Einführung: Die Notwendigkeit der Erneuerung in der Kirche
Der heutige Gedenktag des Reformationsfestes erinnert uns daran, dass die Missstände in der Kirche gen Himmel schreien und dass immer Erneuerung notwendig ist. Gott klagt durch den Propheten Jeremia: „Mein Volk tut eine zweifache Sünde, mich, die lebendige Quelle, verlassen sie und machen sich hier und da löchrige Brunnen, die doch kein Wasser geben.“
Jesus spricht: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Dies soll für uns heute ein ganz neuer Aufruf sein, umzukehren zur Quelle.
Wir wollen miteinander singen: „Ach, bleib bei uns, Herr Jesu Christ!“ Im Lied wird davon gesprochen, dass der Abend angebrochen ist. Damit ist nicht der Abend des Tages gemeint, sondern die Dunkelheit, die Finsternis, die sich ausbreitet, weil die Wahrheit zugedeckt wird.
Wir wollen alle sieben Verse vom Lied 246 singen. Durch die Jahrhunderte ist es erschütternd aktuell geblieben. Zum Schluss singen wir noch den siebten Vers: „Dein Wort ist unseres Herzens Trutz.“
Gebet um Erneuerung und Bekenntnis der Not
Lasst uns beten!
Du barmherziger Gott und Herr, vor dir wollen wir unsere Not bekennen. Wir sind es, die deinen Namen vor der Welt verlästern. Deshalb finden so viele Menschen nicht zu dir.
Komm doch davon her, dass wir nur wenig Anziehendes und Gutes von dir weitergeben können. Die Menschen sind oft unsehend und abgestoßen. Herr, erbarme dich über alle Missstände in deiner Gemeinde. Erbarme dich auch über die Missstände in unserem Christenleben, über alle Lauheit und halbherzige Nachfolge.
Wir wollen das vor dir bekennen und dich um Erneuerung bitten. Du musst uns von Grund auf erneuern. Sei Herr unseres Lebens und ergreife uns ganz, damit wir dir wirklich dienen können.
Lass es auch in unserem Kontinent Europa und in unserem Land noch einmal geschehen, dass wir dir wirklich dienen. Dass dein Evangelium läuft und viele Menschen erreicht. Du kannst Erweckung schenken, ein Aufwachen, damit Menschen hinhören auf dein Wort und deinen Ruf.
Jetzt wollen wir dir in der Stille all das sagen, was uns bedrückt.
Danke, dass du neues Leben schenkst. Amen.
Historischer Rückblick: Die Barmherzigkeitserklärung von 1934
Schlagen Sie bitte in Ihren Gesangbüchern die Nummer 836 auf. Es ist das Bekenntnis der Barmherzigkeitserklärung aus diesem Jahrhundert.
Im Jahr 1934 gab es auch in Stuttgart turbulente Tage. In den Kirchen musste man die Männer um die Kanzeln gruppieren, damit nicht der falsche Prediger von der Kanzel Besitz ergreift. Es war die Zeit der sogenannten deutschen Christen.
Die junge Ludwig-Hofacker-Gemeinde, die damals noch nicht lange bestand, hat sich mit dem gesamten Kirchgemeinderat einstimmig zur Bekennenden Kirche bekannt. Es ging jedoch turbulent zu. Einmal musste ein Konfirmandenunterricht aufgelöst werden, weil ein Fremder eine Stinkbombe in den Raum geworfen hatte.
Worum ging es dabei? Um die Gültigkeit des Wortes Gottes in unserer Zeit. Wir lesen die These 1 und die These 3, die beide sehr aktuell sind. Wir wollen das miteinander lesen. Unten links finden Sie These 1.
These 1: Die Einzigartigkeit Jesu Christi als Wort Gottes
Jesus Christus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht durch die Tür in den Schafstall hineingeht, sondern anderswo hineinsteigt, der ist ein Dieb und Räuber.
Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden. Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir hören, dem wir im Leben und im Sterben vertrauen und gehorchen sollen.
Wir verwerfen die falsche Lehre, die behauptet, die Kirche müsse als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Wort Gottes auch noch andere Ereignisse, Mächte, Gestalten oder Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.
Und jetzt unter Nummer drei rechts unten.
These 3: Die Kirche als Gemeinde der Brüder in Christus
Lasst uns aber in der Liebe wahrhaftig sein und in allen Dingen zu dem hinwachsen, der das Haupt ist, Christus. Von ihm aus ist der ganze Leib zusammengefügt.
Die christliche Kirche ist die Gemeinschaft der Brüder, in der Jesus Christus durch den Heiligen Geist in Wort und Sakrament als der Herr gegenwärtig wirkt. Mit ihrem Glauben und Gehorsam, mit ihrer Botschaft und ihrer Ordnung bezeugt sie mitten in der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sünder, dass sie allein sein Eigentum ist.
Sie lebt und möchte leben allein aus seinem Trost und seiner Weisung, in Erwartung seiner Erscheinung. Wir verwerfen die falsche Lehre, dass die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung nach Belieben oder entsprechend dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen gestalten dürfe.
Zeichen der Vergänglichkeit und Dankbarkeit für den Kirchenraum
Am letzten Mittwoch ist eine Sturmböe über unsere Kirche hinweggefegt und hat die schöne, große, fünfzigjährige Birke umgeworfen. Wir sind Gott dankbar, dass sie nicht auf die Kirche gefallen ist. Sie stand anderthalb Meter daneben, nämlich in der Straße. Leider wurden dort Autos beschädigt, auch von Gemeindegliedern.
Doch dadurch wird uns deutlich, was für ein Geschenk es ist, dass wir hier zusammenkommen können. Ich sehe das jetzt ganz anders, als wenn die Kirche zerstört wäre. Es ist ein Geschenk, solange uns der Herr den Raum erhält.
„Herr, wie lieb habe ich die Stätte deines Hauses.“ So singt der Chor uns dieses Lied.
Wir singen jetzt gemeinsam „Von der Sonne der Gerechtigkeit“, Nummer 263.
In diesem Lied haben verschiedene Persönlichkeiten mitgewirkt. Es geht auf die Hussiten zurück, die böhmischen Brüder. Christian David, der die böhmischen Brüder, die in der Gegenreformation noch einmal heftig bekämpft wurden, nach Herrnhut zu Zinzendorf brachte, hat die Strophen 1 bis 6 gestaltet.
Dann war da Christian Gottlob Barth, der den Calwer Verlag und die Missionsaktivitäten in Württemberg gefördert hat. Er hat die Verse von der toten Christenheit beigesteuert, die aus dem Schlaf der Sicherheit gerissen werden muss.
Schließlich hat Otto Riedmüller, der Leiter des Mädchenwerks in Deutschland in Cannstatt und auf dem Uffriedhof beerdigt, das Ganze in eine neue Form gebracht.
Wir singen alle sieben Verse. Cop!
Jesu Heilung am Teich Bethesda: Begegnung mit den Verzweifelten
Johannes 5, Seite 115 in ihren Bibeln: Danach war ein Fest der Juden, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem.
In Jerusalem, beim Schaftuch, gibt es einen Teich, der auf Hebräisch Bethesda heißt. Dort sind fünf Hallen, in denen viele Kranke lagen: Blinde, Lahme und Ausgezehrte.
Unter ihnen war ein Mann, der seit achtunddreißig Jahren krank lag. Als Jesus ihn liegen sah und hörte, dass er schon so lange krank war, fragte er ihn: „Willst du gesund werden?“
Der Kranke antwortete: „Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt. Wenn sich das Wasser bewegt, steige ich hinein, aber solange ich komme, steigt immer ein anderer vor mir hinein.“
Diese Verse zeigen, dass die Leute darauf warteten, dass sich das Wasser bewegte. Denn der Engel des Herrn fuhr von Zeit zu Zeit herab in den Teich und bewegte das Wasser. Wer dann als Erster hineinstieg, wurde gesund, egal an welcher Krankheit er litt.
Jesus sagte zu dem Mann: „Steh auf, nimm dein Bett und geh hin!“
Sogleich wurde der Mensch gesund. Er nahm sein Bett und ging davon.
Reformen und ihre Komplexität im Vergleich zur wahren Erneuerung
Reformationsfest
Das ist ja ein Problem mit den Reformen. Es ist jetzt schon ein paar Jahre her, da habe ich aus Ihrer Mitte eine begabte Steuerberaterin angesprochen und gesagt: „Ja, wenn jetzt die Steuerreform kommt, dann sind ja alle arbeitslos.“ Aber da sagte sie bloß ganz cool: „Da sind sich alle Fachleute einig: Mit jeder Reform wird es nur komplizierter.“ Mit jeder Reform wird es komplizierter.
Schon ein paar nicken ganz aus leidvoller Lebenserfahrung. Ich war noch Schüler, da haben es die Lehrer jedes Mal gesagt: Bei jedem Kultusministerwechsel gab es neue Reformen, neue Schuljahresbeginn, neue Versetzungsordnungen – und alles wurde nur komplizierter. Wie es eigentlich mit der Reform in der Kirche noch schlimmer ist.
Beim neuen Gesangbuch stolpert man plötzlich immer. Man kann viele Texte auswendig gar nicht mehr mitsingen. Irgendeine kleine Formulierung verändert alles und macht es komplizierter. An Reformen mangelt es ja nicht. Was haben wir in den letzten Jahrzehnten an neuer Theologie gehabt, an neuen Glaubensbekenntnissen, an unendlich vielen Neuerungen?
Dieser Abschnitt hier ist ein Musterbeispiel, wie man oft viele Künste sucht und immer weiter vom Ziel entfernt. Wenn Sie einmal in einem alten Kommentar lesen, da waren sich alle Theologen einig und haben gedacht: Der Johannes hat doch nichts Historisches geschrieben. Das merkt man ja schon daran, dass er all seine Geschichten nur selbst schreibt, und die stehen in den anderen Evangelien nicht.
Und dann ein Schafteich – das erinnert vielleicht an den guten Hirten, aber wo soll auf dem Hügel Jerusalems ein Teich sein? Das ist vielleicht eine Verwechslung. Im Siloateich findet man den Satz. Der Johannes, oder wer das Evangelium verfasst hat, kannte doch die lokalen Gegebenheiten nicht. Das ist doch alles nur ein Fantasieprodukt!
Es gibt auch keine außerbiblische Quelle, in der irgendwo der Schafteich erwähnt ist, nirgendwo! Es gibt mündliche Traditionen aus dem vierten Jahrhundert. Dann haben 1931 die Archäologen angefangen zu graben. Sie haben da alles freigelegt, bis in 25 Meter Tiefe unter dem Schutt der vielen Zerstörungen Jerusalems.
Plötzlich war all das, was die hochgelehrten Wissenschaftler geschrieben haben, so viel wert wie das, was Klein-Erna sagt: dummes Zeug. Die blöden Deutungen, als ob die fünf Hallen vielleicht nur ein Sinnbild wären für die fünf Bücher Mose – so etwas stand in einem wissenschaftlichen Kommentar.
Und plötzlich hat man alles freigelegt: fünf Hallen, die ganzen Teiche. Man hat festgestellt, dass das wirklich zur Heilung gesucht wurde. Nach der Zerstörung Jerusalems war dieses Heiligtum dem Asklepios geweiht.
Aber was reden wir jetzt davon? Alle Neuerungen – das will ich sagen – was sind all die Neuerungen, die oft so groß gepriesen werden? Am Ende steht das alte Wort Gottes: aktuell, zeitnah, lebendig.
Und wenn wir Reformationsfest feiern, dann geht es nicht um Reformen. Sondern es geht um die eine Umkehr, dass man etwas vom Kopf auf die Füße wieder stellt, dass das Fundament wieder freigelegt wird.
Und was ist das Fundament? Es geht nur um die eine Reform an Haupt und Gliedern: dass das Wort Gottes wieder gilt, unverkürzt und unverfälscht, und dass Jesus Christus in der Mitte unseres Lebens steht.
Um diese Erneuerung geht es, um nichts anderes.
Jesus zieht zu den Verzweifelten: Begegnung mit Hoffnungslosigkeit
Mein erster Punkt heute: Jesus zieht es zu den Verzweifelten. Ich dachte daran, wie viele von uns gerade jetzt völlig verzweifelt sind. Verzweifelt ist man, wenn man keinen Ausweg mehr weiß, wenn alle Hoffnungen sich als Trug erweisen und niemand mehr eine Lösung bieten kann. Wenn man über einem unheimlichen Abgrund hängt und nur weiß: Jeden Augenblick falle ich in unendliche Tiefen.
Jesus zieht es zu den Verzweifelten. Ein Leben lang werden wir nicht fertig damit, über Jesus nachzudenken. Er ist die Mitte der Verkündigung, das, was wir zu sagen und der Welt zu verkünden haben: der Heiland Jesus. Wir können den Menschen nur sagen: Redet nicht viel von Kirche, stößt euch nicht an uns, sondern blickt auf ihn. Er sucht die Verzweifelten.
Es war ein großer Festtag, vermutlich das Laubhüttenfest, an dem viele Zehntausende, vielleicht sogar Hunderttausende, auf dem Tempelplatz zusammenkamen. Sie feierten und sangen sieben Tage lang. Der letzte Tag war der herrlichste: der Sabbat. Doch Jesus hält es nicht unter diesen feiernden, jubelnden, singenden und betenden Massen aus. Diejenigen, die einmal dort am Ort des Geschehens waren, wissen, wie Gottes Geschichte so spürbar in dieser Welt gesehen werden kann.
Jesus geht zum Hintereingang hinaus, macht ein paar Schritte am Schafteich vorbei zum Teich Bethesda. Dort lagen sie: die Verzweifelten. Die einen konnten ja drüben singen, aber sie selbst konnten nicht mehr singen. Ausgeschlossen, abgeschnitten, hoffnungslos – ein elendes Bild mit ihren schrecklichen Krankheitsbildern.
Das Schlimme ist, dass die Krankheit nicht nur unsere Kraft zerbricht, sondern auch den Mut raubt und die Freude nimmt. Niemand kann sie mehr aufrichten, niemand kann ihnen noch Hoffnung und Mut geben – nur Jesus. Und Jesus ist zu den Verlorenen gekommen, zu den Menschen, die keine Hoffnung mehr haben, die nicht mehr weiter können, die zusammengebrochen sind. Sie sitzen in der Finsternis und im Schatten des Todes, in totaler Verzweiflung.
Jesus steigt über die Leiber, die dort liegen. Das greift Jesus ans Herz. Die Not, die sie bedrückt, geht ihm ans Herz. Wenn manche sagen, Menschen könnten nicht mitfühlen oder niemand sei wie dieser Mann, der so lange krank gelegen hat: Jesus fühlt mit und leidet mit ihnen, mit ihrer Not, und er versteht sie, bevor sie rufen.
Man kennt ja diesen Teich Bethesda und die Hallen, die dort waren – ein Haus, das Barmherzigkeit genannt wurde. Ich sagte vorhin, dass Bethesda in der gesamten außerbiblischen Literatur und auch sonst in der Bibel nirgendwo mehr erwähnt wird. Aber in einer Rolle, der Kupferrolle von Qumran, die 1947 am Toten Meer gefunden wurde, steht Bethesda. Interessant ist diese Bestätigung, wie sich plötzlich alles erfüllt und die Wahrheit des Wortes Gottes so exakt und zuverlässig vor uns tritt: ein Haus der Barmherzigkeit.
Warum denn? Viele liebe Menschen haben ihr Bestes gegeben. Es gibt so viele, die sich um die Leidenden und Verzweifelten kümmern und ihnen die Last noch ein wenig tragen wollen. Sie kommen vielleicht vorbei, bringen Essen oder beten für die Kranken. Das bedeutet schon sehr viel: wenn man wieder liegen kann und das Leintuch glattgestrichen ist, wenn man einen erfrischenden Trunk bekommt, wenn jemand da sitzt, die Hand hält und sagt: „Ich denke an dich, du bist unvergessen“, und ein wenig erzählt, was daheim in der Familie passiert.
Es ist eine Stätte der Barmherzigkeit, wirklich! Und gleichzeitig ist es eine grausame Stätte, wo das Faustrecht regiert. Die Bibel macht uns diese Welt nicht madig, aber sie zeigt uns illusionslos: Hinter unserem so guten Gesundheitssystem, in dem viele mit ganzer Liebe und Hingabe arbeiten – auch Sie –, geht es oft auch bloß ums Geld. Nicht bei allen, aber bei manchen. Dort wird gerechnet und gefeilscht.
An diesem Teich Bethesda ging es eigentlich darum, wer der Erste ist, wenn es eine Hoffnung auf Genesung gibt. Wer es schafft, diese Chance zu erhaschen, bekommt sie. Die anderen werden zur Seite gedrängt und haben keine Chance. Der Schwächste ist der Verlorenste, der Starke triumphiert und ist vorne dran.
Jesus sieht das alles. Er richtet nicht, er ist nicht der Schiedsrichter, der bissige Kommentare abgibt. Stattdessen heißt es einmal: Es jammerte ihn. Jesus zieht es zu den Menschen in ihrer großen Not. In einem Psalm Davids heißt es: „Der Herr ist nahe denen, die zerbrochene Herzen haben, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“
Was ist mit den anderen? Ist der Herr da nicht nahe? Doch, natürlich auch. Aber den Zerbrochenen und Zerschlagenen ist er ganz besonders nahe, und er sucht sie. Das ist mir so wichtig: Wir müssen gar nicht viel reden. Wir können nur einen kleinen Brückendienst tun. Wir können Verzweifelte nur aufmerksam machen: Jesus hört dich. Sag ihm deine Not. Er kennt die Dinge, die dich bewegen.
Für diesen einen Kranken muss es die Hölle gewesen sein. Die besten Jahre seines Lebens verbringt er so, Jahr um Jahr, ohne Hoffnung und ohne Ausweg. Zurzeit ist der Buddhismus in unserem Land wieder sehr beachtet. Wissen Sie, das ist nicht der Höhepunkt, wenn man das Leiden nur geduldig erträgt, wie es der Buddhismus lehrt.
Es ist erstaunlich, was der Buddhismus da leistet. Hat der kranke Mann auch gelernt, die Zähne zusammenzubeißen und sich ergeben hineinzufügen. Jesus will mehr geben, als nur, dass man sich dem Willen fügt. Jesus geht diesem Mann nach.
Wie Jesus mit Verzweifelten umgeht: Das Gespräch
Deshalb: Worum geht es hier? Wie geht Jesus mit Verzweifelten um?
Jesus spricht mit ihnen. Das enttäuscht manche. Wir sind oft sehr darauf fixiert, schnell wieder so laufen zu können wie in unseren Jugendtagen. Wann ist die Last der Krankheit endlich abgeschüttelt? Wir sind Menschen, geprägt von Erfahrung und Gefühl. Wir wollen schnell Ergebnisse sehen, doch Jesus redet.
Wie Jesus mit diesem Mann spricht, der vielleicht zu den hoffnungslosesten dort gehörte: 13.870 Tage lag er schon dort. Jeden Tag hat er neu dazugezählt, und jeder Tag war das gleiche Elend und die gleiche Mühsal. Jesus fragt ihn. Und dann kommt die „Platte“: Sie kennen das, wenn man Kranke besucht, die alles noch einmal erzählen – von den Untersuchungen, den Befunden, von dem einen Arzt, der es nicht gemerkt hat, und dem anderen, der es gemerkt hat. Was dann kam, wie die Krankenkasse zuerst nicht zahlen wollte und dann doch, dann wieder ein anderes Krankenhaus, noch einmal Röntgen und was alles noch kam. Die „Platte“ läuft ab, er erzählt sie noch einmal, lässt sie ganz herunterlaufen.
Irgendwann unterbricht ihn Jesus. Er will sich nicht unsere Litanei anhören. Sie dürfen es ihm noch einmal sagen, aber er fragt den Kranken: „Willst du gesund werden?“ Eine dumme Frage, meinen Sie? Aber die Frage ist gar nicht so dumm. Denn wir verfallen oft in eine Art Krankheitsmuster. Wir gewöhnen uns daran. Es ist ganz interessant, wie Jesus Aufmerksamkeit erweckt, wenn er fragt: „Willst du gesund werden?“
Dieser Kranke hing an einem merkwürdigen Aberglauben – oder was war das? Wenn das Wasser sich bewegt, wird der erste Kranke, der hineinsteigt, gesund. Für mich ist das ein Aberglaube. Ich kann mir das nicht anders vorstellen. Es gibt ja solche seltsamen Vorstellungen. Vor diesem Wasser spricht er: „Ich habe niemanden, der mich trägt. Ich bräuchte jemanden, der mich ins Wasser trägt.“
Jesus hat nicht die Vorstellungen von Heilung, die wir oft haben. Es ist manchmal unbequem, dass Jesus von uns verlangt, umzudenken. „Hör doch mal, was er will, nicht was du willst.“ Wir haben so feste Vorstellungen davon, wie Gott helfen muss.
„Willst du gesund werden?“ Wenn Sie darauf achten: Jesus heilt ihn nicht sofort. Man erwartet, dass er die Hände auf ihn legt, ihn berührt oder irgendeine Handlung an ihm vornimmt. Aber er heilt ihn nicht einmal. Er spricht zu ihm einen Befehl.
Dieser Befehl ist verrückt und unglaublich: „Roll deine Matratze zusammen, steh auf und geh!“ – „Ich kann doch nicht, ich bin doch krank!“ Jesus verlangt von diesem Mann, der in seiner Krankheit schon so gezeichnet war, dass er sich gar nicht mehr lösen kann: „Komm, geh! Ich lasse dich laufen!“
Und jetzt wissen Sie, was das ist. So wie Sie es immer wieder aus dem Neuen Testament kennen, aus Ihrem Leben: Jesus verlangt, dass man auf ihn schaut, dass man auf ihn blickt. „Schau her! Ich befehle dir!“ Und wenn er befehlt, schafft er auch die Kraft, es zu vollbringen.
Ich darf Ihnen leider kein Wort geben, das Sie so verstehen könnten, als hätten Sie nie Schmerzen, müssten nie zum Zahnarzt, trügen nie die Zeichen des Alters oder würden nie sterben. Dieses Jesuswort haben wir nicht. Aber wir erleben unfassbare Wunder. Erleben Sie das auch?
Wunder, bei denen uns die Sprache wegbleibt. Wunder der Heilung, der Genesung. Was haben wir in der Gemeinde schon erlebt, selbst bei unheilbaren Krankheiten! Aber wir können Jesus nicht in eine Schublade pressen. Wir haben erlebt, wie sein Wort die Situation der Kranken total verändert.
Das Allergrößte geschieht, wenn Menschen auf ihrem Krankenlager den Blick über die Krankheit hinaus richten. Wenn sie den Frieden Gottes empfangen und das ewige Leben in den Blick bekommen. Dann geht es plötzlich um den Glauben, um das feste Vertrauen zu Jesus.
„Glaubst du mir, meinem Wort? Wenn er zu dir sagt: Fürchte dich nicht, ich bin bei dir, ich lasse dich nicht los.“ Wenn du glauben würdest, würdest du die Herrlichkeit Gottes sehen. Dann fangen sie an, auch auf einer schweren Wegstrecke der Verzweiflung zu erleben, dass der Herr Tag für Tag als lebendiger Herr, der mächtig wirkt, vor ihnen hergeht.
Das größte Heil: Frieden mit Gott und Versöhnung
Es gibt Schlimmeres als Krankheit.
Nachher gab es turbulente Szenen, als die Frommen den Mann sahen, wie er die Matratze unterm Arm herumtrug. In Israel darf man ja nicht einmal am Sabbat eine Aktentasche tragen. Jetzt trug er seine Matratze – das war so eine leichte Matratze – unterm Arm. Wie geht denn das? Sie konnten nicht begreifen, dass für Jesus das das größte Gotteswerk ist, das größte Sabbatwerk, wenn er einen verzweifelten Frieden in Gott findet.
Da ruft Jesus ihm dieses Wort zu, das oft sicher missverstanden wurde: „Sündige hinfort nicht mehr.“ Hat er denn damals gesündigt? War das die Folge der Krankheit? Nein. Jesus sagt, es gibt Schlimmeres als Krankheit. Die Krankheit ist nur ein Teil des Lebens. Das Allerschlimmste ist, wenn man in Zeit und Ewigkeit den Frieden Gottes verliert. Wenn man nur den sichtbaren und fassbaren Dingen nachläuft.
Ergreife doch das Eine, das Not ist, das ist wichtig. Viele von uns haben wunderbare Hilfen Gottes erlebt. Sie haben es aus der vorigen Generation oft in Schilderungen gehört, wenn die Väter noch einmal aus der Kriegsgefangenschaft zurückkamen oder unter den Trümmern ihrer zerbombten Häuser wieder hervorgeklettert sind. Aber haben sie das Leben ergriffen? Die Wunder Gottes waren eindeutig, es ging ja eigentlich um viel mehr.
Jetzt müsste man das ganze Kapitel fünf noch lesen, wo Jesus so wunderbare Worte sagt: Es geht doch für ihn nur darum, dass er dem Vater gehorsam ist. Er will nur wirken, was der Vater will. Und alle Menschen sollen den Sohn Jesus ehren. Wer mein Wort hört und glaubt an den, der mich gesandt hat, der hat jetzt schon das Leben, das unbegrenzte, volle Leben ergriffen. Das Leben ohne Resignation, das Leben, das aus der Verzweiflung herausführt.
Da gibt es nichts mehr, was uns niederdrücken kann, weil man in der Hand Jesu festgeborgen ist. Weil man weiß, ich gehöre Jesus. Wie hat man das? Weil man Jesus, dem Sohn Gottes, glaubt. Er ist mein Heiland und Erlöser, der mich mit Gott versöhnt. Ja, das ist richtig: Jesus ist nicht nur der Medizinaldirektor, zuständig für unsere Leibesheilung – das ist er auch. Er ist auch der Versöhner, der mit Gott versöhnt, der heute den Himmel aufschließt, der uns aus dem Gericht lösen kann und der uns vom Fluch befreit. Er stellt uns heute unter den Segen Gottes.
Ganz wunderbar, dass man das erfahren kann: den Herrn, der große Wunder vollbringt.
Zeugnisse des Glaubens und Ermutigung zum Vertrauen
Beim Zahnarzt ist es so: Wenn er einem Kind einen Zahn gezogen hat, nimmt er ein Schächtelchen und sagt: „Jetzt hebst du deinen Zahn dort auf.“
Das Kind kommt ganz fröhlich nach Hause und sagt: „So, das hebe ich mir auf, den Zahn. Er erinnert mich an meinen Mut, als ich zum Zahnarzt ging, an das Überstandene und das Wunder.“
Haben Sie auch so etwas, wie der Geheilte seine Matratze hat? Wissen Sie, dass Jesus das, was Ihnen heute Anlass zur Verzweiflung gibt, wegnehmen will?
Es ist etwas ganz Großes, wenn plötzlich diese Verwandlung geschieht: Aus einer grausamen Krankenzeit wird eine Segenszeit. Auch wenn man noch bettlägerig ist, kann es eine Zeit des Friedens und der Geborgenheit sein.
Wir haben einen Gott, der mächtig wirkt, der sich der Verzweifelten annimmt und mit ihnen auf merkwürdige Weise redet. Aber es ist sein Wort, das zählt. Darum geht es am Reformationstag: um Jesus und sein Wort, dem ich glauben darf, das ich hören darf, und an das ich mich klammern darf, um Frieden zu haben.
Die Kraft des Wortes Gottes in der Gemeinde weltweit
Wissen Sie eigentlich, was das Wort Gottes ist? Es ist das, was Leib und Seele gesund macht.
Einer unserer Entwicklungshelfer, ein christlicher Fachkraft, arbeitet als Mathematikdozent an einer Universität in China. In einem Brief berichtete er von vielen Erlebnissen. Am Ende schrieb er in einem Satz: Am Sonntag gingen wir in den Gottesdienst der Gemeinde vor Ort. Dort wurden gerade 460 Leute getauft. Er fügte hinzu: Vielleicht kann der Pastor nicht rechnen oder zählen. Aber ein Mathematiker, der nicht zählen kann, das gibt es nicht. Deshalb schrieb er die Zahl 460 noch einmal ausgeschrieben in Klammern.
Er sagte weiter, dass sie nicht bis zum Schluss geblieben sind, weil es ihnen zu lange dauerte.
Wissen Sie, wie mächtig das Wort Gottes ist, wenn so etwas heute im kommunistischen China geschieht? Was würde geschehen unter uns, wenn wir das Wort Jesu wieder hören und mit dem Wort Jesu leben? Wenn wir so in den Tag hineinstarten und wenn das Wort Gottes unser Leben treibt und umwälzt? Wenn wir vom Wort Gottes geprägt sind, das Kraft, Leben und Geist schenkt?
Steh auf, nimm deine Matratze und geh hin! Komm, lass das hinter dir, was dich quält, und sei ein fröhlicher Zeuge Jesu! Amen!
Schlusslied und Gebet
Und nun singen wir noch das Lied 372. Wir singen die Verse 1 bis 3 von „Was Gott tut, das ist wohlgetan“. Danach sage ich, wie es weitergeht. Anschließend lesen wir die Verse 4, 5 und 6.
Was Gott tut, das ist wohlgetan,
er ist mein Licht und Leben,
der mir nichts Böses gönnen kann,
ich will mich ihm ergeben.
In Freud und Leid, es kommt die Zeit,
da öffentlich erscheinet,
wie treulich er es meinet,
was Gott tut, das ist wohlgetan.
Muss ich den Kelch gleich schmecken,
der bitter ist nach meinem Wahn,
lass ich mich doch nicht schrecken,
weil doch zuletzt ich werd ergötzt
mit süßem Trost im Herzen,
da weichen alle Schmerzen.
Was Gott tut, das ist wohlgetan,
dabei will ich verbleiben.
Es mag mich auf die raue Bahn
Not, Tod und Elend treiben,
so wird Gott mich ganz väterlich
in seinen Armen halten,
drum lass ich ihn nur walten.
Wir wollen beten: Danke, Herr, dass du das alles weißt, was uns verzweifeln lässt, und dass du mit uns leidest. Du bist größer als alles, was uns bedrängt. Du bist größer als Krankheit, als Bosheit von Menschen, als Unrecht und auch als Verlassensein.
Wir wollen dich erkennen, dein Wort hören, erleben und erfahren, wie wir aufstehen können und nicht in der Not versinken. Unseren Weg gehen wir mit dir, so wie du uns sendest, wie du uns gebrauchen und zum Segen setzen willst.
Mach uns jetzt auch zu Boten, die andere aufrichten können, die anderen Mut zusprechen mit deinem Wort und deinem Trost.
Lasst uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld.