Ich glaube, dass wir im Himmel wahrscheinlich zwei Überraschungen erleben werden.
Zum einen werden wir dort Menschen treffen, mit denen wir vielleicht gar nicht gerechnet haben. Ich denke, das ist ein wunderbarer Moment: Wir sehen Menschen, bei deren Beerdigung wir vielleicht große Unklarheit hatten. War diese Person wirklich dabei? Hat sie wirklich mit Gott gelebt? Und dann treffen wir sie plötzlich im Himmel. Sie erzählen uns, dass Gott ihnen die Gnade geschenkt hat, in den letzten Sekunden ihres Lebens, kurz vor dem Tod, noch eine Entscheidung für Jesus zu treffen. Und jetzt sind sie da.
Wahrscheinlich werden wir aber auch eine andere Überraschung erleben, die weniger erfreulich ist. Wir werden gewisse Menschen im Himmel nicht sehen, mit denen wir fest gerechnet haben. Menschen, die ganz anständig waren, Menschen, die moralische Werte vertreten haben, Menschen, die vielleicht sogar gebetet haben, Menschen, die in den Gottesdienst gegangen sind, Menschen, die sich sozial engagiert haben, Menschen, die religiös waren – und sie sind nicht da.
Die Herausforderung religiöser Selbstgerechtigkeit
Mein Predigtthema heute Morgen lautet: „Religiös und doch verloren, religiös und doch verloren.“ Ich setze meine Predigtreihe zum Römerbrief fort. Wie Jonathan bereits gesagt hat, sind wir jetzt in Kapitel 2 angekommen. Der heutige Predigttext stammt aus Römer 2, Verse 1 bis 29. Es ist ein sehr langer Text, und ich kann nicht versprechen – oder besser gesagt, ich verspreche jetzt schon –, dass ich nicht auf jedes Detail eingehen werde. Aber die Botschaft soll hoffentlich klar rüberkommen.
Noch einmal ganz kurz zum Kontext: Paulus hat in Römer 1 zunächst über die gottlosen Heiden gesprochen und deutlich gemacht, dass sie verloren sind und unter dem Zorn Gottes stehen. Jetzt, in Kapitel 2, wendet er sich nicht mehr an die Heiden, sondern an religiöse Menschen, an anständige Menschen. Er richtet sich an die Juden – nicht an Judenchristen, die das Evangelium bereits angenommen haben, sondern an religiöse Juden. Das ist hier seine Zielgruppe.
Dementsprechend ist der Text auch etwas theologischer. Dabei müssen wir uns jedoch vor Augen führen, dass Paulus keine theologische Diskussion führen möchte. Es ist vielmehr ein fiktives Gespräch, das er hier darstellt – ein Dialog mit einem Juden am Tisch. Aber es geht ihm gar nicht um die theologische Diskussion. Paulus verfolgt ein missionarisches Anliegen: Er möchte die Rettung der Juden.
Und wir sehen, was ein religiöser Mensch als Allererstes verstehen muss – und das fällt einem religiösen Menschen unglaublich schwer: die Tatsache, dass er Rettung braucht, dass auch er ein Problem vor Gott hat. Genau hier steigen wir ein, beim ersten Punkt: Der religiöse Mensch unter Gottes Zorn.
Die Anklage gegen den religiösen Menschen
In den ersten fünf Versen beginnt Paulus mit einer Anklage. Er fällt hier sozusagen mit der Tür ins Haus und sagt dem Religiösen: Du sitzt doch im selben Boot.
Kommen wir zunächst zu den Versen 1 bis 3. Dort heißt es: „Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, o Mensch, jeder, der da richtet, denn worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst, denn du, der du richtest, tust dasselbe. Wir wissen aber, dass das Gericht Gottes der Wahrheit entsprechend über die ergeht, die so etwas tun. Denkst du aber dies, o Mensch, der du richtest, die so etwas tun und dasselbe verübst, dass du dem Gericht Gottes entfliehen wirst?“
Noch einmal ganz kurz: Paulus hat in Kapitel 1 über die Heiden gesprochen, über die ganz schlimmen Sünder. Die Heiden haben die Anbetung verweigert – wenn ihr euch an die letzten Predigten noch einmal erinnern könnt. Sie beten etwas anderes an, sie haben die Anbetung vertauscht, und dann nimmt die Abwärtsspirale ihren Lauf.
Diese schlimmen Heiden leben in sexueller Verirrung. Aber auch in den Versen 29 bis 31 aus Kapitel 1 zählt Paulus viele andere Sünden auf, die die Heiden begehen. Diese Sünden sind die Folge davon, wenn man Gott aus seinem Leben ausklammert. Wenn Gott keine Rolle mehr spielt, dann landet man genau da.
Und der Jude, der das hört – stellt euch mal vor, Paulus predigt das, und der Jude hört zu –, der Jude fängt an zu nicken und zu sagen: „Genau, die Heiden haben den Zorn Gottes verdient, diese schlimmen Heiden.“ Der Pharisäer fängt spätestens jetzt an, dafür zu danken, dass er nicht so ist wie die Heiden.
Und wisst ihr, in dem Moment, in dem sie Paulus wahrscheinlich noch zustimmen, vielleicht sogar Amen rufen, dreht Paulus jetzt in Kapitel 2 den Spieß plötzlich um und sagt: „Du bist doch nicht besser! Du hast auch ein Problem vor Gott. Du tust dasselbe. Ja, du richtest die anderen, aber du tust eigentlich dasselbe. Du sitzt im selben Boot. Denkst du wirklich, das Gericht Gottes wird dich nicht treffen?“
Schaut mal: Paulus sagt, Gott richtet die, die so etwas tun. Du tust dasselbe und du denkst, Gott wird dich nicht richten? Das ist doch nicht logisch.
Aber das macht nur Sinn, wenn der Jude tatsächlich denkt, er tut nicht dasselbe, wenn er die Sünde in seinem Leben, die er hat, ausklammert. Und genau das ist das Problem, ihr Lieben. Das ist das Problem an Religiösität, das ist das Problem, das so viele religiöse Menschen haben.
Sie denken, sie sind gut, und sie sehen ihre Sünde nicht. Das ist das Kernproblem. Sie sind so sehr mit den Sünden der anderen Menschen beschäftigt, dass sie ihre eigene Sünde gar nicht sehen.
Die Blindheit gegenüber der eigenen Sünde
Am 30. August 2012 berichteten die CBS Nachrichten von einer Touristin, die auf einer Bustour durch Island plötzlich vermisst wurde. Die Frau war nicht mehr da, und daraus entstand eine verzweifelte Suche mit über fünfzig Rettungskräften zu Land und aus der Luft.
Wie kam es dazu? Die Frau hatte die Reisegruppe verlassen, um ihre Kleidung zu wechseln. Anschließend kehrte sie in anderer Kleidung zum Bus zurück. Doch niemand im Bus erkannte sie, weil sie nun anders gekleidet war.
Plötzlich wurde von einer Frau gesprochen, die noch fehlte. Die vermisste Person wurde als eine Asiatin in dunkler Kleidung beschrieben, die gut Englisch spricht. Das Problem war, dass die Frau, die selbst im Bus saß, nicht erkannte, dass von ihr die Rede war. Sie half sogar fleißig bei der Suche mit.
Einige Stunden später, gegen drei Uhr nachts, stellte der Suchtrupp fest, dass die gesuchte Frau mitten unter ihnen war und aktiv bei der Suche half. Der Polizeichef Sven Runnason aus Island teilte daraufhin der Öffentlichkeit mit, dass die Frau einfach nicht verstanden hatte, dass sie selbst die Vermisste war. Sie erkannte die Beschreibung von sich selbst nicht und begriff nicht, dass sie gemeint war.
Wir lächeln jetzt darüber, doch kann es sein, dass es uns manchmal ähnlich ergeht? Wenn von Sünde gepredigt wird, denken wir oft sofort an andere, ohne zu erkennen, dass Gott vielleicht gerade uns etwas sagen möchte. Vielleicht sitzt du heute vor dem Livestream, hörst dir die Predigt an, bist oft in Gottesdiensten oder hörst Morgenandachten. Vielleicht bist du sogar froh, dass in dieser Gemeinde noch über Sünde gepredigt wird. Das ist gut, aber du ziehst keine Anwendung für dein eigenes Leben daraus.
Das ist das Problem der Religiosität: Man ist verblendet. Vielleicht sitzt du heute Morgen hier, hörst oft das Wort Gottes und gehst hinaus, ohne den Eindruck zu haben, dass Gott dir etwas sagen möchte. Deshalb lass dich heute darauf ein, dass Gott wirklich dich ansprechen will und mit dir über deine Sünde reden möchte.
Wir können so von Religiosität verblendet und hartherzig sein, dass das Wort Gottes einfach an uns abprallt.
Gottes Geduld und die Aufforderung zur Umkehr
Und genau darum geht es in den nächsten Versen. Paulus spricht weiter zu dem religiösen Menschen in Vers vier und fünf: „Oder verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit, Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet? Nach deiner Störrigkeit und deinem unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf für den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes.“
Paulus sagt: Hör doch mal zu! Gott will dich zur Buße führen, zu einer echten Umkehr. Gott ist so gütig und behandelt dich viel besser, als du es verdient hast. Er ist so geduldig und langmütig, dass er sein Gericht noch zurückhält in deinem Leben. Warum? Weil er deine Umkehr möchte und dir eine echte Chance für einen wirklichen Neuanfang geben will. Das ist der Grund, warum Gott dich so geduldig behandelt.
Aber du religiöser Mensch, sagt Paulus, du bist so stur. Du denkst gar nicht daran, deine Sünde einzugestehen. Stattdessen häufst du dir Zorn an für den Tag des Herrn.
Wisst ihr, das Wort „Störrigkeit“, das hier im Griechischen verwendet wird? Es wird auch für Steine und Metalle gebraucht, die sich nicht biegen lassen. Ich habe heute mal meine Brechstange mitgebracht. Keine Sorge, sie ist nicht für den Bekehrungsaufruf gedacht. Es geht mir gar nicht um die Brechstange selbst, sondern um das Material. Ich bin kein Metall-Experte, aber das müsste Stahl sein. Und du kannst diese Stange nicht biegen, egal wie sehr du dich bemühst. Sie ist einfach nicht biegsam.
Und genau dieses Wort verwendet Paulus hier für den religiösen Menschen: Du hast ein Herz aus Stahl, es lässt sich nicht biegen. Du bekommst Predigten zu hören, aber sie prallen völlig an dir ab. Du denkst nur an die anderen, aber nicht an dich selbst. Das ist das Problem des religiösen Menschen. Er ist so sehr von sich überzeugt, dass er unbeugsam ist gegenüber dem Wort Gottes.
Vielleicht trifft das auf dich zu. Lass dich heute einfach darauf ein, dass Gott genau dich ansprechen möchte. Nicht die anderen sind gemeint, sondern du bist gemeint. Es geht um deinen Herzenszustand. Hör auf zu denken: „Ich bin doch ein guter Mensch, und ich glaube daran, dass es den lieben Gott gibt.“ Wahrscheinlich hast du ein viel größeres Problem, als du denkst, und Gott möchte dir das heute deutlich machen.
Gottes Gericht ohne Ansehen der Person
Paulus ist hier weiterhin im Gespräch, im Römerbrief, mit dem Juden. An dieser Stelle könnte der Jude einen Einwand bringen. Er könnte sagen: „Paulus, Gott wird mich nicht so richten wie die Heiden. Ich bin ein Jude, ich bin religiös, ich bin ein frommer Mensch.“
Diesen Einwand antizipiert Paulus und greift ihn in seiner Erklärung auf. Er betont, dass Gott ohne Ansehen der Person richtet. Das sind die Verse 6 bis 11, die ich einmal lesen möchte:
„Der einem jeden verurteilen und vergelten wird nach seinen Werken: Denen, die mit Ausdauer in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen, ewiges Leben; denen jedoch, die von Selbstsucht bestimmt und der Wahrheit ungehorsam sind, der Ungerechtigkeit aber gehorsam, Zorn und Grimm, Bedrängnis und Angst über die Seele jedes Menschen, der das Böse vollbringt, sowohl des Juden zuerst als auch des Griechen; Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden jedem, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott.“
Paulus sagt hier, dass Gottes Gericht sich ausschließlich nach den Werken richtet. Dabei ist es egal, ob ein religiöser Jude vor ihm steht oder ein gottloser Heide. Gott schaut sich die Werke an, das heißt, er betrachtet das Leben der Person.
Im Text werden zwei Menschengruppen beschrieben. Wenn man genau hinschaut, sind das zum einen die Menschen, die Gottes Güter annehmen und wirklich umkehren. Diese Menschen leben für Gottes Ehre und für die Ewigkeit. Sie werden das ewige Leben erhalten.
Demgegenüber stehen die Menschen, deren Handeln nur von Selbstsucht geprägt ist. Glaube? Fehlanzeige. Sie leben für sich selbst, widersetzen sich der Wahrheit und vollbringen das Böse. Paulus sagt, sie werden den Zorn Gottes zu spüren bekommen.
Glaube und Werke – eine wichtige Unterscheidung
Vielleicht stellst du dir jetzt die Frage: „Andre, Moment, entscheiden jetzt doch die Werke über meine Errettung? Ich dachte immer, der Glaube entscheidet über meine Errettung. Werden jetzt doch die Werke darüber entscheiden, ob ich das ewige Leben erhalte oder nicht?“
Gut, dass du diese Frage stellst. Grundsätzlich müssen wir festhalten: Der Glaube rettet und nicht die Werke. Amen! Genau das ist es, was Paulus in Römer 3 und 4 deutlich macht. Der Glaube rettet.
Aber Werke sind trotzdem wichtig, weil sie der logische Ausdruck des Glaubens sind. Wir werden errettet durch den Glauben allein, aber der Glaube, der rettet, kommt nie allein. Er bringt immer Werke mit sich, wenn es echter Glaube ist. Das sagt uns auch Jakobus ganz deutlich.
Paulus sagt: Gott beurteilt das Leben. Man kann anhand seines Lebens erkennen, ob echter Glaube vorhanden ist. Das ist das Entscheidende, das ist der Maßstab, mit dem Gott bewertet. Gott bewertet nicht, ob du eine fromme Person warst im Sinne einer Kirchenzugehörigkeit. Gott schaut sich dein Leben an, das ist der Punkt.
Er macht kein Ansehen der Person. Gott ist nicht beeindruckt von gewissen religiösen Menschen, nur weil sie zu einer bestimmten Familie gehören oder zu einer bestimmten Denomination.
Ich habe eine Zeit lang für das Bibelseminar Bonn gearbeitet. Ich durfte dem Professor im Masterprogramm helfen, die Arbeiten der Schüler zu korrigieren. Bei den hebräischen Hausaufgaben war das relativ einfach. Entweder die Form ist richtig – ja oder nein. Da macht man einen Fehler oder setzt ein Häkchen dran.
Aber dann gab es Ausarbeitungen, Aufsätze, und da spielt sehr viel Subjektives des Bewerters auch eine Rolle. Ich habe mich manchmal dabei ertappt, versucht zu sein, einer Person, die ich gut kannte, eine bessere Note zu geben. Das wäre falsch gewesen, denn es darf kein Ansehen der Person geben. Die Leistung, das Werk muss bewertet werden, nicht die Person.
Und genau das gibt es bei Gott eben nie. Gott bewertet nie einfach nur, weil jetzt eine bestimmte Person vor ihm steht. Gott schaut sich das Leben an. Das spielt für Gott die entscheidende Rolle. Nicht, in welcher Familie du geboren wurdest, nicht, wie häufig du im Gottesdienst warst – nicht in erster Linie. Gott schaut auf dein Herz und auf dein Leben.
Der moralische Maßstab des Gesetzes
Der religiöse Jude, der jetzt hier nach wie vor mit Paulus im Gespräch ist, könnte einen weiteren Joker ziehen: das Gesetz.
Jetzt zückt er das Gesetz und sagt zu Paulus: „Wir haben doch das Gesetz.“ Auf Namenschristen übertragen könnte jetzt der Einwand kommen: „Ich habe doch eine Bibel im Schrank. Ich habe sie zur Kommunion bekommen. Sie ist da, ich kenne sogar einige Verse noch auswendig. Ich habe Bezug zur Bibel, ich habe in der Kinderstunde Verse auswendig gelernt, die Bibel ist mir schon wichtig.“
Diesen Einwand greift Paulus jetzt in den Versen 12 bis 16 auf. Er erklärt weiter, warum auch der religiöse Mensch unter Gottes Zorn steht. Der moralische Maßstab spricht gegen dich.
Schaut mal: Der Jude beruft sich auf das Gesetz, und Paulus sagt: „Genau, das ist der Punkt. Du berufst dich auf einen moralischen Maßstab, und der moralische Maßstab, auf den du dich berufst, spricht gegen dich.“
Kommen wir zu den Versen 12 bis 16:
„Denn so viele, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen, und so viele, die unter Gesetz gesündigt haben, werden durch Gesetz gerichtet werden. Es sind nämlich nicht die Hörer des Gesetzes gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden. Denn wenn Nationen, die kein Gesetz haben, von Natur dem Gesetz entsprechend handeln, so sind diese, die kein Gesetz haben, sich selbst Gesetz. Sie beweisen, dass das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, in dem ihr Gewissen Mitzeugnis gibt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen und auch entschuldigen an dem Tag, da Gott das Verborgene der Menschen richtet nach meinem Evangelium durch Jesus Christus.“
Kompliziert. Aber in Vers 12 macht Paulus zwei Aussagen. Schaut mal genau hin. Paulus sagt zwei Dinge, und der Rest des Textes ist einfach nur eine Begründung dieser zwei Aussagen.
Die erste Aussage lautet: Die Menschen, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden ohne Gesetz verlorengehen. Hier geht es um Heiden, die das Gesetz des Mose so nicht bekommen haben. Die Begründung von Paulus sehen wir in den Versen 14 bis 16. Er sagt, auch die Menschen ohne Gesetz haben einen moralischen Maßstab, gegen den sie handeln.
Das heißt, auch die Heiden, die Gottes Willen nicht aufgeschrieben bekommen haben wie die Juden im Gesetz, haben einen moralischen Maßstab. Sie haben einen inneren moralischen Maßstab. Den hat Gott an jeden Menschen mitgegeben. Jeder Mensch hat ein inneres Wissen von richtig und falsch.
Da spielt auch das Gewissen eine Rolle, das wie bei uns im Auto funktioniert, wenn die Signallampe angeht, wenn etwas falsch läuft. So funktioniert das Gewissen. Das hat Gott an jeden Menschen mitgegeben.
Schaut mal: Jeder Mensch, auch Leute, die mit Gott nichts zu tun haben – vielleicht denkt ihr jetzt an eure Nachbarn, an Arbeitskollegen – auch Menschen, die mit Gott nichts zu tun haben, können vieles richtig machen in der Kindererziehung, in der Ehe. Jeder Mensch hat einen Gerechtigkeitssinn.
Jeder Mensch, auch irgendwo im Busch, der noch nie etwas von Gott und der Bibel gehört hat, weiß, dass es falsch ist, einfach jemanden umzubringen. Jeder Mensch hat einen moralischen Maßstab, den Gott in ihn hineingelegt hat.
Und Gott sagt: Genau das ist der Punkt. Weil du einiges gut machst, heißt das ja, du hast einen moralischen Maßstab. Und du hältst diesen Maßstab aber nicht hundertprozentig ein. Oft handelst du auch dagegen, oft handelst du gegen dein Gewissen.
Und genau das ist der Punkt, warum ich dich anklagen kann, sagt Gott: Du hast den Maßstab, aber du lebst nicht danach.
Die zweite Aussage in Vers 12 betrifft dann die Juden. Paulus sagt, die Menschen, die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden ebenfalls verloren gehen. Die Begründung ist: Es geht nicht nur ums bloße Hören, sondern um die Erfüllung des Gesetzes. Wer es nicht erfüllt, hat versagt.
Ja, das Gesetz – damit sind sicherlich die zehn Gebote gemeint, aber auch die 613 Einzelgebote, die wir im Alten Testament haben.
Jetzt möchte ich das mal auf dich anwenden. Weißt du, vielleicht hältst du dich für einen recht moralischen Menschen, weil du gewisse Werte vertrittst, weil du vielleicht sogar richtig konservative Standpunkte vertrittst, weil du versuchst, nach der Bibel zu leben.
Aber weißt du was? Wenn du darauf pochst, kann ich dir schon jetzt sagen: Das wird dich nicht retten, weil du es nicht schaffst, den Maßstab zu hundertprozentig einzuhalten. Schaffst du nicht.
Wenn du immer noch davon überzeugt bist, dass du ein recht guter Mensch bist, dann möchte ich mit dir heute mal einen Test machen. Den Test können wir nicht im Kollektiv machen, mach ihn mal für dich persönlich.
Ich gebe uns jetzt mal ein paar Fragen mit anhand der zehn Gebote, und du musst diese Fragen für dich mit Ja oder Nein beantworten. Da gibt es nichts dazwischen, entweder Ja oder Nein.
Kommen wir zum ersten Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Kannst du von dir sagen, ich habe in meinem Leben nie etwas höher gestellt als Gott? Ich habe nie etwas oder jemanden mehr geliebt, mehr vertraut oder mehr gehorcht als Gott. Gott war immer in meinen Gedanken, in meinen Wünschen, in meinen Handlungen das Wichtigste in meinem Leben – ja oder nein?
Wir machen mal weiter und greifen noch ein paar Gebote auf. Das siebte Gebot nehmen wir mal: Du sollst nicht ehebrechen. Ich hatte noch nie Sex mit jemandem außerhalb der Ehe und habe auch noch nie sexuelle Gedanken über jemanden gehabt, mit dem ich nicht verheiratet bin – ja oder nein?
Das achte Gebot: Du sollst nicht stehlen. Ich habe nie etwas genommen, das mir nicht gehört. Das beinhaltet das Herunterladen illegaler Musik, das Betrügen in der Schule, das Ausfüllen meiner Steuererklärung. Ich habe nie die Zeit meines Unternehmens damit verschwendet, während der Arbeitszeit im Internet zu surfen oder auf Instagram zu gehen. Ich habe niemals Lob angenommen, das irrtümlich ausgesprochen wurde und mir gar nicht zusteht – ja oder nein?
Das neunte Gebot: Du sollst nicht lügen. Ich habe nie die Wahrheit verdreht, um aus einer schlechten Position herauszukommen. Ich habe in jeder Situation immer die Wahrheit über jede Person gesagt, die ich jemals gekannt habe, und habe meine Versprechen immer vollständig erfüllt – ja oder nein?
Du sollst nicht begehren, das zehnte Gebot: Ich war nie gierig nach etwas, das mir nicht gehörte, noch eifersüchtig auf die Fähigkeiten, das Aussehen, die Position oder den Besitz anderer. Ich habe mich stets mit den anderen über das gefreut, was sie haben. Ich war immer dankbar und voll zufrieden mit dem, was ich habe und wo ich im Leben stehe – ja oder nein?
Glaubst du immer noch, dass du ein guter Mensch bist? Glaubst du immer noch, dass du dir auf die Schulter klopfen kannst und sagen kannst, ich habe das Gebot gehalten?
Wenn du das jetzt sagst, hast du mindestens gegen das neunte Gebot verstoßen: Du sollst nicht lügen.
Aber schau mal genau: Genau dieses Denken führt doch in eine Illusion. Da leben wir eine Illusion, wenn wir denken, Gott wird mich schon annehmen, ich bin okay. Nein, bist du nicht.
Ich habe vor kurzem hier mit einer Katholikin über den Glauben gesprochen. Wir kamen ins Gespräch und sie sagte: „Wissen Sie was, wenn wir uns alle lieb haben, das wird schon reichen für den Himmel.“
Und wenn das der Maßstab ist, nehmen wir den jetzt einfach mal: Wenn wir uns alle lieben, reicht das für den Himmel? Lieben wir immer alle Leute? Haben wir zu jeder Zeit nur positive Gedanken über andere Menschen, sind völlig selbstlos, schauen nicht auf uns und sind immer nur daran bedacht, Leute zu lieben?
Also, wenn das der Maßstab ist, haben wir alle versagt. Da gibt es keine Chance, in den Himmel zu kommen.
Und genau das ist der Punkt, den ich heute deutlich machen möchte: Du kannst den Maßstab Gottes nicht erfüllen.
Und genau deswegen musste Jesus in diese Welt kommen. Genau deswegen ist er gekommen, um uns zu retten von unseren Sünden.
Wir konnten es nicht, wir können es nicht, wir können Gott nicht gefallen. Wir werden nie seinen Maßstab erfüllen, weil er heilig ist, weil er gerecht ist.
Und deswegen kam Jesus. Er hat das perfekte Leben geführt, er hat ein sündloses Leben geführt, er hat das Gesetz erfüllt. Er ist ans Kreuz gegangen für deine Sünden, er ist für dich gestorben.
Und wenn du auf ihn setzt, dann ist deine Schuld bezahlt, damit deine Beziehung zu Gott wieder gerettet werden kann, wieder heil werden kann.
Das ist das Evangelium. Aber deswegen musst du erst mal erkennen, dass du dieses Problem hast, weil sonst macht das Kreuz für dich keinen Sinn.
Und dazu möchte ich dich heute einladen: Ich möchte dich heute einladen, dass du mal das, was du bisher für Glauben gehalten hast, weglegst, weil es dich abhält, zum wahren Glauben zu kommen, und dass du auf Jesus setzt und dass du Jesus annimmst für dein Leben.
Schau mal, deine Religiosität kann dir so sehr im Weg stehen.
Die Probleme der Religion aus biblischer Sicht
Und genau das führt uns zum zweiten Punkt: dem Problem der Religion. Was ist das Problem an der Religion? Paulus geht darauf jetzt noch einmal ausführlich ein.
Man kann für Religion auch das Wort Leistungsdenken einsetzen. Denn schau mal: Jede Religion basiert auf einer Prämisse – ich leiste, deshalb werde ich angenommen. Jede Religion funktioniert so. Ich leiste, deshalb werde ich angenommen beziehungsweise hoffentlich angenommen, weil ich geleistet habe.
Das Evangelium funktioniert genau andersherum: Ich bin angenommen, und jetzt lebe ich auch so. Aber jede Religion basiert auf Leistung. Und dieses Leistungsdenken steckt auch in uns Christen sehr tief drin.
Dabei möchte ich heute nicht nur über sogenannte Namenschristen sprechen, sondern auch über Christen, die neu ins Leistungsdenken verfallen sind.
Leistungsdenken führt zu Überheblichkeit
Was ist das Problem an der Religion? Erstens: Religion führt zu Überheblichkeit. Leistungsdenken führt zu Überheblichkeit.
Schauen wir uns die Verse 17 bis 20 einmal an. Wenn du dich aber einen Juden nennst, dich auf das Gesetz stützt, dich Gottes rühmst und den Willen kennst und prüfst, worauf es ankommt, weil du aus dem Gesetz unterrichtet bist, und dich traust, ein Leiter der Blinden zu sein, ein Licht derer, die in der Finsternis sind, ein Erzieher der Törichten, ein Lehrer der Unmündigen, der die Verkörperung der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz hat.
Paulus spricht hier über das Selbstverständnis eines religiösen Menschen, über das Selbstverständnis eines Juden. Die Dinge, die Paulus hier auflistet, sind ja nicht grundsätzlich falsch. Es ist gut, ein Lehrer von unreifen Menschen zu sein, das ist gut. Es ist auch gut, ein Licht zu sein für die Menschen, die in der Finsternis sind.
Aber hier geht es vom Kontext her darum, dass es ein arrogantes Selbstverständnis des religiösen Menschen ist. Und schaut mal: Dieses Problem hast du immer, wenn dein ganzer Glaube auf Leistung aufbaut. Denn weil Religion auf Leistung basiert, besteht die Gefahr, dass man sich auf einer Skala einordnet.
Du kommst hier in die Gemeinde, auf der Skala von eins bis zehn ordnest du dich vielleicht bei einer Acht ein. Ich bin schon lange dabei, ich lese jeden Tag meine Bibel. Und plötzlich erhebst du dich über die ganzen neuen Leute hier, die noch ganz am Anfang im Glauben stehen. Also: Ich bin eine Säule hier in der Gemeinde, ich bin auf einer Acht, warum schaffen die das nicht, die da unten auf einer Zwei?
Vielleicht übertreibe ich ein bisschen, aber vielleicht ist das genau dein Denken. Da siehst du, dass andere Eltern Probleme mit ihren Kindern haben, und dein erster Gedanke ist: Meine Kinder sind brav erzogen, was haben die für Probleme? Da läuft es in der Ehe nicht? Die sollen sich mal anstrengen, sie sollen sich mal ein bisschen mehr Mühe geben, sie sollen auch mal ein Ehebuch lesen wie wir – also bei uns läuft es.
Und mit der Einsamkeit: Ich kann die Einsamen in der Gemeinde nicht verstehen. Einsamkeit, Einsamkeit – die sollen mehr Bibel lesen, dann fühlen sie sich weniger einsam. Ich übertreibe bewusst, um einen gewissen Punkt zu machen. Kann es sein, dass das manchmal unser Denken ist?
Leistungsdenken führt immer zu Überheblichkeit, Religiösität führt zu Überheblichkeit. Das ist der Simon von letzter Woche aus Franks Predigt, der auf diese Frau einfach nur herabsah, diese Sünderin, weil er sich als etwas Besseres gesehen hat.
Das ist ein ganz gefährliches Ding, und da sind wir auch als Christen in der Gemeinde, vielleicht auch gerade als langjährige Christen, echt unter einer Gefahr. Schaut mal: Das Evangelium führt immer zu Demut, Religiosität führt zu Überheblichkeit. Das Evangelium führt zu Demut.
Und das Evangelium lehrt uns, wie sehr wir Jesus brauchen, jeden Tag. Das Evangelium macht deutlich, dass ich nicht durch den Tag kommen kann ohne Jesus. Und dann sehe ich, dass andere auch Probleme haben, und ich kann mit ihnen mitfühlen, weil ich sie kenne. Wie gut, dass wir Jesus haben.
Das Evangelium führt zu Demut, Religiosität führt immer zu Überheblichkeit.
Religion führt zur Heuchelei
Es gibt ein weiteres Problem mit der Religion: Religion führt zur Heuchelei. Kommen wir zu den Versen 21 bis 24. Dort heißt es: „Der du nun einen anderen lehrst, du lehrst dich selbst nicht. Der du predigst, man soll nicht stehlen, du stiehlst. Der du sagst, man soll nicht Ehe brechen, du begehst Ehebruch. Der du die Götzenbilder für Gräuel hältst, du begehst Tempelraub. Der du dich des Gesetzes rühmst, du verunehrst Gott durch die Übertretung des Gesetzes. Denn der Name Gottes wird euretwegen unter den Nationen gelästert, wie geschrieben steht.“
Schaut mal: Religion möchte immer ein frommes Bild von sich selbst wahren. Das Kernproblem ist, dass ein religiöser Mensch immer die Sünden der anderen im Blick hat. Er sieht sich selbst nicht. Er predigt sich selbst nicht mehr und wendet die Predigten nicht mehr auf sich an. Daraus entsteht irgendwann eine Doppelmoral. Man fordert von anderen etwas ein, was man selbst nicht hält.
Paulus zeigt das hier anhand einiger Gebote exemplarisch auf. Dann heißt es, der Name Gottes wird euretwegen unter den Nationen gelästert. Die heuchlerische Religion wird so zu schlechter Werbung für Gott.
Heuchlerische Religion, auch in Gemeinden, ist eine ganz schlechte Werbung fürs Evangelium.
Ihr Lieben, seit November gilt auch bei uns die Maskenpflicht in den Gottesdiensten. Aber wisst ihr, was ich glaube? Ich glaube, dass hier einige Menschen sitzen, die zwei Masken tragen. Die eine ist die hier sichtbare Maske. Aber es gibt noch eine andere, eine unsichtbare Maske – die fromme Maske. Einige Menschen tragen sie vielleicht auch heute Morgen hier im Raum.
Wenn man lange genug dabei ist, weiß man sogar, was man sagen muss, damit keiner auf die Idee kommt, dass man ein Doppelleben führt. Das sind die Menschen, die sonntags ganz brav in den Gottesdienst gehen, aber der Gottesdienst wird nicht am Montag fortgeführt. Das sind die Menschen, die das Lied „Das Höchste meines Lebens bist du, Herr“ ganz laut mitsingen, aber in der ganzen Woche keine Gemeinschaft mit Jesus haben.
Das sind die Menschen, die so sehr fromm tun, aber zu Hause ist der Glaube einfach nur tote Religion. Dort wird höchstens mal vorm Essen gebetet oder vielleicht auch mal als Ritual vor dem Schlafengehen. Aber welche Rolle spielt der Glaube sonst in deinem Leben?
Weißt du, Christsein ist nicht einfach nur ein bisschen fromm tun. Echtes Christsein ist Leben mit Jesus, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Dass wir hier in den Gottesdienst gehen und dieser Gottesdienst eine Fortführung dessen ist, was wir die ganze Woche gelebt haben – von Montag bis Samstag. Dann gehen wir in den Gottesdienst und machen einfach weiter. Wir bekommen hier neue Impulse mit und leben das am Montag.
Wenn du das nicht lebst, bist du ein Heuchler. Das sage nicht ich, das sagt die Bibel. Wenn du das nicht wirklich lebst, bist du ein Heuchler.
Ich bin manchmal erschüttert, wenn ich höre, was für ein Doppelleben manche Menschen führen. Das ist erschütternd. Dann stelle ich bei mir selbst fest: Andre, bei dir gibt es auch Tendenzen dazu. Wir brauchen Jesus so sehr.
Was lebst du deinen Arbeitskollegen vor? Was lebst du deinen Freunden vor? Was lebst du deinen Kindern vor?
Wenn Gott dir heute zeigt, dass du ein religiöses Spiel spielst, lade ich dich ein, echt zu werden. Dann lade ich dich ein, auch gleich nach vorne zu kommen, während wir das letzte Lied singen, und zu zeigen: Herr, ich will die Religiosität ablegen. Ich will wirklich mit dir leben. Ich will echt sein. Ich will, dass mein Leben ein Gottesdienst ist – und nicht nur die eineinhalb Stunden hier im Gottesdienst.
Falsche Schwerpunkte der Religion
Es gibt ein weiteres Problem, ein letztes Problem: Die Religion setzt einen falschen Schwerpunkt.
Im letzten Punkt spricht Paulus die Beschneidung an, ein großes Thema auch bei den Juden. Er sagt: Wenn die Beschneidung nützlich wäre, wenn du das Gesetz befolgst, dann wäre sie von Vorteil. Wenn du aber ein Gesetzesübertreter bist, dann ist deine Beschneidung wie Unbeschnittenheit geworden.
Wenn nun der Beschnittene die Rechtsforderungen des Gesetzes befolgt, wird nicht sein Unbeschnittensein für Beschneidung gerechnet werden. Und das Unbeschnittensein von Natur, der das Gesetz erfüllt, wird dich richten, der du mit Buchstaben und Beschneidung ein Gesetzesübertreter bist.
Was hat es mit der Beschneidung auf sich? Jeder männliche Jude wurde im Alten Testament am achten Tag beschnitten. Paulus behandelt hier die Frage unter dem Gesichtspunkt: Was nützt die Beschneidung, um dich vor dem Zorn Gottes zu bewahren?
Er sagt, beschnitten zu sein bringt dir gar nichts, wenn du Gottes Maßstab übertrittst – und das tust du. Das heißt, Gott macht nicht automatisch einen Unterschied, ob jemand beschnitten ist oder nicht. Gottes Maßstab ist das Gesetz, nach dem er richtet. Und danach hast du ein Problem, sagt Paulus.
Dann heißt es in den Versen 28 und 29: „Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung, sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht im Buchstaben. Sein Lob kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.“ (Römer 2,28-29)
Der Begriff „Jude“ meint hier nicht in erster Linie etwas Nationales, sondern etwas Geistliches – im Sinne von: Zu Gott gehöre ich. Paulus sagt, du gehörst nicht einfach zu Gott, nur weil du äußerlich etwas vollzogen hast. Sondern du gehörst zu Gott, weil in deinem Herzen etwas passiert ist.
Es geht um die Beschneidung des Herzens. Das ist ein bildhafter Ausdruck für echte Herzensveränderung – und das ist das Problem. Religion beschäftigt sich mit Äußerlichkeiten.
Man könnte den Text auch so formulieren: Nicht der ist ein Christ, der es äußerlich ist. Es geht auch nicht um die Taufe als bloßes Ritual im Säuglingsalter. Nicht der ist ein Christ, der auf einer Mitgliederliste steht, Kirchensteuern zahlt, Kerzen anzündet und auswendig gelernte Gebete herunterbetet. Sondern der ist ein Christ, der echte Herzensveränderung durch Gottes Geist erfahren hat.
Gott ist nicht in erster Linie an äußerlichen Ritualen interessiert. Gott will nicht etwas von dir, sondern in erster Linie dich – und zwar komplett, mit deinem ganzen Leben. Er will dein ganzes Herz. Das ist der Punkt, den er verändern möchte.
Einladung zur Herzensveränderung
Der südafrikanische Herzchirurg Dr. Christian Barnard ist als Pionier der Herztransplantation in die Geschichte eingegangen. Im Dezember 1967 führte er in Kapstadt die erste Herztransplantation durch.
Bei der zweiten Herztransplantation fragte der Patient den Arzt plötzlich nach der Operation, ob er sein altes Herz sehen dürfe. Daraufhin brachte der Arzt den Patienten zu einem Schrank und holte ein Glasgefäß hervor, in dem das alte Herz aufbewahrt war.
Dieser Patient war der allererste Mensch in der Geschichte, der sein eigenes Herz in der Hand hielt. Er schaute sich sein altes Herz an und sagte: „Das ist also das Ding, das mir so viele Probleme bereitet hat.“ Dann gab er das Herz dem Doktor zurück, kehrte um und verließ sein altes Herz für immer.
Genau zu diesem Punkt möchte ich dich heute einladen: Verlasse dein altes Herz. Gott will dein Herz von ganzem Herzen verändern. Er möchte dein Leben erneuern und neu gestalten.
Deshalb, die Musiker können gerne schon mal nach vorne kommen, lade ich dich heute ein, dies auch sichtbar zu machen. Sage: „Jesus, ich habe erkannt, dass ich dir nichts zu bringen habe. Ich stehe mit leeren Händen vor dir. Ich habe mich bisher für einen Christen gehalten, aber es gab nie den Moment, an dem ich mich vor dem Kreuz gebeugt und um Sündenvergebung gebeten habe.“
Wenn du das heute öffentlich machen möchtest, lade ich dich ein, gleich beim Lied nach vorne zu kommen, hier unter das Kreuz. Das ist ein guter Ort, um sichtbar zu machen, dass du heute ein Leben mit Jesus beginnen möchtest.
Vielleicht hast du dich bisher immer für einen Christen gehalten, aber Gott hat dir heute deutlich gemacht, dass du einen Retter brauchst. Dann komm nach vorne und mache es sichtbar.
Vielleicht bist du langjähriger Christ und hast wirklich eine Wiedergeburt in deinem Leben erlebt. Doch heute Morgen hast du festgestellt, dass du zu sehr auf Leistung gepocht hast, überheblich oder stolz geworden bist. Dann lade ich dich ebenfalls ein, nach vorne zu kommen und das sichtbar zu machen.
Gerne können wir im Anschluss auch zusammen beten, wenn du ein Gespräch wünschst.