Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Wir hören ein Wort Jesu aus Johannes 10:
Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Miedling aber, der nicht Hirte ist und dem die Schafe nicht eigen sind, sieht den Wolf kommen, verlässt die Schafe und flieht. Daraufhin ergreift der Wolf die Schafe und zerstreut sie.
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit. Amen.
Verschiedene Wege zur Ruhe und das Wort des Hirten
Jeder Mensch hat seine eigene Methode, seine Ferien zu gestalten. Das heißt, die meisten gestalten sie überhaupt nicht, sondern lassen sich gestalten. Der eine rast gern im Hundertkilometer-Tempo durch sämtliche Sehenswürdigkeiten Europas. Ich hingegen mache es gern so, dass ich tagelang auf stillen Bergpfaden schweigend wandere.
Das ist besonders gut, wenn der Pastor tagelang überhaupt kein Wort redet. Das ist für ihn und seine Gemeinde wohltuend. Es ist wundervoll, wie dann aller Lärm zurückbleibt. Merkwürdig ist nur, dass man einen Lärm nicht zurücklassen kann – und das sind die eigenen Gedanken. Es ist eigenartig, wie die Unruhe unserer Gehirne und Herzen selbst in der größten Einsamkeit mitgeht.
Man denkt oft, es sei ganz still, doch die Gedanken summen und quälen wie ein Mückenschwarm. In solchen Momenten mache ich es gern so, dass ich mir ein Bibelwort nehme, das mir beim morgendlichen Bibellesen wichtig wurde. Ihr lest auch nicht die Bibel morgens, oder? Dieses Wort nehme ich mir gleichsam vor.
Dann kreisen die unbewussten Gedanken in bewusster Form um dieses Wort. So finden sie einen Mittelkern. Man muss den Gedanken etwas geben, um sich auf das Unbewusste drehen zu können. So ging es mir mit dem Wort aus Johannes 10: "Ich bin der gute Hirte" – dem Wort vom Hirten, vom Schaf und vom Wolf.
Begegnung mit dem Wort und drei entscheidende Fragen
Ich habe heute Nacht vor acht Tagen eine Predigt in einem kleinen Bergdörfchen gehört. Der Vater hat mit großem Ernst und großer Unbeholfenheit darüber gepredigt, aber so, dass sich das Wort einfach bei mir eingeprägt hatte.
Nun ging es mit: „Und dann geschah es auf einmal...“ Verzeihen Sie, dass ich so persönlich anfange. Dieses Wort und die bewussten sowie unbewussten Gedanken kreisten. Auf einmal war es ein richtiger Schock: Drei ganz einfache, helle und schlichte Fragen stellten sich mir.
Es war so, dass ich mich auf einen Steinblock setzen musste, um erst einmal diesen drei Fragen nachzugehen. Selbstverständlich waren diese Fragen für den Pastor gestellt. Ich musste diesen Fragen standhalten und sie beantworten – drei Fragen, die aus diesem Bibelwort hervorgingen.
Ich möchte diese drei Fragen an Sie weitergeben. Ich wünsche mir, dass jeder im Herzen still wird und auf seine Weise antwortet.
Ich darf den Text noch einmal lesen:
„Ich bin der gute Hirte“, sagt Jesus. „Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mütling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht zu eigen sind, sieht den Wolf kommen, verlässt die Schafe und flieht.“
Die erste Frage: Die wahre Erkenntnis des guten Hirten
Drei wichtige Fragen, die dieser Text stellt
Die erste Frage: Kennst du wirklich den guten Hirten?
Wir sind christliche Menschen, sonst säßen wir nicht hier. Aber die Frage, die der Text stellt, lautet: Kennst du wirklich den guten Hirten? Ich habe gesagt, manche predigen doch darüber. Das wird nicht gefeiert. Willem Busch, Karl Heinz, Peter oder wie der heißt, Marianne – kennst du wirklich den guten Hirten?
Sehen Sie, der Herr Jesus spricht hier von sich selbst. Nun ist es ja immer eine schwierige Sache, wenn jemand von sich selbst spricht. Mir sagte vor einiger Zeit mal jemand: „Wenn Sie von sich erzählen, kann man nur fünfzig Prozent davon glauben.“ Ich dachte, eher dreißig, nicht fünfzig, aber na ja. Sie sehen, welch herzlicher Ton hier herrscht, nicht wahr? Meine Freunde, aber ich muss ehrlich sagen: Wenn Sie von sich erzählen, ziehe ich auch fünfzig Prozent ab.
Kurz gesagt, es ist eine fragwürdige Sache, wenn wir von uns selbst erzählen. Wir sehen uns immer in einem günstigen Licht. Und nun spricht Jesus von sich selbst. Ist das nicht eine schwierige Sache? Meine Freunde, beim Sohn Gottes ist das etwas ganz, ganz anderes als wenn wir über uns selbst sprechen. Er ist die Wahrheit, er ist die Wahrheit, und er muss von sich sprechen, damit wir ihn kennen und an ihn glauben können.
Was sagt denn Jesus von sich? Spricht er gut von sich oder schlecht? Spricht er hochmütig oder demütig von sich? Eigentlich merkwürdig: schlecht. Er nennt sich Hirte – das ist doch etwas Armseliges, etwas Geringes. Sehen Sie, der Herr Jesus sagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Das ist großartig gesprochen, und das gefällt mir. Aber wie demütig spricht er hier von sich: „Ich bin ein Hirte.“ Das ist etwas ganz Geringes.
Und doch, meine Freunde, er spricht großartig von sich. Ich möchte, ich könnte das deutlich machen. Ich empfinde, wie schwer es für Sie wird zuzuhören in dieser dunklen Luft draußen und drinnen. Aber der Geist Gottes kann geben, dass es hier so ist, als wäre man in zwölf Meter Höhe oder so.
Wie großartig spricht Jesus hier von sich, indem er sagt: Alle sind Schafe, ich bin Hirte. Damit drückt er aus, dass er etwas ganz, ganz anderes ist als alle anderen Menschen. Alle anderen sind Schafe, er ist Hirte. Immerhin besteht zwischen Hirten und Schafen ein prinzipieller Unterschied, nicht wahr? Hat noch niemand Schafe und Hirten verwechselt. Na ja, lassen Sie mal das Schimpfwort jetzt beiseite – dazu komme ich gleich noch.
Da sagt Jesus, der etwas prinzipiell anderes ist. Sehen Sie, immer wieder reiht man den Herrn Jesus ein in die Reihe der großen Geister, der großen Religionsstifter, der großen Moralisten, der großen Philosophen. Nicht die großen dieser Welt, Bibliothek der Großen: Platon, Sokrates, Jesus – so nicht? Meine Freunde, Jesus würde da heftig widersprechen und sagen: „Moment mal, Platon und Sokrates und Laotse und Konfuzius und Nietzsche und alle, die in dieser Reihe genannt werden – gewöhnlich auch Mohammed – sind Schafe, ich bin Hirte.“ Merkt ihr, wie hoch Jesus hier von sich spricht? Er ist doch ganz anders, der über allen steht.
Und nun sagt Jesus mit dem einen Wort, dass er nicht nur der Hirte sei, sondern der gute Hirte. Nicht ein guter Hirte, sondern der gute Hirte. Es gibt keine anderen guten Hirten. Es stehen dauernd Leute auf in der Welt, groß und sind die guten Hirten – glaubt das nicht! Er ist der einzige gute Hirte.
Und nun macht Herr Jesus das klar an einer Geschichte, die wahrscheinlich so passiert ist: Da ist am hellen Tage ein Knecht im jüdischen Bergland, der auf die Herde aufpasst, die friedlich grast. Vielleicht haben sie Glocken und so, es ist eine friedliche Sache. Und auf einmal stürzt aus irgendeiner Schlucht ein Wolf heraus, ein ausgehungertes, blutrünstiges, schreckliches Tier.
Der Hirte springt auf und rennt, so schnell er kann. Dann nimmt er die Beine und die Arme und läuft ab, was er kann, und denkt: „Ich bin doch nicht verrückt, für den armseligen Lohn mein Leben aufs Spiel zu setzen.“ Und der Wolf kommt und zerstreut die Herde. Jesus sagt: So ist ein Mietling.
Und dann fährt er fort: „Und so bin ich nicht, und so bin ich nicht.“ Das heißt, bei mir darf der Wolf nicht die Herde verderben, höchstens den Hirten. Doch der Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Im Augenblick stellt Jesus nun sein Kreuz vor uns. Ah, wie möchte ich es vor Ihnen mahnen! Diese angenagelten Hände, die die Welt schufen, dieses blutüberströmte, dorngekrönte Haupt – der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Ist der Welt irgendwo etwas Größeres geschehen als dieses Kreuz Jesu?
Da spricht Jesus, wo er von seinem Kreuzestod spricht – die ganze Bibel spricht vom Kreuz. Das ist also offenbar die Hauptsache im Christentum: Das Kreuz. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Und nun frage ich Sie noch einmal: Kennen Sie den guten Hirten wirklich? Nicht vom Hörensagen! Jesus sagt im Vers danach: „Ich bin bekannt den Meinen, der Welt bin ich unbekannt. Ich bin bekannt den Meinen.“ Kennen Sie Jesus so, dass er unauslöschliche Spuren in Ihrem Herzen hinterlassen hat?
Ich musste auf die Frage antworten: Kennst du den guten Hirten wirklich? Ich möchte gern, dass Sie still werden und sich diese Antwort geben.
Die Herausforderung der Aufklärung und das wahre Kennen des Hirten
Kennen Sie ihn wirklich?
Im vorigen Jahrhundert, genauer gesagt in der ersten Hälfte desselben, gab es in Europa eine merkwürdige Zeit, die wir heute als die Zeit der Aufklärung bezeichnen. Man nennt sie Aufklärung, als würde man kleinen Kindern sagen, dass es keinen Klapperstorch gibt. Doch damals war das anders. Die Zeit der Aufklärung oder des Rationalismus – Ratio bedeutet Vernunft – war eine Epoche, in der man nur das glauben wollte, was die Vernunft erfassen kann.
Die Kirche passte sich dieser Zeit an. Das ist ja immer die Forderung der Meute gewesen: „Kirche, du musst endlich mit der Zeit gehen!“, schreien sie heute noch den ganzen Tag. Die Kirche konnte nichts anderes tun, als diesem Druck nachzugeben. So ging die Kirche mit der Zeit, und die Vernunft wurde Gott in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts.
Schließlich reduzierte die Kirche ihre Botschaft auf drei Worte, die der Vernunft einleuchten sollten. Diese drei Worte waren: Gott, Tugend und Unsterblichkeit. Ein höheres Wesen gibt es nicht, das kann die Vernunft verstehen. Tugend bedeutet, dass es gut ist, tugendhaft zu sein – das sieht sogar die älteste Oma ein. Und Unsterblichkeit? Wie genau das sein soll, weiß man nicht; vielleicht steigt man ins All auf oder es ist einfach egal. Aber Unsterblichkeit gehört dazu.
Diese drei Worte – Gott, Tugend und Unsterblichkeit – konnte man auf alten Fahnen oder sogar auf Kanzeldecken sehen. Vom guten Hirten sprach man nicht mehr. Man war religiös, kirchlich und vieles andere, aber Jesus, den guten Hirten, der sein Leben für die Schafe lässt, kannte man nicht mehr.
Heute habe ich den Eindruck, dass viele sogenannte Christen im Grunde noch immer tief in der Aufklärung stecken. Fragen Sie doch mal so in der Breite bei der älteren Generation nach. Da sagen die Leute natürlich: „Kirche muss sein. Wir sind dafür, dass die Kirche für Religion sorgt, also für Gott, für Tugend, das heißt für Erziehung.“ Der Pastor soll die Kinder zum Guten anhalten, denn Tugend ist sehr wichtig. Und die Kirche soll für eine anständige Beerdigung sorgen, mit einigen tröstlichen Worten.
Ich finde es sehr bedauerlich, dass 80 Prozent der heutigen Christen diese aufklärerische Religion haben. Wir sind für Religion, für Erziehung zum Guten, für eine anständige Beerdigung – aber den guten Hirten kennt man nicht.
Es gibt nicht einmal die Frage, ob du an Gott glaubst. Die entscheidende Frage lautet: Kennst du Jesus, den guten Hirten? Darum geht es. Das ist so wichtig. Es ist kein Hobby von mir, sondern im Wort Gottes steht klar: Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben; sonst niemand. Nicht wer religiös ist, nicht wer kirchlich ist, nicht wer gut ist. Sondern wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben.
Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden. Alles hängt davon ab: Kennst du Jesus?
Bitte gib dir selbst diese Antwort.
Die zweite Frage: Die Zugehörigkeit zum guten Hirten
Und jetzt kommt die zweite Frage unseres Textes. Können Sie das auch bei der rückenden Luft spüren, oder bilde ich mir das nur ein? Ich sehe das einzeln: Wir wollen dem Heiligen Geist viel zutrauen, richtig?
Die zweite Frage, die ich auf meinem Stein da oben im Gebirge beantworten musste und die ich Ihnen weitergeben möchte, lautet: Gehörst du dem guten Hirten? Gehörst du dem guten Hirten? Bitte geben Sie Antwort mit Ja oder Nein.
Der Herr Jesus sagte im Text: Der Mietling, der die Schafe nicht eigen sind. Damit sagt er also: Er, Jesus, der Heiland der Welt, hat eine Herde, die ihm zu eigen ist. Da sprang mich die Frage an: Pastor Buschmann kann auf Kanzeln viel vom Reden, bist du wirklich Eigentum dieses guten Hirten mit Leib und Seele?
Meine Freunde, ich muss hier, um das deutlich zu machen, ein wenig weiter ausholen. Sehen Sie, es hat uns ja immer aufgeregt, dass die Bibel uns Schafe nennt. Schließlich dürfte ich es mir nicht erlauben, wenn Fritz Gimler einfach sagen würde: „Du Schaf!“ Da würde selbst mein lieber, sanfter Freund böse werden.
Ich kann wirklich darauf eingehen, warum die Bibel uns Schafe nennt. Ich will nur sagen, dass die Bibel alle Leute Schafe nennt, alle. Nicht bloß die Unterbelichteten, sondern auch die Intellektuellen. Pö pö, da schreien Sie schon: „Die Schafe!“ Die Bibel unterscheidet nur zwischen verirrten Schafen und geretteten Schafen. Verirrte Schafe und solche, die beim Hirten sind – aber Schafe sind sie alle.
Ich will jetzt nicht darauf eingehen, die Zeit ist zu kurz, um zu sagen, wieso die Bibel dazu kommt, uns Schafe zu nennen. Und nun sagt die Bibel: Alle Schafe, verirrte und gerettete, wir gehören Jesus sowieso. Denn durch ihn hat Gott die Welt geschaffen, also auch uns.
Wir gehören ihm alle: der größte Artist, Ulbrich und Chruschtschow und Wieser, Eisenhower und der Straßenkehrer und Sie und ich – wir gehören ihm, weil er uns geschaffen hat. Er hat uns alle erkauft, als er den teuren Kaufpreis seines Blutes am Kreuz bezahlte.
Mit doppeltem Recht gehört die gesamte Menschheit dem Herrn Jesus an. Wir gehören ihm als Schöpfer und als Erlöser. Er kann mit Recht sagen: „Mir ist gegeben alle Gewalt.“
Aber nun hören Sie hierzu: Sehen Sie, weil im Reich Gottes völlige Freiwilligkeit herrscht – hasser schön –, darum will ich so gern im Reich Gottes u.a. Da steht nicht Paragraph 22: „Du, nimm Schutzmann, nicht verboten.“ Das Reich Gottes ist völlige Freiwilligkeit.
Darum will Jesus in seiner Herde nur Schafe, die ihm gehören wollen. Sie gehören ihm alle eigentlich, aber seine Herde sind die, die ihm gehören wollen. Sehen Sie, das bringt uns die Frage: Will ich Jesus gehören? Und gehöre ich ihm?
Die Bibel nennt die verirrten Schafe so: „Jeglicher sah auf seinen Weg.“ Sehen Sie, wenn Sie Ihren eigenen Weg weitertrotten wollen, dürfen Sie das. Und wer seinen Weg in die Hölle gehen will, darf das auch. Lassen Sie sich von keinem Pastor daran hindern, Ihren eigenen Weg zu gehen! Sie dürfen in die Hölle gehen, wenn Sie wollen! Lassen Sie sich von keiner Kirche hindern!
Aber wem sein eigener Weg – und dazu braucht man nicht neunzig Jahre zu werden – fragwürdig geworden ist, weil er sagt: „Das ist ja alles falsch, das ist ja alles leer!“ und merkt: Da ist doch der gute Hirte, der darf zu ihm kommen. Und er stößt niemanden hinaus. „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstossen.“
Das Große ist, dass Menschen hier ein Essen zu Jesus kommen. Ich komme von Fehlern zurück, bin eine halbe Stunde zu Hause, plötzlich kommt jemand, der erste Besuch, und sagt: „Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Jesus mich gefunden hat.“ Schön, der erste Besuch in Essen, nicht? Ich wollte Ihnen mitteilen, dass Jesus mich gefunden hat.
Liebe Freunde, das ist das Herrliche, das unter uns geschieht, was der Herr Jesus hier so ausdrückt: „Sie hören meine Stimme und folgen mir.“ Aber nicht, was wir verstehen, das nennt Schluss dahinter.
Ich frage Sie, oder wie mir der Text fragt: Dieses Bibelwort fragt Sie: Wollen Sie und gehören Sie schon Jesus? Sehen Sie, der gute Hirte kennt uns gut. Er kennt auch alle unsere dunklen Sünden, er kennt auch unser Herz, das sündigen möchte, das lügen möchte, das unrein sein möchte. Er weiß das alles schon und nimmt es sehr, sehr ernst.
Und trotzdem sagt dieses Wort: Lassen Sie sich weder durch Ihre Sünde, durch Ihre Schuld noch durch Ihr böses Herz aufhalten, seiner Stimme zu folgen und sich ihm ganz und gar auszuliefern.
„Gehörst du Jesus?“ fragt dieser Text. „Die Schafe sind mir eigen, darum lasse ich mein Leben für die Schafe. Gehörst du dazu? Ja oder nein?“ Das weiß man.
Sehen Sie, die Bibel spricht an dieser Stelle so unheimlich klar. In der Apostelgeschichte zum Beispiel heißt es dauernd: „Und es wurden hinzugetan die Gläubigen, wurden dem Herrn hinzugetan, der Herde Jesu Christi.“ Die waren vorher nicht dabei, dann waren sie dabei.
Warum ist in unserer Kirche Sitte geworden, dass man an dieser Stelle nicht mehr klar spricht? Wenn ich ein ernster Christ bin und sage: „Gehörst du Jesus?“ sagen Sie: „Das kann man nicht wissen, ich muss es jeden Tag neu ergreifen“ oder so irgendwas.
Merkwürdig, dass wir Menschen des technischen Zeitalters an dieser Stelle die Unklarheit lieben. Sehen Sie, in der Technik ist alles so klar. Ich sterbe jetzt wieder bei meiner Autofahrerei.
Das ist also ein Auto, wunderbar schön. Nicht meins, ein anderes, wunderbar schön, von dem Hotel, wo ich wohnte, ein wunderbar schöner Wagen, wunderbar schöner Wagen. Und ja, der fährt ja nicht. Der Kerl starrt unscheinbar, der fährt nicht. Der fährt nicht.
Da kann man sagen: „Ist das schön, das Auto, und die Lappen da dran, alles so schön.“ Der fährt nicht! Warum? Die Benzinleitung war nicht in Ordnung. Das ist eine ganz klare Sache.
Und sehen Sie, so ist es in der Technik. Da muss alles ganz klar sein. Da kann es noch so schön sein, und wenn die Benzinleitung nicht funktioniert, fährt eben nichts. Das muss klar sein.
Warum sind wir in wichtigen geistlichen Dingen so verschwommen? Der Text fragt uns: Gehörst du dem guten Hirten?
Die dritte Frage: Geborgenheit inmitten von Bedrohungen
Lassen Sie mich noch kurz ein drittes sagen. Sie sehen, es ist auch ein Bruch der Pränen, zu langfristig, aber ich will es kurz machen. Die dritte Frage lautet: Kennst du Jesus? Gehörst du Jesus? Bist du geborgen beim guten Hirten?
Dritte Frage, nicht nur: Bist du geborgen? Sehen Sie, der Herr Jesus spricht in unserem Text vom Wolf. Der Wolf kommt und erhascht und zerstreut die Schafe. Da spricht er in einem merkwürdigen Bild von der Bedrohung des Menschen. Darüber brauche ich jetzt keine große Predigt zu halten. Wer die letzten 14 Tage bewusst miterlebt hat, der weiß von der Bedrohung.
Eine Zeitung schrieb: Das Leben von Millionen Menschen hängt scheinbar unheimlich von der guten oder schlechten Laune eines Mannes ab. Die Bedrohung unseres Lebens war in den letzten 14 Tagen nicht nur ein Moment, sondern es war, als wenn wir im Abgrund schweben.
Aber, liebe Freunde, wir Christen wissen noch von einer ganz anderen Bedrohung, von ganz anderen Bedrohungen. Ach, das sehe ich an meinem jungen Kerl: die Macht der Verführung in einer Großstadt! In einem Lied von Eichendorff heißt es von einem jungen Mann: "Dem sangen und logen die tausend Stimmen, im Grund ziehen ihn ab." Sind wir nicht alle sehr bedrohte Leute? Äußeres und noch vielmehr inneres Unheil kann uns heute treffen.
Ich brauche nicht lange darüber zu reden. Jesus sagt, dass die Herde sehr bedroht ist. Nun, stellen Sie sich vor, zehntausend Schafe würden sich zusammentun und sagen: Jetzt ist Schluss mit dem Wolf, jetzt schließen wir einen Bund, wollen den Wolf überwinden. Glauben Sie, dass zehntausend Schafe einen Wolf überwinden können? Nein, der Wolf kommt und erhascht uns das Schaf.
Zehn Schafe wären mit dem Wolf nicht fertig. Das heißt, Jesus deckt hier unheimliche Dinge auf: Die Bedrohungen unseres Lebens sind so, dass wir nicht damit fertig werden. Es gibt den Teufel, und er möchte, dass ich in die Hölle komme – und Sie auch. Und wenn wir uns alle zusammenschließen und von Gott, Tugend und Sterblichkeit reden, dann lacht er.
Und die äußeren Bedrohungen der Welt – aus der Bosheit der Menschen, der Gemeinheit und Machtgier – die Schafe sind wehrlos. Zehntausend Schafe können einen Wolf nicht überwinden. Aber der Hirte kann es unter Einsatz seines Lebens. Jesus sagt: "Ich lasse mein Leben für die Schafe."
Deutlicher kann Jesus gar nicht sagen, wie man überhaupt nur mit Jesus leben kann. Wie merkwürdig, gerade an dieser Stelle meiner Überlegung fiel mir ein Bild ein, das ich sehr liebe, von einem Maler aus dem 16. Jahrhundert: Pieter Bruegel. Ein merkwürdiges Bild, er hat es unterschrieben: "Der Sturz des Ikarus."
Schade, dass ich nicht so technisch versiert bin, um es an die Wand werfen zu können. Aber ich will es tun – Sie haben ja Fantasie. Der Sturz ist Ikarus. Ikarus ist ein Mann aus der griechischen Sage. Ich will es nur ganz kurz sagen: Er wollte fliegen und klebte sich Flügel aus Wachs zusammen. Mit den Flügeln flog er hoch über die Welt. Dann kam er der Sonne zu nah. Das Wachs schmolz, so sagt die griechische Sage, und er stürzte ins Meer und ertrank.
Und wie malt das Pieter Bruegel? Wissen Sie, dieses Bild von Ikarus? Ein wundervolles Bild. Da bedrohten Menschen – ach, wir schweben hoch, technisch, fortschrittlich oder geistlich vielleicht. Ach, wie ist mein Herz erhoben – und dann der Absturz, die bedrohte Menschheit.
Freunde, wie malt Bruegel das? Die mehrende, lachende Landschaft und da sieht man bloß ganz klein – man muss richtig suchen – ganz klein irgendwo gerade den versinkenden Ikarus. Nur so ein Bein ragt heraus. Aber im Vordergrund, groß, weidet ein Hirte seine Herde.
Wundervoll, wie diese Malerei des Mittelalters predigen kann: Der verlorene, bedrohte Mensch – für ihn gibt es keine Hilfe. Aber der Hirte weidet seine Schafe, was auch geschieht.
Bist du dabei? Bist du geborgen in den Katastrophen der Welt, in der Anfechtung, die der Teufel gegen dich heranführt? Der Teufel will sich kriegen, mein Junge. Der Teufel will sich kriegen. Bist du geborgen bei Jesus?
Nicht so ein Ikarus, der stürzt, sondern Christen sind Leute, die in völliger Erkenntnis aller Problematik der Welt und ihrer Abgründe singen wie Kinder, weil sie Jesus' Schäflein sind.
Freue ich mich nur immerhin über meinen guten Hirten, der mich wohl weiß zu bewirten, der mich liebt, der mich kennt, singe ich ihm. Teufels Gesicht und bei meinem Namen entgeht uns nichts.
Wir wollen rufen: O Herr, unser Heiland, lass uns doch Licht bekommen, dass wir Dich wirklich kennen. Gib uns ein Herz, das ernst macht und Dir wirklich gehört. Und gib, dass wir in all der Unruhe dieser Welt und allen teuflischen Anfechtungen geborgene, fröhliche Kinder sind!
Hilf uns dazu, Herr. Amen!
