Johannes – sein gewaltsamer Tod

Reihe: Johannes der Täufer im Auftrag des Höchsten (6/6)
Jürg Birnstiel
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Serie | 6 Teile

Johannes der Täufer im Auftrag des Höchsten

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Markus-Evangelium 6,14-29 Reihe: Johannes der Täufer im Auftrag des Höchsten (6/6)

Einleitende Gedanken

Am Samstag vor einer Woche wurde im OpenHouse eingebrochen. Glücklicherweise gelang es den Dieben nur ein Sparschwein mit ungefähr zehn Franken zu plündern. Vermutlich wurden sie von den heimkehrenden Bewohnern überrascht und sie mussten fliehen. Ihre Beute war klein. Der Schaden durch die zerstörte Balkontüre relativ gross. Und jetzt - wie sollen wir dieses Geschehen einordnen? Sollen wir sagen: „Wunderbar, der Herr hat uns Bewahrung geschenkt, dass sie nichts wertvolleres klauen konnten und nur die Balkontüre beschädigten.“ Vielleicht denkt aber jemand, Gott hätte den Einbruch ganz verhindern können, dann wäre gar kein Schaden entstanden. Ja – wie soll man ein solches Ereignis einordnen? Wir neigen dazu – und das muss gar keine schlechte Angewohnheit sein - alles zu beschönigen und selbst einem Einbruch noch eine geistliche Dimension zu geben. Natürlich haben wir Gott gedankt, dass nichts Schlimmeres geschah und vor allem keine Personen verletzt wurden. Wir gehen jedoch oft unbewusst davon aus, dass Gott für jede Situation eine gute Wendung bereithält. Wenn die gute Wendung nicht eintrifft, neigen viele zur Resignation bis zur Infragestellung des Glaubens. Wir übersehen in solchen Situationen, dass die Bibel über viele Ereignisse berichtet, die bei gottesfürchtigen Männern und Frauen zu keiner guten Wendung führte. So auch im Leben von Johannes dem Täufer, der sozusagen in einer Nacht- und Nebenaktion geköpft wurde. Mit dieser abscheulichen Hinrichtung werden wir uns heute beschäftigen. Als Johannes bereits hingerichtet war, verbreiteten sich in Israel die Geschichten über das Wirken von Jesus. Er heilte Kranke, weckte Tote auf, Blinden schenkte er das Augenlicht usw. Weil das so ausserordentlich war, wollten die Juden – wie damals bei Johannes – wissen, wer dieser Jesus ist. Sie wollten Jesus zu- und einordnen können. Einige sagten tatsächlich: „Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden; deshalb gehen solche Wunderkräfte von ihm aus.“ Mk.6,14. Andere meinten: „Er ist Elia.“ Mk.6,15. Und einige vermuteten: „Jesus ist ein Prophet wie einer der Propheten aus früherer Zeit.“ Mk.6,15. Natürlich wurde auch Herodes über das Wirken von Jesus in Kenntnis gesetzt, schliesslich wirkte Jesus hauptsächlich in seinem Hoheitsgebiet. Erstaunlich, dass Herodes ernsthaft in Erwägung zog, Jesus könnte der auferstandene Johannes sein. Er sagte: „Er ist Johannes. Ich habe ihn enthaupten lassen, und jetzt ist er auferstanden.“ Mk.6,16. Er war sich jedoch nicht sicher. Manchmal zweifelte er an dieser Überzeugung und dachte bei sich: „Johannes habe ich doch selbst enthaupten lassen. Wer ist dann dieser Mann, von dem man mir solche Dinge erzählt?“ Lk.9,9. Deshalb wollte er Jesus unbedingt sehen. Er wollte Gewissheit darüber, ob Jesus wirklich der Auferstandene Johannes sei. Nun berichtet Markus in seinem Evangelium, wie es zu der Enthauptung des Johannes kam.

Begegnungen, die faszinieren und beunruhigen

Herodes liess Johannes festnehmen und ins Gefängnis werfen. „Der Anlass dazu war Herodias gewesen, die Frau von Philippus, dem Bruder des Herodes. Herodes hatte sie geheiratet.“ Mk.6,17. Herodes nahm seinem Stiefbruder die Frau weg! Verschaffen wir uns zuerst einmal einen Überblick über die familiären Verhältnisse im Hause des Herodes Antipas. Herodes Antipas war ein Sohn des Herodes des Grossen, der zur Zeit der Geburt von Johannes und Jesus regierte und die Kindstötung in Bethlehem befohlen hatte. Herodes war mit zehn Frauen verheiratet. Antipas war der Sohn der vierten Frau des Herodes des Grossen. Er war mit einer Tochter des Nebatäerkönigs Aretas IV verheiratet. Die Nebatäer waren arabischer Abstammung und ihre Hauptstadt war Petra im heutigen Jordanien. Herodias war die Tochter Aristobuls, einem Sohn, den Herodes der Grosse mit seiner zweiten Frau zeugte. Herodias war also eine Nichte zu Herodes Antipas. Sie heiratete zuerst ihren Onkel Herodes Philippus I, der von der dritten Frau des Herodes des Grossen geboren wurde. Philippus lebte als Privatmann. Die beiden hatten eine Tochter: Salome. Als Herodes Antipas nach Rom reiste, um dort mit dem römischen Kaiser einige Staatsgeschäfte zu besprechen, übernachtete er bei seinem Bruder Philippus. Bei diesem Besuch musste die Liebe zwischen Herodias und Antipas entbrannt sein. Die beiden kamen überein zu heiraten. Doch Herodias stellte eine Bedingung. Sie war nur bereit seine Frau zu werden, wenn er sich von seiner ersten Frau trennen würde. Dazu war Herodes bereit. Er beging also einen doppelten Ehebruch. Er brach seine Ehe und die Ehe seines Bruders. Das löste in der jüdischen Bevölkerung grosse Empörung aus. Herodes verstiess gegen das sechste Gebot: „Du sollst nicht ehebrechen.“ Ex.20,14. Und gegen das zehnte Gebot: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.“ Ex.20,17. Und er verstiess ebenso gegen eine weitere Aussage Gottes, die besagt: „Wenn jemand die Frau seines Bruders nimmt, so ist das eine abscheuliche Tat. Sie sollen ohne Kinder sein, denn er hat damit seinen Bruder geschändet.“ Lev.20,21. Es zeugt von grosser Demut vor Gott, dass Johannes Herodes Antipas deutlich sagte: „Du hattest nicht das Recht, deinem Bruder die Frau wegzunehmen.“ Mk.6,18. Dieser Vorwurf entsprach der Meinung, die in der jüdischen Bevölkerung vorherrschte. Johannes wagte auszusprechen, was andere dachten. Doch Herodias ärgerte sich grün und blau über Johannes, der es wagte, auf diesen Missstand öffentlich hinzuweisen. Sie hasste Johannes abgrundtief. „Herodias hegte deswegen einen solchen Groll gegen Johannes, dass sie ihn am liebsten umgebracht hätte. Doch bot sich ihr zunächst keine Möglichkeit dazu.“ Mk.6,19. Ausgerechnet ihr Mann, der Johannes hätte töten lassen können, war nicht bereit dazu. Erstaunlicherweise war er ein stiller etwas ambivalenter Bewunderer von Johannes. Er empfand grossen Respekt vor ihm. „Herodes hatte Hochachtung vor Johannes, den er als einen gerechten und heiligen Mann kannte, und sorgte deshalb für seine Sicherheit.“ Mk.6,20. Aber Herodes war innerlich hin- und hergerissen. Manchmal hätte er ihn am liebsten getötet, aber dann fürchtete er die Reaktion der Juden, wie Matthäus berichtet: „Herodes hätte ihn am liebsten umgebracht, fürchtete sich aber vor dem Volk, denn es hielt Johannes für einen Propheten.“ Mt.14,5. Aber eben, es war nicht nur die Furcht vor den Juden, die ihn davon abhielt Johannes zu töten. Johannes schien auf Herodes eine grosse Faszination ausgeübt zu haben. Irgendwie muss er realisiert haben, dass er es mit einem besonderen Menschen zu tun hatte. Gerne hatte er mit ihm gesprochen. „Herodes hörte Johannes gern zu, obwohl er dabei jedes Mal in grosse Unruhe geriet.“ Mk.6,20. Herodes wurde unruhig, wenn er Johannes zuhörte und trotzdem wollte er immer wieder mit ihm sprechen. An diesem Beispiel sehen wir, was vollmächtige Verkündigung bewirken kann. Sie kann Menschen beunruhigen. Sie kann Menschen vor Entscheidungen stellen. Als Paulus in Cäsarea vor dem König Agrippa seinen Glauben verteidigen konnte, berührte den König seine Botschaft dermassen, dass er zu Paulus sagte: „Du redest so überzeugend, dass du demnächst noch einen Christen aus mir machst!“ Apg.26,28. Und Paulus antwortete übrigens nicht: „Nein ich will dich nicht missionieren.“ Mir fällt auf, dass Christen in meinen Augen zu häufig und zu stark betonen, dass sie nicht missionieren wollen. Wer missionieren will, hat in unserer Gesellschaft ein schlechtes Ansehen. Das gehört sich scheinbar nicht. Doch egal wie es ankommt, unser Auftrag ist die Mission. Da kann für uns die Antwort von Paulus richtungsweisend sein. Er antwortete: „Ich bete zu Gott, dass früher oder später nicht nur du, sondern alle, die mich heute gehört haben, das werden, was ich geworden bin – abgesehen natürlich von den Fesseln.“ Apg.26,29. Paulus war sich sicher, dass es nichts Besseres für einen Menschen gibt, als Christ zu werden. Teilen wir diese Überzeugung? Nun, zurück zu Herodes. Er hörte Johannes gern zu und wurde durch seine Predigt immer innerlich unruhig. Er realisierte bewusst oder unbewusst, dass die Botschaft des Johannes die Wahrheit ist und dass sie von ihm eine Entscheidung fordert. Das wird ihn beunruhigt haben. Wie reagieren wir, wenn uns eine Predigt beunruhigt? Machen wir es wie Herodes damals und warten, bis die Unruhe vorüber ist? Nach ein bis zwei Nächten ist das meist überstanden. Oder sind wir bereit, das zu tun, was wir merken, das Gott von uns erwarten würde? Die beste und vollmächtigste Verkündigung nützt nichts, wenn wir uns verschliessen. Herodes zog keine Konsequenzen für sein Leben – leider!

Versprechen mit tödlicher Folge

Herodias wollte Johannes unbedingt töten. Vermutlich ertrug sie den Einfluss nicht, den er auf ihren Mann ausübte. Vielleicht hatte sie Angst, er würde früher oder später auf Johannes hören und sein Leben vor Gott in Ordnung bringen. „Da kam für Herodias eine günstige Gelegenheit.“ Mk.6,21. Herodes veranstaltete an seinem Geburtstag ein grosses Fest, zu dem er die hohen Beamten seines Hofes, die Offiziere und die führenden Männer von Galiläa eingeladen hatte. Während dieses Festes betrat Salome, die Tochter der Herodias, den Festsaal und tanzte vor dieser Männergesellschaft. Wir können davon ausgehen, dass Salome eine bildhübsche junge Frau war, die mit ihrem Tanz diesen Männern die Augen verdrehte. Jedenfalls waren die Gäste und Herodes hell begeistert. Vermutlich bereits etwas angeheitert und von der Begeisterung mitgerissen, sagte Herodes zu Salome: „Wünsche dir, was du willst; ich werde es dir geben!“ Mk.6,22. Und dann bekräftigte er sein Versprechen mit einem Schwur: „Um was du auch bittest – ich werde es dir geben, und wäre es die Hälfte meines Königreichs!“ Mk.6,23. Natürlich wusste jeder, dass das nicht wörtlich zu verstehen war. Doch es war ein Schwur, von dem sich ein König nicht ohne weiteres lösen konnte, wollte er sein Gesicht nicht verlieren. Salome eilte zu ihrer Mutter und fragte sie, was sie sich wünschen sollte. Herodias wusste sofort, was sie wollte: „Den Kopf Johannes des Täufers.“ Mk.6,24. So eilte Salome zu Herodes zurück und sagte: „Ich will, dass du mir sofort auf einer Schale den Kopf Johannes des Täufers bringen lässt!“ Mk.6,25. Was für ein makabrer Wunsch einer jungen Frau. Herodes war geschockt. Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, dass Salome einen solchen absurden Wunsch äussern würde. Er dachte vielleicht an ein wertvolles Kleid, schönen Schmuck, vielleicht ein Haus, aber den Kopf eines Menschen und erst noch eines heiligen Mannes! Serviert auf einem Tablett! Nun, weil Herodes vor seinen hochangesehenen Gästen sein Versprechen beschworen hatte, sah er sich gezwungen, diese Bitte zu erfüllen. Ansonsten hätte sein Ansehen Schaden genommen. Er hätte sich öffentlich zu Johannes stellen müssen. Er beauftragte sofort einen Henker, der im nahe gelegenen Gefängnis Johannes enthauptete. „Dann trug er den Kopf auf einer Schale herein und gab ihn dem Mädchen, und das Mädchen gab ihn seiner Mutter.“ Mk.6,28. Nun hatte Heriodias, was sie wollte. Sie missbrauchte ihre Tochter für ihren persönlichen Rachefeldzug. Als die Jünger des Johannes von der Hinrichtung erfuhren, holten sie seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab. Danach gingen sie zu Jesus und berichteten ihm, was geschehen war. „Als Jesus das hörte, zog er sich zurück; er fuhr mit dem Boot an einen einsamen Ort, um allein zu sein.“ Mt.14,13. Jesus wollte sich zurückziehen. Er wollte Zeit zum Trauern haben und die Ermordung des Johannes, wird ihn an seinen bevorstehenden qualvollen Tod erinnert haben. Einmal sagte Jesus seinen Jüngern im Blick auf seine Kreuzigung: „Vor mir steht eine Taufe, mit der ich noch getauft werden muss, und wie schwer ist mir das Herz, bis sie vollzogen ist!“ Lk.12,50. Ich vermute, dass Jesus mit seinem Vater allein sein wollte und er für seinen bevorstehenden Tod Ermutigung und Stärkung brauchte. Trotz dem schwierigen und qualvollen Weg, wollte Jesus nicht aufgeben. Seine Liebe zu uns Menschen war zu gross. Paulus weist uns darauf hin, welche Bedeutung der Tod am Kreuz für uns hat. „Ja, Gott hat beschlossen, mit der ganzen Fülle seines Wesens in Jesus zu wohnen und durch Jesus das ganze Universum mit sich zu versöhnen. Dadurch, dass Christus am Kreuz sein Blut vergoss, hat Gott Frieden geschaffen.“ Kol.1,19-20. Hast du diesen Frieden mit Gott?

Schlussgedanke

Wir hätten Johannes einen schöneren und würdevolleren Tod gegönnt. Doch dieser gewaltsame Tod des Johannes zeigt uns, dass es auf dieser Erde nicht immer ein Happyend gibt. Es zeigt uns, dass Gott die Geschicke nicht immer zum Guten lenkt, oder zu dem, was wir für gut halten. Gott lässt es zu, dass junge Menschen sterben, dass Mütter und Väter von ihren Familien weggerissen werden, selbst dann, wenn sie tief gläubig sind und Jesus von Herzen lieben. Gott lässt es zu, dass selbst Christen missbraucht und vergewaltigt werden, auch wenn das grässliche Wunden hinterlässt. Warum das so ist? Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass es so ist, weil wir noch nicht im Himmel sind. Unser Trost ist der, dass wir einmal miteinander bei Jesus sein werden. Paulus formulierte diesen Trost einmal so: „Danach werden wir – die Gläubigen, die zu diesem Zeitpunkt noch am Leben sind – mit ihnen zusammen – die im Herrn verstorben sind – in den Wolken emporgehoben, dem Herrn entgegen, und dann werden wir alle für immer bei Jesus sein.“ 1.Thess.4,17. Das ist unser Ziel: Für immer bei Jesus sein! Vielleicht läuft einiges in deinem Leben schief oder du trägst in dir tiefe Verletzungen. Du kannst dir nicht erklären, warum Gott nicht eingegriffen hat oder jetzt eingreift. Verzage nicht! Das ist ganz normal. Das gehört zum Leben in dieser Welt. Wenn das nicht so wäre, wären wir bereits im Himmel. Wichtig ist, dass wir trotz allem Jesus treu bleiben. Im Zentrum unseres Lebens stehen nicht unsere Erfolge und unsere Unversehrtheit. Im Zentrum unseres Lebens soll Jesus stehen. So wie Johannes sagte: „Jesus muss immer grösser werden und ich immer geringer.“ Johannes 3,30