Einführung in das Thema Liebe im christlichen Leben
Wir wollen über Liebe reden. Letzte Woche war das Thema: Liebe ist das Zentrum des Christseins. Gott ist Liebe, und er möchte, dass wir zuerst einmal Liebe lernen. Das klingt vielleicht ein bisschen abgedroschen, trotzdem glaube ich, dass wir, wenn wir uns jetzt sieben Predigten lang mit dem Thema beschäftigen, dem Ganzen wieder so ein bisschen das Gewicht geben können, das ihm zusteht.
Gott sagt, dass ein Leben ohne Liebe nichts gilt – egal, ob es von Begabung, Erkenntnis, Glauben und Hingabe nur so strotzt und aus allen Poren quillt. Er möchte, dass wir ein geistliches Leben leben, aber nicht aus Pflichtgefühl oder Angst, sondern aus Liebe.
Das ist der Grund, warum Paulus, wenn er einen Brief an die Thessalonicher schreibt – eine Gemeinde, die ziemlich gut läuft und über die er sich wirklich freut –, diesen Punkt betont. Er sagt in 2. Thessalonicher 1,3: „Wir müssen Gott allezeit für euch danken, Brüder, wie es angemessen ist. Denn euer Glaube wächst reichlich, und die Liebe eines jeden von euch allen nimmt zu.“
Paulus ist begeistert. Er schaut sich eine Gemeinde an und beurteilt sie nicht nach dem Gemeindehaus, den Veranstaltungen oder dem Besuch. Er sagt: Was mich begeistert, ist, dass Glaube und Liebe reichlich wachsen. Er sieht, wie die Menschen miteinander umgehen, und erkennt, dass etwas passiert. Sie bleiben nicht auf dem gleichen Stand.
Deshalb war es mir schon letztes Mal wichtig zu sagen: Christsein ist ein Veränderungsprozess. Wir starten alle als Krüppel – als Krüppel in Sachen Liebe. In dem Moment, in dem wir zu Gott umkehren, ihm unser Leben anvertrauen und begreifen, dass wir Gott brauchen, beginnt der Wandel.
Wir sind frustriert über unser eigenes Leben und möchten Gott neu zum Chef unseres Lebens machen. Vielleicht setzen wir ihn zum ersten Mal überhaupt an die Nummer eins in unserem Leben. Wir kehren wirklich um zu Gott und geben ihm unser Leben.
Der Beginn des christlichen Liebeslernens als Reise
Da sind wir ein Stückchen wie Fahrschüler. Wer einen Führerschein gemacht hat, kennt diese Szene: Wenn man sich das allererste Mal hinter das Steuer setzt – ich erinnere mich heute noch genau an diesen Moment. Du steigst auf die Fahrerseite ein, und der Fahrlehrer sagt dann so etwas wie: „Herr Fischer, na ja, dann wollen wir mal losfahren.“
Es ist ein saublödes Gefühl, wenn du zum ersten Mal die Pedale berührst und dann losfährst. Thomas lacht wissend: „Das ist bei dir noch nicht so lange her.“ Und beim ersten Mal rollst du ganz unsicher los. Du darfst 50 fahren, aber bei 30 denkst du schon, du bist viel zu schnell unterwegs. Die Autos daneben sind ganz dicht, und du hast das Gefühl, gleich draufzufahren. Tatsächlich sind es aber noch zwei Meter Platz. So rollst du die ersten Meter.
So ist Christsein. Jesus steigt in unser Lebensauto ein und sagt: „So, jetzt setz dich mal da hin, und jetzt wollen wir mal gemeinsam schauen, wie das geht, lieben, wie das funktioniert.“
So beginnt für uns in dem Moment, in dem wir Gott unser Leben anvertrauen, eine Reise. Aus verkorksten Menschen mit einer ganz eingeschränkten, sehr ichbezogenen Perspektive auf das Thema Liebe werden reife Persönlichkeiten voller Liebe und Mitgefühl.
Solange wir uns nicht eingestehen, dass wir alle von Anfang an diesen Nachhilfeunterricht in Sachen göttlicher Liebe brauchen, solange wir immer noch glauben, wir seien die Starken und die Tollen, und nicht kaputt, sondern die anderen müssten diese Lektionen in Liebe erst noch lernen – solange können wir nicht verändert werden.
Aber mal ganz ehrlich: Wir haben das alles noch nicht gelernt. Überhaupt kein Problem. Solange wir so rangehen, kann Gott uns nicht verändern. Aber ich glaube, dass wir das wirklich dringend brauchen.
Vision einer Gemeinde, in der Liebe das Zentrum ist
Deswegen habe ich das letzte Mal mit diesem Traum aufgehört – mit dem Traum. Wenn ihr das nachhören wollt: Die Predigt bei Tinka ist jetzt seit letzter Woche offiziell meine neue Sekretärin. Ihr werdet also öfter den Namen Tinka hören, und sie wird euch auch mal anrufen. Bei Tinka findet ihr die Aufnahme vom letzten Mal als CD. Wenn ihr das hören wollt, sprecht sie einfach an und holt euch die Aufnahme.
Mein Traum von Gemeinde ist eine Gemeinde, in der wirklich Liebe die Hauptrolle spielt. Eine Gemeinde, in der wir die Gelegenheit nutzen, wenn wir uns treffen, um Liebe zu empfangen, aber auch Liebe zum Ausdruck zu bringen. Wenn wir über Heiligkeit sprechen, dann reden wir darüber, Sünde zu meiden. Das ist kein Katalog, den wir einfach erfüllen wollen, sondern wir begreifen immer mehr, dass es im innersten Kern um Liebe geht.
Wenn wir aufhören, schlecht übereinander zu reden und hinter dem Rücken des anderen zu quatschen, dann tun wir das wirklich aus Liebe. Nicht, weil in der Bibel steht, dass das nicht so sein darf, sondern weil wir wirklich verstehen: Wenn ich den anderen lieb habe, will ich ihn nicht verletzen.
Erinnert euch noch an die vorletzte Predigt über die heilige Gelassenheit? Es gibt dazu jetzt auch ein T-Shirt, das ich irgendwann mal mitbringen werde. Mit diesem Maß an heiliger Gelassenheit und einem gewissen Schmunzeln auf den Lippen nehmen wir die Schwächen des Anderen zur Kenntnis und sagen: „Ja, der ist halt so, weil wir ihn einfach gernhaben.“
Wir wollen ein Vorbild in Sachen Liebe sein. Wir sagen: „Hey, an mir soll der andere lernen, wie man liebt.“ Vielleicht nicht in allen Situationen, aber an der einen Stelle – wenn es darum geht, beim Abräumen mitzuhelfen. Ja, das mal zu machen und zu sagen: „Hey, du kannst dir jetzt von mir eine Scheibe abschneiden.“
Das ist mein Traum. Noch ist es ein Traum, aber da möchte ich hin. Diese Reihe soll ein Stück Fundament schaffen, damit dieser Traum wahr wird. Und bitte schön: Es ist nicht Jürgens komischer Traum von Gemeinde, wie Jürgen immer komische Träume hat, wie er jetzt wieder Kleingruppen einführt oder ein Handbuch schreibt. Das ist Gottes Traum.
Wenn wir uns die Bibel durchlesen, dann sind das Gottes Gedanken. Wenn Gott eine Gemeinschaft sieht, dann sieht er eine Gemeinschaft von Liebenden, von solchen, die wirklich verstanden haben, was Liebe bedeutet, und die das in ihrem Leben umsetzen. Und die, obwohl sie den Rest ihres Lebens nie hundertprozentig perfekt hinkriegen, sagen: „Ist mir egal, ich möchte besser werden. Ich will einfach besser werden.“
Liebe in der Gemeinde als dynamischer Prozess
Das ist ganz witzig: Den gleichen Thessalonichern, denen er in einem früheren Brief geschrieben hatte, sagt er in 1. Thessalonicher 4,9 etwas über die Bruderliebe, also den Umgang in der Gemeinde miteinander.
Das nennt man Bruderliebe. Die Griechen haben kein Wort für Geschwister, wie wir es haben. Heute würden wir sagen: Der Umgang von geistlichen Geschwistern in der Gemeinde miteinander ist Bruderliebe.
In 1. Thessalonicher 4,9 heißt es: „Was aber die Bruderliebe betrifft, so habt ihr nicht nötig, dass man euch schreibt.“ Das klingt doch gut! Du bekommst einen Brief, in dem steht, wie liebevoll der Umgang in der Gemeinde sein soll, und doch muss man euch gar nichts schreiben, denn ihr seid selbst von Gott gelehrt, einander zu lieben.
Und dann, nur einen Vers später, heißt es: „Wir ermahnen euch aber, Brüder, reichlicher zuzunehmen.“ Also selbst diejenigen, die sagen „Ich weiß schon alles zu dem Thema“, müssen jetzt noch einmal zuhören. Denn hier steht, dass die, die schon alles wissen, aufgefordert werden, reichlicher zuzunehmen.
Ich finde das herrlich. Wenn wir mit der Reihe durch sind, könnt ihr quasi diesen Vers, 1. Thessalonicher 4,10, irgendwo hinschreiben und sagen: „Okay, selbst wenn ich alles verinnerlicht habe, was Jürgen gesagt hat, jeden Bibelvers auswendig gelernt habe und jedes Prinzip verinnerlicht habe, ich kann immer noch Tag für Tag reichlicher zunehmen.“
Schön, das ist wunderbar. Christsein macht so viel Spaß. Wir haben immer etwas zu tun. Es gibt immer diese Dynamik dieses Lebens. Also, letztes Mal: Liebe ist einfach das Wichtigste.
Unterschiedliche Ausdrucksformen der Liebe verstehen
Heute lautet das Thema: Jeder liebt anders. Ich werde heute ein wenig eine Mogelpackung predigen. Das heißt, ich spreche zunächst über dieses Thema, werde es dann aber noch in eine andere Richtung vertiefen. Das werdet ihr merken.
Zuerst einmal: Jeder liebt anders. Damit meine ich, dass wir Liebe sehr unterschiedlich empfinden und sie auf verschiedene Weisen zeigen. Es kann sein, dass du jemanden liebst und ihm in deinen Augen etwas Liebes tust – doch es kommt einfach nicht an. Das ist ein doppeltes Problem. Du hast gedacht, du hast den anderen lieb und alles sei gut. Aber der andere fragt sich: Warum liebt er mich nicht?
Das ist eine klassische Situation in einer Ehe. Ich habe euch zwei Beispiele mitgebracht, die sich mehr oder weniger so zugetragen haben. Meine Frau wird da hinten ab und zu mal schauen und hoffentlich schmunzeln.
Ein Beispiel: Mann und Frau fahren im Auto, und der Mann verfährt sich. In diesem Moment fängt die Frau gerne an, gute Tipps zu geben. Das ist das Problem, denn der Mann übernimmt die Verantwortung für die Situation und gibt sein Bestes, um das Ziel zu erreichen. Die Frau hingegen weiß, wie hilfreich es sein kann, wenn man unter Frauen ein Problem hat, einfach Tipps zu geben und schon mal eine Karte herauszuholen, um zu schauen, wo man denn ist. Sie fragt immer wieder nach. Ich weiß nicht, wer jetzt mitlachen kann, aber das ist eine typische Situation, in der zwei lieben wollen: Der eine liebt, indem er Verantwortung übernimmt, der andere liebt, indem er helfen will.
Ich erinnere mich noch an die ein oder andere Situation im Auto, die genau so verlief. Am Ende war nicht mehr so viel Liebe im Auto. Aber es ist typisch: Zwei wollen lieben, schaffen es aber nicht.
Ein anderes Beispiel: Meine Schwiegermutter ist eine Frau, die unglaublich gerne etwas verschenkt. Sie zeigt ihre Liebe durch Geschenke. Ich bin jemand, der sagt: Du kannst mir etwas schenken, das ist nett. Aber wenn du mich mit Geschenken überhäufst, empfinde ich das nicht als unangenehm, aber als Liebesbeweis bedeutet es mir relativ wenig.
Jetzt könnt ihr euch vorstellen: Ich als Schwiegersohn, meine Schwiegermutter schenkt ständig den Kindern Sachen. Ich finde das irgendwann sogar richtig ein bisschen belastend. Also fange ich an zu sagen: Geschenke werden reglementiert.
Was spürt meine Schwiegermutter? „Der mag mich nicht.“ Und so haben wir eine Weile gebraucht, um damit umzugehen. Aber das ist ein Beispiel, wo zwei das Beste wollen und es trotzdem nicht schaffen, auf einen Nenner zu kommen.
Praktische Übung zum Verständnis der Liebessprachen
Tinker wird euch jetzt einen Zettel austeilen, auf dem man das sehr schön deutlich spielen kann. Ihr bekommt einen Zettel und einen Stift. Jeder von euch erhält beides, und ich möchte mit euch ein Spiel machen. Ihr könnt das Spiel auch mit nach Hause nehmen. Manche von euch werden es vielleicht schon kennen, es ist ein ziemlich bekanntes Spiel.
Es geht um ein Buch von einem Herrn Chapman, Gary Chapman, der das Buch „Die fünf Sprachen der Liebe“ geschrieben hat. Mir geht es jetzt nur darum, mit euch diesen Zettel auszufüllen. Ich möchte, dass ihr vielleicht mal nach links und rechts zu euren Nachbarn schaut und überprüft, ob sie die Kreuzchen an denselben Stellen gemacht haben wie ihr. Wenn der Nachbar nicht die gleichen Kreuzchen setzt, liegt das daran, dass er Liebe etwas anders empfindet.
Es geht nur darum, diesen Punkt zu verstehen: Es kann sein, dass unterschiedliche Menschen ganz unterschiedlich empfinden, was für sie Liebe ist und was nicht. Chapman behauptet – und das ist sicherlich eine verkürzte Darstellung, aber oft ist eine verkürzte Form hilfreich –, dass man in einer Beziehung Liebe auf mindestens fünf Arten zum Ausdruck bringen kann.
Er sagt in seinem Buch „Die fünf Sprachen der Liebe“, dass es verschiedene Arten gibt, Liebe zu zeigen: Erstens durch liebevolle Worte, zweitens durch Geschenke, drittens durch Zärtlichkeit, viertens durch Zweisamkeit und fünftens durch Hilfsbereitschaft.
Für eine Ehe oder Partnerschaft ist es sehr wichtig, das einmal durchzugehen und zu schauen, welche Liebessprache der andere spricht. Dann kann man darauf eingehen. Es ist klar: Wenn ich eine Frau hätte, die total auf Geschenke steht, und ich bin jemand, der sagt: „Geschenke sind lieb und nett, wenn du mir mal etwas schenkst, aber im Großen und Ganzen werde ich ihr nie etwas schenken, weil ich das gar nicht als hilfreich empfinde“, dann gibt es hier eine Diskrepanz.
Jetzt geht es mir darum, dass wir gemeinsam diesen Zettel ausfüllen. Bitte kreuze die Aussage an, die für dich richtig ist, in den Kasten.
Die fünf Liebessprachen im Detail
Liebevolle Worte
Ich fühle mich besonders geliebt und geachtet, wenn man mir dankt, mich ermutigt, mir mit freundlichen Worten begegnet, anerkennend auf meine Leistungen reagiert und weniger fordert, als mich bittet.
Jetzt hast du drei Auswahlmöglichkeiten: Ja, das ist mir wirklich sehr wichtig – das würde ich zum Beispiel ankreuzen. Oder: Hm, wichtig, aber es gibt irgendwie Wichtigeres. Drittens: Nee, also darauf kann ich verzichten, und es ist nicht das, was bei mir so richtig zündet. Das ist nicht das, wodurch ich mich super geliebt fühle, wenn das jemand tut.
Also macht bitte euer Kreuzchen. Das ist das Thema liebevolle Worte. Stehst du auf liebevolle Worte? Und falls deine Frau an dieser Stelle ein Kreuzchen ganz oben gemacht hat – man darf mal spicken – dann ist das hundert Prozent. Dann musst du da ran.
Das ist so nach dem Motto: Dann kannst du dir schon mal ein Buch kaufen – gute Phrasen, Floskeln und Sätze, um deine Frau zu loben oder sonst irgendetwas. Du kannst anfangen, darüber nachzudenken, wie du ihr auf tausend verschiedene Weisen sagen kannst, dass sie tolle Sachen gemacht hat, gut aussieht und so weiter.
Denn das ist die Art und Weise, wie sie Liebe empfindet.
Geschenke
Okay, nächste Frage: Ich fühle mich besonders geliebt und geachtet, wenn mir jemand Geschenke macht, die von Herzen kommen. Diese können ruhig preiswert sein, sollen aber zeigen, dass sich jemand Gedanken gemacht hat. Und das nicht nur zu Geburtstagen oder an besonderen Anlässen.
Du machst jetzt bitte dein Kreuzchen: Wie empfindest du das? Wäre es für dich ein Ausdruck von Liebe, wenn dir jemand Geschenke macht?
Ist es dir wichtig?
Ist es dir wichtig, aber es gibt Wichtigeres?
Oder kannst du gut darauf verzichten?
Bitte mach dein Kreuzchen.
Bei verheirateten Paaren: Schaut bitte gleich, wo der andere sein Kreuzchen gemacht hat. Vielleicht zeigt er euch den Zettel später nicht mehr.
Zärtlichkeit
Dritter Punkt: Ich fühle mich besonders geliebt und geachtet, wenn man mich berührt. Und jetzt ganz bewusst: Das kann je nach Beziehungstyp vom Umlegen des Arms um die Schulter bis hin zum Beischlaf reichen. Ich habe das hier so hingeschrieben.
Das ist natürlich ein Unterschied. Ich nehme mal Renate als Beispiel: Wenn Renate zum Gottesdienst kommt, nehme ich sie an den Arm. Das ist für mich in Ordnung. Bei meiner Frau wäre da mehr drin – das meine ich hier.
Es kommt also auf den Beziehungstyp an. Er hat mich verstanden, gut. Ich fühle mich besonders geliebt und geachtet, wenn man mich berührt und mir durch körperliche Nähe Zuneigung zeigt. Es gibt Menschen, die regelrecht danach hungern, mal in den Arm genommen zu werden. Das ist einfach ihr Ding.
Also, wieder ankreuzen, dann...
Zweisamkeit
Ich fühle mich besonders geliebt und geachtet, wenn man mir ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt, mir zuhört, mit mir redet, Zeit mit mir verbringt und gemeinsame Aktivitäten unternimmt.
Das sind die Menschen, die einfach deine Zeit für sich haben wollen und sagen: „Ich möchte dich ganz persönlich für mich.“ Das ist meine Sprache der Liebe. Wenn das passiert, fühle ich mich geliebt.
Du musst mir nichts schenken. Du kannst auch mal weghören, wenn ich rede, aber an dieser Stelle müssen wir wirklich zuhören. Ich brauche solche Zeiten, die irgendwie nur für mich sind.
Hilfsbereitschaft
Letzter Punkt: Ihr müsst wieder eure Kreuzchen machen.
Das ist zum Beispiel wieder ein Punkt, bei dem ich mich total geliebt fühle. Ich fühle mich besonders geliebt und geachtet, wenn man mir beisteht, mich in meinen Unternehmungen unterstützt und mir Hilfe anbietet. Auch wenn zugesagte Aufgaben zuverlässig erledigt werden, empfinde ich das als sehr wertvoll.
Dass man sich nicht allein gelassen fühlt und jemand an die eigene Seite tritt, finde ich total wichtig. Das ist etwas, bei dem ich merke: Genau das ist mein Ding.
Also, ihr macht eure Kreuze.
Die Bedeutung der Anerkennung der Unterschiedlichkeit in der Liebe
Unser Thema heute lautet: Jeder liebt anders. Dieser Zettel sollte in erster Linie eines bewirken: Er sollte euch zeigen, dass ihr irgendwo eure Kreuzchen macht. Wenn ihr dann nach links und rechts schaut, werdet ihr sehen, dass die Kreuzchen woanders sind – vielleicht zufälligerweise identisch, vielleicht aber auch nicht.
Ich habe überlegt, ob ich hier eine Leine spanne und wir alle unsere Zettel aufhängen, aber das habe ich dann doch gelassen. Das wäre mir zu sehr kinderstundenmäßig gewesen. Trotzdem wäre es unglaublich interessant zu wissen, von jedem in der Gemeinde: Wenn ich dir zeigen möchte, dass ich dich wirklich mag, wie müsste ich das tun? Das wäre super spannend.
Ich denke, ich werde manche von euch demnächst mal fragen, was ihr da angekreuzt habt. Einfach nur, weil ich euch zeigen möchte, dass ich euch gern habe. Vielleicht sagst du dann: „Ich stehe überhaupt nicht auf dieses ‚Ja, du hast das schön gemacht‘.“ Antje hat mir das vor Kurzem in einer E-Mail geschrieben. Da dachte ich: Okay, das scheint nicht ganz ihre Sprache der Liebe zu sein. Das ist einfach lustig.
Es ist wichtig zu wissen, wie ich Antje jetzt, wenn das Lob nicht ihre Sprache ist, anders zeigen kann: „Hey, den Job, den du jetzt übernimmst beim Auf- und Abbau, ist doch super. Lass uns das doch irgendwie würdigen.“ Ich kann es aus der Entfernung nicht genau sehen, aber ich frage mal Jürgen, der darauf geschaut hat.
Wenn wir Liebe üben wollen, müssen wir begreifen, dass wir unterschiedlich sind. Wir brauchen ein Verständnis für diese Andersartigkeit.
Die zwei Gefahren beim Lieben und die Notwendigkeit der Einzelfallbetrachtung
Und jetzt kommen beim Lieben zwei Dinge zusammen. Es gibt eine Art Mogelpackung, denn da ist noch ein zweites Feld offen.
Das eine sind die Attribute echter Liebe. Diese bilden den Rahmen dafür, dass ich überhaupt lieben kann. Wenn diese Dinge in deinem Verhalten fehlen, kannst du mir dein Verhalten nicht als Liebe verkaufen. Dann gilt das nicht.
Neben diesen Rahmenbedingungen, die definieren, was Liebe überhaupt ist, gibt es eine persönliche Seite. Dort, wo Liebe praktisch wird, begegnen wir Menschen. Und immer dann, wenn wir Menschen begegnen, wird es kompliziert.
Da hilft mir plötzlich meine Standard-Gebrauchsanweisung zum Thema Liebe nicht mehr weiter. Stattdessen brauche ich immer eine Einzelfallbetrachtung. Der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt, und ich muss überlegen, wie ich ihm jetzt Liebe zeigen kann. Das ist meine Verantwortung.
Ich kann nicht sagen: „Der hat doch hier Standardprogramm XY bekommen“, so wie wenn du mit dem Auto durch die Waschanlage fährst. Dort bekommt jedes Auto das Programm, das du gekauft hast.
Wenn du irgendwann sagst: „Ich habe jetzt hier mein gemeindliches Liebesprogramm. Wenn es im Gottesdienst kommt, drücke ich drauf, und jetzt bekommt jeder mein gemeindliches Liebesprogramm: einmal in den Arm nehmen, eine freundliche Floskel wie ‚Wie geht es dir?‘ und weiter.“ Das ist die Gefahr. Aber das hat nichts mit Liebe zu tun.
Das nimmt den anderen Menschen nämlich nicht ernst. Es will nicht akzeptieren, dass wir unterschiedliche Bedürfnisse haben und unterschiedlich empfinden.
Deshalb liegt heute ein Schwerpunkt darauf: Jeder liebt anders, jeder ist ein bisschen eigen. Ich denke, die Qualität der Beziehungen unter uns wird in dem Maß auch ein Stückchen wachsen, wie wir bereit sind, diese Andersartigkeit zu akzeptieren.
Wir haben es also mit zwei Gefahren zu tun. Die eine Gefahr ist, dass ich dir einfach so meine Vorstellung von Liebe überstülpe. Die zweite Gefahr ist, dass das, was ich dir gebe, ich zwar Liebe nenne, es aber in Gottes Augen gar nichts mit Liebe zu tun hat.
Die Attribute echter Liebe nach 1. Korinther 13
Deshalb möchte ich jetzt noch einmal, obwohl wir das Thema bereits in den letzten Jahren bei der Hochzeit von Boris und Larissa behandelt haben und danach noch einmal in einer Predigt, mit euch die Attribute echter Liebe durchgehen.
Ich finde es einfach so unendlich wichtig, dass wir diesen Text aus der Bibel, 1. Korinther 13, gemeinsam betrachten. Vielleicht habt ihr ihn schon oft gehört, und er wird euch irgendwann zu den Ohren herauskommen. Aber es gibt Texte, die sind so gut, dass man sie immer und immer wieder predigen muss.
Ich verspreche euch: Selbst wer sich noch an die Hochzeitspredigt erinnert, wird nicht enttäuscht werden. Man kann immer noch etwas dazu lernen und in diesem Thema reichlicher zunehmen.
Holger, kannst du uns ein paar Bibeln verteilen? Wer noch eine braucht, Holger gibt sie euch. Wir wollen gemeinsam durch den ersten Korintherbrief, Kapitel 13, Vers 4 gehen. Meldet euch, falls ihr noch eine Bibel braucht.
Mir geht es in diesem Text vor allem um den Rahmen, in dem sehr persönliche und spezifische Liebesaktionen stattfinden. Ich möchte damit nichts von dem, was ich vorher gesagt habe, durchstreichen, sondern wir sollen besser verstehen, wann Gott von Liebe spricht.
Geduld und Güte als Grundpfeiler der Liebe
1. Korinther 13,4: Die Liebe ist langmütig. Damit fängt es an. Liebe hat Geduld. Wer liebt, gibt dem anderen Zeit. Wer liebt, gibt dem anderen Zeit für seine Entwicklung. Er geht nicht sofort in die Luft, sondern weiß, dass Menschen sich nicht über Nacht verändern.
Wenn er mit Geschwistern zusammen ist, seufzt er nicht schnell, sondern denkt nur: „Oh, jetzt hat die schon wieder“ oder „der hat ja schon wieder sich entweder komisch verhalten oder etwas falsch gemacht.“ Wo das passiert, wo wir über andere seufzen, da fehlt es uns an Geduld.
Nicht umsonst schreibt Jakobus: „Seufzt nicht gegeneinander, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet.“ Wenn ich Geduld habe, werde ich nicht seufzen. Dort, wo Ungeduld in meinem Leben sich breitmacht über Menschen, kann ich schon hundertprozentig sagen: Mit Liebe hat das nichts mehr zu tun.
Das gilt für Freundschaften, Partnerschaften, in der Familie und mit den Kindern: Liebe hat Geduld.
Dann heißt es: Die Liebe ist gütig oder Liebe tut Gutes – das Gleiche. Das heißt, wer liebt, wer wirklich liebt, der kümmert sich um andere. Er sucht nach Möglichkeiten, wie er Menschen etwas Gutes tun kann, wie er Menschen willkommen heißen kann, wie er Wärme zum Ausdruck bringen kann, Anteilnahme zum Ausdruck bringen kann.
Das ist jemand, der Anteil nimmt am Leben von Menschen.
Ich höre vielleicht schon den einen oder anderen Einwand: „Jürgen, Jürgen, weißt du, ich bin nicht so aufgewachsen, so dieses emotional Nette. Ich bin da so ein anderer Typ. Ich stehe nicht so auf Menschen.“ Dann sage ich: Willkommen im Club der Krüppel. Das ist es nämlich genau.
Ja, es gibt unterschiedliche Begabungen. Claudia zum Beispiel, wer Claudia kennt, weiß, sie hat ein Herz für Menschen, das ist so groß, da passt die ganze Gemeinde rein. Da passen auch drei Gemeinden rein, das ist überhaupt kein Problem. Es gibt solche Typen – aber das ist keine Ausrede dafür, dass du sagst: Ich bin halt nicht so.
Wenn die Liebe Gutes tut, gütig ist, dann haben wir vor Gott keine Ausrede mehr für unser Desinteresse an Geschwistern.
Ich möchte darum bitten, dass man nicht anfängt, Desinteresse und das Auf-Abstand-Halten von Leuten als Liebe zu verkaufen und als Plan Gottes für das eigene Leben. Das ist es nicht.
Liebe ist aktiv. Sie sucht. Sie sitzt nicht in der Ecke, trinkt Kaffee und wartet immer darauf, dass sie angesprochen wird. Sie ist gütig. Das heißt, sie geht auf andere zu, spricht den anderen an, ermutigt mit einem guten Wort, überlegt, wie sie das Leben des anderen leichter machen kann, wie sie ihm Last abnehmen kann.
Wer das sagt, verlässt die Komfortzone. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber irgendwie denken viele: „Ich lasse mich auf jemanden ein, der Probleme hat? Ich bin doch nicht am Sonntag in den Gottesdienst gekommen, um mir Probleme anzuhören.“
Ja, wenn du lieben willst, wird sich das irgendwie nicht vermeiden lassen. Du gehst raus aus deiner Komfortzone. Du begegnest tatsächlich den Problemen anderer, fremder Menschen.
Solange wir noch solche sind, die sich aussuchen, wen wir lieben, ist unsere Liebe nichts anderes als diese „Standtischliebe“, bei der ich meine Kumpels habe, mit denen ich die EM schaue. Ich bringe dann auch ein Sixpack mit, wenn wir uns treffen. Wir haben uns ja alle lieb.
Und das ist nicht die Art von Liebe, nicht die Idee von Liebe, die Gott sehen möchte.
Neidlosigkeit und Bescheidenheit als Ausdruck der Liebe
Vers 4: „Sie neidet nicht“ – ein großartiger Satz. Liebe kennt keinen Neid.
Dort, wo Eifersucht in mir aufsteigt, wird die Liebe dagegen vorgehen. Sie wird dieses Gefühl nicht zulassen, sondern es bekämpfen. Liebe geht sogar noch einen Schritt weiter: Sie kann sich daran freuen, dass ein anderer mehr hat. Sie kann sich freuen, dass jemand begabter ist, als ich es bin.
Liebe zieht sich nicht schmollend in die Ecke zurück und denkt: „Ich finde es doof, dass der das hat.“ Nein, Liebe freut sich. Es heißt ausdrücklich: „Freut euch mit dem sich Freuenden.“ Jemand hat etwas, super! Und du freust dich mit ihm.
An anderer Stelle heißt es: „Denn wo Neid und Eigennutz ist, da ist Zerrüttung.“ Wenn Neid in einer liebevollen Gemeinschaft sich breitmacht, wird diese liebevolle Gemeinschaft zerstört. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir eine zerrüttete Gemeinschaft werden oder eine liebevolle Gemeinschaft?
Wenn wir sagen, wir wollen liebevoll werden, muss Neid einfach raus.
Und dann Vers 5: Die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf. Die Liebe macht sich nicht wichtig, prahlt nicht herum, spielt nicht den Angeber. Sie brüstet sich nicht mit ihren Erfolgen und sagt: „Schaut mal her, was ich alles schon habe.“
Echte Liebe stellt den anderen ins Rampenlicht. Wenn ihr euch das mal überlegt: Liebe stellt den ins Rampenlicht, der vielleicht nicht so viel hat und nicht so toll dasteht. Ein Wichtigtuer liebt nicht.
Wenn einer immer betonen muss, wie toll er ist, hat er von Liebe relativ wenig verstanden. Das heißt auch, Liebe konzentriert sich, fokussiert sich auf den Nächsten, auf den Anderen.
Liebe überwindet soziale Grenzen, Liebe überwindet intellektuelle Grenzen. Das heißt in der Bibel: Haltet euch zu den Niedrigen, sucht Kontakt mit den Menschen, die einfacher sind. Menschen, bei denen du in Gefahr bist, vielleicht sogar auf sie herabzuschauen, weil sie nicht deinen Bildungsstandard haben, nicht dein Einkommen, nicht deine Erfolge vorzuweisen haben, nicht deine Musikalität oder was auch immer.
Das ist die Gefahr. Und Liebe tut genau das Gegenteil. Sie tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf. Das ist ein Gebot gegen die Glickenwirtschaft der Erfolgreichen, die sich zusammentun und zusammenstehen, weil es so viel spaßiger ist, wenn die, die etwas erreicht haben, sich untereinander so zusammenraufen und sagen: „Boah, wie geht es dir? Boah, mir geht es gut, und mir geht es auch gut. Boah, also alles klasse.“
Und das ist verboten. Das ist keine Liebe.
Höflichkeit und Selbstlosigkeit als Kennzeichen der Liebe
Immer noch Vers 5: Sie benimmt sich nicht unanständig, sie ist nicht taktlos. Liebe ist höflich. Liebe weiß, wie man sich benimmt, sie hat Geschmack und Respekt vor anderen Menschen. Gute Manieren sind ein Ausdruck von Liebe. Interessant, oder? Gute Manieren sind ein Ausdruck von Liebe. Liebe weiß, was sich gehört.
Das gilt auch im Hinblick auf alte Menschen, das steht ganz klar in der Bibel: „Vor grauem Haar sollst du aufstehen.“ Das steht da. Das gilt für Autoritätspersonen. In der Bibel sind das Könige und Stammesfürsten. Solche haben wir heute nicht mehr, aber man kann das eins zu eins übertragen – vielleicht auch auf Lehrer, Polizisten oder Chefs.
Liebe macht über andere Menschen keine blöden Witze. Macht sie einfach nicht. Liebe hält einer Frau die Tür auf, trägt einer Mutter den Kinderwagen die U-Bahntreppe runter, steht im Bus auf und lässt den alten Menschen sitzen. Das ist das, was Liebe tut. Sie weiß, was sich gehört.
Vers 5: Sie sucht nicht das Ihre. Das ist irre, oder? Die Liebe sucht nicht sich selbst. Und das finde ich ganz, ganz wichtig, weil es bedeutet, dass Liebe sich nicht um sich selbst dreht. Ich bin nicht immer nur mit meinen eigenen Interessen beschäftigt, ich bin nicht derjenige, der andere dominiert oder manipuliert oder im Extremfall auch zum Lustobjekt degradiert. So etwas mache ich nicht.
Es geht mir nicht darum, mich selbst zu verwirklichen, das steht nicht im Zentrum meines Lebens. Es geht nicht um meinen persönlichen Gewinn. Echte Liebe dreht sich um den Nächsten, ohne dass sie ihn beherrschen will. Der Nächste steht im Mittelpunkt, aber er bleibt er selbst.
Ich suche wirklich das Beste für den anderen. Wenn ich anfange, ihn in der Mitte stehen zu lassen und sein Bestes zu suchen, dann heißt das, dass wahre Liebe damit beschäftigt ist, den anderen zu verstehen. Das heißt, ich nehme mir genug Zeit, um seine Sichtweise zu begreifen, um überhaupt zu erkennen: Welche Bedürfnisse hat er eigentlich?
Und ich tue das, weil ich ihm geben will, was er haben will, was er wirklich braucht – und nicht, wozu ich einfach bereit bin. Wir sind nicht mit der Liebesgießkanne unterwegs und geben jedem ein bisschen von dem, was wir haben, in der Meinung, allen geben zu müssen.
Wahre Liebe setzt den anderen in die Mitte und überlegt: Wie kann ich ihm dienen? Wie kann ich einen Raum schaffen, in dem die Geschwister geistlich wachsen? Eine Schutzzone, in der sie nicht verletzt werden, wo genug Zeit ist, zuzuhören.
Ich liebe den Nächsten nicht wegen der Vorteile, die er mir bringt. Nicht, weil er sich vielleicht am PC auskennt oder als billiger Babysitter zur Verfügung steht oder ich sein Auto mal für den Transport brauche. Das ist nicht Liebe.
Gottes Liebe ist so, dass er den Sünder liebt, den liebt, der ihm nur Ärger und Mühe bereitet. Das ist irre, oder? Gott liebt den, der ihm nur Ärger und Mühe bereitet. Und selbst wenn wir bekehrt sind, sind wir nicht besser. Gott liebt uns immer noch, und wir machen immer noch Ärger und Mühe. Das bleibt bis zum Rest unseres Lebens so.
Und was Gott möchte? Gott möchte selbstlose Liebe. Genau die Liebe, mit der er uns geliebt hat, möchte er in unserem Leben wiederfinden.
Vergebung und Freude an der Wahrheit
Und dann heißt es: Sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu. Das ist beeindruckend. Wenn ich das lese, geht mir das immer sehr nahe. Da wird mir kalt, obwohl es hier drin warm wird.
Liebe trägt Böses nicht nach. Sie lässt sich nicht zum Zorn reizen. Sie stellt nicht die Fragen: Wie konnte er so mit mir umgehen? Oder: Wie konntest du mich so enttäuschen? Oder: Warum hast du nicht gesehen, dass es mir jetzt schlecht geht? Und was wir sonst noch für Fragen stellen können.
Wenn ich mich in der Gemeinde über Geschwister ärgere, sollte ich mich fragen: Warum ärgere ich mich eigentlich? Wenn ich bitter werde, wenn ich Böses nicht vergessen kann, wenn ich anfange, anderen womöglich davon zu erzählen, was wieder jemand anderes mir angetan hat, wie schlimm ich verletzt worden bin, wer mich so versetzt hat oder wo ich übersehen worden bin – wenn ich das mit anderen berede – was passiert da eigentlich?
Bin ich da nicht jemand, der so sein internes Sündenkonto führt? Ist das nicht so etwas wie im kleinen Stil ein Rachefeldzug gegen den anderen? Ich mache ihn jetzt hintenrum schlecht dafür, dass er mir das angetan hat? Und er sagt: Gott, das ist keine Liebe. Liebe geht davon aus, dass Sünde passiert. Liebe ist ganz nüchtern, sie ist nicht blind und führt kein Sündenkonto. Und in dem Moment, wo ich darauf zurückgreife, da hört die Liebe auf.
Liebe betet. Sie betet für den, der sündigt. Liebe deckt Sünde zu. Liebe stellt den Sünder vor anderen in ein gutes Licht. Das ist das, was Liebe tut.
Wenn wir ein Sündenkonto führen, müssen wir uns die Frage stellen: Warum? Warum ist das so? Kann es sein, dass du nicht wirklich vergeben hast? Dieses „Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ – dass du nur die erste Hälfte betest: „Und vergib uns unsere Schulden.“ Punkt. Weil das „wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ dann irgendwie nicht mehr so gut wäre – die Frage müsst ihr euch stellen.
Vers 6: Sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit an der Wahrheit. Herrlich! Liebe freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht. Sie freut sich aber, wenn die Wahrheit siegt. Das heißt: Schadenfreude ist definitiv keine Liebe.
Zweitens: Ich ziehe, wenn ich liebe, keine Vorteile aus den Fehlern von anderen. Liebe will trösten. Machen wir es doch positiv: Liebe will aufhelfen. Sie will da, wo jemand niedergeschlagen ist, ermutigen. Das ist ihr Job.
Liebe gewinnt dem Bösen einfach keine guten Seiten ab, aber sie opfert nicht die Wahrheit, um sich selbst zu bereichern. Das ist alles keine Liebe.
Beharrlichkeit und Hoffnung der Liebe
Und abschließend: Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles (Vers 7). Super – für echte Liebe gibt es keine Situation, der sie nicht gewachsen wäre.
Echte Liebe ist beharrlich und hartnäckig. Sie hat absolutes Vertrauen in die Zukunft. Die Liebe, die Gott sehen möchte, ist eine Liebe, die sich nicht in die Knie zwingen lässt, egal wie vertrackt oder schwierig die Lebensumstände werden.
Echte Liebe fehlt es nie an Kraft, zu tragen und zu ertragen. Sie verliert nie den Glauben an Gott, ihre Hoffnung ist nie erschöpft, und sie gibt nie auf. Das ist es, was hier steht.
Es sind elf Punkte, die ich euch jetzt als Attribute echter Liebe vorgestellt habe. Was ich mir wünsche, ist, dass wir diese nehmen und einen Rahmen begreifen, in dem wir jetzt auf ganz persönliche Weise Liebe üben können – Stück für Stück.
Ich möchte, dass wir zusammen Experten werden in Sachen Liebe.
Die Gemeinde als Trainingslager für die Liebe
Und jetzt sage ich etwas ganz Wichtiges. Ich bin auch gleich fertig. Ihr dürft jetzt noch einmal kurz eure Aufmerksamkeit hochfahren. Das braucht Zeit.
Du wirst nicht von heute auf morgen jemand sein, der Liebe lernt. Das braucht Zeit. Aber, und das ist die gute Nachricht für heute: Gott hat die Gemeinde genau dazu geschaffen, dass wir einen Raum haben, in dem wir lieben lernen können.
Also, die Gemeinde ist Gottes Idee, so eine Art Ausbildungscamp, ein Trainingslager. Gott setzt uns in unserer Unterschiedlichkeit zusammen. Dann sagt er zum Beispiel: Janin, ich möchte, dass du jetzt in einer ganz lieben Weise mit Beate umgehst und mit Anne und so weiter.
Dann sagst du dir: Hm, da muss ich nochmal nachdenken. Ja, es ist auch gut, vorher nachzudenken. Danach kommt die Entscheidung: Ich will das lernen, so unterschiedliche Typen zu lieben.
Das heißt in der Bibel: Wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat. Es ist viel leichter, jemanden zu lieben, der vor mir steht und mir, wenn ich ihn frage: „Sag mal, wofür kann ich beten?“, zum Beispiel sagt: „Also dafür könntest du beten.“ Es ist viel leichter, so etwas zu machen, als einen unsichtbaren, ewigen Gott zu lieben, bei dem ich erst mal dastehe und sage: „Hm, tja, wie macht man das?“
Das Trainingsprogramm geht auch vom Einmaleins zur Integralrechnung. Wir lernen also in der Gemeinde, Leute zu lieben. Wenn wir das gelernt haben – Bruderliebe –, dann kommt der nächste Schritt. Der heißt dann Gottesliebe oder Nächstenliebe. Das wird wieder ein Stück komplizierter.
Deshalb der zweite Schritt: Ich bin jetzt beim ersten Schritt, da, wo Gott uns herausfordert, in der Gemeinde das umzusetzen, was er an Gedanken zum Thema Liebe hat.
Abschluss: Die Kraft des Heiligen Geistes für wahre Liebe
Abschließend möchte ich sagen: Ich hoffe, dass wir alle, wenn wir das hören, 1. Korinther 13, wirklich zutiefst verstanden haben, dass niemand so lieben kann ohne den Heiligen Geist. Niemand kann so lieben ohne die Kraft Gottes. Das ist ein Programm, das wirklich nur echte Christen leben können.
Das ist viel, viel mehr als Humanismus. Es ist viel mehr als ein bisschen Friede, ein bisschen nett sein oder die Bergpredigt leben. Das ist eine radikale Liebe, wie Jesus sie am Kreuz gezeigt hat, als er den Soldaten vergibt mit den Worten: „Denn sie wissen nicht, was sie tun.“
Diese Liebe hat ihn am Kreuz gehalten. Trotz Spott, Schmerzen und der Enttäuschung, jetzt hier alleine zu sein, hat er gesagt: „Ja, weil ich habe euch lieb.“
Und genau diese Liebe hat in einer leidenschaftlichen, fast starrsinnigen Art an dir festgehalten, bis du persönlich Gott dein Leben übergeben hast – obwohl an dir nichts war, was Gott gezwungen hätte, dich zu lieben. Und Gott hat es trotzdem getan.
Jetzt sagt Gott: Diese Liebe, diese übernatürliche, ewige Gottesliebe, die möchte ich Stück für Stück in dir sehen. Du bist ein Anfänger, aber ich möchte sie sehen. Ich möchte, dass du so wirst wie mein Sohn am Kreuz, damit diese Liebe sichtbar wird.
Und dass andere Menschen begreifen: Hier passiert ein übernatürlicher Veränderungsprozess. Dieser Prozess ist nicht durch ein bisschen bessere Bildung, durch einmal die Woche Gottesdienst oder ein paar schöne Anbetungslieder zu erklären.
Dass in zwanzig Jahren Leute dich sehen und sagen: „Das ist ja irre, was Gott aus dir gemacht hat.“ Wir dürfen uns nicht mit dem Stand zufrieden geben, wo wir jetzt stehen.
Ich sage dir: Wenn du leben willst, dann brauchst du ganz viel Mut. Darüber werden wir uns nächsten Sonntag unterhalten. Das mag jetzt hier reichen.