gemeinde heute
Ich stelle mir schon lange die Frage: Warum ist die Christenheit in Deutschland so schwach? Es passiert ja nicht viel hierzulande.
Vor kurzem hat Simon mir ein paar Vorträge zusammengestellt. Einen davon habe ich von einem Chinesen gehört. Er erzählte, wie in sechs Jahren etwas über eine Million Menschen zum Glauben gekommen sind. Ich habe mir den Vortrag eine Dreiviertelstunde angehört, doch dann konnte ich es einfach nicht mehr ertragen.
Da es eine Missionskonferenz in Deutschland war, bin ich anschließend zu einem anderen Vortrag gegangen. Dort berichtete ein Deutscher aus Köln, wie er versucht, nach dem Konzept, das in China funktioniert hat, auch in Köln zu arbeiten. Nach dem Vortrag atmete ich tief durch und dachte: „Boah, jetzt sind wir wieder zuhause.“ Nicht eine Million, sondern drei Leute pro Jahr.
Ich habe mich wiedergefunden und dachte: Ja, hier sind wir wieder – das ist Deutschland. Das beste Konzept, das in Asien funktioniert, bringt hierzulande niemanden zum Glauben. Drei Leute pro Jahr für einen Vollzeitmitarbeiter – das ist nichts Besonderes. Das kannst du mit jeder Methode schaffen, du musst einfach nur auf die Straße gehen und deine Zeit investieren.
Aber warum ist das eigentlich so? Warum ist die Gemeinde in Deutschland so schwach? Ein Punkt, der mir immer wichtiger wird, ist folgender: Ich glaube, wir leben wie Simson. Die Gemeinde wird zu einem Treffen von Simsons – von Leuten, die ihr geistliches Leben lieber allein leben. Sie bleiben lieber über Jahrzehnte hinweg schwach und halten an lässlichen Sünden fest, wie zum Beispiel Pornografie, mangelnder Vergebungsbereitschaft oder auch ein bisschen Blödreden hier und da.
Das sind Dinge, bei denen man sagen könnte: „Ich kläre dieses Problem für dich in vier Wochen. Du musst mir nur erlauben, dass ich dich jeden Sonntag hier nach vorne bitte, Buße zu tun, damit wir für dich beten dürfen.“ Das wäre doch etwas.
Stell dir vor – und ich kann das nur aus männlicher Perspektive erzählen – du kämpfst Woche für Woche mit deinem Pornografiekonsum. Du gehst nach vorne und sagst: „Geschwister, ich muss euch nichts vormachen. Ich habe ein Y-Chromosom und ein Problem. Betet für mich! Nächste Woche werde ich berichten.“ Ich verspreche dir, in drei Wochen ist das Problem deutlich kleiner geworden.
Stellt euch vor, wir würden das schaffen. Es ist kein Forderung, sondern nur ein Gedankenexperiment.
Du sagst: „Ich habe ein Problem mit Vergebungsbereitschaft. Ich traue mich hier nach vorne zu gehen und sage: Ich habe ein Problem mit xy und weiß nicht weiter. Ich bin in diese Gemeinde hineingesetzt, aber ich weiß nicht weiter. Bitte betet, dass wir einen Weg finden, denn ich bin dabei, mich innerlich aus der Gemeinde zu verabschieden.“
Stell dir vor, du hast Eheprobleme. Du gehst nach vorne und sagst: „Ich habe ein echtes Problem. Bitte betet für mich. Ich möchte, dass ihr offen wisst, wie es mir geht.“
Das machen wir nicht. Keine Sorge, das wird in Deutschland wahrscheinlich auch nie passieren. Aber ich möchte nur die Idee aufzeigen: Stell dir vor, du hättest so eine Offenheit. Jemand könnte hier vorne stehen und sagen: „Ey, mir geht es total schlecht.“ Dann beten fünf Leute für ihn, und in der nächsten Woche ruft ihn jeden Tag jemand an, um zu fragen, wie es ihm geht. Am nächsten Sonntag berichtet er der Gemeinde.
Boah, ich denke mir: Mann, das wäre Hilfe, oder? Das wäre gigantisch. Aber das machen wir nicht.
Meine Behauptung ist: Wir unterschätzen massiv den Wert und die Effektivität von Gemeinde. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und formuliere es radikaler: Ich glaube, wir erwarten von Gott, was uns eigentlich nur die Gemeinde geben kann.
Ich wiederhole das noch einmal: Wir erwarten von Gott, was uns eigentlich nur die Gemeinde geben kann. Was uns nur die Gemeinde geben kann beziehungsweise was Gott entschieden hat, dass du es nicht direkt von ihm, sondern von der Gemeinde bekommst, wenn du es haben möchtest.
Das Problem ist: Wenn ich etwas von Gott haben will, aber Gott sagt, das gebe ich dir nicht direkt, sondern in der Gemeinde, und ich immer wieder zu Gott rufe: „Gott, hilf, Gott, hilf, Gott, hilf“, und Gott sagt: „Das habe ich dir doch schon gegeben. Du hast doch schon eine Gemeinde. Entschuldigung, was willst du noch mehr?“
Und ich gehe immer weiter zu Gott, obwohl ich eigentlich zu Menschen gehen müsste, wenn ich Hilfe will, aber keine Hilfe von Menschen will. Wenn ich Christus mehr vertraue als dem Leib Christi, der Gemeinde, dann stehe ich am Ende als jemand da, der von seinem Glaubensleben enttäuscht ist, weil er nicht das bekommt, was er eigentlich sucht.
Persönliche Beziehung und Gemeinschaft im Glauben
Der Autor, von dem ich euch vorhin erzählt habe – Nate Larkin, bekannt durch "Samson and the Pirate Monks" – ist über Jahrzehnte immer mehr in die Sexsucht abgerutscht, obwohl er in einer Gemeinde eine verantwortliche Position innehatte. Ich möchte euch einen Text vorlesen, den ich frei übersetzt habe. Darin schreibt er rückblickend über seine Zeit, in der ihm kaum jemand wirklich geholfen hat und er das Gefühl hatte, ganz allein dazustehen.
Er sagt: Das Konzept einer persönlichen Beziehung mit Jesus hatte im Hinblick auf meine Abhängigkeit nicht funktioniert. Und ich wusste, dass es mein Fehler war. Was ich damals noch nicht verstanden hatte, war Folgendes – und dieser Satz ist jetzt entscheidend. Weil ich diesen Satz gelesen habe, gibt es diese Predigt.
Okay, so ticke ich nun mal, vergebt mir das bitte. Ich lese den Satz vor, und dann mache ich eine kleine Pause.
Der Satz lautete: Jesus bietet jedem seiner Jünger zwar eine persönliche Beziehung an, aber er verspricht uns niemals eine exklusive Beziehung. Ich lese ihn noch einmal vor: Jesus bietet jedem seiner Jünger zwar eine persönliche Beziehung an, aber er verspricht uns niemals eine exklusive Beziehung.
Exklusiv bedeutet: Ja, ich und mein Jesus – Ende. Das gibt es nicht in der Bibel. Ist euch mal aufgefallen, wie viele Leute bei der ersten Berufung berufen wurden? Jesus zieht gerade am See Genezareth vorbei. Wie viele waren es? Ratet mal! Hundert? Nein, weniger. Etwas weniger. Zwei! Andreas und Simon.
Man würde erwarten, dass Jesus bei der Berufung viele Menschen auf einmal beruft. Später hat er zwar mehr Jünger, aber er beginnt mit nur zwei Personen.
Die Verheißung lautet: Wo so und so viele beieinander sind, da bin ich mitten unter ihnen. Was steht denn genau da? Nicht: Wo du alleine betest, bin ich auch. Sondern: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Das ist merkwürdig, oder? Wenn ich mir anschaue, was Jesus eigentlich bauen möchte – wenn Jesus zum Beispiel zu Petrus sagt: „Was machen wir, wenn wir hier nach Pfingsten fertig sind? Wie geht es dann weiter?“ – was möchte Jesus bauen?
Möchte Jesus eine Milliarde persönlicher, sehr eigenständiger und individueller Beziehungen zu jedem Einzelnen? Nein, das möchte er nicht. Jesus sagt: Ich möchte meine Gemeinde bauen.
Das ist total spannend. Jesus beruft im Plural. Er sagt, wo mehrere Leute zusammen sind, da bin ich mitten unter euch. Jesus sagt, er möchte eine Gemeinde bauen.
Deshalb möchte ich euch Folgendes sagen: Wenn Gott euch berufen hat, dann hat er euch als Teil einer Gemeinschaft berufen. Im Wald ist mir folgender Satz eingefallen, der zwar nicht für eine Deutscharbeit taugt, aber wichtig ist: Ich bin vor Gott ein Wir. Wenn Gott mich beruft, bin ich vor Gott ein Wir.
Versteht ihr das? Ich bin nicht nur ein Ich, das alleine vor Gott steht. Sondern in dem Moment, in dem Gott mich beruft, in dem Moment, in dem ich meine Hände falte und mein Leben ihm übergebe, nimmt er mich und packt mich in eine Gemeinschaft hinein. Diese Gemeinschaft heißt Gemeinde.
Das passiert, ohne dass Gott mich vorher fragt. Das macht er einfach. Und das magst du vielleicht nicht akzeptieren und sagen: „Das finde ich aber blöd.“ Aber das ist völlig egal, denn es passiert genau in dem Moment, in dem du zu Gott findest.
Ich lese euch noch einmal das Zitat vor: Das Konzept einer persönlichen Beziehung mit Jesus hatte im Hinblick auf meine Abhängigkeit nicht funktioniert, und ich wusste, dass es mein Fehler war. Was ich damals noch nicht verstanden hatte, war Folgendes: Jesus bietet jedem seiner Jünger zwar eine persönliche Beziehung an, aber er verspricht uns niemals eine exklusive.
Jetzt fahre ich mit dem Zitat fort: Auf Jahre hinaus hatte ich Gott um die private Lösung meiner privaten Probleme gebeten, und er hatte meine Bitte einfach ignoriert. Dann denkst du dir: „Hallo, was ist das für ein Gott, der meine Gebete ignoriert?“
Warum kann Gott solche Gebete ignorieren? Die Antwort, die im Buch gegeben wird, lautet: Gott hat die Gebete um das persönliche Eingreifen, die persönliche Lösung deshalb ignoriert, weil er die Gebete schon längst erhört hatte – allein dadurch, dass dieser Mann sich in einer Gemeinde befand.
Ich glaube, wir müssen Gemeinde als etwas verstehen, das viel effektiver ist, als wir es uns vorstellen können. Wir müssen lernen, unser Leben in der Gemeinschaft offener zu leben und tatsächlich Hilfe bei Geschwistern zu suchen. Oder dort, wo wir selbst begabt sind, Hilfe anzubieten – ihr erinnert euch an die Gabenreihe.
Wir haben oft die Tendenz, alles von den Ältesten zu erwarten. Die Ältesten sind sozusagen die eierlegenden Wollmilchsäue, zu denen man gehen kann, wenn man irgendwie alles haben will. Aber das ist nicht das, was Gemeinde eigentlich ist.
Gemeinde ist anders gedacht. Wenn ich das so sage, weiß ich, dass einige fragen: „Wo bleibt denn da meine persönliche Beziehung zu Jesus?“
Hat Jesus nicht auch gebetet? Ja, hat er. Bete so viel du willst und nimm dir so viel Zeit alleine mit Jesus, wie du brauchst. Genieße diese Gebetszeiten!
Aber wenn es in der Gemeinde jemanden gibt, der zum Beispiel die Gabe „Wort der Weisheit“ hat, dann würde ich dir raten, dich mit ihm zu unterhalten, wenn es um deine Lebensplanung geht.
Wenn es jemanden gibt, der die Gabe des Mitteilens hat, also des fröhlichen Geldgebens, dann würde ich dir, falls du finanzielle Probleme hast, raten, dich mit ihm zu unterhalten.
Und wenn es jemanden gibt, der die Gabe des Glaubens hat, und du merkst, dass er nie ins Zweifeln gerät, während du gerade zweifelst, dann würde ich dir raten, zu ihm zu gehen und zu sagen: „Kannst du meinem Glauben ein bisschen aufhelfen? Du hast so viel davon, ich hätte gern etwas davon ab.“
Wenn du dich in der Bibel nicht gut auskennst – das machen viele noch – dann frag jemanden, der die Gabe „Wort der Erkenntnis“ hat. Diese Gabe fällt ihm anscheinend leicht.
Wenn du praktische Nöte hast, kannst du natürlich beten: „Herr, hilf!“ Aber was wäre, wenn du zu dem gehst, der die Gabe der Barmherzigkeit hat?
Wenn du sagst: „Ich weiß nicht, wie ich meine Kollegen auf der Arbeit erreichen soll, und ich habe eigentlich schon aufgegeben“, was wäre, wenn du nicht nur immer sagst: „Herr, hilf mir, schenk mir gute Gedanken“, sondern wenn du zu dem gehst, der Evangelist ist?
Merk dir das: Das ist eigentlich völlig logisch, wenn man so denkt.
Ich könnte diese Liste beliebig fortsetzen. Sie ist absolut klar.
Und trotzdem behaupte ich, dass wir in unserer Gesellschaft – und das ist ein Trend, der sich auch in die Gemeinden einschleicht – viel zu viele Dinge alleine mit Gott ausmachen wollen. Wir erwarten von ihm Hilfe und Führung, und haben vielleicht auch den Eindruck, dass unsere Gebete ignoriert werden.
Dabei hat Gott das, was wir uns wünschen, das, was wir beten, und wo wir Hilfe brauchen, längst beantwortet. Unsere Gebete sind schon lange beantwortet – dadurch, dass Gott uns in eine Gemeinde hineinstellt.
Gemeinschaft als Gottes Antwort auf persönliche Bedürfnisse
Woher weiß ich, dass wir an dieser Stelle falsch liegen? Ich glaube, unsere Sprache verrät uns das.
Ich habe mal darüber nachgedacht: Wie reden Geschwister eigentlich über ihr Glaubensleben? Verzeiht mir, falls sich der eine oder andere darin wiederfindet – ich weiß es ja nicht. Aber ich habe einfach mal einige Punkte aufgezählt.
Da sagt jemand: „Ich fühle mich wie ein Schäfchen.“ Da antworte ich: Das kannst du gerne so sagen. Aber die Bibel sagt nicht, dass du ein Schaf bist, sondern dass du Teil einer Herde bist. Das ist ein riesiger Unterschied. Ob ich also sage: „Ich bin ein Schaf“ und mich selbst so sehe, oder ob ich merke, dass die Bibel von einer Herde spricht.
Oder da sagen Leute: „Ich bin ein Kind Gottes.“ Ja, das ist richtig. Aber weißt du, dass die biblische Betonung darauf liegt, dass du Teil einer Familie bist? Dass das viel öfter in der Bibel steht?
Ganz viele Geschwister, glaube ich, denken, wenn es um ihren Dienst vor Gott geht: „Ich bin Priester Gottes.“ Auf gut Deutsch heißt das, ich kann Gott anbeten, wann und wo ich will. Und das ist richtig. Aber die biblische Betonung lautet: Wir sind ein Priestertum. Also nicht „Ich bin Priester und mache meine Anbetung, wann und wie es mir passt“, sondern der biblische Bezug ist, dass wir gemeinsam berufen sind, ein Tempel zu sein.
Falls ihr Bibelstellen dazu haben wollt: Ich gebe euch zu jeder dieser Aussagen die passende Bibelstelle. Keine Sorge, ich wollte jetzt nur reden und werde euch nicht mit Bibelstellen bombardieren. Ihr könnt mir glauben, dass das Neue Testament sagt, wir sind ein Tempel. Dieser Moment, dieser Gottesdienst, ist ein Tempelgottesdienst. Wir bilden den Tempel ab – aber nur zusammen. Wir sind ein Priestertum oder eine Priesterschaft, wenn ihr so wollt.
Ach, ich kenne so viele Leute, die über ihre Gabe reden. Und das ist richtig, du bist begabt. Aber das haben wir schon ausführlich besprochen. Alles, was wir an Gaben haben – wenn du sagst: „Ich bin eine Nase“, wunderbar, ich freue mich darüber. Aber ganz ehrlich: Diese Nase, die du bist, die brauche ich, die will ich in der Gemeinde. Aber ohne meine Ohren? Da kann die Nase viel machen, aber selbst keine Ohren. Und ohne die Augen, ohne die Füße und ohne die Hände?
Das heißt, dieses ganze Reden über „Ich bin begabt“ funktioniert nur, wenn ich dahinter das Größere sehe: eine Gabe funktioniert im Leib, im Zusammenspiel mit anderen.
Ich bete für mich – das mag ja sein. Aber darf ich dir eine Stelle zeigen, wie Jesus über gemeinsames Gebet nachdenkt und wie Gott sich das vorstellt? Das ist jetzt ein bisschen heikel, weil vielleicht der eine oder andere sagt, das war ein großer Sprung. Im Psalm 22 lesen wir, wie der Messias sich am Kreuz fühlt. Das ist ganz gruselig, wenn man den Psalm 22 durchliest – sehr heikel.
Weißt du, was Jesus sich am Kreuz wünscht? Jesus hängt am Kreuz und überlegt: „Boah, was würde ich jetzt gerne machen? Wofür schlägt mein Herz?“ Da heißt es in Vers 23: „Verkünden will ich deinen Namen meinen Brüdern, inmitten der Versammlung will ich dich loben.“
Ich finde das so fantastisch: „Inmitten der Versammlung.“ Jesus hängt am Kreuz und denkt: „Ich wäre jetzt so gerne im Gottesdienst. Ich würde so gerne mit allen anderen zusammen dich loben. Ich würde gerne den anderen sagen, was für ein grandioser Gott du bist.“ Das ist das, was der Messias sich wünscht. Nichts von wegen: „Ich bete Gott für mich an.“ Nein, nein, gemeinschaftliches Gebet ist ein ganz herausragendes Merkmal in der Bibel.
Oder ein anderer Punkt: „Ja, Gott passt schon auf mich auf.“ Weißt du, wie Gott auf dich aufpasst? Ich kann dir das zeigen.
In Hebräer Kapitel 10 steht, wie Gott auf dich aufpasst. Hebräer 10,24-25: „Und lasst uns aufeinander Acht haben, um uns zur Liebe und zu guten Werken anzureizen.“
Du betest: „Gott, pass auf mich auf!“ Und Gott sagt: „Schon passiert, denn ich habe den Rüdiger an deine Seite gestellt.“ Du denkst dir: „Wie der?“ Ja, war meine Idee, hast du ja nicht ausgesucht. Aber der passt auf dich auf.
Okay, versteht ihr das? Wir sagen zu Gott: „Hilf mir, rette mich, pass auf mich auf!“ Und Gott sagt: „Es passiert. Such dir ein paar aus, hier gibt es genug, die passen auf dich auf, wenn du willst.“ Die machen das vielleicht nicht von sich aus, aber wenn du willst, machen sie das.
Nochmal: „Und lasst uns aufeinander Acht haben, um uns zur Liebe und zu guten Werken anzureizen.“ Und jetzt kommt ein ganz schwieriger Satz: „Indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen.“
Das ist natürlich der Punkt. Wenn du nicht zum Gottesdienst gehst, wenn du nicht in die Kleingruppe gehst, dann wird das nicht passieren. Und deswegen warne ich jeden Christen davor, aus niederen Motiven – es gibt Gründe, warum man nicht zum Gottesdienst kommen kann – aber leichtfertig den Gottesdienst ausfallen zu lassen.
Die Bedeutung der Gemeinde für Heiligung und Wachstum
Gott sucht Anbeter. Entschuldigt, wenn ich das so direkt aus der Bibel sage. Ich möchte mich persönlich heiligen und vor Gott rein werden. Schön, was sagt die Bibel dazu? Die Bibel sagt ja, sie befürwortet, dass etwas gereinigt, geheiligt und verherrlicht wird. Und wisst ihr was? Meine Braut ist die Gemeinde. Ja, Jesus wird uns reinigen, heiligen und verherrlichen – das wird er tun, wenn wir Teil der Gruppe sind, der er das verspricht. Und diese Gruppe ist tatsächlich die Gemeinde.
Das gilt übrigens auch andersherum. In den Sendschreiben, wo Jesus über den Zorn Gottes über eine Gemeinde schreibt, gilt das für die ganze Gemeinde. Fies, oder? Du bist Teil einer Gemeinde, die nur Murks macht, und Gott sagt dann: „Okay, und tschüss.“ Und du denkst: „Hallo, ich habe doch nichts getan.“ Es ist immer die Gemeinde im Blick, sowohl was den Segen als auch den Fluch betrifft.
Der letzte Punkt: Ich strecke mich nach persönlichem Wachstum aus. Kannst du das tun? Was sagt die Bibel? Die Bibel sagt, Gott schenkt Wachstum in seinem Ackerfeld und in seinem Bau – und wer ist das? Die Gemeinde. Das heißt, ich gehe jeden Punkt durch und merke, dass unsere Sprache sehr auf das „Ich“ ausgerichtet ist: Ich vor Gott allein, mit meiner persönlichen Heiligung, meiner persönlichen Gabe, meiner persönlichen Anbetung, meiner persönlichen Erwartung, dass Gott in meinem Leben wirken wird.
Die Realität und das biblische Zeugnis bestätigen jedoch, dass vieles, was wir direkt von Gott erwarten, in der Bibel im Kontext von Gemeinde zugesagt wird. Ich glaube, in unserem Denken hat eine Verschiebung stattgefunden. Wir denken nicht mehr biblisch, sondern sind vom „Wir“ zum „Ich“ zurückgekehrt. Es hat eine Privatisierung des Glaubens stattgefunden. Ich kann doch mein eigenes kleines Glaubensleben leben.
Und da sage ich euch: Das ist falsch. Nein, das kannst du nicht. Du kannst es probieren, viele haben es versucht. Ich verstehe, woher das kommt. Diese Privatisierung des Glaubens ist in meinen Augen ein Stück weit vom Zeitgeist geleitet. Wir leben in einer Welt, in der man nicht mehr so verbindlich ist, in der man Zeit für private Interessen braucht und oft materialistisch eingestellt ist. Da weiß man natürlich, dass Gemeinde gefährlich sein kann.
Entschuldigung, natürlich weiß ich, dass du hierher gehst und in dieser Gemeinde verletzt und enttäuscht werden wirst – und auch du wirst enttäuschen und verletzen. Sie sind noch nicht perfekt, das weiß ich. Der leichtere Weg ist es, sich immer aus einer Gemeinschaft zu verabschieden und zu sagen: „Lass mich das für mich persönlich machen.“ Ich biete mir meine kleine Insel der Seligen, da bin ich glücklich. Aber dazu bist du nicht berufen. Auf dieser Insel der Seligen wirst du keine Veränderung erfahren. Das ist das Problem.
Dann weiß ich natürlich, dass man Angst hat: Wenn ich mich hier öffnen muss, was werden die anderen denken? Natürlich steckt in jedem von uns Stolz – auch in mir. Ja, ich will das alleine schaffen, ich brauche die anderen doch nicht. Und dann stell dir vor, da ist jemand wirklich so fest in der Gruppe drin, ein richtiger Fundamentalist. Was sagen denn deine Schulkollegen? „Du gehst jeden Sonntag in Gottesdienst?“ Überleg mal, wo das hinführen soll. Denkst du womöglich daran, noch abends vor dem Schlafengehen zu beten? Gibst womöglich Taschengeld für Leute, die du gar nicht kennst? Das wird ja wild, wenn du das wirklich leben würdest.
Wenn Gemeinschaft so richtig real würde – nicht nur als Kulturveranstaltung, als ein Kleintöchterverein, in den man reingeht und wieder rausgeht, sondern wenn das wirklich echt wäre: Stellt euch das mal vor, wenn wir uns wirklich darauf einlassen würden, dass Gott unter uns Wachstum schenken darf, Heiligung schenken darf, Offenheit schenken darf, den gemeinsamen Gebrauch von Gaben schenken darf.
Stellt euch mal vor, Gott würde uns als Schafe mitten unter Wölfen schicken. Ich meine nicht nur als einzelnes Schaf, das steht da nämlich nicht, sondern als Schafherde. Wir wären so eine Power-Schafherde. Ich stelle mir das manchmal lustig vor, nimm so eine Herde, aber egal.
Die Angst, die ich habe, ist, dass in vielen Gemeinden viele kleine und große Simpsons leben, die sich eigentlich das wünschen, was ich eben gesagt habe, aber trotzdem noch nicht bereit sind, das zu wagen, was dafür nötig ist. Meine Sorge ist, dass sich im Leben vieler Gläubiger in Deutschland ein Rückzug oder der Gedanke festgesetzt hat, sie könnten sich aus der Gemeinschaft der Heiligen zurückziehen, ohne dass es sie schädigt oder ihr geistliches Leben belastet.
Und da möchte ich euch einen Vers zeigen, der mir in diesem Zusammenhang vor Jahren sehr wichtig geworden ist. Wenn du glaubst, dass du dich aus Gemeinschaft zurückziehen kannst und dass es dich nicht kaputt macht, dann sagen die Sprüche Folgendes: Salomo schreibt, wer sich absondert – also bewusst Gemeinschaft verlässt. Ich kann das für uns so sagen: Wer sich aus dem Gottesdienst verabschiedet oder aus einer Kleingruppe oder in welcher Form wir Gemeinschaft praktizieren, nur damit es etwas griffiger wird.
Wer sich absondert, sucht sein Begehren. Das heißt, am Ende geht es ihm um sich selbst. Absondern ist immer der leichtere Weg. Absondern ist der Weg, bei dem ich mir sage: „Komm, lasst mich in Ruhe.“ Und da geht es eigentlich um mich, obwohl ich jemand sein sollte, dem es um Gott geht.
Gott gibt uns Gemeinschaft, damit wir auf ihn hinwachsen, ihm ähnlicher werden, ihn mehr genießen können und mehr erleben, dass wir umgestaltet werden in sein Bild. Dass tatsächlich Wachstum und Heiligung in unserem Leben passieren. Dafür brauchen wir Gemeinschaft.
Aber die Sprüche sagen: Wer sich absondert, sucht sein Begehren, dem geht es am Ende um sich. Und dann heißt es: „Gegen alle Umsicht platzt er los.“ Kennst du solche Leute, die schlecht drauf sind? Du sagst ein falsches Wort, und bum! Denkst du: „Hallo, was war das jetzt? Ich habe doch gar nichts gesagt.“ Ja, okay, Entschuldigung. Das ist hier gemeint.
Gegen alle Umsicht platzt er los. Da läuft jemand, der aus der Gemeinschaft rausrutscht, in ein Verhalten hinein, bei dem man sagen muss: Der wird nicht umgänglicher, sondern immer komischer. Ich habe das oft erlebt. Ich kann eigentlich sagen, dass es für jeden gilt, der langsam aus Gemeinschaft und Gemeinde hinausgedriftet ist, der ohne zwingenden Grund Gottesdienst, Kleingruppe oder andere Treffen verlassen hat.
Niemand ist heiliger geworden, niemand hat eine tiefere Beziehung zu Gott gewonnen. Aber die meisten sind ausgesprochen komische Typen geworden. Es ist absolut traurig. Deshalb erlaube ich mir, euch auf diese Zusammenhänge hinzuweisen.
Wir haben in der Erziehung unserer Kinder nur wenige Dinge als ganz wichtig angesehen. Aber einen Punkt haben wir einfach insistiert: Wenn eure Eltern das auch gemacht haben, seid ihnen dankbar, auch wenn es vielleicht nicht immer schön war. Ein Punkt war: Wir gehen in den Gottesdienst. Das war einfach da.
Gemeinde ist wichtig. Und zwar Gemeinde erleben als Gemeinschaft der Heiligen, die als Gemeinschaft vor Gott einen besonderen Status haben. Hier treffen sich die, die Gott gemeinsam anbeten. Punkt. Und wir sind schon mal glücklich, dass wir dafür nicht immer ins Flugzeug steigen und nach Amerika – nein, nicht Amerika, nach Jerusalem fliegen müssen, um zum Tempel hochzulaufen. Wir können das hier machen.
Aber wir machen das hier auch. Das war uns einfach total wichtig. Was will ich sagen? Geistliches Leben, so wie Gott es sich vorstellt, kommt ohne gelebte Gemeinschaft nicht aus.
Abschlussfragen zur Selbstreflexion
Am Ende möchte ich euch drei Fragen stellen.
Erstens: Wem ähnelst du mehr? Bist du eher der Simson oder eher der David? Ganz grundsätzlich gefragt: Bist du jemand, der sein geistliches Leben eingebunden in offene Beziehungen zu Menschen lebt? Menschen, die wissen, wie es dir geht, die dich begleiten und auch korrigieren? Bist du so ein Typ, der sein geistliches Leben so lebt? Hast du gute geistliche Freunde? Erhältst du die Korrektur, die Gott sich für dein Leben gedacht hat? Suchst du diese Korrektur? Oder bist du eher ein Einzelkämpfer, so wie Simson? Vielleicht jemand, der ohne es wirklich zuzugeben, seit Jahren in bestimmten Sünden auf der Stelle tritt und nicht weiterkommt, weil ihm genau das fehlt?
Zweitens: Gibt es konkrete Wünsche oder Nöte in deinem Leben, die Gott nicht lindert? Du betest schon dafür, aber Gott ändert nichts. Gleichzeitig bist du nicht bereit, die Menschen in der Gemeinde anzusprechen, die dir helfen könnten. Gibt es so etwas in deinem Leben?
Die dritte Frage lautet: Was würde es dich kosten, den Gottesdienst, die Kleingruppe, also die Gemeinschaft in der Gemeinde, mit aller Hingabe zu leben?
Also nochmal zusammengefasst: Die erste Frage lautet, wem du gleichst. Die zweite Frage: Welche Nöte willst du völlig unnötigerweise alleine mit Gott ausmachen? Und die dritte Frage: Wo meidest du Gemeinschaft?
Ich lasse euch mit diesen drei Fragen allein. Entschuldigt bitte, wenn ich euch damit geärgert habe. Es ist einfach ein schwieriges Thema. Aber meine Sorge ist, dass dieser Individualismus, der unsere Gesellschaft prägt und der in der Postmoderne stark präsent ist – das „Ich mache meins und lasse mir von niemandem reinreden“ – so tief in unsere Gemeinde Einzug hält, dass wir am Ende das verlieren, was Gott uns an Segen zugedacht hat. Und zwar den Segen durch Gemeinschaft.
Mein Eindruck ist, dass viele Gemeinden glauben: In meiner persönlichen Beziehung erhalte ich 90 Prozent des Segens. Gottesdienst und Hauskreis machen dann die restlichen zehn Prozent aus. Und wenn ich diese letzten zehn Prozent mal nicht bekomme, ist das schon okay.
Wenn ich die Bibel lese, habe ich den Eindruck, dass die persönliche Beziehung zwar total wichtig ist. Aber wenn es um Segen geht, liegt der Schwerpunkt nicht nur im Persönlichen, sondern tatsächlich in dem, was mir Gemeinschaft gibt. Weil Gott sich das so gedacht hat. Und weil Gott uns, wenn er uns beruft, tatsächlich dazu beruft, ein Wir zu sein.
Wenn es darum geht, wie wir unseren Auftrag erfüllen können, wie wir Menschen in dieser Welt erreichen können, glaube ich, dass der Einzelkämpfer immer verlieren wird. Woher weiß ich das? Weil Jesus es vorgemacht hat. Jesus hatte ein Team. Er hat zwei ausgesandt. Ihr könnt das gerne selbst in der Bibel nachlesen. Aber erlaubt mir, euch das gepredigt zu haben.
Ich atme jetzt mal durch. Wir machen eine kleine Gebetsrunde dazu, schließen das ab. Markus moderiert das, und dann mache ich weiter. Genau.