Liebe Freunde, ich habe schon viele Menschen kennengelernt, die sich als große Revolutionäre gebärdeten. Sie trugen Vollbart im Gesicht und hatten große Zuversicht. Solange sie jung waren, entwarfen sie weltverändernde Programme.
Als ich sie später wiedertraf, war der Bart ab. Die Gesichter waren meistens glatt und feist, wie ein Kinderpopo. Der Audi stand in der Garage, das Baby im Kinderzimmer. Schrank und Wand waren vollgestellt. Man traute seinen Augen nicht: Der einstige Revoluzzer hing im Sessel vor dem Fernseher. Vor sich eine große Wampe, links eine Flasche Bier, er aß Salzstangen und hielt den Musikantenstadl für das größte kulturelle Ereignis des Jahres.
Auch unser Freund Mose ist bürgerlich geworden. Der Revolutionär, der politische Gegner totschlug, widmet sich inzwischen der friedlichen Schafzucht.
Ich habe euch in den letzten Predigten erzählt, wie Mose als Findelkind wie eine Rakete aufstieg zum ägyptischen Prinzen. Dann erschlug er einen Ägypter, und damit ging es bergab. Hinter den Bergen in der Wüste musste er sich als Flüchtling verstecken. So weit waren wir vor vier Wochen.
Heute geht es weiter mit 2. Mose 3. Inzwischen sind vierzig Jahre vergangen. Aus dem zornigen jungen Mann, der leidenschaftlich für die Freiheit kämpfen wollte, ist ein sesshafter Bürger geworden, der seine Ruhe haben will.
Vom Revolutionär zum Sesshaften
Mose hat geheiratet, so nach dem Motto: Wenn manche an der Küste wüssten, wie gut es sich in der Wüste lebt. Dann hätte er nicht an der Küste geküsst, als ob er nichts von der Wüste wüsste. Bei der Wüstenküsserei wären dann auch die Küstenküsser dabei gewesen.
Das ist so die Nebenbeschäftigung von Wolfgang und mir, wenn wir im Stau stehen oder lange Fahrten machen. Das nächste Mal singst du das vor, Wolfgang, denn es gibt ja auch eine Melodie dazu.
Also, Mose hat geheiratet, er hat einen Sohn, er hat seine Filzpantoffeln angezogen und bereitet sich auf einen geruhsamen Lebensabend vor. Mit der großen politischen Karriere war es vorbei. Er hat sich ins Privatleben zurückgezogen. Außer „Anrunderschkat“ mit Sohn und Schwiegervater passiert bei ihm nichts mehr. Mose steht auf dem Abstellgleis.
Gott hatte ihn dorthin gestellt, damit er Dampf ablassen kann. Damit der Hitzkopf, der anderen Leuten die Köpfe abhaut, sich abkühlt und ruhig wird. Vierzig Jahre lang Abstellgleis – man muss sich mal vorstellen, was das bedeutet und was das für einen Typ wie Mose heißt. Einer der bedeutendsten und begabtesten Männer der Weltgeschichte.
Für ihn, der in Ägypten so viel zu tun gehabt hätte, für die Befreiung seines Volkes, vergeht die Zeit bei Hammel, Kotelett und Ziegenkäse. Er vergeudet seine besten Mannesjahre als Schafhirte. Die weite Wüste hat einen engen Horizont, und wer dort vierzig Jahre lang Schafe gehütet hat, der erwartet vom Leben nicht mehr allzu viel.
Und gerade da, als er nichts mehr erwartet, holt Gott ihn aus der Versenkung.
Die unerwartete Begegnung am brennenden Dornbusch
Eines Tages zieht Gott ihn wieder ins Licht der Weltgeschichte. Der Tag beginnt wie jeder andere auch: Aufstehen, Frühstück, der Gattin ein routiniertes Winkewinke, und dann marschiert Papa Mose los.
Vor sich einen langen Arbeitstag, hinter sich die Schwiegervaters Schafherden, unterm Arm den Frühstücksbeutel mit Hammelkotelett und Ziegenkäse – immer nur Hammelkotelett mit Ziegenkäse. Öde, eintönig, langweilig. So geht das nun seit vierzig Jahren jeden Tag dasselbe.
Doch nun passiert etwas Neues, etwas ganz Außergewöhnliches, Sensationelles, Verrücktes, noch nie Dagewesenes. Als Mose an den Berg Sinai kommt, sieht er einen Dornbusch. Und der brennt lichterloh. Aber jetzt kommt’s: Der Busch brennt, ohne zu verbrennen.
Mose denkt sich: Das kriegst du doch nicht in deinen Kopf rein. Das guckst du dir mal an. Aus purer Neugier geht er näher. Er macht also einen Abstecher vom geplanten Weg, kraxelt zu dem Busch – und da passiert es: Da begegnet ihm Gott.
Das war das Letzte, was er erwartet hatte. Er war ja nicht auf der Suche nach Gott, sondern nach Grünfutter. Und der brennende Dornbusch, ein Busch, der brennt, ohne zu verbrennen, war für ihn zunächst nur eine Kuriosität am Wegrand. So wie für viele Menschen heute die Kirche nichts anderes ist als eine Kuriosität am Rande der Gesellschaft, wo man höchstens mal aus Neugier hineinschaut, um zu sehen, was das ist – etwas, das abstirbt, ohne auszusterben.
Denn dass die Kirche auf dem Aussterbeetat steht, das steht fest. Zumindest steht das in einer ganzen Reihe von Büchern, die wir in letzter Zeit gelesen haben. Nach dieser Theorie müsste die Kirche längst out sein. Doch in der Praxis ist sie einfach nicht totzukriegen. Im Gegenteil: Statt endlich an Altersschwäche zu sterben, wird die alte Dame immer aktiver und attraktiver.
Viele fragen sich: Warum lebt dieses überalterte Ding eigentlich noch? Es gibt nur einen einzigen Grund: Weil Jesus lebt. Deshalb stirbt die Kirche nicht, auch wenn ihr Tod oft prophezeit, provoziert, gewünscht oder als wissenschaftliche Tatsache festgestellt wurde.
So viel verstand Mose auch von der Wissenschaft, dass ein Busch, der brennt, eigentlich verbrennen müsste. Aber er sieht eben, dass der Busch nicht verbrennt. Und da folgt er nicht stur dem Prinzip „Das darf nicht sein, was nicht sein kann“. Stattdessen geht er die Sache wissenschaftlich an, prüft nach, klopft mal auf den Busch.
Und wer steckt dahinter? Es ist Gott. Wäre Mose stur seinen ausgetretenen Trampelpfad weitergelaufen, wäre er glatt an Gott vorbeigelaufen. Aber er weicht aus, verlässt den vorgeschriebenen Weg, überwindet ein Vorurteil.
Es gibt unheimlich viele Menschen, die voller Vorurteile stecken: „Gott ist tot, die Kirche ist out, Glaube ist was für Rentner“ usw. Ich rate, sich von solchen Vorurteilen zu lösen. Lass dir nicht von irgendwelchen Leuten etwas einreden, sondern schau selber nach, prüfe selber nach, probiere selber aus.
Mose wäre auf seinem Abstellgleis weitergefahren, wenn er nicht den Abstecher zum Dornbusch gemacht hätte. Denn die Begegnung am Dornbusch ist die Station, an der Gott Mose vom Abstellgleis wieder auf die Hauptstrecke bringt – nämlich in Richtung Welthauptstadt zum Pharao.
Dorthin wird Mose jetzt mit Volldampf geschickt. Jetzt beginnt für ihn ein neues Leben, seine eigentliche Lebensaufgabe. Gott hatte Mose in vierzig Jahren also nicht vergessen. Im Gegenteil, er hatte noch eine Menge mit ihm vor und hat ihn darauf vorbereitet.
Auch dich hat Gott nicht vergessen, auch wenn du dir manchmal so vorkommst. Auch mit dir hat Gott noch etwas vor, auch wenn du dich manchmal auf dem Abstellgleis fühlst. Vielleicht hat Gott dich tatsächlich mal aufs Abstellgleis geschoben. Vielleicht hast du, wie Mose, in Gottes Plänen herumgepfuscht und musst erst wieder lernen, ruhig zu werden und nach Gottes Plänen zu fragen.
Gott hat auch für dein Leben einen Plan. Wenn du diesen Plan nicht findest, nicht beachtest und nicht danach leben willst, dann gerät dein Leben aus der Bahn.
Vielleicht ist dieser Gottesdienst heute die Station deines Lebens, an der du vom Abstellgleis wieder auf die Hauptstrecke kommst, wieder zur Hauptsache, zum Dienst und Leben mit Gott.
Ich kann nur sagen: Gott hat die Weichen für dein Leben gestellt. Folge ihm nach, und du wirst erfahren, dass es auch für dich eine Chance und ein neues Leben gibt.
Gottes Feuer und die neue Berufung
Der Mose hatte mit dem Leben praktisch abgeschlossen. Er machte schon lange keine Zukunftspläne mehr. Der Hitzkopf, der darauf brannte, anderen Unterdrückern die Köpfe abzuschlagen, war von Gott auf Eis gelegt worden.
Nachdem Gott ihn vierzig Jahre lang zum Abkühlen beiseitegestellt hatte, taut er ihn jetzt wieder auf – und zwar, indem er ihm mit Feuer entgegentritt. Mose sieht den brennenden Dornbusch. Das Unheimliche und Unbegreifliche des Feuers wird zum Symbol für die Gegenwart Gottes.
Da ruft Gott aus dem Dornbusch und spricht zu Mose. Mose bleibt angewurzelt stehen. Er ist weit weg von zu Hause. In der grenzenlosen Einsamkeit am Berg Sinai ist um ihn herum nichts als Wüste, Wind, Steine und Tiere. Und da ruft ihn einer mit seinem Namen. Mose erschrickt: „Mensch, hier ist einer, der mich kennt.“
So ist es schon vielen Menschen ergangen, die irgendwie zufällig oder aus anderen Gründen in eine christliche Versammlung oder Kirche geraten sind. So geht es dir vielleicht heute auch. Du sitzt in der anonymen Masse einsam da und merkst plötzlich: Hier geht es gar nicht um verstaubte Philosophie oder eine harmlose Unterhaltung – hier geht es um mich.
Die Leute, die um dich hier sitzen, kennen dich nicht. Aber Gott kennt dich. Er kennt deine Vergangenheit, deine Gegenwart, deine Probleme und deine Zukunft. Er hat dich lieb, er braucht dich, und er ruft dich – so wie damals Mose.
Da rief Gott aus dem Busch und sprach zu Mose. Und Mose antwortete: „Hier bin ich.“ Das ist die Antwort, die Gott von dir erwartet. Es ist egal, wie dein Leben aussieht. Es ist egal, ob du wie Mose einen Mord oder zum Beispiel eine Abtreibung hinter dir hast. Es ist egal, ob du vierzig Jahre lang ohne Gott gelebt hast, weil du als Atheist erzogen wurdest.
Es ist egal, in welche Wüste du abgeglitten bist und welches Wüstenleben du inzwischen führst. Heute ruft er dich. Ich weiß nicht, wie oft Gott dich schon gerufen hat. Ich weiß nicht, ob er dich heute zum letzten Mal ruft. Aber ich weiß, dass er dich heute ruft.
Komm doch raus aus deinem wüsten, unordentlichen, ungeordneten und ungeklärten Leben! Möchtest du nicht endlich mal antworten: „Hier bin ich!“ Du kannst dein Versteckspiel aufgeben, deine Vorurteile ablegen, deine Schuld abgeben und ihm dein Leben geben.
Wirf dich ihm doch einfach mal in die Arme und sag zu Gott: „Hier hast du mich, hier bin ich.“ So fängt Glaube an. Glaube heißt nicht, dass du von Anfang an alles kapierst, was mit Gott zusammenhängt, oder dass du alles schon verstanden hast. Glauben heißt, zu gehorchen, wenn Gott ruft.
Mose hatte keine Ahnung, was ihm alles bevorstand. Er wusste überhaupt noch nicht, wohin der Weg führt. Er wusste nur: Hier geht es um mich. Ich bin gemeint, mich ruft Gott. Und da meldet er sich und sagt: „Hier bin ich.“
Die Heiligkeit der Begegnung mit Gott
Da sprach Gott: „Tritt nicht näher, sondern zieh deine Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land.“
Weißt du, wenn du Gott begegnest, kannst du nicht weitermachen wie bisher. Da hebst du dich aus deinen Latschen, da stehst du auf einem neuen Standpunkt.
Als Mose diese Stimme hörte, verhüllte er sein Angesicht, denn er fürchtete, Gott anzuschauen. Die Respektlosigkeit und Kumpelhaftigkeit, mit der manche Leute heutzutage so mit Gott verkehren, zeigt doch nur, dass sie überhaupt nicht wissen, wer Gott in Wirklichkeit ist.
Schon die Rede vom „lieben Gott“ ist mir aufs Äußerste verdächtig. Als Mose zum ersten Mal im Leben Gott wirklich erlebt, da erschrickt er. Wenn wir Gott erleben, finden wir das meist nicht zum Erschrecken, sondern eher zum Zuckerlenken. Wir empfinden es irgendwie als schön.
Das war ein schöner Gottesdienst, das war eine schöne Abendmahlsfeier, das war eine schöne Predigt. Leute, wenn eine Predigt weiter nichts als schön ist, ist sie meistens nicht viel wert.
Ich möchte hier nicht eine schöne Predigt abliefern, sondern erreichen, dass ihr euer Leben an Gott ausliefert. Dass ihr vor der Majestät Gottes erschreckt, dass ihr eure Sünde erkennt, dass in euch eine Sehnsucht nach Vergebung entsteht.
Ich wünsche mir, dass ihr mal mit eurem oberflächlichen Christusgetändel und diesem Wochenend- und Wohlfühl-Christentum endgültig Schluss macht. Dass ihr euch Gott in die Arme werft und ohne jede Bedingung sagt: „Hier bin ich, da hast du sie.“
Ich leide darunter, dass viele Gottesdienste – und auch dieser Gottesdienst – immer mehr zu einem großen Happening werden. Alle sind high, aber keiner sagt: „Herr, hier bin ich.“
Alle tun so, als ob sie bekehrt wären, aber wenn es ums Kehren der Kirche geht, ist keiner mehr da. Das ist wirklich eigenartig. Wenn es um das Thema Bekehrung geht, sitzen hier alle und tun so, als ob sie bekehrt wären.
Für den zweiten Gottesdienst – vielleicht so eine Partie, die sonst in den zweiten Gottesdienst kommt, wo ich immer darum bitten muss, dass uns welche helfen, die Kirche zu kehren – da gibt es keinen, der schon mal mit dem Besen umgegangen ist.
Nicht jedes Mal, aber sehr oft stehen wir alleine in der Kirche, die wir sauber machen müssen. Und es sind immer die paar gleichen Mitarbeiter, die dann abends bis um 22 Uhr hier kehren.
Leute, ich wollte nicht schimpfen, aber ich muss mal sagen: In letzter Zeit, nach dem Gottesdienst, bin ich auf dem Altarplatz herumgelaufen und hatte die Schnauze voll. Da habe ich gedacht, ich höre mit der Sache auf.
Wenn einer unserer Mitarbeiter hier im Turmhemd schwitzend stundenlang die Bude saugt und alle anderen schon gegangen sind, dann stimmt doch irgendwas nicht.
Das kann doch nicht sein, dass zweimal eine Kirche voller Menschen ist, die sich Christen nennen, und keiner ist bereit, eine halbe Stunde mal mit anzupacken. Leute, hier stimmt irgendwas nicht. Da habt ihr etwas missverstanden.
Wenn Gott Menschen ruft, geht es immer um etwas Konkretes. Es geht immer darum, dass Gott von uns etwas will.
Er will deine Entscheidung, er will deine Bekehrung, er will dein Herz, er will deine Liebe. Aber er will auch deinen Dienst, er will deine Mitarbeit.
Er möchte von dir ein bedingungsloses „Hier bin ich“ hören.
Gottes Zusage und der persönliche Glaube
Gott stellt sich dem Mose mit folgenden Worten vor: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“
Wir alle kennen Gott zunächst einmal als Gott unserer Väter. Das heißt, bevor wir selbst glauben, lernen wir erst einmal andere Menschen kennen, die an Gott glauben. Doch dieses Wissen vom Glauben anderer ist noch kein persönlicher Glaube. Deshalb muss im Leben eines jeden Christen irgendwann der Moment kommen, an dem wir begreifen: Dieser Gott, von dem die Menschen in der Kirche sprechen, von dem die Eltern reden, von dem die Mutter erzählt – dieser Gott ist mein Gott.
Irgendwann muss es sozusagen „klick“ machen, dass aus dem Wissen, dass es Gott gibt, die Erkenntnis wird, dass es einer ist, der sich mit mir abgibt, der mich liebt, der mich fordert und von mir verlangt. Dieser Gott ist mein Gott.
Mose war kein unbeschriebenes Blatt. Er stammte aus einem frommen Elternhaus und hatte viel von Gott gehört. Aber es ist ein enormer Unterschied, ob jemand etwas von Gott gehört hat oder ob er auf Gott hört und ihm gehorcht. Es ist ein großer Unterschied, ob du sagst: „Ja, ich weiß, dass es einen Gott gibt“ – das wissen die Teufel auch und zittern – oder ob du sagst: „Mein Herr und mein Gott.“
Das ist der Unterschied zwischen einem Christen und einem Nichtchristen, zwischen bekehrt und unbekehrt, zwischen einem toten und einem wiedergeborenen Christen. Und auch wenn du dich seit deiner Taufe einen Christen nennst, bist du erst dann einer, wenn du Jesus wirklich dein Herz bewusst geschenkt hast. Wenn du einmal in dieser oder jener Form, bei deiner Konfirmation oder irgendwann, gesagt hast: „Herr, hier bin ich.“
Als Mose diesen Satz sagt, „Hier bin ich“, eröffnet Gott ihm seinen Plan und sagt: „Das Geschrei der Kinder Israel ist vor mich gekommen, und ich habe ihre Not gesehen, wie die Ägypter sie bedrängen. Geh jetzt hin! Ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Kinder Israel, aus Ägypten führst.“
Vierzig Jahre früher hätte Mose in diesem Moment vielleicht gesagt: „Ich gratuliere dir, lieber Gott, dass du auf mich zurückgekommen bist. Ich bin der geborene Retter des Volkes, es geht seinen Gang.“ Und auch jetzt hätte Mose sagen können: „Gut, dass du endlich auf den richtigen Trichter gekommen bist und auf mich zurückgreifst. Ich war ja schon vor vierzig Jahren zum Dienst bereit.“
Aber genau das sagt Mose nicht. Die vierzig Jahre Lehrzeit in Gottes Schule waren für ihn nicht umsonst. Er ist nicht mehr der Revoluzzer, der sich zutraut, mit roher Gewalt die Freiheit erkämpfen zu können. Er ist nicht mehr der überhebliche Politiker, der sich einbildet, Weltpolitik machen zu können, ohne nach dem Willen Gottes zu fragen.
In vierzig Jahren ist Mose ganz bescheiden und ruhig geworden. Deshalb trompetet er jetzt nicht und sagt: „Ich bin der Mann, der den Freiheitszug anführen kann, mein reicher Mütter, rote Fahne und eine Kalaschnikow.“ Stattdessen sagt er: „Wer bin denn ich, dass ich zum Pharao gehen soll und die Kinder Israels aus Ägypten führen soll? Ich bin der Falsche!“
Diese Antwort beweist, dass er gerade der Richtige ist. Denn nur mit denen, die wissen, dass sie aus eigener Kraft nichts tun können, kann Gott große Dinge tun. Deshalb gibt Gott ihm auf die Frage, „Wer bin denn ich, dass ich zum Pharao gehen sollte?“, die kurze Antwort: „Ich will mit dir sein.“
Das heißt: Du mit deinen Kräften schaffst es nicht, aber ich werde dir Kräfte geben, und dann schaffst du es. „Ich will mit dir sein.“ Mehr als diese grundsätzliche Zusage Gottes kann man eigentlich gar nicht verlangen.
Mose verlangt mehr. Er fragt sich: Wer ist denn eigentlich dieser Gott? Damit wir es ganz genau wissen, fragt er nach seinem Namen: „Wie heißt du eigentlich?“ Die Antwort, die Gott ihm gibt, ist bis heute ein Rätsel geblieben.
Gott sagt: „Ich heiße Yahweh.“ Früher sagte man fälschlicherweise Jehova. Es ist ein Treppenwitz der Weltgeschichte, dass die Zeugen Jehovas immer noch dieses falsche Wort benutzen, obwohl Gott niemals Jehova genannt worden ist – weil sie kein Hebräisch lernen.
„Ich heiße Yahweh“ – das ist Hebräisch und bedeutet auf Deutsch „Ich bin der, der ich bin.“ Es könnte auch heißen: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Es drückt auf alle Fälle Gottes unendliche Ewigkeit aus. Aber es hat noch kein Theologe geschafft, diese merkwürdige Aussage eindeutig theologisch zu deuten.
Ich will es auch gar nicht erst versuchen. Mir reicht schon, dass Gott überhaupt einen Namen hat. Der Name „Ich bin, der ich bin“ ist keine Definition vom Wesen Gottes und keine philosophische Seinsaussage. Wenn Gott für dich nichts weiter als eine philosophische Größe ist, wirst du sowieso nie dahinterkommen, was hinter diesem Namen steckt.
Gott hat uns seinen Namen aber nicht gegeben, damit wir darüber philosophieren oder theologisch debattieren. Er hat uns seinen Namen nicht gegeben, damit wir über ihn reden, sondern damit wir zu ihm reden.
Da wir nicht mehr zur Zeit des Alten Testaments leben, brauchen wir Gott auch nicht mehr mit seinem alttestamentlichen Namen anzureden. Inzwischen hat Gott uns einen anderen Namen gegeben, von dem in der Bibel steht: „Und keinem anderen ist das Heil, und keinen anderen Namen hat Gott den Menschen unter dem Himmel gegeben, durch den sie gerettet werden können.“
Und das ist der Name Jesus. Beim Propheten Joel steht: „Es soll geschehen, wer den Namen des Herrn anrufen wird, der wird gerettet werden.“ Wenn du also sagst: „Jesus, hier bin ich, jetzt gehöre ich zu dir“, dann bist du gerettet.
Und jetzt reden wir Jesus an.