Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte Ihnen sehr danken, dass Sie sich an die vorgegebene Zeit gehalten haben. Ihre Disziplin und Ihr Respekt gegenüber dem Ablauf sind bemerkenswert und tragen wesentlich zum reibungslosen Verlauf unserer Sitzung bei.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Verständnis.
Die Bedeutung des Glaubens und der Nachfolge
Eigentlich brauche ich das ja gar nicht. Nach dem, was wir gesungen haben, möchte ich noch einmal die letzte Strophe von Lied 15 zitieren:
Vielleicht ist das größte Wunder,
dass du auch nicht einen übersiehst,
uns begleitest bis zur letzten Stunde,
unseren tiefsten Lebenshunger stillst.
Deinem großen Vorbild wollen wir folgen
und in deinen Spuren dankbar gehen,
wollen uns in Ehrfurcht vor dir beugen
und am Weltenende vor dir stehen.
Das ist schon gewaltig. Da braucht man nicht auf dem Putzhauen. Manchmal muss man das natürlich, denn dann wird ja auch etwas deutlich, was unter dem Putz ist.
Und dann dieses schöne Lied, das Arne Kopfermann so dichten konnte, ist wirklich erstaunlich. Also Lied 15, hoffentlich lebt er danach. Lied 16, ja, da kann man ja gar nicht mehr weiter singen, finde ich.
Nun folge ich ihm im Leben und im Sterben, denn er versprach, dass er nach Haus mich führt. Ja, Tag für Tag wird Jesus mich erneuern, bis ich voll Freude stehe vor seinem Thron. Ich bin gewiss, der Herr ist meine Hoffnung, aller Dank und Ehre sei nur ihm. Ist mein Lauf dann vollbracht, bleibt mein Lied immer noch nicht durch mich, nur durch Christus in mir – wenn das wahr wäre!
Lesen wir aus Lukas Kapitel 9 bekannte Verse: Er sprach aber zu allen: „Wenn jemand mir nachkommen will“ – das haben wir eben im Lied gehört – „der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz täglich auf sich und folge mir nach. Denn wer irgend sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meines Willen, der wird es retten.“
In den ersten drei Evangelien wird dieser Bibelvers zitiert: Matthäus, Markus und Lukas. Den letzten Vers hat auch Johannes in seinem Evangelium erwähnt, mit etwas anderen Worten, aber mit dem gleichen Sinn:
„Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meines Willen, der wird es retten.“ (Lukas 9,23-24; siehe auch Matthäus 16,24-25; Markus 8,34-35; Johannes 12,25)
Einführung in das Leben von Jim Elliot
Vorbilder gesucht – wir wollen heute über einen Mann nachdenken. Ich danke auch herzlich, dass ihr diese Lieder vorgeschlagen habt. Sie passen wirklich sehr gut zu dem, was wir gerade von Jim Elliot lernen dürfen. Er wurde nur 29 Jahre alt. Ich denke, viele von euch kennen seine Geschichte. Wer sie nicht kennt, sollte sie unbedingt lesen.
Die Uhren sind freundlicherweise nicht gestellt, ich lese zumindest nicht ab. Das heißt für mich: Ihr habt grünes Licht. Hoffentlich bereut ihr das nicht. Ich habe nämlich vier Teile, nicht nur drei.
Zunächst ein kurzer Teil: eine kurze Schilderung seines Lebens oder seines Lebensendes. Damit will ich beginnen, also von hinten aufrollen. Dann folgt ein sehr langer Teil, eine Skizze seiner menschlichen und geistlichen Wurzeln. Anschließend eine kurze Schilderung der Frucht seines Lebens. Zum Schluss, fürchte ich, werden wir nicht mehr dazu kommen. Ich hätte gern noch etwas gesagt: eine kurze Aufzählung der wichtigsten Eigenschaften dieses Mannes, die Gott in ihm gewirkt hat, und was wir daraus für uns lernen können.
Wie gesagt, ich nehme an, wir kommen gerade mal mit den ersten drei Teilen hin. Den letzten Teil werden wir uns wahrscheinlich dann doch nicht mehr anschauen. Vielleicht ist er auch überflüssig.
Man hat mir 40 Minuten gegeben, um eines der wichtigsten, bewegendsten und folgenreichsten Lebensbilder der letzten hundert Jahre zu schildern. Das ist natürlich unmöglich. Über ihn und auch seine vier Freunde, die wir ein bisschen kennenlernen, sind eine große Anzahl Bücher geschrieben worden. Sie gehören eigentlich auch dazu. Es gibt Filme, Dokumentationen – jede Menge Material. Ich habe hier nur eine kleine Auswahl stehen.
So kann ich es also nur versuchen, ganz kurz zu zitieren und auf wichtige Stationen und Prinzipien aufmerksam zu machen. Hoffentlich erweitert das euren Horizont ein wenig, provoziert euch und weckt euer Interesse, das Leben und die Hingabe Jim Elliots wirklich kennenzulernen.
Es gibt ein sehr gutes und spannendes Buch über seine letzten drei Jahre, seinen Märtyrertod und den seiner vier Freunde, der Mitmissionare im Urwald von Ecuador. Es wurde von seiner Frau Elisabeth geschrieben, die in den Büchern immer Betty genannt wird. Auf 223 Seiten wird alles beschrieben. Das Buch gibt es noch zum Sonderpreis von drei Euro statt sechs Euro neunzig am Büchertisch als Restposten. Das ist der absolute Rest, danach wird es dieses Buch nicht mehr geben. Das ist sehr, sehr schade.
Ich hoffe, wir werden das noch einmal auflegen können, aber leider ist das Interesse an Biografien unter jungen Christen relativ gering. Ich bin unheimlich dankbar, froh und auch erstaunt, dass so viele von euch zu den Büchern gegriffen haben.
Wenn ihr sie wirklich lesen würdet, wäre das ein enormer Erfolg dieses Tages. Es wird euch zum Segen sein und vielen anderen, davon bin ich überzeugt. Lest also bitte darin, stellt die Bücher nicht nur in euren Schrank oder verschenkt sie, sondern lest sie. Diese Bücher werden euer Leben verändern.
Wir brauchen das so sehr, damit unser Horizont größer wird und wir über den Tellerrand hinausschauen. So lernen wir das wirkliche Leben kennen – das Leben, das sich lohnt.
Überblick über die Literatur zu Jim Elliot
Ja, ein paar von diesen Büchern möchte ich euch kurz vorstellen, wenn die Technik hier mitspielt. Hoppla, da haben wir es genau.
Das erste Buch ist „Durchs Tor der Herrlichkeit“ von seiner Frau, der Witwe Betty Elliot geschrieben. Es ist sicherlich das bekannteste Buch und wurde kurz nach seinem Tod verfasst. Neben diesem gibt es noch eine Reihe anderer Bücher, die wir gleich noch kennenlernen werden. Zunächst konzentrieren wir uns auf dieses eine Buch „Durchs Tor der Herrlichkeit“.
Was hat dieses Buch in meinem Leben bewirkt? Ich war, wie viele von euch, ungefähr 19 Jahre alt und befand mich als Zivildienstleistender in der damals noch recht frommen christlichen Stadt Bethel bei Bielefeld, also in der Nachbarstadt. Bethel gehört offiziell auch zu Bielefeld. Dort gab es das Haus Nazareth – die Häuser in Bethel tragen alle biblische Namen, die mit dem zu tun haben, was in diesen Häusern passiert. Nazareth war eine Diakonschule, in der man zum Diakon ausgebildet wurde.
Dort gab es tatsächlich ein Seminarangebot zum Thema Evangelisation. Der Redner war ein Straßenprediger, der ehemalige Gewohnheitsdieb Wolfgang Dück. Vielleicht kennt der eine oder andere von euch noch das Buch „Vom Knast zur Kanzel“. Wolfgang Dück beeindruckte mit seiner unglaublichen Redegabe und seiner großen Berliner Schnauze. Er provozierte so stark, dass anschließend die Fetzen flogen.
In dem Seminar waren alte, ehrwürdige, lutherisch geprägte Diakone sowie viele jüngere Leute, darunter Diakonschüler und wir Zivildienstleistenden. Es war eine turbulente Atmosphäre, fast wie in einem Hühnerstall. Viele meinten, so könne man doch nicht predigen, und es gab viel Kritik. Ich hingegen hatte meine große Freude daran.
Wolfgang Dück hatte die gute Angewohnheit, bei all seinen Predigten mindestens ein Buch vorzustellen. Das Original dieses Büchleins „Wahre Jüngerschaft“ seht ihr hier. Es sieht etwas unscheinbar aus, aber es ist schon rund 50 Jahre alt. Auf den Bildern könnt ihr sehen, wie sich das Outfit im Laufe der Zeit gewandelt hat. Danach sah es mal so aus, und irgendwann in einer gebundenen Ausgabe.
Wir durften bei CLV dieses Buch herausbringen. Leider wurde uns später die Lizenz entzogen. Der Brockhaus Verlag meinte, das Buch sei viel zu billig gewesen – 5,90 Euro. Man wollte es mit ein paar Bildern versehen und für 18,99 Euro herausgeben. Ich habe mich lange gefragt, ob wir das aus Protest boykottieren sollen. Es ist ja unglaublich, dass der Preis von 5,90 Euro auf fast 19 Euro steigt.
Ich habe das Buch trotzdem mitgebracht, einfach weil es so wertvoll ist. Ich weiß, ihr habt euer Geld schon ausgegeben und vielleicht noch gespendet. Ihr müsst das Buch nicht jetzt mitnehmen, ihr könnt es auch bestellen oder euch ausleihen. Aber es ist ein unglaublich wichtiges Buch.
In diesem Büchlein „Wahre Jüngerschaft“ von William MacDonald, von dem wir heute auch schon einiges gehört haben und dessen Bücher vorgestellt wurden, habe ich damals einen Satz dick unterstrichen und mir gemerkt: „Er ist kein Tor, der hingibt, was er nicht behalten kann, damit er gewinne, was er nicht verlieren kann.“ Das ist sicherlich der bekannteste Ausspruch von Jim Elliot.
Wolfgang Dück hat diesen Satz so in den Raum geworfen, dass alle sehr empört waren. „Das kann doch wohl nicht wahr sein!“ Doch dieser Satz hat mein Leben ganz wesentlich geprägt. Er weckte mein Interesse sowohl für MacDonald und seine Bücher als auch für Jim Elliot.
Seitdem versuche ich seit über fünf Jahrzehnten, das Anliegen beider Männer bekannt zu machen – durch Bücher, die beim CLV herausgegeben werden oder auch woanders erscheinen. Diese Bücher empfehle ich sehr, sehr gerne, weil sie von großer Bedeutung sind.
Das war also ein Überblick über die wahre Jüngerschaft von MacDonald. Nun kommen wir zum nächsten Thema. Ich mache hier nichts falsch, oder?
Hier seht ihr die Bücher, die über Jim Elliot und teilweise über seine Freunde erschienen sind. So bekommt ihr einen Eindruck, was es alles gibt.
Vor drei und vor zwei Jahren ist ein Buch von Valerie Elliot erschienen, der Enkelin von Jim Elliot. Sie ist die einzige Tochter des Ehepaars Elliot und hat selbst acht Kinder. Als sie in Rente ging oder als ihre Kinder alle aus dem Haus waren, begann sie, die unveröffentlichten Briefe ihrer Eltern zu durchforsten.
Sie fand viele Briefe, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden. Daraus entstand dieses Buch, das sehr schön und liebevoll geschrieben ist. Es enthält persönliche Erinnerungen und über 400 Seiten mit Zitaten sowohl von der Mutter Betty als auch von Papa Jim Elliot.
Leider ist das Buch nicht ganz billig, es kostet 22,90 Euro. Es macht aber große Freude und ist ein Ansporn, solche Bücher zu lesen, die vor allem eben Zitate wiedergeben, sowohl von Betty als auch von Jim Elliot.
Die Mission und das tragische Ende
Am 8. Januar 1956 wurden Jim Elliot und seine vier Freunde, ebenfalls Missionare, von den Aokas ermordet. Auka war ein Spottname, den andere Indianergruppen in Ecuador diesen Menschen gegeben hatten. In Ecuador gibt es eine unglaubliche Vielfalt an Indianerstämmen, meist kleine Gruppen. Diese anderen Stämme bezeichneten die Indianer, die in einem bestimmten Gebiet lebten, als Aukas, was übersetzt „Wilde“ bedeutet.
Die fünf Missionare sahen ihre Aufgabe darin, gerade diesen Stamm zu erreichen. Zu jener Zeit gab es nur etwa 500 Aokas. Nach und nach kamen viele von ihnen zum Glauben, was Gott sei Dank auch zu einer Vermehrung führte. Vorher hatten sie sich teilweise gegenseitig abgeschlachtet, sie waren wirklich wilde Menschen.
Diese fünf Männer, die Missionare, waren allesamt Akademiker. Einige waren Football- und Leichtathletik-Stars. Einer hatte promoviert, ein anderer gehörte als Fallschirmjäger zur Ehrengarde von Präsident Eisenhower. Ed McCully, einer von ihnen, hatte unter zehntausend Teilnehmern bei einem nationalen Rednerwettstreit den ersten Preis gewonnen. Man muss sich vorstellen, was für außergewöhnliche Persönlichkeiten das waren – mit einer enormen Begabung und vielen Möglichkeiten, Karriere zu machen.
Nate Saint, einer von ihnen, war überaus technisch begabt. Er hatte zahlreiche geniale Verbesserungen an den kleinen Missionsflugzeugen vorgenommen. Das kann man auch nachlesen. Es gibt ein Buch mit dem Titel „Der Dschungelflieger Nate Saint – Sein Leben, unser Zeugnis“, das sehr gut geschrieben ist. Dort wird deutlich, dass es nicht nur um Redetalent ging, das Nate Saint sicherlich auch besaß, sondern vor allem um seine technische Begabung. Mit dieser Fähigkeit half er, dass viele Menschen in den Indianerdörfern erreicht werden konnten.
Wenn alles klappt, sieht man hier die vier Brüder von links nach rechts: Jim Elliot in der Mitte, rechts neben ihm Nate Saint und ganz rechts Ed McCully. Vorne ist Robert, dessen Nachname mir gerade nicht einfällt, und daneben Pete Fleming. Diese vier Männer wurden alle in jungen Jahren, um die dreißig, getötet.
Der Aoka-Stamm war eine kleine Gruppe von Halbnomaden, die wie im Steinzeitalter lebten und völlig von der übrigen Welt abgeschottet waren. Alle bisherigen Versuche, diese Indianer zu erreichen, ihre Kultur zu erforschen oder sie kennenzulernen, waren jahrhundertelang gescheitert. Jeder, der versuchte, in ihr Stammesgebiet einzudringen, wurde ermordet. Sie waren Kopfjäger und wurden nicht nur von den Weißen, die dort Geschäfte machen wollten, gefürchtet, sondern auch von den umliegenden Indianerstämmen. Diese fürchteten sie wegen ihrer Grausamkeit. Auch andere Indianer hatten keinen Mut, Kontakt zu ihnen aufzunehmen, da jeder Versuch, sie zu erreichen, mit dem Tod endete.
Sechs Jahre lang hatte Jim Elliot für diese kleine Volksgruppe gebetet, nachdem er von einem Missionar aus Ecuador davon gehört hatte. Drei Jahre lang bereitete er sich intensiv auf den Missionseinsatz bei diesen wenigen Menschen vor. Pete Fleming und Ed McCully kannten Jim bereits als langjährige Freunde. Sie alle kamen aus sogenannten Brüderversammlungen oder Plümmesbrüdern. Nate Saint und Roger lernten diese Gemeinschaft erst später kennen; sie waren in konservativen Baptistengemeinden aufgewachsen.
Drei Monate lang versuchten sie 1956 gemeinsam, mit Hilfe von Nate Saint, dem Dschungelflieger, per Flugzeug die Aoka-Siedlungen ausfindig zu machen. Diese Siedlungen waren kleine, versteckte Orte im riesigen Urwald, kaum zu erkennen. Sie schafften es, durch Geschenke, die aus dem Flugzeug abgeworfen wurden, Vertrauen zu gewinnen. Nate Saint war genial darin, mit Rundflügen und einem Eimer an einem Seil die Geschenke so abzuwerfen, dass sie genau an den richtigen Stellen landeten, wo die Indianer lebten.
Die Indianer begannen, die Geschenke zu erwidern. Sie legten Dinge in den Eimer, der dann wieder hochgezogen wurde – Affenschwänze, einen Papagei, der unterwegs leider starb, und allerlei andere Dinge. Das war ein Zeichen von Dankbarkeit und dem Wunsch nach Kontakt.
Sie entdeckten, dass sich in der Nähe einer kleinen Siedlung eine Sandbank am Kurereifluss befand. Die Aokas bauten ihre Siedlungen immer an Flüssen, was gut nachvollziehbar ist. Dort errichteten die Missionare einen kleinen Stützpunkt, um übernachten zu können. Von dort aus wollten sie die Kontakte zu den Aokas vertiefen.
Tatsächlich wagten nach einigen Tagen drei Indianer – zwei Frauen und ein Mann – den Kontakt. Interessanterweise waren die Frauen meist mutiger, den unbekannten Weißen zu begegnen. Als das Flugzeug landete, kamen sie zögernd heran. Der einzige Mann unter ihnen, den sie Georg nannten, war sogar bereit, in das Flugzeug zu steigen und einen Rundflug über die Siedlungen zu machen.
Man muss sich vorstellen, wie überwältigend das für jemanden war, der noch nie einen Lendenschurz getragen hatte und plötzlich in einem Flugzeug saß und die Welt von oben sah. Das war sicher ein unglaubliches Erlebnis – eine große Freude für alle Beteiligten.
Die Missionare waren begeistert, dass Gott offenbar eine Tür öffnete. Am nächsten Tag flog ein weiterer Kollege mit dem Missionsflugzeug über den Urwald und berichtete per Funk, dass inzwischen zehn unbewaffnete Aoka-Männer zum Landeplatz unterwegs seien, wo das Flugzeug stand.
Die fünf Brüder beteten gemeinsam und sangen ein Lied, das in der deutschen Übersetzung so lautet: „Wir trauen auf dich, du Schirmer und Beschützer, wir gehen nicht allein in Feindesland!“ Der großartige Chor wird es später im Original auf Englisch singen. Das Lied basiert auf der Melodie der Symphonie „Finlandia“ und ist sehr ergreifend.
Voller Erwartung gingen sie den unbewaffneten Aokas entgegen. Doch diese lockten sie in eine Falle. Dort warteten bewaffnete Aoka-Krieger mit Speeren und töteten die Missionare grausam. Die Männer hatten zwar Pistolen bei sich, doch sie hatten sich geschworen, niemals auf Menschen zu schießen. Sie wollten sich nicht verteidigen, sondern lieber sterben, als den Aokas einen falschen Eindruck von Christen zu vermitteln.
Die Aokas töteten sie, zogen sie teilweise aus, verstümmelten ihre Leichen und warfen sie in den Fluss. Währenddessen saßen in der Ferne die Ehefrauen der Missionare am Funkgerät, beteten und warteten auf Nachrichten. Rechts sieht man die fünf Ehefrauen, links die Schwester von Nate Saint. Sie ahnten nicht, was geschehen war, doch sie waren voller Sorge.
Im nächsten Bild sieht man, was aus dem Flugzeug geworden ist. Es wurde ziemlich zerstört und auseinandergebaut. Die Menschen dort wussten nicht, was man damit anfangen konnte oder was man kaputt gemacht hatte.
Erst nach einigen Tagen fand ein Suchtrupp aus Soldaten, Missionaren, Gläubigen und Quechua-Indianern unter Begleitung eines Hubschraubers und eines Militärflugzeugs die vier Leichen der Missionare. Sie konnten sie bei strömendem Urwaldregen in aller Eile beerdigen. Den wartenden Missionsfrauen wurde die erschütternde Nachricht vom Tod ihrer Männer überbracht.
Ihre Reaktion zitiere ich aus dem Buch „Der Dschungelflieger“: „An diesem Abend versammelten sich die Frauen mit den Kindern im Wohnzimmer. Einige der anwesenden älteren Männer schlugen die Bibel auf und lasen Worte des Trostes und der Zuversicht vor. Die Offiziere und übrigen Gäste des Hauses hörten zu. Als die endgültige Nachricht ausgesprochen wurde, setzte sich Marie-Lou Maccully, die Ehefrau von Ed Maccully, ans Klavier und spielte den Choral, von dem ihre Männer den ersten Vers gesungen hatten, als sie den Aokas entgegengingen. Die Frauen sangen die beiden weiteren Verse: ‚Wir gehen im Glauben, fühlen unsere Schwachheit, wir brauchen deine Gnade Tag für Tag. Wir preisen und anbeten deine Liebe, von der uns keine Macht je trennen mag.‘“
Von dem Mord an ihren Männern hörend, sangen sie ein Lied, das kaum zu fassen ist: „Wir trauen auf dich, du Schirmer und Beschützer, dein ist der Streit, und dein wird sein der Ruhm, wenn siegreich wir der Eins durch Perlentore einziehen dürfen in dein Heiligtum.“ Johannes hat eine neuere Übersetzung dazu gedichtet, die sie später ebenfalls singen werden. Es ist wirklich ganz ergreifend.
Die familiären und geistlichen Wurzeln von Jim Elliot
Etwas zum Werdegang von Jim Elliot: Seine Familie spielt dabei eine wichtige Rolle. Sein Vater Fred Elliot wuchs in Kanada auf und wurde später ein kerniger Reiseevangelist in den USA. Oft begleitete er den bekannten Autor und Evangelisten Henry Ironside und lernte viel von ihm.
Die Enkelin Valerie schrieb über ihren Großvater: „Mein Großvater war Wanderprediger, der aus dem gleichen Holz geschnitzt war wie die ultrakonservative Tradition der Plümmesbrüder, also der Versammlungsbrüder.“ Das fand ich sehr interessant – die ultrakonservative Tradition der Plümmesbrüder.
Die Mutter Clara war Chiropraktikerin, und Fred lernte sie auf einer Farm kennen, während er mit Eiron Zeit im evangelistischen Einsatz war. Das war auch eine schöne Art, sich kennenzulernen, sich lieben zu lernen und dann gemeinsam den Weg mit dem Herrn zu gehen.
Ein weiteres Zitat stammt von Elizabeth Elliot: „Auf die vier Kinder hatte dies einen tiefgehenden Einfluss. Es lehrte sie die Tugend der Gastfreundschaft und gab ihnen die Gelegenheit, viele verschiedene Arten von Menschen kennenzulernen.“ Es gab laufend Besuch von Reiseevangelisten und Missionaren aus aller Welt. Die vier Kinder – Bert, Jim, Bob und Jane – wurden von klein auf mit Mission und dem, was Gott in der Welt tut, vertraut gemacht. Alle vier hatten früh das Verlangen, ihr Leben ganz dem Herrn hinzugeben. Alle drei Brüder wurden Missionare.
Jim Elliot kam im Alter von sechs Jahren zum Glauben. Das ist auch interessant: Eines Tages kam er zu seiner Mutter und sagte: „Mama, jetzt kann Jesus kommen, wenn er will, und könnte die ganze Familie mitnehmen, denn jetzt bin auch ich gerettet.“ Man erzählt weiter, dass man beobachtete, wie er auf dem Spielplatz saß, mit sechs oder sieben Jahren auf der Schaukel, und schon versuchte, von dort aus seine Spielkameraden zu missionieren und zu evangelisieren. Er war also schon in jungen Jahren sehr eifrig.
Als Schüler der Polytechnischen Oberschule in Benzen redigierte er die Schulzeitung. Dort zeigte sich schon seine schriftliche Begabung. Er las unheimlich viel, auch Philosophie und andere Themen. Außerdem war er ein begabter Schauspieler. Bei allen Aufführungen der Schule und des Colleges wurde er gefragt und hatte den Ruf, der beste Redner von Benzen oder sogar von der ganzen Stadt zu sein. Ein Lehrer sagte nach einer Rede von Jim zum Tod von Roosevelt, es sei die beste Rede, die er je von einem Schüler gehört habe, und eine der besten überhaupt.
Jim Elliot hatte also eine ganz besondere Begabung: eindrücklich, klar und deutlich zu predigen. Interessant ist, dass er absolut nicht leiden konnte, wenn ein Prediger eine Versammlung mit einem Witz begann. Das fand er so abscheulich, dass er es selbst nie tat. Das finde ich sehr sympathisch.
So sah Jim als kleiner Junge aus, und später, mit achtzehn oder neunzehn Jahren, als Student, schrieb er in seinem Tagebuch: „Heiland, ich weiß, du hast mir volle Freiheit gegeben, dir zu dienen oder meinen eigenen Weg zu gehen. Ich möchte dir auf ewig dienen, denn ich liebe meinen Meister. Ich will nicht nach meinem eigenen Willen leben. Richte mein Ohr, Herr, dass es nur deine Stimme hört.“ Wer weiß, auf welche Bibelstelle das sich bezieht? 2. Mose 21. Andreas weiß das natürlich.
Wenn ein Knecht die Freiheit hat, seinen Herrn zu verlassen, aber sagt: „Ich liebe meinen Herrn und ich liebe auch meine Frau und meine Kinder. Ich will nicht frei ausgehen, sondern meinen Herrn lieben“, dann gibt es die Möglichkeit, dass er sich an einen Pfosten stellt und sein Ohr mit einer Prieme durchbohrt wird – so wie die Rinder in unserer Nachbarschaft alle ihre Marken im Ohr haben, damit man weiß, wem sie gehören. Das sollte ganz deutlich machen: Er wollte lebenslänglich Sklave sein, seinen Herrn lieben und ihm gehorchen. Das finde ich unheimlich schön, dass er sich das schon als junger Christ so wünschte.
Während seines Studiums und einiger Missionsansätze in der Umgebung war auch Betty dabei. Das war ihre erste Begegnung, und sie war tief beeindruckt von ihm. Interessant ist, dass beide nach einigen Wochen unabhängig voneinander in ihr Tagebuch etwas sehr Ähnliches schrieben.
Betty schrieb in einem Gebet: „Lass mich für dich brennen, geliebter Herr, verbrennen und verbrauchen für dich. Lass mich nicht rosten und im Leben versagen, mein Gott, vor dir. Verwende mich und alles, was ich habe, für dich und zieh mich so nah zu dir, dass ich das Pochen von Gottes großem Herzen fühle, bis ich für dich verbrenne.“ Betty zeigte auch eine außergewöhnliche schriftstellerische Begabung.
Zur gleichen Zeit schrieb Jim in sein Tagebuch: „Vater, nimm mein Leben, ja mein Blut, wenn du willst, und verzehre es in deinem Feuer. Ich will es nicht behalten, denn es ist nicht mein, dass ich es für mich behielte. Nimm es her, nimm es ganz, gieße es aus als Opfergabe für die Welt. Blut ist nur von Wert, wenn es von deinem Altar fließt.“ Dieses Gebet haben wir heute schon in anderen Worten gehört.
Dann dieses ergreifende Gebet von ihm, das sicherlich viele kennen: „Herr, zünde an den toten Reisighaufen meines Lebens, gib, dass ich aufflamme und für dich verbrenne. Verzehre mein Leben, Herr, denn es ist dein. Ich trachte nicht nach einem langen Leben, sondern nach einem erfüllten, gleich dir, Herr Jesus.“ Beide waren damals etwa 21 Jahre alt, als sie diese Gebete völlig unabhängig voneinander in ihre Tagebücher schrieben.
Ich hoffe, viele haben auch die Angewohnheit, ihre Eindrücke, Erlebnisse, Gebete, Wünsche und Nöte einem Tagebuch anzuvertrauen. Leider ist das heute aus der Mode gekommen.
Inzwischen hatte Betty den Eindruck, dass Jim sich für sie interessierte. Bisher hatten sie sich nur einmal verabredet, um zu einer Konferenz nach Chicago zu reisen. Das war schon einige Wochen her. Sie hatten einige Gespräche geführt und gemeinsame Einsätze gemacht. Aber keiner hatte zugegeben, dass es mehr als eine Bekanntschaft oder lose Freundschaft war. Nun gestanden sie einander, dass sie einander liebten.
Dann kam ein besonderer Tag: An einem Abend machten sie einen Spaziergang und betraten unbeabsichtigt durch eine offene Skittatur einen Friedhof. Betty schrieb dazu: „Wir setzten uns auf eine Steinplatte, und Jim erklärte, er habe mich Gott dargegeben, ungefähr wie Abraham seinen Sohn Isaak.“ Das erschreckte sie, denn genau dieses Bild hatte ihr seit einigen Tagen immer wieder vorgeschwebt, wenn sie über ihre Beziehung nachgedacht hatte.
Sie waren beide der Ansicht, dass ihr Weg von Gott bestimmt wurde. Ihr beider Leben gehörte ganz ihm. Wenn es ihm gefiel, das Opfer anzunehmen und zu gebrauchen, wollten sie nicht die Hand darauf legen, um es zurückzuziehen und für sich selbst zu behalten. Mehr war dann nicht zu sagen.
Beide gestanden ihre Liebe zueinander, aber auch: „Wir gehören dem Herrn, und er kann mit uns machen, was er will. Wenn er möchte, dass wir unser Leben ihm opfern, ohne zusammenzuleben, dann geschehe der Wille des Herrn. Wir wollen nicht unsere Hand auf dieses Opfer legen und es zurückziehen.“ Erstaunlich, mit 21 Jahren.
Sie saßen und schwiegen, so schreibt Betty weiter: „Plötzlich wurden wir gewahr, dass in unserem Rücken der Mond aufgegangen war und zwischen uns der Schatten eines großen Steinkreuzes lag.“ Das Datum, das sie abends in ihrem Gesangbuch vermerkte, steht neben dem folgenden Liedvers: „Und willst du wirklich, dass ich nun verzichte auf jenes eine, das mir köstlich schien, Betty, so nimm das hin, es war ja doch nicht mein. Ich erlasse dir nur, was längst schon dein. Dein Wille geschehe.“
Sie trafen eine Entscheidung: Das Kreuz Jesu war der Ort, an dem sie ihm alles übergaben. Sie wollten für ihre Wünsche sterben und nur für Gott allein leben. Sie wollten ihre Gefühle füreinander loslassen, um allein Jesus nachzufolgen.
Eine kurze Zwischenbemerkung: Diese Szene war für mich Grund genug, mich mit meiner lieben Ulla auf einem Friedhof zu verloben. Ich dachte, das sei der passende Ort, einen Ring umzustecken – und zwar am Grab von Pastor Wilhelm Busch, durch den wir zum Glauben gekommen waren.
Es war ein müder, mühseliger Tag Ende September, ziemlich nieselig und schon düster. Der Friedhof war abgeschlossen, über den Zaun wollten wir auch nicht springen. In der Nähe von Wilhelm Buschs Grab, das wir erst ein paar Monate vorher besucht hatten, steckten wir uns dann die Ringe an. Ich kannte das Grab noch. Meine Ulla sprach ein sehr frommes Gebet, dass unser Leben ja sehr kurz sei – das Minuszeichen zwischen zwei Jahreszahlen sieht man ja an allen Grabsteinen. Und so wollten wir für Gott leben. Meine liebe Ulla sagte artig Amen, aber dass sie sich eine Verlobung etwas anders vorgestellt hatte, können zumindest die Schwestern hier verstehen. Das war nur eine Zwischenbemerkung.
So kann man beeindruckt sein von Biografien. Man bekommt gute Ratschläge oder Wegweisungen, unter welchen Umständen man sich auch verloben kann.
In dieser Zeit bekam Jim auch einen Brief von seinem Vater, der zeigt, aus welchem Format seine Eltern waren. Jim schrieb seinem Vater: „Ich bin besorgt über jede Sache und jeden Menschen, der dich auf deinem Weg zu den ewigen Gütern und einem gänzlich gottgeweihten Leben hindern könnte.“ Ist das nicht großartig? Da schreibt ein Vater an seinen Sohn: „Ich bin besorgt über jede Sache und jeden Menschen, der dich hindern könnte, wirklich ein gottgeweihtes Leben zu führen.“
Ich hoffe, dass wir, die wir Väter sind – und einige sind ja unter uns –, dass das wirklich unsere große Sorge und unser Gebet ist: dass unsere Kinder nicht aufgehalten werden, durch irgendeine Sache, ein Hobby oder eine Person, gänzlich für den Herrn zu leben.
Jim schrieb im Alter von 22 Jahren in sein Tagebuch: „Ja, ich habe heute ein ungewöhnliches Gebet gesprochen. Ich habe mit meinem himmlischen Vater vereinbart, dass er eines von zwei Dingen tut: entweder sich selbst bis zum Äußersten in mir verherrlicht oder mich tötet. Durch seine Gnade werde ich nicht sein Zweitbestes erhalten. Er hat mich gehört, glaube ich. Ich glaube, er hat mich gehört. Er hört, sodass es jetzt nichts mehr gibt, worauf ich mich mehr freuen kann als auf ein Leben in aufopfernder Sohnschaft. So wird mein Erlöser verehrt, meine Seele. Oder bald auf dem Himmel, vielleicht schon morgen. Was für eine Aussicht!“
Ich weiß nicht, wer so einen Satz unterschreiben würde. Ich kann es nicht. Aber hier sehen wir einen begabten jungen Mann, der dem Herrn hingegeben war und sich freute, wenn es möglich war, schon heute beim Herrn zu sein.
Gott war für ihn keine Spaßbremse, sondern Lebenserfüllung.
Es dauerte aber vier Jahre Beten, Hoffen und Zweifeln, bis beide von Gott zubereitet wurden, sich zu verloben. Sie hatten ihre Liebe zueinander gestanden, aber Jim zweifelte immer, ob es Gottes Wille war zu heiraten. Sie lebten sich, das wussten sie, aber heißt das automatisch, dass sie jetzt auch heiraten und zusammenleben?
Der Ruf Gottes in die Mission war ihm so deutlich und bewusst, dass er Jahre wartete, ob es für ihn das Richtige war, sich an eine Frau zu binden. Lange glaubte er, dass es Gottes Bestimmung für ihn war, ledig zu bleiben, um als Pioniermissionar unbelastet mit der Aufgabe und Pflicht für eine Frau zu sorgen und mit allen Kräften ungeteilt dem Herrn zu dienen.
Herausforderungen in der Beziehung und persönliche Kämpfe
War es richtig, dass Jim seine Gefühle für Betty und seine Liebe zu ihr über Jahre offen mitgeteilt hat, ohne bereit zu sein, sich verbindlich zu verloben? Hätte er Betty nicht viele Sorgen und Tränen erspart? In den Tagebüchern kann man nachlesen, wie schwer es auch für Betty war, in dieser Ungewissheit zu lieben. Sie wusste nicht, ob er sich verloben würde, denn letztendlich schien er sich nicht binden zu wollen.
Bereits im Herbst 1948 schrieb Jim an Betty: „Ich muss dir gestehen, Betty, dass ich es bereue, dass wir bei unserem körperlichen Kontakt so weit gegangen sind, obwohl das in den Augen der meisten sehr wenig war. Falls wir je wieder zusammen sind, müssen wir uns dafür hüten, denn das hat mir einen Appetit nach deinem Körper geweckt, den ich als Schutt betrachte, der mich an der Arbeit hindern will. Du musst in dieser Hinsicht hart zu mir sein, auch ungewöhnliche Worte.“
Ein paar Wochen vorher hatte er in seinem Tagebuch geschrieben: „Mein Gott im Himmel, wie bin ich gestrickt! Oh, wenn ich nur nie eine Frau gekostet hätte, dann wäre dieser Durst bei der Erinnerung an sie nicht so stark. War heute den ganzen Tag beängstigend niedergeschlagen, ein Gefühl, irgendetwas falsch gemacht zu haben, weil ich den lustvollen Gedanken erlegen bin, der gegen die Seele kämpft. Ein Tag in Gegenwart von Dämonen, schlaue, grausame Dämonen, die getarnt auftreten und mich bekämpfen. Gott, befreie mich, o führe mich zu deinen Fluchtwegen!“
Vierzehn Tage später schrieb er weiter: „Leidenschaft, die an Wahnsinn grenzt, erfasst mich manchmal. Gott sei Dank nicht immer, aber oft genug, dass es eine sehr reale, wichtige Sache ist, sie um der Arbeit willen zu leugnen. Aber das starke Verlangen, das ich jetzt habe, zeigt mir, dass ich das nicht ewig schaffe. Wenn der Herr es verlangt, wird er mich lehren, die Begierde zu beherrschen, auch wenn ich das jetzt noch nicht kann.“
In dieser Wartezeit, in der viele Briefe geschrieben und sich auch gelegentlich getroffen wurde, gab es für Betty eine schmerzliche Erfahrung. Jim hatte sich bisher als sehr attraktiver Mann bewusst vor dem Umgang mit Frauen gehütet und war allgemein als „Weiberfeind“ verrufen.
Das ist auch eine gute Bemerkung, denn unter uns sind ja auch manche attraktive junge Männer, die sich auf diesem Weg hüten und lieber als Weiberfeind gelten, als sich selbst in Gefahr zu bringen.
Fischer, ein Freund und Mitstudent von Jim, erzählt aus seinen Erfahrungen mit ihm: Bei Frauen war Jim immer sehr auf der Hut. Er fürchtete, sie seien nur darauf aus, den Mann von seinen Zielen wegzulocken. „Männliche Wesen, die sich zähmen lassen, sind fürs Wagnis wenig brauchbar“, sagte er warnend. So oft eine junge Dame bei einer Gesellschaft zu freundlich wurde und ich, Fischer, anzubeißen schien, hörte ich eine leise Stimme neben mir: „Nimm dich in Acht, Fischer, nimm dich in Acht.“ Auch ein guter Tipp für die anwesenden Herren.
Aber Jim war kein Asket und genoss von ganzem Herzen alles, wovon er glaubte, dass es ihm von Gott gegeben sei, dass er es genießen dürfe. Dennoch hielt er es für ratsam, aus seinem Tun und Unternehmen alles auszuschließen, was die Macht hatte, ihn von der Erfüllung des Willens Gottes abzulenken.
Ob Gott ihm das verlieh, was er die Gabe des Ledigbleibens nannte, wusste er noch nicht. Jedenfalls versuchte er nicht, diese Möglichkeiten von sich hinwegzudiskutieren. Er glaubte, dass Christus allgenügend sei, auch für das volle Entfalten und Erfüllen der Persönlichkeit. Und er war bereit, sich Gott hierin ganz anheimzugeben.
Er schrieb in seinem Tagebuch: „Das leichte Lachen, die verführerische Musik, sich vermischende Stimmen, die lockenden Reize lächelnder Augen – für eine Seele, die Christus geschmeckt hat, ist dies alles ohne Würze. Ich möchte aber trinken von ihm, und das reichlich.“
Persönliche Krisen und der Umgang mit Versuchungen
So Leute, jetzt habe ich schon fünf Minuten Minus und bin noch nicht zu Hilfe gekommen. Was machen wir jetzt? Regie, wie viele Minuten gibt er mir noch? Fünf, sieben? So, dann will ich ein bisschen schneller lesen.
Aber es ging nicht nur um Hirnflüge. Die Nüchternheit und absolute Ehrlichkeit in Jims Tagebuch ist auffallend und auch hilfreich. Hier schreibt nicht ein schwärmerischer, euphorischer Mann, der nur in geistlichen Hirnflügen schwelgte, sondern auch einer, der Anfechtungen kannte und beschrieb.
In einer Tagebucheintragung steht: „Den ganzen Vormittag leer und ohne Verbindung, lange auf den Knien gelegen, aber keine Inbrunst und keine Lust zum Gebet, auch beim Bibellesen kein wirkliches Aufmerken und Hinhören.“ Was nützen griechische Textkommentare, Erkenntnis und Begabung, wenn das Herz nicht mehr mit Christus ist? Ach, wie viel Schlaffheit fühle ich jetzt in meinem Inneren.
Am 4. Februar schrieb er von Schwierigkeiten, aus dem Wort Gottes auch nur den kleinsten Zuspruch zu bekommen, und von keinem Gebetseifer. „Wenn ich überhaupt etwas aus der Schrift gewinnen will, muss ich mich zum Bibelstudium zwingen. Die Lust fehlt manchmal völlig. Umso mehr muss ich der inneren Stimme des Gewissens folgen, wenn sie sagt: Du sollst. Es ist wichtig, dass ich diese Stimme achte und ihr gehorchen lerne. Sonst wird die Gottverbundenheit bei mir nicht zu einem Seelenzustand werden, sondern etwas Momentanes bleiben.“
Jetzt kommt ein ganz wichtiger Satz: „Das Hintreten vor den Herren darf ich nicht davon abhängig machen, dass ein freundlicher Impuls kommt und mich hinführt. Es ist besser, dass ich festen Prinzipien folge, solchen, von denen ich weiß, dass sie richtig sind, ob ich sie erfreulich finde oder nicht.“ Das ist schon ein Thema für sich: ganz wichtige Prinzipien, die wir lernen müssen – gerade in einer Zeit, in der man eben nach dem Lustprinzip lebt.
Es gibt bekannte und auch wirklich begabte Evangelisten, die sagen: „Wenn du keine Lust hast zum Bibellesen, dann lass es doch mal ein halbes Jahr sein, bis du wieder Geschmack hast.“ Oder auch beim Beten. Das muss man sich mal vorstellen.
Tja, und dann kam eine Zeit, die er die „neue Freiheit“ oder das „Wiedererwachen“ nannte. Er geriet in eine Krise, weil er meinte, er hätte sich zu gesetzlich verhalten – in Verbindung mit seinen Mitstudenten und so weiter. Er wollte doch zeigen, dass er auch ein ganz normaler Mensch ist, und wollte alle Möglichkeiten ausschließen, ihn für gesetzlich zu halten. Deshalb hat er seinen Verbotskodex gesprengt, seine fromme Haltung pedantischer kleiner Gesetze, um eine neue Freiheit zu demonstrieren.
Er wollte der Klasse zeigen, dass er kein gesetzlicher Christ war. Dann berichtet er seiner Betty von einem traditionellen Rollentauschtag: Da zogen sich die Männer wie Frauen an und umgekehrt. Das war ein ganz wilder Tag unter den Studenten, obwohl es eine christliche Universität war – wirklich!
Er berichtet, dass eine einstige Gangsterbraut ihn eingeladen hat, sie an diesem Abend zu begleiten. Er bezeichnet diesen Abend als hinreißend, hauptsächlich wegen ihres Aussehens.
Weitere Tagebucheintragung: „Wir beschlossen, in einem Wohnzimmer der Mädchen eine Party zu feiern. Wir kamen alle zusammen, aßen Chips, tanzten und alberten herum. Ich wünsche, mein Herz würde mich stärker verurteilen. Ich bin schlimmer als ein Gemeinschaftstier, ich bin ein Gesellschaftssüchtiger.“
Betty war natürlich total erschüttert, als solche Briefe und Beschreibungen kamen. Sie schrieb in ihr Tagebuch: „Die Albernheiten und Dummheiten ließen mich kalt. Jim hat tatsächlich den Rollentauschtag in einer für 1949 empörenden Kleidung geleitet. Ich habe mich heute mit der Ewigkeit befasst, Offenbarung 15 und 16 gelesen und habe mir vor Enttäuschung die Augen ausgeweint.“ Sein Brief war ungewöhnlich leer.
Ob er sein Versprechen hält, ehrlich zu sein? Betty war belastet. Es stellte sich tatsächlich die Frage, ob sie die Beziehung zu Bill, zu Jim, lösen und beenden sollte.
Ein paar Wochen später schrieb Jim reumütig, entschuldigte sich und so weiter, gab zu, übertrieben zu haben. Na ja, und dann vergingen doch noch ein paar Wochen bis zur Verlobung, als sie beide schon in Quito, Ecuador, waren.
Ich muss jetzt ganz straff erzählen: Wie war das mit dem, der jetzt die sieben Noten anzeigt? Am 31. Januar haben Jim und ich uns verlobt. Ich bin vor Staunen ganz überwältigt. Ich kam am Samstagnachmittag nach Quito, Jim war schon am Tag zuvor angekommen. Wir aßen zusammen und vor dem Kamin im Maranatha-Haus fragte er mich: „Willst du mich heiraten?“ Meine Antwort war für eine Frau ungewöhnlich: „Ich habe keinen Grund zu zögern. Jim, ich liebe dich.“ Das hatte Andreas uns auch schon vorgezeigt. „Ich will dich heiraten.“ Er hat mir Frieden gegeben.
Nach einem Moment der Stille und unserem ersten Kuss steckte er mir einen Ring an den Finger. Die Erleichterung, dass ich ihm endlich meine Liebe gestehen konnte und mich zum ersten Mal frei dazu fühlte, war einfach unbeschreiblich. Ich sehnte mich voll Liebe schmerzlich nach ihm und freute mich jetzt auf den Tag, an dem er mein Ehemann wird.
Es gibt auch ein nettes Bild von der Verlobung.
Sehr interessant ist, was Valerie, das einzige Kind von Jim und Betty, in der wertvollen und neuen Biografie ihrer Eltern über diese lange Verlobungszeit geschrieben hat: War es unklug von meinem Vater gewesen, ihr schon mit 48 seine Liebe zu gestehen? Damals war er ziemlich sicher, dass Gott von ihm verlangte, als unverheirateter Missionar ins Ausland zu gehen. Aber natürlich kannte er Gottes Plan noch nicht. War er zuvor allzu eilig gewesen?
Was würde ich einem jungen Mann raten, von dem ich wüsste, dass er sich verliebt hat? Ich glaube, ich würde sagen: Sei sehr vorsichtig, wie viel Zeit du mit ihr verbringst, bevor du ihren Vater um seinen Segen bittest, sie mit ernsten Absichten besser kennenzulernen. Das ist eine andere Welt. Und selbst wenn du Hals über Kopf in sie verliebt bist, solltest du versuchen, den Mund zu halten, bis du absolut sicher bist, dass sie die Richtige für dich ist.
Es ist so üblich und billig geworden, „Ich liebe dich“ zu sagen, dass dadurch oft ungeahntes Leid ausgelöst wird. Hoffnungen werden zerschlagen, Herzen verletzt, wenn keine Heiratsabsicht dahintersteht.
Dann kommt ein schöner Satz: Männer sollten Gott suchen, bevor sie eine Frau suchen. Frauen sollten ihre ganze Hoffnung auf Gott setzen, dass er den richtigen Mann in ihr Leben führt, falls das sein Wille ist. So schützt und versorgt Gott uns Menschen.
Das erinnert mich an das T-Shirt eines meiner Söhne mit der Aufschrift: „Suche ihn, Gott, um sie zu finden.“ Ich glaube, meine Mutter und mein Vater würden diesen Satz unterstreichen: Suche ihn, Gott, um sie zu finden. Vielleicht ist das auch ein Satz, den du von diesem Tag mitnehmen kannst.
Wer war das? Ich bin ja überhaupt kein Freund von Klatscherei, aber in diesem Fall war das angebracht.
Ja, also, Leutchen, tut mir leid, ich höre jetzt auf. Das hat keinen Zweck. Das Schönste kommt noch. Dann lest mal in den Büchern weiter, freut euch und lernt daraus für euer Leben. Danke für eure Geduld.
Was machen wir jetzt? Ach, jetzt kommt das Lied. Da müssen wir nochmal gut zuhören. Wirklich! Und habt das bitte im Hinterkopf, zu welchem Zeitpunkt dieses Lied gesungen wurde: nämlich als die fünf Witwen da saßen mit ihren Kindern und die Botschaft vom Tod ihrer Männer erhalten hatten, die alle, wie gesagt, um die dreißig Jahre alt waren.
Vielleicht zeigen wir noch ein Bild von einigen der jungen Familien. Da sehen wir sie mit ihren Kindern. Das war der Zeitpunkt, an dem das Massaker stattgefunden hatte.
