Herausforderung und Vorbildfunktion im Glauben
Sei ein lebendiger Fisch, schwimme gegen den Strom, komm und wag es frisch. Nur die toten Fische schwimmen immer mit dem Strom. Sich mit allen anderen treiben zu lassen, bedeutet genau das. Das ist so ein ganz klassisches Kinderlied.
Ich habe mir überlegt, was wir von unseren Kindern erwarten, wenn wir ihnen dieses Lied vorsingen: dass sie sich gegen den Strom stellen. In der Grundschule, in ihrer Klasse, wird dieses Lied zum Beispiel oft mit Grundschulkindern gesungen. Es soll ihnen vermitteln, einen eigenen Standpunkt zu haben, Rückgrat zu zeigen und nicht einfach alles mitzumachen, was alle anderen tun. Sie sollen sich nicht von Trends bestimmen lassen, sondern bereit sein, auch dann einen persönlichen Stand einzunehmen, wenn sie allein dastehen.
Das ist eine ziemlich hohe Herausforderung, die wir unseren Kindern mit so einem Lied vermitteln. Dann frage ich mich, ob wir uns dieser Herausforderung eigentlich selbst stellen oder ob wir oft einfach mit dem Strom schwimmen. Ob wir von unseren Kindern verlangen, etwas zu tun, was wir selbst nicht tun.
Von mir aus gesehen ist das ein Thema, das ein bisschen in die Richtung geht, von dem, was heute in dem Text steht, den ich mit euch lesen will: Zweiter Timotheus. Wir haben jetzt über ein Jahr immer mal wieder, wenn ich hier war, im Zweiten Timotheusbrief gelesen. Es ist jetzt eigentlich noch ein großer Abschnitt übrig, von Kapitel 3, Vers 10, bis Kapitel 4, Vers 8.
Über diesen Abschnitt möchte ich heute sprechen, aber er ist zu lang, um alles zu besprechen. Selbst wenn man dreimal darüber reden würde, wäre es zu viel, um alles zu sagen. Zumindest habe ich mir vorgenommen, falls es ein nächstes Mal gibt, dann auch noch einmal über diesen Abschnitt zu sprechen.
Es ist allerdings ein bisschen schwierig, den Abschnitt einzuteilen und zu sagen: Ich rede jetzt über die ersten Verse und beim nächsten Mal über die nächsten. Denn der Abschnitt ist etwas verflochten. Deshalb spreche ich heute über den ganzen Abschnitt. Wenn es ein nächstes Mal gibt, werde ich noch einmal über den ganzen Abschnitt sprechen und dann all die Dinge herausnehmen, die heute übrig geblieben sind – oder zumindest einen großen Teil davon.
Also heute ein relativ großer Abschnitt, aber nicht alles.
Der Appell zum Standhalten in schwierigen Zeiten
Kennzeichnend für diesen Abschnitt ist, dass Paulus dreimal an Timotheus schreibt: „du aber“.
Und genau das sagen wir auch in diesem Kinderlied, oder? „Du aber.“ Alle gehen in eine bestimmte Richtung, alle machen das – das ist der Trend in deiner Klasse. „Du aber.“ Das ist es, was Paulus Timotheus schreibt: Die Tendenz in der Gesellschaft, die Tendenz in der Gemeinde – „du aber“.
In der Bibel wird dieses Bild von Fischen, die gegen den Strom schwimmen und sich nicht treiben lassen wie tote Fische, nicht verwendet. Dieses Bild stammt nicht direkt aus der Bibel. Stattdessen gibt es in der Bibel eher das Bild von Menschen als Säulen, zum Beispiel in der Gemeinde. Petrus, Johannes und Jakobus wurden als Säulen in der Gemeinde in Jerusalem angesehen. Säulen stehen – sie sind stabil. „Du aber.“
Wenn die Tendenz in eine Richtung geht, immer weiter von Gott weg, immer weiter weg von dem, was er eigentlich möchte, von seinen Prioritäten, und das so selbstverständlich aussieht, dann heißt es: „Du aber, hab den Mut zu stehen, hab den Mut, eine Säule zu sein, hab den Mut, ein Baum zu sein, der Wurzeln hat.“ Darum geht es in diesem Abschnitt.
Das ist der letzte große Appell von Paulus an Timotheus in diesem Brief. Wenn wir die Geschichte verfolgen, dann ist es der letzte große Appell, den Paulus überhaupt schreibt. Es war sein letzter Brief.
In den nächsten Versen, die wir schon in der Einleitung zu diesem Brief irgendwann einmal angeschaut haben, sagt Paulus, dass er weiß, dass er nicht lebend aus dem Gefängnis herauskommen wird, in dem er gerade ist. Das ist der letzte Brief, den er schreibt.
Das heißt, das, was wir hier sehen, ist eigentlich sein Vermächtnis, sein Appell an Timotheus und vielleicht auch an uns: „Du aber.“
Paulus schreibt: „Ich werde gehen von dieser Erde. Die Zeit meines Abschieds ist vorhanden.“ So steht es in meiner Übersetzung. Wörtlich heißt es, es ist die Zeit, dass mein Schiff die Taue losmacht vom Kai und ich losfahre über das große Meer. Das ist ein Bild.
Und jetzt bist du verantwortlich. Jetzt musst du stehen, jetzt musst du einen Unterschied machen in der Gemeinde, wo du gerade bist – Timotheus in Ephesus, in den Gemeinden drumherum. Es gab einige Gemeinden in der Region, aber wahrscheinlich auch in Zukunft in der ganzen Gemeindebewegung, die wir gemeinsam gegründet und angefangen haben mit Gott: „Du aber.“
Er schreibt immer wieder, dass schwierige Zeiten kommen werden. Nicht nur gesellschaftlich, sondern auch im Umfeld der Gemeinde. Es wird schwieriger, nach außen hin zum Glauben zu stehen, weil Verfolgungen kommen werden. Aber es wird auch schwieriger, nach innen hin zur Wahrheit zu stehen, weil das nicht mehr gern gesehen wird. „Du aber.“
Die drei „Du aber“ und ihr Gegenbezug
Also, ich zeige euch kurz, wenn ihr die Bibel dabei habt, wo das steht. Kapitel 3, Vers 10 beginnt mit den Worten: „Du aber hast genau erkannt“. In Kapitel 3, Vers 14 steht: „Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast.“ Und in Kapitel 4, Vers 5 heißt es: „Du aber sei nüchtern in allem.“
Wenn irgendwo ein „aber“ steht, muss man sich auf etwas beziehen, oder? Man kann nicht einfach „aber“ sagen, wenn vorher nichts gesagt wurde, wenn es kein Gegenbeispiel gibt. Also, auf was beziehen sich diese drei „aber“?
Ich möchte ganz kurz ein Mittel anschauen. Das erste „aber“ bezieht sich natürlich auf einen Abschnitt der Vorlage, den wir heute gar nicht betrachten. Dort sagt Paulus, dass schwierige Zeiten kommen werden, gesellschaftliche Schwierigkeiten in der Gemeinde. In Kapitel 3, Vers 1 heißt es: „Wisse, dass in den letzten Tagen schwierige Zeiten eintreten werden.“ Dann spricht er von Leuten, die falsche Lehren in die Gemeinde bringen, falsche Tendenzen, falsche Vorbilder und falsche Prioritäten.
Er schließt diesen Abschnitt in Kapitel 3 bis 5 mit dem Satz: Menschen, die eine Form von Gottseligkeit haben. Es sieht so aus, als wären sie Christen, sie sind in der Gemeinde, sie sagen, sie gehören zu Gott, sie verbreiten Dinge im Namen Jesu, sie haben eine Form der Gottseligkeit. Aber letzten Endes verleugnen sie die Kraft, die dahintersteckt. Sie glauben nicht und vermitteln nicht, dass Gott ein Leben wirklich ändern kann.
Wir hatten vor einigen Wochen Beispiele dafür, und ich werde die jetzt nicht wiederholen. Wenn ich den Vortrag nicht gehört habe, lässt er sich vielleicht irgendwo besorgen. Es ist wichtig, dass wir glauben, dass Gott wirklich verändern kann. Wir dürfen uns nicht hinstellen und sagen: „Ich bin halt so, dann muss Gott mich so nehmen, und die anderen müssen mich so nehmen, wie ich bin.“ Aber das war die Tendenz, die reinkam. Menschen sagten: „Du bist ebenso.“ Und auch wenn die Bibel etwas anderes sagt: „Du kannst dich ja selbst nicht umbiegen, du musst zu dem stehen, was du bist, du bist ebenso.“
Paulus sagt, es ist, wie man behauptet: Man gehört zu Gott, aber verleugnet eigentlich die Kraft, die Gott gibt, etwas zu verändern. Dann gibt es Leute, die verführt werden und selbst keinen Rückgrat haben. Vers 7 fasst das sehr drastisch zusammen: Diese Menschen lernen immer wieder und kommen niemals zur Erkenntnis der Wahrheit. Es sind Menschen, die von mancherlei Begierden getrieben werden, die keinen Rückgrat haben und jeder Tendenz folgen.
Paulus sagt, das ist die Tendenz: Menschen, die euch sagen, du kannst so bleiben, wie du bist, und Menschen, die jedem Einfluss folgen. Du kannst versuchen, ihnen etwas beizubringen, aber du hast den Eindruck, es bewirkt nichts Nachhaltiges. Das wird die Tendenz in der Zukunft sein, Timotheus. Das war damals die Tendenz für die nächsten Jahre.
Die Frage, ob das eine Tendenz ist, die es heute auch gibt, musst du selbst beurteilen. Das ist der erste Hintergrund, zu dem Paulus an Timotheus schreibt: „Du aber.“ Du glaubst, dass Leben verändert werden kann. Du hast etwas gelernt, warst bereit, zu lernen, dein Denken und Verhalten zu verändern. Und das werden wir gleich lesen. Das ist das erste „aber“. Du bist anders als diese Tendenz, die aufkommen wird.
Umgang mit Täuschung und Misstrauen in der Gemeinde
Der zweite Hintergrund ist Vers 13. Dort steht: „Böse Menschen aber und Betrüger werden zu Schlimmerem fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden.“
Hier beschreibt der Text eine Atmosphäre, die zwei Auswirkungen hat. Zum einen sagt er, dass es Menschen gibt, die euch betrügen und euch etwas beibringen. Wenn sie ehrlich wären, würden sie sagen, dass sie selbst nicht glauben, dass das in der Bibel steht. Dennoch bringen sie euch diese Lehren bei, weil es eine angenehme Botschaft ist oder weil sie eine bestimmte Position anstreben – aus welchen Gründen auch immer. Letzten Endes sind auch sie selbst betrogen, von wem auch immer.
Zum anderen steckt in diesem Vers eine Atmosphäre, die dadurch entsteht, wenn die Gesellschaft so ist. Es entsteht eine Atmosphäre des Misstrauens. Wenn man mehrmals erfahren hat, dass Menschen nicht glaubwürdig sind in dem, was sie lehren oder versuchen, einem zu vermitteln und beizubringen, wo sie einen hinführen oder hinlocken wollen, dann wächst das Misstrauen immer mehr.
Darum geht es bei diesem „aber“: Timotheus, du musst mit Misstrauen umgehen. Gleichzeitig hast du etwas in der Hand, das Misstrauen besiegen kann. Wir werden uns das gleich anschauen.
Die Gefahr der selektiven Lehre und Selbstbestätigung
Aber vielleicht ist das Eindrücklichste das, worauf sich das letzte „Aber“ bezieht. Die zwei Verse möchte ich mit euch lesen, weil wir in ihnen vielleicht ein Stück unserer Zeit wiederfinden.
Im Kapitel 4, Vers 3 schreibt Paulus an Timotheus: „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen werden, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehre aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt, und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich zu den Fabeln hinwenden.“
Was Paulus Timotheus schreibt, war damals schon eine Tendenz. Diese Tendenz nimmt zu: Menschen, die sich auch mit Predigten und dem Wort Gottes beschäftigen, etwa wenn sie in eine Gemeinde gehen, suchen sich oft nur das heraus, was sie gerne hören möchten. Sie wählen die angenehmen Botschaften aus – das, was ihnen in den Ohren angenehm ist.
Paulus sagt, es ist das, was ihnen „in den Ohren kitzelt“, was sie erfreut und was sie gerne hören wollen. Es wird immer schwieriger, sie mit der tatsächlichen Botschaft Gottes zu erreichen. Vor allem mit der Botschaft, die ihnen nicht sofort angenehm ist.
Wie steht es hier? „Sie werden die gesunde Lehre nicht ertragen.“ Es wird für sie sehr schwer, sich dem zu öffnen und sich auszusetzen, wenn jemand etwas lehrt, das sie in Frage stellt. Das eine Entscheidung fordert, die vielleicht erst einmal unangenehm ist und sie etwas kostet, obwohl es langfristig gesunde Lehre ist.
Sie werden es nicht ertragen. Sie wollen den leichten Weg, die angenehme Lehre. Nach ihren eigenen Begierden häufen sie sich Lehre auf, die ihnen in den Ohren kitzelt. Und sie wenden sich Fabeln zu.
Heute ist das noch leichter als damals, weil wir Medien haben. Wir haben sehr viel christlichen Inhalt in den Medien. Ich kann mir Fernsehsender aussuchen – in Deutschland gibt es vielleicht nicht so viele christliche Sender – aber ich habe das ganze Internet zur Verfügung mit Tausenden und Abertausenden von Predigten.
Wenn ich etwas Bestimmtes hören möchte, das mir gut tut, das meine Meinung bestätigt, dann kann ich mir Lehrer aussuchen, die mir genau das vermitteln. Die mir genau das Gefühl geben: „Du denkst richtig.“ Ich werde immer jemanden finden, der genau das lehrt. Und allem, was unangenehm ist, kann ich aus dem Weg gehen.
Vielleicht haben wir diese Tendenz heute, oder? Dass wir uns das suchen, was uns gefällt, was uns in den Ohren kitzelt. Ich glaube schon, dass es in der heutigen Christenheit eine Tendenz gibt, dass es mehr um den Menschen als um Gott geht.
Zum Beispiel geht es darum, dass wir uns wohlfühlen. „Gott ist dein so netter Vater, und er liebt dich so, wie du bist. Wenn er dich verändern will, dann ganz langsam und ganz vorsichtig, mit freundlichen Ermutigungen.“ Das ist alles wahr, aber es ist nicht die ganze Wahrheit.
Es ist nicht so, dass Gott keine Anforderungen an uns hat oder uns nicht herausfordert. Die Tendenz ist, dass wir das Heil auf die Erde verlegt haben.
Paulus hatte kein Heil in diesem Sinn auf dieser Erde. Ja, er war erfüllt und sagte: „Mein Leben ist voll, und Leben ist für mich Christus.“ Aber wenn du den zweiten Brief an Timotheus liest, sagt er: „Mein Lohn ist nicht auf dieser Erde, mein Lohn ist im Himmel.“
Heute findest du viele Prediger im Internet, die dir sagen: „Wenn du wirklich glaubst, dass Gott seine Kinder liebt, dann macht er dich gesund, reich und schenkt dir ein angenehmes Leben. Und wenn du das nicht hast, dann glaubst du vielleicht einfach noch nicht genug.“ Aber das ist nicht die Lehre der Bibel. Entschuldigung, das steht da nicht.
Paulus war weder gesund noch reich, und er hatte mit Sicherheit kein angenehmes Leben. Als er an die Korinther schreibt, sagt er: „Irgendetwas müssen wir Apostel falsch gemacht haben. Wenn ich euch sehe, dann habe ich den Eindruck, ihr lebt wie Adlige.“ Ich meine, heute leben in Deutschland wahrscheinlich 70 bis 80 Prozent der Menschen so wie früher Adelige mit diesem Lebensstandard.
Und er sagt: „Dann schaut mal uns an, wie wir leben. Wir haben kein Haus, wir können uns nichts leisten, wir haben Entbehrungen.“ Natürlich können wir nicht sagen, wenn wir Entbehrungen haben, geht es uns schlecht, sind wir auf jeden Fall auf dem richtigen Weg. Aber das Gegenteil ist auch nicht wahr.
Der Himmel ist nicht plötzlich auf der Erde, der Himmel ist im Himmel. Paulus sagt: „Und es werden viele Leute da sein, die wissen, dass es sich lohnt, auf dieser Erde Entbehrungen auf sich zu nehmen und für Gott da zu sein, dass sich das im Endeffekt lohnt und dass du das tun solltest, weil da ein großer Gott ist, der dein Herr ist.“
Die Menschen, die diese Lehre nicht mehr wollen und nicht ertragen können, die lieber die Lehre hören: „Tu dir doch auch mal was Gutes“, die können sich Lehrer aufhäufen zu Hunderten, die genau das vermitteln.
Paulus sagt dazu: „Du aber sollst deine Säule sein, du aber sollst Trübsal erdulden, ausharren.“ Das sind Worte, um die es in diesem Abschnitt geht, die Paulus Timotheus als sein Vermächtnis mitgibt: aushalten, ausharren, Trübsal leiden.
Kommt das heute noch vor in unserer christlichen Verkündigung? Kommt es in deiner Evangelisation vor, wenn du Menschen für den Glauben gewinnen willst, dass du ihnen sagst: „Es kann hart werden“? Oder sagst du eher: „Komm zu Gott, es ist so schön“?
Darum geht es in diesem Abschnitt.
Das Vorbild Paulus und die Nachfolge Timotheus’
Schauen wir uns das ein bisschen im Detail an. Wir fangen in Vers 10 an:
„Du aber hast genau erkannt meine Lehre, mein Verhalten, meine Entscheidung, meinen Glauben, mein Aushalten, meine Liebe, mein Ausharren, meine Verfolgung, meine Leiden, die Leiden, die mir widerfahren sind in Antiochien, in Ikonium, in Lystra, die Verfolgung, die ich ertrug, und aus allen hat der Herr mich gerettet. Alle aber, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden in naher Zukunft verfolgt werden.“
Das ist die Botschaft, die Paulus an Timotheus hat.
Du aber hast ein Vorbild gesehen und mit einem Vorbild zusammengelebt. Vielleicht fehlen uns manchmal Vorbilder, ich weiß es nicht. Du hast ein Vorbild gesehen und mit einem Vorbild zusammengelebt. Du hast viele Jahre mit mir verbracht. Was für ein Leben hast du gesehen? An was für einem Leben warst du denn beteiligt? Vergiss das nicht! Vergiss die letzten Jahre nicht seit du mit mir unterwegs bist. Was hast du gesehen?
Auf der einen Seite natürlich: Du hast meine Lehre gesehen. Du hast das gesehen, was du den Leuten beibringst. Du hast es genau verstanden und zu deiner Sache gemacht. Aber du hast doch auch mein Verhalten gesehen. Du hast gesehen, wie ich gelebt habe, was es mich gekostet hat und so weiter. Du hast gesehen, wie ich natürlich auch freundlich mit Leuten war, wie mir Leute am Herzen lagen. Wir werden das gleich sehen. Du hast das alles gesehen, Timotheus, vergiss das nicht.
Timotheus hatte einen Riesenvorteil gegenüber manchen von uns. Er hatte ein wirklich gewaltiges Vorbild direkt vor Augen, was für uns manchmal schwierig ist. Timotheus, du hast meine Lehre gesehen, du hast mein Verhalten gesehen und vor allem hast du meine Entscheidung gesehen. Du hast gesehen, dass ich eine Entscheidung getroffen habe, was meine Prioritäten sind und was mir wichtig ist. Und du hast es dir hoffentlich zu eigen gemacht.
Ja, wir brauchen Vorbilder. Ich meine, vielleicht habt ihr persönliche Vorbilder, die wirklich dem Herrn nachfolgen, die wirklich ihr Leben für Gott einsetzen. Es ist schön, wenn du Vorbilder hast. Vorbilder aus Fleisch und Blut sind das Beste. Ansonsten hast du Vorbilder in der Bibel. Lies mal die Bibel und schau, was es für Vorbilder gibt.
Timotheus hatte Paulus als Vorbild. Und du hast so viel von Paulus im Neuen Testament, nicht nur in der Apostelgeschichte, sondern auch in seinen Briefen. Lies seine Briefe mal durch und schau, was über Paulus persönlich geschrieben ist. Dort findest du das gleiche Vorbild, das Timotheus hatte.
Du hast natürlich deinen Jesus als Vorbild. Du kannst viel über ihn lesen. Wann habt ihr zum letzten Mal eine gute, herausfordernde Biografie gelesen? Von jemandem, der wirklich mit dem Herrn unterwegs war?
Ich habe draußen im Bücherregal nach einer Biografie von Robert Cleaver Chapman gesucht. Ich habe keine gefunden, wahrscheinlich sind die gerade alle nicht aufgelegt. Aber wenn du mal eine in die Hand bekommst, okay, es ist eine der besten. Es gibt sogar zwei verschiedene. Es ist eine der besten christlichen Biografien, die es gibt: Robert Cleaver Chapman. Ja, die steht im Moment nicht da draußen.
Wenn du das noch nie gelesen hast, weiß ich gar nicht, ob du gläubig bist. Nein, lies es! Du sorgst dich irgendwo und liest es. Und wenn du es seit ein paar Jahren nicht gelesen hast, lies es nochmal. Herausfordernd!
Er war jetzt keiner, der alles zu Hause gelassen hat und irgendwo mit nichts in den kongolesischen Dschungel gegangen ist oder so. Nein, er hat zu Hause in England gelebt, aber sein Leben war trotzdem besonders. Liest du es?
Oder, das habe ich gefunden: Harold St. John. Wenn du jemanden suchst, der wirklich mit der Bibel gelebt hat – in der Hand, unter einem Kopfkissen und überall. Harold St. John, also es heißt nicht Harold Saint John, sondern St. John. Das ist komisch, wie die Engländer das sagen. Er heißt so und die Biografie ist von seiner Tochter geschrieben. Die kann tatsächlich schreiben. Manche christlichen Biografien sind sehr interessant, aber furchtbar geschrieben. Diese kann man wirklich lesen.
Also, wenn du Robert Cleaver Chapman in den letzten Jahren gelesen hast, dann lies das mal wieder. Stell das gleich wieder da draußen hin. Eins ist klar: Gute Vorbilder.
Paulus hat gesagt: Du hast meine Lehre verinnerlicht, du hast gesehen, wie ich lebe, welche Entscheidungen ich getroffen habe, was meine Prioritäten sind, was mir wichtig ist und was mir unwichtig ist. Und wir brauchen das. Wir müssen das vor Augen haben.
Dann führt er das letzte noch einmal ein bisschen aus: Was hast du gesehen an meinem Verhalten? Du hast gesehen, wie mein Glaube dazu beiträgt, dass ich Kapazität habe, etwas zu tun und etwas auszuhalten. Du hast gesehen, dass ich wirklich glaube, dass da ein Gott ist, dass ich wirklich glaube, was er sagt, dass das Auswirkungen auf mein Leben hat. Du hast gesehen, dass ich wirklich glaube, dass es eine Ewigkeit gibt, dass ich wirklich glaube, dass das, was ich tue, mein Auftrag ist. Dass ich das nicht nur sage, sondern dass ich das wirklich glaube. Dass es mir Kapazität gibt, viel, viel auszuhalten.
Und als Zweites hast du von meinem Verhalten gesehen, dass ich wirklich liebe. Meine Liebe und dann wieder mein Ausharren. Ausharren und Aushalten sind Schlüsselworte hier.
Du hast gesehen, dass mein Glaube mich befähigt hat, das, was ich wirklich glaube, auszuhalten, Konfrontationen auszuhalten. Und du hast gesehen, dass meine Liebe, dass ich Menschen wirklich liebe, dass ich wirklich das liebe, was Gott liebt, dass es mich befähigt, auszuharren, auszuhalten und durchzuhalten.
Timotheus, ich weiß, dass das schon Teil von deinem Leben ist. Aber mach es dir noch mal bewusst: Das, was du gesehen hast – meine Lehre, mein Verhalten, meine Entscheidung, die ich getroffen habe im Leben, mein Glaube, der mich zum Ausharren befähigt, meine Liebe, die mich zum Ausharren befähigt – mach dir das bewusst und mach dir das zu eigen. Denn das brauchst du.
Wenn wirklich ein „Du aber“ über deinem Leben stehen soll, dann brauchst du das. Dann brauchst du Vorbilder, dann brauchst du diesen Glauben und dann brauchst du diese Liebe zu den Menschen und zu dem, was Gott liebt.
Du aber, weil es werden Verfolgungen kommen in den nächsten Jahren, Timotheus. Vielleicht kommen keine hier, aber damals standen sie vor der Tür. Und dann wird jeder, der Gott ernsthaft nachfolgt, verfolgt werden.
Timotheus, erinnerst du dich? Vers 11 ist ein ganz cooler Vers. Manchmal lesen wir darüber, aber das ist ein ganz cooler Vers:
„Timotheus, du hast meine Verfolgung gesehen.“
Und was schreibt er jetzt als Beispiele? Die Verfolgung, die uns widerfahren ist in Antiochien, in Ikonium, in Lystra. Wann war das? Jahre her. Aber zu einem Schlüsselzeitpunkt – wann? Als Timotheus zum ersten Mal Paulus begegnete – hat er erlebt, wie Paulus gesteinigt worden ist in Lystra, wie er rausgeschmissen worden ist aus Antiochien und aus Ikonium.
Timotheus, bevor du dich entschieden hast, mit mir zu gehen, sogar wahrscheinlich bevor du dich entschieden hast, wirklich mit Jesus zu gehen, war das, was du gesehen hast: Jemand, der ernsthaft Jesus folgt, wird vertrieben und gesteinigt. Das war der Eindruck, den du bekommen hast.
Und trotz dieses Eindrucks hast du dich entschieden, mit mir zu gehen und mit Jesus zu gehen und diesen ganzen Weg zu gehen. Das ist einfach grandios, dass Paulus das schreibt.
Ich meine, sie sind danach viele Male vertrieben und gequält worden in ihrem Dienst als Missionare. Aber er sagt, Timotheus, erinnere dich daran: Das war der Eindruck, mit dem du dich entschieden hast, überhaupt diesen Weg einzuschlagen. Das hast du gesehen.
Und damals hast du gesagt: Das ist mir egal, das nehme ich in Kauf, weil Gott zu dienen mir wichtig ist.
Stehst du noch dazu? Zu der Entscheidung ganz am Anfang – stehst du noch dazu? Würdest du sie heute wieder treffen, Timotheus? Spannende Frage.
Würdest du die Entscheidung des Timotheus treffen, wenn es wirklich so viel kosten würde? Bei uns ist es so einfach, oder zumindest kann man es nicht so einfach machen. Aber würdest du diese Entscheidung treffen, wenn es so wäre wie damals?
Die Bedeutung von Wurzeln im Wort Gottes und beständigen Vorbildern
Vers 14: Du aber, wenn Misstrauen herrscht und viele Menschen falsche Lehren verbreiten, was hast du in der Hand? Demotius, was hast du in der Hand? Was hast du, Timotheus?
Bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist. Der erste Punkt ist: Du weißt, von wem du gelernt hast. Das ist eine Wiederholung. Du weißt, dass ich dir vieles beigebracht habe und dass ich vertrauenswürdig bin. Du weißt auch, dass du viel von deiner Großmutter und deiner Mutter gelernt hast und dass sie vertrauenswürdig waren.
Schau dir die Menschen an, deren Leben vorbei oder fast vorbei ist, die so gelebt haben. Überlege, ob das, was sie dir beigebracht haben, vertrauenswürdiger ist. Das sind deine Vorbilder, Timotheus, wenn du das Ende ihres Weges betrachtest und ihren Glauben nachahmst.
Aber was hast du noch, Timotheus? Du kennst von Kind auf die Heiligen Schriften, die dich weise machen können zur Rettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist. Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Beförderung, zur Zurechtweisung und zur Unterweisung in der Gerechtigkeit. Sie dient dazu, dass der Mensch Gottes vollkommen sei und zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet ist.
Timotheus, du hast nicht nur Vorbilder, sondern auch dieses Fundament. Das ist deine Wurzel, Timotheus, und bei dieser Wurzel musst du bleiben. Du musst bei dieser Wurzel ehrlich bleiben.
Ich meine, ihr habt nichts gegen Tagesabreisskalender oder Losungen. Aber das ist einseitig, denn dort werden einzelne Verse herausgenommen, die besonders ermutigend sind. Das ist nicht die einzige Botschaft der Bibel. Du musst das ganze Buch in die Hand nehmen und ehrlich damit umgehen. Du musst schauen, was Gott wirklich sagt – ausgewogen.
Wir sind nicht automatisch auf der richtigen Seite, wenn wir nur schwierige, herausfordernde und kritische Stellen lesen, die uns kritisieren und fertig machen. Das ist auch nicht ausgewogen. Aber wir können auch nicht nur die Stellen lesen, die sagen: Du bist schon ganz toll. Wir müssen uns dem ganzen Wort Gottes stellen.
Timotheus, du musst das ganze Wort Gottes lehren. Es ist nützlich zur Lehre – ganz grundsätzlich. Es hilft, dass man von einem falschen Weg wieder zurechtkommt. Aber es ist auch ganz wichtig, dass es uns in der Gerechtigkeit unterweist.
Gerechtigkeit ist ein Schlüsselwort hier. Gerechtigkeit bedeutet, das Richtige zu tun, auch wenn es für mich momentan eher nachteilig ist als vorteilhaft. Es bedeutet, das Richtige zu tun, unabhängig davon, was es für mich bedeutet.
Timotheus, das passiert, wenn du das Wort Gottes wirklich liest, es ehrlich anwendest und ehrlich anderen beibringst. Es gibt Wurzeln, weil es wahr ist und dich befähigt, gerechte Entscheidungen zu treffen und gerecht zu leben. Das ist wichtig.
Das ist nur eine Säule, aber sie muss tief gegründet sein. Wir brauchen ein Fundament. Wenn es eine Überschwemmung gibt und der Boden darunter nass wird – ich habe das vielleicht schon so gesehen, wenn Säulen schief hängen – dann braucht es ein festes Fundament.
Ein Baum braucht Wurzeln, und je höher der Baum wird, desto tiefer müssen die Wurzeln reichen. Timotheus, du brauchst das Wort Gottes.
Damals brauchte er hauptsächlich das Alte Testament. Das hat er auch – darauf spielt Paulus hier an. Das hat er in seiner Kindheit gelernt und es hat ihm geholfen, gerettet zu werden.
Jetzt hat er mehr und mehr Schriften aus dem Neuen Testament, die damals gerade entstanden sind. Er sagt, diese Schriften unterweisen dich in der Gerechtigkeit. Sie machen dich zu jemandem, der stabil im Leben ist und ein Segen für andere sein kann. Du wirst fähig zu guten Werken.
Die Mutter ist das Vorbild. Du hast Vorbilder gehabt? Vergiss sie nicht. Du hast eine Entscheidung getroffen? Vergiss sie nicht. Du hast das Wort Gottes. Bleib ehrlich beim Wort Gottes.
Aufforderung zur Standhaftigkeit und Ehrlichkeit im Glauben
Und dann das letzte Kapitel, vier Vers fünf, das letzte von diesen dreien: „Du aber.“
Du aber, sei nüchtern in allem, leide Trübsal, tu das Werk eines Evangelisten. Ja, auch nach außen sei mutig, vollführe deinen Dienst – auch nach innen, auch in der Gemeinde. Steh zum Wort Gottes, steh zur ganzen Wahrheit. Sei ein „Du aber“.
Sei nüchtern in allem heißt hier in diesem Zusammenhang: Sei ehrlich! Such dir nicht – ich meine, wir hatten das ausführlich, ich glaube in Vers drei und vier – such dir nicht die Leute, die dir sagen, was du eh hören willst. Sei ehrlich. Sei nüchtern in allem heißt, sei ehrlich zu dir selbst. Sei ehrlich mit dem Wort Gottes, sei ehrlich mit den Herausforderungen, die das bietet. Stell dich dem.
In Vers drei und vier haben wir gelesen, dass sie die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich zu Fabeln wenden. Es gibt so viele Fabeln, auch in der christlichen Welt: Vorträge, die tolle Beispiele haben, die anscheinend logisch aufgebaut sind, die tolle menschliche Gedanken vermitteln und vielleicht sogar andere Bibelverse enthalten – ein bisschen aus dem Zusammenhang –, aber die nicht wirklich Wurzeln haben im Wort Gottes.
Und dann sagt Paulus, das sind eigentlich Märchen. Es gibt so viel, was du im Internet finden kannst an christlichem Inhalt, der Märchen sind, weil es eigentlich nicht begründet ist in dem, was Gott gesagt hat.
Du aber – und wir alle unterliegen solchen Tendenzen, weil das der angenehmere Weg ist – und Paulus fordert nicht nur Timotheus heraus, ein „Du aber“ zu sein. Sicher nicht einer, der gegen alles ist, sicher nicht einer, der immer nur die schwierigen, herausfordernden, kritischen Dinge herauskehrt, sondern einer, der ausgewogen ist. Und das ist schon aber genug.
Ich möchte euch ermutigen, euch herausfordern zu lassen, jemand zu sein, der nicht mit dem Strom schwimmt wie ein toter Fisch. Jemand, über dessen Leben auch in der Gemeinde, auch in den gemeindlichen Strömungen, ein „Du aber“ stehen kann.
„Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen“, hat Josua gesagt. Du aber hast genau erkannt: Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast, Du aber sei nüchtern in allem.
Es ist das, was Paulus Timotheus sagt – und was er uns sagt.
Schlussgedanken: Mut zur Konsequenz und Glaubenstreue
Okay, was nehmt ihr mit? Zwei Dinge: Lest ab und zu eine gute, christliche und herausfordernde Biografie. Lest die Bibel nicht selektiv.
Habt den Mut, auch Wege zu gehen, die etwas kosten und gegen den Trend der Zeit sind.
