Einleitung: Der lange Weg mit Gott und der Glauben in fremder Umgebung bewahren
Wir hatten heute Morgen beim Lebensbild von Jakob die Überschrift „Der lange Weg zu Gott“.
Heute Abend, beim Bericht über Joseph, habe ich die Überschrift „Der lange Weg mit Gott“ gewählt. Wir wollen sehen, wie Gott gerade in den Tiefen des Lebens zur Seite steht und hilft.
Vielleicht könnte man auch folgende Überschrift wählen: „Den Glauben bewahren in fremder Umgebung“.
Es gibt kaum einen Menschen im Alten Testament, über den so viele Kapitel berichtet werden. Wir finden die Berichte von Kapitel 37 bis Kapitel 50 im ersten Buch Mose.
Man könnte es so zusammenfassen: Joseph ist ein Mensch, der gemobbt, gehasst, verstoßen und verkauft wurde. Doch trotz all dem ist er in seinem Herzen nicht bitter geworden. Das ist schon erstaunlich.
Wir haben in den letzten Tagen auch über das Leben von Isaak nachgedacht und dabei bemerkt, dass man sagen würde: Wenn ein Jugendlicher so etwas erlebt, wie dass sein Vater ihn opfern soll, würden Psychologen heute sagen, dass dieser Mensch traumatisch gezeichnet für sein Leben ist.
Genauso könnte man es auch bei Joseph meinen.
Überblick über die Lebensgeschichte Josephs
Wir schauen uns, wie wir das sonst immer gewohnt sind, verschiedene Punkte an. Erstens betrachten wir den Hintergrund und die Vorgeschichte. Dann beschäftigen wir uns mit den Problemen Josephs, wie Gott vorgeht, wie er Josephs Herz erreicht, wie er seinen Fall löst und was wir daraus lernen können.
Der Beginn seiner Geschichte findet sich in 1. Mose Kapitel 37. Dort wird zunächst das Geschlechtsregister erklärt. Wir hatten ja bei seinem Vater Jakob gesehen, dass er zwölf Söhne und eine Tochter hatte. Joseph ist praktisch das vorletzte Kind. Er ist der elfte von dreizehn Kindern. Wann genau die Tochter geboren wurde, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall schildert die Bibel Joseph als den Lieblingssohn seines Vaters, weil er von dessen Lieblingsfrau Rahel stammt.
Wir lesen in der biblischen Geschichte, dass Jakob sich in ganz besonderer Weise mit seinem Sohn Joseph beschäftigt hat und sie eine enge Gemeinschaft miteinander hatten. Joseph scheint auch jünger gewesen zu sein als seine anderen Brüder. Aber wie das in Familien oft ist: Wenn ein Kind bevorzugt wird, erregt das den Neid der anderen. Und genau das kommt in dieser Familie sehr schnell zum Ausdruck.
Vielleicht hilft es, wenn wir uns die Brüder Josephs etwas genauer ansehen. Das sind die zwölf Söhne, die später auch als die zwölf Stämme Israels bekannt wurden. Für mich ist es schon erstaunlich, dass Gott sich nicht schämt, der Gott dieses Volkes und dieser zwölf Stämme Israels zu sein. Das waren ja alles keine perfekten Menschen. Man kann sagen, dass es handfeste Kerle waren, die schon einiges in ihrem Leben angestellt hatten – zum Leidwesen ihres Vaters.
Der älteste Bruder Ruben hat später die Nebenfrau seines Vaters genommen. Deshalb erhielt er nicht das Erstgeburtsrecht im Segen. Simeon, der Zweite, und Levi, der Dritte, haben sich in Sichem schändlich verhalten, indem sie den Missbrauch ihrer Schwester rächten und dabei viele Menschen töteten. Auch Juda ist nicht ohne Fehler, und es ist erschreckend, was über ihn berichtet wird. In Kapitel 38 lesen wir, wie er seine Schwiegertochter nimmt, was ihn unmöglich macht. Trotzdem ist Gott gnädig und führt die Segenslinie über Juda weiter.
Es ist erstaunlich, wie Gott die Verheißungslinie, die im Neuen Testament mit Jesus Christus fortgesetzt wird, durch solche Menschen hindurchführt. Diese Verheißungslinie zeigt uns die Gnade und das Erbarmen Gottes.
Geographischer Hintergrund und Beginn der Geschichte
Vielleicht noch eine Landkarte, um deutlich zu machen, wo wir uns befinden. Abraham hatte zeitweise hier in Beerscheba gewohnt, dann in Hebron. Anschließend schickt er seine Söhne mit den Herden los. Sie hatten keine festen Weideplätze, sondern zogen durchs Land.
Eines Tages schickt er seinen Sohn Jakob hinterher, um nach seinen Brüdern zu sehen – Joseph ja. Jakob geht dann bis nach Dothan. Dort wird Joseph verkauft und nach Ägypten gebracht. Das könnte man gut auf einer Landkarte darstellen.
Wir schlagen jetzt das erste Buch Mose, Kapitel 37, auf und lesen dieses Kapitel. Es ist zwar länger, aber ich glaube, damit wir den Hintergrund verstehen, lese ich das gesamte Kapitel.
Die Geschichte von Josephs Verkauf durch seine Brüder (1. Mose 37)
Und Jakob wohnte im Land der Fremdlingschaft seines Vaters im Land Kanaan. Dies ist die Geschichte Jakobs.
Joseph, siebzehn Jahre alt, war als Hirte mit seinen Brüdern bei den Schafen. Er war noch ein Junge und war mit den Söhnen Bilhas und den Söhnen Silpas, der Frauen seines Vaters, zusammen. Joseph brachte ihrem Vater üble Nachrede über sie.
Israel liebte Joseph mehr als all seine Söhne, weil er der Sohn seines Alters war. Er machte ihm einen bunten Leibrock. Als aber seine Brüder sahen, dass ihr Vater ihn mehr liebte als alle anderen, hassten sie ihn und konnten ihn nicht mehr grüßen.
Joseph hatte einen Traum, den erzählte er seinen Brüdern. Da hassten sie ihn noch mehr. Er sagte zu ihnen: „Hört doch diesen Traum, den ich gehabt habe! Siehe, wir banden Garben mitten auf dem Feld, und meine Garbe richtete sich auf und blieb aufrecht stehen. Eure Garben stellten sich ringsum auf und verneigten sich vor meiner Garbe.“
Da sagten seine Brüder zu ihm: „Willst du etwa König über uns werden? Willst du gar über uns herrschen?“ Und sie hassten ihn noch mehr wegen seiner Träume und seiner Reden.
Er hatte noch einen anderen Traum, den erzählte er ebenfalls seinen Brüdern. Er sagte: „Siehe, noch einen Traum habe ich gehabt: Die Sonne, der Mond und elf Sterne beugten sich vor mir nieder.“ Dies erzählte er auch seinem Vater und seinen Brüdern.
Da schalt ihn sein Vater und sagte zu ihm: „Was ist das für ein Traum, den du gehabt hast? Sollen wir etwa kommen – ich, deine Mutter und deine Brüder –, um uns vor dir zur Erde niederzubeugen?“ Seine Brüder waren eifersüchtig auf ihn, aber sein Vater bewahrte das Wort.
Seine Brüder gingen fort, um die Schafe ihres Vaters bei Sichem zu weiden. Da sagte Israel zu Joseph: „Weiden deine Brüder nicht bei Sichem? Komm, ich will dich zu ihnen senden.“ Joseph antwortete: „Hier bin ich.“
Israel sagte zu ihm: „Geh hin, sieh nach dem Wohlergehen deiner Brüder und nach dem Wohlergehen der Schafe und bring mir Antwort.“ So sandte er ihn aus dem Tal von Hebron, und er kam nach Sichem.
Da fand ihn ein Mann, und siehe, er irrte auf dem Feld umher. Der Mann fragte ihn: „Was suchst du?“ Joseph sagte: „Ich suche meine Brüder. Teile mir doch mit, wo sie weiden.“ Der Mann antwortete: „Sie sind von hier aufgebrochen, denn ich hörte sie sagen: Lass uns nach Dothan gehen.“
Joseph ging seinen Brüdern nach und fand sie bei Dothan. Als sie ihn von fern sahen, bevor er sich ihnen genähert hatte, ersannen sie gegen ihn den Anschlag, ihn zu töten. Sie sagten einer zum anderen: „Siehe, da kommt dieser Träumer! So kommt nun, lasst uns ihn erschlagen und in eine der Zisternen werfen. Dann wollen wir sagen, ein böses Tier hat ihn gefressen. Dann werden wir sehen, was aus seinen Träumen wird.“
Als Ruben das hörte, wollte er ihn aus ihrer Hand retten und sagte: „Lasst uns ihn nicht töten!“ Ruben sagte zu ihnen: „Vergesst nicht Blut! Werft ihn in diese Zisterne, die in der Wüste ist, aber legt nicht Hand an ihn.“ Das sagte er, damit er ihn aus ihrer Hand rettete, um ihn zu seinem Vater zurückzubringen.
Als Joseph zu seinen Brüdern kam, zogen sie ihm seinen Leibrock aus, den bunten Leibrock, den er anhatte. Sie nahmen ihn und warfen ihn in die Zisterne, die leer war; es war kein Wasser darin.
Dann setzten sie sich, um zu essen. Sie erhoben ihre Augen und sahen, und siehe, eine Karawane von Ismaelitern kam von Gilead her. Ihre Kamele trugen Tragakant, Balsamharz und Ladanum. Sie zogen hin, um es nach Ägypten zu bringen.
Da sagte Juda zu seinen Brüdern: „Was für ein Gewinn ist es, wenn wir unseren Bruder erschlagen und sein Blut zudecken? Kommt, lasst uns ihn an die Ismaelitern verkaufen. Aber unsere Hand sei nicht an ihm, denn er ist unser Bruder, unser Fleisch.“ Seine Brüder hörten darauf.
Da kamen midianitische Männer vorüber, Händler. Sie zogen Joseph heraus, holten ihn aus der Zisterne herauf und verkauften ihn an die Ismaelitern für zwanzig Silberschickel. Sie brachten Joseph nach Ägypten.
Als Ruben zur Zisterne zurückkam und sah, dass Joseph nicht mehr darin war, zerriss er seine Kleider. Er kehrte zu seinen Brüdern zurück und sagte: „Der Junge ist nicht mehr da. Wohin soll ich jetzt gehen?“
Dann nahmen sie den Leibrock Josefs, schlachteten einen Ziegenbock und tauchten den Leibrock in das Blut. Sie schickten den bunten Leibrock zu ihrem Vater und ließen sagen: „Das haben wir gefunden. Untersuche doch, ob es der Leibrock deines Sohnes ist oder nicht.“
Jakob untersuchte ihn und sagte: „Der Leibrock meines Sohnes! Ein böses Tier hat ihn gefressen, zerrissen ist Joseph!“ Jakob zerriss seine Kleider und legte Sacktuch um seine Hüften. Er trauerte um seinen Sohn viele Tage.
Alle seine Söhne und Töchter machten sich auf, um ihn zu trösten. Er aber weigerte sich, sich trösten zu lassen, und sagte: „Nein, sondern in Trauer werde ich zu meinem Sohn in den Scheol hinabfahren.“ So beweinte ihn sein Vater.
Die Midianiter verkauften Joseph nach Ägypten an Potiphar, einem Kämmerer des Pharao und Obersten der Leibwächter.
Soweit Gottes Wort.
Josephs Leidensweg und Gottes Begleitung im Haus Potiphars und im Gefängnis
Das ist schon eine tragische Geschichte. Man könnte sich fragen, wie ein Junge das überhaupt aushält: Von den eigenen Brüdern gehasst und gemobbt, dann verkauft wie ein Stück Vieh. Viele verschiedene Künstler haben in den vergangenen Jahrhunderten versucht, diese Szenen darzustellen. Ich denke, das ist auch verständlich. Wenn man die Geschichten liest, ist man tief betroffen davon, was im Herzen eines Menschen vorgehen kann.
Heute braucht man nur die Zeitung aufzuschlagen, um Ähnliches zu erleben. Wir haben gelesen, dass Joseph an den Obersten der Leibwächter verkauft wird, also an einen der obersten Politiker im Land Ägypten. Es ist erstaunlich, wie es dann in Ägypten mit Joseph weitergeht.
Ab Kapitel 39 lesen wir die Begebenheit weiter. Dabei fallen besonders zwei Verse auf, in denen die Situation dreimal erwähnt wird: Vers 2, Vers 21 und Vers 23. Joseph wird übel mitgespielt, auch dort im Haus des Potiphar. Zunächst geht es ihm sehr gut. Er ist Sklave, aber sehr geschickt, und Potiphar setzt ihn über alles. Joseph trägt große Verantwortung im Haus.
In Vers 2 heißt es: „Der Herr aber war mit Joseph, und er war ein Mann, dem alles gelang. Er blieb im Haus seines ägyptischen Herrn.“ Es wird deutlich sichtbar, dass Gott bei ihm war. Doch dann kommt natürlich der Teufel und versucht ihn. Die Frau Potiphars versucht, Joseph zu verführen. Joseph ist natürlich ihr Untergebener und kann sich nicht beschweren.
Hinterher wird deutlich, dass sein Herr ihm nicht glaubt, sondern seiner Frau. Ein Sklave hatte keine Rechte. So wird Joseph beschuldigt, sich der Frau genähert zu haben, und er kommt unschuldig ins Gefängnis. Man fragt sich, wie ein junger Mann das verkraftet: Unschuldig von seinen Brüdern verkauft, unschuldig Sklave geworden und unschuldig ins Gefängnis geworfen.
Man könnte meinen, so jemand wird depressiv, wird schwermütig oder zornig und rebelliert. Doch von all dem zeigt Joseph nichts. Auch in Vers 21 und Vers 23, als er im Gefängnis sitzt, steht wieder: „Der Herr aber war mit Joseph und wandte sich ihm in Treue zu. Er gab ihm Gunst in den Augen des Obersten des Gefängnisses.“
In Vers 23 heißt es: „Der Oberste des Gefängnisses sah nicht nach dem Geringsten, das unter seiner Hand war, weil der Herr mit ihm war, und was er tat, ließ der Herr gelingen.“ Joseph bekommt also im Gefängnis das Vertrauen seines Vorgesetzten und genießt eine relative Freiheit.
Zeugnis aus der Gegenwart: Glaube und Einfluss im Gefängnis
Erinnert mich, wir hatten ja einigen schon von einer Begebenheit in Ungarn erzählt. Dort, in einem Gefängnis, ist vor ungefähr zehn Jahren ein ehemaliger Bandenführer zum Glauben gekommen. Sein Leben hat sich so stark verändert, dass der Gefängnisdirektor darauf aufmerksam wurde, welchen guten Einfluss er auf die anderen Inhaftierten hat.
Dieser Mann heißt Lajos. Er erhielt im Gefängnis freie Hand. Es handelt sich um ein Männergefängnis, etwa 50 Kilometer nördlich von Budapest, mit rund 800 Inhaftierten. Lajos hat die Freiheit, mit jedem Inhaftierten zu sprechen, weil der Gefängnisdirektor erkannt hat, wie positiv sein Einfluss ist.
Durch Lajos sind in diesem Gefängnis achtzig Inhaftierte zum Glauben gekommen. Jeden Freitag hält Lajos eine Bibelstunde ab, zu der etwa achtzig Inhaftierte kommen. Am Sonntag versammeln sie sich in diesem Gefängnis als Gemeinde und brechen das Brot. Wenn man dort ist, hat man den Eindruck, man befindet sich irgendwo in einer Gemeinde – nur mit dem Unterschied, dass alle in Anstaltskleidung sitzen.
Lajos hat die Genehmigung seines Vorgesetzten, einmal im Monat, natürlich in Handschellen und in einem grünen Minibus, in andere Gefängnisse zu fahren, um zu evangelisieren. Das ist ähnlich wie bei Josef. Der Gefängnisdirektor gibt ihm freie Hand. Nein, er wird nicht entlassen. Als er zum Glauben kam, legte er sein Leben offen und bekannte weitere Straftaten, wodurch seine Strafe verlängert wurde. Aber er sagt: „Hier ist mein Platz.“
Vor drei Jahren hat das Gefängnis eine Evangelisation in der katholischen Kirche am Ort durchgeführt. Eine Woche lang hat jeden Abend ein gläubig gewordener Inhaftierter in Handschellen gepredigt. Das ist ein Zeugnis, oder? Josef ist im Gefängnis, und der Herr war mit ihm.
Äußerlich könnte man sagen, es ist ein Mann ohne jegliche Freiheiten. Doch wir merken: Ein Mensch, der im Gefängnis zum Glauben kommt. Ich sage gerne, er springt vor Freude unter die Decke, weil er weiß: Meine Schuld ist weg, auch wenn ich meine Strafe noch absitzen muss.
Ich habe von einem Inhaftierten in Kenia gehört, der, nachdem er seine Strafe abgesessen hatte, den Antrag stellte, weiterhin im Gefängnis bleiben zu dürfen. Und wir denken: Das gibt es doch nicht, oder? Er sagte: „Da ist mein Platz, und da kann ich den Herrn verkündigen.“
Wir merken, Gott hat Möglichkeiten, Menschen zu verändern und Zeugnis zu geben an Orten, an denen wir es nicht erwarten.
Josephs Deutung der Träume und das Vergessen durch den Mundschenk
Joseph ist also im Gefängnis. Dann wird berichtet, dass zwei weitere hohe Beamte ebenfalls ins Gefängnis geworfen werden: der oberste Bäcker des Pharao und der Mundschenk. Sie hatten sich durch Fehlverhalten gegenüber dem Pharao versündigt und treffen dort auf Joseph. Zwischen ihnen entsteht Vertrauen.
Beide haben jeweils einen Traum, den Joseph ihnen deutet. Die Deutung trifft genau ein: Der Mundschenk wird wieder in seine alte Stellung versetzt, so wie Joseph es vorhergesagt hatte. Der Bäcker hingegen wird gehängt, ebenfalls wie Joseph es vorausgesagt hatte.
Als der Mundschenk wieder frei wird, bittet Joseph ihn: „Gedenke meiner, ich sitze hier unschuldig, und wenn du irgendwie kannst, hilf mir.“ Doch es heißt dann, dass der Mundschenk Joseph vergisst. Das ist so in dieser Welt. Wie man sagt: Undank ist der Welten Lohn.
Joseph hatte gehofft, dass der Mensch ihm helfen könnte. Es wird nicht erwähnt, dass Joseph in dieser Zeit gebetet hätte. Das ist eigentlich der einzige Punkt, an dem man meinen könnte, dass Joseph vielleicht etwas versäumt hat. Ansonsten wird Joseph in der Bibel nie negativ dargestellt.
Die Probleme Josephs und seine innere Kraft
Die Frage ist, welche Probleme Joseph hatte. Man könnte meinen, wenn man seine Lebensgeschichte liest, dass ein Mensch gar nicht so viele Probleme alleine tragen kann: Mobbing und Verachtung durch seine Brüder, das Sklavendasein in Ägypten, dann der Widerstand und die Ungerechtigkeit gegenüber der Verführung.
Ich frage mich: Joseph, was gab dir die Kraft, all dem zu widerstehen?
Wenn man in die Familiengeschichte hineinschaut, erkennt man, dass seine Brüder keine Menschen waren, die sich viel um Moral scherten. Sie nahmen es nicht so ernst. Und ich frage mich, Joseph, woher kommt es, dass du so ganz anders bist als deine Brüder? Ihr seid im gleichen Elternhaus groß geworden und habt im Grunde alle das Gleiche erlebt – oder doch nicht?
Wir haben gelesen, dass Joseph der Lieblingssohn von Jakob war und dass Jakob sich in besonderer Weise um ihn kümmerte. Jakob erfüllte seine Verantwortung als Vater erst, nachdem er bei Pniel eine Gottesbegegnung gehabt hatte. Dort rief er Gott um Hilfe. Von diesem Moment an ging Jakob entschlossen mit Gott seinen Weg. Er übernahm von da an auch die Verantwortung in der Familie.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten seine Frauen den Haushalt gemanagt. Sie hatten sogar alle Namen der Kinder festgelegt, und Jakob hatte immer nur genickt. Doch als der Jüngste geboren wurde und dabei seine Lieblingsfrau Rahel starb, gab Rahel diesem letzten Sohn den Namen Benoni, Sohn meines Schmerzes. Jakob griff nun ein und nannte ihn Benjamin, Sohn meiner Rechten. Das war das erste Mal, dass Jakob einem seiner Kinder selbst den Namen gab.
Von da an kümmerte er sich um Joseph und später auch um Benjamin. Es scheint, als hätte Joseph dadurch etwas über das Leben von Jakob erfahren. Es wirkt so, als hätte Jakob ihm erzählt, wie lange er vor Gott weggelaufen war, bis Gott ihn endlich bei Pniel eingeholt hatte. Und wie lange er sich gesträubt hatte – das hatten wir heute Morgen gesehen –, bis Gott ihn wieder nach Bethel brachte, an den Ort, wo Gott ihm begegnet war.
Ich kann es mir nur so erklären, dass Joseph deshalb ein völlig anderes Gottesbild hatte als seine Brüder. Er vertraute Gott selbst in den schlimmsten Situationen seines Lebens. Und dazu steht Gott.
Josephs moralische Haltung und Gottes Treue
Es ist erstaunlich, welche Moral Joseph besitzt. Er erliegt nicht der sexuellen Gefahr, sondern wehrt sich dagegen beziehungsweise flieht sogar, obwohl er dadurch ins Gefängnis geworfen wird.
Man könnte eigentlich sagen: Josef, was hast du davon, dass du moralisch und ethisch gut warst? Es hat dir doch nur geschadet, oder? Doch im Gefängnis erkennt er, dass er ein freies Gewissen hat und Gott mit ihm ist. Das ist mehr wert als alle Freuden dieser Welt.
Josef weiß, was Gott eigentlich wünscht. Er kennt die sittlichen Wertmaßstäbe Gottes und weiß, dass jede sexuelle Beziehung vor oder außerhalb der Ehe nach der Bibel Hurerei ist. Deshalb hält er sich rein, bis er später in Ägypten als Vizekönig verheiratet wird.
Ich finde es erstaunlich, dass er in einer Zeit, in der es das Gesetz vom Sinai noch nicht gab, genau weiß, was Gott will. Wir könnten etliche Bibelstellen dazu nehmen, die deutlich machen, wodurch ein Mensch ein reines Leben führen kann.
Ihr kennt wahrscheinlich alle Psalm 119,9: „Wodurch wird ein Jüngling seinen Weg in Reinheit führen? Wenn er sich hält an dein Wort.“ Auch andere Stellen zeigen deutlich, wie Gott über unsere Sexualität und unsere Heiligkeit denkt.
Umgang mit Bitterkeit und Gottes Führung
Wir sehen, dass er viele Probleme hat. Andere Menschen würden an all diesen Schwierigkeiten scheitern. Er sitzt unschuldig im Gefängnis, wird vergessen, und der Mundschenk ist undankbar. Wie verkraftet man das, ohne bitter zu werden?
Wenn wir in die Gefängnisse gehen, lernen wir viele Menschen kennen, die in ihren Herzen bitter sind und Groll gegen andere hegen. Wir könnten jetzt fragen: Wie geht Gott vor? Wie erreicht er das Herz?
Zunächst hatte Gott ihm zwei Träume gegeben, in denen er ihm Verheißungen schenkte. Wir haben diese Träume gelesen: Einmal die Garben, die sich vor seiner Garbe verneigen, und dann die Sterne, die sich vor ihm verneigen. Wegen dieser Träume wird er gehasst. Sogar sein Vater tadelt ihn.
Und trotzdem sieht er darin etwas – wir müssen uns das ja vorstellen: Josef hatte noch keine Bibel. Er hatte nur die Erzählungen seiner Vorfahren und im Grunde das Reden Gottes durch diese beiden Träume. Gerade in den schwersten Stunden erlebt er, dass der Herr mit ihm ist. Das ist ganz offensichtlich.
Er merkt: Gott lässt es mir gelingen. Und ich glaube, das ist es, was ihn stärkt – das Gefühl, dass Gott bei ihm ist. Interessant ist, dass in Kapitel 39 dreimal gesagt wird, der Herr war mit ihm. Und das jeweils an den tiefsten Stellen seines Lebens. Dort erlebt er Gott. Gerade dort, wo man meinen sollte, er sei ganz alleine, spürt er die Nähe Gottes. Der Herr war mit Joseph.
Das finde ich schon erstaunlich, wenn man sich das vorstellt: Gott ist bei einem Sklaven und im Gefängnis. Als Joseph entlassen wird und vor den Pharao gerufen wird, traut er sich, seinen Gott zu bekennen. Dabei muss man sagen, dass Ägypten völlig andere Götzen hatte, und auch der Pharao an andere Götter glaubte. Aber der einfache Sklave, der inhaftierte Joseph, bezeugt seinen Gott vor der Weltmacht des Pharao.
Wie löst Gott diesen Fall? Wenn wir die ganze Geschichte lesen, ist es erstaunlich, wie Joseph darauf wartet, dass Gott alles erfüllt, was er verheißen hat. Die Erfüllung seiner Träume lesen wir dann in den Kapiteln 42 bis 44. Dort ist er Vizepharao in Ägypten, zuständig für die gesamte Ernährung des Volkes, für Vorratshaltung und Verteilung der Nahrung. Seine leiblichen Brüder kommen zu ihm, und sofort merkt er, wie sie sich vor ihm niederwerfen – im Grunde ist die Erfüllung seiner Träume da.
Er erkennt: Gott ist bei mir, auch weiterhin, auch in meiner höchsten Stellung, die ich habe. Gott war bei ihm, als er ganz unten war, und Gott ist bei ihm, als er ganz oben ist. Und das hält ihn demütig. Er wird nicht stolz.
Seine Brüder kommen, wie in Kapitel 42 beschrieben. Es ist ungeheuer spannend, wie er sich dann mit seinen Brüdern versöhnt, wie er sich ihnen zu erkennen gibt und sie erst Angst vor ihm haben. Doch er sagt ihnen: „Wisst ihr, ihr habt Böses mit mir vorgehabt, aber Gott hat es gut gemeint. Gott hat mich vorausgeschickt.“ Plötzlich kann er seine Lebensgeschichte aus der Perspektive Gottes sehen. Er erkennt, dass das, was er durchgemacht hat, zum Guten war – nicht nur für ihn, sondern für seine ganze Familie.
Oft ist es ja so, dass wir erst im Nachhinein begreifen, warum Gott uns so geführt hat. Joseph versöhnt sich mit seinen Brüdern, und dann holt er die gesamte Familie nach Ägypten.
Noch einmal möchte ich fragen: Wie schafft Joseph das, bei allen Verletzungen und Schicksalsschlägen nicht menschlich zu reagieren? In den ganzen Kapiteln finden wir kein Murren, kein Nörgeln, kein Schmollen, keine Unzufriedenheit, kein Gekränktsein und keine belastenden Gedanken.
Ich glaube, ich hätte anders reagiert – und wahrscheinlich die meisten von uns auch. Wie viele Menschen lernt man kennen, die ein dickes Herz haben, einen dicken Hals, die verbittert sind? Wie viele sagen einem in der Seelsorge: „Der andere hat mich verletzt.“ Und ich frage mich, woher kommt es, dass ein Joseph nicht so reagiert?
Wir merken: Es ist nicht die Frage, was einem angetan worden ist, sondern wie man damit umgeht. Joseph hat offensichtlich gelernt, alles, was gegen ihn war – von seinen Brüdern, von den Ägyptern und so weiter – nicht in sein Herz hineinzufressen, sondern bei Gott abzugeben und zu wissen: Gott führt mich, auch wenn ich den Weg nicht verstehe.
In der Bibel finden wir etliche Stellen, die zeigen, wie wir mit Bitterkeit umgehen können. Ein Beispiel ist die Begebenheit in 2. Mose 15: Dort ist das Volk Israel an den Wasserquellen, und das Wasser ist bitter und ungenießbar. Sie murren gegen Gott und Mose. Gott sagt zu Mose: „Wirf ein Holz in das Wasser, und das Wasser wird süß.“ Das ist sicherlich ein Zeichen für das Kreuz von Golgatha. Alles, was dir bitter erscheint, muss nicht bitter sein. Durch das Kreuz von Golgatha kann auch das Bittere in unserem Leben süß werden.
Der Hebräerbrief sagt sehr deutlich: „Seht zu, dass keine Wurzel der Bitterkeit in euren Herzen aufgeht.“ Bitterkeit ist nach der Bibel Sünde. Wenn wir in unseren Herzen bitter werden, weil andere uns übel mitgespielt haben, suchen wir die Schuld immer bei den anderen. Aber die Bibel sagt: Wenn du in deinem Herzen bitter bist, dann ist das deine Schuld. Wir haben kein Recht, bitter zu werden.
Das sehen wir auch bei der Geschichte von Jona. Jona hatte sich geweigert, die Botschaft nach Ninive zu tragen. Gott musste ihn zwingen. Dann sitzt Jona außerhalb der Stadt Ninive und schwitzt, weil die Sonne kräftig scheint. Gott lässt innerhalb einer Nacht einen Baum wachsen, damit Jona Schatten hat. Er freut sich darüber, denkt aber nicht darüber nach, dass das ein Wunder ist.
Am nächsten Tag ist der Baum verdorrt, weil ein Wurm ihn gebissen hat. Schon schimpft Jona wieder über Gott. Gott fragt ihn: „Jona, ist es recht, dass du zornig bist?“ Jona antwortet: „Ja, ich bin zornig. Ich bin zu Recht zornig.“ So sind wir Menschen.
Gott sagt ihm: „Überleg mal: Du schimpfst über das heiße Wetter, aber ich bin gnädig über so und so viele Tausende von Menschen.“ Was für Relationen haben wir eigentlich?
Die Bibel macht uns sehr deutlich, in Epheser 4,31: „Wir kommen aus der Bitterkeit unserer Herzen heraus, wenn wir bereit sind zu vergeben.“ „Vergebt einander, so wie Gott in Christus euch vergeben hat.“ Die Vergebung von Gott nehmen wir gerne in Anspruch, aber einem anderen zu vergeben, fällt uns sehr schwer.
Ich habe mal kurz eine Lebenskurve von Joseph aufgezeichnet. Wir sehen, es geht in seinem Leben auf und ab. Er ist der Lieblingssohn, hat die Träume und träumt schon davon, wie es einmal sein wird. Dann sucht er seine Brüder, und sie stecken ihn in die Grube. Er wird verkauft und wird Sklave in Ägypten.
Dann geht es ein bisschen wieder auf: Er hat etwas zu sagen im Hause Potiphars. Doch dann geht es ganz tief hinab ins Gefängnis. Schließlich hebt Gott ihn empor zum Vizekönig. Er trifft seine Brüder, versöhnt sich mit ihnen, und ganz zum Schluss kommt auch sein Vater noch nach Ägypten.
Was lernen wir aus der Geschichte von Joseph? Gerade in schwierigen Situationen und in den Tiefen deines Lebens ist Gott bei dir. Joseph hat das hautnah erlebt. Werde nicht bitter auf Menschen, sondern bleibe dankbar gegenüber Gott.
Auch das sehen wir bei Joseph: Charakterbildung geschieht im Leiden – aber nur in der Nähe Gottes.
Ich habe ein interessantes Lied gefunden. Ich weiß nicht, ob jemand von euch es kennt. Es ist eigentlich ein Kinderlied. Ich weiß auch gar nicht mehr, wie die Melodie geht, aber ich lese euch mal den Text vor:
„Kram nicht in der Schuldenkiste, denn das hat noch keinen Sinn. Klapp sie zu und lass sie stehen, schau am besten nicht mehr hin. Was sich in der Kiste stapelt, geht dich wirklich nichts mehr an. Jesus wird schon damit fertig, er ist dort der rechte Mann.
Überall gibt’s Schuldpakete, gut sortiert stehen sie parat. Wer sie auspackt, weiß recht bald schon, wer, wann, wen beleidigt hat. Hin und her schiebt man die Päckchen, was man da nicht alles macht. Irgendwann doch wird man stolpern, man fliegt drüber und es kracht.
Groß ist diese Schuldenkiste, wirf nur alles dort hinein. Täglich könntest du dem andern hundertmal die Schuld verzeihen, doch nun fang nicht an zu kramen. Denn es geht dich nichts mehr an. Jesus wird schon damit fertig, er ist dort der rechte Mann.“
Ein einfaches Kinderlied, und doch glaube ich, dass viel Wahrheit darin steckt. Wir Menschen graben in unserer Bitterkeit, um sie zu rechtfertigen. Aber wir dürfen all das beim Herrn Jesus abgeben. Er will sich darum kümmern.
Wenn wir das tun, wenn wir wirklich all die Dinge, die uns belasten, beim Herrn Jesus abgeben, werden wir erleben, wie auch Joseph es erlebt hat: Der Herr war mit ihm. Joseph hatte ein freies Herz, auch in seinen schwierigen Situationen. Das wünsche ich jedem von uns.
Vielleicht nehmen wir das so mit: Charakterbildung geschieht nur in der Nähe Gottes.
Amen.
Die Erfüllung der Träume und Versöhnung mit den Brüdern
Wie löst Gott diesen Fall? Wenn wir die ganze Geschichte lesen, ist es erstaunlich, wie Joseph darauf wartet, dass Gott alles erfüllt, was Er versprochen hat. Die Erfüllung seiner Träume finden wir dann in den Kapiteln 42 bis 44. Dort ist Joseph Vizepharao in Ägypten und zuständig für die gesamte Ernährung des Volkes, für die Vorratshaltung und Verteilung der Nahrung.
In dieser Zeit kommen seine leiblichen Brüder zu ihm. Sofort merkt er, wie sie sich vor ihm niederwerfen. Im Grunde ist die Erfüllung seiner Träume damit eingetreten. Er erkennt, dass Gott bei ihm ist, auch weiterhin, selbst in der höchsten Stellung, die er innehat. Gott war bei ihm, als er ganz unten war, und Gott ist bei ihm, als er ganz oben ist. Das hält ihn demütig, und er wird nicht stolz.
Die Begegnung mit seinen Brüdern wird in Kapitel 42 beschrieben. Es ist eine sehr spannende Geschichte. Wir können hier nicht alles lesen, wie er sich mit seinen Brüdern versöhnt, sich ihnen zu erkennen gibt und sie erst Angst vor ihm haben. Doch dann sagt er ihnen: „Ihr habt Böses mit mir vorgehabt, aber Gott hat es gut gemeint. Gott hat mich vorausgeschickt.“
Plötzlich kann Joseph seine Lebensgeschichte aus der Perspektive Gottes sehen. Er erkennt, dass das, was er durchgemacht hat, zum Guten war – nicht nur für ihn, sondern für seine ganze Familie. Oft ist es ja so, dass wir erst im Nachhinein begreifen, warum Gott uns so geführt hat.
Joseph versöhnt sich mit seinen Brüdern, und schließlich holt er die gesamte Familie nach Ägypten.
Josephs Haltung gegenüber Verletzungen und Schicksalsschlägen
Und noch einmal möchte ich dazu fragen: Wie schafft Joseph es, bei all den Verletzungen und Schicksalsschlägen nicht menschlich zu reagieren?
In den ganzen Kapiteln finden wir kein Murren, kein Nörgeln, kein Schmollen, keine Unzufriedenheit, kein Gekränktsein und keine belastenden Gedanken. Ich glaube, ich hätte anders reagiert – und wahrscheinlich die meisten von uns auch.
Wie viele Menschen lernt man kennen, die ein dickes Herz haben, einen dicken Hals bekommen und verbittert sind. Viele sagen in der Seelsorge: „Der andere hat mich verletzt.“
Ich frage mich, woher es kommt, dass ein Joseph nicht so reagiert. Wir merken, dass es nicht darauf ankommt, was einem angetan wurde, sondern wie man damit umgeht. Joseph hat offensichtlich gelernt, all das, was gegen ihn war – sei es von seinen Brüdern oder von den Ägyptern –, nicht in sein Herz hineinzufressen. Stattdessen hat er es bei Gott abgegeben und wusste: Gott führt mich, auch wenn ich den Weg nicht verstehe.
Bibelstellen zum Umgang mit Bitterkeit
Wir finden in der Bibel zahlreiche Stellen, die zeigen, wie wir mit Bitterkeit umgehen können. Ein Beispiel ist die Begebenheit in 2. Mose 15, wo das Volk Israel an den Wasserquellen steht und das Wasser bitter ist. Es ist nicht genießbar, und sie murren gegen Gott und Mose. Gott sagt daraufhin zu Mose: Wirf ein Holz in das Wasser, und das Wasser wird süß.
Dies ist sicherlich ein Zeichen für das Kreuz von Golgatha. Alles, was dir bitter erscheint, muss nicht bitter bleiben. Durch das Kreuz von Golgatha kann auch das Bittere in unserem Leben süß werden.
Der Hebräerbrief sagt sehr deutlich: Seht zu, dass nicht eine Wurzel der Bitterkeit in euren Herzen aufgeht. Bitterkeit ist nach der Bibel Sünde. Wenn wir in unseren Herzen bitter werden, weil andere uns übel mitgespielt haben, suchen wir die Schuld immer bei den anderen. Doch die Bibel sagt: Wenn du in deinem Herzen bitter bist, dann ist das deine Schuld. Wir haben kein Recht, bitter zu werden.
Ein Beispiel dafür finden wir in der Geschichte von Jona. Jona hatte sich geweigert, die Botschaft nach Ninive zu tragen. Gott musste ihn zwingen. Danach sitzt Jona außerhalb der Stadt Ninive und schwitzt, weil die Sonne kräftig scheint. Gott lässt innerhalb einer Nacht einen Baum wachsen, damit Jona Schatten hat. Er freut sich darüber, denkt aber nicht darüber nach, dass das ein Wunder ist.
Am nächsten Tag ist der Baum verdorrt, weil ein Wurm ihn gebissen hat. Schon schimpft Jona wieder über Gott. Gott fragt ihn: „Jona, ist es recht, dass du zornig bist?“ Jona antwortet: „Ja, ich bin zornig. Ich bin zu Recht zornig.“ So sind wir Menschen.
Gott sagt ihm daraufhin: „Jona, überleg mal! Du schimpfst über das heiße Wetter, aber ich bin gnädig gegenüber so vielen Tausenden von Menschen.“ Welche Relationen haben wir eigentlich?
Die Bibel macht uns sehr deutlich, dass wir aus der Bitterkeit unserer Herzen herauskommen, wenn wir bereit sind zu vergeben. In Epheser 4,31 heißt es: „Verbannt alle Bitterkeit, Wut und Zorn, Geschrei und Lästerung samt aller Bosheit aus eurem Leben.“
Vergebt einander, so wie Gott in Christus euch vergeben hat. Die Vergebung von Gott nehmen wir gerne in Anspruch, aber einem anderen zu vergeben, fällt uns oft sehr schwer.
Lebenskurve Josephs und praktische Anwendung
Ich habe kurz eine Lebenskurve von Joseph aufgezeichnet, und wir sehen, dass es in seinem Leben Höhen und Tiefen gibt. Er ist der Lieblingssohn seines Vaters und hat Träume, in denen er bereits sieht, wie es einmal sein wird.
Dann sucht er seine Brüder, doch sie stecken ihn in eine Grube. Anschließend wird er verkauft und wird Sklave in Ägypten. Danach geht es wieder etwas aufwärts: Er hat Einfluss im Hause Potiphars. Doch dann fällt er tief und landet im Gefängnis.
Gott hebt ihn schließlich empor zum Vizekönig. Joseph trifft seine Brüder wieder, versöhnt sich mit ihnen, und ganz zum Schluss kommt auch sein Vater nach Ägypten.
Was lernen wir aus der Geschichte von Joseph? Gerade in schwierigen Situationen und in den Tiefen des Lebens ist Gott bei dir. Joseph hat das hautnah erlebt.
Werde nicht bitter auf Menschen, sondern bleibe dankbar gegenüber Gott. Auch das sehen wir bei Joseph: Charakterbildung geschieht im Leiden, aber nur in der Nähe Gottes.
Schlussgedanken und Ermutigung
Ich habe ein interessantes Lied gefunden. Ich weiß nicht, ob jemand von euch es kennt. Es ist eigentlich ein Kinderlied. Die Melodie kenne ich auch nicht mehr, aber ich lese euch mal den Text vor:
Kram nicht in der Schuldenkiste, denn das hat noch keinen Sinn.
Klapp sie zu und lass sie stehen, schau am besten nicht mehr hin.
Was sich in der Kiste stapelt, geht dich wirklich nichts mehr an.
Jesus wird schon damit fertig, er ist dort der rechte Mann.
Überall gibt es Schuldpakete, gut sortiert stehen sie parat.
Wer sie auspackt, weiß recht bald schon, vor wem, wann, wen beleidigt hat.
Hin und her schiebt man die Päckchen, was man da nicht alles macht.
Irgendwann doch wird man stolpern, man fliegt drüber und es kracht.
Groß ist diese Schuldenkiste, wirf nur alles dort hinein.
Täglich könntest du dem andern hundertmal die Schuld verzeihen,
doch nun fang nicht an zu kramen. Denn es geht dich nichts mehr an.
Jesus wird schon damit fertig, er ist dort der rechte Mann.
Ein einfaches Kinderlied, und doch glaube ich, dass viel Wahrheit darin steckt.
Wir Menschen graben, um unsere Bitterkeit zu rechtfertigen.
Aber wir dürfen all das beim Herrn Jesus abgeben. Er will sich darum kümmern.
Wenn wir das tun, wenn wir wirklich all diese Dinge, die uns belasten, beim Herrn Jesus abgeben,
werden wir erleben, wie auch Joseph es erlebt hat.
Der Herr war mit ihm. Joseph hatte ein freies Herz, auch in seinen schwierigen Situationen.
Das wünsche ich jedem von uns.
Vielleicht nehmen wir das so mit: Charakterbildung geschieht nur in der Nähe Gottes. Amen.