Zum Inhalt

Jesus ist wahrlich der Welt Heiland

Jesus - Gott als Mensch, Teil 9/17
22.10.2023Johannes 4,27-42
SERIE - Teil 9 / 17Jesus - Gott als Mensch

Einführung: Wahrnehmung und geistliche Blindheit

Vorhin, als wir das Lied gesungen haben, war der Refrain für manche offensichtlich nicht sichtbar. Ich habe mich gefragt, ob andere ihn vielleicht doch sehen konnten. Vielleicht war es ja weiß auf weiß.

Das erinnert mich an ein Problem, das ich in meiner Jugendzeit einmal hatte. Ich war bei Freunden eingeladen, und wir verbrachten Zeit miteinander, redeten. Irgendwann holte der Gastgeber ein Buch heraus. Einige meiner Freunde schauten es an und sagten: „Boah, das ist so cool!“ In dem Buch waren Rot-Grün-Bilder, ganz komplexe Bilder mit tollen Dingen darauf.

Ich habe nicht genau mitbekommen, was sie sich angeschaut haben, doch irgendwann fragte ich: „Was schaut ihr denn da? Zeigt doch mal!“ Ich sah mir das Buch an und sagte: „Was ist das denn? Sieht ja total bescheuert aus!“ Sie meinten: „Siehst du es nicht?“ Ich antwortete: „Was soll ich sehen? Ein Kind, das ein paar Punkte hingemalt hat?“

Du darfst selbst entscheiden: Siehst du etwas oder siehst du nichts? Wenn du eine Rot-Grün-Schwäche hast, so wie ich, dann siehst du nichts. Die Technik hat mir vorhin versichert, dass man dort etwas sehen kann, dass Zahlen abgebildet sind.

Nun möchte ich eine ganz andere Frage stellen: Kann es sein, dass wir manchmal so durchs Leben gehen, als hätten wir eine Sehschwäche? Als könnten wir bestimmte Dinge nicht wahrnehmen, obwohl sie doch da sind? So ging es auch Jesu Jüngern.

Jesus hilft ihnen – und auch uns –, klarer zu sehen. Damit wir ihn besser erkennen und besser verstehen können, was er mit uns und durch uns tun möchte. Darum soll es in der heutigen Predigt gehen.

Rückblick auf das Gespräch mit der Samariterin

Letzte Woche haben wir den Bericht über das Gespräch gelesen, das Jesus mit einer Frau am Jakobsbrunnen führte. Diese Frau war eine Samariterin. Jesus hatte sie, obwohl sie gesellschaftlich ausgegrenzt war, in ein Gespräch verwickelt.

Sie war ausgegrenzt, weil sie fünf Ehen nacheinander hatte und nun mit einem Mann zusammenlebte, mit dem sie nicht verheiratet war. Jesus begann das Gespräch mit ihr aus einem guten Grund. Er war tatsächlich nach Samarien gekommen, um diese Frau, die verloren war, zu suchen und zu finden. Er wollte ihr das lebendige Wasser, den Heiligen Geist, anbieten. So könnte sie erfüllt mit dem Geist das tun, wozu wir von Gott berufen sind: eine wahre Anbeterin Gottes zu werden.

Die Samariterin hatte das am Ende des Gesprächs noch nicht ganz verstanden. Deshalb sagte sie: „Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus heißt, und wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.“ Jesus erklärte ihr daraufhin: „Ich bin es, der mit dir spricht.“ Er verkündete sich selbst als den Messias, als den Christus.

Dann endete das Gespräch. In diesem Moment kehrten die Jünger Jesu zurück. Während des Gesprächs waren sie in eine Stadt gegangen, wahrscheinlich in die Stadt, aus der diese Samariterin ursprünglich stammte. Sie waren dorthin gegangen, um Nahrung zu besorgen, damit Jesus und sie essen konnten.

Die Jünger verstehen noch nicht

In der heutigen Predigt wollen wir betrachten, was nun geschieht. Dabei werden wir sehen, dass die Jünger vieles noch nicht verstehen. Gleichzeitig werden wir beobachten, wie die Frau immer mehr versteht. Sie hilft dann auch den vielen Menschen in diesem Ort, in dieser Stadt, mehr zu verstehen, sodass sie letztendlich zum Glauben kommen.

Mein Wunsch mit dieser Predigt ist ganz einfach: Ich hoffe, dass sie uns hilft, einen klaren Blick zu bekommen – einen klaren Blick auf die geistliche Dimension aller Dinge. So können wir Jesus klarer erkennen und besser verstehen, wer er wirklich ist.

Ich bin davon überzeugt, dass, wenn wir ihn klarer erkennen und verstehen, dass er gekommen ist als der Heiland der Welt, das auch uns verändern wird. Zum einen wird es unsere Herzen froh machen. Zum anderen wird es uns bereit machen, nun auch in seinem Dienst tätig zu werden und so eine geistliche Ernte einzubringen, die der Herr für uns vorbereitet hat.

Deshalb möchte ich dafür beten, dass Gott sein Wort gebraucht, dass er uns hilft, ihn mehr zu erkennen und uns dann verändert, sodass wir auch zu Tätern seines Wortes werden.

Himmlischer Vater, das ist unser Gebet: Dass du nun zu uns sprichst durch dein heiliges Wort. Dein Wort ist die Wahrheit. Wir wissen, dass wir vieles noch nicht verstehen. Wir brauchen Belehrung und wir brauchen Erinnerung.

So bitten wir dich, dass du uns erinnerst und belehrst, damit wir mehr verstehen von dem, was du wirklich vorhast in dieser Welt. So können wir Anteil haben und gerade darin unsere Freude und Erfüllung finden.

Wir beten dies durch Jesus Christus, unseren Retter und Herrn. Amen.

Predigttext: Johannes 4,27-42

Ich möchte uns den Predigttext aus Johannes 4 vorlesen. Wir setzen unsere Predigtreihe durch das Johannes-Evangelium fort. Heute beginnen wir mit den Versen 27 bis 42.

Unterdessen kamen seine Jünger, und sie wunderten sich, dass er mit einer Frau redete. Doch sagte niemand etwas wie: „Was fragst du?“ oder „Was redest du mit ihr?“

Da ließ die Frau ihren Krug stehen, ging in die Stadt und sprach zu den Leuten: „Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe. Ob er nicht der Christus sei?“

Daraufhin gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm.

Inzwischen mahnten ihn die Jünger und sprachen: „Rabbi, iss!“ Er aber antwortete ihnen: „Ich habe eine Speise zu essen, von der ihr nicht wisst.“

Da sprachen die Jünger untereinander: „Hat ihm jemand zu essen gebracht?“

Jesus sagte zu ihnen: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden. Sagt ihr nicht selbst: ‚Es sind noch vier Monate, dann kommt die Ernte‘? Siehe, ich sage euch: Hebt eure Augen auf und seht die Felder an, denn sie sind reif zur Ernte. Wer erntet, empfängt schon seinen Lohn und sammelt Frucht zum ewigen Leben, damit sich der Säende und der Erntende miteinander freuen. Denn hier ist der Spruch wahr: Der eine sät, der andere erntet. Ich habe euch gesandt, zu ernten, wo ihr nicht gearbeitet habt. Andere haben gearbeitet, und euch ist ihre Arbeit zugute gekommen.“

Es gab viele Samariter aus dieser Stadt, die um der Rede der Frau willen zu ihm kamen. Sie bezeugte: „Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.“

Als nun die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben. Er blieb zwei Tage dort, und noch viel mehr glaubten um seines Wortes willen.

Er sprach zu der Frau: „Von nun an glauben wir nicht mehr um deiner Rede willen, denn wir haben selbst gehört und erkannt: Dieser ist wahrlich der Heiland der Welt.“

Amen.

Die Verwunderung der Jünger und gesellschaftliche Konventionen

Lasst uns diesen Text Abschnitt für Abschnitt betrachten. Im Handout findet ihr eine Predigtstruktur, die euch beim Zuhören helfen kann.

Gleich zu Beginn, in Vers 27, sehen wir, dass die Jünger noch nicht wirklich verstanden, warum Jesus mit der Samariterin spricht. Es ist wichtig zu wissen, dass Johannes, der das Evangelium schreibt, einer der Jünger war. Er war dabei und berichtet ehrlich, was ihm und den anderen Jüngern durch den Kopf ging, als sie Jesus im Gespräch mit dieser Frau sahen.

Er schreibt: „Unterdessen kamen seine Jünger und sie wunderten sich.“ Auf gut Deutsch heißt das, er sagt: „Ich wunderte mich, dass er mit einer Frau redete.“ Doch niemand sagte etwas, obwohl sie es wahrscheinlich dachten: „Was fragst du sie? Oder was redest du mit ihr?“

Dieses Sich-Wundern über das Gespräch war der Samariterin anfangs nicht anders. Das haben wir letzte Woche betrachtet. In Vers 9 war sie ganz überrascht, dass Jesus sie überhaupt angesprochen hatte und ihr sagte: „Gib mir etwas zu trinken.“ Sie antwortete: „Wie? Du bittest mich um etwas zu trinken, du bist ein Jude und ich eine samaritische Frau?“

Johannes ergänzt dazu: „Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern.“ Was hier geschieht, ist also durchaus ungewöhnlich. Besonders ungewöhnlich war es damals, dass sich Männer überhaupt länger mit Frauen unterhielten. Die damalige Gesellschaft dachte, man solle nicht viel mit Frauen reden. Das galt eher als Ablenkung und war nicht hilfreich. Deshalb sollte Jesus eigentlich nicht mit dieser Frau sprechen.

Die Jünger wussten aber, dass Jesus immer wieder Dinge tat, die man eigentlich nicht tat. Er war immer wieder für eine Überraschung gut. Deshalb stellten sie ihre Fragen nicht direkt. Sie dachten sie nur, fragten die Frau nicht: „Was fragst du?“ Und auch an Jesus richteten sie ihre Fragen nicht offen: „Was redest du mit ihr?“

Die geistliche Dimension Jesu Weges

Nun wird hier ganz deutlich, dass die Jünger noch nicht verstanden haben, warum Jesus wirklich hier war.

Letzte Woche haben wir darüber nachgedacht, dass er durch Samarien gehen musste. Wir hatten erkannt, dass das eine göttliche Notwendigkeit war. Er hätte natürlich außen herum gehen können, er hätte Samarien auch meiden können. Aber er musste dorthin gehen, weil Gott mit ihm dort etwas vorhatte.

Die Jünger haben das ganz offensichtlich nicht verstanden. Wahrscheinlich dachten sie einfach, er wollte die kürzeste Route nehmen, um schnell nach Galiläa zu kommen.

Wir haben letzte Woche außerdem bedacht, dass Jesus an diesem Brunnen war, weil er dort diese Frau treffen musste. Er musste nach Samarien gehen, um diese Frau zu finden, um zu suchen, was verloren war.

Er wollte ihr dann das anbieten, wonach sich ihre Seele im tiefsten Innersten wirklich sehnte: das lebendige Wasser seines Geistes. So gab er ihr eine Lebensausrichtung, ein Lebensziel, das wirklich erfüllend ist. Gott anzubeten und für Gott zu leben – darin finden wir unsere wahre Erfüllung.

Dazu war er gekommen. Er war nicht nur für die Juden gekommen, nein, er war auch für Menschen wie diese Frau aus Samarien da. Ja, er ist der Heiland der Welt, oder wie Johannes es schon vorher angekündigt hatte: Siehe, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt.

Doch die Jünger sind blind für diese geistliche Dimension. Sie verstehen nicht, was hier gerade geschieht. Sie sehen einfach eine Frau, die dort nicht hingehört, mit der Jesus nicht reden sollte, die Jesus in Ruhe lassen sollte.

Vielleicht kennst du solche Situationen in deinem Leben auch. Da ist jemand, der etwas von dir will, und du denkst, das sollte eigentlich nicht sein. Das passt nicht, das will ich hier nicht.

Persönliche Erfahrung mit Vorurteilen und Chancen

Ich erinnere mich an eine Situation, die noch gar nicht so lange her ist – vielleicht vor etwa einem Jahr. Es klingelte an meiner Haustür, und ich war gerade mit etwas beschäftigt, an das ich mich nicht mehr genau erinnere. Ich ging zur Tür und sah einen jungen Mann an unserem Gartentor stehen. Mir war sofort klar, dass ich ihn nicht kannte. Er war auch zu alt, um sich für meine Töchter zu interessieren, und meine Frau hätte sicher ebenfalls kein Interesse an ihm gehabt. Er sah zudem etwas abgerissen aus.

Ich fragte mich, was er wohl hier wollte. Er sagte, dass er uns gerne ein Zeitschriftenabo verkaufen würde. Ich antwortete: „Ein Zeitschriftenabo an der Tür? Nein, danke.“ Er entgegnete: „Doch, ich brauche das wirklich.“

In diesem Moment hatte ich einen seltenen Augenblick in meinem Leben, in dem ich eine geistliche Sicht auf die Situation bekam. Ich dachte, vielleicht sollte ich mit ihm reden. Also ging ich zu ihm und fragte, warum er das machte. Er erzählte mir, dass er gerade aus dem Gefängnis entlassen worden sei.

Es gibt wohl Verlagsgruppen, die Zeitschriftenverkäufe über Menschen organisieren, die aus dem Gefängnis kommen. Diese Personen erhalten dann zunächst die Einnahmen aus dem Verkauf. Dafür müssen sie allerdings für zwei Jahre eine Zeitschrift abonnieren. Mir wurde klar, dass dieser junge Mann viel mehr brauchte als nur ein bisschen Geld für einen Neuanfang in seinem Leben – ohne zu wissen, was genau er getan hatte oder ob er vollständig resozialisiert war.

Ich begann, mit ihm über den Glauben zu sprechen. Ich schenkte ihm eine Bibel und abonnierte den Merian. Falls jemand Interesse am Merian hat: Bei mir liegt er immer nur herum.

Doch wie oft ist es bei mir ganz anders? Wie oft sehe ich Menschen und denke: „Nein, das brauche ich jetzt gerade nicht. Was soll das? Mit denen will ich nicht reden.“ So ging es auch den Jüngern in dieser Situation. Aber Jesus wusste, warum er dort war.

Die Reaktion der Samariterin und ihre Zeugniswirkung

Ab Vers 28 sehen wir, was die Samariterin tat, als die Jünger bei Jesus auftauchten. In gewisser Weise haben die Jünger erreicht, was sie wollten, denn die Samariterin geht. In Vers 28 heißt es: Da ließ die Frau ihren Krug stehen und ging in die Stadt. Und sie sprach zu den Leuten: Kommt, seht einen Menschen, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe. Ob er nicht der Christus sei?

Daraufhin gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm. Die Samariterin war ursprünglich nur aus der Stadt gegangen, um Wasser zu holen. Jetzt aber lässt sie sogar ihren Krug stehen, fast so, als ob das Wasser keine Rolle mehr spielen würde. Es scheint, als ob sie etwas Besseres gefunden hat – und genau so war es. Jesus hatte ihr lebendiges Wasser angeboten.

Auch wenn der Heilige Geist noch nicht ausgegossen war, ahnte sie zumindest, dass sie bei Jesus etwas empfangen könnte, wonach sie sich wirklich sehnte. Jesus hatte ihr gesagt: „Dann hol deinen Mann und komm wieder.“ Sie geht nun in die Stadt und holt nicht nur ihren Mann – der nicht ihr Mann war –, sondern sie holt die ganze Stadt. Sie ist von dieser Begegnung mit Jesus so ergriffen, dass sie sagt: „Den müsst ihr sehen, den müsst ihr erleben.“ Sie möchte, dass alle mitkommen, um Jesus kennenzulernen.

Das ist bemerkenswert. Besonders deshalb, weil sie ja vorher – wie wir letzte Woche betrachtet haben – zur Mittagszeit zum Brunnen gegangen war, einer Zeit, zu der eigentlich niemand hinausging, vor allem keine Frau. Wahrscheinlich, weil sie gesellschaftlich völlig ausgegrenzt war. Sie war vermutlich das Gerede der Stadt: die Frau, die schon fünf Männer hatte und jetzt unverheiratet mit einem Mann zusammenlebte.

Doch jetzt scheut sie sich nicht mehr, offen darüber zu sprechen. Sie spricht es selbst an: „Seht den Mann!“ Das klingt fast ein bisschen übertrieben, „der mir alles gesagt hat, was ich getan habe.“ Ja, aber sie definiert sich offensichtlich über ihre Männergeschichten. Wahrscheinlich wird sie von allen anderen auch so gesehen: als die Frau mit den vielen Männern. Sie sagt, das sei quasi das, was sie ausmacht. Doch Jesus hat all das angesprochen.

Und das, was zuvor große Scham verursachte und sie dazu brachte, sich alleine irgendwohin zu begeben, ist jetzt etwas, über das sie ganz offen reden kann. Die Menschen merken das. Die Frau ist offensichtlich so verändert, dass sie nun offen ihre Sünde eingesteht.

Natürlich interessiert die Menschen in der Stadt auch ihre Frage, ob der Mann am Brunnen nicht vielleicht tatsächlich der Christus sei. So werden die Menschen neugierig – durch ihr Zeugnis, ihre Offenheit, über ihre Sünde zu sprechen, und durch ihre Ankündigung, dass dort jemand zu treffen sei, der vielleicht der verheißene Messias ist.

Interessanterweise waren die Jünger vor der Frau in die Stadt gegangen, um Speise zu holen. Doch diese Frau holt die Menschen, damit sie Jesus kennenlernen können. Ist das nicht bemerkenswert? Wer hätte eigentlich in der Stadt evangelisieren sollen? Die Jünger Jesu, die ihn gut kannten und seine engsten Anhänger waren, oder diese Frau, die gerade erst anfing, ein paar Dinge zu verstehen?

Ist es nicht oft so, dass Menschen, die Jesus gerade erst kennengelernt haben, ihn am mutigsten bezeugen? Das darf uns reife Christen durchaus herausfordern. Sollten nicht gerade wir diejenigen sein, die anderen Menschen Zeugnis von Jesus geben – wir, die ihn schon so gut kennen und so viel von ihm wissen? Diese Frau fängt gerade erst an, zu ahnen, und schon evangelisiert sie eine ganze Stadt.

Jesu Erfüllung im Dienst des Vaters

Nun, ab Vers 31 schwenkt der Text wieder zurück. Die Menschen dort sind für Jesus interessiert und machen sich auf den Weg. Wir bekommen quasi den Kameraschwenk zurück zum Brunnen, und wir sehen wieder Jesus und seine Jünger. Dabei wird deutlich, dass die Jünger noch nicht wirklich verstanden hatten, was Jesus wirklich erfüllt und wozu er wirklich gekommen ist.

Ich lese uns ab Vers 31 noch einmal den Text vor:

Inzwischen mahnten ihn die Jünger und sprachen: „Rabbi, iss!“ Er aber sprach zu ihnen: „Ich habe eine Speise zu essen, von der ihr nichts wisst.“ Da sprachen die Jünger untereinander: „Hat ihm jemand zu essen gebracht?“ Jesus spricht zu ihnen: „Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.“

Dieses Gespräch erinnert ein wenig an das Gespräch, das wir letzte Woche betrachtet haben, als Jesus mit der Frau über das lebendige Wasser sprach. Die Frau hatte im ersten Moment gedacht, er rede über Brunnenwasser, und hatte gesagt, er habe doch gar nichts zum Schöpfen, und wie das überhaupt funktionieren soll. Sie hatte noch nicht verstanden, dass Jesus bildhafte Sprache benutzt, um von etwas zu sprechen, das viel erfüllender ist als selbst frisches Wasser an einem heißen Tag – das, was er zu geben hat.

Ähnlich ist es hier: Die Jünger meinen, das, was Jesus wirklich braucht und was ihn erfüllen würde, sei die Speise, die sie aus der Stadt mitgebracht hatten. Jesus nutzt die Gelegenheit, um seine Jünger auf etwas hinzuweisen, nämlich darauf, was ihn viel mehr erfüllt als jede Speise: „Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.“

Jesus spricht immer wieder von dem Willen seines Vaters, den er tun muss, und warum er überhaupt Mensch geworden ist. Zum Beispiel lesen wir in Johannes 6 ab Vers 38:

„Denn ich bin vom Himmel gekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern dass ich es auferwecke am jüngsten Tage. Denn das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben habe, und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage.“

Jesus sagt also, der Wille seines Vaters, der Grund überhaupt, warum er hier auf Erden ist, ist der, dass er zu Menschen geht. Er ist als der Heiland der Welt gekommen, um Menschen zu helfen, ihn zu erkennen – wie er es hier sagt – und dann an ihn zu glauben. Denn die Menschen, die ihn erkennen und an ihn glauben, werden von ihm ewiges Leben bekommen. Sie werden auferweckt zu einem Leben selbst nach dem Tod. Das ist der Wille des Vaters.

Dazu war Jesus gekommen. Dazu musste er durch Samarien gehen. Dazu musste er Menschen aussenden, damit sein Werk verkündigt wird. Das Gespräch mit der Samariterin war Teil des Willens Gottes. Dazu war er gekommen, um dieser Frau ewiges Leben zu bringen und durch sie noch vielen anderen.

Die Frau hatte begonnen, das zu verstehen. Jesus hatte den Willen seines Vaters getan, indem er diese Frau im Gespräch von ihrem Zustand geistlicher Blindheit überzeugt hatte. Er hatte in ihr eine geistliche Neugier geweckt, sodass sie letztendlich zu einer tiefen Erkenntnis kommen sollte und dann auch noch zu seiner Zeugin werden würde.

Jesus sagt: „Schaut, Leute, das erfüllt mich.“ Danke für die Speise, aber was ihn wirklich erfüllt, ist, dass er das tun kann, wozu er hier ist: Menschen auf Gott hinzuweisen und ihnen ewiges Leben zu geben, damit sie gerettet werden.

Kann man nachvollziehen, wie Jesus sich in dem Moment gefühlt haben muss, als diese Frau weggeht und er sicherlich schon weiß, was sie jetzt tut? Ich hoffe, man kann das ein bisschen nachempfinden. Vielleicht hat man selbst schon erlebt, wie Menschen im eigenen Umfeld Jesus angefangen haben kennenzulernen. Das ist fantastisch.

Deswegen freue ich mich auch so auf den Christlernen-Deckenkurs, der demnächst wieder beginnt. Das ist eine meiner Lieblingsveranstaltungen hier in der Gemeinde. Denn eigentlich bei jedem Kurs, wenn Menschen eingeladen werden oder sich direkt angesprochen fühlen, wenn sie am Sonntag kommen, darf ich hautnah miterleben, wie Menschen anfangen, mehr über Christus zu erkennen, mehr über ihn zu verstehen und zu glauben. Das ist großartig.

Wir sitzen oft noch lange nach dem gemeinsamen Essen und dem Vortrag zusammen und reden über den Glauben. Und ich kann sagen: Diese Gespräche erfüllen mich viel mehr als das gute Essen, das es vorher gibt. Ich hoffe, das kann man nachvollziehen. Wenn nicht, dann ist der Christlernen-Deckenkurs am 7. November eine gute Gelegenheit, dabei zu sein.

Jesus ist erfüllt davon. Das erklärt er seinen Jüngern hier. Er ist gekommen, um den Willen seines Vaters zu tun, und das ist erfüllend. Aber er macht auch deutlich, dass das Werk, das der Vater ihm gegeben hat, noch nicht vollendet war. Denn: „Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.“

Die Notwendigkeit des Kreuzes und die Vollendung des Werkes

Um das Werk des Vaters zu vollenden, war mehr notwendig, als die Menschen einfach nur von ihrer geistlichen Blindheit und Not zu überzeugen und sie in seine Nachfolge zu rufen. Ich hoffe, das ist uns klar.

Es beginnt auch in Freikirchen zunehmend umstritten zu sein, ob das, was die Vollendung des Werkes ausmacht, wirklich notwendig war. Aber ich hoffe, du weißt: Das Kreuz, das, was Jesus noch tun musste, um das Werk zu vollenden, war wirklich notwendig. Denn einfach nur in Jesu Nachfolge gerufen zu werden, hilft dir überhaupt nicht, wenn Jesus sein Werk nicht vollendet hätte.

Ja, dann würden die Menschen Jesus nachfolgen, wahrscheinlich mehr schlecht als recht. Sie würden vielleicht versuchen, ein bisschen weniger zu sündigen und ein bisschen besser zu leben. Ich kann mir vorstellen, manche Menschen versuchen das. Aber das reicht nicht, denn eines Tages werden wir vor Gott stehen und Rechenschaft ablegen müssen über alles, was wir getan haben. Nur dadurch, dass wir unserem Leben eine gewisse Wendung geben, werden wir unsere Sünden nicht los. Bleiben wir dann nicht immer noch Menschen, die vor Gott nicht bestehen können?

Deswegen brauchen wir Vergebung. Und damit wir Vergebung empfangen können, musste Jesus eben mehr tun, als die Menschen einfach nur zur Buße und zum Glauben zu rufen. Er musste ans Kreuz gehen, das Werk des Vaters dort vollenden und die gerechte Strafe für unsere Sünden tragen.

Denn Gott ist gerecht. Ja, er ist auch gnädig, aber er ist eben auch gerecht. Das heißt, er kann Sünde nicht einfach so vergeben. Das wäre ungerecht, und das würden wir auch nicht wollen. Angesichts von schlimmer Sünde und großen Gräueltaten schreit alles in uns nach Gerechtigkeit.

Was würdest du von einem Gott halten, der das sieht? Der sieht das große Unrecht, das Schlimme, das in dieser Welt geschieht, und doch sagt: „Ach, passt schon, ist okay.“ Du willst an Gott glauben? Das kann nicht sein. Du bist so geschaffen, dass in dir alles nach Gerechtigkeit schreit, danach, dass das Böse nicht siegen darf.

Tatsächlich wird Gott keine Sünde ungestraft lassen, denn er ist gerecht. Das ist tröstlich. In gewisser Weise ist es sehr tröstlich, im Angesicht des Bösen in dieser Welt zu wissen, dass Gott das Böse nicht siegen lässt. Aber es ist natürlich auch ein riesiges Problem, denn wir leiden ja alle nicht nur unter dem Bösen in dieser Welt.

Wie Andy schon gesagt hat und dabei G. K. Chesterton zitiert hat: Wir leiden vor allem auch an dem Bösen in uns selbst. Deshalb wären wir hoffnungslos verloren, wenn Jesus nur gekommen wäre, um Menschen einfach in seine Nachfolge zu rufen, sie mit ihren Sünden zu konfrontieren und ihnen zu sagen: „Lebt ein besseres Leben.“ Daran würden wir scheitern. Vor allem aber würden wir unsere Sünden niemals loswerden.

Nein, Jesus kam, um als das Lamm Gottes die Sünde der Welt zu tragen. Das hatte Johannes schon angekündigt. Deshalb ließ er sich als stellvertretendes Opfer für die Sünde an ein Kreuz nageln, um dort die gerechte Strafe für unsere Schuld zu tragen. Damit alle, die sich ihm im Glauben zuwenden, dort Vergebung ihrer Schuld finden können.

Denn dort wird die Strafe gezahlt. Die Sünde bleibt nicht ungesühnt. Nur Jesus nimmt sie auf sich und zahlt den Preis, der notwendig war, damit wir Vergebung empfangen können. So kommen am Kreuz Gottes Gerechtigkeit, Gnade und Vergebung zusammen – zum Besten all derer, die auf Jesus Christus vertrauen.

Dabei vollendet Jesus das Werk seines Vaters. Noch am Vorabend seiner Kreuzigung betet er im Garten Gethsemane nicht: „Mein Wille“, nach menschlicher Sicht, sondern: „Dein Wille, Gott, geschehe.“ Er gibt sich ganz dem Willen Gottes hin. Dann stirbt er am Kreuz und ruft zum Vater: „Es ist vollbracht!“ Hier ist nun das Werk vollbracht.

Jesus spricht davon, dass er das tun muss, damit wir ewiges Leben haben können und Vergebung unserer Sünden. Wenn man weiß, dass er Macht über Tod und Sünde hat, versteht man, warum er am dritten Tag auferstanden ist. Er ist der lebendige Herr, der bis heute durch sein Wort und durch treue Zeugen Menschen zum Glauben ruft.

Verstehst du, warum Jesus Menschen nicht nur in seine Nachfolge rufen musste? Warum er sie nicht nur zu einer Veränderung ihres Lebens auffordern musste? Sondern warum er das Werk des Vaters durch seinen Tod am Kreuz vollenden musste? Verstehst du das?

Wenn du dazu noch Fragen hast oder wenn dir nicht ganz klar ist, warum das notwendig war, wenn du denkst, das hätte nicht sein müssen, dann möchte ich dich herzlich einladen, den christlichen Entdeckerkurs zu besuchen. Fünf Dienstage ab dem siebten November.

Vielleicht kommst du heute noch mit mir ins Gespräch. Ich werde nach dem Gottesdienst an der Tür stehen. Sprich mit denen, die dich hierher gebracht haben. Geh dem nach!

Jesus Christus ist der Heiland der Welt, und er kann auch dein Heiland sein, wenn du zu ihm kommst und dich ihm anvertraust. Denn er hat alles getan, was notwendig war, damit alles, was du je in deinem Leben an Bösem und Falschem getan hast – jeder Gedanke, jedes Wort, jede Tat – so gestraft werden kann, dass aller Gerechtigkeit Genüge getan ist und du zugleich Vergebung empfangen kannst.

Jesus kam genau dafür. Das war der Wille seines Vaters.

Die Herausforderung an die Jünger und uns heute

Die Jünger hatten das noch nicht erkannt. Sie folgten Jesus nach, doch sie hatten noch nicht verstanden, was ihn wirklich erfüllt und wozu er wirklich gekommen war. Sie glaubten noch, dass er seine Erfüllung in den Dingen dieser Welt finden würde.

Wahrscheinlich hatten sie zu diesem Zeitpunkt noch die Erwartung, dass Jesus irgendwann auf einem Thron sitzen und in Jerusalem regieren würde. Sie meinten, dass das, was ihn hier und jetzt erfüllt, die Speise sei, die sie ihm gebracht hatten.

Ich denke, das Beispiel der Jünger darf uns wirklich herausfordern. Wie sieht es eigentlich bei uns aus? Ich spreche hier bewusst die Christen unter uns an. Wie ist es bei dir? Sind wir vielleicht auch oft viel mehr auf das Irdische bedacht, als darauf, den Willen des Vaters zu hinterfragen? Stehen wir nicht tatsächlich in der Gefahr, auf das zu schauen, was vor Augen ist – so wie die Jünger es hier tun? Sie sehen die Speise und denken, dass es das ist, worum es hier geht.

Wenn ich die Frage jetzt stelle, dann meine ich nicht, ob du gerade einfach darüber nachdenkst, was es zum Mittagessen gibt und deswegen noch nicht auf die Predigt hörst – wobei auch das ein Indikator sein könnte. Vielmehr meine ich es viel breiter: Worauf bist du in deinem Leben bedacht? Auf deine Karriere oder darauf, wie du geistlich weiterkommst? Auf dein Äußeres oder auf das geistliche Leben in dir? Auf deine schulischen Leistungen oder darauf, mehr über deinen Herrn und Retter zu lernen?

Diese Frage gilt vielleicht auch den Eltern: Bist du mehr bedacht auf die schulischen Leistungen deiner Kinder oder darauf, dass sie mehr über denjenigen lernen, der ihr ganzes Leben in der Hand hält? Bist du mehr auf deine Gesundheit oder die Gesundheit der Menschen in deinem Umfeld bedacht – oder eher auf deine und ihre geistliche Gesundheit?

Ich glaube, unser Gebetsleben kann uns helfen, uns hier zu hinterfragen – vorausgesetzt, wir haben überhaupt ein Gebetsleben. Und ich hoffe, das haben wir. Beten wir zum Beispiel mehr für eine Arbeitsstelle, für allgemeine Versorgung, für Gesundheit oder vielleicht für irdischen Frieden? Das sind alles Dinge, für die wir beten dürfen. Unser himmlischer Vater hört gerne, wenn wir ihm alle unsere Nöte bringen.

Aber beten wir eigentlich nur für diese Dinge? Oder haben wir vor allem auch Dinge im Blick, wenn wir beten – etwa geistliches Leben, geistliche Gesundheit, geistliches Wachstum oder Frieden mit Gott?

Mein Gebet für mich und für uns alle ist, dass wir mehr und mehr die Worte des Vaterunsers zu unserem Gebet machen – und zwar aus tiefstem Herzen: „Dein Wille geschehe!“ Das war das Gebet unseres Herrn. Er hatte sehr klar vor Augen, dass er gekommen ist, den Willen des Vaters zu tun.

Die Jünger verstanden das noch nicht. Sie hatten noch nicht begriffen, wozu Jesus gekommen war, und sie hatten auch noch nicht wirklich verstanden, wie Jesus sie gebrauchen will.

Das bringt uns zum letzten Abschnitt.

Der Aufruf zur Ernte

Ab Vers 35 gebraucht Jesus ein weiteres Bild, um seinen Jüngern zu helfen, zu erkennen, wozu er sie einsetzen will. Wir lesen dort: „Sagt ihr nicht selbst, es sind noch vier Monate, dann kommt die Ernte? Sieh, ich sage euch, hebt eure Augen auf und seht auf die Felder, denn sie sind reif zur Ernte. Wer erntet, empfängt schon seinen Lohn und sammelt Frucht zum ewigen Leben, damit sich miteinander freuen, der da sät und der da erntet. Denn hier ist der Spruch wahr: Der eine sät, der andere erntet. Ich habe euch gesandt zu ernten, wo ihr nicht gearbeitet habt, andere haben gearbeitet, und euch ist ihre Arbeit zugutegekommen.“

Die Jünger sahen in der Stadt Samaria wohl nur eine Proviantstation auf dem Weg ins jüdische Galiläa. Wahrscheinlich gingen sie davon aus, dass in Galiläa Jesus jetzt gute Frucht einbringen könnte. Die reiche Ernte war also noch ein Stück entfernt.

Doch Jesus sagt den Jüngern jetzt: „Leute, macht die Augen auf! Die Ernte ist hier vor euren Augen. Sie ist hier und muss jetzt eingebracht werden.“ Das, was er sagt: „Hebt eure Augen auf und seht auf die Felder, sie sind reif zur Ernte.“

Ich weiß nicht, das ist Spekulation, aber ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Jesus mit seinen Jüngern redet. Jesus sieht hinter den Jüngern am Horizont die Menschen aus der Stadt kommen. „Hebt eure Augen auf!“ Die Jünger hatten das nicht im Blick. Sie waren nur auf die irdische Speise bedacht. Sie wollten einfach weitergehen, ans Ziel kommen, dorthin, wo sie hinwollten. Sie waren nicht darauf eingestellt, hier als Erntehelfer zu wirken.

Doch während sie in die Stadt gegangen waren, um einfach nur Brot zu kaufen, war die Frau zu Jesus gekommen, und er hatte angefangen zu säen. Und dann, während sie aus der Stadt mit dem Brot zurückkamen, ging die Frau, die Jesus „hineingesät“ hatte, in die Stadt und säte dort weiter.

Alles, was jetzt noch zu tun ist, nachdem die Felder reif zur Ernte sind und die Menschen kommen, sagt Jesus: „Jetzt einfach nur noch ernten.“ Das ist alles, was noch nötig ist, und dazu ruft er seine Jünger jetzt auf.

Was Jesus hier sagt, fordert mich zumindest ganz schön heraus. Ich frage mich: Hebe ich immer wieder mal den Blick und schaue auf das, was Jesus vielleicht mit mir vorhat? Oder bin ich so gefangen in dem, was gerade vor meinen Augen ist?

Ich glaube, wir sind immer wieder in Gefahr, die wirklich wichtigen Dinge aus dem Blick zu verlieren – die Dinge, die wirklich Bedeutung haben. Wir brauchen einen klaren Blick darauf, was wir und andere geistlich brauchen, wie wir ihnen geistlich Gutes tun können. Jesus hilft seinen Jüngern jetzt, die geistliche Dimension zu sehen.

Es ist in gewisser Weise so, als wenn mir jemand ein Rot-Grün-Bild vor Augen hält und erklärt: „Schau, das ist die Zahl.“ Dann fange ich an, sogar ich mit meiner Rot-Grün-Schwäche, anders zu sehen. Ich glaube, die Jünger fangen jetzt an, anders zu sehen. Und ich hoffe, du fängst jetzt auch anders an zu sehen: Wozu ist Jesus gekommen? Wozu bin ich hier?

Die Jünger dürfen das erleben, denn das Feld mit der Ernte kommt quasi auf sie zu.

Die Erweckung in Samarien

Vers 39 knüpft genau dort an, wo wir vorhin aufgehört haben. Als die Menschen losgingen und wir den Schwenk wieder zum Brunnen hatten, wo Jesus mit seinen Jüngern sprach, heißt es in Vers 39 nun: „Es glaubten aber viele, es glaubten aber an ihn viele der Samariter aus dieser Stadt um der Rede der Frau willen, die bezeugte: ‚Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.‘“

Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben. Er blieb zwei Tage dort, und noch viel mehr glaubten um seines Wortes willen. Sie sprachen zu der Frau: „Von nun an glauben wir nicht mehr um deiner Rede willen, denn wir haben selber gehört und erkannt, dieser ist wahrlich der Weltheiland.“

Wir sehen also hier, dass die Frau bereits angefangen hatte zu reden und die Menschen in gewisser Weise schon begonnen hatten zu glauben. Interessant ist, dass hier betont wird, sie glaubten nicht so sehr der Frau, weil sie gesagt hatte, das könnte der Christus sein, sondern weil sie so offen über ihre eigenen Sünden gesprochen hatte. Ihr Zeugnis hatte bei den Menschen offensichtlich ausgelöst, dass sie sagten: „Okay, mit dem ist etwas Besonderes.“

Doch es reicht ihnen nicht, jetzt irgendwie zu glauben, dass da ein besonderer Mann am Brunnen steht. Sie wollen mehr. Sie wollen nicht einfach nur von Jesus hören, sie wollen ihn hören. Sie wollen ihn erkennen. Deshalb gehen sie zu ihm hin und bitten ihn: „Bleib doch noch!“ So bleibt er für zwei Tage.

Wir lesen, dass es Erntezeit ist. Viele, viele kommen zum Glauben. Anstatt dass das nur ein Weg durch Samarien von Judäa nach Galiläa war, ist dieser Ort der Ort, an dem Jesus jetzt sein großes Werk tut. Er hat gesät, die Frau hat gesät, vielleicht haben schon manche Generationen vor ihm gesät, und jetzt wird geerntet.

Hier ist Erweckung, Erweckung mitten in diesem Kaff in Samarien. Das hätten die Jünger nicht für möglich gehalten.

Einladung zur persönlichen Reflexion und Nachfolge

Und wie ist das bei dir? Hältst du es für möglich, dass Gott hier und heute Erweckung wirken kann? Hältst du es für möglich, dass Gott hier und heute Erweckung schenken kann?

Diese Erweckung muss in uns beginnen, in unserem Herzen. Wenn du Jesus noch nicht wirklich als deinen Retter und Herrn ergriffen hast, dann beginnt es damit, dass du ihn ergreifst – so wie die Samariterin, wie diese Frau es getan hat.

Es geht weiter damit, dass wir ihn vielleicht wieder neu in den Blick bekommen. Wir lernen wieder neu, geistlich auf Dinge zu schauen, sodass wir unseren wunderbaren Herrn und Retter Jesus Christus wieder klar vor Augen haben. Wir erkennen klar, wozu er wirklich gekommen ist: nicht, um uns jetzt noch ein bisschen zu verwöhnen in diesem Leben hier auf Erden, um uns vielleicht noch etwas mehr Gesundheit zu geben oder einen besseren Job. Das ist nicht Jesus, das ist der Weihnachtsmann.

Jesus ist gekommen, um Menschen zu retten. Und hörst du, was Jesus hier sagt? Wo ist wahre Freude? Dort, wo er, der Sämann, und diejenigen, die sich von ihm gebrauchen lassen, gemeinsam erleben, wie Gott sie gebraucht, um seinen Willen zu tun und sein Werk zu vollenden. Das ist Erfüllung, das ist wahre Freude. Lass dich darauf ein.

Zum Abschluss möchte ich dich fragen: Was meinst du, warum du hier bist? Oft denken wir in ähnlichen Kategorien wie die Jünger damals an dem Brunnen in Samaria: Ja, wir sind hier auf der Durchreise. Das stimmt, wir sind auf der Durchreise. Das ist nicht unsere ewige Heimat. Wir werden weiterreisen. Wenn wir auf Jesus Christus vertrauen, kommen wir ins gelobte Land – an einen Ort, wo wir in Ewigkeit vor dem Thron Gottes sein werden, uns an ihm erfreuen und ihn anbeten. Das wird Erfüllung sein.

Aber auch auf dieser Durchreise will Gott uns gebrauchen. Wir sind nicht zufällig hier. Zwar hat Jesus sein Werk in gewisser Weise am Kreuz vollbracht und vollendet, doch wirkt er noch weiter durch Menschen wie dich und mich hier und heute, um seine Ernte einzubringen.

Möge der Herr uns den geistlichen Blick auf unser Leben und auf ihn schenken, sodass wir uns von ihm gebrauchen lassen und darin unsere Freude und Erfüllung finden.

Schlussgebet: Bitte um geistliche Klarheit und Erfüllung

Ich bete für uns alle: Himmlischer Vater, danke, dass du unsere oft so blinden Augen öffnen möchtest für die Dinge, die wirklich zählen. Herr, ich bekenne dir – und ich denke, wir bekennen dir gemeinsam –, dass wir uns im Leben so oft mit Dingen beschäftigen, die nur für kurze Zeit Bedeutung haben. Dabei verlieren wir die Dinge aus dem Blick, die ewige Bedeutung besitzen.

Herr, wir bekennen dir, dass wir so häufig irdische Dinge vor Augen haben und dich sowie deinen Willen aus dem Blick verlieren. Mein Gebet für uns alle ist, dass wir neu erkennen, wozu du gekommen bist, damit wir bei dir ewiges Leben und wahre Erfüllung finden.

Ich bete, dass du uns hilfst zu verstehen, warum du uns noch hier in dieser Welt belassen hast. Die Felder sind reif zur Ernte. Ich bekenne dir, dass ich manchmal daran zweifle. Wenn ich in dieses Land schaue, denke ich oft, hier sei nichts mehr zu holen.

Herr, gib uns neue Hoffnung, Zuversicht und Vertrauen. Lass uns erkennen, dass du uns genau hier haben willst, weil du hier noch etwas bewirken möchtest – so wie du es einst dem Apostel Paulus in Korinth gesagt hast: „Ich habe noch viele Menschen in dieser Stadt.“

Herr, mache uns mutig und froh, dir nachzufolgen – zu deiner Ehre und zum Wohle der Menschen. Mach uns froh an dir und daran, dass wir sehen dürfen, wie du Gefallen daran hast, selbst durch schwache Menschen wie uns zu wirken.

Zum Lob sei deine Herrlichkeit. Amen.