Einführung in das Gespräch und Vorstellung von Benjamin
Der Gast der Woche: Fünf Episoden mit einem echten Bibellehrer. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um meinen Freund Benjamin.
Hallo, ja, hallo Jürgen. Benjamin und ich sind gerade hier im christlichen Gästezentrum Westerwald. Wir machen einmal im Jahr zusammen eine Bibelwoche mit dem Thema „komplizierte Bibel“. Ich dachte mir, ich nutze einfach die Gelegenheit, wenn Benjamin so quasi nicht davonlaufen kann, um mit ihm ein Interview zu führen.
Benjamin ist Bibellehrer, angestellt bei der Stiftung der Brüdergemeinden. Für mich gehört er zu den schlauesten Leuten, die ich kenne – super klug, sehr belesen und ein großartiger Bibellehrer.
Ich fand es schön, von ihm persönlich zu erfahren, wie er eigentlich dazu gekommen ist, jetzt als vollzeitlicher Bibellehrer in ganz Deutschland unterwegs zu sein.
Benjamins Weg zur Bibellehre
Ja, das ist eine spannende Geschichte, wie sich das bei mir entwickelt hat. Ich hatte schon immer ein Faible für die Bibel. Schon als Jugendlicher habe ich intensiv darin gelesen und wollte auch schwierige Dinge verstehen. Ich habe mir zum Beispiel die Offenbarung vorgenommen oder wollte Römer 6 verstehen – was es genau bedeutet, mit Jesus gestorben zu sein und mit ihm zu leben. Früher habe ich da auch viel gesucht, was man so darüber findet, über den Horizont hinaus.
So ging das eine ganze Weile. Weil ich auch gemerkt habe, dass ich gerne Sachen erkläre, war mein Plan, Lehrer zu werden. Zunächst gab es zwei unterschiedliche Pläne: Die Bibel hat mich interessiert, und ich wollte Lehrer werden. Diese beiden Dinge hatten erst einmal noch nichts miteinander zu tun.
Ich habe dann angefangen, Musik und Mathematik auf Lehramt zu studieren, also Gymnasiallehrer zu werden. Das Studium habe ich auch abgeschlossen. Während des Studiums habe ich jedoch gemerkt, dass die Kinder doch nicht mehr das sind, was sie früher einmal waren. Außerdem fand ich es ziemlich anstrengend, Musik in der Schule zu vermitteln. Da dachte ich: „Nee, komm, da nimmst du noch ein bisschen Abstand von.“
Daraufhin habe ich mit Mathematik weitergemacht und bin über den IT-Sicherheitsbereich ein bisschen in die IT-Schiene reingerutscht. Nebenbei habe ich angefangen, Freizeiten zu machen, Bibelwochenenden zu organisieren und die Bibel zu erklären.
Wie alt warst du da, als du angefangen hast, Freizeiten zu machen?
Ich bin jetzt neununddreißig.
Neununddreißig? Du siehst noch so irre jung aus!
Ich bin auch innerlich jung geblieben. Und als ich angefangen habe, war ich ungefähr fünfundzwanzig.
Wow, ich glaube, mit fünfundzwanzig habe ich gerade angefangen, die Bibel öfter durchzulesen.
Wow, toll! Genau so hat sich das im Laufe der Zeit immer mehr zusammenentwickelt.
Im IT-Sicherheitsbereich habe ich dann immer weniger gemacht und mich immer mehr auf den Bereich Bibel konzentriert. Irgendwann habe ich angefangen, an Bibelschulen zu unterrichten und bei der Elberfelder Bibelübersetzung mitzumachen. Seit letztem Jahr habe ich dann den Sprung gewagt und bin jetzt vollzeitlich als Bibellehrer unterwegs.
Theologisches Studium und Promotion
Und wenn ich das richtig im Ohr habe, hast du da ja auch noch mal einen Doktortitel in Theologie gemacht, oder? Du bist also nicht nur jemand, der über den zweiten Bildungsweg reingerutscht ist, sondern hast das richtig studiert, richtig?
Genau, ich habe dann hinterher noch mal Theologie studiert und auch in Theologie promoviert. Mir ist es wichtig, dass wir ein Fundament haben. Außerdem finde ich es wichtig, deutlich zu machen, dass Leute, die die Bibel ernst nehmen, an die Bibel glauben und ein hohes Zutrauen in die Zuverlässigkeit der Bibel haben, keine dummen Leute sind.
Diese Menschen können sich genauso in der Tiefe mit Details beschäftigen und das auch nachweisen, ohne dass sie Abstriche an der Bibel machen oder an der Bibel zweifeln.
Umgang mit Zweifeln und intellektuellen Herausforderungen
Bist du oft mit dem Vorwurf konfrontiert worden, man müsse seinen Verstand an der Garderobe abgeben, wenn man Christ wird?
Nicht direkt. Allerdings hatte ich selbst mal eine sehr intensive Phase, in der ich hinterfragt habe, ob das alles so stimmt, was in der Bibel steht. In dieser Zeit habe ich häufig gehört: „Das musst du einfach glauben.“ Das hat mich gestört, weil manche Fragen einfach abgetan wurden.
Mir geht es ganz genauso. Was hat dir damals geholfen? Wie hast du diese Problematik, diese innere Frage überwunden?
Ich habe viel gelesen. Ich bin in Theologiebibliotheken gegangen und habe festgestellt, dass es dort nicht nur Unsinn gibt, sondern auch gute und interessante Sachen. Man muss natürlich immer prüfen, keine Frage. Aber ich habe gemerkt, dass es wesentlich mehr gibt. Ich habe in vielen Bereichen wirklich gute Antworten gefunden, auch von Leuten, die historisch arbeiten, die die Bibel ernst nehmen und dennoch gute Beiträge schreiben.
Das hat mir sehr geholfen. Vor allem hat es mir das Zutrauen gegeben, tief zu graben, ohne irgendwo an eine Wand zu stoßen und zu merken: „Ab hier macht es keinen Sinn mehr, weiterzugraben“ oder „Hier macht die Bibel keinen Sinn mehr.“ Im Gegenteil, je tiefer man gräbt, desto mehr merkt man, wie viel Sinn das alles macht.
Das geht mir ganz genauso. Ich kam irgendwann an den Punkt, an dem ich dachte: „Die einfachen Antworten sind zwar einfach, aber sie beleidigen meinen Intellekt.“ Deshalb musste ich genau diesen Weg gehen, Bücher lesen, tiefer graben. Es geht mir genauso wie dir.
Ich denke, man kann sich an dieser Stelle ganz ohne Angst den Themen und Fragen nähern, die man hat, weil es gute Antworten gibt. Es lohnt sich einfach, auch mal gute Bücher zu lesen.
Wahrscheinlich würdest du auch sagen, man sollte gute Englischkenntnisse mitbringen?
Definitiv, ja. Das ist so traurig, es gibt so wenig im Deutschen.
Ja, wir versuchen, das zu ändern, aber es ist wirklich sehr traurig.
Schade, dass es so wenig gibt.
Ja, aber wir können das ändern. Ich denke, einige Standardwerke...
Du hattest mir vorhin nach deinem Vortrag ja eines empfohlen, das sich mit dem Thema rund um die Passawoche beschäftigt.
Da glaube ich nicht, dass so etwas jemals übersetzt wird.
Das vermutlich nicht, nein.
Ja, schade.
Akademischer Nachweis und Doktorarbeit
Okay, also du sagst, du hast viel gelesen und wahrscheinlich stark autodidaktisch gelernt. Irgendwann hast du dann studiert und festgestellt, dass du zwar den Schein hast, aber vielleicht nicht mehr so viel wirklich Neues gelernt hast.
Ja, tatsächlich habe ich auch noch etwas gelernt, aber es war eher so, dass ich mein Wissen nachweisen wollte. Man kann irgendwo hingehen und sagen: „Übrigens, ich kenne mich auch super in der Bibel aus.“ Und dann ist es manchmal gut, wenn man auch nachweisen kann, was man gemacht hat.
Ja, das war bei meiner Frau und mir ganz genauso. Man weiß dann sehr viel, aber dann kommt jemand und fragt: „Hast du da irgendwie so einen Schein dafür?“ Und dann sagt man: „Ha, nicht wirklich, aber ich mache den Dienst schon lange.“ „Ja, schön, vielen Dank.“
Worüber hast du deine Doktorarbeit gemacht?
Über das Johannesevangelium, einen ganz bestimmten Bereich, ein ganz bestimmtes Thema. Und zwar, ich sage es mal einfach, die Frage, warum im Johannesevangelium kein jüdischer Prozess vor dem Hohen Rat erwähnt wird.
Wenn man das Johannesevangelium liest, stellt man fest, dass in Kapitel 18 kein Prozess erwähnt wird oder jedenfalls nicht ausführlich erzählt wird, in dem sich Jesus gegenüber dem Hohen Rat verteidigt und sie ihn anklagen. Und die Frage ist: Warum?
Wenn man umgekehrt merkt, dass gerade im Johannesevangelium sehr viele Worte, Phrasen und Gedanken eines Gerichtsprozesses vorkommen – man denke nur an die Zeugen, man denke an das Richten, die ganzen Streitgespräche zwischen Jesus und den Juden – sollte man nicht gerade in diesem Evangelium erwarten, dass dort ganz besonders ausführlich über diese Auseinandersetzung vor dem Hohen Rat geschrieben steht?
Aber das ist gerade nicht der Fall. Diese Frage wollte ich ein bisschen auftröseln.
Ich denke, dass unsere Zuhörer an dieser Stelle etwas davon mitbekommen, wie tief du gerne denkst, wie tief man mit dir diskutieren kann und was man alles von dir lernen kann.
Ausblick und Segenswünsche
Ja, vielen herzlichen Dank für diesen ersten Einblick in deine Lebensgeschichte und wie man ein echter Bibellehrer wird.
Ich denke, in Episode zwei werden wir uns dann etwas genauer mit deinem anderen Dienst beschäftigen, bei dem du in der Kommission der Elberfelder Bibel tätig bist und was das alles zu bedeuten hat.
Das machen wir dann morgen gerne. Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
