Herr Präsident, liebe Gemeinde,
es kam wie bestellt für unsere Predigtreihe: die Aufregung um das neue Buch von Eva Hermann, der früheren Tagesschausprecherin. Einige von Ihnen haben die Debatte wahrscheinlich mitverfolgt.
Erschienen ist das Buch unter dem Titel „Das Eva Prinzip für eine neue Weiblichkeit“. Die These, die Eva Hermann dort vertritt, lautet, dass die feministische Bewegung letztlich gescheitert sei. Die Hauptaufgabe der Frau wäre vielmehr, vor allem für die Familie und für die Kinder zu sorgen.
Sie kritisiert in ihren Ausführungen auch die Bemühungen der Politik, immer mehr Kinder immer früher in Betreuungseinrichtungen, gewissermaßen in staatliche Betreuung, einzuweisen. Sie fragt: „Wer fragt bei der Forderung nach immer mehr Betreuungsplätzen, was eigentlich den zu Betreuenden wirklich gut tut?“
Eva Hermann betont, dass vielen Umfragen zufolge Frauen, wenn sie wählen könnten, sich letztlich doch lieber um ihre Kinder kümmern würden – wenn man ihnen nur die Wahl und die äußeren Möglichkeiten dafür ließe.
Dieses Buch hat natürlich eine enorme Diskussion ausgelöst. Es gab massive Beschwerden dagegen, zum Beispiel von Alice Schwarzer, der Berufsfeministin. Aber auch die hannoversche Landesbischöfin Margot Kästmann hat sich eingeschaltet und gesagt, man solle das Buch einfach ignorieren. Noch bevor es überhaupt erschienen war, hat sie das gesagt.
Es gab also sehr viel aufgeregte Diskussionen und eine engagierte, teilweise auch wirklich verletzende Debatte. Sie reichte bis dahin, dass einige forderten, Eva Hermann solle in Zukunft nicht mehr im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auftreten dürfen. Wer solche Positionen vertreten würde, der gehöre dort nicht hin.
Die gesellschaftliche Debatte um Familie und Geschlechterrollen
Nun zeigt diese ganze Aufregung, dass dieses Thema und die Frage vielen von uns unter die Haut gehen. Wie können Mann und Frau, wie können Familien so zusammenleben, dass sie glücklich miteinander werden? Wie können Eheleute so zusammenleben, dass sie sich gegenseitig dabei helfen, sich und ihren Kindern ein erfülltes Leben zu führen und ihrer Bestimmung gerecht zu werden?
Genau um dieses Thema geht es auch in dem Bibeltext, den Sie heute Morgen vor uns haben. Es ist ein sehr brisanter Text. Das ist der Vorteil von Predigtreihen: Wenn wir uns durch ganze biblische Bücher durcharbeiten, werden wir zwingend auf bestimmte Textstellen hingeführt – durch den Gang der Reimpredigt –, die wir uns sonst vielleicht nicht ausgesucht hätten.
Wir sehen an diesem Text, dass die Themen der Bibel zwar alt, aber nicht veraltet sind. Sie sind ewig aktuell. Sie kommen immer wieder neu hoch, immer wieder mal in anderer Form und in anderem Gewand, doch sie lassen uns einfach nicht los.
Wer die aktuelle Debatte verfolgt, findet sich in einer ganz eigenartigen Situation wieder. Einerseits entdecken wir eine allgemeine Renaissance der Familie. Sicher auch ausgelöst durch die demografische Situation, dass einfach zu wenig Kinder geboren werden, aber nicht nur dadurch.
Der Mitherausgeber der FAZ, Frank Schirrmacher, hat ja vor einigen Monaten im März sein neues Buch herausgegeben: „Minimum – Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft“. Darin macht er deutlich, dass man uneigennütziges Füreinander-Einstehen fast ausschließlich innerhalb der klassischen Familie lernt – auf Dauer, unter Geschwistern, unter engen Verwandten. Die Familie, so sagt Schirrmacher, sei die Urgewalt unserer Gemeinschaft, ihr innerster Kern.
Und doch habe diese Urgewalt schwer gelitten. Immer weniger Kinder werden in die Welt gesetzt, oft, so sagt Schirrmacher, aus Egoismus und weil nur die Kosten interessieren, nicht aber der soziale Wert von Kindern.
Schirrmacher beschreibt dann eine Spirale der Kinderlosigkeit: Wer keine Kinder mehr aufwachsen sieht, will in der Regel selbst keine mehr haben. Es wird in den kommenden Jahren viele Familien geben, in denen das jüngste Mitglied bereits jenseits der Vierzig ist.
Er fragt dann besorgt: Was geschieht, wenn eine Urgewalt wie die Familie einem Minimum entgegenstrebt, die Verwandtschaften schrumpfen und damit auch die Netzwerke?
Soweit Schirrmacher in seinem lesenswerten Buch.
Sogar der Spiegel hat vor einiger Zeit gefragt – und der Spiegel steht ja nun wirklich nicht im Verdacht, ein Hort konservativen Gedankenguts zu sein – und festgestellt, dass der Kindermangel eine Gesellschaft von Egoisten schafft. Die Familie sei aber die Kernzelle unseres Lebens, unserer Menschwerdung.
Kinder zu bekommen, sagt der Spiegel, sei eine Schöpfungsnotwendigkeit. Es ginge hier nicht nur um die finanzielle Zukunftssicherung, sondern ohne Familie verlernt die Gesellschaft schlichtweg die Liebe.
Wir erleben also auf breiter Front – das waren nur zwei Beispiele – eine Renaissance der Familien.
Unsicherheit über das Familienmodell in der Gegenwart
Andererseits begegnen wir immer wieder einer großen Unsicherheit darüber, was Familie eigentlich ist. Gibt es ein verbindliches Modell für Familien?
Ein gutes Beispiel für diese Verwirrung ist unser Bundespräsident, der Anfang des Jahres bei einer Rede vor der Evangelischen Akademie in Tutzing sagte: „Wir müssen alles tun, um die Familien zu schützen.“ Im weiteren Verlauf der Rede führte er aus, dass es darum gehe, Kinder auf das Leben vorzubereiten und partnerschaftliche Lebensentwürfe zu verwirklichen. Das könne in ganz unterschiedlichen Strukturen geschehen – in der Ehe, in nichtehelichen Gemeinschaften, auch in gleichgeschlechtlichen Familien, in Patchwork- oder in Elternfamilien.
Der Präsident betonte, dass für ihn zwar das Leitbild die klassische Familie sei, aber dass es sicherlich auch in anderen Zusammenhängen möglich sei, Familie zu leben. „Was ist eigentlich Familie?“, fragte man sich danach.
Die CDU hat vor einiger Zeit folgende Definition ausgegeben: Familie sei überall dort, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern dauerhaft Verantwortung tragen. Diese Definition verzichtet beispielsweise auf die Erwähnung der Ehe und würde auch das Adoptionsrecht für Homosexuelle zulassen.
Was ist Familie? Und welchen Wert hat überhaupt die Ehe noch für die Familie? Dieses Problem wurde auch deutlich in der Diskussion um das Ehegattensplitting. Dabei stellte sich letztlich die Frage, ob die Ehe überhaupt noch um ihrer selbst willen schützenswert ist – als ein wichtiger stabilisierender Faktor unserer Gesellschaft.
In dieser Situation ist es ein großes Vorrecht, wie ich überzeugt bin, die Bibel zu kennen. Dort stellt uns der lebendige Gott ein markantes Modell vor und sagt: So habe ich den Menschen geschaffen, Mann und Frau.
Dieses Modell wird an vielen Stellen in der Heiligen Schrift entfaltet, unter anderem und sehr zugespitzt im Epheserbrief an der Stelle, wo wir jetzt in unserer Predigtreihe angekommen sind. Eigentlich betrifft es das ganze Kapitel 5, ab Vers 21, bis Kapitel 6, Vers 4. Dies wird uns in der nächsten Zeit beschäftigen.
Grundsatz: Die intakte Ehe als Basis der Familie
Bevor wir in die Einzelheiten gehen, möchte ich einen Grundsatz festhalten, den Paulus deutlich macht: Die Basis für eine gesunde Familie ist eine intakte Ehe. Das ist die Grundlage, die wir bei Paulus finden.
Natürlich hat die Bibel auch Hilfe für andere Situationen bereit. Es gibt Fälle, in denen Mutter oder Vater vom Ehepartner verlassen wurden oder der Ehepartner gestorben ist. Es gibt viele Situationen von Not und schwierigen biografischen Verläufen. Die Bibel macht deutlich, dass Gott auch der Vater der Witwen, Waisen und Verlassenen ist. Der lebendige Gott will jedem Menschen in seiner speziellen biografischen Situation nahe sein und helfen.
Außerdem gibt es ein erfülltes Leben, ohne verheiratet zu sein oder Kinder zu bekommen. Die Bibel beschreibt viele Singles, die ein absolut erfülltes Leben geführt haben und Gott mit ihrem ganzen Leben dienen konnten.
Wenn wir jedoch fragen, was der eigentliche Plan ist, was das ursprüngliche Konzept ist, mit dem der Schöpfer uns in diese Welt gesetzt hat, und wenn Mann und Frau zusammenleben wollen, nicht alleine bleiben wollen und ihr Leben in Gemeinschaft gestalten und bestehen möchten, dann stellt sich die Frage: Was ist Gottes Modell? Was ist das Grundkonzept?
Darum geht es hier. Und dabei gilt dieser Satz: Die Basis für eine gesunde Familie ist eine intakte Ehe.
Herausforderungen bei der Familiengründung aus Sicht der Frauen
Es wird immer wieder behauptet, unter anderem auch von unserer Familienministerin, dass das Haupthindernis für viele Frauen, Kinder zu bekommen, in der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Beruf liege. Ich weiß nicht, ob das in der Mehrzahl der Fälle zutrifft. Es gibt viele Beobachtungen, die in eine völlig andere Richtung weisen.
Das Hauptproblem, das immer wieder gerade von Frauen genannt wird, warum sie keine Kinder wollen, besteht darin, dass sie den richtigen Mann einfach noch nicht gefunden haben. Einen Mann, auf den sie sich verlassen können und mit dem sie glauben, eine Familie gründen zu können.
Eine hoch interessante Studie hat die Bosch Stiftung Ende Juni veröffentlicht. In dieser Familienstudie der Bosch Stiftung wird Folgendes betont: „Erst wenn man jemanden gefunden hat, mit dem man sich vorstellen kann, eine stabile Partnerschaft aufzubauen, denkt man an Kinder. Eine große Mehrheit der Befragten meint, dass eine intakte Beziehung eine notwendige Bedingung für eine Familiengründung ist. Man sollte erst Kinder bekommen, wenn man sicher ist, dass man als Paar zusammenbleibt.“
Soweit die Bosch Stiftung. Wenn man es vereinfacht formulieren wollte, müsste man sagen, das Haupthindernis aus der Sicht der Frauen sind die fehlenden Männer. Es ist die Frage nach der Verlässlichkeit von Partnerschaften.
Damit kommt die Bosch-Studie aus dem Juni 2006 der Aussage von Paulus im Epheserbrief schon sehr nahe. Das hat mich doch erstaunt.
Einführung in den Epheserbrief: Die Rolle des Mannes in der Ehe
Dieser Text, den wir jetzt lesen werden, ist sehr provokativ. Dieser Bibeltext wurde häufig von Männern missbraucht, um etwa die Unterdrückung von Frauen pseudo-christlich zu rechtfertigen.
Bei ehrlicher Lektüre wird jedoch schnell deutlich, dass die Hauptlast dieses Konzeptes von Paulus hier eigentlich den Männern aufgebürdet wird. Da Paulus im Auftrag Gottes schreibt, ist das nicht nur seine persönliche Idee, sondern der Plan des Schöpfers. Wir werden das gleich sehen.
Ich lade Sie ein, mit hineinzugucken in diesen Text aus Epheser 5, die Verse 21 bis 33. Wir werden heute nicht alles auslegen können, sondern in 14 Tagen, nach dem Bibeltagssonntag, eine Fortsetzung machen. Heute wollen wir uns vor allem die Aufgabe aus der Perspektive des Mannes betrachten, wie Paulus sie hier formuliert.
Epheser 5: Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi. Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn, also dem Herrn Jesus Christus. Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Gemeinde ist, die er als seinen Leib erlöst hat.
Aber wie nun die Gemeinde sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen ihren Männern unterordnen in allen Dingen. Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie dahingegeben hat, um sie zu heiligen. Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, damit er sie vor sich hinstelle als eine Gemeinde, die herrlich sei und keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern die heilig und untadelig sei.
So sollen auch die Männer ihre Frauen lieben, wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes.
Darum – jetzt folgt ein Zitat aus dem Alten Testament: „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein.“ Dieses Geheimnis ist groß. Ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde.
Darum auch ihr: Ein jeder habe lieb seine Frau wie sich selbst, die Frau aber ehre den Mann.
Die Identitätskrise des modernen Mannes
Heute soll es um die spezielle Aufgabe des Mannes gehen, und in vierzehn Tagen wird es dann um die Aufgaben aus der Sicht der Frau gehen. Viele Männer befinden sich immer noch in einer Identitätskrise.
Die Zeitschrift Psychologie heute schrieb dazu: „Neuer Mann, was nun? Die Emanzipation der Frauen verstörte die Männerwelt zutiefst. Auch nach zwei Jahrzehnten Männerbewegung ist unklar, wo die Männer heute stehen und wie sie ihr modernes Mannsein wirklich definieren. Die Flut der sogenannten Männerbücher zeigt eher, wie groß die Verwirrung um den neuen Mann tatsächlich ist.“
Ich denke, daran hat sich auch nach drei weiteren Jahren nichts geändert. Die Frage lautet: Was ist eigentlich der neue Mann nach Gottes Plan? Darauf gibt Paulus eine sehr deutliche Antwort.
Eine Vorbemerkung ist hier noch wichtig: Die Bibel betont immer wieder die absolute Gleichwertigkeit von Mann und Frau. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Paulus selbst schrieb im Galater 3,28: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, nicht Sklave noch Freier, nicht Mann noch Frau; denn ihr seid alle samt einer in Christus Jesus.“ Das heißt, vor Gott sind alle gleich viel wert.
Wer an Jesus Christus glaubt und durch ihn errettet ist, steht völlig in dieser Einheit seiner Kinder. Es gibt also keinen Wertunterschied. Trotzdem sind Mann und Frau nicht gleichartig. Das führt Paulus dann im Epheserbrief Kapitel 5 weiter aus.
Missverständnisse und Missbrauch des Epheserbriefes
Leider gehört dieser Text zu den meist missbrauchten Bibelstellen des Neuen Testaments. Wie bereits erwähnt, verwenden einige ihn als Freibrief zur Unterdrückung der Frau. Andere wiederum sehen darin einen Beweis dafür, dass der Apostel Paulus ein frauenfeindlicher Autor gewesen sei. Selbst in manchen christlichen Kreisen gibt es große Schwierigkeiten, das fünfte Kapitel des Epheserbriefes richtig aufzunehmen.
Über dieses Kapitel wird selten gepredigt, und wenn doch, führt es oft zu Streit. Heute haben wir die Gelegenheit, diese Passage im Zusammenhang zu lesen und zu verstehen, was Paulus wirklich meint.
Zunächst fällt auf, dass als Überschrift, als Motto über dem ganzen Text steht: „Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi.“ Das heißt: In der Ehrfurcht vor Christus soll eine gegenseitige Unterordnung stattfinden. Überall wird betont, dass jeder versucht, das Beste für den anderen zu suchen, den anderen glücklich zu machen und hoch zu achten.
Paulus sagt hier, dass alle Beziehungen, in denen wir als Christen stehen, nur dann gelingen, wenn wir lernen, einander zu dienen und zu achten. Das fällt uns schwer, weil wir Menschen sind und immer einen Schuss Egoismus in uns tragen. Keiner kann das sofort. Deshalb erinnert Paulus an die entscheidende Hilfe, nämlich die Motivation, die uns dabei leiten soll: „Tut das in der Furcht Christi“, also in der Ehrfurcht vor Christus.
Weil wir Ehrfurcht vor Jesus Christus haben, vertrauen wir seinem Wort. Und weil wir Ehrfurcht vor ihm haben, glauben wir, dass der Weg, den er uns hier zeigt, der richtige ist und sich das Gehen dieses Weges lohnt.
Diese gegenseitige Unterordnung und Gleichwertigkeit bedeutet jedoch nicht, dass jeder das Gleiche tun soll. Mann und Frau bekommen hier unterschiedliche Aufgaben zugewiesen, und zwar Aufgaben, die in der Schöpfung angelegt sind. Diese sind nicht einfach Rollen, die sich im Laufe der kulturgeschichtlichen Entwicklung herausgebildet haben. Es ist keine Frage der Gesellschaft, welches Männer- oder Frauenbild gerade vorherrscht.
Paulus sagt es anders: Mann und Frau sind nicht gleichartig geschaffen. Wir spielen nicht nur Rollen, die uns anerzogen wurden. Damit steht die Bibel in starker Gegnerschaft zu dem Konzept des sogenannten Gender-Mainstreamings, mit dem uns heute auch das Bundesfamilienministerium befasst. Dieses Konzept will die Unterschiede zwischen Mann und Frau immer weiter auflösen. Systematisch bleibt dann nur noch der kleine biologische Unterschied, der sonst keine große Rolle mehr spielen soll.
Paulus beschreibt hier die Schöpfungsbestimmung von Mann und Frau. In diesem Kapitel behandelt er vorwiegend die Aufgabe der Männer: Neun Verse befassen sich mit den Pflichten des Mannes, nur vier Verse mit den Aufgaben der Frau – also mehr als zwei Drittel.
Viele Männer haben den Vers 22, in dem es heißt, dass Frauen sich unterordnen sollen, missverstanden und ihn benutzt, um ihr Patriarchat zu rechtfertigen. Dabei haben sie nicht bedacht, in welcher gefährlichen Nachbarschaft dieser Vers steht.
Der Hauptton, der rote Faden, der sich durch den Text zieht, lautet nämlich: „Liebet!“ Dreimal fordert Paulus dies geradezu als Befehl: „Ihr Männer, liebt eure Frauen“ (Vers 25, Vers 28). So sollen die Männer ihre Frauen lieben wie ihren eigenen Leib. Und nochmals in Vers 33: „Ein jeder habe lieb seine Frau.“ Dreimal wird die Liebe betont.
Natürlich gilt das auch umgekehrt, dass die Frauen die Männer lieben sollen. Aber offensichtlich müssen wir Männer besonders daran erinnert werden. Das zeichnet den Ehemann nach Gottes Willen aus: dass er seine Frau liebt.
Diese Liebe hat zudem einen Verweischarakter. In Vers 32 macht Paulus den Vergleich deutlich: „Das Geheimnis ist groß, ich deute es auf Christus und die Gemeinde.“ So wie Jesus Christus seine Gemeinde geliebt hat, so sollen auch die Männer ihre Frauen lieben.
Das ist keine Selbstverständlichkeit. Auch in christlichen Kreisen ist das keine Selbstverständlichkeit. Doch natürlich fragen wir sofort: Kann man Liebe denn befehlen?
Die vier Kennzeichen der Liebe des Mannes
Nun, das kommt darauf an, was mit Liebe gemeint ist. Denn die Liebe, von der Paulus hier spricht, umfasst viel mehr als nur persönliche Sympathie und Zuneigung.
Diese Liebe bedeutet auch mehr, als dass man sich erotisch zueinander hingezogen fühlt. Natürlich gehört das dazu und ist ein wichtiger Bestandteil der Ehe. Doch die Liebe erschöpft sich nicht darin.
Paulus meint hier noch mehr. Er zeigt uns mindestens vier Kennzeichen, die die Liebe des Mannes ausmachen sollten.
Bedürfnisorientierte Liebe
Das erste Kennzeichen: Die Liebe des Ehemannes ist bedürfnisorientiert.
Wenn Sie mitschreiben wollen: Erstens ist diese Liebe bedürfnisorientiert. Sie haben richtig gehört: Die Liebe des Mannes orientiert sich an den Bedürfnissen seiner Frau. Paulus schreibt hierzu: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben.“ Das ist das Modell, das Beispiel.
Was hat Christus getan? Das entfaltet Paulus in den weiteren Versen. Christus hat sich selbst gegeben, um die Gemeinde zu heiligen. Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, damit er sie vor sich hinstelle als eine Gemeinde, die herrlich sei und keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe.
Was heißt das? Paulus hat zuvor beschrieben, was das bedeutet. Er sagt: Wer zu Jesus kommt, zu seiner Gemeinde dazukommt, wer sich zu ihm als Retter hinflüchtet, der bekommt Vergebung seiner Schuld. Der lebendige Gott schenkt ihm ein neues Leben.
Jesus Christus ist am Kreuz für unsere Sünden gestorben, um uns den Weg zum lebendigen Gott wieder freizumachen. Er trug die Strafe, die wir verdient hätten, um uns zu Kindern Gottes und Bürgern des Himmels zu machen und uns mit dem heiligen Gott zu versöhnen. Dessen Gebote wir tausendfach mit Füßen getreten haben.
Er hat sich selbst in diese Situation hineingeworfen, um uns zu retten. Jetzt arbeitet Jesus Christus an seinen Leuten. Er verändert sie – das meint: Er heilig und untadelig macht sie. Er ändert unser Leben, vergibt uns unsere Sünden und arbeitet ein ganzes Leben lang an unserem Charakter. Denn wir entdecken immer wieder, wie viel es noch zu feilen und zu bearbeiten gibt.
Das ist die Liebe Jesu Christi. Diese Liebe ist bedürfnisorientiert, macht Paulus deutlich. Sie richtet sich nicht nach unserer Liebenswürdigkeit, sondern nach unserer Bedürftigkeit. Verstehen Sie: Christus hat sich für uns geopfert, als wir noch Sünder waren, sagt Paulus.
Das heißt: Christus ist nicht für uns gestorben, weil wir so sympathisch waren oder tolle Menschen gewesen wären. Sondern warum gab er sein Leben für uns? Weil wir es nötig hatten.
Diese bedürfnisorientierte Liebe ist also nicht in erster Linie vom Gefühl des Liebenden bestimmt, sondern vom Willen des Liebenden. Das beste Beispiel hat Jesus den Jüngern selbst gegeben – ganz plastisch, ganz drastisch.
In einer bestimmten Situation kurz vor der Kreuzigung hat er ihnen die Füße gewaschen. Danach sagte er: „Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr es genauso macht und einander liebt, wie ich euch geliebt habe.“
In dieser Situation, als Jesus ihnen die Füße wusch (Johannes 13), stritten die Jünger gerade heftig. Sie waren also alles andere als liebenswürdig. Umso mehr brauchten sie die Vergebung durch Jesus. Die dreckigen Füße, die Jesus da wusch, waren auch alles andere als anziehend. Aber er gab ihnen das, was sie brauchten, weil er ihnen helfen wollte.
Paulus sagt: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben.“
Eine Frau erzählt von einer Freundin, die nach dreißig Jahren Ehe plötzlich erkrankte. Sie hatte einen Tumor im Gehirn, was bedeutete, dass sie nicht mehr klar denken konnte. Sie hatte einen seltsamen Drang, von zuhause wegzulaufen, und ihr Mann musste praktisch Tag und Nacht auf sie achten.
Je mehr die Krankheit fortschritt, desto schwerer fiel der Frau das Gehen und Sprechen. Ihr Mann musste ihr in allen Dingen helfen: beim Essen, Waschen und Ankleiden. Das dauerte fünfzehn Jahre.
Seine Freunde schlugen ihm immer wieder vor, die Frau in ein Heim zu geben. Doch er weigerte sich und sagte: „Sie ist meine Frau und die Mutter meiner sieben Kinder. Ich werde sie nie fortgeben.“
Kurz vor ihrem Tod besuchte diese Freundin noch einmal die kranke Frau. An diesem Tag ging es ihr etwas besser, und sie konnte etwas sprechen. In einem klaren Moment vertraute die kranke Ehefrau ihrer Freundin Folgendes an: „Ingrid, eines weiß ich: Mein Mann liebt mich heute immer noch genauso, wie er mich als Braut geliebt hat.“
Paulus meint mit „Ihr Männer, liebt eure Frauen“ genau das. Diese Liebe richtet sich nicht nach der Attraktivität des Geliebten oder nach der momentanen Stimmung. Sie tut das Richtige, gibt, was der andere braucht.
Natürlich gilt das Prinzip auch als Auftrag für die Frau. Aber der Mann ist hier von Gott in besonderer Weise in die Pflicht genommen. Er muss nötigenfalls sogar sein Leben für seine Frau einsetzen. Christus hat sein Leben für uns gegeben.
Ein amerikanischer Ausleger sagte dazu: Wenn ein liebender Ehemann bereit ist, für seine Frau sein Leben zu opfern, dann ist er sicherlich auch bereit, geringere Opfer für sie zu bringen.
Deshalb sollten wir als Ehemänner uns öfter die Frage stellen: Was braucht sie eigentlich jetzt? Vielleicht auch dann, wenn wir manches nicht verstehen – die weibliche Logik ist ja nicht immer leicht zu durchschauen.
Dann sollten wir nicht sagen: „Na ja, sie soll sich jetzt nicht so anstellen.“ Sondern lieber fragen: „Was braucht sie eigentlich jetzt?“
Das ist das erste Kennzeichen der Liebe, die Gott von uns Eheleuten fordert: Sie ist bedürfnisorientiert.
Beschützende Liebe
Und daraus folgt ein zweites: Diese Liebe ist zweitens beschützend. Sehen Sie Vers 28: Die Männer sollen ihre Frauen lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es – so wie auch Christus die Gemeinde.
Mann und Frau gehören so eng zusammen, dass diese Liebe eigentlich selbstverständlich sein müsste. Leider ist das nicht immer so, weil wir oft zu egoistisch sind. Deshalb fügt Paulus nochmals hinzu: Wer seine Frau liebt, der liebt sich eigentlich selbst.
Sein Argument läuft folgendermaßen: Er sagt, so wie Christus seine Gemeinde liebt – die in der Bibel als der Leib Christi bezeichnet wird –, so hat Christus seine Gemeinde nicht nur für den Himmel errettet, sondern er sorgt ständig für sie. Er schützt sie, bewahrt sie und reinigt sie. Ebenso soll auch der Mann seine Frau nähren und pflegen, wie Paulus hier sagt.
Gerade das Wort „pflegen“ ist im Griechischen sehr interessant. Es bedeutet wörtlich „erwärmen“ (talpo). Das Wort wird eigentlich für das Brüten der Vögel verwendet. Ein wunderbares Bild: Der Mann soll seine Frau wärmen und ihr Schutz geben. Er soll auch für ihre äußere Sicherheit sorgen, sie gegen Angriffe verteidigen und, wenn möglich, die letzte Verantwortung für ihre finanzielle Absicherung tragen.
Darüber hinaus soll er das innere Leben der Frau schützen, für ihre Geborgenheit sorgen und ihr Selbstwertgefühl stärken. Natürlich ist das immer auch eine Sache der Gegenseitigkeit. Doch Paulus richtet sich hier speziell an die Männer und sagt: Das ist eure Aufgabe.
Die Männer sollen ihre Frauen auch im Glauben an Jesus Christus fördern. Das heißt, sie sollen zusammen mit ihren Frauen beten und nicht immer darauf warten, dass die Frauen die Initiative für das gemeinsame geistliche Leben ergreifen. Männer sollen ihre Frauen pflegen und schützen und sie auch bei der Erziehung der Kinder nicht allein lassen.
Natürlich haben beide unterschiedliche Schwerpunktaufgaben. Doch auch der Mann soll, selbst wenn er beruflich stark eingespannt ist, auf die richtige Weise präsent sein. Er soll der Frau den Rücken stärken, ihr gegenüber den Kindern beistehen und für die Kinder erreichbar sein. Auf die Erziehung der Kinder kommen wir dann in Kapitel 6 zu sprechen.
Mit diesen Anforderungen an den Mann wird sehr viel über die Bedeutung der Frau gesagt: Sie ist umsorgt, wertgeschätzt und geehrt. Damit macht das biblische Modell Folgendes deutlich: Das biblische Frauenbild unterscheidet sich völlig von dem, was damals in der Umwelt modern war.
Deshalb ist es völlig an der Sachkenntnis vorbei, wenn immer wieder behauptet wird, Paulus habe nur das Frauenbild seiner Zeit übernommen und deshalb solche eigenartigen Dinge geschrieben. Wissen Sie, wie das Frauenbild damals im ersten Jahrhundert nach Christus war?
Nehmen wir zum Beispiel das jüdische Frauenbild: Josephus, der Geschichtsschreiber, sagt, dass die Frau in jeder Beziehung geringerwertig sei als der Mann. Manche Juden konnten mit folgendem Morgengebet aufstehen, das wir auch beim Rabbi Jeruda finden: „Gott, ich danke dir, dass ich kein Heide, kein Sklave und keine Frau bin.“
Wie sah das Frauenbild bei den Griechen aus? Dort war die Ehefrau vor allem als Haushälterin und Gebärerin von Bedeutung. Demosthenes, der Staatsmann, soll folgendes gesagt haben: „Wir haben Kurtisanen für das Vergnügen, Konkubinen für den Geschlechtsverkehr, und unsere Ehefrauen sind dazu da, legitime Kinder zu gebären und für den Haushalt zu sorgen.“
Auch bei den Römern war die Ehe teilweise zu einer Art legalisierter Prostitution verkommen. Scheidungen galten als Formsache. Gegen diese Missachtung der Frau bildete sich im römischen Reich bereits eine Art feministische Befreiungsbewegung.
Wenn wir dieses Verständnis der Frau im Judentum, bei den Griechen und bei den Römern mit dem vergleichen, was der Apostel Paulus hier schreibt, dann stehen wir vor einem Gegensatz, der schärfer nicht gezeichnet werden könnte.
Paulus sagt: Liebt eure Frauen! Und das ist eben gerade nicht zeitbedingt, sondern hat Immergültigkeit. Er fordert die Christen auf, als Kontrastgesellschaft ihrer Umwelt deutlich zu machen, was das Schöpfungsmodell Ehe und Familie nach Gottes Plan bedeutet.
Bedingungslose Liebe
Obwohl das eigentlich schon genug Arbeit für uns Männer wäre, ist Paulus noch nicht fertig. Die Liebe des Mannes ist nicht nur bedürfnisorientiert und beschützend, sondern drittens auch bedingungslos.
In Vers 31 zitiert Paulus das Alte Testament: „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Leib sein.“ Mit diesen Worten hat Gott die Ehe eingesetzt. Die Ehe ist also nicht das Ergebnis irgendeiner späten kulturgeschichtlichen Entwicklungsstufe, sondern von Gott gegeben von Anfang an.
Das griechische Wort „ein Mann wird seiner Frau anhängen“ bedeutet so viel wie „die beiden werden zusammengeschweißt“. Das ist eigentlich die Bedeutung: Sie werden zusammen zementiert. Das heißt, der Mann bindet sich bedingungslos an seine Frau für ein ganzes Leben. Er wird seiner Frau anhängen, sich jeden Rückweg versagen und ihr bedingungslose Treue versprechen. Das ist hier gemeint.
Damit zieht der Mann auch einen Schlussstrich gegenüber seiner Vergangenheit. Er wird Vater und Mutter verlassen. Das heißt nicht, dass er den Kontakt zu den Eltern abbrechen wird, sondern dass er jetzt eine neue Familie gründet. Damit entsteht eine völlig neue Einheit, eine neue Welt.
Überlegen Sie sich mal, was das bedeutet angesichts des Gewichts, das die Sippe in Israel hatte. Ein Mann wird Vater und Mutter verlassen, und es entsteht eine völlig neue Einheit.
Manche Ehen leiden an dem großen Problem, dass sich die Männer auch in späteren Jahren immer noch nicht bedingungslos von zu Hause abgekoppelt haben. Im Zweifelsfall geht man dann immer noch mal zu Mama und lässt sich trösten oder beraten oder was auch immer. Das ist eine große Hypothek für so manche Ehe, wenn der Ehemann nicht wirklich auf eigenen Füßen in einen neuen Abschnitt hineingeht und Vater und Mutter verlässt.
Bedingungslos bedeutet auch, dass man sich verbindlich auf die Zukunft hin mit der Frau zusammentut, zusammenschließt. Der Christ verspricht seiner Frau bedingungslose Treue, „bis dass der Tod euch scheidet“.
Natürlich steht das gegen das gängige Verständnis von Freiheit, das manche Männer gern für sich beanspruchen. Sie meinen, dass sie auch mit einer anderen Frau flirten oder hier oder da ein kleiner Seitensprung oder eine kleine Affäre doch toleriert werden müsse. Die Bibel widerspricht dem eindeutig.
Diese Liebe ist bedingungslos, sagt Paulus, und sie gilt, egal wie sich der Ehepartner entwickelt. Klar, das gilt für beide, für Mann wie für Frau, aber die Männer haben offenbar diesen Rat besonders nötig.
Nicht nur jener Mann, von dem ich vor einiger Zeit las: Er saß frisch verheiratet mit seiner Frau im Pferdewagen. Die beiden wollten zur Hochzeitsreise aufbrechen. Der Mann schnalzte mit der Peitsche, und das Pferd ging durch und stürzte.
Der Mann grollte zum Ersten. Nun gut, er setzte sich wieder hin und gab dem Pferd ein zweites Mal das Signal. Jetzt geht's los. Das Pferd ging wieder durch und stürzte zum Zweiten. Er sagte: „Zum Zweiten.“
Ein drittes Mal wollte er das Pferd in Bewegung bringen. Und Sie wissen, was passierte: Das Pferd ging wieder durch und stürzte. Da sagte der Mann zum Dritten: „Dann sprang er vom Wagen, nahm seine Flinte und erschoss das Tier.“
Die Frau, frisch verheiratet, schrie: „Das arme Tier, wie konntest du das nur tun?“ Er guckte sie einmal kritisch an und sagte: „Zum Ersten.“
Paulus sagt nun: Das Kennzeichen der Liebe, so wie Gott sie sich vorgestellt hat, ist, dass diese Liebe eben bedingungslos ist. Wir sind nicht miteinander verbunden auf dieser ersten, zweiten, dritten Basis: „Wenn du das noch einmal machst, dann gucke ich mir das noch einmal an. Aber wenn das passiert, dann ist Schluss.“
Das ist keine Option, keine Möglichkeit für Christen, sagt Paulus. Diese Liebe ist bedingungslos. Sie gibt dem anderen auch Schutz und Geborgenheit, weil sie ihm sagt: „Egal was passiert, ich bleibe bei dir.“ Das meint Ehe im biblischen Sinne.
Paulus weiß, wenn sich zwei Menschen begegnen, dann begegnen sich auch zwei Abgründe. So sagt er hier in Vers 32: „Das Geheimnis ist groß, ja, es ist ein Geheimnis.“ Und doch hat Gott hier keine christliche Lyrik produziert, kein schöngeistiges Ideal, das von der Wirklichkeit nie eingeholt wird. Sondern das ist eine ganz nüchterne Aufforderung: Liebt eure Frauen!
Diese Liebe ist bedürfnisorientiert, sie ist beschützend, und sie ist bedingungslos.
Beherzte Liebe und Führungsverantwortung
Im Verein mit diesen drei Kennzeichen und nur so kann sich dann auch das vierte richtig entfalten, das ich zum Schluss noch kurz andeuten will. Damit machen wir dann in 14 Tagen weiter.
Die Liebe dieses Mannes ist auch viertens beherzt. Das heißt, sie scheut nicht vor der Verantwortung zurück, auch nicht vor der besonderen Verantwortung, in der Ehe eine liebevolle Führungsaufgabe wahrzunehmen. Das meint Vers 23, wenn Paulus sagt: Der Mann ist das Haupt der Frau. Da spricht er im Indikativ. Er sagt nicht, der Mann sollte eigentlich das Haupt der Frau sein, sondern er ist das Haupt der Frau. Das ist seine Stellung in der Schöpfung.
Das ist keine patriarchalische Unterdrückungskultur, die sich hier bahnbricht, sondern das ist schöpfungsbedingt, das ist Gottes Design, das ist Gottes Programm für den Ehemann. Er ist das Haupt der Frau. Und das heißt, er hat vor Gott und der Welt die letzte Verantwortung für die Ehe und die Familie. Er trägt bei schwierigen Entscheidungen die letzte Last und das letzte Risiko und muss auch dafür geradestehen.
Natürlich sollen sich die beiden gegenseitig absprechen. Man muss das im recht verstandenen Sinne partnerschaftlich angehen. Und doch ist es so: Der Mann trägt die letzte Verantwortung, auch vor Gott. Er hat auch die Verantwortung für seine Familie als Hausgemeinde, für die Leute, die zu seinem Hausstand gehören. Er soll für sie beten und sie dazu anhalten, Gott zu dienen und Jesus Christus nachzufolgen. Das ist die Hauptaufgabe auch des Mannes.
So sehr die Frau mit der tagtäglichen Erziehung, auch der geistlichen Erziehung der Kinder zu tun hat, so sehr trägt der Mann die Verantwortung für das Ganze. Das muss er auch deutlich machen und durchziehen. Und schließlich hat der Mann auch die letzte Verantwortung für die finanzielle Versorgung.
Das heißt nicht, dass er unbedingt Alleinverdiener sein muss. Es heißt nicht, dass es nicht auch mal Phasen geben kann, in denen die Frau mehr verdient als der Mann. Jede Biografie verläuft ja anders. Aber das Grundkonzept lautet: Der Mann trägt die Last der letzten Verantwortung, die mit seiner Führungsaufgabe in der Ehe verbunden ist.
Damit schafft er für die Frau einen Schutzraum, in dem sie befreit schalten und walten kann. Das ist die Idee. Für die Frau soll es eine Entlastung darstellen, sich dem Mann unterordnen zu dürfen – und nicht eine Qual, von einem Tyrannen mühsam unter Kuratel gehalten zu werden.
So schreibt Paulus das hier so schön in Vers 22: „Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn.“ Also dem Herrn Jesus Christus. Das Wort, das da im Griechischen steht, bedeutet „sich unterstellen“. Und „unterstellen“ bedeutet ja zweierlei: Es bedeutet einmal, sich wirklich freiwillig unterzuordnen und sich unterzustellen, wie man sich unter einen Dachvorsprung stellt, unter einen Schirm, der einen schützt und bewahrt.
So ist das gemeint. So soll die Führungsverantwortung des Mannes der Frau den Schutzraum geben, in dem sie ihren Begabungen und ihren schöpfungsbedingten Aufträgen gemäß schalten und walten kann. So ist es von Gott gedacht.
Wir wissen, dass sich zum Beispiel seit der französischen Revolution eine ideologische Gleichmacherei durchgesetzt hat. Gerade für unsere Gesellschaft hat das beständige Trommeln von Alice Schwarzer und ihren Truppen unheimlich viele Frauen beeinflusst – nach dem Motto, es gäbe gar keinen wirklichen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Und das sei alles nur ein Unterdrückungsinstrumentarium.
Die Heilige Schrift sagt es anders. Ich denke, die ersten drei Kennzeichen der Liebe des Mannes – bedürfnisorientiert, beschützend, bedingungslos – werden die meisten noch akzeptieren. Aber dieses vierte Kennzeichen, beherzt, wird am stärksten angegriffen, weil es am deutlichsten gegen den Zeitgeist rebelliert. Und weil damit leider auch so viel Missbrauch betrieben wurde.
An dieser Stelle möchte ich noch Folgendes sagen: Nach meiner Überzeugung ist der Feminismus hauptsächlich die Schuld der Männer, die ihrer Aufgabe, die Frauen zu lieben und zu schützen, in vielen Situationen nicht angemessen nachgekommen sind. Sie haben im Grunde genommen diese Gegenbewegung geradezu provoziert. Sie haben ihre Führungsaufgabe pervertiert und zur Tyrannei verkommen lassen. Und dann kam die Gegenbewegung.
Viele Männer wollten das auf keinen Fall, und so sind sie dann ins totale Gegenteil verfallen und haben jegliche Führung verweigert. Das hat uns dann die sogenannten Softies beschert. Das ist ja auch in gewisser Weise bequem für den Mann, der Frau vieles zu überlassen. Das ist auch auf den ersten Blick bequem für die Frau.
Aber später wird die Frau dabei oft einsam und ungeborgen und merkt, dass sie doch diese Führung vermisst – und damit auch Geborgenheit vermisst.
Aktuelle gesellschaftliche Perspektiven auf das Patriarchat
Damit sind wir zum Schluss wieder mitten in der aktuellen Debatte.
Es ist faszinierend: Der amerikanische Soziologe Philip Longman bezeichnet sich nicht als Christ. Er sieht sich nicht einmal als Konservativen. Er sagt, dass er von seiner ganzen Prägung her eigentlich ganz andere Thesen vertritt. Dennoch hat er sich viele Gedanken über die Frage der Bevölkerungsentwicklung gemacht und darüber, wie eine Gesellschaft überleben kann, wenn ihre Sozialsysteme zusammenbrechen.
Er hat Folgendes festgestellt: Die Form, die sich am besten durchsetzen kann, wenn alle anderen Stützen wegbrechen, ist das Patriarchat. Das ist die klassische Familie, sagt er. In einem Interview mit dem Spiegel und anderen Medien hat er das weiter ausgeführt. Für Männer sei das Patriarchat nicht besonders attraktiv. Es bedeute hohe Verantwortung und wenig Abwechslung. Man sei für den Unterhalt einer ganzen Familie zuständig und verpflichtet, ein Leben lang mit einer Frau zusammenzuleben.
Longman macht deutlich, dass das Patriarchat eigentlich ein soziales Konzept und kein Unterdrückungskonzept sei. Er zitierte eine große amerikanische Arbeiterführerin, Mother Jones, die damals nicht wollte, dass Frauen genauso viel Geld verdienen wie Männer. Sie argumentierte, dass Frauen sonst keinen Anreiz hätten, zu Hause zu bleiben. Die Männer müssten in der Lage sein, den Familienunterhalt zu verdienen, so Mother Jones, damit die Frauen nicht von den kapitalistischen „Schweinen“ in Bergwerke und Spinnereifabriken getrieben würden. Über die Sprache kann man streiten, aber so hat Longman es eben formuliert.
An anderer Stelle hat er es folgendermaßen zugespitzt: Ironischerweise könnten gerade die Frauen das Patriarchat als Erste wiederentdecken, denn für die Männer sei es eher eine unattraktive Veranstaltung. Man solle nur an all die Pflichten denken, die damit verbunden sind. Heute profitiere doch auch der Mann von der Selbstverwirklichung. Er könne sich seinen Vorlieben und Hobbys widmen. Und wenn man ihm über Gebühren die Pflicht nehmen wolle, könne er einfach auf das Partnersprinzip verweisen.
Ein letztes Zitat von Longman: Das Patriarchat sei in erster Linie kein Herrschafts-, sondern ein Sozialsystem. Es sei ein System, das Verantwortung zuordnet. Es binde die Beteiligten in einer Zeit, in der der Staat nicht mehr in der Lage sei, die Individuen zu subventionieren, stärker aneinander. Es verlange von Männern wieder, Ehemänner und Väter zu werden, von Frauen wieder Ehefrauen und Mütter.
Manches von dem, was der Soziologe Longman entdeckt hat, entspricht einfach der Wirklichkeit. Es klingt so, als hätte er es beim Apostel Paulus abgeschrieben. Und der Apostel Paulus macht deutlich, dass es kein Zufall ist, dass dieses Konzept greift. Denn es ist das Konzept, mit dem Gott den Menschen auf den Weg gesetzt hat.
Heute sehen wir uns gegenüber der Zerstörung dieser Verschiedenartigkeit vielfachen Versuchen, die fruchtbare Polarität zwischen Mann und Frau aufzuheben. Es wird gefordert, dass die Männer immer weiblicher werden sollen und die Frauen immer männlicher. Das ist letztlich menschenverachtend, weil es die Ehe und die Familien auf lange Sicht zerstört.
Dietrich Bonhoeffer und die Bedeutung der Schöpfungsordnung
Es war niemand anderes als Dietrich Bonhoeffer, der 1943 in Nazihaft saß und dort für seinen Freund die Traub-Predigt schrieb – aus der Zelle des Weltgefängnisses. In dieser Traub-Predigt hat Bonhoeffer ausführlich über Epheser 5 gesprochen. Er sagte, es seien ungesunde Zeiten, wenn Männer ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, die für sie bestimmt sind, und Frauen mit Gewalt in Bereiche eindringen wollen, die Gott eigentlich für die Männer vorgesehen hat.
Bonhoeffer schrieb dies nicht am grünen Tisch, sondern in einer Extremsituation in der Zelle. Dort fällt, so denke ich, alles Äußere von einem Menschen ab, und er erkennt umso deutlicher, welches Gewicht Gottes Schöpfungsordnung hat. Epheser 5 gibt uns eine starke Ermutigung, das Modell, das Gott für Mann und Frau vorgesehen hat, ernst zu nehmen. Es lädt uns als Eheleute ein, uns gegenseitig dabei zu helfen, dieses Modell zu leben.
Natürlich sind wir enorm geprägt vom Zeitgeist. Wir können ja nicht einfach aus unserer Geschichte herausspringen. Dennoch ist es so wichtig, vom Wort Gottes zu lernen, wie es eigentlich von unserem Schöpfer vorgesehen ist. Das Gute daran ist: Gott selbst will uns helfen. Er präsentiert uns sein Konzept nicht als ein unerreichbares Idealbild und sagt: „Nun, Mensch, sieh zu, wie du dich da einigermaßen hinaufbewegst, um das irgendwann zu schaffen.“
Stattdessen sagt Gott immer wieder: „Ich stehe an deiner Seite. Ich liebe dich.“ Wer durch Jesus Christus Kind des lebendigen Gottes geworden ist und an ihn glaubt, bekommt nicht von heute auf morgen, wie auf Knopfdruck, eine perfekte Ehe. Er ist auch nicht automatisch in der Lage, alles eins zu eins umzusetzen. Aber er wird auf einen neuen Weg gesetzt und versteht: Gott meint es gut mit uns.
Gott stellt uns dieses Konzept vor Augen, weil er uns liebt und weil er will, dass unsere Ehen und Familien unter seinem Segen stehen. Wir werden immer wieder unsere Defizite feststellen, wenn wir unsere Realität mit diesem Konzept vergleichen. Doch Gott hat gesagt, es gibt Vergebung für Schuld und immer wieder Hilfe zum Neuanfang.
Es lohnt sich, Gott zu vertrauen, dass er uns auf diesen seinen Weg mitnimmt.
Die Bedeutung der Schöpfungsgeschichte für das Eheverständnis
Schon am Anfang, als Gott, wie wir hörten, die Frau aus der Rippe des Mannes schuf, war dieses Schöpfungsmodell im Blick. Biologen haben inzwischen festgestellt, dass dies auch genetisch gesehen sehr interessant ist, da die Rippe offenbar besonders gute Voraussetzungen zum Klonen bietet. Doch diese Tatsache hat noch eine tiefere Bedeutung.
Diese tiefere Bedeutung, dass die Frau aus der Rippe des Mannes geschaffen wurde, hat der Theologe Matthew Henry folgendermaßen beschrieben: Er sagt, Gott schuf die Frau aus der Rippe des Mannes. Er formte sie nicht aus seinem Kopf, damit sie nicht über ihm stünde. Er bildete sie auch nicht aus seinen Füßen, damit er nicht auf den Gedanken käme, sie unterdrücken zu können.
Stattdessen schuf Gott die Frau auf der Seite des Mannes, so dass sie ihm ganz nahe wäre. Er gestaltete sie aus der Rippe unter seinem Arm, damit er sie beschütze, nahe seinem Herzen, um sie mit seiner Liebe zu umgeben.
Gott helfe uns, dass wir so miteinander leben. Amen.