Zweifel und Frustration im Glaubensleben
Das Thema „God at work – Es geschieht mehr, als du denkst“ beschäftigt mich oft. Manchmal bin ich frustriert, weil man häufig nichts sieht. Seit längerer Zeit begleite ich jemanden in unserer Gemeinde, der in der Psychiatrie keine Perspektive für sein Leben hat. Er hat deshalb auch einen Suizidversuch hinter sich.
Wenn ich ihn besuche, kommt oft von ihm die Aussage: „Ich bete, und wo ist Gott? Ich habe immer wieder zu ihm geschrien: Warum nimmt er mich überhaupt nicht wahr? Du sagst, Gott ist da, du sagst, er liebt mich, aber ich habe den Eindruck, er ist komplett weg von mir. Wo ist Jesus?“
Dann stehst du dort in dieser Abteilung und hast diesen Menschen vor dir. Man muss sagen, eigentlich sind seine Fragen auch meine Fragen. Ich könnte ihm zwar jetzt richtige Antworten geben, aber Hiob lehrt uns, dass richtige Antworten nicht immer die angemessenen Antworten sind.
Man geht raus und hat den Eindruck: Jesus, wo bist du eigentlich? Es wäre doch so ein einfaches Wort, diesem Menschen zu begegnen, einfach in sein Leben hineinzusprechen. Doch es passiert eigentlich nichts. Das frustriert mich.
Man fährt manchmal nach Hause und denkt: Jesus, du hörst gut zu, ich muss für dich die Kohlen aus dem Feuer holen, wenn du nichts machst. Oft komme ich mir so vor, als müsste ich sein Rechtsanwalt sein und ihn verteidigen.
Herausforderungen im Gemeindeleben und das Gefühl des Stillstands
Es gibt andere Dinge, die manchmal sehr herausfordernd sind, wenn man die schönen Berichte hört – aus Afrika, aus Lateinamerika, aus China. Dort wachsen Gemeinden, Menschen kommen zum Glauben, und dadurch entsteht Wachstum.
Wenn man jedoch in die eigene Welt hineinschaut, nach Deutschland, in unsere Gemeindelandschaft, hat man oft den Eindruck, dass dort wenig passiert. Wirklich vitale Gemeinden gibt es selten. Wachstum entsteht häufig nur, weil Christen die Gemeinde wechseln.
Man könnte noch viele andere Beispiele nennen. Da, wo man sich um Menschen bemüht – Menschen, die Jesus einem in den Weg gestellt hat –, denkt man: „Ich möchte sie ein Stück näher zu Jesus bringen, ich möchte ihnen den Puls geben.“ Man fängt an, lädt ein, führt Gespräche – doch es passiert nichts. Gar nichts.
Oder wenn ihr für Eltern betet oder Eltern für die Kinder, damit sie Jesus kennenlernen, hat man manchmal den Eindruck, dass sie irgendwo unterwegs sind. Es kommen nur sehr wenige Signale an, dass diese Gebete etwas bewirken.
Ich könnte bestimmt noch weitere Beispiele nennen, und vielleicht sagt ihr: „Okay, das kenne ich.“ Auch wenn man sich einsetzt – egal, ob ihr in der Gemeinde seid, in einer Gruppe, in einem Dienst, wie Katharina sagt –, arbeitet man oft und spürt, dass sich nichts bewegt.
Dann hört man vielleicht von anderen, dass etwas geschieht. Aber selbst hat man den Eindruck, man pflegt nur die Normalität. Die Frage, wo Jesus wirklich am Arbeiten ist und wo man etwas sieht, dass er dabei ist, ist unheimlich herausfordernd. Denn man könnte gar nicht so viel erzählen.
Die Gefahr der Erwartungslosigkeit und die Herausforderung des Glaubens
Das ist der Wurzelboden, auf dem die Erwartungslosigkeit wächst. Man geht darüber hinweg und sagt: Ja, es ist halt so, wie es ist. Dann lebt man seine Normalität, die man pflegt, aber es kommt nur wenig davon an, dass man sagt: Da ist noch Erwartung, da ist Aufbruch, da kommt bestimmt irgendwann noch etwas.
Das ist ein ganz gefährlicher Punkt, wenn ich als Mitarbeiter Gottes und jemand, der an Jesus glaubt und ihm nachfolgt, keine Erwartung mehr habe. Jesus hat oft gesagt: „Dir geschehe, wie du geglaubt hast.“ Wenn ich keine Erwartung habe, ist das eine wirklich herausfordernde Situation.
In einer solchen Lage habe ich ein Gleichnis gefunden, das mir sehr geholfen hat, mit dieser Situation umzugehen. Gleichzeitig hat es mich auch herausgefordert. So ist dieses Thema entstanden: „Gott at work – es geschieht mehr, als du denkst.“
Ich lade euch ein, vielleicht habt ihr euch gerade jetzt ganz bewusst eine Situation vor Augen gemalt. Oder denkt an etwas, bei dem ihr sagt: Da sehe ich nichts von dem Handeln Jesu, und ich wünsche es mir so sehr. Oder ihr seht nicht, dass irgendetwas passiert, obwohl ihr es erwartet, euch einsetzt und dafür betet.
Nehmt diese Situation jetzt einmal im Hintergrund mit. Vielleicht schenkt Jesus euch dann eine neue Perspektive darauf.
Das Gleichnis vom Wachstum der Saat als Leitmotiv
In Markus 4 werden uns Gleichnisse erzählt, sogenannte Himmelreichs-Gleichnisse. Das erste, das Jesus berichtet, ist das Gleichnis vom Sämann und dem Ackerfeld. Dabei sagt er, dass die Herrschaft Gottes, das, was Jesus anbietet, verschwenderisch ausgestreut wird.
Anschließend spricht er vom Gleichnis vom Licht unter dem Scheffel und betont, dass Glaube immer etwas Öffentliches hat. Er sagt, dass Glaube immer auf Öffentlichkeit ausgerichtet ist und niemals nur im Verborgenen bleibt.
Danach folgt das Gleichnis, das ihr hier bereits seht – unser heutiger Predigttext. Im Anschluss erzählt Jesus noch das Gleichnis vom Senfkorn. Dort sagt er, dass etwas heranwächst, das am Ende richtig groß sein wird.
Das Gleichnis vom Wachstum der Saat soll uns heute als Thema leiten. Ich habe den Text für euch aus der Basisbibel mitgebracht, ihr könnt ihn gerne mitlesen:
„Danach sagte Jesus: Mit dem Reich Gottes ist es wie bei einem Bauern. Er streut die Körner auf das Land, legt sich dann schlafen und steht wieder auf, tagaus, tagein. Die Saat geht auf und wächst, aber der Bauer weiß nicht, wie das geschieht. Ganz von selbst bringt die Erde die Frucht hervor: zuerst den Halm, dann die Ähre und zuletzt den reifen Weizen in der Erde. Wenn das Getreide reif ist, schickt er sofort die Erntearbeiter los, denn die Erntezeit ist da.“ (Markus 4,26-29)
Gottes Perspektive auf Wachstum und menschliches Mitwirken
Was ist die Perspektive Gottes? Was möchte Jesus uns mit diesem Gleichnis vermitteln? Oft sagen wir vielleicht: Eigentlich sehe ich sehr, sehr wenig von dem, was Gott tut.
Das Erste, was mir auffällt, ist, dass es hier eigentlich nicht das Gleichnis von der Saat ist, sondern vielmehr das Gleichnis von den Bauern. Der Bauer wird hier bewusst angesprochen. Und bei den Bauern darf ich mich selbst wieder verorten.
Jesus zeigt damit: Meine Herrschaft wächst, mein Werk geschieht – und zwar unabhängig von Menschen. Ich betone bewusst „unabhängig“. Wäre es abhängig, dann könnte Gott nur das tun, wozu wir Menschen fähig sind. Dann könnte Jesus nur das bewirken, wenn wir mitmachen.
Aber zum Glück – Gott sei Dank – ist er nicht von uns abhängig. Er handelt mit uns und manchmal auch trotz uns.
Nun möchte ich vier Impulse geben, die euch anregen sollen, weiterzudenken oder auch nachzufragen. Ich freue mich darauf, wenn ihr eure Fragen und eure Situation noch einmal mit einbringt.
Mitmachen und Teilhaben am Werk Gottes
Das Erste, was Jesus hier zeigt, ist: Ihr dürft alle mitmachen. Ja, da geht der Bauer, sagt er, und er sät, er streut einfach den Samen auf das Land. Es ist so einfach, dass Jesus sagt: Sät mich doch in die Welt hinein. Sät mich in deine Welt hinein, in der du bist.
Damit ist ein Auftrag verbunden, bei dem Jesus sagt: Du sollst mitmachen, und du darfst mitmachen – und zwar so, wie du bist. Ganz unterschiedlich, mit deiner Begabung, in deinem Umfeld, mit deiner Leidenschaft, aber auch mit deinen Grenzen. Du sollst Jesus in deine Welt hineinsehen.
Das ist jetzt sehr, sehr unterschiedlich. Ich bin jemand, der eher menschenorientiert und kommunikativ ist. Das heißt, wenn ich im Fitnessstudio bin, fällt es mir schwer, nicht mit jemandem zu reden. Vielleicht ist das für manchen auch sehr lästig. Meine Kinder fanden das manchmal auch sehr peinlich. In jeder Schlange, wo man ansteht, weiß man meistens schon, wer vor einem steht oder wer hinter einem steht.
Für mich ist es eine Begabung, die Gott mir gegeben hat: einfach mit Menschen zu reden. Andere sagen, das können sie nie und nimmer. Wir haben ganz unterschiedliche Möglichkeiten, Jesus in das Leben von Menschen hineinzusäen. Manche helfen einfach mit, packen an, sagen: Ich bin da und möchte für dich da sein – und geben das als Zeichen der Liebe Gottes weiter.
Andere geben einen guten Impuls weiter, teilen ein geniales Video, in dem etwas von Jesus zu sehen ist. Wieder andere schreiben mal eine nette Karte – und so weiter. Wisst ihr, wir haben so viele Möglichkeiten, um die uns eine Menge Christen in dieser Welt eigentlich beneiden.
Wir haben so viele Möglichkeiten, Jesus in die Welt hineinzusehen. Und Jesus sagt: Du sollst mitmachen, du darfst mitmachen. Menschen sollen in deiner Welt durch dich mit Jesus in Berührung kommen. Das ist der Auftrag, den Jesus gibt: Säe Jesus in deine Welt hinein.
Vielleicht ist das erst einmal das erste Gebet, wo ich sage: Jesus, jawohl, ich bin bereit. Ja, wenn du arbeiten willst, ich bin bereit mitzumachen. Ich will dich in meine Welt hineinsehen. Ich will auf dich aufmerksam machen, wenn ich von dir erzähle, wenn ich ganz kurz von meinem Glauben berichte, wenn ich einfach sage, was mir wichtig ist, wenn ich jemandem einen netten Gruß mit einem Zuspruch gebe.
Da gibt es so viele Möglichkeiten. Jemand hat vor einiger Zeit in Berlin bei einer Preisverleihung gesagt: Mission heißt, das mitzuteilen, was ich liebe. Und ich glaube, das ist es für mich. Wenn ich sage: Jesus ist mir wichtig, dann darf ich ihn mit meiner ganzen Begabung einfach in diese Welt hineinsäen, in der ich lebe – bei deinen Kollegen, in deinem Umfeld, in dem du lebst.
Das sollte so das Erste sein, was Jesus sagt.
Den Mut zum Kleinen haben
Das Zweite ist dann, dass er sagt: „Und dann brauchst du dabei den Mut zum Kleinen.“
Ich wünsche mir, dass Jesus eigentlich machtvoll und beeindruckend handelt. Er sollte schon irgendwie ein bisschen überwältigend sein. Es muss ja nicht gleich Paulus sein, der vom Pferd fällt, als ihn das Licht blendet. Aber so ein bisschen wie Petrus beim Fischzug oder so, wie andere Menschen es erlebt haben, wenn Gott so überwältigend hineingesprochen hat. Man sagt dann: „Boah, das hat mir jeder auf den Kopf gestellt!“
Also wünsche ich mir, dass Jesus so machtvoll eingreift – und zwar nicht nur, wenn er Menschen anspricht, sondern auch, wenn er ihnen begegnet. Dass man für einen Menschen betet, der dann heimgeht, anruft und sagt: „Jesus hat das Gebet erhört! Halleluja, danke Jesus, danke, du hast auch mitgemacht!“
Das ist es, was ich mir wünsche: dass es so richtig überwältigend und beeindruckend ist.
Jesus spricht hier aber genau von etwas anderem. Er spricht von einem Samenkorn und sagt: „So fängt mein Handeln an.“
Ich habe den Eindruck, dass Jesus uns damit sehr herausfordern will, weil er sagt: „Mein Handeln beginnt in der Regel immer klein.“ Weihnachten – da haben die Menschen erwartet, dass der Messias machtvoll in die Welt kommt und Neues schafft. Und Jesus legt sich in die Futterkrippe.
Dann ist er unterwegs in Galiläa. Galiläa war so etwas wie das Sachsen der damaligen Zeit – die Leute hatten alle Sprachfehler. Man hatte den Eindruck, es war einfach eine Randerscheinung. Jesus war nicht in Athen, nicht in Rom, nicht in Alexandria – also nicht dort, wo der Weltöffentlichkeitsfokus lag, sondern irgendwo im Bergland Galileas.
Ja, er hat beeindruckende Wunder getan, berührend gepredigt und dadurch Menschen angesprochen. Aber es war trotzdem eine Randerscheinung im großen Weltgeschehen.
Jesus sagt: „Wenn ich anfange zu handeln, passiert es ganz klein.“ Du streust ein Samenkorn aus, gibst einen Impuls, hast vielleicht nur einmal etwas weitergegeben und hast etwas gesät. Du siehst noch nicht, was dadurch passiert.
„Ich habe euch etwas mitgebracht, das werde ich euch später noch mal erzählen.“ Ja, das müsst ihr jetzt noch nicht einspielen, nur schon mal so ein kleiner Teaser.
Das ist ein Geschenk. Ich habe es in meinem Büro, und es erinnert mich immer wieder an den kleinen Anfang.
Dahinter steckt eine Lebenstragödie, die mit einer einzigen Einladung begann. Jemand hatte zufällig eine Einladung zu einem Glaubenskurs in der Gemeinde in seiner Tasche. An der Trambahn-Haltestelle stand er, wusste: „Ach, ich habe da irgendwann mal jemanden gekannt, der in der Nähe gewohnt hat.“
Er ist hingegangen, hat die Einladung in den Briefkasten geworfen und nur kurz „Viele Grüße von Gerhard“ draufgeschrieben. Dann hat er nicht mehr gewusst, was daraus wurde.
Jahre später hat er erlebt, was diese eine Einladung ausgelöst hat – Jahre später.
Ich habe den Eindruck, dass Jesus sagt: „Wenn ich anfange zu handeln, dann beginnt es meistens ganz klein – mit einem Gruß, mit einem Gebet, mit einer Begegnung, mit einem Gespräch.“
Und du siehst oft noch nichts davon. Aber verachte den kleinen Anfang nicht, denn das, was da passiert, hat Zukunft in sich – weil es das Werk von Jesus ist.
Das Geschehen aus der Hand geben
Das war jetzt das Zweite. Das Erste heißt: Ja, du sollst mitmachen, du darfst mitmachen. Das Zweite lautet: Wir brauchen den Mut, erst mal das Kleine zu sehen.
Und nun kommt das Dritte: Wir brauchen den Mut, das Geschehen aus der Hand zu geben.
Ich weiß nicht, welche Typen ihr seid. Ich selbst bin eigentlich eher der Macher, der gerne Dinge gestaltet und voranbringt. Es fällt mir unheimlich schwer, Dinge aus der Hand zu geben und einfach nur zuzuschauen, einfach passiv zu sein. Ich bin eher aktiv.
Jetzt sagt Jesus hier vom Bauern, dass er den Samen aus der Hand gibt. Ich habe noch nie einen Bauern gesehen, der den Samen wieder aufhebt und sagt: „Ich passe auf, ich habe ihn in der Hand und behalte ihn bei mir.“ Nein, er muss ihn aus der Hand geben.
So sagt Jesus: Wenn in meinem Namen gehandelt wird und wenn meine Herrschaft in diese Welt hineingesät wird, wenn meine Herrschaft in dein Leben hineingesät wird und mein Werk in deinem Leben oder im Leben der Menschen, die um dich sind, gegenwärtig ist, dann musst du dieses Werk aus der Hand geben.
Du darfst nicht mehr beanspruchen, die Zuständigkeit liege bei dir. Du sollst eines wissen: Das, was wir tun, wo wir Jesus in diese Welt hineinsehen, wo seine Herrschaft für uns konkret wird, trägt die Kraft in sich, dass etwas Großes passiert. Dort kommt die ganze Macht und Herrschaft von Jesus zum Tragen.
Dieses Kleine hat die Zukunft Gottes in sich. Die kleine Herrschaft von Jesus, die wir oft kaum sehen, hat die Zukunft Gottes in sich. Damit gilt es zu rechnen.
Wir beten in der Regel im Vaterunser, im Gottesdienst: „Dein Reich komme“ und bekennen das dann sogar noch mit „Denn dein ist das Reich“. Damit sagen wir Jesus: Wir bekennen, du bist Herr, du hast die Herrschaft, dir gehört die Zukunft.
Oder wir beten, dass Jesus handelt – in unserem Leben, durch uns, im Leben von anderen in dieser Welt. Dann beten wir, dass er eingreift und wissen, dass er in dieser Welt gegenwärtig ist. Wir bitten um Veränderung, um alles Mögliche, einfach um Dinge, bei denen Jesus zum Tragen kommt.
Wenn wir dann nichts sehen, sind wir enttäuscht und haben den Eindruck, es passiert nichts. Das ist für mich eine ganz gefährliche Situation. Denn dann meinen wir, Gott tut nur so viel, wie wir sehen können. Am Ende sind wir dem Wahn erlegen, es kommt auf uns an, und wir müssen nachhelfen. Jetzt müssen wir alles tun.
An dieser Stelle gibt das Gleichnis uns eine ganz große Entlastung: Jesus sagt, alles, was ich tue, ihr dürft mitmachen, aber es hängt nicht von euch ab. Alles, was ich in dieser Welt tue, ist auch nicht davon abhängig, was du siehst oder nicht siehst.
Ich bin am Werk und nicht du. Du darfst mitmachen, aber mein Werk ist viel, viel größer, als du denkst.
Walter Kleiber, ehemals Bischof der Methodistischen Kirche in Deutschland, hat einen genialen Kommentar zu Markus geschrieben. Zu diesem Gleichnis hat er folgenden Text verfasst, den ich euch gern mitgeben möchte:
Das Entscheidende können wir Menschen nicht machen. Es geschieht im Reich Gottes auch nicht von selbst, sondern ist Gottes Werk. Darauf dürfen sich die, die Gott zum Säen und Pflanzen berufen hat, verlassen. Die Sorge um die Ernte, um den Ertrag ihres Wirkens, muss ihnen keine schlaflosen Nächte bereiten. Sie dürfen sie Gott überlassen.
Jesus macht es in diesem Gleichnis so schön deutlich. Er sagt: Was macht der Bauer? Er hat ausgesät, dann geht er heim, geht schlafen, steht wieder auf, frühstückt, isst Mittag, isst Abend, geht wieder schlafen, frühstückt. So läuft der ganz normale Alltag. Er überlässt es Gott, denn Gott ist am Werk.
Walter Kleiber schreibt dann so schön: Das ist für viele gestresste Mitarbeiter ein Trost und für manche faule Mitarbeiter auch das gute Gewissen. Ja, es kommt ja nicht auf mich an.
Für uns ist das einfach diese ganz große Perspektive: Jesus sagt, entspann dich, entspann dich, ich bin am Werk. Du stehst nicht unter dem Erfolgszwang, dass du zuständig bist für das, was herauskommt. Jesus ist derjenige, der die Dinge arbeitet und der am Handeln ist.
Ich liebe an der Stelle Martin Luther. Er war ja ein Arbeitstier, wie man immer wieder liest. Und dann schreibt er: „Wenn ich mit Magister Philipp“ – oder meint er Melanchthon, seinen treuen Mitstreiter – „wenn ich mit Magister Philipp mein wittenbergisches Bier trinke, läuft das Evangelium.“
Das ist so ein Gottvertrauen, dass er sagt: Hey, ich kann mir einfach mal die Füße hochlegen und ich weiß, das Evangelium läuft. Die Saat, die ich ausgesät habe, die ist am Wachsen, weil Jesus derjenige ist, der schon dafür sorgt, dass da etwas herauskommt.
Deshalb für uns einfach das Wissen um das Geschehen in der Hand von Jesus. Wenn du sagst: Ich sehe oft nichts davon, dass Jesus seine Herrschaft ausbreitet, dass etwas passiert in meinem Dienst, in meinem Leben, im Leben von anderen, wenn ich oft nichts sehe von dem, wofür ich so sehnlich bitte, dass Gott eingreift, dass irgendetwas geschieht – das heißt nicht, dass nichts passiert.
Jesus sagt: Entspann dich, ich bin am Werk. Überlass es mir. Das, was du ausgesät hast, das bin ich. Du hast mich ausgesät in das Leben von Menschen, in diese Welt. Ich bin ausgesät in dein Leben, und ich habe die Kraft der Zukunft Gottes in mir.
Dort, wo Jesus in deinem Leben, in deinem Dienst gegenwärtig ist, ist die Zukunft Gottes gegenwärtig, das Werk Gottes. Jesus sagt: Verzichte darauf, dich für alles zuständig zu fühlen. Es kommt nicht auf dich an. Du sollst mitmachen, aber überlass mir die letzte Zuständigkeit. Ich bin am Werk!
Staunen über Gottes Wirken
Und als Letztes dazu weiß ich nicht, ob ihr die ersten beiden Dinge noch habt: Du sollst mitmachen, du darfst mitmachen. Habe den Mut zum Kleinen. Jesus fängt immer klein an. Habe den Mut, das Geschehen aus der Hand zu legen.
Das Letzte heißt: Und dann sei gespannt, du wirst staunen. Jesus wird dir Staunmomente geben. Ich weiß nicht, ob es das Wort im Deutschen gibt, dann haben wir es erfunden – solche Staunmomente zu haben. Vielleicht müsst ihr euch auch immer wieder bewusst solche Momente gönnen, um zu staunen.
Jesus sagt, irgendwann wird geerntet, und da ist etwas gewachsen. Jetzt kommt ein ganz interessanter Satz: Der Bauer weiß nicht wie. Er sagt, er hat Gott etwas getan, und er kann nicht erklären, wie das passiert ist. Dann werden die Erntearbeiter kommen und das, was Gott wachsen hat lassen, einfahren können.
Ich bin froh, dass das nicht erst im Himmel sein wird, obwohl ich eine ganz, ganz große Vorfreude auf den Himmel habe. Ich glaube, in der Ewigkeit Gottes werden Menschen sein, die euch danken und sagen: „Dass ich hier bin, hat auch etwas mit dir zu tun. Dass ich im Glauben dran geblieben bin, hat etwas mit dir zu tun.“ Du hast es nicht gemerkt.
Vielleicht ist es das Schöne im Himmel, dass wir erst einmal erstaunt sein werden und sagen: „Boah, habe ich nicht gemerkt.“ Ja, es ist Wahnsinn, dass Gott das, was ich getan habe und wo ich mitmachen durfte, so gebraucht hat, dass es in der Ewigkeit weiterwirkt.
Aber es ist gut, dass Jesus das auch in unser Leben hineingibt, damit wir oft entdecken dürfen: Ja, da ist etwas passiert, da hat er etwas wachsen lassen. Da sind von ihm her Dinge geschenkt worden, in denen ich einfach etwas sehen durfte aus diesem ganz, ganz kleinen Anfang.
In Psalm 103 heißt es: Lobe den Herrn, meine Seele, vergiss nicht, was er Gutes getan hat. Ich glaube, wir brauchen immer wieder solche Erinnerungen, damit wir nicht in der Erwartungslosigkeit enden.
Ein persönliches Zeugnis als Ermutigung
Und ich habe euch vorhin dieses Heft, diese kleine Tasche gezeigt. Für mich ist das ein ganz besonderes Geschenk. Ich habe es in mein Büro gestellt, weil oft so wenig sichtbar ist, dass man denkt: „Mensch, da ist so wenig von dem, was Jesus tut.“
Ihr könnt es heute hier noch einmal sehen, ich habe es ausgepackt. Dieses Paket hat eine ganz tragische Geschichte. Die Einladung, die in das Haus dieser Familie in München eingeworfen wurde – zu einem Glaubenskurs – galt einer Frau namens Almut.
1988 wurde ihre Tochter auf der britischen Insel ermordet, und der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt. Über diesen Mord ist die ganze Familie zerbrochen. Die Frau hat es nie verkraftet, dass ihre Tochter dort ermordet wurde und dass niemand weiß, wer es getan hat und wie es geschehen ist.
Der Mann ist in die Hände eines Gurus gefallen, der fast das ganze Geld der Familie gesammelt hat. Die andere Tochter ist psychisch krank geworden. In dieser kaputten Welt bekommt diese Frau, Almut, diese Einladung, und sie kommt tatsächlich zu unserem Glaubenskurs.
Nach dem ersten Abend saß sie dort wortlos, sagte nur „Hallo“ und ging wieder. Ich hätte versprochen, dass sie nicht mehr kommt. Aber sie kam wieder. Und noch einmal. Sie hat den Glaubenskurs nicht nur einmal besucht, sondern dreimal.
Nach dem zweiten Mal hat sie mir diese Tasche gegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon angefangen, von sich zu erzählen. Sie sagte, dass diese beiden Bücher aus dem Zimmer ihrer Tochter Inga stammen, die ermordet wurde. Es sind zwei Gebetbücher, die ihre Tochter besonders geliebt hat.
Das eine hat einen Holzeinband und stammt wohl aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert. Sie sagte: „Ich möchte sie dir geben, weil bei euch meine Seele Heilung findet. Gott hat meine Seele berührt.“
Diese Tasche hat sie mir über zwei Jahre nach unserer ersten Begegnung gegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt hat man von ihr eigentlich nicht viel gesehen. Man wusste nicht, ob sich etwas verändert oder nicht. Wir haben für sie gebetet.
Das Wunder geschah: Beim dritten Glaubenskurs kam ihr Mann mit. Er war derjenige, der dann anfing, sich mit dem Glauben zu beschäftigen. Kurze Zeit später wurde er schwer krebskrank.
Er bat darum, dass eine Frau, die unseren Glaubenskurs mitgeleitet hat, ihn besucht. Sie brachte ihm eine Karte mit Psalm 23 mit. Mit dieser Karte ist er gestorben – und ich sage bewusst: in die Arme Gottes hineingestorben.
Diese Tasche habe ich mir ins Büro gestellt, dort, wo ich sie immer wieder sehe. So habe ich sie oft vor Augen, gerade an den Stellen, wo man manchmal denkt: „Jesus, ich sehe nichts von dir.“
Diese Tasche ist für mich das Zeichen mit diesen Büchern: God at work – Gott ist am Wirken. Und wenn ich nichts sehe, ist das völlig egal. Irgendwann wird er mich überraschen.
Ich brauche solche Staunmomente, die mich hinweghelfen über Zeiten, in denen ich manches nicht sehen kann von dem, was Jesus tut. Ich wünsche euch, dass ihr solche Momente erlebt, in denen ihr seht, wie Gott wirkt.
Dass ihr euch gegenseitig davon erzählt und euch ermutigt, weil Jesus am Werk ist – egal, ob man es wahrnimmt oder nicht.
Ermutigung zum Vertrauen und Gebet
Jetzt nimm doch mal diese erste Situation: Am Anfang habe ich gesagt, es gibt manchmal Dinge, bei denen man frustriert ist, weil man nichts sieht. Vielleicht hast du Menschen vor Augen, vielleicht auch dich selbst.
Lass dir doch ganz persönlich sagen: Jesus ist am Werk. Das, was er tut, hängt nicht davon ab, was du siehst. Er ist derjenige, der sein Werk in dein Leben hineingegeben hat und durch dich in diese Welt hineingibt. Du wirst einmal staunen, was er daraus werden hat lassen.
Und jetzt möchte ich mit uns beten:
Jesus, du bist dieser Gott, der in unsere Welt hineingekommen ist und der nicht unfassbar bleiben will, sondern sich fassbar macht für uns. Wir dürfen dir begegnen, ganz persönlich. Du bist da in unserer Welt, in unserem Leben – nicht als irgendein passiver Zuschauer, sondern als der Gott, der unser Leben und unsere Welt trägt, der seine Zukunft vorbereitet hat und uns da hineinführt, der heute am Werk ist.
Danke, dass das gilt für uns, für die Menschen, die uns am Herzen liegen, für die Dienste, in denen wir stehen, und für die Welt, in der wir leben. Du möchtest uns beteiligen an dem, was du tust. Wir dürfen mitmachen – danke dafür.
Und wir leben auch davon, dass du uns immer wieder solche Momente gibst, in denen wir etwas davon sehen können, dass du am Werk bist. Schenk uns das, Herr, das wollen wir ganz herzlich erbitten. Amen.
