Einführung in das Thema Depressionen
Zuerst möchte ich klarstellen, worum es heute Morgen gehen kann und worum nicht. Wir wollen uns Gedanken über Depressionen machen. Dabei werden wir gleich sehen, dass es gar nicht so einfach ist, genau zu beschreiben, was Depression eigentlich ist. Selbst in medizinischen Fachbüchern gibt es sehr unterschiedliche Beschreibungen und Krankheitsverläufe.
Letztendlich kann ein anderer Mensch nicht wirklich nachempfinden, wie sich jemand fühlt, der an Depressionen leidet. Man kann versuchen, bestimmte Gefühle oder Aspekte davon zu beschreiben, aber auch das ist schwierig. Der Arzt selbst fühlt sich meist gesund und versucht nur, anhand äußerer Kriterien Ähnlichkeiten festzustellen. Doch auch in der medizinischen Literatur findet man eine große Bandbreite dessen, was unter Depressionen verstanden wird.
Wir haben vorhin schon gehört, dass es Menschen gibt, die unter Depressionen leiden, ohne es zu wissen. Sie haben Symptome, ordnen diese aber nicht als Depression ein, und der Arzt stellt dann eine Diagnose. Andere fühlen sich sehr depressiv und ordnen das so ein, obwohl medizinisch gesehen keine Depression vorliegt. Das zeigt, wie schwer es ist, zunächst zu definieren, was Depression überhaupt ist.
Ich werde später noch versuchen, darauf einzugehen und zu erklären, was Depression sein kann. Viele, die unter Depression leiden oder eine Anfälligkeit dafür haben, wünschen sich wahrscheinlich vor allem eines: den Universalschlüssel, um der Depression endgültig ein Ende zu setzen. Das ist die eigentlich brennende Frage. Wer unter Depression leidet, will nicht lange medizinische Erklärungen hören, sondern wissen, wie man sie wieder loswird.
Leider gibt es diesen Universalschlüssel nicht. Das muss von Anfang an klar sein. Ich werde heute Morgen keine Lösung präsentieren können, die kein Arzt, kein Krankenhaus, kein Psychiater oder Psychotherapeut bieten kann. Es gibt keine Pille oder Therapie, die man nimmt, und nach zwei Tagen ist alles vorbei. Das wäre schön, wurde aber bisher nicht entdeckt – und ich habe sie auch nicht entdeckt.
Das sage ich vorweg, damit keine Enttäuschung entsteht, wenn jemand denkt: „Jetzt kommt endlich die Antwort, der Schlüssel.“ Trotzdem können wir auf Faktoren schauen, die uns helfen, Risikofaktoren auszuschalten. Das heißt, wir können überlegen, woher wir vielleicht in einer Phase kommen, in der wir anfällig für Depressionen werden. Wir können darauf achten, wie wir Risikofaktoren minimieren können, soweit sie in unserer Hand liegen.
Das ist der erste Punkt, dem ich nachgehen möchte: Gibt es Risikofaktoren, auf die wir achten können, damit die Wahrscheinlichkeit, in eine Depression zu fallen, geringer wird?
Der zweite Punkt betrifft den Umgang mit einer bestehenden Depression. Wenn wir in einer depressiven Phase sind, können wir etwas tun, damit die Symptome nicht ganz so schlimm werden oder damit wir vielleicht schneller wieder herauskommen. Auch darüber sollten wir nachdenken.
Der dritte Punkt betrifft nicht die Betroffenen selbst, sondern diejenigen, die als Außenstehende mit Menschen zu tun haben, die unter Depression leiden. Das ist ebenfalls wichtig: zu verstehen, sich hineinzuversetzen und vielleicht Hilfestellung zu bieten. So kann es den Betroffenen leichter fallen, herauszukommen. Gleichzeitig sollten Außenstehende auch Fehler vermeiden, die dazu führen könnten, dass die Betroffenen noch tiefer in die Depression sinken.
Diese drei Fragestellungen sind meiner Meinung nach zentral, um effektive Antworten zu finden: Erstens, was können wir vorbeugend tun, um das Risiko für eine Depression zu verringern? Zweitens, was können wir tun, wenn wir schon in einer Depression sind, damit sie nicht so heftig wird oder wir schneller wieder herauskommen? Und drittens, was können Angehörige oder das Umfeld tun, um die Betroffenen zu unterstützen?
Typischer Verlauf und Hoffnung bei Depressionen
Die gute Botschaft dabei, die allerdings jemanden, der direkt in einer Depression steckt, nicht immer wirklich tröstet, ist: Meistens sind Depressionen zeitlich begrenzt. In den wenigsten Fällen sind Depressionen dauerhaft. Das gibt es zwar auch, aber häufig verläuft es dann mit einem Auf und Ab.
Dieses Auf und Ab kennt man zum Beispiel vom manisch-depressiven Krankheitsbild, das auch als bipolare Störung bezeichnet wird. Mediziner sprechen dann von „dipolar“. Dabei geht es einmal hoch und dann wieder runter – manchmal über lange Lebensphasen hinweg.
Die meisten Depressionen, von denen Menschen betroffen sind, sind jedoch eher zeitlich befristet und haben einen ganz typischen Verlauf. Am Anfang merkt man es kaum, dann folgt ein relativ starker Absturz. Plötzlich ist man auf einem Tiefpunkt angelangt.
Dieser Tiefpunkt hält eine Zeit lang an – wie lange, ist individuell verschieden. Während dieser Phase bleibt man auf dem Tiefpunkt, sieht keine Perspektive mehr und meint, das sei das vollkommene Ende. Danach folgt meist ein langsames, leichtes Herauskommen aus der Depression.
Dieses Herauskommen kann man unterstützen, zum Beispiel medikamentös oder durch die Umgebung. Häufig, wenn man sich ein wenig erholt hat, kommt es erst einmal zu einem kleinen Rückschlag. Danach geht es langsam weiter bergauf.
Es gibt also einen typischen Verlauf, der nicht immer genau so verlaufen muss, aber auffällig häufig vorkommt. Das gibt zumindest den Angehörigen und vielleicht auch dem Betroffenen selbst ein wenig Hoffnung: Es muss nicht so bleiben.
Biblisches Beispiel: Elija und seine Krise
Ich möchte zu Beginn einen Text aus dem Alten Testament vorlesen, den manche vielleicht aus 1. Könige 19 kennen. Dort wird eine bestimmte Form von Depression beschrieben, die den Propheten Elija betrifft. Elija, einer der wichtigsten Propheten und furchtbarsten Gottesmänner im Alten Testament, erlebt viele Wunder. Wo andere im Glauben versagen, bleibt er treu.
Hier wird eine Situation geschildert, die direkt nach einem großen Triumph Elijas stattfindet. Er versammelt die Propheten der Astarte und des Baal auf dem Berg Gottes, dem Kamel, um ein Schiedsgericht abzuhalten: Wer ist der wahre Gott? Beide Seiten bauen einen Altar. Die Baalspriester errichten ihren Altar, Elija seinen. Dann sollen beide Seiten beten, und der wahre Gott soll Feuer vom Himmel fallen lassen, um seine Macht zu zeigen.
Es wird dramatisch beschrieben, wie die Baalspropheten den ganzen Tag beten und intensiv rufen – doch es passiert nichts. Elija fordert die Leute auf, Wasser über seinen Altar zu gießen, damit klar ist, dass er keine Tricks anwendet. Dann betet er, und plötzlich fällt Feuer vom Himmel und verzehrt alles.
Aus Elijas Sicht ist das ein unheimlicher Triumph. Er steht als einer gegen Hunderte, die eine andere Position vertreten. Das hätte sein Leben kosten können, denn die Menschen beobachten, ob Elija recht hat oder nicht. Gott stellt sich auf seine Seite, und dieses wunderbare Ereignis ist für ihn ein großer Erfolg.
Man könnte sagen: Jetzt ist doch alles in Ordnung. Wer wünscht sich das nicht? Übertragen auf unser heutiges Leben: Jemand ist selbstständig, sucht nach Aufträgen, ringt mit den Händen, und plötzlich kommt der große Auftrag, der Millionen bringt. Man denkt, jetzt habe ich es geschafft, der Durchbruch ist da, ausgesorgt für den Rest des Lebens. So ähnlich könnte man die Situation auch wirtschaftlich betrachten – ein großer Aufschwung.
Doch dann kommt genau das, was in 1. Könige 19 berichtet wird. Dort lesen wir: Ahab, der König von Israel, erzählte seiner Frau Isabell alles, was Elija getan hatte. Isabell sandte einen Boten zu Elija und ließ ihm sagen: „Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dein Leben nehme.“ Als Elija das hörte, machte er sich auf und floh um seines Lebens willen. Er kam nach Beerscheba, das zu Juda gehört, und ließ seinen Diener dort zurück.
Er selbst ging in die Wüste, eine Tagereise weit, setzte sich unter einen Ginsterstrauch und bat um den Tod. Er sprach: „Es ist genug, nimm nun, Herr, mein Leben, denn ich bin nicht besser als meine Väter.“ Er legte sich hin und schlief ein. Da rührte ein Engel ihn an und sprach: „Steh auf und iss!“ Er sah sich um und entdeckte neben seinem Kopf einen auf heißen Steinen gebackenen Brotfladen und einen Krug Wasser.
Nachdem er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Der Engel des Herrn kam ein zweites Mal, rührte ihn an und sagte: „Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ Elija stand auf, aß und trank und ging mit der Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte lang, bis er zum Berg Gottes, dem Horeb, kam.
Dort ging er in eine Höhle und blieb über Nacht. Das Wort des Herrn kam zu ihm und sprach: „Was willst du hier, Elija?“ Elija antwortete: „Ich habe heftig für den Herrn, den Gott der Heerscharen, gestritten, denn die Kinder Israels haben deinen Bund verlassen, deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert umgebracht. Ich bin allein übrig geblieben, und sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen.“
Darauf sprach Gott: „Komm heraus und tritt vor den Berg des Herrn!“ Da ging ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und Felsen zerbrach, vor dem Herrn her. Doch der Herr war nicht im Wind. Nach dem Wind kam ein Erdbeben, aber der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Erdbeben kam ein Feuer, doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam die Stimme eines sanften Säuselns.
Als Elija dies hörte, verhüllte er sein Angesicht mit seinem Mantel, ging hinaus und trat an den Eingang der Höhle. Da kam die Stimme des Herrn zu ihm und fragte erneut: „Was willst du hier, Elija?“ Er wiederholte seine Klage.
Der Herr gab ihm daraufhin neue Anweisungen: „Kehre auf deinem Weg zurück in die Wüste, wandere nach Damaskus und salbe Hasael zum König über Aram. Salbe Jehu, den Sohn Nimsis, zum König über Israel. Und Elisa, den Sohn Zaphats von Abelmechola, sollst du zum Propheten an deiner Stelle salben.“
Danach folgt noch ein längerer Abschnitt mit weiteren Arbeitsanweisungen, den ich an dieser Stelle erst einmal beenden möchte.
Depression nach Erfolg und die Bedeutung von Erschöpfung
Das, was wir hier beschrieben finden, ist eine Art Depression. Dabei können wir uns die Frage stellen: Warum gerade jetzt? Dem ging es doch vorher so gut.
Ein wichtiger Aspekt ist, dass eine Anfälligkeit für Depressionen auch nach dem Erreichen eines bestimmten Höhepunkts im Leben entstehen kann. Zum Teil liegt das daran, dass ein solcher Höhepunkt meist emotional sehr fordernd ist. Elija war ja darauf eingestellt, dass Gott das Feuer vom Himmel schicken könnte oder nicht. Diese Erwartungshaltung bringt eine enorme Anspannung mit sich – sowohl für ihn persönlich als auch für sein geistliches Anliegen.
Manchmal investiert man sich ganz in ein Projekt, arbeitet intensiv daran, und sobald das Projekt abgeschlossen ist, folgt ein Tiefpunkt. Das ist übrigens auch typisch bei heutigen Depressionen. Zum Beispiel bei jemandem, der sich im Beruf sehr engagiert und sein ganzes Leben auf die Pension hinlebt. Dann kommt die Pension, und plötzlich entsteht ein großes Loch. Man könnte sagen: Jetzt freue dich doch! Du hast das Arbeitsleben hinter dir, warst erfolgreich und kannst es genießen. Doch statt Genuss kommt diese Tiefphase.
Gerade in solchen Situationen, wenn man auf einem Höhepunkt angekommen ist und scheinbar alles gut läuft, kann eine Anfälligkeit für Depressionen entstehen. Denn es geht nicht mehr weiter aufwärts. Man hat alle Energie und Kraft investiert, und manchmal fehlt dann die Kraft – auch wenn man das im Moment noch nicht merkt. Das bedeutet: Eine Anfälligkeit für Depression und Entmutigung kann gerade in solchen Phasen auftreten.
Hinzu kommt hier eine reale Bedrohung: Die Königin hat gesprochen, sie will Elija umbringen. Er hat ihre Propheten bekämpft, und jetzt droht sie ihm. Das ist eine ernsthafte Gefahr. Andererseits hätte Elija doch auch sagen können: Der Gott, der Feuer vom Himmel fallen lässt, wird mich doch vor den Soldaten der Isabell bewahren können. Rein geistlich betrachtet hat er einen großen Gott, der ihn bisher beschützt hat. Warum sollte das jetzt anders sein?
Später sagt Elija sogar, er sei der Einzige, der übrig geblieben ist. Doch wenn man weiterliest, steht dort, dass es noch siebentausend andere in Israel gibt, die treu geblieben sind, genauso wie er. Diese Korrektur zeigt, dass seine Wahrnehmung nicht ganz stimmt.
Gerade in Elijas Reaktion zeigt sich eine typische Phase, in die man bei Depressionen gerät. Zunächst ist er vollkommen frustriert. Er meidet Menschen, will nicht mehr an die Öffentlichkeit oder in Gemeinschaft. Selbst seinen Diener, der mit ihm unterwegs ist, lässt er zurück und zieht sich ganz allein in die Wüste zurück.
Dort offenbaren sich seine Gedanken: Am liebsten würde er sterben. Er sieht keine Perspektive mehr und meint, das alles habe keinen Sinn. Das ist eine typische Phase der Depression. Dabei will er doch eigentlich gerade dem Tod entkommen. Er ist geflohen, weil die Soldaten ihn umbringen wollen. Nun sagt er in der Wüste: Am besten wäre ich tot. Hätte er das wirklich gewollt, hätte er sich nicht in die Wüste flüchten müssen. Die Soldaten hätten ihn ja töten können – vielleicht schneller, als er jetzt verhungert.
Doch darum geht es nicht. Es geht darum, dass er jede Lebenskraft verloren hat, keine Perspektive mehr sieht und die Situation schlechter einschätzt, als sie tatsächlich ist. Das fällt hier besonders auf. Tatsächlich ist er verfolgt, aber er ist nicht allein. Gott hat ihn bisher bewahrt und wird ihn auch weiterhin schützen. Die Soldaten der Isabell werden ihn nicht bekommen.
Elija selbst jedoch schätzt seine Lage schlimmer ein, als sie ist. Das ist ein reales Problem, und das ist bei Depressionen oft so: Es gibt reale Probleme, nicht immer, aber sehr häufig. Diese Probleme sollte man nicht einfach wegreden.
Ein wichtiger Hinweis: Wenn man mit jemandem zu tun hat, der an Depressionen leidet, sollte man nicht versuchen, die Probleme kleinzureden oder zu sagen: „Es ist doch alles gut, freu dich doch am Leben.“ Das ist meist kontraproduktiv. Denn in vielen Fällen stimmen diese Aussagen nicht. Die Probleme sind real.
Zum Beispiel jemand, der querschnittsgelähmt ist – da kann man nicht einfach sagen, freu dich des Lebens. Oder jemand, der mit sechzig arbeitslos wird und keinen Job mehr findet. Hier in der Umgebung von Gelsenkirchen, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist, ist die Chance, eine neue Stelle zu finden, sehr gering. Dass man da Depressionen bekommt, ist verständlich.
Deshalb hilft es nicht, eine Scheinkosmetik zu betreiben und zu sagen: „Alles ist gut, kein Problem.“ Das nimmt der betroffenen Person nicht das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden – und das zu Recht.
Das Problem des Betroffenen in seiner Depression ist nicht, dass er die Probleme völlig falsch sieht, sondern dass er sie überbewertet. Die Probleme und die Lebensbedrohung sind real, aber er bewertet sie übermäßig groß ein. Plötzlich erscheint das Problem riesengroß.
Hier zeigt sich eine weitere Schwierigkeit der Depression: Wenn Probleme die Depression auslösen, drehen sich die Gedanken nur noch darum. Sie nehmen den gesamten Horizont ein, von morgens bis abends. Alle anderen Lebensbereiche treten in den Hintergrund.
So ist es auch bei Elija. Es gibt kein neues Projekt, keinen Gedanken daran, dass Gott ihn doch bewahrt hat und Großes geschaffen hat. Gerade für den Gläubigen sinkt in solchen Phasen das Vertrauen auf Gott. Es entsteht eine Gotteskrise.
Elija sagt zu Gott nicht: „Hilf mir!“, sondern bittet: „Nimm mir doch das Leben, das bringt doch alles nichts mehr.“ Das Vertrauen zu Gott ist verloren.
Wir können diese Phase als Erschöpfungsdepression bezeichnen. Jemand, der sich richtig angestrengt hat, der sich sehr bemüht hat, und dann auf einen Tiefpunkt stößt. Es sind auch andere Aspekte dabei. Einen genauen Namen für die Art der Depression zu finden, hilft uns nicht viel weiter.
Der Mann hier ist fertig – psychisch, das zeigt seine Äußerung „Am besten wäre ich tot“. Er ist auch körperlich erschöpft. Das merken wir daran, dass er sich in der Wüste hinsetzt und einschläft. Er ist kaputt, auch körperlich.
Gottes fürsorgliche Reaktion und Aufbau
Die Reaktion Gottes an dieser Stelle ist durchaus erstaunlich. Gott hätte Elija zur Rechenschaft ziehen und sagen können: „Hey, du Kleingläubiger, du Oberflächlicher, warum vertraust du mir nicht einfach? Dann kümmere ich mich nicht mehr um dich.“ Das wäre eine Möglichkeit gewesen.
Diese Reaktion wäre jedoch ganz unberechtigt gewesen. Gott hätte auch sagen können: „Schau mal, ich habe immer für dich gesorgt, du undankbarer Kerl. Ich habe dir gerade ein großes Wunder gegeben, das kaum ein Mensch je in seinem Leben erlebt hat. Warum vertraust du nicht auf mich?“ Doch genau das tut Gott an dieser Stelle nicht.
Und genau so sollten wir auch nicht reagieren, wenn wir mit jemandem zu tun haben, der in einer Depression steckt. Denn Menschen, die an Depressionen leiden, haben oft ein sehr negatives Selbstbild. Sie denken: „Ich bin doch ein Versager, das klappt alles nicht, ich bin der Schlimmste von allen.“ Manchmal empfinden sie Schuld gegenüber der Familie, manchmal gegenüber sich selbst. Sie sagen: „Ich bin zu schwach und zu mühsam, das geht alles nicht.“ Gerade gläubige Menschen fühlen manchmal auch Schuld gegenüber Gott und denken: „Ich habe vor Gott versagt, das bringt alles nichts mehr.“
Diesen Druck jetzt noch zu erhöhen, hilft gar nicht – im Gegenteil, es macht die Situation nur noch schlimmer. Jemandem zu sagen: „Ja, du bist ja ein Loser, komm doch endlich mal heraus!“ hilft meistens nicht. Denn genau das ist eines der Probleme, in denen die Betroffenen stecken. An dieser Stelle darauf hinzuweisen, wäre vollkommen falsch.
Interessanterweise tut Gott hier genau das nicht. Er macht Elija keine großen Vorwürfe, sagt nicht, sein Glaube sei schwach und er solle sich doch zusammenreißen. Stattdessen geschieht etwas ganz Ungewöhnliches: Gott versorgt ihn.
Es wirkt fast wie in einem Hotel. Zuerst bekommt Elija Essen und Trinken, dann Schlaf, dann wieder Essen und Trinken, und wieder Schlaf. Diese Nahrung scheint sogar eine Art Wunderkraft zu haben. Denn wir lesen, dass Elija danach vierzig Tage und Nächte durchgewandert ist. Das war also offenbar keine gewöhnliche Ernährung. Was genau darin enthalten war, möchten manche, mich eingeschlossen, heute gerne wissen. Stellen Sie sich vor, Sie essen heute Morgen beim Frühstücksbuffet das Gleiche und könnten dann vierzig Tage lang durcharbeiten. Für manche wäre das vielleicht eine Strafe, aber ich würde mir manchmal wünschen, ein bisschen weniger Schlaf und mehr Zeit zum Arbeiten zu haben – ohne dabei kaputtzugehen.
Gott baut Elija zuerst einmal körperlich auf – das ist das Geheimnis dahinter. Genauso ist es auch in vielen Phasen schwerer Depressionen: Zuerst braucht es eine Phase der körperlichen Erholung. Ein Teil des Drucks muss weggenommen werden, damit der Körper wieder stabil wird.
Erst danach folgt die psychische, seelische und geistliche Verarbeitung der Krise. Genau so geschieht es hier auch. Zuerst körperliche Ruhe und das Entfernen äußerer Faktoren, die den Druck verursacht haben – gerade bei einer Erschöpfungsdepression. Wenn eine gewisse Stabilität erreicht ist, kann man an der weiteren Verarbeitung arbeiten.
Im typischen Verlauf einer Depression, in der Phase, in der jemand am Tiefpunkt angekommen ist, helfen viele Gespräche und Versuche, die Person aufzubauen, relativ wenig. Hier geht es erst einmal darum, Anteilnahme zu zeigen und den Körper wieder aufzubauen, um aus dem tiefsten Punkt herauszukommen.
Wenn die Person dann aus dieser Phase heraus ist, braucht es die seelische und geistliche Verarbeitung der Krise, um wieder auf ein normales Niveau zu kommen. Gleichzeitig dient das auch der Vorbeugung, damit die Anfälligkeit für eine nächste depressive Phase geringer wird.
Das bedeutet zum Beispiel: Wer zum Workaholic neigt, sollte nach der Krise sein Leben anders ordnen und sich gleichzeitig eine Ruhepause gönnen, damit es nicht wieder zu einer erneuten Episode kommt. Es gibt Faktoren, auf die man achten kann, aber die sind in der akuten Phase der Depression nicht relevant.
Erst wenn man dabei ist, aus der Depression herauszukommen, sollte man darüber nachdenken und Veränderungen einleiten. Manchmal kann die betroffene Person das selbst nicht einmal. Das kennen wir alle: Selbst mit der besten Einsicht denkt man, wenn es einem besser geht, „Jetzt klappt es wieder, jetzt kann ich weitermachen.“ Oft bildet man so jedoch die Grundlage für die nächste Depression.
Deshalb ist es wichtig, dass die Umwelt hier hilft – sanft und mit Liebe, aber manchmal auch mit Konsequenz. Es muss klar gesagt werden, dass an bestimmten Stellen im Leben etwas geändert werden sollte, sofern erkennbar ist, dass es mit der Depression zusammenhängt.
Manche Depressionen hängen jedoch nicht mit dem äußeren Leben zusammen. Diese sind rein körperlich oder somatisch verursacht. In solchen Fällen gibt es weniger Möglichkeiten, durch Veränderungen im Lebensstil zu reagieren.
Geistliche Dimension der Depression und Gottes Nähe
Dann folgt diese geistliche Lektion, in der Gott ihm selbst erscheint – ein Gotteserlebnis, die Nähe Gottes. Ich glaube, das ist für jeden, der mit Depression zu tun hat, eine sehr wichtige Erfahrung. Denn Depression ist in den wenigsten Fällen rein körperlich; sie hat immer auch eine seelische und eine geistliche Komponente.
In der Bibel wird uns das ganz deutlich vor Augen geführt. Auch immer mehr Mediziner der Gegenwart erkennen, dass der Mensch eine körperlich-seelisch-geistliche Einheit ist. Wenn ein Teil darunter leidet – etwa der Körper, wie wir es bei der Depression sehen, und zum Teil auch die Psyche – dann hat das immer auch eine geistliche Komponente, die dahintersteht. Diese sollten wir berücksichtigen, um aus der Depression herauszukommen und um Kräfte zu sammeln. So können wir etwas immuner oder widerstandsfähiger gegen künftige Depressionen werden.
Hier zeigt sich ganz klar: Wer Christ ist und an einer Depression leidet, bei dem leidet meistens auch die Gottesbeziehung. Gott scheint weit entfernt zu sein. Manche sagen, sie geben ihren Glauben auf. Sie wissen nicht mehr, ob sie noch gerettet sind oder ob sie bei Gott sind. Dieser Zweifel umfasst alles und führt zu einem inneren Ringen. Das muss aufgearbeitet werden. Man kann nicht einfach sagen, das wird von selbst wieder in Ordnung kommen.
Bei manchen ist es auch so, dass eine falsche Gottesvorstellung die Depression verursacht. Wenn man Gott sich immer nur als himmlischen Polizisten vorstellt, der auf jedes Detail achtet, kann man in der Krise noch mehr zerbrechen. Man sieht dann plötzlich, wo man versagt hat und was man falsch gemacht hat. Das drückt noch mehr herunter. Interessanterweise ist das aber nicht das, was Gott hier tut. Er hält keine Vorhaltungen. Zunächst zeigt er sich einfach: „Hier bin ich.“
Was wir hier auch sehen, ist nicht die Gewalt Gottes, die ihn anrührt, sondern die Liebe Gottes. So würde ich es deuten: Diese sanfte Säuseln, diese Ruhe, dort begegnet Gott. Und genau das braucht jemand, der in Depressionen gerät, am meisten. Der gewaltige Gott, der Erdbeben machen kann – das ist gut, und wir dürfen uns das auch vor Augen halten. Aber er ist eben auch der, der sich dem Schwachen annimmt, sich auf dessen Ebene stellt und ihm zunächst Annahme und Zuwendung gibt. Das ist genau das, was Elia hier bekommt.
Dabei bleibt Gott aber nicht stehen. Er gibt ihm einen neuen Auftrag. Das heißt, er zeigt ihm auch: „Du bist mir wichtig. Du hast hier versagt, du hättest anders reagieren können, aber du bist mir wichtig. Ich werde durch dich weiterhin wichtige Dinge in der Zukunft tun.“ Auch das braucht jemand, der in Depressionen gerät. Sonst kann man schnell in der Phase der Mutlosigkeit und Wertlosigkeit stecken bleiben.
Wenn Gott jetzt genauso reagiert, wie wir es auch tun sollten – trotz deines Versagens und deiner Schwäche – dann kann Gott dich weiter gebrauchen. Er nimmt dich an. Wir sehen eine Zukunft mit dir, auch wenn sie vielleicht nicht dieselbe ist wie vor der Depression. Aber Gott hat dich nicht aufgegeben, auch wenn du versagt hast und Schwäche gezeigt hast. Das kann in der Phase der Depression durchaus passieren. Gott hält an dir fest.
Hier haben wir also drei Stufen: Erstens die körperlichen Versuche, wieder auf ein stabiles Maß zu kommen. Zweitens die Annahme und das Zeigen von Liebe. Drittens ein neuer Horizont mit zukünftigen Aufgaben.
Wäre Elia jetzt einfach wieder zurück in die Wüste gegangen, wäre möglicherweise die nächste Phase der Depression gekommen: „Ich habe keine Aufgabe, ich bin sinnlos, was mache ich hier überhaupt?“ Aber das passiert nicht. Jetzt hat er eine Aufgabe, für die er sich einsetzen kann. Sie entspricht seiner Größenvorstellung, und mit der Unterstützung Gottes kann er die nächsten Schritte gehen.
Ich glaube, das hilft uns zu sehen, wie Gott in der Bibel mit Depression und Entmutigung umgeht. Und das ist nicht die einzige Stelle, die wir in der Bibel finden. Wir wissen auch von David, dass er mit Depression zu kämpfen hatte. Besonders nach der Phase, in der er seinen Ehebruch mit Bathseba begangen hat.
Davids Klage und der Weg zur Vergebung
Da lesen wir im Psalm 38, Vers 4: „Keine heile Stelle ist in meinem Fleisch wegen deiner Verwünschungen, nichts Heiles ist in meinen Gebeinen wegen meiner Verfehlungen. Denn meine Sünden wachsen mir über den Kopf wie eine schwere Last, sie sind zu schwer für mich. Es stinkt, es eitern meine Wunden wegen meiner Torheit. Ich bin gekrümmt, sehr gebeugt, den ganzen Tag gehe ich trauernd einher, denn vollbrannt sind meine Lenden und keine heile Stelle ist an meinem Fleisch. Ich bin ermattet und ganz zerschlagen, ich schreie aus dem Stöhnen meines Herzens. Her vor dir ist mein Begehren, und mein Seufzen ist dir nicht verborgen. Meine Herzpocht, verlassen hat mich alle meine Kraft und das Licht meiner Augen, auch habe ich nicht mehr.“
Hier erkennen wir eine typische Beschreibung einer schweren Depression. Wenn wir in die Geschichte hineinschauen, sehen wir, dass das, was er beschreibt, rein körperlich nicht vorhanden ist. Er hat keine gebrochenen Knochen, keine eiternden Geschwüre. Es ist vielmehr ein tiefes seelisches Empfinden. Er ist tief unten, weil er erkannt hat, dass er schwere Sünde begangen hat. Wir wissen, dass es nicht nur der Ehebruch war, sondern auch der Mord an dem Mann, mit dessen Frau er Ehebruch begangen hat.
Das kann schwer auf einem lasten. Als ihm das zum Bewusstsein kommt, erlebt er dieses große Tief: „Was bin ich für ein elender Mensch? Was habe ich da Schlimmes getan?“ Und es stimmt ja auch. Wir könnten nicht einfach sagen: „Ach, ist doch nicht so schlimm.“ Natürlich ist es schlimm, wenn man Menschen umbringen lässt. Natürlich ist es schlimm, dass er die Ehe kaputtgemacht hat. Das ist da, und es kommt ihm zum Bewusstsein.
Hier sehen wir wieder die psychosomatische Verflechtung. Das heißt, er fühlt sich psychisch und geistlich schlecht, und das hat Auswirkungen auf den Körper. Er fühlt sich ganz zerschlagen und fertig. Auch das kann eine Ursache sein: nicht nur das rein Körperliche, sondern auch das Geistliche und Seelische. Wenn wir geistlich und seelisch leiden und uns das zum Bewusstsein kommt, kann das uns auch in eine körperliche Depression hineinführen – mit allen anderen Erscheinungen wie Abgeschlafftheit, unendlicher Müdigkeit und verschiedenen Schmerzen, die aber mit der Depression zusammenhängen, genau wie hier.
Das Ganze endet an dieser Stelle wiederum mit einer Begegnung Gottes. Gott spricht ihm Vergebung zu. Dann schreibt er in Psalm 32, Vers 5: „So tat ich dir kund meine Sünden und deckte meine Schuld nicht zu. Ich sagte: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen, und du hast vergeben alle Schuld meiner Sünde.“
Etwas später schreibt er dann: „Glücklich der, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde zugedeckt ist, glücklich der Mensch, dem der Herr die Schuld nicht zurückrechnet, in dessen Geist kein Trug ist.“ Das Ganze geht noch ein Stückchen weiter. Hier merken wir: Der Kern, wie er aus dieser Depression herauskommt, ist, dass er merkt: Trotz meiner Sünde hat Gott mir vergeben.
Das ist ein Weg, gerade wenn wir in Depressionen stecken und merken, dass wir schuldig geworden sind. Manche Psychotherapeuten versuchen dann zu zeigen, dass Schuld gar nicht da ist, dass man kein Problem damit haben muss. In vielen Fällen stimmt das aber nicht. Da ist wirklich Schuld, denn wir alle laden in unserem Leben Schuld auf uns.
Der entscheidende Weg, den die Bibel zeigt, ist nicht, Schuld wegzuerklären, sondern Schuld vergeben zu bekommen. Ich glaube, das ist der viel bessere Weg. Wenn wir Schuld verdrängen, kommt sie irgendwann wieder hoch. Irgendwann merken wir: Da ist doch Schuld. Aber wenn sie vergeben ist, dann ist sie weg – wie eine Schuld.
Wenn ich zum Beispiel bei der Bank Schulden für den Bau meines Hauses habe, kann ich nicht einfach sagen, ich habe keine Schulden, und sie ignorieren. Irgendwann kommt die nächste Rechnung. Aber wenn jemand anderes die Schulden bezahlt, dann bekomme ich keine Rechnung mehr. Dann ist es wirklich erledigt, und ich muss mir keine Sorgen mehr machen.
So ähnlich ist es mit der Schuld vor Gott. Wenn ich versuche, sie beiseitezudrängen oder wegzuerklären, wird das nicht funktionieren. Aber wenn Gott wirklich vergibt, kann ich mich darauf berufen. In der nächsten Phase, wenn mich die Schuld wieder fertig machen will, kann ich sagen: Diese Schuld war da, aber sie ist bezahlt, sie ist mir vergeben.
Das ist das wunderbare Angebot, das Christen kennen. Sie wissen: Ich muss mit der Schuld nicht selbst fertigwerden, und ich muss auch nicht selbst dafür bezahlen. Obwohl ich es nicht verdient habe, will Gott die Schuld in meinem Leben wegnehmen. Alles, wo ich versagt habe, falsch gehandelt habe oder Schuld auf mich geladen habe – wenn ich Gott darum bitte, kann mir vergeben werden. Dann kann Gott mir Kraft geben, mit den Folgen meines falschen Verhaltens leben zu können.
Das ist es, was David hier erlebt. Wir sehen jetzt zwei Varianten von Depression: Eine Variante ist primär körperlich ausgelöst, wie die Schöpfungsdepression des Elija. Die andere Variante wird stärker durch tatsächliche Schuld verursacht, wie bei David. Diese wird beseitigt, indem er die Schuld anerkennt.
Er sagt ja auch: Glücklich ist, der seine Schuld nicht unter den Tisch kehrt, sondern sie anerkennt, dazu steht und Gott um Verzeihung bittet. Dem wird die Schuld weggenommen, und er kann wieder Befreiung erleben.
Ich habe gerade gelesen: Zuerst ist er vollkommen zerstört, und dann bekommt er diese Perspektive: Zum Glück ist Gott da, der vergibt. Ich muss nicht und kann auch gar nicht immer alle Schuld neutralisieren oder selbst wiedergutmachen. Das ist die andere Perspektive, in die man hineinkommen kann.
Grundlegende Aspekte und Lebensphasen der Depression
Das waren zwei Beispiele aus der Bibel, die uns bereits einen gewissen Blickwinkel eröffnen und unseren Horizont erweitern können. Nun möchte ich auf einige grundsätzlich wichtige Aspekte eingehen, die das Thema Depression betreffen.
Ich werde keinen medizinischen Fachvortrag halten, da ich davon ausgehe, dass hier nicht nur Krankenschwestern und Ärzte sitzen, die wahrscheinlich noch besser über die medizinischen Hintergründe der Depression Bescheid wissen als ich. Wobei ich den Eindruck habe, dass selbst Ärzte manchmal unsicher sind. Alle paar Jahre ändern sich zudem die Einordnung und die Therapie von Depressionen.
Dennoch möchte ich einige Punkte nennen, die grundsätzlich eine wichtige Rolle bei Depressionen spielen.
Zunächst einmal ist klar: Depression kann jeden betreffen. Es gibt keine Menschen, die garantiert frei von jeder Depression sind. Statistische Erhebungen zeigen, dass bestimmte Lebenssituationen und Lebensalter besonders anfällig für Depressionen sind.
Zum Beispiel treten bei Frauen Depressionen auffällig häufig im Alter zwischen 40 und 50 Jahren auf. Das bedeutet, viele Frauen haben in diesem Alter Depressionen. Natürlich gibt es sie auch davor und danach, und es spielen weitere Faktoren eine Rolle. Dennoch ist dieses Alterssegment besonders auffällig.
Bei Männern hingegen treten Depressionen am häufigsten zwischen 50 und 60 Jahren auf. Das heißt, bei Männern verschiebt sich die Anfälligkeit etwas nach hinten.
Man kann lange überlegen, woran das liegt. Vielleicht an körperlichen Umstellungen, vielleicht daran, dass man langsam merkt, den Höhepunkt des Lebens überschritten zu haben. Häufig sind es auch Lebensphasen, in denen die Kinder groß werden und mehr Spannungen entstehen. Wenn man etwa mit zwanzig Jahren Kinder bekommt, sind diese zwischen 40 und 50 Jahren oft in der Pubertät. Das bringt Konflikte mit sich, die belastend sein können.
Bei manchen Frauen beginnen in diesem Alter die Wechseljahre, was ebenfalls eine Rolle spielen kann. Manche Männer spüren mit 50 und darüber hinaus, dass sie ihren Höhepunkt erreicht haben und körperlich abbauen. Das sind mögliche Faktoren, die statistisch mit der Häufung von Depressionen bei Frauen zwischen 40 und 50 und bei Männern zwischen 50 und 60 zusammenhängen.
Ein weiterer auffälliger Faktor ist die Schwangerschaft bei Frauen. Man spricht von der sogenannten Schwangerschafts- oder Wochenbettdepression. Statistisch gesehen betrifft das etwa 50 Prozent der schwangeren Frauen. Bei manchen äußert sich das nur in einem sogenannten Heultag – meist zwischen dem zweiten und fünften Tag nach der Geburt. An diesem Tag ist die Frau oft sehr emotional, weint ohne einen bestimmten Grund und kann das auch nicht verbal ausdrücken.
In solchen Momenten hilft es nicht, lange zu diskutieren oder zu sagen: „Ach Schatz, es ist ja nicht so schlimm.“ Stattdessen ist es wichtig, einfach da zu sein, Gemeinschaft zu geben und Nähe zu zeigen. Diese Art von Depression geht meist bald wieder vorbei, sodass man sich keine großen Sorgen machen muss, auch wenn die Frau den Moment als sehr schlimm empfindet. Es ist nicht hilfreich zu sagen, „Das geht morgen vorbei“, aber es ist wichtig, Nähe und Zuneigung zu zeigen und zu wissen, dass es keine dauerhafte Situation ist.
Auch Jugendliche leiden häufig an Depressionen. Das ist eine Phase, in der Depressionen besonders häufig auftreten, vor allem bei Jugendlichen, die Schwierigkeiten mit ihrem Leben haben. Sie wissen oft nicht, wie es weitergeht, fühlen sich gelähmt und können keine Entscheidungen treffen. Manche schlafen endlos, versuchen sich durch Ablenkung zu helfen oder leiden unter einem niedrigen Selbstwertgefühl. Manche verletzen sich sogar selbst.
Viele Jugendliche stehen unter großem Druck: die Erwartungen der Eltern, die Erwartungen der Gesellschaft, die Suche nach der eigenen Identität. Manche geraten in eine Phase der Lähmung und Depression. Das erklärt auch, warum in der Jugendphase auffällig viele Selbstmorde vorkommen. Manche sehen darin den letzten Ausweg, weil sie keinen anderen Ausweg mehr sehen.
Depressionen tauchen häufig auch in großen Lebenskrisen auf. Zum Beispiel bei Trennungen oder dem Scheitern einer Ehe. Oft folgt eine Phase der Isolation. Statistisch gesehen trifft das Männer noch stärker als Frauen, aus unterschiedlichen Gründen. Aber auch Frauen sind betroffen.
Stellen wir uns vor, jemand war zwanzig Jahre verheiratet. Die Ehe war mal mehr, mal weniger gut, aber man gehörte zusammen. Selbst wenn man sich nicht gut verstand, war das eine Stabilität, ein Teil des Lebens. Wenn diese Beziehung plötzlich zerbricht, kann das zu einer schweren Depression führen. Denn ein großer Teil des Lebens wird dadurch infrage gestellt oder fällt weg.
Auch der soziale Kontext verändert sich oft. Viele Menschen im Umfeld wissen nicht, wie sie auf die Trennung reagieren sollen, und nehmen Abstand. Das macht die Situation noch schwieriger: Die wichtigste Beziehung bricht auseinander und gleichzeitig verliert man sozialen Rückhalt. Das ist eine Phase, in der Depressionen häufig auftreten.
Ein weiterer Auslöser kann der Verlust des Arbeitsplatzes sein. Früher war das häufiger bei Männern der Fall als bei Frauen, weil viele Männer sich stark über ihren Beruf definieren. Wenn dieser plötzlich wegfällt oder infrage gestellt wird, kommen Selbstzweifel auf: „Wofür bin ich noch gut? Wer will mich noch?“ Das kann sehr belastend sein und zu Depressionen führen.
Auch der Tod des Ehepartners kann eine schwere Depression auslösen. Ebenso die Pensionierung, besonders bei Männern. Obwohl sie nicht arbeitslos sind, erleben viele die Pensionierung als Verlust. Sie haben ihr Leben lang gearbeitet, waren wichtig in der Firma, wurden geschätzt. Plötzlich fragt niemand mehr nach ihnen, die Kollegen sind kaum noch da. Die Zeit muss neu gefüllt werden. Anfangs fühlt sich das wie Urlaub an, aber bald wird klar, dass das Leben mehr bieten muss.
Auffällig ist, dass Männer oft kurz nach der Pensionierung sterben. Das ist ungewöhnlich, denn die Arbeitsbelastung fällt ja weg. Hier bricht oft eine innere Unruhe, Frustration und Niedergeschlagenheit auf, die sich auch körperlich äußern kann. Vielleicht ist ein Organ bereits geschwächt, und die psychische Belastung ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Wir müssen immer im Blick behalten: Körper, Seele und Geist gehören zusammen. Diese Bereiche sind untrennbar verbunden. Psychische Belastung kann sich somit auch körperlich auswirken und im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen.
Im Alter kommen oft Krankheiten hinzu, Einsamkeit ist häufig ein Thema, und das kann zu Depressionen führen. Es gibt also viele äußere Faktoren, die mit der Lebenssituation zusammenhängen.
Daneben gibt es Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, wie genetische Prädispositionen. Man weiß, dass eine Veranlagung zu Depressionen vererbt werden kann. Wenn es in der Familie Menschen gab, die stark depressiv waren, ist die Anfälligkeit höher.
Das kann man nicht ändern. Man erbt von den Vorfahren sowohl positive als auch negative Eigenschaften. Menschen mit einer melancholischen Veranlagung haben oft auch Vorteile: Sie denken intensiver, nehmen Dinge ernster und zeigen mehr Empathie. Doch diese Veranlagung macht sie auch anfälliger für Depressionen, besonders wenn äußere Probleme hinzukommen.
Es gibt auch rein körperliche Faktoren. Beispielsweise spielen Botenstoffe wie Dopamin eine Rolle. Ein Zuviel oder Zuwenig kann zu Depressionen führen. Diese körperlichen Ursachen lassen sich oft medikamentös behandeln.
Auch Umweltfaktoren sind wichtig. Ernährung kann eine Rolle spielen, ebenso Bewegung. Sport und frische Luft helfen gegen Depressionen, zumindest ein Stück weit. Wer viel zu Hause sitzt, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit, depressiv zu werden, als jemand, der aktiv ist.
Ein weiterer interessanter Faktor ist das Nord-Süd-Gefälle in Europa. In Nordeuropa gibt es auffällig mehr Depressionen als in Südeuropa. In Skandinavien beispielsweise sind Depressionen häufiger als in Griechenland oder Italien. Man führt das auf die Sonneneinstrahlung zurück.
Viele können das nachvollziehen. Mir selbst geht es ähnlich: Ich werde nicht automatisch depressiv bei Regen, aber wenn morgens die Sonne lacht, bin ich gleich besser gelaunt und starte positiver in den Tag. Wenn dann noch schöne Musik, ein Gebet oder ein ermutigender Bibelvers dazu kommen, beginnt der Tag ganz anders, als wenn ich gleich mit Stress und Belastungen konfrontiert werde.
In Nordeuropa, wo es oft dunkel und düster ist und es sogar ein halbes Jahr mit wenig Licht gibt, sind Depressionen häufiger. Deshalb gibt es dort sogar Lichttherapien. Patienten werden für eine halbe bis eine Stunde in einen Raum mit sehr hellem Licht gesetzt. Dieses Licht ist genau dosiert und kann die depressive Stimmung mildern.
Ob es zu Hause hilft, einfach mehr Lampen anzuschalten, ist unklar, da gibt es keine Untersuchungen. Aber die häusliche Umgebung kann sicherlich Depressionen fördern oder abschwächen.
Ein dunkles, halb beleuchtetes Zimmer wirkt meist drückend auf die Stimmung. Ebenso eine unordentliche Wohnung, in der überall Dinge herumliegen, kann das Gemüt belasten. Dann entsteht ein innerer Druck: „Hier müsste ich aufräumen, dort müsste ich etwas tun.“ Das kann lähmend wirken.
Das gilt auch für den Schreibtisch. Wenn dort viele unerledigte Dinge liegen, kann das Mutlosigkeit verstärken. Ein aufgeräumter, gut beleuchteter Arbeitsplatz fördert Konzentration und Motivation.
Musik kann ebenfalls eine Rolle spielen. Sie kann Depressionen auslösen, aber auch helfen, sie zu lindern. Jeder reagiert anders auf Musik. Es gibt Musik, die seelisch ausgleicht und beruhigt, und andere, die eher bedrückend wirkt.
Klassische Musikstücke in Moll zum Beispiel können bei manchen Menschen depressive Gefühle verstärken. Edvard Grieg hat solche Stellen, die, wenn man sie hört, die Stimmung trüben können. Manchmal mag man diese melancholische Stimmung auch bewusst, aber wenn man zur Depression neigt, sollte man solche Musik eher meiden und sich für motivierende, frische Musik entscheiden.
Es gibt sogar Musiktherapeuten, die auf bestimmte seelische Zustände eingehen und passende Musik empfehlen. Manche sprechen von „Musikapotheken“, die für verschiedene Probleme bestimmte Musikstücke anbieten. Ganz so einfach ist es wohl nicht, aber es gibt durchaus Musik, die aufbaut und ausgleicht.
Viele Menschen nutzen Musik zum Stressabbau. Ich kenne Leute, die nach einem anstrengenden Tag erst einmal Musik hören, um zur Ruhe zu kommen. Auch beim Autofahren kann ruhige Musik helfen, den Stress zu mindern.
Als Christ würde ich sagen, Musik kann nur ein Faktor sein. Sie kann die wahren Stressursachen nicht beseitigen, aber etwas zum Ausgleich beitragen. In stressigen Situationen hilft mir manchmal auch das Gebet: „Gott, mach mich ruhig. Jesus, gib mir Geduld und Frieden.“
Das sind typische Momente, in denen man nichts ändern kann, zum Beispiel im Verkehr. Manchmal würde man gerne auf die Gegenfahrbahn ausweichen oder überholen, aber das geht nicht. Also bleibt nur Geduld. Und dabei kann Gott helfen, innere Ruhe zu schenken – mehr noch als Musik.
Musik kann unterstützend wirken, aber die wahre Kraft kommt von Gott.
Symptome der Depression
Ich möchte jetzt einige Symptome nennen, die medizinisch typischerweise mit Depressionen in Verbindung gebracht werden. Diese können zur Selbstdiagnose dienen, um selbst ein bisschen darauf zu achten. Anschließend möchte ich noch einige Hinweise und Tipps geben, wie man vorbeugend, begleitend oder unterstützend bei Depressionen handeln kann.
Die Symptomatik einer Depression wird medizinisch meist folgendermaßen beschrieben: Niedergeschlagenheit, Bedrücktheit, Weinkrämpfe oder leises Weinen, Resignation. Manche Betroffene erleben innere Unruhe, starke Erregung oder auch Hemmung. Viele empfinden sich freudlos, zeigen eine Interessenslosigkeit, und die Genussfähigkeit nimmt ab. Man hat keinen Spaß mehr am Essen, keinen Spaß mehr am Sonnenschein, keinen Spaß mehr an der Wohnung – Dinge, die einem sonst Freude machen, machen keinen Spaß mehr.
Dies kann ein Warnsignal sein, dass sich eine Depression ankündigt. Diese Kriterien nenne ich nicht, um bei einem einzelnen Punkt Alarm zu schlagen. Aber wenn viele dieser Punkte auftreten, sollte das ein Warnsignal sein: Pass auf! Denn wenn man ganz am Anfang einer Depression steht, kann man manchmal noch verhindern, dass sie den Tiefpunkt erreicht, wenn man rechtzeitig die Notbremse zieht.
Man sollte darauf aufmerksam werden, denn je länger man das verdrängt oder nicht wahrhaben will, desto tiefer kann der spätere Absturz sein. Manchmal hilft noch die eigene Erziehung oder Disziplin, aber das gilt nur in begrenztem Maße. Wenn sich eine Belastung anbahnt, die nicht schnell von selbst wieder vorbeigeht, kann dieser Tiefpunkt kommen. Das kann man als Signal erkennen.
Bei manchen Menschen tritt auch ein Glaubensverlust auf, eine Abnahme der religiösen Glaubensfähigkeit. Man meint, Gott zu erkennen, aber im Glauben setzt eine Frustration oder Stagnation ein. Häufig kommen Mutlosigkeit, Ratlosigkeit und Ängste hinzu. Diese Ängste sind manchmal diffus und beziehen sich nicht auf etwas Konkretes. Es kann Angst vor dem Leben, Angst vor der Existenz oder Angst davor sein, alles zu verlieren und abzustürzen. Diese Ängste tauchen innerlich plötzlich auf und müssen nicht real begründet sein.
So kann zum Beispiel eine Meldung über Unruhe in Libyen oder ein Atomkraftwerksproblem in Japan dazu führen, dass man nicht nur betroffen ist, sondern Lebensangst und Existenzangst entwickelt. Minderwertigkeitsgefühle und mangelndes Selbstwertgefühl sind ebenfalls häufig. Die Angst vor Versagen führt oft zu einer sogenannten self-fulfilling prophecy: Man hat so viel Angst zu versagen, dass man tatsächlich versagt.
Das kennen viele: Man möchte eine Sache gut machen, hat aber Angst, es nicht zu schaffen. Gerade dann passieren Fehler. Ich erinnere mich, als ich erfolglos versuchte, Klavier zu lernen. Zuhause klappte alles gut, aber beim Vorspielen beim Lehrer dachte ich: „Oh, das schaffe ich nicht.“ Tatsächlich passierten dann genau die Fehler, die zuhause nicht auftraten. Das kommt aus dem inneren Gefühl heraus. Es ist nicht objektiv, sondern die Angst vor dem Versagen führt zum Versagen.
Depressionen können sich auch durch Energielosigkeit und Willenlosigkeit zeigen. Schon morgens erschöpft oder müde zu sein, kann ein körperliches Signal sein, dass innerlich psychisch etwas nicht in Ordnung ist. Häufig ist auch die geistliche Stellung zu Gott betroffen. Eine richtige Depression betrifft Körper, Psyche und geistliche Ebene. Meistens sind alle drei Bereiche beeinträchtigt und müssen wieder regeneriert werden.
Manchmal treten Zwänge auf, wie Phobien, Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen. Das kann zum Beispiel häufiges Händewaschen sein, das zehnte Mal etwas abzuwischen oder immer wieder nachzuschauen, ob das Licht aus ist oder die Tür verschlossen ist. Solche Zwangshandlungen drücken eine innere Unsicherheit aus und können ein Signal für eine Depression sein.
Bei manchen Betroffenen zeigen sich Reizbarkeit, Mürrischkeit oder Aggressivität. Im nächsten Moment können sie aber auch traurig darüber sein, weil sie es ja gar nicht wollen und wissen, dass das nicht in Ordnung ist. Manchmal führen Kleinigkeiten, die normalerweise keinen Ärger verursachen, zu übertriebenen Reaktionen. Das zeigt die innere Instabilität und Unzufriedenheit mit sich selbst und der Umwelt.
Diese Empfindlichkeit und Verletzlichkeit richtet sich häufig auf die Beziehung zu anderen. Wenn man zum Beispiel in den Gottesdienst oder zur Arbeit geht und jemand einen nur ein bisschen komisch anschaut, interpretiert man das schnell negativ. Menschen mit Depressionen sind oft überempfindlich und sehen Dinge, die andere nicht sehen. Das führt noch tiefer in die Depression.
Ein Beispiel: Man denkt, mich mag keiner, und sieht dann einen Arbeitskollegen vorbeigehen. Man grüßt ihn, aber er grüßt nicht zurück. Sofort denkt man: „Der hat was gegen mich.“ Dabei hat der Kollege einen vielleicht gar nicht gesehen. Wenn man überempfindlich ist, interpretiert man Blicke und Worte negativ. Man denkt, jemand meint bestimmt mich oder mag mich nicht. Das kann schnell passieren, wenn man in einer depressiven Phase ist.
Ein weiteres Merkmal ist das depressive Grübeln, also die Unfähigkeit, Gedanken abzuschalten. Häufig fällt es gerade abends schwer einzuschlafen, weil man immer wieder denkt: „Was, wenn das passiert? Was, wenn das so kommt? Das ist ja so schlimm!“ Meistens ist das kein positives Grübeln.
Ich selbst habe das bei einem technischen Problem erlebt: Vor zwei Wochen habe ich in unserer Diele eine Treppe gebaut. Ich hatte das vorher noch nie gemacht und habe abends oft darüber nachgedacht, wie ich die Konstruktion am besten mache. Das hat mich auch nachts beschäftigt und ich habe schlecht geschlafen. Aber als die Treppe halb fertig war, konnte ich wieder besser schlafen.
Das depressive Grübeln ist etwas anderes. Es dreht sich um eine Sache, für die es keine Lösung gibt. Man steigert sich hinein, das Problem wird dadurch immer größer, statt kleiner. Dieses Grübeln führt nicht zur Lösung, sondern zur Verschlimmerung.
Weitere Symptome sind Schuldgefühle, häufige Entscheidungsunfähigkeit und Beziehungsstörungen. Manche Menschen leiden unter Hypochondrie, das heißt, sie entdecken ständig neue Krankheiten bei sich. Sie hören von einer Krankheit, merken Schmerzen oder Symptome und denken sofort, sie hätten diese Krankheit auch. Dabei ist das Problem psychisch verursacht.
Solche Menschen gehen von Arzt zu Arzt, doch oft wird das Problem nicht erkannt oder bewältigt. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Psyche und Körper. Man versucht, körperlich zu lösen, was eigentlich psychisch bedingt ist. Die Behandlungen helfen dann nicht, und man fühlt sich oft noch mehr verletzt, wenn der Arzt sagt: „Sie haben ja gar nichts.“
Viele Menschen wollen sich nicht eingestehen, dass sie ein psychisches Problem haben. Sie denken: „Das kann bei mir nicht sein, ich bin doch normal, stark und selbstbewusst.“ Dabei kann jeder unter Depressionen leiden und psychische Probleme bekommen. Diese verlagern sich oft in somatische Beschwerden.
Das kann sich in verschiedenen Empfindlichkeiten, Allergien, besonders häufig Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen zeigen. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass Erwachsene um 40 Jahre auffällig häufig Rückenprobleme haben. Einige Patienten haben dieselbe anatomische Abnutzung an den Wirbeln, aber der eine hat ständig Schmerzen, der andere nicht.
Mediziner vermuten heute, dass psychische Faktoren eine große Rolle spielen. Deshalb treten bei Ehekrisen oder beruflichen Krisen oft auch körperliche Schmerzen auf. Man spürt manchmal eine Art Gefühllosigkeit, alles erscheint weich und wattig, man freut sich nicht mehr, leidet aber auch nicht besonders.
Manchmal treten paranoide Ängste, Verfolgungswahn, Schlafstörungen oder Appetitstörungen auf. Das sind äußerliche Merkmale, die auf geistliche Ursachen hinweisen können, die dahinterstehen.
Vorbeugung und ausgewogenes Leben
Jetzt stellt sich die Frage: Was machen wir? Vielleicht zuerst einmal in Bezug auf die Vorbeugung.
Vorbeugend ist das Wichtigste, wenn ich es in einem Wort sagen würde, Ausgewogenheit. Wenn ich ein ausgewogenes Leben führe, ist die Wahrscheinlichkeit, an Depressionen zu erkranken, relativ stark minimiert. Es gibt keine Garantie, nicht depressiv zu werden, aber die Wahrscheinlichkeit ist relativ gering.
Ausgewogen bedeutet im Bereich des Körperlichen: Wer gar nicht arbeitet, hat ein größeres Risiko für Depressionen, aber auch derjenige, der Tag und Nacht arbeitet. Bezüglich Arbeit braucht es also eine Ausgewogenheit. Möglichst auch eine Balance zwischen intellektueller und körperlicher Arbeit. Wenn man im Beruf nur eines hat – nur körperliche oder nur intellektuelle Arbeit –, ist es gut, wenn man in der Freizeit möglichst das andere stärker auslebt.
Jemand, der immer nur intellektuell arbeitet, ist ein Risikofaktor, genauso wie jemand, der immer nur körperlich arbeitet. Hier braucht es also eine Ausgewogenheit in dieser Hinsicht, also Ausgewogenheit, was das Körperliche angeht.
Ausgewogenheit ist ebenfalls wichtig, was das Seelische oder auch das Geistliche angeht. Es gibt bestimmte Faktoren, auf die ich nur am Rande eingehen werde, auf die wir in der Bibel aufmerksam gemacht werden, weil sie zu Enttäuschung und Depression führen können.
Ich habe daraufhin mal intensiv den 2. Korintherbrief durchgegangen, weil mir auffiel, dass Paulus in diesem Brief wie in keinem anderen die Formulierung gebraucht: „Darum lassen wir uns nicht entmutigen.“ Ganz häufig. Dann zählt er auf, was dazu beiträgt, warum er trotz schwieriger Umstände nicht entmutigt wird.
Wenn wir diesen Brief lesen, sehen wir, dass Paulus in einer Phase der Entmutigung war. Er merkt, dass die Gemeinde in Korinth, für die er sich stark eingesetzt hat, „den Bach runtergeht“, wie wir heute sagen würden. Er hat darum gekämpft, die einzelnen Menschen zum Glauben an Gott zu führen, sodass sie eine innere Umkehr erlebt haben. Diese Menschen sind ihm ans Herz gewachsen, fast wie eigene Kinder.
So können wir uns das vielleicht nachempfinden: Wenn wir eigene Kinder haben und diese plötzlich einen Weg gehen, den wir uns gar nicht vorstellen und den wir für vollkommen falsch halten. Das kann zu Entmutigung und Frustration führen, und genau das erlebt Paulus dort. Er beschreibt das detailliert.
Dann nennt er mehrere Ansätze – fünfmal formuliert – „Wir lassen uns nicht entmutigen“ und fügt einzelne Aussagen hinzu, was er tut, um nicht entmutigt zu werden. Einige Punkte möchte ich hier zusammenfassen, also einige Faktoren, was wir für unsere geistliche Gesundheit tun können, damit wir nicht so schnell in Entmutigung fallen.
Eine Sache, die Paulus erwähnt, ist: Wir sollten nicht auf uns schauen, sondern auf Gott. Er formuliert das etwas anders und sagt, wir haben diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die Kraft nicht von uns, sondern von Gott sei. Das meint genau das Gleiche.
Wenn wir auf uns und unsere Fähigkeiten schauen, ist die Gefahr, im Leben in Depression zu fallen, außerordentlich viel höher, als wenn wir als Christen lernen, zuerst auf Gott und seine Möglichkeiten zu schauen. Das ist auch vollkommen klar: Solange ich frisch, gesund, erfolgreich bin und einen guten Ruf habe, geht das gut.
Aber was ist, wenn das Äußere wegfällt? Irgendwann werden wir das alle erleben. Wir werden alt und merken, dass wir nicht mehr so können wie in der Jugend. Wenn ich dann in erster Linie auf meine Kraft schaue, ist es vorprogrammiert, dass früher oder später Phasen der Frustration, Niedergeschlagenheit oder Depression einsetzen können.
Deshalb ist es wichtig, möglichst früh zu lernen, in meinem Leben das Vertrauen auf Gott zu setzen. Zu sehen, dass Gott derjenige ist, der mir Kraft gibt und nicht ich aus mir selbst heraus. Gott führt mein Leben durch Höhen und Tiefen.
Gerade im 2. Korintherbrief schreibt Paulus, was ihm passiert ist: so oft im Gefängnis, so oft geschlagen, so oft unter falschen Brüdern. „Wir sind so oft für offene Räuber.“ Man denkt: Was für ein heftiges, schweres Leben! Doch er führt alles auf und sagt: „Aber bei all dem war Gott treu, und ich war glücklich im Überfluss und im Mangel.“
Das ist genau das Geheimnis, nicht so schnell in Depression zu fallen: dieses Vertrauen nicht nur auf mich, sondern auf Gott zu setzen. Für Christen ist das besonders richtig, denn wir wissen, Gottes Macht ist viel größer als unsere.
Denken wir an Elia: Wenn er nur daran denkt, wie er den Soldaten entkommen kann, hat er schlechte Chancen. Aber wenn er sieht, dass der Gott, der ihm in der Vergangenheit beigestanden hat, der Himmel und Erde geschaffen hat, der viel mehr Möglichkeiten hat, der die Sonne aufgehen und untergehen lässt, der ihm seine Fähigkeiten gegeben hat, dann kann Gott ihm auch weiterhelfen – ganz gleich, was äußerlich passiert.
Wenn ich zu sehr auf mich schaue, ist das ein Risikofaktor für zukünftige Depressionen.
Paulus weitet das aus und sagt, wir vertrauen auf das, was himmlisch ist, und nicht auf das, was irdisch ist. Denn das Irdische vergeht, das Himmlische oder das Geistige bleibt.
Auch hier stellt sich die Frage: Worauf baue ich in meinem Leben? Das Irdische meint zum Beispiel mein Äußeres, meine Schönheit. Stellen wir uns eine hübsche junge Frau vor, die merkt: Ich bin hübsch und angesehen, die Männer fliegen auf mich, alles läuft glatt. Darauf baut sie ihr Selbstbewusstsein auf.
Was passiert aber, wenn diese Frau zwanzig Jahre älter ist? Selbst wenn sie immer noch hübsch und nett ist – und viele sind das wahrscheinlich auch im fortgeschrittenen Alter – wird sie keine Konkurrenz mehr machen können mit denen, die zwanzig Jahre jünger sind.
Das ist klar: Die Jüngeren sehen eben hübscher aus. Manche, besonders wenn sie das dritte Kind haben, sind ein bisschen breiter, die Haare verändern sich, Falten kommen. Wenn ich nur auf das Äußere baue, können bei manchen Depressionen entstehen, weil das Fundament wegbricht.
Oder denken wir an einen Mann, der seinen Erfolg im Job aufbaut: Er steigt auf, steigt auf, bis der Höhepunkt erreicht ist. Wenn er nur darauf gebaut hat, kommt irgendwann die Frustration. Plötzlich sind andere leistungsfähiger, schneller, besser, steigen auf und haben Erfolg.
Ich habe kürzlich in Paderborn mit einem jungen Mann gesprochen, dessen Eltern selbstständig waren und ein eigenes Küchenstudio hatten. Sie haben ihr ganzes Leben hineingesteckt. Dann ging das Küchenstudio pleite, und es entstand ein großes Loch. Das kann passieren, auch Christen sind davor nicht gefeit.
Wenn wir also im Leben nur auf das Sichtbare, das Irdische bauen, ist unser Glück schnell vorbei. Bauen wir aber auf das Geistliche, ist das das Wesentliche.
Sie haben sicher von dem Unfall bei „Wetten, dass..?“ gehört: Samuel war derjenige, der über das Auto gesprungen ist und bis heute gelähmt ist. Vor zwei Wochen war ich im Büro von IDEa-Spektrum und sprach mit dem Leiter, der Samuel im Krankenhaus mehrfach besucht hat. Auch Thomas Gottschalk war dort und hat mit ihm gesprochen.
Was ihn sehr beeindruckt hat, war, dass Samuel im Krankenhaus die Leute tröstet und auf Gott hinweist. Man muss sich das vorstellen: Da kommen Leute, die denken, das kann doch nicht sein, sein ganzes Leben ist kaputt. Wir würden sagen: Wer nur aufs Äußere baut, müsste in totale Depression fallen.
Samuel aber erzählt den Leuten von Gott. Gottschalk sagte, er habe noch nie jemanden getroffen, der so glaubwürdig über den Glauben spricht, weil er es nicht anders kannte.
Das zeigt, dass das Bauen auf das Geistliche, auf das Unsichtbare, tragen kann. Ich möchte hier sagen: Ich könnte mir nicht vorstellen, plötzlich gelähmt im Bett zu liegen und nichts mehr machen zu können. Menschlich gesehen würde ich wohl auch in Depression fallen.
Umso erstaunlicher ist, dass Gott in solchen Situationen helfen kann, weil das nicht das ist, worauf Samuel gebaut hat – obwohl er als junger Mann sportlich engagiert und gläubiger Christ war.
Jesus weist uns deshalb darauf hin: „Sammelt euch Schätze im Himmel, wo Motten und Rost sie nicht fressen.“ Oder: „Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt und Schaden nimmt an seiner Seele?“
Wenn wir auf das Äußere bauen, das vor Augen ist, ist die Gefahr, enttäuscht, frustriert und depressiv zu werden, viel größer, als wenn wir unser Leben auf die geistlichen Dinge ausrichten, die Gott uns sagt.
Paulus schreibt auch: „Wo unser äußerer Mensch verfällt, wächst unser Innerer und wird von Tag zu Tag erneuert.“ Wir wissen alle, dass wir irgendwann unseren körperlichen Höhepunkt überschritten haben: Leistungsfähigkeit, Schönheit, Kraft – irgendwann geht es bergab.
Nicht in Depression zu fallen, bedeutet eine enge Bindung an Gott zu haben, in ihn zu investieren und für ihn zu leben. Das kann ein wichtiger Hilfefaktor sein.
Ein weiterer Punkt, auf den Paulus hinweist, ist das falsche Gottesbild. Ein falsches Gottesbild kann schaden.
Wer sich Gott nur als strengen Richter vorstellt, der auf jedes Detail achtet, wird eher Gefahr laufen, in Depression zu fallen. Das ist ein falsches Gottesbild.
Auch das falsche Gottesbild „Gott tut alles, was ich will“ ist problematisch. Manche Menschen haben das und sind enttäuscht, wenn es nicht so klappt, wie sie es sich vorstellen.
Gerade in der letzten Woche hatten wir in Detmold in einer Nachbargemeinde, die sehr charismatisch ausgerichtet ist, einen schweren Fall: Der Vater eines Schulkollegen unseres Sohnes Samuel ist bei einem Fahrradunfall gestorben.
Das ist schon schlimm genug. Doch in dieser Gemeinde will man das nicht akzeptieren. Im Internet wird geschrieben, Gott werde diesen Vater von den Toten auferstehen lassen.
Die Beerdigung fand vor ein paar Tagen statt, es wurden nur Loblieder gesungen: „Gott wird ihn auferstehen lassen, er wird nicht im Grab bleiben.“ Das ist eine Wirklichkeitsverneinung.
Uns ist klar, dass dies nur die Vorstufe für eine tiefe Enttäuschung und dann für eine richtige Depression sein kann. Denn der Tod eines Menschen ist schon schlimm genug.
Wenn ich aber denke: Das darf nicht sein, das kann nicht sein, weil Gott das nicht zulassen wird, dann komme ich in eine tiefe Enttäuschung.
Warum? Hier zeigt sich kein besonderer Glaube, sondern Verdrängung, ein falsches Gottesbild.
Das Gottesbild „Gott macht alles, was ich mir wünsche“ tut er eben nicht. Das werden wir alle erleben.
Ich wünsche mir vielleicht einen neuen Arbeitsplatz, glaube intensiv daran und finde trotzdem keinen. Was dann? Dann entsteht große Enttäuschung – nicht nur über die Situation, sondern über Gott: „Du hast mich verlassen.“
Hier zeigt sich ein falsches Gottesbild: Entweder das Gottesbild des großen Überwachers im Himmel oder das Gottesbild „Gott sorgt dafür, dass alles glatt läuft, wie ich es mir wünsche.“
Beide führen früher oder später zu Frustration im Glaubensleben und können noch tiefer in Depressionen führen. Die Wahrscheinlichkeit, den Glauben zu verlieren, wird größer.
Deshalb ist auch hier ein ausgewogenes geistliches Leben wichtig – in meinem Verhältnis zu Gott, zur Sünde und zur Schuld.
Manche Menschen wollen von Schuld gar nichts hören. Sie sagen: „Ich mache, was ich will, kümmert mich nicht, Gott segnet das schon.“
Andere haben ein übersteigertes Schuldgefühl und ein schlechtes Gewissen wegen allem.
Ich habe das bei einigen meiner Schüler in der Bibelschule erlebt: Manche haben ein sehr empfindliches Gewissen, zum Beispiel bei Kleidung. Manchmal wünschte ich mir für andere einen Ausgleich – der eine ein bisschen mehr, der andere ein bisschen weniger, sodass sie sich in der Mitte treffen.
Das ist aber oft nicht so. Die einen haben ein so weites Gewissen, dass sie andere damit fertig machen können und sich danach richtig wohl fühlen, wenn der andere am Boden zerstört ist. Die kümmern sich gar nicht.
Manche sagen sogar: „Ach, du musst damit leben, ich bin halt Choleriker, du musst damit leben, ich habe mal richtig meine Meinung gesagt.“
Andere sind so empfindlich, dass sie fragen: „Habe ich jetzt freundlich genug guten Tag gesagt? Habe ich den vielleicht vergessen?“ und haben dann ein richtig schlechtes Gewissen.
Beides ist ein falscher Umgang mit Schuld und unserer Verpflichtung.
Wenn ich mich für alles verantwortlich fühle, muss ich früher oder später enttäuscht und frustriert sein.
Ich erlebe das bei manchen, die ihre theologische Ausbildung beendet haben und irgendwo in der Gemeinde sind. Dort gibt es die, die zu leichtfertig sind, und die, die alles richtig machen wollen und sich so viel Druck aufbauen, dass sie das auf Dauer nicht aushalten.
Ich erinnere mich an einen jungen Mann, der vor mehreren Jahren bei uns abgeschlossen hat und dann nach Portugal ging, um Gemeindeaufbauarbeit zu leisten. Er hatte sich so viel aufgeladen und meinte, er sei für alles verantwortlich, dass er nach eineinhalb Jahren psychisch zusammenbrach und zurückkommen musste.
Hier ist es das falsche Umgehen mit meiner Verpflichtung, Schuld und Verantwortung: Der eine nimmt zu viel auf sich, der andere zu wenig.
Ich glaube, es ist wichtig zu sehen, dass wir uns für den Glauben einsetzen sollen und tun, was wir können. Wir sind aber nicht für alle Auswirkungen verantwortlich.
Der Prediger soll das Wort Gottes weitergeben und versuchen, Menschen zu ermutigen. Ob jemand dann zum Glauben findet, ist nicht die Verantwortung des Predigers, sondern die des Menschen und Gottes.
Wer sich alles aufbürdet, wird irgendwann unter dieser Last zusammenbrechen.
Man kann niemanden zwingen, zum Glauben zu kommen oder überreden. Das geht nicht.
Hier gilt: Das Beste geben und dann wissen, dass das meine ganze Verantwortung ist. Gott gibt mir nicht die Verantwortung, dass meine Kinder gläubig werden. Sie müssen sich selbst entscheiden.
Das heißt nicht, faul zu sein oder nichts zu tun. Wenn ich eine Arbeit habe, gibt Gott mir die Verantwortung, sie ernsthaft zu verfolgen. Aber er gibt mir nicht die Verantwortung, eine Arbeit zu finden.
Manchmal schreibt jemand zweihundert Bewerbungen und findet keinen Job, vielleicht weil es in der Region keine Arbeit gibt.
Die Verantwortung für diese Aufsicht zu laden, führt zu einer größeren Gefahr für Depression und Entmutigung.
Besser ist zu sagen: Ich habe getan, was ich tun konnte, und vertraue dann Gott, der weiterführt.
Das sind die wunderbaren Worte aus der Bergpredigt, die Jesus sagt: „Sorgt nicht! Werft alle eure Sorgen auf ihn, denn er sorgt für euch.“
Es wird gezeigt, dass Gott schon für die Natur sorgt, wie viel mehr wird er für euch sorgen, wenn ihr euch einsetzt und danach sucht, nicht faul seid und nichts tut.
Die Pflanzen können nichts dafür, die Vögel können nichts dafür, und Gott versorgt sie. Ihr bemüht euch, und Gott achtet noch viel mehr auf euch.
Jesus fragt: „Warum sorgst du dich?“ Dieses Sorgen zieht uns runter, es ist Grübeln, das immer um ein Problem kreist. Warum sorgst du dich? Du wirst durch all deine Sorgen keinen Tag voranbringen.
Das ist genau das Problem der Depression: Man sorgt sich um Dinge, die man nicht verändern kann.
Es geht nicht um das Sorgen im Sinne von Nachdenken, um eine Lösung zu finden, sondern um dieses depressive Sorgen, bei dem man keine Lösung findet und das einen immer weiter herabzieht.
Hier ist die geistliche Perspektive: Lass diese Sorgen nicht so stark an dich herankommen, dass sie dich fertig und kaputt machen, sondern gib diese Sorgen ab!
Das ist auch ein seelsorgerliches, geistliches Thema: Wenn wir unter der Sorge leiden, sie Gott abzugeben, im Vertrauen darauf, dass Gott sie hört.
Er erlöst sie nicht immer so, wie ich es mir wünsche, aber da ist einer, der mitträgt.
Manchmal hilft es auch, andere Menschen zu haben, die zuhören und mittragen – Gemeinschaft. Genau das will uns Gott auch geben.
Das sind jetzt nur ein paar Faktoren, die zeigen, wie wir geistlich vorbeugen können, damit wir nicht so schnell in Depressionen fallen.
Der Umgang mit Schuld und Verantwortung, die ich habe, der Umgang mit meinem Gottesbild – all das sind wichtige Fragen.
Wenn ich eine gesunde Ausgeglichenheit habe, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, in Depressionen hineinzufallen.
Ich habe das Körperliche ja schon erwähnt. Das wäre jetzt das, was wir vorbeugend tun können: Ausgewogenheit – körperlich, seelisch, geistig, geistige Ausgewogenheit in Bezug auf meine Beziehung zu Gott, zur Sünde und zur Schuld.
Umgang mit akuter Depression und Unterstützung
Was ist nun, wenn jemand selbst in einer Depression steckt? Wenn es eine tiefe Depression ist, kann die betroffene Person oft kaum etwas dagegen tun. Man hat das Gefühl, Gott sei weit entfernt, niemand versteht einen richtig, und alles erscheint aussichtslos. Deshalb sind alle Appelle von außen hier sehr schwierig, sie dringen kaum durch.
Was jemand in dieser Situation tun kann, ist höchstens daran festzuhalten, dass Gott einen nicht alleine lässt. Gott ist auch da bei dir, selbst wenn du keine Perspektive mehr siehst. Das ist etwas, das man verstandesmäßig vielleicht jetzt klar erkennt, aber gefühlsmäßig, emotional nicht. Ich glaube, es gibt keinen anderen Weg, als sich das immer wieder selbst vor Augen zu führen.
Jetzt braucht es eine Phase, in der man aus diesem Tiefpunkt, in dem Elija steckt, herauskommt. Häufig ist das eine Phase, in der es zunächst ein körperliches Aussteigen braucht. Manchmal hilft es, wenn es wirklich schlimm ist, in eine Klinik zu gehen oder eine Kur zu machen, also ganz rauszukommen und alles, was einen belastet, hinter sich zu lassen. Denn dann kommt man körperlich zur Ruhe. Das Problem ist damit noch nicht gelöst, aber wenn man körperlich etwas zur Ruhe gekommen ist, kann man versuchen, die realen Probleme anzugehen, die häufig hinter der Depression stehen.
Diese Probleme können körperlicher oder psychischer Natur sein. Das Leben läuft irgendwie durcheinander, aber in der Tiefphase sieht man das nicht und kann es auch nicht sehen. Gute Ratschläge dringen nicht durch und helfen nicht weiter. Man braucht also erst einmal dieses Herauskommen aus der belastenden Situation, das Zusammensein mit anderen Menschen, das Wegfallen äußerer Stressfaktoren und das körperliche Auftanken.
Danach darf man nicht stehen bleiben, sondern sollte versuchen, die realen Probleme anzugehen. Das Leben muss oft anders strukturiert werden. Man muss lernen, Probleme aus einer anderen Perspektive zu sehen, nicht alles auf sich zu beziehen und sich selbst nicht unter Druck zu setzen.
Hier spielen natürlich auch die Umstehenden eine wichtige Rolle. Ein verständnisvoller und schützender Umgang mit dem Erkrankten ist entscheidend. Es ist falsch, den Druck noch weiter zu erhöhen mit Fragen wie: „Warum bist du denn so faul? Warum sitzt du hier in der Ecke? Warum kommst du nicht weiter?“ Denn jemand, dem es gut geht, empfindet das oft so. Die Probleme scheinen gar nicht so groß, also warum raffst du dich nicht auf? Aber das ist vollkommen falsch. Es handelt sich hier nicht nur um Probleme, sondern um eine Erkrankung – psychisch, geistlich und körperlich.
Man kann nicht einfach nur die Probleme ansprechen. Selbst wenn depressive Wahnvorstellungen oder Schuldgefühle auftreten, lohnt es sich nicht, diese jetzt auszureden. Zuerst sollte man Anteilnahme zeigen und den Patienten möglicherweise auch darüber aufklären, dass das, was er hat, nicht nur ein Problem ist, sondern eine Erkrankung. Für manche Patienten ist das zunächst schwer einzusehen, weil sie es nicht wahrhaben wollen. Wenn sie es nicht wahrhaben wollen, kann man ihnen auch nur schwer helfen, wieder herauszukommen.
Es ist wichtig, Hoffnung zu geben und deutlich zu machen, dass es nicht so bleiben muss. Es gibt einen Ausweg, auch wenn sich der Betroffene das momentan gar nicht vorstellen kann. Manchmal muss man die Menschen regelrecht an die Hand nehmen, weil sie es selbst nicht mehr schaffen. Sie liegen nur noch im Bett und kommen nicht mehr raus. Dann muss man sie begleiten, zum Arzt gehen oder eine Kur beantragen, um ihnen den Weg heraus zu erleichtern.
Auch Angehörige sollten aufgeklärt werden, denn häufig leiden sie mit und merken die Situation nicht immer richtig. Es ist wichtig, ihnen zu helfen, Unterstützung weiterzugeben. Zudem sollte man die Fähigkeiten, die der Depressive noch hat, fördern. Das, was er noch tun kann, sollte ausgebaut werden, um das Selbstwertgefühl wieder zu stärken. Das geschieht natürlich erst, nachdem die erste akute Phase überwunden ist.
Manchmal muss der äußere Alltag neu strukturiert werden. Zusammen mit dem Betroffenen kann man zum Beispiel das Haus aufräumen oder den Tag strukturieren. Alles abzunehmen ist keine Lösung, denn das kann dazu führen, dass sich die Person noch wertloser fühlt, weil sie nichts mehr selbst regeln kann. Vielmehr sollte man Stück für Stück helfen: zusammen Wäsche waschen, Wäsche aufhängen, malen oder Briefe für Bewerbungen schreiben. So führt man den Betroffenen langsam zu mehr Selbstständigkeit und Erfolgserlebnissen.
Auch der Lebensalltag, wenn er unausgeglichen ist, sollte neu strukturiert werden. Zum Beispiel kann man jemanden, der immer nur in der Wohnung ist, motivieren, zweimal in der Woche spazieren zu gehen. Man geht mit, wenn möglich, und verteilt die Unterstützung in der Gemeinde oder im Umfeld. Denn wenn eine Einzelperson immer nur mit jemandem zusammen ist, der schwer betroffen ist, kann das selbst überfordern und zu einer eigenen Depression führen.
Das Ziel ist, den Alltag umzubauen. Denn der erste Schritt, aus der körperlichen Ebene herauszukommen, ist nur eine Stufe. Es müssen auch psychische, geistliche und äußere Risikofaktoren verändert werden. Das bedeutet auch eine theologische Verarbeitung: Wo gibt es falsches Denken über Gott, das korrigiert werden muss? Wenn das nicht geschieht, sind neue Risikofaktoren vorprogrammiert, die zu Rückfällen führen können.
Diese geistliche Veränderung sollte mitberaten und durchdacht werden, um sie möglichst auch umzusetzen. Äußere Veränderungen können zum Beispiel darin bestehen, einem depressiven Menschen ein Haustier zu vermitteln. Das ist besonders bei älteren Menschen oft hilfreich. Ein Kanarienvogel oder ein Hund kann die Stimmung heben, weil man sich um das Tier kümmern muss. Hunde sind sehr menschenbezogen, und das kann eine Stimmungsaufhellung bewirken.
Auch kleine Veränderungen in der Wohnung können helfen: ein paar Blumen aufstellen, die Wand mit Farbe streichen, eine hellere Lampe verwenden. Mancher mag Umweltschutz einwenden, aber eine Energiesparlampe kann auch heller wirken und so das Umfeld freundlicher machen.
Das Leben zu strukturieren ist wichtig. Wer morgens nicht aus dem Bett kommt, sollte motiviert werden, sich zu bewegen oder Sport zu machen. Auch auf die Ernährung zu achten, ist sinnvoll. Wenn man nur schwere, schwer verdauliche Speisen zu sich nimmt, fühlt man sich eher abgeschlagen und antriebslos.
Diese äußeren Veränderungen schafft der Depressive meist nicht allein. Er braucht Ermutigung und Hilfestellung aus seinem Umfeld, das ihn darin unterstützt, sein Leben zu verändern.
Bei all dem, was wir tun können, müssen wir uns bewusst sein, dass es keine Garantie gibt, dass die Depression nie mehr zurückkehrt oder sofort verschwindet. Depression ist in den wenigsten Fällen ein für allemal vorbei. Menschen in schwierigen Lebenssituationen sind anfällig, manche haben eine körperliche Veranlagung dafür.
Was man tun kann, ist, dass man leichter wieder herauskommt, wenn man die Krankheit kennt, und dass man nicht so schnell wieder hineinfällt, weil man äußere Risikofaktoren minimiert. Manche Menschen werden durch äußere Lebensumstände wie Arbeitsplatzwechsel oder den Tod des Ehepartners anfällig. Das muss sich nicht das ganze Leben durchziehen. Andere, die eine von Persönlichkeit oder Umgebung geprägte Depression haben, werden immer wieder Rückfälle erleben. Aber man kann lernen, besser damit umzugehen.
Das ist vergleichbar mit chronischen Rückenproblemen: In den meisten Fällen wird man kein Wunder bewirken können, aber man muss lernen, damit zu leben. Beim Rücken kann man operieren, bei der Seele nicht. Und vor allem sollte man sich davor hüten, das zu versuchen.
In den 1970er und 1980er Jahren gab es eine starke Verschreibung von Psychopharmaka. Die meisten Mittel helfen nur kurzzeitig. Eine langfristige Einnahme in niedriger Dosierung ist in Ordnung, aber in höheren Dosen ist man heute weitgehend davon abgekommen. Man hat festgestellt, dass manche psychisch labile Menschen dadurch abhängig wurden und langwierige Persönlichkeitsveränderungen auftraten. Das bedeutet, dass sie vom Regen in die Traufe kamen.
Hier muss man die Medikation genau mit dem Arzt absprechen. Bei körperlich bedingten Depressionen kann eine geringe Dosis sinnvoll sein, zum Beispiel zur Dopaminregulierung. Sehr starke Medikamente sollten mit Vorsicht eingesetzt werden. Oft gewöhnt sich der Körper daran, und ohne die Medikamente kann man nicht mehr leben. Die ursprüngliche Wirkung ist dann nicht mehr vorhanden, und es entsteht ein neues Problem.
Das darf man nicht selbst einschätzen, sondern muss das ärztlich klären. Medikamente lösen in vielen Fällen das Problem nicht, sie können nur in der Tiefphase helfen. Wenn es eine körperliche Ursache gibt, kann man sie in niedriger Dosierung beibehalten. Meistens muss man aber auch auf seelische und körperliche Aspekte achten.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal betonen, wie wichtig die Beziehung zu Gott und das Vertrauen auf ihn sind. Gott kennt unseren Körper, unsere Seele und unseren Geist. Er kann uns das geben, was wir wirklich im Herzen brauchen: eine innere Erfüllung, die äußere Dinge nicht bieten können. Äußere Dinge können das begünstigen, aber echte innere Zufriedenheit, Ausgeglichenheit, Vergebung der Schuld und eine gute Beziehung kann nur Gott schenken.
Das können wir uns nicht erarbeiten, das ist immer nur vordergründig möglich. Ich glaube, das ist die Grundlage für ein ausgeglichenes Leben. Wenn meine Beziehung zu Gott in Ordnung ist, fällt es mir auch leichter, gute Beziehungen zu meinen Mitmenschen zu haben.
An dieser Stelle ist nicht alles gesagt. Ich habe zu Beginn gesagt, dass ich nicht alles ansprechen kann und kein Pauschalrezept anbieten werde. Ich möchte nur einige Denkanstöße geben und hoffe, dass für jeden etwas dabei war.
Ich werde an dieser Stelle gerne noch mit Ihnen beten und darum bitten, dass Gott uns Kraft gibt, je nach Situation richtig damit umzugehen.
Vater im Himmel, vielen Dank, dass Du jeden von uns kennst. Du weißt, wer gerade mit Depressionen zu kämpfen hat. Ich bitte Dich, dass Du diesen Menschen nahe bist, ihnen Kraft gibst und eine Perspektive über ihre Probleme hinaus schenkst. Hilf ihnen, zu sehen, was sie äußerlich verändern können, und stelle Menschen in ihren Weg, die sie ermutigen und weiterbringen.
Ich bitte Dich, dass Du ihnen hilfst, geistliche Dinge zu verändern, wenn es nötig ist, oder körperliche, oder dass Du ihnen einfach Ruhe und Frieden gibst, so wie Du es Elija in seiner tiefen Phase gegeben hast. Ich bitte Dich, dass Du sie bald aus dieser Situation herausführst, damit sie neue Lebensfreude gewinnen können. Hilf ihnen, das Vertrauen auf Dich nicht aufzugeben.
Ich bitte Dich für alle, die momentan keine Depression haben, aber vielleicht eine bevorstehende Krise erleben könnten. Warne sie rechtzeitig und hilf ihnen, eine Ausgewogenheit im Leben zu finden, damit sie Niedergeschlagenheit und Depression vermeiden können.
Ich bitte Dich um Weisheit und einen klaren Blick für die Realitäten des eigenen Lebens, damit man sich nichts vormacht, sondern erkennt, wo die Schwierigkeiten liegen, um gegebenenfalls etwas ändern zu können.
Ich bitte Dich für alle, die mit Menschen zu tun haben, die mit Entmutigung und Depression kämpfen. Gib uns Weisheit, um richtig mit ihnen umzugehen, ihnen zu helfen, herauszukommen, die zugrunde liegenden Probleme anzusprechen oder zu lösen und eine Balance im Leben zu finden.
Gib vor allem den Angehörigen viel Kraft und Geduld, damit sie den schwierigen Umgang mit lang andauernden Depressionen nicht zu schnell aufgeben.
Danke, dass wir in dieser Situation nicht allein sind, sondern dass Du uns Nähe und Unterstützung versprochen hast und uns durch Deinen Heiligen Geist führen willst. Amen.
Zum Schluss möchte ich noch sagen: Wer konkretere Fragen hat, kann sich gerne im Anschluss an mich wenden. Ich habe vorne einen kleinen Büchertisch aufgebaut, dort finden Sie einige meiner Bücher. Manche sind klein, wie dieses hier, das sich mit dem Verhalten von Christen in Politik und Verantwortung beschäftigt und was die Bibel darüber sagt, wie das in Deutschland läuft.
Es gibt ein Buch über medizinethische Fragen, zum Beispiel den Umgang mit Suizid oder Suizidgedanken, oder zur Gentechnologie. Auch ein Büchlein über Atheismus ist dabei, das beschreibt, wie Atheisten denken und wie wir ihnen begegnen können. Weitere Themen sind ebenfalls vorhanden.
Sie können sich die Bücher gerne anschauen und auch mitnehmen. Wenn Sie kein Geld haben, können Sie das Buch gerne mitnehmen. Wenn Sie zahlen können, geben Sie bitte für die kleineren Bücher vier Euro, für die größeren acht Euro. Legen Sie das einfach dort ab.
Ich beende hiermit meinen Vortrag. Wie gesagt, Gespräche können wir gerne noch nachher führen.