Die Lehre der Apostel – Der zweite Korintherbrief Vers für Vers
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer. Heute geht es um den zweiten Korintherbrief, Kapitel 1, die Verse 13 bis 20.
Vorsicht vor falscher Weisheit und Missverständnissen
Wir waren stehen geblieben bei der Idee, dass Paulus den Korinthern sagt, er würde in ihrer Mitte, mit ihnen, besonders bei ihnen, immer darauf achten, nicht in fleischlicher Weisheit, also mit falscher Weisheit, mit Bauernschläue aufzutreten, sondern in der Gnade Gottes.
An dieser Stelle wollen wir weitermachen, im 2. Korinther 1,13: "Denn wir schreiben euch nichts anderes, als was ihr lest oder auch erkennt. Ich hoffe aber, dass ihr bis ans Ende erkennen werdet."
Paulus hat, wie es scheint, den Eindruck, dass die Korinther schon einmal das, was er schreibt, bewusst falsch auslegen. Deshalb dieser Vers, der mit meinen Worten bedeutet: Freunde, lest meinen Brief genau, denkt darüber nach und legt mir nichts in den Mund, was ich nicht gesagt habe.
Genau das ist auch etwas, das wir lernen müssen: nicht zu viel in einen Brief hineinzulesen. Wir dürfen uns auch immer wieder fragen, ob wir noch die Stimme des Paulus hören oder schon anfangen, die Stimme der Tradition zu hören und in einen Text unsere eigenen Erfahrungen, Ideen und Wünsche hineinzulesen.
Das ambivalente Verhältnis zwischen Paulus und den Korinthern
2. Korinther 1,14: "Wie ihr auch uns zum Teil erkannt habt, dass wir euer Ruhm sind, so wie auch ihr der unsrige seid am Tag unseres Herrn Jesus."
Paulus ist nicht naiv. Das Verhältnis zu den Korinthern ist irgendwie wiederhergestellt, aber es gibt noch deutlich Luft nach oben. Sie haben ihn und das ganze apostolische Team nur zum Teil erkannt. Vielleicht ahnen sie, dass Paulus in Gottes Augen zu den ganz Großen gehört, doch ganz fassen können sie es noch nicht.
Auch wenn sie sich damit schwer tun, in ihm und seinen Mitarbeitern ihren Ruhm zu sehen, hat Paulus damit kein Problem. Die Korinther sind definitiv eine Problemgemeinde, immer ein wenig auf Absprung. Dennoch kann Paulus sich über sie freuen. Gott hat Wachstum gegeben, der Geist Gottes hat Gaben geschenkt. Sie sind in Gott reich gemacht worden.
Mich persönlich ermutigt dieser Blick auf die Gemeinde. Gleichzeitig fordert er mich heraus, weil er mich zwingt, meine eigene Gemeinde mit anderen Augen zu sehen – vielleicht mehr mit den Augen der Gnade. So kann ich erkennen, wo Gott schon gewirkt hat und was schon alles geworden ist. Das ist wichtig, besonders weil ich oft viel lieber auf all das schaue, was definitiv noch nicht läuft und wo meine Geschwister mein glorreiches Vorbild nur halbherzig nachahmen.
Paulus’ Reisepläne und die Bedeutung der „zweiten Gnade“
2. Korinther 1,15-16: Und in diesem Vertrauen wollte ich vorher zu euch kommen, damit ihr eine zweite Gnade hättet. Danach wollte ich über euch nach Mazedonien reisen, von Mazedonien wieder zu euch kommen und von euch nach Judäa geleitet werden.
Paulus hat offenbar durch Titus erfahren, dass die Korinther recht verstört darüber waren, dass er nicht wie geplant zu ihnen gekommen war. Deshalb erklärte er ihnen, was er eigentlich vorgehabt hatte.
Die Frage ist, was hier mit der „zweiten Gnade“ gemeint ist. Wir wissen es nicht genau. Das liegt daran, dass wir nicht sicher sind, ob mit „Gnade“ etwas gemeint ist, das Paulus den Korinthern bringt, oder ob es sich um eine zweite Chance für die Korinther handelt. Eine zweite Chance, ihren Apostel zu unterstützen. Beim letzten Besuch waren sie ja nicht sonderlich liebevoll mit ihm umgegangen.
Viel spricht für die zweite Sichtweise. Zum einen wird das Wort „Gnade“ im 2. Korintherbrief für ein Geldgeschenk verwendet. Zum anderen steckt in dem Wort „geleitet“ die Idee einer finanziellen und persönlichen Unterstützung. Wenn Paulus also schreibt: „und von euch nach Judäa geleitet zu werden“, dann kann dahinter die Vorstellung stehen, den Begriff „Gnade“ mit der Idee eines Geldgeschenks oder einer großzügigen anderen missionarischen Unterstützung zu verbinden.
Das waren seine Pläne, aber es kam anders. Und genau das macht man ihm zum Vorwurf.
Paulus verteidigt seine Zuverlässigkeit
Habe ich nun, indem ich mir dieses Vorhaben vornahm, leichtfertig gehandelt? Oder nehme ich mir etwas nach dem Fleisch vor, sodass bei mir das Ja-Ja und das Nein-Nein gleichzeitig wäre?
Hier hören wir einen Vorwurf: Paulus mache leichtfertige Versprechungen. Doch natürlich kann man aus der Tatsache, dass jemand seine Reisepläne ändert, nicht schließen, dass er nicht wisse, was er tut, oder dass man ihm grundsätzlich nicht vertrauen dürfe.
Die Gründe für seine Planänderung werden wir in Vers 23 noch kennenlernen. Dort heißt es: „Ich aber rufe Gott zum Zeugen an gegen meine Seele, dass ich um euch zu schonen noch nicht nach Korinth gekommen bin.“ Das ist der Grund: eine seelsorgerliche Erwägung, jetzt kein zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen. So waren seine Gedanken.
Wenn Paulus hier sagt: „Ja ja, nein nein“, dann frage ich mich, was er damit meint. Der Herr Jesus spricht in der Bergpredigt davon, dass unser Ja ein Ja und unser Nein ein Nein sein soll.
Es gibt Hinweise darauf, dass die Doppelung „Ja ja“ beziehungsweise „Nein nein“ eine Art Ersatzschwurformel wurde. Paulus würde dann sagen: „Denkt ihr, ich treffe meine Entscheidungen leichtfertig, sodass ein entschiedenes Ja auch ein entschiedenes Nein sein kann? Denkt ihr, sündige Impulse im Fleisch bringen mich dazu, mal so und dann wieder ganz anders zu reden?“
Paulus schreibt das natürlich, weil er genau das Gegenteil zum Ausdruck bringen will.
Das endgültige Ja in Christus
Spannend, wie er jetzt argumentiert: 2. Korinther 1,19
Denn der Sohn Gottes, Christus Jesus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist – durch mich, Silvanus und Timotheus – war nicht Ja und Nein, sondern in ihm ist ein Ja geschehen.
Hier haben wir es ausnahmsweise mal mit dem vollen Titel zu tun: Sohn Gottes, Christus Jesus. Inhaltlich geht es um die Predigt des Evangeliums. Vielleicht noch kurz zum Namen Silvanus: Silvanus ist die lateinische Form des aramäischen Namens Silas, der wiederum vom hebräischen Saul abgeleitet ist. Silvanus war ein langjähriger Mitarbeiter des Apostels Paulus und, wie wir hier sehen, neben Timotheus einer derjenigen, die in Korinth zuerst das Evangelium gepredigt haben.
Im Text wird deutlich, was Jesus nicht ist: Jesus ist nicht gleichzeitig ein Ja und ein Nein. Das heißt, Jesus ist nicht mal für uns und dann wieder gegen uns. Er nimmt uns nicht einmal an und stößt uns dann wieder weg. In ihm ist ein endgültiges Ja geschehen.
Dem Herrn Jesus zu begegnen bedeutet, dem Ja Gottes zur Welt zu begegnen – genauer gesagt zu einer Welt voller verlorener Menschen. Ist das nicht großartig? Dieses Ja findet seinen Ursprung in den Verheißungen Gottes. Jesus selbst ist dann die Erfüllung dieser Verheißungen.
Gottes Verheißungen in Jesus bekräftigt
2. Korinther 1,20: Denn so viele Verheißungen Gottes es gibt, in ihm ist das Ja. Deshalb auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre durch uns.
In Jesus erfahren wir ein Ja und Amen. Amen ist hier mehr als nur ein vielleicht sogar wenig bedeutendes Wort, mit dem wir ein Gebet abschließen. Amen bedeutet „wahrlich“.
Wir finden das Wort bereits im Alten Testament, wo die Gemeinschaft des Volkes ihr Ja zu einem Fluch formuliert. In 5. Mose 27,15 heißt es: „Verflucht sei der Mann, der ein Götterbild oder ein gegossenes Bild macht, einen Gräuel für den Herrn, ein Werk von Künstlerhänden und es im Verborgenen aufstellt.“ Das ganze Volk antwortete und sagte Amen, ja Amen, im Sinne von „wahrlich, so soll es sein“.
Auch am Ende eines Lobpreises begegnet uns der Begriff Amen. In 1. Chronik 16,36 heißt es: „Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit!“ Und alles Volk sprach Amen und lobte den Herrn.
Dieser Gebrauch von Amen wird nun ins Neue Testament übernommen. Mit einem Amen bekräftige ich also die vorausgehende Aussage – sei es ein Fluch, ein Lobpreis oder ein Gebet.
Paulus betont nun das Gottes-Ja und Amen zur Ehre Gottes, aber eben durch uns, das heißt durch die Apostel, die zu den Korinthern gekommen sind. Wenn sie den Verheißungen Gottes vertrauen, wie können sie dann dem Boten dieser Verheißung misstrauen und ihm unterstellen, dass er leichtfertig aus niederen Beweggründen seine Reisepläne geändert hat? Das macht wirklich keinen Sinn.
Das war’s für heute. Nächste Woche geht es mit dem zweiten Korintherbrief weiter. Das Skript zum Vortrag findest du auf frogwords.de oder in der App.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.