Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.
Episode 546: Am Sabbat gelöste Fesseln.
Rückkehr zu Lukas und das Thema Sabbat
Auf unserem synoptisch-chronologischen Weg durch die Evangelien verlassen wir wieder das Johannesevangelium und kehren zu Lukas zurück. Dort begegnen wir erneut einem Thema, das uns nicht zum ersten Mal begegnet: dem Problem mit der Sabbatheiligung.
Lukas 13,10-13:
„Er lehrte aber am Sabbat in einer der Synagogen. Und siehe, da war eine Frau, die achtzehn Jahre einen Geist der Schwäche hatte. Sie war zusammengekrümmt und völlig unfähig, sich aufzurichten. Als aber Jesus sie sah, rief er ihr zu und sprach zu ihr: ‚Frau, du bist gelöst von deiner Schwäche!‘ Und er legte ihr die Hände auf, und sofort wurde sie gerade und verherrlichte Gott.“
Nichts Ungewöhnliches: Jesus lehrt in einer Synagoge, was erlaubt war, und niemand nimmt daran Anstoß. Unter den Zuhörern befindet sich eine Frau, die seit achtzehn Jahren durch einen Geist der Schwäche daran gehindert wurde, sich aufzurichten.
Lukas beschreibt ihren Zustand, wie es nur ein Arzt könnte, recht genau: zusammengekrümmt und völlig unfähig, sich aufzurichten – krank aufgrund des Einflusses eines bösen Geistes. Jesus bemerkt die Frau, unterbricht seine Predigt und ruft ihr zu: „Frau, du bist erlöst von deiner Schwäche.“ Dann geht er zu ihr hin, legt ihr die Hände auf, und die Frau wird sofort geheilt. Sie richtet sich gerade auf und verherrlicht Gott.
Man kann sich kaum einen schöneren Gottesdienst vorstellen: Das Wort wird gepredigt, und die Zuhörer werden geheilt. Halleluja!
Widerstand gegen Heilung am Sabbat
Lukas 13,14: Der Synagogenvorsteher aber, unwillig darüber, dass Jesus am Sabbat heilte, begann zu sprechen und wandte sich an die Volksmenge: „Sechs Tage sind es, an denen man arbeiten soll; an diesen Tagen kommt und lasst euch heilen, aber nicht am Tag des Sabbats.“
Jesus stößt also mal wieder auf Widerstand. Der Synagogenvorsteher fühlt sich gezwungen, ihn zurechtzuweisen – und zwar in Form einer Ansprache an die Volksmenge. Worum geht es dabei? Sechs Tage sind es, an denen man arbeiten soll, an diesen Tagen solle man sich heilen lassen, aber nicht am Sabbat.
Was für eine skurrile Ansprache! So, als ob die Frau extra gekommen wäre, um sich heilen zu lassen. Seit achtzehn Jahren besucht sie die Synagoge, und nichts ist passiert. Schön wäre es gewesen, wenn ihr früher jemand hätte helfen können. Und eigentlich ist auch nicht viel passiert: Jesus hat einfach seine Hände auf sie gelegt.
Was fehlt hier? Ganz offensichtlich die Freude darüber, dass es dieser Frau wieder gut geht – und das auf eine so spektakuläre Weise. Lukas betont ja, dass sie sofort gerade wurde, also ohne ein halbes Jahr Reha oder Physiotherapie. Einfach so, eben ein Wunder.
Eigentlich müsste man sich für die Frau freuen und auch irgendwie darüber, dass so ein tolles Wunder im eigenen Gottesdienst geschieht. Aber nichts dergleichen passiert. Nachdem Jesus schon lange unterwegs war und auch einiges über den Sabbat gelehrt hatte, gibt es immer noch geistliche Leiter, die nichts davon zu verstehen scheinen.
Jesu Antwort auf die Kritik
Lukas 13,15: Der Herr antwortete ihm und sprach: „Heuchler! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe los, führt ihn hin und tränkt ihn?“
Zunächst einmal fällt der Ton auf. Jesus wird sehr deutlich und nennt sie „Heuchler“. Dabei spricht er hier nicht nur den Synagogenvorsteher an. Es scheint also eine ganze Gruppe von Personen unter den Synagogenbesuchern gegeben zu haben, die genauso dachten. Das überrascht nicht wirklich. Wer würde sich schon öffentlich gegen Jesus stellen, wenn er nicht sicher wäre, dass seine Freunde hinter ihm stehen?
Wie argumentiert der Herr Jesus? Er verweist auf eine Inkonsistenz im Denken seiner Kritiker. Wenn diese sich aus Barmherzigkeit und Fürsorge am Sabbat um ihr Vieh kümmern, es losbinden und tränken – alles Aufgaben, die normal waren und nach gängigen Lehren nicht als Arbeit am Sabbat galten – wie viel richtiger muss es dann sein, dass Jesus sich um eine vom Teufel gebundene Frau kümmert und sie in die Freiheit führt?
Lukas 13,16: „Diese Arbeit, die eine Tochter Abrahams ist, die der Satan gebunden hat – siehe, achtzehn Jahre lang –, sollte sie nicht von dieser Fessel am Tag des Sabbats gelöst werden?“
Das Argument ist einfach: Was für Tiere gilt, muss noch mehr für Menschen gelten. Wenn Tiere am Sabbat nicht unter Durst leiden sollen, wie viel weniger sollte eine Tochter Abrahams unter den Fesseln des Satans leiden?
Man könnte sogar sagen: Gibt es einen besseren Tag und Ort, um Gottes Barmherzigkeit allen vor Augen zu führen und seine Verherrlichung zu fördern? Ist der Sabbat nicht genau dazu da, dass wir uns an Gott als einen Befreier erinnern?
5. Mose 5,15: „Und denke daran, dass du Sklave warst im Land Ägypten und dass der Herr, dein Gott, dich mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm von dort herausgeführt hat. Darum hat der Herr, dein Gott, dir geboten, den Sabbattag zu feiern.“
Weil Gott ein Befreier ist, hat er den Sabbattag gegeben.
Die Heuchelei der Gegner und praktische Anwendung
Aber kommen wir noch einmal kurz auf den Vorwurf der Heuchelei zurück. Ein Heuchler ist hier jemand, der mit zweierlei Maß misst.
In diesem Fall geht jemand mit seinem Eigentum pfleglicher um als mit anderen Menschen. Das ist ein ganz interessanter Gedanke, oder? Ich frage mich, wo man dieses Prinzip in meinem Leben wiederfindet.
Kennen wir nicht alle Menschen, die mit ihrem Hund, ihrer Lieblingsbluse oder ihrem Auto fürsorglicher umgehen als mit anderen Menschen? So nach dem Motto: Wenn du schon dein Auto durch die Waschanlage fährst, weil du nicht willst, dass es vor Dreck strotzt, wie viel mehr müsstest du dann darauf achten, dass niemand durch deine Worte und Witze beschmutzt wird?
Wenn es dir ganz wichtig ist, dass dein Auto das richtige Öl bekommt und keine Inspektion ausgelassen wird, achtest du dann nicht mit noch mehr Akribie darauf, dass deine Geschwister von dir Ermutigung, Liebe und Hilfe bekommen?
Das ist für mich einfach ein spannender Gedanke: Wie gehe ich mit meinem Eigentum um, das mir ja nur für ein paar Jahre von Gott anvertraut ist, um damit sein Reich zu bauen? Und wie gehe ich im Vergleich dazu mit Menschen um, die von Gott geliebt werden?
Der Sieg Jesu und die Reaktion der Menge
Lukas 13,17: Und als er dies sagte, wurden alle seine Widersacher beschämt, und die ganze Volksmenge freute sich über all die herrlichen Dinge, die durch ihn geschahen.
Jesus gewinnt. Die Widersacher werden beschämt, und die Volksmenge freut sich.
Hier geht es nicht mehr nur um die Heilung der einen Frau, sondern um all die herrlichen Dinge, die durch Jesus geschehen. Die Volksmenge ist durchaus in der Lage, sich daran zu erinnern, was sie bereits erlebt hat.
Gleichzeitig wird deutlich, dass es manchmal notwendig ist, Menschen zu beschämen, die scheinheilig Unbarmherzigkeit als Tugend und als den Willen Gottes verkaufen. Es ist richtig, solche Menschen bloßzustellen.
Ihre Frömmelei und Doppelmoral müssen aufgedeckt werden, damit Gottes Charakter sichtbar wird. Gott ist kein Gott, dem die Einhaltung eines Feiertages wichtiger ist als die Heilung einer Frau, die sich seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr aufrichten kann.
Wer so etwas denkt, irrt sich. Wer es predigt, ist ein Heuchler und stellt sich gegen Gott.
Persönliche Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Denke darüber nach, wo du in Gefahr bist, liebevoller mit deinen Topfpflanzen, deinen Büchern oder deiner H0-Eisenbahn umzugehen als mit anderen Menschen.
Das war's für heute. Immer wieder der Tipp: Lies deine Bibel durch. Stirb nicht, bevor du dich nicht wirklich gut darin auskennst.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
