Einführung: Theologie im Alltag und die Bedeutung christlicher Werte
Die nächsten vier Wochen sind rappelvoll, deshalb gibt es wieder kurz gehackte Vorträge. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt. Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und ihr hört die Vorträge zum Titusbrief von der Jugendpfingstfreizeit der Allgäuer Gemeinden.
Wir wissen doch alle ganz genau, dass dieses Leben nicht alles ist und diese Welt nicht alles ist. Wenn du mir nicht glaubst, lies ausnahmsweise mal Zeitung und schau dir nicht nur YouTube Shorts an. Du wirst feststellen: Hier ist etwas richtig fundamental faul, richtig kaputt – und das wird auch so bleiben.
Die letzten fünf Jahre Kulturgeschichte, die wir überblicken, sind nur an den Stellen wirklich besser geworden, an denen das Christentum christliche Werte in die Gesellschaft hineingebracht hat.
Die historische Bedeutung christlicher Werte für die Gesellschaft
Und wenn du sagst, das ist übertrieben, belege ich dir das mit Fakten. Du wirst feststellen, dass alle Krankenhäuser auf die Idee des Christentums zurückgehen. Ja, auch Armenhäuser stammen von den Christen. Ebenso die Fürsorge für psychisch Kranke, alte Menschen oder ausgesetzte Kinder, die man nicht einfach sterben lässt.
Universitäten gehen übrigens auch auf unser Konto. Ebenso die Abschaffung der Sklaverei, zumindest im Westen. Das Rote Kreuz gehört ebenfalls zu unserer Geschichte.
Du fragst dich, warum es in dieser Welt Barmherzigkeit gibt und warum so etwas Absurdes passiert wie: „Wir schicken den Hindus Covid-Medikamente.“ Es geht mir jetzt nicht darum, zu sagen, ob ihr für oder gegen diese Impfung seid. Aber diese Idee, jemandem grundsätzlich Medizin zu schicken – wie kommt man denn auf den Gedanken?
Habt ihr euch das mal gefragt? Jemand macht eine Sammelaktion nach einem Tsunami und sagt: „Spende doch mal Geld.“ Und wir sagen nicht einfach: „Was geht der mich an?“ Sogar Heiden spenden Geld. Wie kommen sie auf den Gedanken, dass der Nächste einen Wert hat und dass Nächstenliebe ein Wert ist?
Diesen Wert gab es in der Antike nicht. Wo kommt der her? Unser Job! Haben wir das gut gemacht? Ja, wir haben nicht alles gut gemacht. Inquisition und Kreuzzüge finde ich nicht so prickelnd. Aber immer dann, wenn sich Glaube und Politik mischen, wird es sehr heikel.
Ihr könnt stolz sein, zutiefst stolz auf das, was das Christentum in dieser Welt erreicht hat. Wenn es irgendwo Menschenrechte gibt, Gleichheit, die Idee, dass der Mensch einen Wert hat – auch der, der alt ist oder vielleicht nicht alles so gut auf die Reihe kriegt – und man ihn nicht einfach wegmachen soll, dann sind das unsere Errungenschaften. Das ist unsere Sache, das haben wir in diese Welt hineingebracht.
Einführung in den Titusbrief: Gnade und Friede als zentrale Begriffe
Kommen wir zum Schluss zu Titus Kapitel 1, Vers 4. Dort schreibt Paulus an Titus: „Meinem echten Kind nach dem gemeinsamen Glauben.“ Damit ist nicht der leibliche Vater gemeint, sondern ein geistlicher Vater. Deshalb sagt Paulus auch „meinem echten Kind nach dem gemeinsamen Glauben“.
Er wünscht ihm Gnade und Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, unserem Retter.
Zum Schluss möchte ich noch zwei Begriffe vorstellen: Gnade und Friede. Ich finde es immer sehr spannend, dass typische Paulusbriefe damit beginnen, anderen Menschen Gnade und Friede zu wünschen. Man liest das oft einfach nur schnell drüber hinweg.
Habt ihr euch schon einmal gefragt, warum man jemandem Gnade wünschen sollte, der bereits begnadigt ist? Ist euch das schon aufgefallen? Wenn du zum Beispiel jemandem sagst: „Jürgen, ich wünsche dir, dass du eine Frau findest“, dann würde er vielleicht antworten: „Das brauchst du mir nicht zu wünschen, ich habe schon eine.“ So ähnlich klingt es hier auch, wenn Paulus sagt: „Ich wünsche euch Gnade.“
Die Empfänger könnten doch antworten: „Haben wir schon, wir sind ja schon gläubig und begnadigt.“ Oder: „Ich wünsche dir Frieden“ – „Den haben wir auch schon, wir haben Frieden mit Gott, lass gut sein.“
Und trotzdem tut Paulus das immer wieder. Er weiß genau, was er tut.
Die Dynamik von Gnade und Friede im Glaubensleben
Bei diesen beiden Begriffen müsst ihr eine Sache verstehen: Wir haben ein protestantisches Erbe, das sehr stark auf einen Moment der Bekehrung zurückblickt. Theologisch ist das fast ein kleines Problem. Wir fragen immer: Hast du dich bekehrt? Gab es in deinem Leben irgendwann einen Moment, in dem etwas passiert ist? Das ist die Frage, die wir stellen.
In der Bibel gibt es kaum eine Stelle, in der Paulus diese Frage ungläubigen Menschen direkt stellt. Ein Beispiel ist Apostelgeschichte 19, wo es um Johannesjünger geht. Paulus fragt sie, ob sie den Heiligen Geist empfangen haben, als sie zum Glauben gekommen sind. Es fühlt sich irgendwie nicht so an. Ansonsten geht es beim Glauben nicht darum, ob du dich irgendwann mal auf einem Sommerlager bekehrt hast, mit deinem kleinen roten Stoffherz nach vorne gegangen bist und das Sander zack, zack, zack ans Kreuz geballert hast.
Der Punkt ist nicht dieser Moment. Die Frage ist vielmehr: Lebst du heute Gnade und Frieden? Hast du verstanden, dass die Begriffe Gnade und Frieden keine statischen, sondern dynamische Begriffe sind? Wir sind begnadigt worden, um jeden Tag vor dem Thron der Gnade zu treten und neue Gnade zu empfangen.
Der Clou ist: Wenn Jesus wiederkommt, bringt er Gnade mit (1. Petrus 1). Warum? Weil wir sie brauchen, ganz einfach. Versteht ihr? Wir sind in einen Strom von Gnade hineingestellt. Deshalb kann ich euch für diese Freizeit Gnade wünschen. Möge Gott dir ganz persönlich das schenken, was du brauchst, um in deinem geistlichen Leben den nächsten guten Schritt vorwärts zu gehen. Das ist Gnade, das wünsche ich euch.
Die umfassende Bedeutung von Frieden im christlichen Glauben
Ja, bei Frieden – wie geht das? Ganz einfach.
Bei Frieden musst du nur verstehen, dass dieser Begriff hier zwar auf Griechisch steht, Paulus aber aus einer Kultur stammt, in der das Wort Friede oder das Wort „Shalom“ eine viel breitere Bedeutung hat als nur die Abwesenheit von Krieg.
Ja, ich bin jetzt kein Rebell mehr, das stimmt. Aber könnt ihr euch vorstellen, dass Friede als Konzept im Sinne von Wohlergehen und Gesundheit gemeint ist? Und zwar nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und psychisch – aber auch im Miteinander.
Das ist etwas, was wachsen muss. In geordneten Verhältnissen zu leben ist etwas total Erstrebenswertes. Diese Fähigkeit, mit Menschen in Frieden zu leben, mit Menschen so zu leben, dass der Friede, den ich mit Gott habe, von mir ausstrahlt und in meiner Umgebung sichtbar wird.
Kannst du dir vorstellen, wie schön das ist, wenn du auf dieser Freizeit ein Stück mehr Frieden für dich findest – gerade an den Stellen, wo du merkst, dass du manchmal ganz schön unruhig bist, vielleicht Angst hast, nicht weißt, was du machen sollst, oder überfordert bist?
Vielleicht hast du Zweifel und Ängste in deinem Leben und weißt nicht, wie du damit umgehen sollst.
Und jetzt komme ich und sage: Ich wünsche dir Frieden. Ich wünsche dir, dass diese Freizeit dir an den Stellen, wo du sagst, dass das Leben für dich schnell zur Überforderung wird, richtig gut tut.
Dass etwas von diesem Frieden Gottes, den er dir grundsätzlich bei deiner Bekehrung geschenkt hat, ganz praktisch sichtbar, spürbar und erfahrbar wird in deinem Leben.
Amen!
Abschluss und Ausblick
Das war es für heute. Mein Tipp: Lies das Kapitel im Titusbrief, das heute dran war, noch einmal in Ruhe. Lass dich von Gottes Geist inspirieren!
In der nächsten Episode geht es mit dem Titusbrief weiter. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.