Wir machen jetzt etwas weiter, und bevor ich zum Thema „Christ und Besitz“ komme, möchte ich noch ein paar Minuten bei der Frage der Lüge bleiben. In der Pause hatten wir uns darüber noch etwas unterhalten.
Lügen sind generell falsch. Nun kann aber auch die Frage auftauchen: Was ist, wenn ich nichts sage? Manchmal kann auch Schweigen eine Lüge sein. Wenn du genau weißt, dass der andere eine Antwort erwartet, du aber nichts sagst, in der Hoffnung, dass der andere die Situation falsch versteht, dann ist das ebenfalls eine Lüge.
Lügen bedeutet, von der Wahrheit abzulenken. Alles, was nicht die Wahrheit ist, ist Lüge. Wenn du merkst, dass der andere etwas falsch versteht und du sagst nichts dagegen, sogar in der Hoffnung, dass er es so sieht, dann ist das auch Unwahrheit. Obwohl du vielleicht wortwörtlich gar nichts Falsches gesagt hast, hast du die Erwartungshaltung oder Vorstellung des anderen unterstützt, sodass er in eine falsche Richtung denkt oder wahrnimmt.
Wie kann das noch aussehen? Kennt ihr Beispiele, wie man so etwas machen kann? Zum Beispiel so: Du fragst jemanden: „Hast du mein Portemonnaie gesehen?“ Und die Person sagt: „Nein.“ Dabei hat sie dir vielleicht erzählt, wo das Portemonnaie liegt. Du weißt also, wo es ist, hast es aber nicht gesehen. Wenn die Person dann sagt: „Du hast mich ja nicht gefragt, ob ich weiß, wo es ist.“ – „Ja, ich weiß, wo es ist, aber gesehen habe ich es nicht.“ Dann merken wir, dass das eigentlich eine Lüge ist.
Denn du hast zwar wortwörtlich die Wahrheit gesagt, weißt aber ganz genau, dass es dem anderen nicht darum geht, ob du es mit eigenen Augen gesehen hast. Der sucht das Portemonnaie. Du sagst: „Nee, habe ich nicht gesehen“, obwohl du weißt, wo es ist. Dann müsstest du das eigentlich auch sagen. Solche Fälle zeigen: Wenn ich wortwörtlich scheinbar die Wahrheit sage, aber weiß, dass der andere etwas anderes erwartet, und ich es nicht sage, dann ist das vor Gott auch falsch, selbst wenn ich mich buchstäblich daran gehalten habe.
Wenn ich weiß, was der andere braucht oder was für ihn richtig ist, oder was die Wahrheit ist, und ich sage es nicht, ist das auch Lüge.
Man kann auch manchmal lügen, obwohl man meint, die Wahrheit zu sagen, oder lügen, indem man bestimmte Dinge nicht so nennt, wie sie sind. Zum Beispiel: Ein Galerist verkauft ein Gemälde. Ein Kunde fragt: „Ist das ein echtes Gemälde?“ – „Ja, es ist echt.“ Insgeheim sagt der Galerist: „Ja, das ist echt von meinem Freund, der hat das in der Garage gemalt.“ Das Gemälde wird für eine Million verkauft.
Du hast nicht direkt gelogen, denn der Kunde hat nicht gefragt, ob es von Picasso oder Van Gogh ist. Es ist echt, ja, es ist echt. Aber eigentlich weißt du genau, was der Kunde wissen will. In diesem Fall hast du gelogen.
Nun hat der reiche Geschäftsmann das Gemälde gekauft, zeigt es seinen Freunden und sagt: „Das ist ein echtes Gemälde von so und so.“ Hat er jetzt gelogen? Eigentlich hat er Unwahrheit gesagt, aber er dachte, es sei die Wahrheit. Das würden wir eigentlich nicht als Lüge betrachten, denn Lüge setzt voraus: Du kennst die Wahrheit, sagst sie aber aus bestimmten Gründen nicht, weil du dir dadurch einen Vorteil erhoffst. Das ist meistens der Anlass.
Genauso würden wir es einordnen, wenn du vor 500 Jahren jemanden gefragt hättest: „Dreht sich die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde?“ Die Leute hätten damals gesagt: „Die Sonne dreht sich um die Erde.“ Das war damals die Auffassung. Oder hättest du gefragt: „Ist die Erde platt oder rund?“ Die meisten hätten gesagt: „Platt, wir sehen sie ja immer gerade aus.“ Hätte derjenige damals gelogen? Nein, das war kein Lügen, sondern ein Irrtum. Er war überzeugt, dass es die Wahrheit ist.
Wenn du Unwahrheit sagst, weil du wirklich überzeugt bist, dass es das Richtige ist, dann ist das keine Lüge. Sonst dürften wir ja gar nichts mehr sagen, denn welcher Wissenschaftler weiß schon, ob seine Erkenntnisse in zwanzig Jahren noch richtig sind? Wissenschaft verändert sich ständig, man sagt, alle sieben Jahre verdoppelt sich das Wissen oder widerspricht sich. Dann könnte man nichts mehr sagen.
Wir können immer nur sagen: „Entsprechend dem, was wir heute wissen.“ Natürlich sollten wir möglichst ehrlich danach suchen. Aber Dinge, die ich nicht wissen kann, sind dann nicht unbedingt Lüge. Sie können falsch sein, aber ich lüge nicht, weil ich es nicht im Bewusstsein falsch sage, um einen falschen Eindruck zu erwecken. Wenn ich wirklich glaube, es sei wahr, dann ist das keine Lüge.
Lüge setzt voraus, dass ich die richtige Antwort kenne, sie aber nicht gebe, weil ich mir dadurch einen Vorteil erhoffe. Lügen kann sein, dass ich wortwörtlich das Falsche sage oder einen Teil verschweige, in der Hoffnung, dass der andere es falsch interpretiert. Auch das ist Lüge.
Sich herauszureden mit „Ich habe ja wortwörtlich genau das Richtige gesagt, der andere hat es nur falsch verstanden“, das geht nicht. Manche sind darin richtig geschickt und formulieren so, dass der andere es missverstehen muss, und fühlen sich danach noch mit reinem Gewissen. Nein, das ist auch falsch.
Wir sollten so deutlich sagen, dass der andere auch deutlich versteht, worum es geht. Das gilt auch bei der Frage der Wahrheit generell.
Jetzt sagen manche: Was ist denn bei der Wahrheit ein typisches Beispiel, das man oft in der Ethik benutzt? Im Nationalsozialismus kam ein Soldat an deine Haustür und fragte: „Hast du Juden versteckt?“ Du hast welche versteckt. Was machst du jetzt? Sagst du ja, werden sie gefangen genommen und ins Konzentrationslager gebracht. Sagst du nein, hast du gelogen.
Was macht man in so einer Situation? Die katholische Kirche hat dafür den Begriff der Notlüge geprägt. Den gab es zwar schon vorher, aber sie haben ihn eingebracht und gesagt: In bestimmten Situationen ist es erlaubt zu lügen.
Stimmt das? Gibt es Situationen, in denen es erlaubt ist zu lügen? Ich glaube, die Antwort ist nein. Es gibt keine Situation, in der es generell erlaubt ist zu lügen.
Wir lesen in der Bibel mehrfach, dass Gott nicht lügen kann. Er ist absolute Wahrheit, in ihm ist nichts Falsches, und Gott soll unser Vorbild sein. Die Wahrheit gilt immer und überall.
Allerdings gibt es schwierige Situationen, sogenannte ethische Dilemmata. Ein Dilemma ist, dass du zwei Dinge tun kannst oder meinst tun zu können, und beide erscheinen dir falsch. Was machst du dann?
Irgendwie musst du dich entscheiden. Wenn du nichts tust, bist du mitverantwortlich für das, was du hättest tun können. Ich glaube, es gibt solche Situationen, in denen wir nicht mehr genau wissen, was richtig ist. Wir prüfen und entscheiden nach bestem Wissen und Gewissen, auch wenn wir ein schlechtes Gewissen haben – zu Recht.
Hätten wir das andere getan, wäre es auch falsch gewesen. Dann müssen wir zu Gott kommen und sagen: „Gott, ich weiß nicht, was richtig gewesen ist. Ich habe das jetzt gemacht. Wenn es falsch ist, vergib du mir.“
Manchmal tun wir Dinge, obwohl wir nicht hundertprozentig sicher sind, ob es richtig ist.
Ich möchte euch ein Beispiel geben. Nehmen wir einmal an, meine Frau ist schwanger, und es wurde medizinisch festgestellt, dass sie eine Eileiterschwangerschaft hat. Das heißt, das befruchtete Ei hat sich im Eileiter festgesetzt.
Was mache ich jetzt? Ich könnte einfach abwarten. Im ungünstigen Fall wächst der Embryo heran, irgendwann platzt der Eileiter, es entzündet sich, und meine Frau stirbt. Oder ich treibe das Kind ab. Dadurch ist der Embryo weg, und meiner Frau passiert nichts.
Was mache ich jetzt? Ihr könnt versuchen, euch das zu überlegen. Ich finde dabei keine eindeutige, vollkommen richtige Entscheidung. Denn eine Abtreibung ist immer eine Abtreibung, und eine Abtreibung heißt immer, dass der Embryo getötet wird.
Auf der anderen Seite kann im Eileiter kein Kind heranwachsen, wenn ich nichts tue. Es gibt kein Beispiel in der Geschichte, wo ein Kind im Eileiter geboren wurde, denn der ist dafür nicht geeignet. Irgendwann platzt er und geht kaputt. Das Kind kann nicht geboren werden, und es besteht höchste Gefahr für die Frau.
Kann ich mich jetzt herausreden und sagen: „Na ja, meine Frau ist halt gestorben, weil ich den Embryo nicht abtreiben wollte“? Pech gehabt. Ich finde auch keine gute Lösung. Vor allem, da medizinisch gesehen das die einzigen beiden Möglichkeiten sind, die wir haben.
Jetzt kann natürlich jemand sagen: „Na ja, ich hoffe auf ein Wunder Gottes.“ Aber im Normalfall gibt es bei Eileiterschwangerschaften kein Wunder Gottes. Es gibt einige wenige Fälle, in denen sich das auch hinterher löst, aber generell ist es schwierig.
Hier, glaube ich, ist so eine Situation, in der wir entscheiden müssen. Irgendetwas müssen wir tun. Entweder wir warten ab, und dann besteht höchste Lebensgefahr für die Frau – viele Frauen sterben sogar daran. Oder wir treiben ab, aber auch das ist nicht in Ordnung.
Ich will euch nicht sagen – nicht dass ihr mich falsch versteht – dass das eine richtig und das andere falsch ist. Ich will nur sagen, scheinbar stehen wir hier als Menschen vor einem Problem. Wir müssen reagieren, und wir wissen nicht genau, was die richtige Reaktion ist, weil beide Antworten falsch zu sein scheinen.
Das gibt es. Und in solchen Fällen, da glaube ich, müssen wir im Gebet mit Gott eine Entscheidung treffen. Dann sollten wir auch im Bewusstsein sein, dass das, was wir getan haben, vielleicht falsch ist, und Gott um Verzeihung bitten. Das gibt es auch.
Wir tun nicht willentlich eine Sünde, wenn wir eine andere Möglichkeit haben, sondern wir entscheiden uns für einen Fall von zweien, bei dem beide uns falsch zu sein scheinen. Vielleicht gibt es bei Gott ja eine Antwort, aber wir wissen sie nicht immer.
Allerdings kann ich euch beruhigen: Solche Fälle kommen in der Realität relativ selten vor. In den meisten Fällen geht es nicht darum, dass wir nicht entscheiden könnten, was richtig und was falsch ist. Vielmehr wollen wir in den meisten Fällen das Richtige nicht tun.
Wir wollen es aus irgendwelchen Gründen nicht, weil wir meinen, einen Nachteil dadurch zu haben, weil es uns zu unbequem ist. Wahrscheinlich gibt es in 99 von 100 ethischen Entscheidungen eine Antwort. Nur wollen wir diese Antwort nicht, weil sie unpopulär ist, weil wir persönliche Nachteile haben, weil wir uns unwohl damit fühlen oder weil wir uns nicht genügend bemüht haben, eine Antwort zu finden.
Dieser kleine Bereich von Fragen, bei dem ich tatsächlich den Eindruck habe, dass es keine eindeutige Antwort gibt, dass es nicht die eine gute Lösung gibt, sondern beide Antworten schlecht zu sein scheinen – das gibt es. Aber da würde ich auch nicht den Ausweg wählen, wie es die Katholiken manchmal in der Geschichte getan haben.
Sie sprechen von der Notlüge. Doch eine Notlüge findest du in der Bibel nicht. Lüge ist Lüge, und es gibt nicht plötzlich eine Lüge, die erlaubt ist.
Es gibt manche, die auf Rahab verweisen, die Prostituierte, die die Jünger, also die Boten, versteckt und dabei gelogen hat. Das wird in der Bibel berichtet. Mir ist jedoch keine Stelle bekannt, in der gesagt wird, dass diese Lüge richtig gewesen sei. Das steht so nicht da. Sie hat gelogen, und Gott hat das genutzt, indem die Boten geschützt wurden. Aber es wird nicht gesagt, dass diese Lüge deshalb von Gott erlaubt gewesen sei. Das nicht.
Rein theoretisch hätte Gott auch anders handeln können. Zum Beispiel könnten die Wächter oder Soldaten plötzlich tot umfallen, blind oder taub werden und deshalb nicht hören, was die Antwort ist. Gott hat viele Möglichkeiten. Denken wir nur an Lot in Sodom: Als die Leute kommen und die Engel gefangen nehmen wollen, werden sie plötzlich alle blind. Das kann Gott tun. Lot musste nicht lügen und sagen: „Nein, ich habe hier niemanden zu Hause.“
Deshalb kann Gott auch andere Wege wählen. An dieser Stelle steht nicht, dass Gott wollte, dass Rahab lügt. Sie hat es getan, und sie wird später gelobt, aber nicht für die Lüge, sondern dafür, dass sie sich auf die Seite Gottes, auf die Seite Israels gestellt hat. Dafür wird sie gelobt, dass sie die Boten geschützt hat.
Ob das der einzige Weg war, sie zu schützen, erfahren wir in der Bibel nicht. Auch deshalb glaube ich, dass die Bibel den Begriff der Notlüge nicht kennt. Lüge ist immer falsch, auch wenn es manchmal Situationen gibt, wie hier bei Rahab, die keine andere Antwort wusste und dachte, das sei die einzige Möglichkeit, diese Männer zu schützen. Sie hat gelogen. Trotzdem war die Lüge eine Lüge. Auch wenn sie in diesem Fall etwas Positives bewirkt hat und in dem Moment geholfen hat, bleibt die Lüge eine Lüge.
Eine Notlüge im Sinne einer erlaubten Lüge gibt es, glaube ich, nicht. Es besteht die Gefahr, dass durch eine solche Konstruktion plötzlich jeder meint, eine Erklärung zu haben, warum seine Sünde keine Sünde mehr ist. Jeder könnte sich herausreden und sagen, er müsse hier oder da unbedingt lügen.
In der Bibel finden wir nur eine klare Aussage: Es gibt die Wahrheit, und alles, was davon abweicht, ist Lüge.
Wir waren auch noch auf ein anderes Thema gekommen, und zwar die Frage aus dem Alten Testament: Wie ist das bei den Aussagen über die Kleidung?
Im fünften Buch Mose finden wir den Hinweis, dass die Frau keine Männerkleidung tragen soll. Dabei wird manchmal übersehen, dass im selben Vers auch steht, dass der Mann keine Frauenkleider tragen soll. Luther übersetzt hier mit „Gerät“, also: „Ich will nicht, dass an der Frau oder einem Weib Männergerät gefunden werde und umgekehrt.“ Es meint genau das.
Ich glaube, diese Aussage, die wir dort haben, ist generell gültig und kann nicht einfach relativiert werden. Allerdings müssen wir uns die Frage stellen, welche Kleidungsstücke damit genau gemeint sind. Es wird kein konkretes Kleidungsstück genannt, aber grundsätzlich gilt die Aussage: Frauen sollen keine Männerkleidung tragen, und Männer keine Frauenkleidung.
Ich denke, dass das sogar heute in der Gesellschaft sehr aktuell ist. Immer mehr Menschen wollen ihre geschlechtliche Rolle aufgeben und in die Rolle eines anderen Geschlechts schlüpfen. Man nennt das Gender Mainstreaming oder spricht von Geschlechtsumwandlung. Dabei geht es nicht nur darum, dass jemand sich anders kleidet – also eine Frau Männerkleidung trägt oder ein Mann Frauenkleidung –, sondern dass Menschen sich sogar operieren lassen und Hormone nehmen, um äußerlich wie das andere Geschlecht zu werden.
Hier wird deutlich, dass genau das verboten ist. Gott hat dich als Frau oder als Mann geschaffen, und so sollst du auch leben. Das soll sich auch sichtbar in deiner Kleidung zeigen. Das ist die klare Aussage.
In unserer heutigen Gesellschaft wird das oft durchgestrichen mit der Begründung, man sei vollkommen frei, egal ob Mann oder Frau, sich so zu kleiden, wie man möchte. Das wird in der Bibel jedoch nicht gesagt. Denn häufig ist das ein Anlass, die Identität, die Gott einem gegeben hat, also die Persönlichkeit, die Gott einem geschenkt hat, zu verleugnen. Man sagt dann: „Das will ich nicht, das brauche ich nicht, ich will es so, wie ich es für richtig halte.“
Nein, du sollst mit deiner Kleidung, mit deinem Auftreten und deinem Verhalten in der Öffentlichkeit als Frau erkennbar sein. Jeder soll sofort sehen, dass du eine Frau bist. Du sollst dich nicht wie ein Mann kleiden. Und umgekehrt gilt das genauso: Du als Mann sollst dich typisch männlich kleiden und nicht wie eine Frau.
Heute gibt es auch Männer, die sich als Transvestiten bezeichnen und Frauenkleider in der Öffentlichkeit tragen. Das ist ebenfalls verboten. Warum? Weil dieser Mann sein Mannsein nicht annimmt, das Gott ihm gegeben hat, sondern als Mann eine Frau sein will.
Ebenso gibt es Frauen, die durch Kleidung, Verhalten und Auftreten eine Männerrolle einnehmen wollen. Die Gesellschaft sagt heute oft, dass Mann und Frau gleich seien und man machen könne, was man wolle. Doch die Bibel sagt, dass sich diese Unterschiede auch im Auftreten und in der Kleidung zeigen sollen.
Diese Vermischung, bei der jeder macht, wie er will, bei der eine Frau sich wie ein Mann kleidet und ein Mann wie eine Frau, ist biblisch falsch. Es tut dem Menschen auch nicht gut. Du bist als Frau eine Frau und als Mann ein Mann. Männer und Frauen sind unterschiedlich – äußerlich, aber auch in der Hirnphysiologie.
Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen und Männer unterschiedlich denken. Frauen haben andere Hormone und einen anderen Stoffwechsel. Vieles ist bei Männern und Frauen verschieden. Beide sind Geschöpfe Gottes und vor Gott gleich angesehen, aber sie sind nicht gleich.
Diese Unterschiede zeigen sich auch im normalen Leben auf der Erde – in der Familie, im Beruf und in der Öffentlichkeit. Das soll sich auch deutlich machen durch die Art, wie man sich kleidet und verhält.
Insofern glaube ich, dass diese Aussage aus dem Alten Testament auch heute noch gültig ist. Natürlich müssen wir immer wieder fragen: Was bedeutet das jetzt genau? Es gibt ja mehrere Dinge, an denen man eine Frau als Frau oder einen Mann als Mann erkennen kann. Dazu gibt es verschiedene Einzelbeispiele. Wir müssen diese dann auslegen und versuchen, genau zu erklären und zu definieren, woran man das klar erkennt.
Es soll aber klar und deutlich sein. Und das ist in unserer Gesellschaft heute oft nicht mehr der Fall. Alles fließt ineinander. Man spricht heute auch vom androgynen Typ, bei dem man nicht mehr genau sagen kann, ob jemand Mann oder Frau oder irgendwo dazwischen ist. Das ist biblisch gesehen falsch.
Als Frau bist du Frau, und als Mann bist du Mann. Das soll man deutlich sehen – sowohl in deinem Verhalten als auch in deiner Kleidung.
Gut, jetzt komme ich zu der Frage: Wie ist das mit dem Besitz?
Zuerst einmal ist die gesamte materielle Welt in ihrem Grundbestand Schöpfung Gottes. Das heißt, der Mensch verdankt seinen Körper und alles, was er um sich herum hat – das ganze Universum – letztendlich Gott.
In der Bibel gibt es keine Konkurrenz zwischen Geist und Materie. Manchmal wurde das in der Vergangenheit so erklärt, etwa im Mönchtum. Dort wurde gesagt, der Geist sei gut, die Materie schlecht. Ein Mönch durfte keinen eigenen Besitz haben, er sollte sich nur auf das Geistliche konzentrieren. Ganz so ist es auf der Erde nicht.
Ja, in der Bibel gibt es einen Unterschied zwischen Fleisch und Geist, das stimmt. Aber mit Fleisch ist nicht die Materie des Körpers gemeint. Wir alle, auch Christen, haben natürlich einen materiellen Körper. Wir wohnen alle in einem Haus, das aus Materie besteht. Das ist vollkommen klar.
Hier geht es eher um die Wertigkeit. Es bedeutet: Achten wir allein auf die Gefühle unseres Fleisches, unserer sündigen Natur – das ist gemeint, nicht die Materie an sich. Die Materie an sich und alles, was wir besitzen, kommt von Gott und ist deshalb gut.
Im Schöpfungsbericht lesen wir: Gott schuf die Erde, und sie war gut, sie war sehr gut. Das, was Gott gemacht hat, auch die Materie, ist nach wie vor gut. Sie ist zwar ein Kennzeichen des Sündenfalls, das heißt, sie ist nicht mehr in dem Zustand, in dem sie ursprünglich war. Aber nach wie vor ist die Welt Besitz Gottes, Eigentum Gottes, Schöpfung Gottes. Vieles von dem, was Gott wunderbar in die Schöpfung hineingelegt hat, können wir auch in der gefallenen Schöpfung noch sehen.
Wir sehen das an den Wundern der Natur und freuen uns an den materiellen Gütern, zum Beispiel am Essen. Und das dürfen wir durchaus. Das Materielle ist nicht generell schlecht. In der Schöpfung gehören Materie und Geist zusammen.
Das merken wir schon bei der Schöpfung des Menschen: Der Mensch wird aus dem Erdboden geschaffen, und dann haucht Gott ihm seinen Odem ein. Beides zusammen ist dann der Mensch, die lebendige Seele – die Materie und der Geist, der da drin ist.
Gott beschenkt die Menschen. Manchmal, wie in Hiob 42,10, lesen wir, dass Gott Hiob nach seinem schweren Leiden noch reicher beschenkt, als er vorher war. Hier wird der Mensch, also Hiob, beschenkt, weil er es verdient hat. Er hat sich als treu erwiesen, und Gott zeigt seinen Segen, indem er ihm etwas gibt.
Manche Menschen werden auch unverdient beschenkt. In Matthäus 5,45 lesen wir, dass Gott seine Sonne aufgehen lässt über Gerechte und Ungerechte. Gott segnet also manchmal materiell, weil wir es verdient haben, manchmal auch unverdient.
Vieles von dem, was wir besitzen – eigentlich alles – ist materieller Segen Gottes. Unser Auto, unser Haus, unsere Kleidung, unser Computer, auch unser Geld, das wir haben, sind Segen Gottes. Denn natürlich kommt das alles von Gott.
Gott hat nicht den Computer an sich geschaffen, aber er hat die Grundbestandteile des Computers geschaffen: das Silizium, das Erdöl, aus dem das Plastik hergestellt wird – das kommt alles von Gott. Aus nichts könnte niemand irgendetwas schaffen.
Jeder braucht irgendeine Materie, kann sie gestalten und umgestalten, aber Gott ist es, der dahintersteht. Gott hat auch die Naturgesetze erfunden, nach deren Regeln wir die Materie umgestalten können und Autos sowie Computer überhaupt erst erfinden können. Auch insofern ist Gott derjenige, der das als Geschenk gegeben hat.
Wichtig ist, dass wir im Kopf behalten: Wenn Gott uns mit materiellen Gütern beschenkt, sind sie immer nur Leihgabe. Wir sind niemals die Eigentümer, sondern immer nur Besitzer.
Juristisch wird das unterschieden: Wenn du in einer Mietwohnung bist, bist du Besitzer, aber nicht Eigentümer. Eigentümer ist der, der die Wohnung gekauft oder gebaut hat.
Genauso sollten wir eigentlich sagen: Alle materiellen Güter, die wir haben, sind Leihgaben. Wir sind zwar Besitzer und dürfen sie benutzen, aber Eigentümer sind wir nicht. Eigentümer ist Gott.
Denn wer hat das Ganze gemacht? Du sagst: Ich habe das Haus gebaut. Ja, aber wer hat die Steine gemacht? Die Fabrik. Woher hat die Fabrik die Materialien bezogen? Aus der Natur. Und wer hat die Natur gemacht? Gott.
Wenn wir alles zurückverfolgen, gehört alles Gott. Gott hat sein Eigentumsrecht nicht aufgegeben. Er ist nach wie vor Eigentümer dieser Welt.
Im Schöpfungsbericht lesen wir auch, dass der Mensch die Erde bebauen und bewahren darf. Es steht nicht, dass sie ihm einfach so geschenkt ist. Sie ist ihm geliehen.
Alles, was wir als Besitz haben – von Adam und Eva bis heute – ist nicht unser Eigentum, sondern eine Leihgabe von Gott.
Das ist eine ganz wichtige Perspektive. Sie bedeutet, dass wir auch mit unserem Eigentum oder dem, was wir meinen, was uns gehört, so umgehen sollen, wie es im Sinne Gottes richtig ist – nicht, wie wir es gerade wollen.
Wir können nicht sagen: Mir gehört das alles, und ich mache damit, was ich will. Nein, wir müssen sagen: Es ist eine Leihgabe Gottes, und wenn ich etwas leihe, verwalte ich es im Interesse dessen, dem es gehört.
Das ist hoffentlich auch in eurem Alltag so. Wenn ihr das Auto vom Nachbarn leiht, könnt ihr nicht sagen: Es ist jetzt meins, ich fahre es gegen die Wand, dann ist es kaputt, Pech.
Wenn ihr es zurückgeben müsst, müsst ihr darauf achten, dass ihr es im Interesse des Besitzers, des Eigentümers, richtig verwaltet.
Genauso sollten wir mit allem umgehen: unserem Körper, unserem materiellen Besitz, dem Geld, das wir haben. Denn wir wissen, es gehört alles Gott, und wir sollen im Sinne Gottes darüber entscheiden.
So wird das auch im Neuen Testament häufig beschrieben, wo gesagt wird, dass uns verschiedene Talente anvertraut sind.
Die Talente sind nicht nur Geistesgaben Gottes, sondern waren damals auch eine Einheit für materielle Güter, für Geld – eine bestimmte Menge Geldes.
Uns wird von Gott materieller Besitz anvertraut, und wir sollen ihn im Sinne Gottes verwalten.
Denn irgendwann kommt Gott zurück beziehungsweise wir gehen zu ihm. Dann fordert er Rechenschaft von uns: Was hast du mit dem getan, was ich dir geliehen habe? Hast du es gut in meinem Sinne eingesetzt oder nicht?
In der Bibel finden wir zahlreiche Beispiele dafür, dass Gott Menschen beschenkt. So sehen wir es bei Abraham, David, Salomo und Hiob – alles reiche Männer. Das bedeutet, sie waren gottgefällig und wurden mit Reichtum beschenkt. An einigen Stellen lesen wir, dass Gott Menschen, die er segnen will, auch materiell reich macht.
Manche Menschen werden geistlich beschenkt. Bei Salomo finden wir beispielsweise, dass er sich zuerst nicht Reichtum, sondern Weisheit wünschte. Dennoch erhielt er später auch Reichtum als Ausdruck des Segens Gottes.
Auch in der Kirchengeschichte gibt es immer wieder Beispiele von Menschen, die von Gott gesegnet wurden und materiellen Reichtum erhielten. Auf der anderen Seite lesen wir aber auch, dass Gott selbst den Ungläubigen Reichtum schenken kann, wenn er es will. So steht zum Beispiel in Psalm 73,12: Warum geht es dem Ungläubigen so gut?
Wir können jedoch nicht einfach den Umkehrschluss ziehen, dass jeder, der reich ist, deshalb von Gott gesegnet ist. So einfach ist es nicht. Die Bibel warnt mehrfach vor denen, die auf unredlichem Wege reich geworden sind. Das ist kein Geschenk Gottes, sondern Missbrauch Gottes – eigentlich Sünde.
Nicht jeder, der reich ist, geht deshalb den richtigen Weg. Sonst könnten wir auch fragen: Viele Japaner sind sehr reich, aber kaum einer von ihnen ist Christ, die meisten sind Buddhisten. Bedeutet das, dass Gott die Buddhisten segnet? Oder zu den reichsten Menschen der Welt gehören Inder wie Herr Mittal, der das größte Stahlunternehmen weltweit besitzt. Sind sie deshalb von Gott gesegnet und der Hinduismus richtig? So können wir nicht argumentieren.
Gott segnet oder lässt zu, dass Menschen durch richtige oder falsche Wege reich werden. Wir können nicht den Umkehrschluss ziehen, dass jeder, der Besitz hat, deshalb ethisch richtig lebt, besonders fromm ist oder von Gott bevorzugt wird. Reichtum oder materieller Besitz gehen nicht direkt mit Geistlichkeit einher.
Wahrscheinlich gibt es chinesische Christen, die uns geistlich ein Vorbild sein könnten. Viele Gemeinden in China treffen sich morgens um fünf Uhr zum Beten, bevor sie zur Arbeit gehen. Das könnten wir uns alle zum Vorbild nehmen. Das mag uns zwar schwerfallen, besonders wenn wir früh arbeiten müssen, doch es zeigt eine starke geistliche Disziplin.
Nun will ich nicht sagen, dass alle Chinesen gute Christen sind, aber es gibt dort vorbildliche Christen. Die meisten chinesischen Christen sind materiell viel ärmer als wir. Das bedeutet aber nicht, dass sie weniger gesegnet sind. Denn der Segen Gottes ist nicht nur in materiellen Dingen messbar, sondern vielmehr in vielen anderen Gütern, die Gott uns schenkt.
Wenn wir in der Bibel nachlesen, sind Güter wie Friede, Freude, Geduld, Langmut, Freundlichkeit und Liebe viel entscheidender für unser Leben. Wahrscheinlich haben wir das selbst schon erfahren: Du kannst in einer großzügigen Villa sitzen und dich dennoch einsam fühlen oder schlecht, weil du in Sünde lebst oder im Streit mit deiner Ehefrau bist. Dann hilft dir der materielle Besitz nichts. Oder du bist sündig vor Gott.
Materielle Reichtümer sind gut, und wenn Gott sie uns schenkt, können wir uns darüber freuen. Aber wir sollten nicht in erster Linie danach streben, denn wir räumen ihnen damit einen Wert ein, den sie biblisch gesehen gar nicht haben.
Gläubig sein heißt nicht, reich zu sein. Dafür haben wir in der Bibel verschiedene Beispiele. Wie war es denn mit Jesus? Welche Reichtümer hatte er? Die Vögel haben Nester, die Füchse haben Höhlen, aber der Menschensohn hat keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen kann. Jesus hatte nichts. Er besaß weder ein Haus noch ein Pferd oder eine Kutsche, und er hatte keine Diener. Scheinbar hatte er nicht einmal viele Kleidungsstücke zum Wechseln. Als er getötet wurde, wurde um seine letzte einfache Kleidung gewürfelt.
Als Jesus geboren wurde, brachten Maria und Joseph das Armenopfer im Tempel, nämlich zwei Turteltauben, weil sie nicht einmal das Geld für ein normales Opfer hatten. Jesus wuchs unter den Ärmsten der Armen auf und war sein Leben lang materiell arm.
Er sagt: „Selig sind die Armen“ im Lukasevangelium. Im Matthäusevangelium steht: „Selig sind die geistlich Armen.“ Jesus wandte sich in erster Linie den Armen zu, nicht den Reichen. Bei den Reichen sehen wir eher, dass sie Probleme hatten, weil sie zu sehr an ihrem Besitz hingen und eine falsche Perspektive entwickelten.
Wir können nicht generell sagen: Wer gläubig ist, ist auch reich. Das geht so nicht.
Ich zitiere hier Kenneth Copeland, einen amerikanischen Theologen, der die Idee des Wohlstandsevangeliums vertritt. Diese besagt, dass Gott jedem, der nur gläubig genug ist, Wohlstand schenkt. Er schreibt in einem seiner Bücher:
„Dabei müssen wir verstehen lernen, dass die geistliche Welt und ihre Gesetze mächtiger sind als die materielle Welt mit ihren Gesetzen. Die geistlichen Gesetze haben die Naturgesetze erst hervorgebracht. Das gilt auch für den Wohlstand. In Gottes Wort gibt es bestimmte Gesetze, die den Wohlstand bestimmen. Die Erfolgsformeln im Wort Gottes zeigen Ergebnisse, wenn wir sie richtig anwenden.“
Er fährt fort:
„Du gibst einen Dollar um des Evangeliums willen, und hundert Dollar gehören dir. Du gibst zehn Dollar und empfängst tausend Dollar. Du gibst tausend Dollar und du wirst hunderttausend bekommen. Gib dein Haus und du wirst hundert Häuser bekommen oder ein Haus, das hundertmal mehr wert ist. Wenn du mit diesen Gesetzen und Regeln in Berührung kommst, dann lass sie einfach für dich arbeiten, wer du auch sein magst. Wenn man mit den Gesetzen Gottes in Berührung kommt, dann funktionieren sie auch.“
Hier wird der Eindruck erweckt, es gebe ein biblisches Gesetz, das man anwenden kann, unabhängig davon, ob man gläubig ist oder nicht – ähnlich wie das Naturgesetz der Schwerkraft. Die Schwerkraft gilt für Christen und Nichtchristen gleichermaßen. Man fällt, wenn man stolpert. So gibt es angeblich Gesetze Gottes, die man richtig einsetzen muss, und dann bekommt man viel Geld.
Ist das biblisch tatsächlich so? Nein.
Wie war es zum Beispiel bei den ersten Christen in Jerusalem, die alles gegeben haben? Wurden sie alle reich? Nein, sie wurden arm. Paulus musste einige Jahre später in anderen Gemeinden sammeln, damit die Armen zu essen und zu trinken bekamen, obwohl sie alles gegeben hatten. In der ersten Gemeinde hatten alle alles gemeinsam und gaben, außer Ananias und Saphira, die etwas zurückbehalten wollten.
Wurden sie reich? Paulus oder Jesus versprechen an keiner Stelle, dass man reich wird, wenn man nur richtig genug glaubt oder ein bestimmtes System anwendet.
Ich zitiere noch einmal Kenneth Hagin, der argumentiert:
„Wenn schon die Mafia in Luxuskarossen fährt, müssen Christen als Königskinder einen Rolls Royce besitzen.“
Das klingt gut, oder? Wirst du Christ, wirst du reich. Aber geht das nicht völlig an dem Ziel vorbei, das wir haben? Geht es in unserem Leben um reich werden?
Wer von den Jüngern wurde reich? Keiner. Wurde Elia reich, als er auf dem Berg Karmel für die Wahrheit Gottes kämpfte? Er hatte nichts. Wurden Elisa, Samuel, Eli, Johannes der Täufer oder Johannes der Jünger Jesu reich? Keiner von ihnen.
Wir finden einzelne Menschen, die reich wurden und von Gott gesegnet waren. Darüber können wir uns freuen und auch über das, was Gott uns schenkt. Aber die Mehrheit derer, die Jesus nachfolgten, waren arm und blieben arm. Sie waren trotzdem von Gott gesegnet.
Paulus sagt im 2. Korintherbrief: „Ich bin glücklich im Überfluss und ich bin glücklich in der Armut. Ich kann beides aus Gottes Hand annehmen.“ Gott gibt, was wir brauchen, darauf können wir vertrauen. Er verspricht aber keinen besonderen Reichtum als Segen.
Den Nachfolgern Jesu ist versprochen, dass der himmlische Vater sie mit allem Nötigen versorgt (Matthäus 6,8.25). Dort heißt es: „Sorgt euch nicht um den morgigen Tag, denn euer Vater im Himmel weiß, was ihr braucht.“ Oder: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch solches alles zufallen.“ Das heißt, such zuerst Gott in deinem Leben, und dann wird er dir geben, was du brauchst. Du musst dich nicht wahnsinnig danach ausstrecken. Gott sorgt für dich.
Römer 14,17 nennt vor allem Nahrung, Kleidung und die Nähe Gottes als wichtige Güter. Im 1. Timotheusbrief 6,8 wird das genauso deutlich, dort werden wir sogar davor gewarnt, reich sein zu wollen. Es heißt: „Die, die reich sein wollen, fallen häufig in Sünde.“
Das Streben nach materiellem Wohlstand ist also nicht immer gut. Eigene irdische Wünsche nach Luxus und Wohlleben werden in der Bibel als Werke des Fleisches bezeichnet. Der Christ soll sich vielmehr nach dem Leben Gottes ausrichten (Galater 5,15). Dort werden die Früchte des Geistes den Werken des Fleisches gegenübergestellt.
Im Neuen Testament finden wir keinen einzigen Christen, der durch die Anwendung geistlicher Gesetze reich geworden wäre. Jesus selbst wurde arm geboren, Paulus war keineswegs reich, sondern musste sich immer mit dem Nötigsten zufrieden geben (1. Korinther 4,9).
Die falschen Propheten, mit denen Paulus sich auseinandersetzt, waren eher wohlhabend und reich. Sie sagten: „Seht, wie Gott uns gesegnet hat!“ Doch sie achteten auf das Falsche.
Wir werden ermahnt, nicht auf das Ansehen einer Person, auf Macht oder Wohlstand zu achten. Denn das kann dazu führen, dass wir falsche Menschen höher bewerten als andere. Wohlstand kann von Gott ablenken und Schaden anrichten.
Jetzt ein paar Grundgedanken dazu, wo die Gefahren des Besitzes liegen können. Besitz kann süchtig machen. Es geht nicht mehr darum, wirklich das zu bekommen, was man eigentlich braucht, sondern man ist nie zufrieden. Es muss immer mehr werden und noch mehr.
Die Bibel spricht in diesem Zusammenhang von Gier oder Habsucht. Besonders Menschen, die sehr reich sind, sind davon betroffen, aber nicht nur sie. Es gibt Leute wie Bill Gates, der ich weiß nicht wie viele Milliarden hat und gar nicht weiß, was er damit tun soll. Er könnte jeden Tag eine Million ausgeben, und bis zum Ende seines Lebens wäre das Geld immer noch nicht alle. Irgendwann gehen die Ideen aus, was man sich noch kaufen kann.
Manche von uns träumen ja davon, eine Million zu haben. Aber stellt euch nur mal vor, ihr hättet zwanzig Milliarden. Zwanzig Milliarden sind ja tausend Millionen mal zwanzig, also zwanzigtausend Millionen. Oder habe ich mich da verrechnet? Wie viel sind zwanzig Milliarden? Also zwanzig Milliarden sind tatsächlich zwanzigtausend Millionen. Könnt ihr euch das vorstellen? Ich nicht.
Jetzt könnt ihr also zwanzig Mal eine Million ausgeben. Fangt mal an, aufzuzählen, was ihr kaufen würdet. Zum Beispiel eine große Villa, ein tolles Auto. Dann habt ihr noch 19 Millionen frei. Alleine ihr habt noch 19 Millionen übrig. Da merkt man, hier geht es gar nicht mehr darum, wirklich etwas zu gebrauchen, um etwas zu essen oder Kleidung zu tragen. Das Geld selbst wird zum Zweck. Es geht nur noch darum, noch eine Milliarde dazu zu bekommen. Nicht mehr, um etwas damit zu erreichen.
So kann die Suche nach Geld zum Selbstzweck werden. Wir verlieren das Ziel aus den Augen und sehen nur noch die Beträge, den Besitz und so etwas. Das nennt die Bibel Gier oder Habsucht. Unser Gewissen wird häufig zum Schweigen gebracht, weil wir nur überlegen, was wir mit dem möglichen Gewinn noch alles Positives erreichen können. Wir merken gar nicht mehr, dass wir schon Sklaven des Besitzes oder des Strebens nach Besitz geworden sind.
Zweitens kann Besitz auch egoistisch machen. Es geht nicht mehr darum, sich an Besitz zu freuen oder ihn zum Wohl anderer einzusetzen. Hilfesuchende werden manchmal sogar als Bedrohung wahrgenommen, die den eigenen Besitz gefährden. Es ist nicht mehr die Frage, mit meinem Besitz in Verantwortung vor Gott umzugehen, sondern das, was die Bibel Geiz nennt.
Ich behalte für mich, ich bin nicht mehr bereit, wegzugeben, ich halte daran fest. Viele Menschen, die wohlhabend sind, leiden darunter, weil sie Angst haben, ihren Reichtum irgendwann zu verlieren. Dann hätten sie einen Verlust erlitten.
Drittens kann Besitz auch zum Selbstzweck werden, für manche sogar zum Gottersatz. Ein Großteil der Überlegungen konzentriert sich nur noch darauf, im Leben den Besitz zu erhalten oder zu erweitern. Wir können darauf fixiert sein, nervös immer die aktuellen Aktienkurse zu verfolgen, weil wir denken, es muss doch mehr werden. Dabei merken wir, dass wir innerlich gefangen sind und nicht mehr frei.
Wir können nicht einfach einmal ruhig im Wort Gottes lesen, ohne zu denken: Was entwickelt sich da? Gibt es noch eine Anlage? Gibt es noch etwas? Das kann auch im kleineren Bereich so sein, wenn wir ein Auto oder ein Haus haben und jeden Tag daran herumfummeln müssen, um noch einen neuen Spoiler, eine neue Tuningmaßnahme oder etwas Ähnliches anzubringen.
Dann merken wir, das Haus ist gar nicht mehr zum Wohnen da, das Auto nicht mehr zum Fahren. Es hat einen Stellenwert bekommen, den es eigentlich von Gott gar nicht haben soll. In diesem Fall ist das Besitzstreben zu einem Gottersatz geworden, zu Materialismus, Mammonismus. Wir konzentrieren uns in erster Linie auf materielle Güter, und das ist biblisch gesehen genauso falsch und führt von Gott weg.
So müssen wir unseren Besitz immer überprüfen. Es kann schnell dazu führen, dass der Besitz Selbstzweck wird und wir so viel Zeit brauchen, um alles in Gang zu halten, dass wir es gar nicht mehr benutzen können. Manche haben einen Computer und sind jeden Tag nur damit beschäftigt, ihn neu zu tunen, neue Programme drauf- und runterzuladen. Er wird kaum richtig benutzt.
Man könnte ihn einfach so nutzen, aber dann ist er ja nicht schnell genug, hat nicht genug Speicherplatz, und hier noch etwas, und da noch etwas. Das an sich ist nicht schlimm. Das Problem ist, wir verbrauchen wertvolle Zeit und materielle Güter für etwas, das keinem wirklich etwas bringt. Der Computer wird zum Selbstzweck und nicht mehr zum Werkzeug, das wir für Gottes Sache einsetzen können.
Das kann für alle materiellen Güter so sein, dass sie sich entleeren, nicht mehr auf Gott ausgerichtet sind, sondern Selbstzweck geworden sind. Manche können sich nicht darauf konzentrieren, was Gott macht, sondern werden abhängig vom Besitz.
Ich glaube, dieser Mammonismus, das Streben nach Reichtum und Wohlstand, ist wahrscheinlich in Deutschland die größte Religionsgemeinschaft. In der Bibel lesen wir auch: Du kannst nicht dem Mammon dienen und Gott dienen zugleich. Ich glaube, das ist die größte Religionsgemeinschaft, die wir in Deutschland haben. Die meisten Leute sind keine überzeugten Katholiken oder Evangelischen, aber viele suchen nach Besitz, Anerkennung und Mehrhaben.
Jesus sagt, ganz schnell kann das dazu führen, dass du nicht dem Mammon und Gott zugleich dienen kannst. Du kannst nur einem von beiden dienen. Wir müssen immer vor Augen haben, dass Gott auch nicht darauf angewiesen ist, dass wir für ihn reich werden. Das ist meistens sowieso nur eine Illusion.
Meistens geht es darum: „Na ja, Gott, ich gebe dir auch etwas, wenn du mir etwas gibst.“ Ich habe Christen kennengelernt, die sagen, sie spielen regelmäßig Lotto und beten vorher, dass sie gewinnen. Wenn sie gewinnen, geben sie Gott zehn oder zwanzig Prozent ab. Dann muss man sich fragen: Ist es generell richtig, Lotto zu spielen?
Man kann Gott nicht bestechen und sagen: „Okay, du bekommst auch etwas.“ Meistens geht es ja darum, reich zu werden und Gott dadurch zu bestechen, indem man sagt: „Gib du mir etwas, und dann ist alles in Ordnung.“ So funktioniert das nicht.
Wenn Gott will, dass etwas erreicht wird, dann kann er das auf seine Weise tun. Er ist nicht darauf angewiesen, dass wir alles zur Verfügung haben. Er kann zum Beispiel einen Bill Gates, der seine zwanzig Milliarden hat, bekehren. Dann kann dieser so viel spenden, wie du in deinem Leben nie spenden kannst.
Mir ist ein gutes Beispiel in Erinnerung geblieben, das ich vor einigen Jahren in einer Zeitschrift von Operation Mobilisation gelesen habe. Es ging um die Frage: Der damalige Gründer, George Verwer, schrieb, dass sie in London ein neues Heim für Obdachlose eröffnen wollten, aber kein Geld dafür hatten.
Sie beteten darum. George Verwer war auf dem Weg zu einer Evangelisation nach Singapur und lernte im Flugzeug einen reichen Geschäftsmann kennen. Dieser Geschäftsmann wurde durch den Kontakt bekehrt. Wenige Wochen später sagte er: „Ich bin jetzt so glücklich, Christ zu sein. Was kann ich für euch Gutes tun?“
George Verwer antwortete: „Wir brauchen ein Haus in London.“ Der Geschäftsmann sagte: „Ich habe gerade vor kurzem eins in London gekauft. Ich stelle es euch kostenlos zur Verfügung.“
Was ich daraus gelernt habe, ist: Gott kann Wege wählen, die wir gar nicht kennen oder wissen, wenn er etwas erreichen will. Er ist nicht davon abhängig, dass wir alles bereitstellen.
Das waren jetzt einige der Gefahren. Wie ist das denn: Darf ein Christ Schulden machen? Was meint ihr? Schulden machen erlaubt? Andere Meinungen? Noch nein? Jetzt haben wir schon beide Meinungen – also das bietet eine gute Grundlage, dass ich euch noch etwas dazu sage.
Erst einmal glaube ich, ihr habt in gewisser Weise beide recht. Das ist jetzt ein salomonisches Urteil, nicht einfach nur dafür oder dagegen. Es kommt immer darauf an, wie ich es genau verstehe.
Seinen Besitz für Gott und für diejenigen einzusetzen, die unverschuldet auf Hilfe angewiesen sind, ist sogar biblisch geboten. Lest nach in Römer 15,25 oder 2. Korinther 8,1-15. Dort werden wir aufgefordert, denjenigen zu geben, die nichts haben. Das heißt: Die anderen sind diejenigen, die sozusagen Schulden machen, indem sie etwas bekommen. Aber nicht, weil sie es verprasst haben, sondern weil sie ungewollt in Armut geraten sind.
Manchmal ist es passend, großzügig zu schenken. Ein anderes Mal ist es nötig, das, was der andere unbedingt braucht, zu leihen.
Nicht ganz eindeutig ist in der Bibel verboten, auf Geld Zinsen zu nehmen. Einerseits werden Kredite, die mit Zinsen von Israeliten an Israeliten verliehen werden, verurteilt. In 2. Mose 22,24 heißt es: Wenn du einem Bruder, der ein anderer Israelit ist, Geld leihst, sollst du ihm keine Zinsen berechnen. Damit ist gemeint, dass der Bruder in Not geraten ist – zum Beispiel durch eine schlechte Ernte – und Geld für seine Familie braucht. Er hat keine andere Möglichkeit, als Geld zu leihen, bis er es wieder verdient hat. Darauf sollst du keine Zinsen nehmen, denn du sollst nicht am Leiden deines Bruders verdienen.
Das wird also eindeutig in der Bibel verboten, aber es wird durchaus gesagt, dass du leihen sollst oder darfst. In den Sprüchen finden wir sogar mehrere Aussagen, die dazu auffordern, großzügig zu leihen, wenn jemand zu dir kommt und bittet. Aber nicht aus dem herausnehmen, was du selbst zum Leben brauchst.
Manchmal wird allerdings das Zinsennehmen durchaus erlaubt. In Matthäus 25,27, im Gleichnis von den anvertrauten Pfunden, wird gesagt: „Ihr hättet es doch bei den Geldwechslern anlegen können, dann hätte es Zinsen gebracht.“ Das bedeutet, Zinsen sind nicht grundsätzlich schlecht. Der Unterschied besteht darin, wem du Geld gibst.
Ist es jemand in Not, der Geld braucht, gib ihm zinslos. Ist es jemand, der damit Geld verdienen will, kannst du sehr wohl auch Zinsen nehmen, denn du hast einen Anteil an dem, was derjenige damit verdient.
Zum Beispiel will jemand eine Firma aufbauen, ihm fehlt das Geld, er kann es leihen. Im Alten Testament, wenn der König Geld brauchte – zum Beispiel für eine Flotte oder ein Bauwerk – durfte man durchaus auch Zinsen nehmen.
Allerdings wird in den Sprüchen vor Wucherzinsen gewarnt. Diese werden genau festgelegt. Auch heute ist Wucherzins gesetzlich verboten. Es wird gesagt, wenn die Zinsen über einen bestimmten Prozentsatz hinausgehen, ist das verboten – sowohl das Nehmen als auch das Geben.
Das heißt: Wenn heute jemand dir Geld gegen 20 Prozent Zinsen im Jahr leiht, ist das Wucherzins. Das verstößt gegen die gute Ordnung und ist strafbar. Beides, Zinsen zu nehmen oder zu geben, ist dann falsch. Freiwillig würde kaum jemand so hohe Zinsen zahlen.
Generell kann man mit einem gewissen Anteil an Zinsen rechnen. Wenn dir heute jemand einen Kredit zu fünf Prozent gibt, ist das okay und nicht generell verboten.
Deshalb: Zinsen nehmen ist generell biblisch nicht verboten, außer bei jemandem, der in Notlage ist. Von seiner Notlage sollen wir nicht profitieren, indem wir Geld verlangen.
Übertragen wir das auf die heutige Situation, heißt das: Wenn du Kredit für Luxus nimmst, überlege es dir gut und mache es eher nicht. Wenn du Kredit für etwas Lebensnotwendiges nimmst, ist das in Ordnung.
Die Bibel macht hier also Unterschiede, wie nötig etwas ist. Warum? Weil du ja anderen etwas schuldig wirst. In der Bibel finden wir mehrfach die Aufforderung: „Seid niemandem etwas schuldig!“ (Römer 13,7-8). Das heißt, wenn möglich, gib dich nicht in Abhängigkeit von anderen – weder durch Geld noch durch materielle Dinge oder Ähnliches. Nur wenn es keinen anderen Weg gibt, ist das erlaubt.
Das ist für uns alle wahrscheinlich der Fall, wenn wir zum Beispiel ein Haus bauen. Das können wir nicht immer selbst finanzieren, dann ist es in Ordnung. Denn im Haus wohnen wir, und Wohnen ist wichtig.
Wenn du aber sagst, du willst dir jetzt eine Luxusvilla bauen und dafür 20 Millionen leihen, obwohl du das Geld gar nicht hast, ist das Sünde. Du brauchst das nicht.
Wenn du ein normales Haus baust, darfst du auch leihen. Aber leihe so wenig wie möglich und rechne realistisch damit, dass du es bald zurückzahlen kannst. Denn niemand soll etwas schuldig sein, wenn es nicht nötig ist.
Für solche Zwecke ist das also erlaubt. Wenn du aber jede Woche neue Kleidung kaufen willst oder unbedingt ein neues Auto brauchst, obwohl das alte noch gut ist, und dafür Kredit aufnimmst, ist das biblisch nicht richtig. Du leihst dir dann etwas, was nicht nötig ist, nur für deinen Luxus.
Hier ist es besser, sich mit dem zufrieden zu geben, was Gott dir gibt. Wenn Gott dir für dein alltägliches Leben etwas materiell geben will, schenkt er es dir.
Versuche nicht, dir etwas zu holen, wofür du gar nicht die materiellen Güter von Gott bekommst. In diesem Fall sei zufrieden mit dem, was du hast. Wenn du ein neues Kleidungsstück brauchst, warte eben zwei Wochen länger, bis du gespart hast – oder einen Monat oder ein Jahr – und kaufe es dann.
Leihen ist also generell möglich. Wir sollen anderen leihen, wenn sie in Not sind. Die Aufforderung dazu gibt es, ebenso wie die Aufforderung, großzügig zu geben und keine Zinsen zu nehmen.
Wenn du etwas unbedingt brauchst oder für geschäftliche Unternehmungen Geld leihst, kann das auch sein. Auch hier sollen die Zinsen keine Wucherzinsen sein. Wir sollen nicht erwarten, dass wir immens hohe Beträge bekommen.
Prinzipiell ist es möglich, für Luxusanschaffungen oder um noch reicher zu werden, eher nicht. Aber für das, was wir nötig brauchen, ist es erlaubt.
Einen letzten Punkt, was die Finanzen angeht, möchte ich hier noch kurz besprechen. Danach machen wir wieder eine kurze Pause oder sprechen miteinander. Es geht um die Frage des Spendens.
In vielen Gemeinden, vielleicht auch bei euch oder bei vielen Christen, gibt es den Gedanken des sogenannten Zehnten. Im Alten Testament finden wir den Zehnten, der zum Beispiel in Maleachi erwähnt wird. Dort wird der volle Zehnte in das Haus Gottes hineingebracht – das wird häufig zitiert.
Dieser Zehnte war lange Zeit in Europa sogar Staatsgesetz. Seit Karl dem Großen bis ins 19. Jahrhundert hinein war dieser Zehnte ein Maßstab dafür, was die Menschen der Kirche geben sollten – für Sozialarbeit, Gottesdienste und so weiter. Heute gibt es noch einen Überrest dieses Zehnten in der Kirchensteuer. Die Kirchensteuer wird zwar nach einer komplexen Formel berechnet, aber es sind nicht mehr zehn Prozent des Einkommens, sondern je nach Bundesland etwa zehn Prozent der Einkommensteuer, also viel weniger als früher. Dennoch ist der Grundgedanke des Zehnten erhalten geblieben.
Dieser Zehnte wurde meistens nicht einer Privatperson, sondern der Kirche im Allgemeinen gegeben. So lesen wir zum Beispiel in 3. Mose 27,30: „Und der ganze Zehnte des Landes, vom Samen des Landes und von der Frucht der Bäume, gehört dem Herrn. Es ist dem Herrn heilig. Und der ganze Zehnte von Rindern, Schafen, von allem, was unter dem Stab vorüberzieht, das Zehnte soll für den Herrn heilig sein.“
Heilig bedeutet hier nicht, dass etwas Besonderes darüber gesprochen wird, sondern es heißt ausgesondert für Gott. Das bedeutet, du sollst es abgeben und Gott überlassen – damals dem Tempel oder dem Priester. Im Alten Testament wurde dieser Zehnte in Naturalien gegeben, also nicht in Geld, sondern in Korn, Wein, Öl und so weiter.
Was uns auch auffällt: Der alttestamentliche Zehnte sollte die Priester und Leviten unterhalten (2. Chronik 31,4). Neben den Priestern und Leviten konnte auch der israelische König einen Rechtsanspruch auf den Zehnten erheben (1. Samuel 8,15-16).
Insgesamt werden in der Bibel drei Zehnte erwähnt, nicht nur einer: ein Zehnter für die Priester und Leviten, ein Zehnter für Gott und den Tempel und ein Zehnter für die Armen und Fremden. Wenn wir den alttestamentlichen Zehnten anschauen, dann sind das also drei Zehnte – nicht zehn Prozent, sondern dreißig Prozent.
Und das war nach dem Alten Testament nicht alles. Neben dem Zehnten gab es noch andere Steuern und Abgaben für die Sache Gottes: freiwillige Geschenke für den Herrscher (1. Mose 43,11), Abgaben der besiegten Feinde, das Sekelopfer, die Kopfsteuer für den Unterhalt der Stiftshütte (2. Mose 30,11), Gratisarbeit auf den Baustellen des Königs (1. Samuel 8,10), Vermögensteuer für den Besitz (1. Samuel 17,25), die Erstlingsgabe – das heißt, alle Erstlinge, nicht nur zehn Prozent, sondern alles, was zuerst den Mutterschoß durchbricht, wie das erste Kalb, das geboren wird, sollte gegeben werden –, Dank- und Festopfer (3. Mose 22,21).
Alle sieben Jahre sollten die Äcker stillgelegt werden – das war nicht im Zehnten enthalten. Auf Befehl Gottes verzichtete man also noch einmal auf ein Siebtel der möglichen Einkünfte. Bei Ruth lesen wir, dass an den Ecken des Ackers etwas für die Armen stehen gelassen werden sollte. Auch das ist eine zusätzliche Abgabe für die Sache Gottes.
Wenn wir alles zusammenrechnen, bleiben wir im Alten Testament nicht bei zehn Prozent, sondern kommen wahrscheinlich eher auf etwa vierzig Prozent, die für den König, den Tempel, die Armen, die Priester und Leviten und so weiter gegeben werden sollten.
Ich erwähne das hier nur, damit wir den Zehnten nicht zu verkürzt als zehn Prozent lesen und den Eindruck bekommen, wir müssten uns jetzt nach den Regeln des Alten Testaments richten und dann zehn Prozent geben.
Ein weiterer Streitpunkt ist: zehn Prozent vom Brutto oder vom Netto? Oder von dem, was ich zur freien Verfügung habe? Wenn ich zum Beispiel zweitausend Euro brutto verdiene, bleibt netto viel weniger übrig. Wovon gebe ich die zehn Prozent? Ziehe ich auch noch Steuern, Versicherungen und Miete ab, und gebe dann von den verbleibenden zweihundert Euro zehn Prozent, also zwanzig Euro? Manche Christen rechnen so. Hier merken wir schon, dass die Grundüberlegung falsch ist.
Es geht nämlich nicht darum, Gott irgendeinen Betrag zu geben, damit ich mit ruhigem Gewissen den Rest für mich ausgeben kann. Das ist kein frommer Gedanke. Gott ist darauf nicht angewiesen. Dann behalte lieber alles für dich und habe ein schlechtes Gewissen, als dich mit zwanzig Euro und schlechtem Gewissen freizukaufen. So geht das biblisch nämlich nicht.
Deshalb habe ich euch deutlich gemacht, dass diese zehn Prozent im Alten Testament nicht nur der eigentliche Zehnte sind. Neben dem Zehnten finden wir im Neuen Testament den Zehnten nicht so deutlich erwähnt, eigentlich nur im Zusammenhang mit den Pharisäern.
Da steht zum Beispiel, dass die Pharisäer es nicht so genau genommen haben, aber selbst Dill und Minze verzehntet haben. Das heißt, sie haben ganz genau genommen, was die Gewürze angeht – zum Beispiel morgens aufs Frühstücksei ein bisschen Salz: 90 Prozent fürs Ei, 10 Prozent für Gott. Jesus sagt dazu, das ist lächerlich. Diese Kleinigkeiten nehmen sie genau, aber bei den großen Dingen versagen sie. Jesus sagt, das ist falsch, sie haben nicht begriffen, worum es eigentlich geht.
Im Neuen Testament wird der Zehnte so nicht gefordert. Er scheint für das Volk Israel vorgeschrieben zu sein. Im Neuen Testament fordert Gott vielmehr alles von uns.
Wenn es um Besitz geht, wie beim reichen Jüngling, dann sagt Jesus nicht: Gib zehn Prozent für Gott und mit dem Rest werde glücklich. Sondern: Verkaufe alles, gib den Armen, und folge mir nach. Jesus will nicht, dass du es ihm gibst, sondern den Armen.
Oder bei Zachäus: Als er zum Glauben kommt, fragt er gar nicht lange, wie viel er geben muss. Er gibt drei- oder vierfach zurück, was er betrogen hat – einfach so. Nicht zehn Prozent für Gott und den Rest behalten, sondern großzügig alles weggeben.
Die erste Gemeinde in Jerusalem hat alles verkauft und gegeben, damit die Gemeinde genug hatte. Das ist das biblische Vorbild, nicht dass man sich mit einer bestimmten Summe freikauft, damit Gott zufrieden ist. Das ist ein falsches Denken.
Wie ich euch zu Anfang gesagt habe: All unser materieller Besitz ist Leihgabe Gottes. Alles sollten wir für Gott einsetzen. Das kann auf verschiedenen Ebenen geschehen.
Das bedeutet nicht, dass du nichts mehr essen darfst, nicht mehr wohnen oder dich nicht mehr kleiden darfst. Das darfst du alles, denn auch das dient der Sache Gottes. Du als sein Kind sollst davon leben können.
Allerdings sollten wir vorsichtig mit Luxus umgehen und uns immer fragen: Ist das auch im Sinne Gottes?
Im Neuen Testament finden wir eher solche Aussagen: „Wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten; wer im Segen sät, wird auch im Segen ernten. Ein jeder, wie er es sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“
Immer wieder wird erwähnt, dass man nicht geizig mit dem Eigentum umgehen soll, sondern großzügig auch über die Zehn-Prozent-Regel hinausgeben und Gutes bewirken soll (Epheser 5,3; Kolosser 3,5).
Wer viel spendet, beteiligt sich aktiv an der Sache Gottes – in der Gemeinde oder in der Mission. Der Christ sollte nicht denken, Gott wolle ihm etwas wegnehmen. Gott hat dir etwas zur Verfügung gestellt, damit du es für seine Sache einsetzt – nicht erst in fünfzig oder zehn Jahren, sondern jetzt, heute.
Das habe ich immer wieder in meinem Leben lernen müssen. Mein erstes Geld habe ich mit 14 verdient, als ich Zeitung austrug. Jeden Morgen bin ich um fünf Uhr aufgestanden, habe Zeitungen verteilt, bevor die Schule begann.
Da fragte ich mich: Von dem wenigen Geld, das ich habe, soll ich auch etwas für Gott geben? Wer das nicht lernt, wenn er wenig hat, wird es auch nicht lernen, wenn er viel hat.
Manche träumen davon und sagen: Wenn ich doppelt so viel verdiene, gebe ich alles ganz großzügig. Aber gib dich nicht der Illusion hin: Wenn du nicht lernst, mit wenig treu zu sein, wirst du es auch nicht mit viel lernen.
Ich habe im Laufe meines Lebens viele Menschen kennengelernt, Reiche und Arme, auch Christen, und es war nicht automatisch so, dass die Reichen mehr gegeben haben als die Armen.
Bei Jesus wird das Schärflein der Witwe als Vorbild genommen, nicht die große Summe des Pharisäers. Es kommt darauf an, dass du Gott das gibst, was du hast – aus gutem Herzen und mit gutem Gewissen. Die Höhe ist nicht entscheidend.
Gott kann aus dem Nichts einen Berg Gold schaffen und Geldscheine vom Himmel regnen lassen, wenn er will. Es kommt nicht darauf an, was wir machen. Du bist nur verantwortlich für das, was du hast, und wie du damit umgehst.
Du bist nicht verantwortlich für das, was du vielleicht einmal bekommst oder nicht bekommst, sondern für das, was du jetzt hast. Für mich war das schon mit 14 klar: Von dem wenigen Geld, das ich hatte, musste ich richtig umgehen und etwas geben.
Das habe ich immer wieder erlebt, als ich als Student ein paar Jobs hatte, zum Beispiel im Hotel. Im Vergleich zur Schweiz, wo ich damals wohnte, verdiente ich wenig. Niemand wäre böse gewesen, wenn ich gar nichts gespendet hätte.
Das geht bis heute so. Vor zwei Wochen fragte meine Tochter: „Papa, wie viel spenden wir eigentlich?“ Ich sagte ihr, meistens geben wir etwas mehr, weil ich einige feste Überweisungsaufträge eingerichtet habe. Das Geld wird regelmäßig abgebucht, gleich zu Beginn des Monats, wenn das Gehalt kommt.
Manche Spenden sind fest, andere gebe ich zusätzlich. Bisher hatte ich immer, was ich brauchte. Ich habe nie im Luxus gelebt, aber immer genug gehabt.
Ich musste immer wieder lernen, von dem zu geben, was ich habe, und offen zu sein, auch wenn die zehn Prozent erreicht oder überschritten sind. Wenn ich den Eindruck habe, ich soll noch mehr geben, dann tue ich das.
Jemand, der mich in dieser Hinsicht sehr herausgefordert hat, war John Wesley aus der Kirchengeschichte. Er schrieb in einem kleinen Heftchen über den rechten Gebrauch des Geldes: „Verdiene so viel du kannst, spare so viel du kannst, gib so viel du kannst.“ Und er lebte das praktisch.
Es ging ihm nicht darum, reich zu werden. Zu Beginn seines Lebens als Pfarrer verdiente er 30 Pfund im Jahr, gab 28 Pfund für Gott, 2 Pfund für sich selbst und spendete 2 Pfund.
Gegen Ende seines Lebens, als er Karriere machte und 120 Pfund verdiente, lebte er weiterhin von 28 Pfund und spendete 92 Pfund. Er hielt sich nicht an die zehn Prozent, sondern gab am Anfang weniger als zehn und am Ende viel mehr.
Er schaffte es, dass seine Bedürfnisse nicht mit seinen finanziellen Mitteln wuchsen. Das ist eine große Herausforderung. Denn wenn wir mehr verdienen, können wir auch mehr ausgeben.
Mir geht es so: Wenn ich mehr Geld habe, finde ich immer eine gute Idee, was ich kaufen könnte. Das ist nicht unbedingt Verschwendung, sondern oft sinnvoll.
Aber ich versuche mich selbst zu beschränken und frage mich immer wieder: Brauche ich das wirklich? Kann ich nicht auch ohne leben? Oft merke ich, ich bin genauso glücklich ohne das neue Auto oder den neuen Computer.
Ich sage mir: Das Geld ist für Gott, also will ich es für ihn möglichst effektiv einsetzen. Auch wenn ich es habe, brauche ich es nicht unbedingt.
Das ist eine große Kunst, die man als Christ erst lernen muss.
Hier noch ein letztes Zitat von John Wesley aus einer Predigt, die er 1744 in London hielt: „Man kann nicht wirklich sparen, wenn man das Geld nur anhäuft. Du kannst dein Geld genauso gut ins Meer werfen wie in die Erde vergraben. Geld nicht zu gebrauchen heißt in Wirklichkeit, es zu verschwenden. Wenn du Freude mit dem ungerechten Mammon machen willst, gib alles, was du kannst. Der, der im Himmel und auf Erden alles besitzt und dich ins Dasein rief, setzt dich nicht als Eigentümer, sondern als Verwalter in die Welt. Er hat dir ganz klar gesagt, wie du es für ihn verwenden sollst, und hat versprochen, diesen Dienst mit einer ewigen und wichtigen Herrlichkeit zu belohnen.“
Ihr solltet ganz deutlich erkennen: Wenn du Geld sparst und immer reicher werden willst, verschwendest du es in Wirklichkeit. Setze das ein, was du hast, für die Sache Gottes. Versuche nicht, es immer mehr zu vermehren.
Denn was bringt es? Die Bibel sagt uns ganz deutlich – ebenso wie das deutsche Sprichwort: Das letzte Hemd hat keine Taschen.
Was ist, wenn du heute stirbst? Dann sind nicht deine Träume wichtig, was du irgendwann in der Zukunft tun willst, sondern was du heute getan hast.
Das ist die Herausforderung, die wir mit Reichtum und Besitz haben: Nicht in die Zukunft zu denken, sondern hier und heute mit dem umzugehen, was Gott uns anvertraut hat – in seinem Interesse.
Deshalb sind zehn Prozent als Richtlinie ganz gut. Aber wenn wir geistlich wachsen, kommen wir darüber hinaus und merken: Gott gehört eigentlich alles, was ich habe.
So sollten wir unser Eigentum gebrauchen – nicht nur Geld, sondern auch unser Haus. Zum Beispiel ist das eine Frage der Gastfreundschaft. Lädst du ein, nimmst du Menschen auf, weil das Haus nicht nur für dich ist, sondern für Gott.
Dabei geht es nicht nur darum, Freunde einzuladen. Jesus würde sagen: Freunde einzuladen ist nichts Besonderes, das kann jeder. Du sollst auch die Ungläubigen einladen, weil diese Menschen es nötig haben und du dich in sie investieren willst.
Gerade an solchen Dingen zeigt sich, wie wir mit dem Geschenk Gottes, unserem Besitz, umgehen.
Das ist eine Herausforderung, die wir gerade in Deutschland erleben. Hier gibt es eine starke Konzentration auf materiellen Besitz. Das kann einerseits zum Segen sein, andererseits auch eine große Versuchung, wenn wir dem Besitz einen falschen Stellenwert geben.
Das waren einige Gedanken zum Umgang mit materiellem Besitz – Haus, Auto, Computer, Kleidung – aber auch Geld, Gold und allem, was man haben kann.
Die Bibel gibt uns konkrete Maßstäbe. Wir müssen sie kennen und anwenden. Manchmal spielt uns unser Gefühl einen Streich, weil wir denken: Das ist doch gut, oder das ist gut. Aber wir verankern uns nicht genug in dem, was die Bibel sagt.
Reichtum kann ein Geschenk Gottes sein, er ist nicht generell schlecht. Aber nicht jeder Christ wird reich, und Gott hat keine Prinzipien versprochen, nach denen du immer zum selben Ziel kommst.
Wenn du etwas hast, gib. Besitz ist immer eine Verpflichtung, im Sinne Gottes zu arbeiten – nicht in der Zukunft, sondern in der Gegenwart, hier und jetzt.
Wenn du mehr hast, lass deine Ansprüche nicht gleichzeitig wachsen. Überprüfe ehrlich: Brauche ich das wirklich oder nicht?
Das wird konkret und praktisch – manchmal auch unangenehm, weil man merkt, man müsste etwas verändern. Das fällt nicht immer leicht, aber wir werden merken, dass wir dadurch nicht verlieren, sondern gewinnen.
Denn du kannst nicht Gott und dem Mammon gleichzeitig dienen. Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Wie viel Zeit und Energie du auf etwas verwendest und wie wichtig es dir ist, zeigt, wo dein Herz liegt.
Nach diesem Durchgang zum Thema Ethik und Besitz machen wir eine kleine Pause. Danach kommen wir zum nächsten Themenbereich.
Ich hatte gedacht, ich gehe dann auf etwas aus dem Bereich der medizinischen Ethik ein. Ihr könnt zwischendurch gerne Wünsche äußern. Falls keine Wünsche kommen, möchte ich zum Beispiel über Organtransplantation sprechen oder darüber, wie man mit Patientenverfügungen umgeht – solche ethischen Fragen, nur als Beispiele.