Einführung und Kontextualisierung des Textes
Um den Text besser vor Augen zu haben, lese ich ihn noch einmal vor. So sind wir gleich lebendig dabei und können an der Stelle weitermachen, an der wir am Samstag aufgehört haben.
Wir waren in Lukas Kapitel 3 bei den Versen 1 bis 20. Diesen Abschnitt lese ich nun erneut:
Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war, und Herodes Landesfürst von Galiläa, sein Bruder Philippus Landesfürst von Iturea und der Landschaft Trachonitis sowie Lysander Landesfürst von Abilene, als Hannas und Kajaphas Hohepriester waren, da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste.
Er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. Wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja: „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden. Was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ein ebener Weg werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen.“
Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: „Ihr Schlangenbrut, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße und nehmt euch nicht vor zu sagen: ‚Wir haben Abraham zum Vater!‘ Denn ich sage euch, Gott kann Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken.
Es ist schon die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.“
Die Forderung zur echten Umkehr und praktische Lebensveränderung
Und die Menge fragte ihn und sprach: „Was sollen wir denn tun?“ Er antwortete ihnen: „Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat, und wer zu essen hat, tue ebenso.“
Es kamen auch die Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: „Meister, was sollen wir denn tun?“ Er sprach zu ihnen: „Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist.“
Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: „Was sollen denn wir tun?“ Er sprach zu ihnen: „Tut niemandem Gewalt oder Unrecht, und lasst euch genügen an eurem Sold.“
Als das Volk aber voll Erwartung war und alle in ihren Herzen über Johannes nachdachten, ob er vielleicht der Christus wäre, antwortete Johannes und sprach zu allen: „Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der ist stärker als ich.
Und ich bin nicht wert, dass ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse. Er wird euch mit heiligem Geist und mit Feuer taufen. In seiner Hand ist die Wurfschaufel, und er wird seine Tenne fegen.
Er wird den Weizen in seine Scheune sammeln, die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.“
Mit vielen anderen Worten ermahnte er das Volk und verkündigte ihm das Heil.
Der Landesfürst Herodes wurde von Johannes zu Recht wegen der Herodias, der Frau seines Bruders, und wegen allem Bösen, was er getan hatte, gewiesen.
Herodes fügte zudem alles noch hinzu und warf Johannes ins Gefängnis.
Die Bedeutung der ausführlichen Einleitung und der Berufung Johannes'
Wir haben beim letzten Mal begonnen, und ich habe einiges dazu gesagt, warum Johannes so detailliert einleitet, obwohl er ja über Johannes sprechen will.
Warum erwähnt er überhaupt diese weltlichen Fürsten, die ja uninteressant sein könnten und zu seiner Zeit nicht mehr regierten? Warum nennt er so viele und nicht nur einen? Auch darauf habe ich hingewiesen.
Wir haben uns die Frage gestellt, warum dort zwei Hohepriester genannt werden und nicht nur einer, obwohl es eigentlich nach dem Alten Testament nur einen Hohepriester geben durfte.
Darüber hinaus haben wir uns damit beschäftigt, warum hier die Formulierung „Es geschah“ verwendet wird. Das Wort Gottes ist eine ungewöhnliche Formulierung für Leute, die nicht häufig in der Bibel lesen. Für uns ist das vertraut. Ich habe darauf hingewiesen, dass diese Formulierung im Alten Testament häufig vorkommt und eine Einleitung für die Berufung eines Propheten und die Beauftragung eines Propheten ist.
Genau dasselbe zeigt uns auch diese ausführliche Vorstellung von Johannes als Sohn des Zacharias. Das ist ebenfalls nicht gewöhnlich und sieht man sonst nirgends. Später wird immer noch von Johannes gesprochen, auch von Johannes dem Täufer oder einfach dem Täufer. Hier handelt es sich um eine besondere Heraushebung, um die Person historisch festzuschreiben.
Es ist aber auch typisch eine Berufungsformel, könnte man sagen, für die Berufung der Propheten im Alten Testament und hier eben für den letzten der alttestamentlichen Propheten, nämlich Johannes.
Darüber hinaus habe ich einiges darüber gesagt, warum Johannes in der Wüste ist. Die Wüste ist ein Ort der Propheten, ein Ort des Rückzugs zu Gott, ein Ort der Asketen und ein Ort, an dem die Welt weg ist. Dort hat man nur Zeit, Raum und Muße, sich auf Gott zu konzentrieren.
Ich habe darauf hingewiesen, dass viele Gottesoffenbarungen, wie man das theologisch nennt, Theophanien – also das Erscheinen Gottes – in der Wüste stattfinden. Das war bei Mose so, bei Elija und bei einigen anderen Propheten, die in der Wüste Gott erleben und wo Gott gegenwärtig ist.
Deshalb ist es nicht zufällig, dass Johannes hier in der Wüste auftritt und predigt.
Ich habe außerdem darauf hingewiesen, dass er nicht nur am Jordan stand und darauf wartete, dass die Leute zu ihm kamen, um sich taufen zu lassen, sondern dass er erst einmal herumgezogen ist und gepredigt hat.
Das sagt uns nämlich Vers 3, wo steht, dass er in der ganzen Gegend um den Jordan predigte. Das bedeutet, dass er vom See Genezareth bis zum Toten Meer durch Judäa und all diese Gegenden hindurchgezogen ist.
Er hat gepredigt und dann immer wieder Zeiten eingeschoben, in denen die Leute sich bekehren und taufen lassen wollten. Dann ging er an den Jordan und vollzog dort die Taufen.
Die Taufe des Johannes: Bedeutung und Abgrenzung
Wir haben uns die Frage gestellt: Wie hat Johannes getauft?
Zunächst müssen wir unterscheiden. Die Taufe des Johannes ist, wie ich gesagt habe, keine Proselytentaufe. Das bedeutet, es ist keine Taufe, bei der Heiden in das Volk Israel eingetauft werden. Solche Taufen gab es damals. Wenn zum Beispiel Römer Juden werden wollten, konnten sie getauft werden. Sie mussten beschnitten werden und einige andere Gebote erfüllen, um formal Juden zu werden. Das ist hier aber nicht der Fall.
Es geht hier nicht darum, dass jemand in eine neue Gemeinde, die Gemeinde der Johannesjünger, aufgenommen wird. Das gibt es nicht. Die Menschen blieben weiter Juden. Es ist einfach eine Taufe zur Buße, eine Vorbereitungstaufe, um bereit zu sein für die Offenbarung durch Jesus Christus.
Diese Taufe ist auch keine der Tauchbäder, die bei den Rabbinern weit verbreitet waren und die wir heute noch, zum Beispiel in Qumran, archäologisch nachweisen können. Dort wurden große Tauchbäder ausgegraben, die zur Zeit des Neuen Testaments relativ häufig waren. Wenn jemand gesündigt hatte, zum Beispiel eine Leiche berührt hatte, war er kultisch verunreinigt und durfte nicht mehr in den Tempel. Um wieder rein zu werden, musste er sich in so einem Tauchbad untertauchen.
Aber genau das ist hier nicht gemeint. Es geht nicht darum, dass man das immer wieder tun muss. Johannes hat die Leute nicht immer wieder anstehen lassen, wenn sie gesündigt hatten: „Jetzt hast du gelogen, komm, gleich wieder untertauchen! Jetzt hast du einen schlechten Gedanken gehabt, wieder untertauchen!“ Nein. Es geht um eine einmalige Taufe zur Vorbereitung.
Auch ist es nicht die kultische Reinheit, die dadurch gefordert werden soll. Vielmehr ist es eine Taufe, die, wie wir hier lesen, die Menschen auf Jesus Christus vorbereiten soll und Buße bewirken soll. Oder anders gesagt: Die Menschen wollen Buße tun. Sie fühlen ihre Schuld vor Gott und möchten diese rückgängig machen. Deshalb lassen sie sich taufen.
Es ist also nicht so, dass sie sich taufen lassen und dann Buße tun, sondern zuerst tun sie Buße. Dann, als Zeichen dieser Buße, lassen sie sich taufen. Das werden wir gleich noch sehen. Danach soll ein veränderter Lebensstil folgen. Johannes sagt: Ihr müsst bereit sein für Jesus Christus.
Das ist etwas, was wir auch in evangelistischen Gesprächen immer wieder erleben. Wenn wir mit Menschen sprechen und ihnen den ganzen Heilsweg erklären oder über den Glauben diskutieren, dann hilft das wenig, wenn der Mensch nicht bereit ist zu sehen, dass er Hilfe braucht. Die wenigsten Menschen kommen zum Glauben nur durch intellektuelle Diskussionen. Sie müssen erst erkennen, dass sie Hilfe brauchen.
Wenn ich keine Hilfe brauche, warum sollte ich zu Jesus kommen? Wenn ich glaube, nach dem Tod ist sowieso alles aus, wofür brauche ich Jesus? Wenn ich denke, ich bin gar nicht sündig, wofür brauche ich Jesus? Dann brauche ich ihn nicht.
Deshalb ist hier die Taufe zur Buße wichtig. Erst wenn die Menschen Buße tun und ihre Sünde erkennen, sind sie bereit, auf Jesus zu hören und ihm nachzufolgen. Darum ist die Taufe zur Buße so bedeutsam.
Formen der Taufe und ihre theologische Bedeutung
Ich habe auch die Frage gestellt: Wie haben die denn getauft? Vielleicht erinnert ihr euch noch daran, dass wir darauf keine ganz eindeutige Antwort bekommen haben. Das liegt einfach daran, dass sie damals keine Polaroid-Kamera hatten, mit der man sofort ein Foto gemacht hätte. Dann hätten wir genau gesehen, ob Johannes der Täufer die Hand genommen hat, ein bisschen Wasser über den Kopf gegossen hat oder ob er vielleicht eine Schüssel mit Wasser über den Kopf gehalten hat. Oder ob er die Leute untergetaucht hat, sie nur bespritzt hat – oder was auch immer.
In der Kirchengeschichte gibt es drei Formen der Taufe, die bis heute als Taufmöglichkeiten praktiziert werden. Wahrscheinlich gibt es in den meisten Gemeinden, aus denen wir kommen, die sogenannte Untertauch-Taufe. Einige Gruppen, besonders die Mennoniten zur Zeit der Reformation, hatten die Übergiessungstaufe, bei der eine Schale über den Kopf gehalten wird und Wasser darüber gegossen wird. Diese Form findet man auch teilweise in der evangelischen oder katholischen Kirche. In der orthodoxen Kirche gibt es zudem die Besprengungstaufe.
All diese Formen der Taufe sind nicht vollkommen widerbiblisch, denn sie tauchen alle in gewisser Weise in der Bibel auf. Das sehen wir an verschiedenen Stellen im Alten Testament. Die Untertauch-Taufe gab es zum Beispiel in den Tauch- oder Reinigungsbädern. Die Übergiessungstaufe lesen wir besonders aus dem Umfeld des Neuen Testaments. Manche jüdische Gruppierungen zur Zeit Jesu haben so getauft. Das war auch die typische Form, wie man sich gewaschen hat.
Wenn man sich wusch, wurde man nicht ganz untergetaucht. Man stellte sich meistens ins Wasser, nahm eine Schüssel, begoss sich damit und rieb sich mit einem Waschlappen ein. So wusch man sich und spülte sich wieder ab. Die Taufe wird hier als Abwaschen der Sünde angesehen. Deshalb sagen manche Theologen, dass wahrscheinlich diese Übergiessungstaufe gemeint war.
Eine weitere Form ist die Besprengungstaufe, also eine Art Bespritzung. Im Alten Testament finden wir ein paar Hinweise darauf. Zum Beispiel sollten Besucher im Tempel mit Isop bespritzt werden – zum Teil mit besonderem Wasser, zum Teil mit dem Blut eines Opfers. So etwas gab es auch, um die Vergebung der Sünde auszudrücken.
Diese verschiedenen Argumente werden von den Vertretern der unterschiedlichen Gruppen genannt. Dabei müssen wir noch sagen, dass wir hier von der Taufe des Johannes des Täufers sprechen, nicht von der Taufe Jesu. Daher spielt das jetzt noch nicht so eine starke Rolle für uns heute, denn wir taufen ja heute nicht mehr auf Johannes zur Buße, sondern auf Jesus Christus. Das kommt erst später im Evangelium.
Ich wollte das hier nur einmal angesprochen haben, damit ihr ein paar dieser Argumente vor Augen habt. Letztendlich ist das auch nicht das entscheidende Wichtige. Nirgends in der Bibel steht: Nur wenn du wirklich ganz unter Wasser warst, bist du gerettet. Oder: Nur wenn du das Wasser über den Kopf gegossen hast, wirst du errettet. Entscheidend ist generell der Glaube, wie hier auch die Buße das Entscheidende sind – nicht das Wasser. Das Wasser ist ja ein Zeichen, ein Symbol für das, was dort geschieht.
Vergebung der Sünden und die Rolle von Johannes und Jesus
Dann haben wir auch die Frage gestellt: Wie ist das mit der Vergebung der Sünden?
Vergebung der Sünde
Wenn Johannes schon die Sünde vergeben kann, wieso braucht es dann noch Jesus Christus? Wozu das Opfer von Jesus Christus, wenn hier Sünde durch die Taufe vergeben wird?
Was wir dabei deutlich sehen müssen, ist, dass Johannes eigentlich keine Sünde vergibt. Gemeint ist vielmehr eine Taufe der Buße, die zur Vergebung führt, damit die Menschen bereit sind, sich von Jesus die Sünden vergeben zu lassen. Die Vergebung kommt also erst, wenn Jesus Christus da ist. Das ist ganz klar, wenn wir den Zusammenhang lesen.
Da kommen die Leute und lassen sich taufen, weil sie Buße tun wollen. Doch was macht Johannes dann? Er beschimpft sie zunächst und nennt sie "Schlangenbrut" und "schlimme Kerle" und weist darauf hin, was sie alles Böses tun. Warum lässt er sie dann taufen, wenn sie noch so sündig sind? Wie ist das mit der Sündenvergebung?
Er fordert die Leute, die er tauft, auf, ihr Leben danach zu verändern. Er sagt, in ihrem Herzen und Leben sind Probleme. Das heißt, die Vergebung ist noch gar nicht da. Wir sehen hier eine Vorbereitungstaufe, denn das ist ja sein ganzer Auftrag. Es würde sonst nicht passen, wenn er sagt, er bereite den Weg des Herrn. Wozu ist der Herr denn noch da, wenn die Sünde schon vergeben werden kann? Braucht man ihn dann gar nicht mehr?
Nein, sein ganzer Auftrag ist die Vorbereitung. Auch die Taufe zur Buße ist eine Vorbereitungstaufe für Jesus und sein Kommen. Deshalb wird hier besonders betont, dass es eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden ist. Das bedeutet: Du sollst Buße tun, damit du vorbereitet bist, dass Jesus dir die Sünden vergeben kann. Du sollst innerlich Leid tun, umkehren. Dann ist es so weit.
Denn die eigentliche Taufe kommt ja erst später. Das sehen wir in Vers 16: "Ich taufe euch mit Wasser, der aber kommen wird, ist stärker als ich, und der wird euch mit Geist und Feuer taufen."
Die Taufe im Alten Testament wird manchmal auch als Besprengung oder Untertaufe verstanden. Das ist jetzt egal, wichtig ist, dass die Taufe im Zusammenhang mit der Austeilung des Geistes gesehen wird. Die Austeilung des Geistes wird mit der Vergebung der Sünde verbunden, weil nur Gott nach dem Alten Testament Sünde vergeben kann.
Wir lesen das zum Beispiel in Psalm 51, Vers 9: "Entsühne mich mit Isop, dass ich rein werde; wasche mich, dass ich schneeweiß werde."
Dieser Isop erinnert vielleicht an das Auszugsgeschehen aus Ägypten, als das Blut des Lammes genommen wurde. Man sollte den Isop eintauchen und damit die Türpfosten bestreichen. Hier ist ein ähnliches Bild: Reinwerden durch Waschen. Sündenvergebung hat hier mit Abwaschen zu tun. Dieses Bild taucht auch im Alten Testament auf.
Später wird der Isop auch zum Besprengen benutzt. Isopbüschel werden verwendet, um das Volk im Tempel zu besprengen. Diese Idee des Abwaschens stammt aus dem Alten Testament.
Wir können hier nicht genau sagen, ob das Isop mit Wasser oder mit Blut gemeint ist. Wenn es sich auf den Auszug aus Ägypten bezieht, dann ist es Blut, das abwäscht. Das könnte man als Vorbild für Jesus Christus sehen, aber gerade nicht für das, was Johannes der Täufer tut. Johannes verwendet nur Wasser. Später ist es das Blut Jesu Christi, das uns reinwäscht von aller Sünde. Dieses Blut ist dann das Symbol, das im Wasser der neutestamentlichen Taufe auftaucht.
Ein weiteres Beispiel ist Jesaja 4, Vers 4: "Wenn der Herr den Unflat der Töchter Zion abwaschen wird und die Blutschuld Jerusalems wegnehmen durch den Geist, der richtet und ein Feuer anzündet."
Hier sehen wir wieder, dass das Volk Israel in Sünde gefallen ist. Diese Schuld muss weggenommen werden. Das geschieht durch den Geist Gottes, denn nur Gott kann das tun. Dann wird ein Feuer angezündet.
Wir erkennen hier Begriffe, die Johannes aufgreift. Er spricht später von Feuer und Geist in Bezug auf Jesus, genau wie in Jesaja 4, Vers 4. Das ist der Weg, der zur Vergebung der Schuld führt.
Das ist etwas, was Johannes selbst nicht tut, ganz bewusst. Wenn wir Vers 16 als Vergleich nehmen zu dem, was Johannes tut, merken wir, dass die Taufe hier auf den Heiligen Geist und Pfingsten bezogen wird.
Im Neuen Testament, zum Beispiel in der Apostelgeschichte 2, Vers 3, wird beschrieben, wie der Heilige Geist kommt. Dort heißt es, es erscheinen Zungen wie von Feuer, die sich auf jeden Jünger setzen. Das entspricht dem Bild von Feuer und Geist, das Johannes meint.
Sonst gibt es keine Berichte, dass Menschen durchs Feuer gehen oder verbrannt werden sollen. Wenn hier Taufe und Geistvermittlung im Zusammenhang mit Feuer genannt werden, ist das vermutlich das, was gemeint ist.
Johannes wusste offenbar durch Offenbarung, dass, wenn Jesus kommt und den Heiligen Geist gibt, das so aussehen wird wie Feuer.
Das bestätigt auch die Apostelgeschichte. Diese Geistesausschüttung ist das, was die alttestamentlichen Propheten für die Ankunft des Messias erwartet haben. Der Heilige Geist soll eben nicht nur auf Könige oder einige Propheten ausgegossen werden, sondern auf das ganze Volk, auf diejenigen, die Gott nachfolgen und umkehren wollen.
So viel dazu.
Übrigens ist es interessant, dass es im Neuen Testament auch von der Geistestaufe oder der Ausgießung des Heiligen Geistes heißt. Dabei wird wiederum das Bild von Übergießung verwendet.
Ich habe ja gesagt, dass es mit der Taufe so ist: Es gibt die Übergießungstaufe. Wenn Geist Taufe ist, dann ist es manchmal so, dass man wie übergossen wird. Der Geist kommt von oben, setzt sich auf, man wird übergossen.
Manche haben das herangezogen und gesagt, so ähnlich müsste das auch mit Wasser geschehen, weil das Wasser ein Symbol dafür sei, was mit dem Heiligen Geist durch Gott geschieht.
Nun ja, so weit.
Jetzt noch einmal zur Vergebung der Sünde und Buße.
Wir kommen zu Vers 4. Hier wird ein Zitat aus Jesaja 40, Verse 3 bis 5 gebracht. Darin wird die Position von Johannes dem Täufer erwähnt. Er nennt seinen Dienst als Erfüllung alttestamentlicher Vorhersagen.
Es heißt dort: "Eine Stimme des Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade seine Steige. Alle Täler sollen erhöht, alle Berge und Hügel erniedrigt werden."
Symbolik des Weges und der Vorbereitung auf den Herrn
Vielleicht fragt sich hier mancher: Wo ist das eigentlich passiert? In den Evangelien lesen wir kaum davon, dass die Jünger eine Bauunternehmung gegründet hätten, um die jüdischen Berge abzutragen. Diese Berge stehen heute schließlich immer noch. Was ist also damit gemeint?
Wir müssen uns dafür etwas in den Alten Orient zurückversetzen. Dort war so etwas nicht üblich. Die altorientalischen Könige gingen anders vor als in Europa. Wenn sie einen Landesteil besuchten, wurde verlangt, dass der Weg für sie vorbereitet wird. Das bedeutete jedoch nicht, dass das ganze Land eingeebnet wurde – sonst wären die Länder flach geworden. Vielmehr sollte der Weg, auf dem der König ging, so gestaltet sein, dass er nirgends an einen Stein stößt. Er sollte gerade und frei von Hindernissen sein, damit der König ungehindert voranschreiten kann.
Warum war das so? Es ging nicht darum, das ganze Land einzuebnen, sondern nur den Weg, den der König benutzen würde. Deshalb war es damals üblich, wie wir es beim Einzug Jesu in Jerusalem lesen, Kleider und Palmenzweige auf den Weg zu legen. Der König sollte so gehen, als würde er auf Federn oder einem roten Teppich schreiten. Das war eine Art Ehrung und Vorbereitung.
Damit ist also keine Bauarbeiterfirma gemeint. Das wäre auch sinnlos gewesen. Es geht nicht nur um ein Symbol, sondern um die tatsächliche Vorbereitung des Weges, auf dem der König gehen würde. Dieses Bild war den Menschen damals vertraut.
Wenn ein König oder ein hoher Regierungsbeamter kam, lief vorher ein Bote voraus und forderte alle auf, sich bereit zu machen. Alles musste weggeräumt werden: Wenn jemand seine Wäsche am Weg gewaschen hatte, musste sie entfernt werden; wenn es schmutzig war, wurde schnell ausgefegt; wenn ein großes Schlagloch in der Straße war, wurde es schnell zugeschüttet. Der König sollte nicht stolpern oder sich die Füße schmutzig machen. Alles musste in Ordnung sein.
Übrigens sind wir in Europa davon gar nicht so weit entfernt. Ich habe einmal einen Bericht über die Krönungsfeier von Elisabeth II. in England gelesen. Auch dort gibt es noch Könige. Elisabeth II. wurde in der Westminster Abbey in London gekrönt. Alle Gäste hatten sich bereits gesetzt, als kurz vor dem Eintreffen der Königin noch ein Reinigungstrupp kam. Obwohl alles schon sauber war, wurden Staubsauger und Kehrblech hervorgeholt, um den Mittelgang noch einmal gründlich zu säubern. Die Königin sollte mit ihrem langen Kleid auf einem makellosen Weg schreiten, um sich vorne zu setzen und gekrönt zu werden.
Das zeigt, dass es sich um etwas Ähnliches handelt wie im Alten Orient. Auch dort wurde der Auftrag gegeben: Macht alles sauber, bringt Ordnung, jetzt kommt der König oder hier die Königin. Alles muss bis ins Detail stimmen.
Dieses Bild hilft uns zu verstehen, was Johannes tun soll. Er soll die Menschen vorbereiten. Natürlich nicht nur äußerlich – er hat ja keinen Staubsauger – sondern innerlich. Es geht um das innere Verändern und Vorbereiten. Das ist sein Lebensauftrag und Lebensweg.
Das fordert auch uns heraus: Inwiefern deuten wir mit allem, was wir tun, auf Jesus Christus hin? Richte ich meinen Dienst darauf aus, Jesus vorzubereiten? Oder geht es mir in erster Linie um mich selbst, meine Fähigkeiten, meine Gemeinde, meine Familie oder vielleicht meinen Beruf? Johannes tut all das nicht. Er ist uns ein Vorbild und eine Herausforderung: Jesus steht im Mittelpunkt. Meine Arbeit ist nur eine Vorbereitung für Jesus und für das, was er im Herzen der Menschen bewirkt.
Die Rolle des Menschen und Gottes Wirken bei der Bekehrung
Es ist auch ganz gut, so etwas im Kopf zu behalten für evangelistische Gespräche, denn du wirst nie einen Menschen zu Jesus führen können. Vielleicht denkst du, du hättest das schon getan, aber das ist eine Illusion. Wenn es wirklich passiert ist, dann hat Gott es getan.
Denn wenn Gott nicht das Herz eines Menschen mit seinem Geist berührt, wird er sich nie bekehren. Du kannst einem Menschen den Kopf vollreden, aber er wird sich dennoch nicht bekehren. Das geht auch gar nicht, denn ein Mensch kann Gott nur erkennen, wenn Gott sich offenbart und wenn er durch seinen Heiligen Geist in sein Leben kommt.
Manchmal merkt man das: Ihr habt vielleicht die besten Argumente, ihr redet und redet, aber der andere will sich trotzdem nicht bekehren. Dann nehmen die Worte keinen Einfluss.
Wenn wir nur darauf vertrauen, werden wir häufig einen Missgriff tun. Wir werden auch oft enttäuscht und frustriert sein, weil wir es nicht schaffen. Unser Auftrag ist nur, ähnlich wie Johannes hier, vorzubereiten, damit Jesus kommen kann.
Wir sollen alle Steine aus dem Weg räumen – manche intellektuelle Steine, Vorwürfe, die die Leute im Kopf haben. Diese Steine sollen wir wegräumen, den Weg frei machen. Dann kommt Jesus zum Herzen des Menschen, spricht ihn an und gibt ihm die Möglichkeit, sich zu entscheiden.
Wir werden keinen Menschen bekehren können. Unsere Aufgabe ist ähnlich wie hier. Sonst würden wir Gott eine Aufgabe wegnehmen, und dann bräuchte es Gott ja gar nicht mehr.
Nein, das ist nicht nötig. Wir sollen unseren Dienst tun, der auf Jesus hinweist. Das ist das, was hier genannt wird.
Sündenvergebung und das Opfer im Alten und Neuen Testament
Dann kommen wir weiter. Interessant ist hier die Sündenvergebung, die in Vers 3 sowie in den Versen 6 und 7 genannt wird. Es geht noch weiter um die Vergebung der Sünde. Dabei wird nirgends als Bedingung für die Sündenvergebung eine Opferhandlung erwähnt.
Das ist für die Juden des Alten Testaments eigentlich etwas Neues. Denn wenn es im Alten Testament Sündenvergebung gab, musste immer etwas geopfert werden. Wir haben das schon vorher gehört: Maria sollte entsühnt werden wegen ihrer Schwangerschaft, Jesus sollte losgekauft werden – was musste man tun? Tiere opfern. Im Alten Testament wurden immer wieder im Tempel Tiere geopfert. Das Blut der Tiere, das Blut der reinen Lämmer, also der Lämmer ohne Fehl und Tadel, sollte die Sünde abwaschen.
Hier merken wir, dass das nicht vorkommt. Wir fragen uns: Warum? Ich denke, die Antwort ist relativ eindeutig. Wir lesen ja, dass Johannes nicht aus eigenen Überlegungen predigte, sondern aus dem Heiligen Geist. Der Heilige Geist zeigte ihm, dass das Opfer noch kommt. Denn auch hier braucht es ein Opfer. Aber nicht, dass Johannes es bringt, oder dass man irgendein Tier opfert, um Sünden vergeben zu bekommen. Sondern der, auf den wir warten – Jesus Christus – ist derjenige, der sterben wird. Das ist das Opfer.
Also gibt es auch hier keine Vergebung der Sünde ohne Opfer. Das gab es im Alten Testament nicht. Deshalb hätte ein alttestamentlicher Prophet so auch nie gesagt. Er wusste das, aber er wusste auch, dass jetzt die Sache mit den Tieren vorbei ist. Vielleicht hatte er schon den Hebräerbrief im Kopf. Im Hebräerbrief wird gesagt, dass die Opfer alle nur eine Vorschattung sind, nur ein Hinweis darauf, dass ein für allemal das Opfer gebracht worden ist, das uns von der Sünde befreit. Das ist Jesus Christus. Ab jetzt braucht es keine Opfer mehr im Tempel, weil das Opfer ein für allemal gebracht ist.
Vor diesem Hintergrund merken wir auch, dass Johannes kein Opfer erwähnt. Deshalb kann es gar nicht sein, dass er meinte, selbst Sünden vergeben zu können. Er tut das nur als Vorschau auf den Messias.
Übrigens noch eine Sache, die hier bei Johannes so revolutionär ist: die Taufe. Er tauft jemand anderen. Das gab es im Alten Testament so nicht direkt, zumindest nicht bei den Tauchbädern. Dort haben sich die Leute selbst untergetaucht. Es gab höchstens den Hohepriester, der das Volk besprengte oder ähnliches. Aber dass einfach ein Prophet auftaucht und jemand anderen tauft, war neu.
Das ist auch bei uns neu. Wir steigen auch nicht selbst ins Taufbad und tauchen uns selbst unter, sondern meistens macht das der Prediger. Das ist so ein bisschen von Johannes dem Täufer übernommen und natürlich von den Jüngern, denn sie bekommen den Auftrag: Ihr sollt nicht euch selbst taufen, sondern die anderen taufen. Auch das ist hier neu, wenn wir aus dem Alten Testament kommen.
Die Universalität des Heils und die Herausforderung an die Zuhörer
Nun kommen wir zu den Bedingungen, die Johannes der Täufer anspricht. Er predigt überall, er bereitet den Weg des Herrn, und jetzt lesen wir, dass das Ziel davon ist, dass alle Menschen den Heiland sehen werden, also den Heiland Gottes.
Hier merken wir in der Predigt Jesu wieder die Universalität des Wirkens. Früher wandten sich die Propheten des Alten Testaments in erster Linie an Israel. Das tut Johannes auch zunächst, aber er weiß hier schon durch den Heiligen Geist, dass es nicht dabei bleiben wird. Vielmehr wird sich das Wirken an alle Völker richten, auch an die Heiden.
Dann fing er an zu predigen, und Johannes sprach zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen. Hier müssen wir sagen: Diese Predigt richtet sich nicht an diejenigen, die in der Sünde lebten und nichts von ihm wissen wollten. Er ist zwar herumgereist, am Jordan auf und ab, ist bis nach Nazaret gekommen, hat gepredigt, und die Leute haben gesagt: „Ja, ich merke, ich bin sündig, ich will umkehren.“ Dann hat er gesagt: „Okay, kommt am Dienstagnachmittag an den Jordan, da werde ich euch taufen.“ Und dann kommen jetzt alle. Denn er spricht ja bewusst zu denen, die zu ihm kamen, um sich taufen zu lassen.
Um sich taufen zu lassen, müssen die Leute etwas hören. Wenn sie nichts hören, wie sollten sie auf die Idee kommen: „Ach, heute gehen wir mal taufen, ich weiß nicht zu wem, wo und warum?“ Das geht ja nicht. Sie wussten ganz genau, was sie wollten, nämlich Buße tun, umkehren. Deshalb sind sie zu Johannes gegangen.
Umso stärker überrascht uns dann Johannes, indem er erst einmal die Leute sehr stark zurechtweist. In den Versen 7 bis 14 geht es darum zu zeigen: Eure Buße muss echt sein. Unechte Buße bringt nichts. Diese echte Buße muss auch Werke hervorbringen.
Hier sind wir bei der wichtigen Frage: Wie stehen Bekehrung und Werke im Leben des Christen zueinander? Ist es so, dass ich einfach mal bekehrt bin und dann weiterlebe wie vorher? Bei Johannes geht das nicht, übrigens bei Jesus auch nicht. Wir brauchen bewusst den Jakobusbrief zu lesen: „Zeige mir deinen Glauben aus deinen Werken“ und so weiter. Und auch den Johannesbrief. Dann merken wir, dass es nicht so einfach geht. Ohne Werke ist der Glaube tot, auch im Neuen Testament. Hier bei Johannes ist es ganz ähnlich. Er will sagen: Wenn ihr echte Buße tut, dann muss man das auch in eurem Leben sehen. Sonst ist das falsch, sonst bringt das alles nichts.
Denn es gab ein paar Leute, die dachten in ihrem Herzen, das sei wie eine Magie. Also: Wenn ich jetzt das richtige Zeichen kenne und das richtige Geheimnis, dann werde ich vom Gericht verschont. Und dann brauche ich mein Leben trotzdem nicht zu ändern.
Das gibt es ja in manchen Völkern. Es gibt Katholizismus, da bekomme ich regelmäßig so eine Zeitschrift zugeschickt, von einem Adelmann-Verlag oder so heißt der, glaube ich. Das finde ich interessant, jedes Mal zu lesen. Jedes Mal haben sie so einen Prospekt mit allerlei heiligen Gegenständen, die man unbedingt haben muss. Zum Beispiel eine Kerze, die, ich glaube, 72 Stunden lang brennt, wenn die große Finsternis kommt, also am Ende der Zeiten, in der Endzeit. Oder das heilige Weihwasser, das dann, wenn alles verseucht ist, die Speisen wieder essbar machen kann. Oder kürzlich haben sie eine Überlebensration verkauft, die besonders geweiht ist von irgendwelchen Priestern. Wenn dann der große Krieg kommt, soll man sich einschließen mit dem Weihwasser, der Kerze und dem Überlebenspaket, und dann kann man überleben, um ins Reich Gottes zu kommen.
Das ist spannend. Soll ich euch die Adresse geben, damit ihr euch auch mit der Kerze vorbereiten könnt? Aber da merkt man, das hat eine ganz ähnliche abergläubische Funktion wie bei manchen Leuten hier.
Da spricht Johannes an: „Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gewiss gemacht, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet?“ Er sieht nämlich, dass manche denken: Ich lasse mich jetzt mal schnell taufen, das kann mir nicht schaden, und dann werde ich dem Zorn Gottes entkommen.
Da sagt er: Ihr habt eine vollkommen falsche Vorstellung vom Gericht Gottes. Zorn Gottes heißt hier ja Gericht Gottes. Ihr habt den Eindruck, ihr könnt dann einfach weg sein. Wie soll das gehen? Der Zorn Gottes, das Gericht Gottes ist universal. Wo wollt ihr denn hingehen danach?
„Entrinnen“ steht hier also für entkommen. Du kannst einem Heer, das in ein Land einfällt, nur entkommen, wenn du wegläufst in eine Ecke, wo sie nicht hinkommen. Aber jetzt die Frage: Was denkt ihr denn, wo der Zorn Gottes hingeht? Das geht ja gar nicht.
Nein, das ist eine vollkommen falsche Vorstellung. Nein, ihr müsst davon errettet werden, dass Jesus euch rein macht. Aber entrinnen, entkommen werdet ihr auch durch eine Taufe nicht.
Das mit der „Schlangenbrut“, die hier genannt wird, ist eigentlich eine ziemlich krasse Sache. Erst einmal denken wir daran, dass Schlangen ja nicht so angenehme Tiere sind. Das griechische Wort, das hier für Schlange steht, meint nicht nur eine normale Schlange, sondern eine Giftschlange.
Vielleicht denkt ihr, das sei selbstverständlich. Nein, die Griechen haben genau unterschieden, die Juden auch. Es gab Schlangen, die nicht so schlimm sind, und dann gibt es Giftschlangen. Wenn man die trifft, schlägt man sie sofort tot.
Genau das bezeichnet er hier sehr deutlich. Manche übersetzen auch mit „Otternbrut“ oder so etwas. Da sagt er, das ist bei euch im Herzen, da kommt das Böse heraus.
Vielleicht meint er das Bild, das wir bei manchen jüdischen Schriftstellern der damaligen Zeit finden. Sie hatten die Vorstellung, wenn Schlangen Junge bekommen, fressen diese sich durch den Mutterbauch hindurch und die Mutter stirbt dabei. Es gibt einige Tiere, meines Wissens nicht Schlangen, die das tun. Sie legen Eier, und die Jungen schlüpfen dann heraus. Aber vielleicht hat er dieses Bild im Hintergrund: Das Böse frisst in euch, und irgendwann kommt es heraus. Und das ist ganz schlimm.
Bei den Schlangen denken wir vielleicht auch an die Wüste, in der Johannes hier sicher auffällt, nicht? Unter den Steinen kriechen Giftschlangen herum, und wenn man eine trifft, ist das gefährlich. So seid ihr.
Das heißt, ihr versteckt euch irgendwo. Von außen sieht alles in Ordnung aus, aber wie sieht es in eurem Herzen aus? Da macht ihr euch selbst etwas vor.
„Schlange“ sollte uns auch an die Schöpfungsgeschichte erinnern. Da ist die böse Schlange. Am Ende steht in der Offenbarung: „Die alte Schlange ist geworfen in den vorherigen Pfuhl.“ Da merken wir wieder: Die Schlange ist für die Juden ein Symbol für den Teufel.
Wenn Johannes sagt: „Ihr seid eine Schlangenbrut“, dann heißt das: Ihr seid Kinder des Teufels. Das sagt er zu denen, die sich bekehren wollen.
Warum? Weil er hier erst einmal welche hat, die noch gar nicht ganz begreifen, worum es überhaupt geht.
Der eine Irrtum ist: Ich habe ein magisches Zeichen und werde dem Zorn Gottes entrinnen. Da sagt er: Nein, das geht nicht. Denkt ihr das so? Hier eine rhetorische Frage: Nein, natürlich werdet ihr dem Zorn Gottes nicht entkommen können. So geht das nicht.
Dann sagt er: Ihr müsst erst einmal rechtschaffene, fruchtbare Buße tun. Wenn ihr nur hierhin kommt, euch taufen lasst und dann weiterlebt wie vorher, bringt das nichts. Das ist keine echte Buße im Herzen. Da ist nichts passiert.
Es gibt auch Leute, die sich nur bekehren. Am Abend in der Evangelisation sind sie emotional ganz angesprochen: „Oh, wie gut geht es mir, wie schön ist das, Jesus spricht mich an, ich bekehre mich.“ Und am nächsten Morgen wollen sie nichts mehr davon wissen, dann geht der Tag weiter.
Das wäre keine Bekehrung. Das ist ein emotionales Erlebnis. Das kannst du auch bei irgendeiner Sekte haben, die das stimulieren kann. Manche haben das, wenn sie im Fußballstadion sind, fühlen sich high und super, am nächsten Morgen haben sie einen Kater, und das schöne Gefühl ist weg.
Schöne Gefühle sind keine Umkehr.
Wenn Jesus die Leute zur Umkehr ruft, sagt er: Überlegt euch ganz genau, wenn ihr mir nachfolgen wollt, müsst ihr alles aufgeben. Er hält die Leute sogar davon ab, sich umkehren zu lassen. Also besser bleibt da. Er sagt sogar zu den Jüngern: „Wollt ihr auch weggehen?“ Selbst die Jünger, wenn sie nicht wollen, gut, dann bleibt auch weg.
Es liegt nicht daran, dass Gott für uns werben muss. Was hat Gott mit uns gewonnen? Hat er mit uns einen guten Fang gemacht? Da sagt er: Wenn ich eine Milch habe, bin ich froh. Dann bin ich glücklich. Ohne die Milch kann ich nicht leben.
Nein, Gott kann gut ohne mich leben und auch ohne euch. Ihr seid vielleicht traurig, wenn ich euch das sage, aber er könnte auch gut ohne euch leben.
Es ist so: Gott braucht uns nicht unbedingt. Nein, wir müssen mal die Augen richtig öffnen. Es ist genau umgekehrt: Wir brauchen Gott!
Nicht Gott muss zu uns kommen und sagen: „Bitte, bitte komm und bekehre dich doch, ach, ich will so gerne!“ und dann auf die Knie gehen und uns noch Bestechungsgelder zahlen oder so.
Manchmal ist es ja so mit Bestechungsgeldern: Wenn du zu Gott kommst, sind alle Probleme gelöst, alle Krankheiten weg, alles Geld da, du bist glücklich und erfolgreich und lebst hundert Jahre.
Nein, das steht nirgends in der Bibel.
Es ist umgekehrt: Du musst dafür etwas opfern. Es geht darum, dass wir gerettet werden müssen, dass wir ein Problem haben, nicht Gott.
Das ist auch das, was hier genannt werden soll. Der Hinweis: Kehrt um! Wenn da keine guten Taten sind, wenn die Buße nicht echt ist, dann ist das alles unnütz. Dann braucht ihr gar nicht, euch weiter zu bemühen. Dann könnt ihr gleich wieder nach Hause gehen.
Dann entkräftet er noch eine andere Missvorstellung, die damals die Juden hatten. Nämlich die Vorstellung, wenn ich Kind Abrahams bin, dann bin ich generell errettet.
Im Alten Testament waren die Juden sehr stolz darauf: „Ich bin Jude, und Juden sind das Volk Gottes. Deshalb gehöre ich sowieso zu Gott, egal was ich tue, egal was ich mache. Vielleicht ein bisschen reiner, ein bisschen unreiner. Aber von den Bösen, den Sündigen und Schlechten heben wir uns ab.“
Dann sagt er hier ganz locker: „Wenn Gott will, könnte er selbst aus Steinen Kinder erwecken.“ Also euch braucht er dafür nicht.
Er holt sie hier runter von ihrem Stolz, von ihrem hohen Ross. Warum? Weil er in ihr Herz sehen kann.
Wir sehen ja auch, dass manche in ihren Herzen denken, Johannes sei der Christus. Dann merkt er das, weil er den Heiligen Geist hat, und antwortet darauf.
Genauso ist es hier: Er unterstellt ihnen keine falschen Motive. Er weiß das, weil der Heilige Geist ihm Führung und Offenbarung gibt.
Deshalb sagt er ihnen: Ihr denkt, ihr werdet einfach errettet, weil ihr zum Volk Israel gehört. Nein, so geht das nicht. Das ist zu wenig. Ihr müsst wirklich umkehren, sonst nützt das nichts.
Ihr müsst erst einmal selbst vorbildliche Gotteskinder werden. Das genügt nicht, einfach dadurch, dass ihr in Israel geboren seid.
Es gibt auch zahlreiche Stellen im Neuen Testament, die uns das sagen, zum Beispiel Lukas 13,16 oder Lukas 16,3-30.
Da finden wir durchaus, dass es Vorteile hat, zum Volk Israel zu gehören. Das ist gut, es ist also nicht wertlos. Aber es erlöst nicht.
Warum ist es gut? Weil das Volk Israel viel mehr von Gott weiß und weil Jesus sich zuerst dem Volk Israel geoffenbart hat.
Die sind viel näher dran.
Und genauso ist es vielleicht auch bei manchem von uns. Habt ihr euch vielleicht schon gedacht: „Warum bin ich nicht in einem gläubigen Elternhaus zum Glauben gekommen? Das ist doch langweilig, bringt doch nichts.“
Manche Schüler haben auch den Eindruck, wenn sie zur Bibelschule kommen: „So langweiliges Zeugnis. Viel spannender ist das Zeugnis: Ich habe Drogen genommen, war im Gefängnis, habe Böses getan und bin dann umgekehrt.“
Aber Lukas stimmt dem nicht zu. Nicht besser, Heide als Jude zu sein. Nein, es ist gut, Jude zu sein, im gläubigen Umfeld aufzuwachsen, das Alte Testament zu kennen, die Offenbarung, die Propheten.
Das ist gut, aber es ist nicht genug.
Genauso ist es für uns nicht genug, wenn jemand in einem frommen Elternhaus aufwächst, in einer frommen Gemeinde ist und immer schöne Lieder mitsingt.
Dadurch wirst du nicht errettet. Das bringt gar nichts.
Das ist gut, das ist nicht schlecht. Gott sieht das gut an, er honoriert das.
Aber dadurch wirst du nicht errettet.
Du wirst auch nicht errettet, weil du Mitglied bei den Baptisten bist, oder bei den Freien Evangelischen.
Oder weil du Mitglied bei den Mennoniten bist.
Das war natürlich nicht ernst gemeint, nicht dass ihr das falsch versteht.
Ich will damit sagen: Mitgliedschaft in irgendeiner Gemeinde bringt nichts.
Das, was es braucht, ist diese innere Erneuerung.
Darauf will Johannes Wert legen.
Radikale Umkehr und die Konsequenzen des Unglaubens
Nun wird gesagt, ihr seid schon etwas radikaler, denn die Axt wird den Bäumen schon an die Wurzel gelegt.
Überlegt euch mal: Wenn ein Baum umfällt, wie macht ihr das? Dann merkt ihr schnell, dass man das damals in Israel anders gemacht hat. Ich habe das bei uns am Haus erlebt, als ich einen Baum abgesägt habe. Was ist in diesem Jahr passiert? Der Spross oben wächst wieder fleißig weiter.
Klar, wenn die Wurzel nicht entfernt wird, kommt der Baum immer wieder. Deshalb heißt es hier, der Baum wird mit Stumpf und Stiel ausgerottet. Wer sich nicht zu Jesus umkehrt, bekommt keine zweite Chance. Das ist endgültig vorbei.
Deshalb steht hier: Die Axt ist an die Wurzel gelegt. Das hat man damals in Israel so gemacht, nicht nur oben abgeschnitten. Man wusste, dass der Baum sonst wieder austreibt. Man grub einen Graben rings um den Baumstamm und hieb dann die Wurzel ab, damit nichts mehr nachwächst.
So radikal ist das gemeint. Wer nicht wirklich zu Jesus umkehrt und in seinem Herzen Buße tut, wird vollkommen mit der Wurzel ausgerottet. Das ist das, was hier vor Augen geführt werden soll.
Der Baum, der keine guten Früchte bringt, wird ins Feuer geworfen. Hier ist das Feuer das ewige Feuer, von dem wir später noch lesen. Es ist das unausschließliche Feuer aus Vers 17, wo es wieder genannt wird.
Dieses Feuer ist kein Läuterungsfeuer, durch das wir gereinigt werden. Es bedeutet das Ende, das endgültige Vorbei. Es ist das Feuer der Hölle, das hier angesprochen wird.
Praktische Aufforderungen und gesellschaftliche Herausforderungen
Und dann, ich mache etwas schneller, damit wir diesen Vers, dieses Kapitel für heute noch zu Ende bekommen: Die Menge fragt sich, was sie denn tun sollen. Sie merken, dass es nicht genügt, sich taufen zu lassen, dass jemand anderes etwas an ihnen vollzieht. Vielmehr müssen sie selbst aktiv werden.
Hier finden sich revolutionäre Aussagen, die mit der Verkündigung Jesu übereinstimmen. Es wird stark betont, dass sich die Umkehr in Taten der Nächstenliebe zeigen muss. Er spricht das Beispiel mit den zwei Hemden an. Das griechische Wort für Hemd ist hier „Chiton“, was das Unterkleid meint. Wer zwei Unterkleider hat, soll eines weggeben. Die Botschaft ist: Du sollst nur das besitzen, was du wirklich zum Leben brauchst.
Auch beim Essen gilt das Gleiche: Wenn du mehr zu essen hast, als du unbedingt brauchst, dann gib es weg. Warum? Einerseits, weil bald das Gericht Gottes kommt – nicht nur aus Angst, sondern auch mit der Frage: Wofür brauchst du all die irdischen Güter, die dich belasten? Gib sie lieber weiter und tu damit Gutes.
Zum anderen soll dies zeigen, dass du bereit bist, von deinem Egoismus loszulassen, andere Menschen zu sehen und ihnen mit der Liebe Gottes zu helfen. So, wie Gott dir Güter anvertraut hat, sollst du auch anderen Güter und Hilfe geben.
Er macht das ganz praktisch und zeigt, welche Wirkung diese Umkehr im praktischen Leben haben kann. Dabei spricht er das Berufsleben der Männer an. Es werden zwei Berufsgruppen erwähnt, die in Israel sehr schlecht angesehen sind.
Was wir hier schon erkennen, ist das, was Jesus später auch sagt: „Ich bin nicht gesandt zu den Gesunden, sondern zu den Kranken.“ Hier kommen die Gesandten, die Opfer, an die man sich sonst nicht wendet, weil man denkt, sie könnten gar nicht umkehren.
Die Zöllner tauchen öfter auf, aber auch die Soldaten gelten in Israel als schlecht. Sie sind diejenigen, die mit Blutvergießen zu tun haben. Man soll lieber Abstand von ihnen halten, denn für fromme Juden gelten sie als unrein.
Doch diese beiden Gruppen wollen sich taufen lassen, weil sie merken, dass ihr Leben nicht in Ordnung ist – Gott hat es ihnen gezeigt. Manchmal ist es auch in unserer Umgebung so: Lasst uns ein Auge offen haben für die Menschen, die von der Gesellschaft verachtet werden.
Oft denken wir, wenn der Glaube einen Doktor, Professor oder Firmenleiter erreicht, dann passiert etwas. Das kann sein, aber häufig sind diese Menschen selbstgerecht und wollen gar nicht umkehren.
Jesus ist natürlich auch für sie gestorben, aber oft müssen Menschen erst gedemütigt werden, ganz unten ankommen und erkennen, wie schlimm ihr Zustand ist. Erst dann sind sie bereit, zu Jesus zu kommen und ihre Niederlage einzugestehen.
Häufig sollten wir gerade zu solchen Menschen gehen, ohne sie zu verachten oder über sie hinwegzugehen. Denn oft gehören wir selbst zum guten Mittelstand und denken: „Mit solchen Leuten hat man nichts zu tun. Die sollen erst einmal ordentlich arbeiten, sich rasieren und anziehen. Wenn sie dann fleißig und ordentlich sind, dürfen sie vielleicht auch in die Gemeinde.“
Ich übertreibe hier etwas, aber solche Tendenzen gibt es. Johannes aber weist die Menschen nicht ab, die als unterste religiöse Schicht in Israel gelten.
Was sagt er ihnen? Den Zöllnern sagt er nicht, sie sollen ihren Beruf aufgeben. Das sagt er auch nicht den Soldaten. Vielleicht sind einige Pazifisten unter uns, die denken, dass jemand, der umkehrt, sofort seinen Job kündigen muss.
Aber hier heißt es: Du kannst deinen Beruf weiter ausüben, solange du nicht direkt in deinem Beruf sündigst. Bei den Zöllnern liegt die Sünde darin, dass sie mehr nehmen, als erlaubt ist – eine Form von Korruption.
Er sagt: Korruption ist zwar üblich in deinem Beruf, aber das erste Zeichen deiner Umkehr ist, dass du jetzt keine Korruption mehr praktizierst. Das ist ein deutliches Zeichen, dass du erkennst, dass du Hilfe brauchst.
Auch im Berufsleben ist das nicht immer einfach. Manche Dinge scheinen unmöglich ohne „kleine Gefälligkeiten“ zu funktionieren. Ein Gesprächspartner aus der Schweiz berichtete, dass in seinem Geschäft für Getränkeabfüllanlagen fast kein Vertrag ohne Schmiergeld läuft.
Natürlich nennt man das nicht so, sondern spricht von Gratisreisen, Einladungen zu Vorführungen oder kleinen Geschenken. Das läuft so, damit niemand ein schlechtes Gewissen hat. Ohne solche „Schmierereien“ geht es scheinbar nicht mehr.
Das ist nicht nur in der Schweiz so, auch in Deutschland gibt es viele Probleme mit solchen Praktiken, beispielsweise in Trinkwasserbetrieben in Köln oder Wuppertal.
Als Christen stehen wir vor der Frage, ob wir ein Doppelleben führen: im Geschäftsleben anders handeln als im Glaubensleben. Hier sagt Johannes: Entweder oder. Entweder du lebst ganz in der Sünde und brauchst nicht zum Gottesdienst oder zur Taufe zu kommen. Oder du gehst ganz mit Jesus und das zeigt sich auch im Berufsleben.
Er sagt nicht, dass man den Beruf aufgeben soll und sich nur noch in die Wüste zurückziehen und beten soll. Nein, bleibe in deinem Beruf, übernimm Verantwortung, lebe als Vorbild, aber sündige nicht mehr – auch wenn andere um dich herum das tun.
Bei den Soldaten gilt dasselbe: Tut keine Gewalt und kein Unrecht. Er sagt nicht einmal, dass sie im Krieg nicht kämpfen dürfen oder das Schwert wegwerfen sollen.
Wenn der Krieg gerechtfertigt ist, dann sollt ihr den Verbrecher festnehmen und möglicherweise sogar die Todesstrafe vollziehen – denken wir an Römer 13. Dort heißt es, Gott hat der Obrigkeit das Schwert nicht umsonst gegeben.
Es steht nirgends, dass ein Christ nicht bei der Obrigkeit leben oder Polizist werden darf. Sonst müssten viele ihren Job wechseln, und vielleicht wäre dann nur noch die Bibelschule als Arbeitsplatz möglich.
Hier steht aber, dass ihr den Beruf weiter ausüben könnt. Allerdings müsst ihr innerlich etwas verändern. Das ist die Botschaft, die hier vermittelt wird.
Johannes als Vorläufer und die Abgrenzung zu Jesus
Dann geht es also weiter: Das Volk erwartet nun den Messias. Doch dieser kommt nicht. Ich überspringe ein paar Verse, und dann wird gesagt: "Ich bin nur der Vorläufer, bin nichts dagegen."
Hier, wo Jesus sagt, dass der Höchste, der Prophet, der von Frauen geboren ist, im Vergleich zu Jesus nichts ist, merken wir schon, wie angedeutet wird, dass Jesus unheimlich viel mehr sein muss als ein alttestamentlicher Prophet.
Wenn die Muslime Jesus als Propheten anerkennen, ist das zwar schön und gut, aber das ist viel zu wenig. Auch wenn sie sagen, Jesus sei vielleicht weit unter Mohammed, weil er Sünden vergeben konnte, sündlos war und Tote lebendig machen konnte – was ja super ist – bleibt er dennoch viel zu wenig.
Viele stehen da noch auf dem Standpunkt, wie manche Juden, die Jesus nur als Propheten erkannt haben.
Zum Abschluss möchte ich noch etwas erklären, das vielleicht sonst etwas kompliziert klingt: das mit der Worf-Schaufel. Das wisst ihr sicherlich auch. Wenn ihr aus der Stadt kommt, kennt ihr vielleicht nicht, wie das mit Getreide lief.
Man hat das Getreide geerntet, und wenn ihr versucht, das Getreide halb roh zu essen, merkt ihr, dass die Spelzen dabei sind. Wenn das im Brot wäre, schmeckt es nicht gut.
Meine Eltern waren mal auf einem Ökotrip und haben Brot gebacken. Wir Kinder haben dann ein paar Monate lang Haferbrot gegessen, in dem lauter Hafer-Spelzen drin waren. Beim Essen fühlte es sich an, als würde man wie ein Pferd kauen. Das haben wir dann später aufgegeben.
Diese Spelzen schmecken einfach nicht gut.
Was macht man damit? Man streut sie auf einen Steinboden aus. Dann nimmt man einen dicken Knüppel und schlägt erst mal wild darauf. Dadurch springen die Hülsen auf, und das Korn fällt heraus.
Jetzt muss man alles aussortieren, es sei denn, man ist wie bei Aschenputtel, wo die Tauben das Korn für einen aussuchen. Aber das funktioniert natürlich nicht.
Also nimmt man eine Schaufel und wirft das Ganze hoch. Besonders am Abend in Israel kam immer ein Seewind aus dem Westen. Dieser Wind trieb die leichten Spelzen weg, und die schwereren Körner fielen herunter.
Genau das wird hier gesagt: So wird es bei Jesus sein.
Wer vor Jesus steht, hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder du bist die leichte Spreu, die sofort wegfliegt, oder du bist das Korn, das bleibt.
In Israel gibt es wenig Brennstoff, da es trocken ist. Selbst die Spreu wurde noch aufgesammelt und als Brennstoff zum Kochen verwendet.
Das andere, das Korn, hat man gegessen. Das ist das, was man haben wollte.
Genauso wird es bei jedem von uns sein. Bei jedem Menschen gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Spreu oder Weizen.
Ein Mittelding gibt es nicht. Halb und halb geht nicht.
So wird sich an Jesus jeder scheiden.
Wir haben ja vorher gelesen: Jesus ist dieser Scheidestein, der Eckstein oder Stein des Anstoßes.
Genau dieselbe Scheidung wird hier vorgenommen.
Alles wird hochgeworfen, und jetzt entscheidet sich: Bist du zu Jesus umgekehrt? Hast du den Heiligen Geist, den er ja vorher gibt – das ist ja Vers 16 – oder eben nicht?
Genauso wird es für uns sein.
Das heißt, wir müssen innerlich darauf vorbereitet sein – durch Taten, die wir ja schon genannt haben.
Johannes und Herodes: Ein Konflikt um Moral und Macht
Das Letzte, was ich hier ansprechen möchte: Johannes verkündigte den Menschen das Heil als Vorbereitung. Dann kommt Herodes ins Spiel – dieses Schlitzohr, den wir ja schon kennengelernt haben.
Zu Herodes muss ich euch vielleicht noch ein kleines bisschen mehr sagen, damit ihr das besser versteht. Es handelt sich um Herodes Antipas, den vierten Fürsten im Norden, der dort geherrscht hat. Er starb etwa im Jahr 33 nach Christus, also ungefähr zur Zeit Jesu. Kurz nachdem er Jesus in Jerusalem gesprochen hatte, ist er ebenfalls gestorben.
Hier merken wir: Herodes lebte unmoralisch, wobei wir nicht genau wissen, warum. Johannes hat ihn zurechtgewiesen, insbesondere wegen Herodias, der Frau seines Bruders. Einige kennen vielleicht den Hintergrund, andere fragen sich vielleicht, warum Johannes ihn gerade wegen der Frau seines Bruders tadelt. Was hat Herodes mit der Frau seines Bruders zu tun?
Das war genau das Problem: Herodes hatte tatsächlich eine Beziehung zu ihr. Um das zu verstehen, muss ich ein bisschen ausholen. Herodes der Große hatte mehrere Frauen und Kinder von diesen verschiedenen Frauen. Herodes Antipas, der hier angesprochen wird, war der Sohn von Maltake, einer dieser Frauen.
Herodias, die Frau, um die es geht, ist die Tochter von Aristobul. Aristobul war ebenfalls ein Sohn von Herodes dem Großen. Das bedeutet, Herodes Antipas war der Onkel von Herodias. Herodias war die Tochter seines Bruders – ihr Vater war also der Bruder von Herodes Antipas.
Das Ganze wird noch verwirrender: Aristobul, der Vater von Herodias, war der Sohn von Mariamne, einer weiteren Frau von Herodes dem Großen. Es gab noch einen vierten Sohn, den ich beim letzten Mal nicht erwähnt habe, weil er kein Land erhielt. Er zog sich als Privatmann nach Rom zurück und lebte dort gut.
Dieser vierte Sohn von Herodes dem Großen, der von einer anderen Frau stammte, heiratete nun Herodias, also seine eigene Nichte. Aristobul war auf Geschäftsreise in Rom, musste dem Kaiser Rechenschaft ablegen, besuchte seinen Bruder und sah in dessen Haus seine eigene Nichte, die inzwischen herangewachsen und hübsch war.
Was passierte? Wie in einem modernen Liebesroman: In der Nacht verschwanden sie zusammen – sie rannten weg, brannten durch. Gemeinsam kehrten sie nach Israel zurück. Dort hatte Herodes Antipas sein eigenes Königreich und seine Soldaten, sodass Aristobul ihm nichts anhaben konnte.
Das ist eine seltsame Geschichte, fast wie eine Patchwork-Familie heute. Erst einmal ist dieses ganze Durcheinander sündhaft. Im Alten Testament war es verboten, die eigene Nichte zu heiraten. Das war ein Problem. Außerdem nahm Herodes Antipas die Frau seines Bruders – was unmoralisch ist – und erwartete nicht einmal, dass sie sich scheiden lässt. Stattdessen brannte er mit ihr durch, obwohl sie noch verheiratet war. Er lebte mit ihr in Israel.
Für die Juden damals war das ein großes Ärgernis. Es verstieß in mehrfacher Hinsicht gegen die Gebote des Alten Testaments. Deshalb gab es hier auch Ärger.
Doch das war nicht alles, was dieser unmoralische Mann getan hat. Johannes wies ihn auch auf andere Probleme hin. Ihr könnt euch einen orientalischen Despoten vorstellen, der es normalerweise gern sieht, wenn die Leute vor ihm auf dem Bauch kriechen und zittern. Und dann kommt jemand und sagt ihm direkt: „Du Sünder, was du tust, wird dich in die ewige Hölle führen!“ Ihr könnt euch vorstellen, wie Herodes reagierte.
Vor Wut überschäumend schickte er seine Soldaten los, um Johannes zu verhaften. Er wollte ihm zeigen, wie es richtig geht. Aber man merkt, dass es ihm nicht wirklich leichtfiel, denn er wusste, dass Johannes von Gott gesandt war.
Später wurde Johannes auf Wunsch der Salome hingerichtet. Salome war die Tochter von Herodias und Herodes Antipas – also auch eine sehr unmoralische Verbindung. Salome tanzte vor dem König, und dieser wünschte sich ihretwegen das Haupt von Johannes dem Täufer, der zu der Zeit im Kerker saß.
Das war für Herodes sehr unangenehm. Eigentlich wollte er Johannes gar nicht töten, sondern nur mundtot machen. Doch schließlich wurde Johannes getötet. Wir lesen das in Matthäus 14,5-12.
Nach diesem Ereignis quälte Herodes ein schlechtes Gewissen bis zu seinem Lebensende. Er starb kurz nach Jesus. In Markus 6,16-17 erfahren wir, dass Jesus ihm erschien. Herodes hatte große Angst und dachte, Jesus sei Johannes der Täufer, der von den Toten auferstanden sei.
Hier zeigt sich zum ersten Mal seine abergläubische Vorstellung und seine tiefe Angst, weil er sich gegen Gott versündigt hatte. Offenbar gab es für ihn kein Zurück mehr.
Für uns gibt es jetzt auch kein Zurück mehr. Wir sind am Ende unseres Abschnitts angekommen.
In der nächsten Stunde, also morgen, werden wir uns endgültig vom Alten Testament verabschieden und ins Neue Testament eintauchen. Johannes, der alttestamentliche Prophet, übergibt das Zepter an Jesus.
Das nächste Mal lesen wir vom Auftreten Jesu in Kapernaum, in Kapitel 4, Vers 31.
An dieser Stelle lasse ich euch nun eure Wege gehen.