Einführung in die Versuchung Jesu
Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er vom Teufel versucht würde. Er hatte vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet, und danach hungerte ihn.
Der Versucher trat zu ihm und sprach: „Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.“ Jesus antwortete ihm: „Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“
Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt, stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: „Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab! Denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben.“
Meine Frau sagte vorhin, wir singen heute im Chor etwas, das gar nicht zum Thema passt. Doch es passt genau. Es war euer Text, habt ihr gar nicht gemerkt. Schön, also Originalzitat, nicht so schön vertont, sondern er sagt es im Bibelzitat: „Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben.“
„Sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“ So ein herrliches Bibelwort kann vom Teufel benutzt werden, um uns von Gott zu trennen. Jetzt sind wir völlig irritiert.
Da sprach Jesus zu ihm: „Wiederum steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen!“
Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit. Er sprach zu ihm: „Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.“
Da sprach Jesus zu ihm: „Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.“
Da verließ ihn der Teufel, und siehe, Engel traten zu ihm und dienten ihm.
Die Wüste als Ort der Prüfung und Bedeutung für das Leben
Es gibt in unserer Welt viele herrliche Plätze, Oasen und paradiesische Landschaften. Ich kenne in Stuttgart schon viele Orte, an denen ich mich wohlfühle, an denen es blüht und grünt.
Doch fast ein Drittel der Landoberfläche der Welt besteht aus Wüsten. Was uns überrascht, ist, dass Jesus ganz am Anfang seiner Wirksamkeit vom Geist Gottes in die Wüste geführt wird. Sie wissen, dass man in der Wüste nicht leben kann. Sie ist lebensfeindlich.
Ich weiß, dass Jesus ganz besonders dorthin musste, weil viele Menschen in ihrem Leben durch ganz dunkle Wüstenabschnitte gehen. Viele von ihnen, vielleicht auch Sie jetzt, können das bestätigen. Sie sagen, dass es unheimlich dunkle Mächte gibt, wie Luther es beschrieben hat, die einen im Sieb schütteln. Man weiß nicht mehr, wo einem der Sinn steht. Man hält es nicht mehr aus in der Hitze und Ausweglosigkeit. Man kann einfach nicht mehr. Es ist ein harter Kampf.
Ich bin froh, dass in der Bibel gleich davon geschrieben steht, dass es Versuchungen des Teufels gibt. Wenn wir das Wort „Teufel“ in den Mund nehmen, wissen wir doch ganz genau, wie unsere Kollegen, Nachbarn oder Bekannten jetzt grinsen müssen. Glaubt ihr wirklich an den Teufel? Wahrscheinlich nicht.
Viele Mitchristen sagen: Glaubt doch nicht im Ernst an den Teufel! Vor ein paar Tagen stand eine schöne Geschichte von einem uralten Schweizer Pater in der Zeitung. Er sagte, es gäbe keinen Teufel, und wettete zehn Franken darauf. Wie er das mit seinem Gehalt macht, ist fraglich, denn katholische Priester werden nicht so gut bezahlt wie wir.
Er hat gesagt, er wette und wolle sich dem Teufel ausliefern. Ein Leserbriefschreiber in der Zürcher Zeitung schrieb daraufhin, dass der Teufel ihn ja schon längst in der Hand habe.
Die Realität und Macht des Teufels
Nun wollen wir lesen, was die Bibel eigentlich über den Teufel sagt. Sie spricht von einer Großmacht. Vielleicht ist es am erstaunlichsten, dass es einen Teufel gibt, sagt die Bibel, und das ist wahr, was Gottes Wort sagt.
Er kann auftrumpfen und sagen: „Alles gehört mir.“ Er streckt seine Hand über die ganzen Reiche der Welt aus, über die Städte und Dörfer, über die Siedlungen, über die dritte Welt und Europa. Alles gehört mir – über die Universitäten, Schulen, Fabriken und Kirchen. Das gehört alles mir. Ich habe alles in meiner Hand, ich kann alles manipulieren.
Ob das stimmt oder ob das ein bisschen hochgepokert ist, das werden Sie am Ende vielleicht noch beantworten können. Aber so ziemlich kann er das sagen, mit einem gewissen Recht. Jawohl, Sie hören alle auf meinen Befehl. Ich habe überall meine Finger drin, ich kann Sie alle manipulieren. Sie sind wie an meiner Strippe. Ich muss nur ziehen, und dann folgen Sie meinen Befehlen.
Großmacht und viel List, seien grausam. Das ist vielleicht das Schlimmste: die List. Das weiß jedes Kind, dass der Teufel uns zum Bösen verführen kann, zu ganz schrecklichen Tagen. Wenn uns Gottes Gnade nicht bewahrt, ist jeder von uns heute noch zu den allerschlimmsten Sünden fähig.
Sie brauchen sich nie zu brüsten, wenn Gottes Gnade Sie nicht beschirmt. Aber das Schlimmste ist die List, mit der er arbeitet. Und da steht hier, wie er sich zu Jesus naht.
Jesus als Vorbild im Umgang mit Versuchungen
Man kann Jesus kaum schöner darstellen. Vielleicht haben sie sich gar nicht so eingebracht, so tröstlich und mutmachend, wie Jesus uns ganz am Anfang seiner Wirksamkeit so nahekommt. Er will unsere Versuchungen bis in die kleinsten Verästelungen an seinem Leib erleiden und spüren, wie das ist.
Darum wird er Mensch – nicht nur, weil er in der Krippe geboren wird, sondern weil er in die Wüste geht und sich vom Geist Gottes dorthin führen lässt, um das für mich zu erdulden. Er ist mein Bruder geworden. Er hat die Versuchungen erlitten, die auch ich erleide. Er kann mitfühlen mit unserer Schwachheit.
Er fastet 40 Tage und 40 Nächte. Dann kommt die Stimme des Versuchers: „Jetzt sprich doch nur ein Befehlswort, und dann kannst du Brot machen.“ Nun frage ich Sie: Was ist denn daran falsch? Jesus hat das doch später bei der Speisung der Fünftausend getan. Es ist doch nichts Böses, wenn Jesus Wunder wirkt.
Wie oft haben wir in großer Not gebetet: „Herr, hilf! Jetzt tu doch etwas.“ Was ist daran falsch? Was ist daran teuflisch? Doch es kommt in einer ganz anderen Lage, als einer der Jünger Jesus einen Tipp gibt, wie er sich verhalten soll. Jesus beschreibt den Punkt genau und sagt: „Du meinst nicht, was göttlich ist, sondern was menschlich ist.“
Mir hat in den letzten Tagen ein lähmendes Entsetzen befallen, weil mir das einfach nicht mehr so klar war. Jesus macht einen ganz feinen Unterschied zwischen Menschenmeinung und Gottesmeinung. Wir sind oft so kühn, bei Gott alles zu erzwingen und zu erbitten: „Herr, ich will das und ich will so, und du musst das und jenes tun.“ Haben wir uns überhaupt gefragt, ob das göttlich ist?
Jesus sagt: „Du meinst nicht, was göttlich ist, sondern du meinst, was menschlich ist.“
Die Bedeutung der Wüste in 5. Mose 8
Wenn uns Gottes Geist in Wüsten führt und viele von ihnen in wirtschaftlichen Nöten leben, andere in familiären Krisen, Krankheiten, großer Trauer oder Einsamkeit, haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, warum Gott Sie gerade dorthin geführt hat? Glauben Sie, dass Sie schnell wieder hindurchkommen und auf der anderen Seite wieder herauskommen?
So denke ich auch. Es ist menschlich, so zu denken, aber es ist nicht göttlich. Darum greift Jesus dieses Thema noch einmal auf und erklärt, woher das Wort des Versuchers kommt. Wissen Sie, wo das war? Im 5. Buch Mose, Kapitel 8.
Jetzt schauen wir kurz hinein. Lassen Sie den Finger hinten im Buch und schlagen Sie 5. Mose 8 auf. Dort, auf dem Wüstenzug, finden wir eine ganz herrliche Stelle, die erklärt, was göttlich und was menschlich ist.
In 5. Mose 8, Vers 3 heißt es: „Gott demütigte dich und ließ dich hungern.“ Die Wüstenstrecken unseres Lebens sind demütigende Situationen, die Gott uns gibt, weil er uns segnen will. Oft muss Gott uns demütigen. Das sind Segenszeiten.
Er demütigte dich und gab dir dann das Manna, das weder du noch deine Väter kannten. Damit zeigte er dir, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern von allem, was aus dem Mund Gottes kommt. Die Frage nach dem Leiblichen ist nicht das wichtigste Thema. Vielmehr ist es im Leben eines Menschen zuerst entscheidend, dass er mit Gott im Reinen ist.
In Ihren Krisenzeiten, in Ihren Nöten und schwierigen Lebensabschnitten ist nur eines wichtig: dass Sie wieder mit Gott ganz im Reinen sind. Dann kann Gott Ihnen auch die Brotfrage, die körperliche Versorgung, die Heilung oder was sonst dazugehört, wiedergeben.
Sie meinen nicht, was göttlich ist, sondern denken nur an das, was menschlich ist.
Die Versuchung der Selbstgerechtigkeit und das Ich
Nochmal: Jesus hat ja unzählige Wunder vollbracht. Er hat die Fünftausend gespeist und Wasser in Wein verwandelt. Trotzdem sagt Jesus, dass es viele Situationen in unserem Leben gibt, in denen er uns die Wunder ganz bewusst nicht geben will, weil sie eine teuflische Versuchung sein können.
Wir können diese Wunder nicht erzwingen. Stattdessen muss ich fragen: Herr, was willst du? Möchtest du mich demütigen? Ich nehme deine Demütigung an, wenn sie aus deiner lieben Hand kommt.
Aber was war eigentlich das Teuflische an der Versuchung? Wissen Sie, der Versucher sagt: „Ja, aber du bist doch Gottes Sohn. Tu doch mal etwas für dich! Du hast das doch auch mal verdient. Du musst doch nicht leiden.“
So kommt die Versuchung auch bei uns: „Was ist deine ganze Nachfolge Jesu wert, wenn er dir jetzt nicht sofort deine Krankheitsprobleme löst? Wenn er heute nicht sofort deine wirtschaftlichen Nöte wegnimmt, dann musst du dich gegen Gott auflehnen und aufbegehren.“
Der Teufel nennt das Menschliche eine Versuchung – und das Menschliche liegt in mir. Mir ist in den letzten Tagen erst aufgegangen, wie sehr das im Zentrum des Glaubens steht: Jesus will in seiner Nachfolge mein Ich durchstreichen.
Der schlimmste Feind in meinem Glaubensleben, in der Nachfolge Jesu, ist mein Ich, mein Wille, der sich aufbäumt, der sich selbst sucht, der sich darstellt, der selbst genießen will und alles haben will.
Und dann sagt der Herr: „Nein, nein, nein, was ich will.“ Wenn ich will, dass du durch Wüstenstrecken gehst, kann ich dich auch im Finstertal segnen. Lass das mal, lass dir an meiner Gnade genug sein.
Verstehen Sie, wo die Versuchung herkommt und warum sie so eine List ist? Wir hatten herrliche Tage auf dem Michelsberg mit wunderschönen Bibelbetrachtungen über den ersten Johannesbrief. Dort hieß es einmal: Wir werden Jesus gleich sein.
Wir haben uns gefreut, wie das sein wird, wenn wir mal im Himmel Jesus gleich sein werden. Aber wir dürfen ja schon in dieser Welt Jesus gleich sein. Wir dürfen in seine Fußstapfen treten und lernen, die Versuchungen des Feindes zu überwinden.
Und dann beten wir: Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.
Die Herausforderung der Nachfolge und Selbstverleugnung
Es geht jedem von uns gegen den Strich: Das ganze Leben Jesu ist eingerahmt von einer klaren Haltung. Am Anfang steht die Versuchungsgeschichte, in der Jesus sagt, dass er nur den Willen des Vaters tun will. Am Ende seines irdischen Lebens, in der Nacht von Gethsemane, wiederholt er: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“
Wir dürfen Jesus darin ähnlich sein und in die Nachfolge treten. Dabei geht es darum, das eigene Ich zurückzustellen und zu sagen: „Herr, nur dir will ich dienen.“ Können Sie das wirklich sagen? Verstehen Sie, warum ich den vierten Vers mit Ihnen gar nicht singen wollte? Es wäre von Anfang bis Ende eine grauenhafte Selbstüberschätzung gewesen.
Nehmen Sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib – lassen Sie sie fahren. Ich gebe ja alles gern für Gott hin. Aber tun Sie das wirklich gern für Gott? Ich hoffe, dass Sie in den Fußstapfen Jesu lernen, sich selbst zu verleugnen. Wahrscheinlich ist das in unserer ich-betonten Zeit besonders schwierig. Das Hauptmodewort lautet: „Du musst dich selbst ohne Gott verwirklichen.“
Nein, nicht ohne Gott! Nur mit ihm, nur unter ihm und nur für ihn will ich mich verwirklichen. Nur an seiner Seite, nur aus seinem Wort heraus.
In den letzten Tagen haben heftige Stürme über Stuttgart gewütet. Wenn man durch den Wald geht, sieht man die umgestürzten Bäume, wie sie dort liegen, und das Erdreich hängt noch an den Wurzeln. Wissen Sie, dass Nachfolge Jesu kein leichter Schritt ist? Vielleicht täuschen wir manchmal die Menschen, wenn wir sagen: „Komm mit Jesus, es ist alles wunderschön.“ Dabei verschweigen wir, dass es auch bedeutet, mit Jesus gekreuzigt zu werden und seinen Weg des Leidens zu gehen.
Nicht nur, weil uns Spott und Hass begegnen können, sondern weil unser Ich sich dagegen aufbäumt, Jesus gleichgestaltet und ihm ähnlich zu werden. Der 23. Psalm sagt: „Der Herr ist mein Hirte.“ Aber sehen Sie mal genau hin: Der Hirte gibt das Kommando. Wollen Sie wirklich, dass es ein Kommando gibt? Soll Gott der Herr in Ihrem Lebenskommando sein – oder Ihr Ich?
Dann müssen Sie Ihre Wünsche, Ihre Begierden und Ihre Träume Jesus opfern. Einer hat mir kürzlich erzählt, dass er viele Jahre gottlos lebte. Er sagte: „Als ich mich von Jesus losgesagt habe, hätte ich jubeln können über die Freiheit.“ Doch dann entdeckte er, welche Knechtschaft der Finsternis sich plötzlich in seinem Leben auftat.
Es ist keine Einengung, was Jesus tut. Aber wir müssen klar sehen: Es ist ein harter Kampf, in den er uns hineinreißt. Ein ganz harter Kampf darum, dass er Herr meines Lebens ist. Dass er Autorität hat, das Steuer in der Hand hält, das Kommando führt, der Chef ist und das Sagen in meinem Leben hat. Nur so können wir gesegnet werden.
Die Versuchung der öffentlichen Anerkennung und Macht
Der Teufel hat noch andere Tricks in seiner Trickkiste, und jetzt kommt er mit einem neuen Angriff. Der erste Punkt war für mich schon ein harter Kampf im Leben, ein wirklich harter Kampf. Doch nun greift er uns an einer offenen, verwundbaren Stelle an – und jeder von uns ist verwundbar.
Ich habe oft darüber nachgedacht: Warum ist die Gemeinde Jesu so ein armseliger Haufen? Da schämt man sich fast. Nicht viele Edle, nicht viele Gewaltige – was in der Welt schwach ist, das hat Gott erwählt. Das mag richtig sein, aber es ist doch blamabel. Wenn meine Kollegen kommen und ich ihnen zeigen wollte, was Gemeinde Jesu ist, dann ist das ein kümmerliches Ereignis.
Die Sache Jesu war ja auch zu seiner Zeit sehr kümmerlich. Was hat Jesus Strahlendes getan? Gar nichts. Und jetzt kommt die Versuchung, die der Teufel bringt, und die Bibel bestätigt das: Wir können deinen Auftritt viel glanzvoller machen. Dann kommt das Wort, das für unsere Welt so wichtig ist: imponierend. Wir machen eine Schau. Abends werden die Medienleute aufspringen, die Pressekonferenz wird gedrängt voll sein, und es wird im Fernsehen gezeigt. Mach doch mal etwas, das die Massen zwingt, zuzuschauen und die Augen aufzureißen.
Mich wundert, dass Jesus bei all den Wundern, die er getan hat, nie ein Wunder vollbracht hat, bei dem ganz Jerusalem zusammenlief. Selbst die Pharisäer, die hohen Priester und Schriftgelehrten sagten: "Das war es, das war es." Und jetzt glauben wir auch: Nie. Die Wunder Jesu waren immer zweideutig.
Wenn ich die Bibel richtig verstehe, wird am Ende der Zeit der Antichrist ein Wunder vollbringen, bei dem Hunderte Millionen Menschen jubeln und sagen: "Der ist es!" Doch es ist der Antichrist. Jesus verweigert das schlagende Wunder, auch den Beweis.
Wie oft habe ich schon erlebt, dass ich Menschen zum Glauben führen wollte und dachte: Jetzt muss es doch möglich sein, dass Jesus etwas ganz Großes tut, das die Leute eindeutig überzeugt. Aber er tut es nicht. Luther war sicher so deprimiert, als Leonhard Kaiser im Scheiterhaufen starb. Warum redet Gott da nicht? Warum verhindert er das nicht? Warum können in Indonesien Hunderte von Kirchen abgebrannt werden, und der Himmel schweigt?
Ist Gott tot? Wirklich? Dass die Spötter triumphieren? Manche haben später gesagt: Anderen hat er geholfen, aber sich selbst kann er nicht helfen. So sieht die Sache Jesu aus. Das ist ja ein schwacher Verein, diese Leute. Kann Jesus sich nicht helfen? Nein, er will sich und seiner Sache nicht helfen.
Was will er denn? Er will am Kreuz Erlösung für die Sünden der Welt schaffen. Darum macht Jesus bis heute keine Schauwunder. Er macht Wunder, aber nie Schauwunder. Er macht viele Wunder, aber keine Schauwunder.
Und deshalb ist das, was der Teufel vorschlägt – ein imponierender, gewaltiger Auftritt –, das falsche Spiel. Geh doch auf den Tempelplatz, da sind die Frommen sowieso beieinander. Sie gehen hin, um ihr Opfer darzubringen, Gott zu loben und ihre Psalmen zu singen. Mach doch vor denen, vor deiner ungläubigen Christenheit, mal etwas, das sie wirklich überführt und ihnen Gewissheit gibt.
Jesus sagt Nein. Warum? Weil Jesus keine Fans sammelt, sondern bekehrte Menschen. Menschen, die der Macht der Finsternis entronnen sind und die Versuchung des Teufels überwunden haben.
So sammelt sich die Gemeinde Jesu ums Kreuz. Also bleibt beim Kreuz – das ist mein zweiter Punkt: Bleibt beim Kreuz. Der Weg des Kreuzes, der Dienst Jesu heute bleibt dabei, der Welt etwas zu erzählen, was sie gar nicht verstehen kann und was sie nicht interessiert. Doch bleibt dabei, weil es der Weg Jesu ist.
So hat er sein Reich gebaut. Und übrigens: Das war ja auch Jesu erstes Auftreten nach seiner Taufe, als er anfing, sein Reich in dieser Welt aufzurichten – nicht durch Macht und Schaumittel der Welt!
Der endgültige Angriff und der Sieg über den Teufel
Und jetzt kommt noch das Letzte: Wie können wir siegen?
Ja, es gibt noch einmal einen Vorschlag vom Teufel. Er sagt: „Na ja, ich könnte dir ja alles geben, du musst nur niederfallen und mich anbeten.“ Ich erinnere mich, wie ich in den Sechzigerjahren in Dresden eine Predigt von einem Jugendpastor hörte, der das so eindrücklich ausgelegt hat, dass es jeder verstanden hat. „Ich muss nur den kleinen Finger geben und nur einen kleinen Kompromiss.“
Man sprach damals gar nicht darüber, worum es eigentlich ging im Stalinismus. Und dann steht uns alles offen: Hier dürfen alle studieren usw. Da hat man gut verstanden, wie die Versuchung der DDR war.
Haben wir in der Freiheit des Westens überhaupt begriffen, dass wir alle schon längst niedergefallen sind und unheilvolle Kompromisse gemacht haben? Kompromisse mit dem Zeitgeist, mit dem Unglauben, mit allen möglichen Dingen – ja, mit dem Reichwerden, mit allem, was wir uns absichern wollen und wo wir meinen, das sei nötig, mit dem Materiellen?
Ich verstehe, dass viele sagen: Wenn man heute für Jesus evangelisieren will, dann muss man natürlich auch vorsichtig sein. Man darf nicht so hart predigen. Ich habe viele gehört, die sagen: „Du darfst nicht gleich mit Jesus ins Haus fallen.“
Da frage ich: Mit was wollen sie überhaupt kommen? Meinen sie, die Welt können sie mit Tischtennis, ein paar Späßchen und einem Kaffeemittag imponieren? Das würde die Welt interessanter finden als unser Thema?
Und dann merken wir auf einmal: Was die Welt überwindet, ist nur das Kreuz. Und ich bitte Sie, dass Sie immer in Ihrem Leben ein Zeuge Jesu sind – unerschüttert, kompromisslos – und das vor der Welt verkünden. Denn das überwindet die Welt letztlich, wenn es einer begreift und versteht: „Ach so, ja, wir sind gefangen in die Stricke der Finsternis, und nur die Vergebung durch Jesus macht uns frei und holt uns heraus.“
Es ist so peinlich, wenn man die Geschichte der Christen ansieht, wie überall im Lauf der Geschichte schreckliche Kompromisse gemacht wurden. Diese schrecklichen Kompromisse! Und wenn man dann denkt, wie einfach das Zeugnis Jesu ist, so direkt.
Wie werde ich siegen? Wie werde ich siegen? Ich kann doch nur siegen mit Jesus. Da steht am Ende so einmalig und klar da, wie Jesus es gesagt hat: Wer es wie den Teufel wegwirft, und da wich er von ihm. Er kann überhaupt nichts ausrichten.
Und welche Waffen hat denn Jesus angewandt? Nicht die scharfe Sprache der Rhetorik, nicht die Logik des Verstands, nicht irgendetwas anderes. Jesus hat bloß gesagt: „Es steht geschrieben.“ Guckt doch in der Bibel nach! Das ist falsch! Damit hat er dem Teufel die Maske vom Gesicht gerissen.
Es ist mir so schwer, dass heute in unserer Zeit der Christenheit von vielen genau dieses schärfste Schwert, das Jesus am meisten durch die Versuchungen gebraucht hat, geraubt wird.
Lassen Sie es sich doch nicht von Menschen nehmen! Wenn es dem Erlöser Jesus, dem Gottessohn, durch die Versuchungen geholfen hat – bis zur Kreuzesstunde, durch die Finsternis der Verzweiflung und der Trostlosigkeit – das Gotteswort, mit dem man die Versuchungen überwindet, dann können Sie nur so überwinden und Versuchungen erkennen, durchschauen und siegen.
Daran dürfen Sie sich halten, im Leben und im Sterben, weil sein Wort wahr und gewiss ist.
Und dann endet die Geschichte so herrlich: Der Teufel wich von ihm. Wir dürfen siegen. Das Allergrößte ist, wenn wir in dieser Welt Gott dienen und immer dem Teufel widerstehen.
Amen.
