Dankbarkeit und Gebetsanliegen für Leidende
Ich danke unseren treuen Mitarbeitern und für alles, was sie gegeben haben. Möge der Herr diese Gaben gebrauchen, um sein Reich hier und in aller Welt zu bauen. Durch diese Gaben können wir Missionare aussenden. Wir freuen uns, dass wir das heute tun konnten, liebe Daniela.
Wir haben gerade gesungen, in der vierten Strophe: „Ich will mein Lebenslicht neigen in des Vaters Schoß, mich betten mit Gebet und Zuversicht.“
Michael Ludwig hat gerade für Fritz Günther Pannier gebetet, der heute nicht hier ist. Er steht nicht auf der Krankenliste, aber es geht ihm nicht gut. Wir wissen nicht, wie lange er noch hat. Vielleicht wird er wieder ganz gesund und wieder mitten unter uns sein. Dennoch denke ich, es ist gut, dass wir auch an diejenigen denken, die auf ihrem letzten Weg sind – so lange dieser auch sein mag. Wir treten für sie und ihre Angehörigen im Gebet ein, denn diese Zeit ist schwer.
Ich weiß, dass Edith sich sehr liebevoll um ihren Mann kümmert. Ich bin mir sicher, sie kann unser Gebet gebrauchen. Möge sie diese Zuversicht immer wieder ausstrahlen und die Kraft finden, ihrem Mann auch in dieser Zeit zur Seite zu stehen.
Ich möchte jetzt für die Predigt beten. Wir neigen uns dazu.
Lieber himmlischer Vater, danke, dass du zu uns sprichst durch dein heiliges, irrtumsloses und von dir eingegebenes Wort. Es ist doch so ganz menschlich und spricht unsere Herzen an. So wollen wir dich bitten, dass du genau das heute tust: Sprich du zu uns und mach uns bereit, zu hören. Zeige uns, wie du so ganz menschlich bist.
Mach uns bereit, deine Stimme durch die Worte von David zu hören, durch die Worte aus Psalm 13. Ermutige uns durch dein Reden, erbaue uns im Glauben, tröste uns und bereite uns vor auf das, was kommen mag.
Herr, so bitten wir dich, dass du die Worte, die ich nun spreche, leitest und führst. Hilf mir, nur das zu sagen, was dein Wille ist. Mach uns bereit zu hören, und gebrauche all das zu deiner Ehre und zur Erbauung der Gemeinde. Amen.
Die Bedeutung von Blicken in Beziehungen und die Krise des Psalmisten
Blicke können sehr vielsagend sein, nicht wahr? Wir kennen die Redewendung von der Liebe auf den ersten Blick. Blicke können manchmal Beziehungen ausdrücken. Wenn eine Beziehung entsteht, wenn Liebe entsteht, geschieht es manchmal, dass sich die Blicke nicht mehr treffen, dass sich zwei Augenpaare nicht mehr finden.
Dann entsteht Leid. Es entsteht eine Krise, besonders wenn das lange anhält. Wenn man nicht mehr miteinander redet, sich nicht mehr sieht und die Blicke scheinbar immer aneinander vorbeigehen.
Unser heutiger Predigttext nimmt uns mit in eine solche Krise, in eine Beziehungskrise. Aber es ist nicht eine Beziehungskrise zwischen Menschen, sondern eine Beziehungskrise mit Gott. Es geht um das Leid, das entsteht, wenn der Mensch Gott nicht mehr sehen kann, wenn er das Gefühl hat, dass Gott sich von ihm abgewandt hat.
Wir haben gerade Psalm 13 gehört. Dort bekommen wir einen Eindruck davon, wie David leidet. Er leidet darunter, dass Gott sich scheinbar von ihm abgewandt hat und ihn seinem Schicksal überlässt.
Dann sehen wir, wie David darum ringt, wieder in Kontakt mit Gott zu kommen. Er bittet und wird mutig in seiner Bitte. Am Ende findet er eine neue Zuversicht. Er ist überzeugt, dass der Herr ihn immer noch liebt, für ihn da ist und ihm Gutes tun wird.
Diesen Psalm wollen wir heute betrachten: Psalm 13.
Aufbau und Zweck des Psalms
Psalm 13 gliedert sich ganz ähnlich wie der Psalm der letzten Woche. Zunächst gibt es einen ersten Vers, der auf den ersten Blick nicht richtig zum Psalm zu gehören scheint. Anders als die Abschnittsüberschriften in der Lutherbibel, die menschliche Hinzufügungen sind und mal mehr, mal weniger gut passen, ist Vers 1 tatsächlich Teil dieses Psalms. Er ist von Gott eingegeben.
Gott macht hier, ähnlich wie im Psalm 6, deutlich, dass dies ein Psalm Davids ist. Er sagt uns also, von wem dieses Lied, dieses Gebet stammt. Außerdem teilt er uns mit, dass es vorgesungen werden soll. Das heißt, wir sollen ganz bewusst zuhören und an dem teilhaben, was David erlebt.
Dieser Psalm ist also nicht nur ein Gebet zum bloßen Betrachten, interessant wie andere Gebete. Er ist etwas, wovon wir lernen sollen. Wir sollen ermutigt und erbaut werden. Deshalb soll dieser Psalm vorgesungen werden.
Man kann sehr leicht erkennen, wie sich der Psalm in drei Teile gliedert. Die Verse 2 und 3 enthalten Worte der Verzweiflung. Es ist eine wirklich verzweifelte Klage des Beters, der sich mit seinen Nöten und Fragen an Gott wendet.
In den Versen 4 und 5 finden wir dann die mutige Bitte. David betet und nennt Gott Gründe, warum er dieses Gebet beantworten sollte.
Schließlich gibt es in Vers 6 die Wende: einen sehr zuversichtlichen Lobpreis des Beters.
Diese drei Teile wollen wir jetzt genauer betrachten. Wir wollen Gott so zu uns sprechen lassen. Es ist meine Hoffnung, dass dieser Psalm, dieses Gebet, dieses Lied uns hilft, auch immer mehr so zu beten. Es soll uns ermutigen, gerade auch in schweren Zeiten im Gebet vor Gott zu kommen.
Die verzweifelte Klage: Vers 2 und 3
Betrachten wir zuerst die Verse zwei und drei. Hier hören wir die verzweifelte Klage des Psalmisten, der Gott scheinbar direkt anklagt. Viermal ruft er laut aus: „Wie lange?“
Ich lese uns Vers zwei und drei vor:
„Herr, wie lange willst du mich so ganz vergessen?
Wie lange verbirgst du dein Antlitz vor mir?
Wie lange soll ich Sorgen in meiner Seele haben
und mich Ängste in meinem Herzen täglich quälen?
Wie lange soll sich mein Feind über mich erheben?“
In den ersten beiden Ausrufen sehen wir, dass diese Beziehungskrise zum Ausdruck kommt: „Wie lange willst du mich so ganz vergessen?“ und „Wie lange verbirgst du dein Antlitz vor mir?“ Das Gefühl, von Gott verlassen zu sein, wird hier sehr deutlich.
Diese Gottverlassenheit drückt sich bei ihm auf zweierlei Weise aus, und das zeigt sich im nächsten Vers. Dort nennt er zwei Aspekte: „Wie lange soll ich Sorgen in meiner Seele haben und mich Ängste in meinem Herzen täglich quälen?“ Das heißt, seine Gottverlassenheit nimmt er wahr, indem er Sorgen und Ängste in sich spürt. Es ist diese innere Not.
Doch diese Not ist nicht nur innerlich. Sie kommt auch durch äußere Anfechtungen. „Wie lange soll sich mein Feind über mich erheben?“ Die innere Not und die schweren äußeren Umstände gehen fast immer im Leiden Hand in Hand.
Die innere Not, Verzweiflung oder Depression, hat im Normalfall immer auch etwas mit äußeren Umständen zu tun. Gleichzeitig sind die äußeren Umstände nicht allein das Problem. Es kommt auch darauf an, wie wir damit umgehen, was sie mit uns tun und wie wir darauf reagieren.
Der Beter erkennt diese doppelte Not: seine tiefe innere Qual, seine Sorgen und Ängste, die überwältigend werden, und gleichzeitig seine äußeren Umstände, die Feinde, die sich über ihn erheben. So ruft er zu Gott: „Herr, wie lange? Wie lange!“
Diese zwei Verse sind voller Emotionen. Das ist keine intellektuelle Abhandlung, sondern pure Emotion. Der Beter scheut sich nicht, Gott seine Verzweiflung einfach zuzurufen. Er fragt nicht erst, ob man so beten darf. Er überlegt nicht, ob es theologisch gerechtfertigt ist, Gott so anzusprechen. Er fragt nicht, ob da nicht zu viel Anklage drin ist, die man eigentlich nicht von Mensch zu Gott richten darf.
Nein, er ruft einfach in seiner Not zu Gott – so wie es ist. Dieser Psalm ist vorzusingen, damit wir das hören.
Der Beter tritt mit all seiner Verzweiflung vor Gott. Er sagt: „Herr, Herr!“ Das ist der erste Schritt, um aus der Verzweiflung herauszukommen: sich Gott zuzuwenden im Gebet.
Der Ungläubige kann so nicht beten. Der Ungläubige ist in seiner Not und Verzweiflung allein. Er kann nur laut schreien, aber er hat keinen Adressaten. Das ist das Privileg der Gläubigen, die Gott kennen. Sie wissen, dass sie in ihrer Not nicht allein sind. Sie wissen, dass da einer ist, dem sie sich zuwenden können.
So möchte ich uns Mut machen, so wie der Psalmist alles vor Gott zu bringen, ihm alles zuzurufen – alle Nöte, alle Leiden, aber auch die Freuden.
Lebe so, wie Daniela uns das vorhin gesagt hat: Lebe mit Gott und sei mit ihm im Gespräch. Suche die Beziehung zu deinem himmlischen Vater.
Der Psalmist hat das nicht nur einmal getan. Wir können schon erahnen, dass dieses Gebet ein lang anhaltendes ist. Im allerersten Moment, wenn man Leid erlebt, fragt man nicht sofort „Wie lange?“. Diese Frage entsteht erst, wenn man gebetet hat, noch einmal gebetet hat und weiter betet und den Eindruck hat, das Gebet werde nicht erhört.
So betet er beharrlich und ruft in seiner Verzweiflung aus: „Herr, wie lange noch?“
Daniela, du wirst in Amsterdam im Rotlichtviertel unter Frauen arbeiten, die Gott nicht kennen. Sie leiden unter schlimmen Umständen, haben große Nöte, die sicherlich äußerlich sind, aber oft auch innerlich.
Diese Frauen kennen Gott nicht und wissen nicht, dass sie zu ihm rufen können. Aber du kennst Gott. Du kannst ihrem Leiden, ihren Nöten Worte verleihen. Du kannst ihnen zeigen, dass es einen gibt, den man ansprechen und anrufen darf in der Not.
Wir wollen dich dabei mittragen im Gebet und dir Mut machen, diesen Dienst zu tun. Sei dankbar, dass du gehst und den Menschen, die dort Not leiden, hilfst zu wissen, dass sie in ihrer Not nicht allein sind.
Dieser Dienst wird nicht leicht sein. Du wirst von viel Not und Leiden umgeben sein. Deshalb wirst auch du selbst sicherlich Phasen haben, in denen das Leid zu groß wird und Verzweiflung kommt.
Ich möchte dir Mut machen: Du musst nicht stark sein. Du musst jetzt nicht diejenige sein, die alles irgendwie schafft. Du darfst sein wie der große König David und deine Not zu Gott hinausschreien.
Darum weißt du: Dein himmlischer Vater hört dich und steht dir zur Seite.
Im Ringen mit Gott ist manchmal Geduld gefragt. Aber Lars hat vorhin so schön gebetet: Gott hört unser Gebet, auch wenn er es nicht immer sofort beantwortet. Er hört unser Gebet.
Das sagt uns Gott selbst. David scheint das zu wissen. Deshalb ringt er mit Gott, ruft ihm seine Verzweiflung zu und wendet sich dann mit einer ganz konkreten Bitte an Gott.
Die mutige Bitte und das Erkennen des Problems: Vers 4 und 5
Und das sehen wir dann in den Versen 4 und 5. Dort hören wir die mutige Bitte von David: „Schau doch und erhöre mich, Herr, mein Gott! Erleuchte meine Augen, damit ich nicht dem Tode entschlafe, damit nicht meine Feinde sich rühmen, sie seien meiner mächtig geworden, und meine Widersacher sich freuen, dass ich wanke.“
In Vers 2 hat David in seinem Rufen zum Ausdruck gebracht: „Wie lange noch?“ Er hatte den Eindruck, Gott habe sich von ihm abgewandt, Gott habe ihn vergessen. Jetzt betet er und sagt: „Herr, schau doch, schau, wende dich nicht ab, erhöre mich, Herr, mein Gott!“ Ein großartiges Gebet eines Menschen, der sich von Gott verlassen fühlt. David möchte wieder Kontakt haben mit seinem Gott. Er möchte wieder wissen, dass Gott für ihn ist, dass Gott ihm beisteht inmitten seines Leidens.
Doch dann, nach diesem Ausruf „Schau doch, erhöre mich, Herr, mein Gott!“, nimmt dieses Gebet eine sehr interessante Wendung. Es wirkt fast so, als ob der Psalmist plötzlich bemerkt, dass das Problem vielleicht gar nicht ist, dass Gott sich abgewandt hat, sondern dass er Gott irgendwie aus den Augen verloren hat. Deshalb sagt er: „Erleuchte meine Augen, hilf mir, dich zu sehen, gib mir neues Licht!“
Das ist immer das Problem, wenn wir den Eindruck haben, keine Beziehung mehr zu Gott zu haben: Mein Gott wendet sich doch nicht von uns ab. Gott ist niemals wirklich weg. Er ist da. „Ich bin bei euch alle Tage.“ Er sieht und hört uns. David kommt das anders vor, er fühlt sich von Gott verlassen. Aber wahrscheinlich, mitten in seinem Ausrufen, wo er seinem Leid Worte verleiht, hört er auf sich selbst. Scheinbar wird ihm klar: Das Problem ist vielleicht gar nicht, dass Gott sich abgewandt hat. Das Problem ist vielleicht, dass ich ihn aus den Augen verloren habe.
Er erkennt scheinbar, dass dieses Problem, Gott nicht sehen zu können, etwas ist, das er nicht einfach lösen kann. So ruft er zu Gott: „Erleuchte meine Augen! Mach mich, der ich irgendwie blind geworden bin, wieder sehend!“ Was für ein wunderbares Gebet für jeden von uns, nicht wahr? Wenn wir das Gefühl haben, wir können Gott nicht mehr richtig hören, wir haben irgendwie den Kontakt zu ihm verloren. Ja, wir kommen zu ihm, wir lesen sein Wort, aber es spricht uns überhaupt nicht mehr an, es ist nicht mehr lebendig. Dann dürfen wir zu Gott kommen, genau mit diesem Gebet. Wir dürfen ihn bitten, unsere Augen zu öffnen.
Psalm 119, Vers 18 bringt das so wunderbar zum Ausdruck: „Öffne mir die Augen, dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz.“ Dabei bedeutet „Gesetz“ hier nicht nur die Zehn Gebote, sondern ist ein Ausdruck für das ganze Wort Gottes.
Daniel hat vorhin so schön gesagt: Gebet und Bibellesen gehen bei dir Hand in Hand. Und ich denke, das gilt immer. Ohne Gebet werden wir die großartigen Lehren der Bibel nicht wirklich verstehen. Wenn wir aber Gott bitten, uns Erkenntnis zu schenken und uns die Augen zu öffnen für die Wunder in seinem Wort, dann wird das Wort für uns wieder lebendig.
Bibellesen mit Gebet – das ist Bibellesen mit Gewinn. Andererseits gilt aber auch: Ohne die Erkenntnis, die wir durch das Lesen von Gottes Wort bekommen, bleiben unsere Gebete uninformiert. Deshalb fand ich es so wunderbar, dass du uns gerade noch einmal mit hineingenommen hast und gesagt hast: „Ich lese Gottes Wort und das informiert mein Gebet. So kann ich jetzt Gott preisen. Jetzt habe ich Worte, jetzt habe ich auch wieder ein neues Verständnis davon, wer Gott wirklich ist.“ Neue Zuversicht zum Gebet.
Gerade in Leidenszeiten ist es so, dass unsere Gedanken manchmal wirr werden, dass wir gar nicht mehr genau wissen, was richtig und falsch ist, oder was wir überhaupt noch beten sollen. Da kann uns Gottes Wort helfen, dass sich unsere Gedanken und Emotionen wieder neu ordnen und sich wieder an Gottes Wort orientieren.
Dann werden wir erkennen, so wie David das erkennen durfte, dass Gott seinen Kindern nie versprochen hat, dass wir ein leidensfreies Leben führen werden. Das Leben auch von Christen in dieser Welt wird manchmal schwer sein. Es wird manchmal mit schwerem Leid einhergehen, manchmal mit nicht enden wollendem Leid.
Das ist kein Zeichen dafür, dass Gott uns verlassen hat. Gott hat uns nicht gesagt: „Ich werde euch das ersparen.“ Und wenn ihr leidet, dann ist das ein Zeichen, dass ich euch nicht mehr lieb habe. Nein, Gott hat gesagt: „Die, die ich liebe, die werden leiden, und ich werde ihnen beistehen, für sie sein und sie durchtragen.“ Das ist die Gewissheit, die wir haben dürfen.
Daniela, ich habe einen Vers für dich. Speziell für dich ist ein Gebet des Paulus an die Epheser. Man könnte noch viel mehr lesen, es ist ein längeres Gebet. Aber ich bete mit dem Apostel Paulus für dich, dass der Herr dir erleuchtete Augen des Herzens gibt, damit du erkennen kannst, zu welcher Hoffnung du von ihm berufen bist – immer wieder, immer wieder neu, gerade in schweren Zeiten.
Die Hoffnung trotz schwieriger Umstände
Schwierige Umstände können dazu führen, dass wir Gott aus den Augen verlieren. Es ist wie an einem grauen Tag. Heute früh war es nebelig, gestern Nachmittag war es ganz grau. Man könnte denken, die Sonne sei verschwunden. Doch das ist sie nicht, wissen wir. Die Sonne ist noch da. Wir können sie nur nicht sehen, weil die Wolken davor sind.
Wenn wir ein wenig Erfahrung mit Wolken und Sonne gesammelt haben, wissen wir, dass irgendwann – auch wenn es im Winter und Herbst manchmal nicht so aussieht – die Strahlkraft der Sonne ihr Licht wieder durch die Wolken hindurchbringen wird. Und wir werden sie wieder sehen.
Ich weiß nicht, ob Sie das schon einmal ausprobiert haben. Ich bin ja ein Sonnenfanatiker. Manchmal schaue ich den Himmel an, wenn er ganz bewölkt ist. Ich weiß gar nicht, warum ich das mache, aber manchmal tue ich es einfach. Ich schaue hin und irgendwann sehe ich, wo die Sonne ist. Wir wissen ja, was wir schon einmal getan haben. Selbst an bewölkten Tagen kann man die Sonne erkennen. Man muss nur sehr genau hinsehen und wissen, wo sie ist. Dann erkennt man sie. Vielleicht könnten Sie das später einmal ausprobieren.
So ist das mit Gott. Zum einen dürfen wir aus Erfahrung wissen, dass irgendwann die Phase, in der Gott uns weit weg erscheint, dem Licht der Sonne Raum geben wird, das durchbricht. Irgendwann merken wir: Gott ist da. Wir dürfen darauf vertrauen, denn unsere Erfahrung lehrt uns das. Gerade in diesen dunklen Zeiten sollten wir uns daran erinnern.
Wenn wir ein wenig geschult darin sind, können wir auch inmitten von Wolken und Leid erkennen: Gott ist da. Ich sehe vielleicht nicht so klar, wie ich es gerne hätte, aber er ist da. Und er kann mir selbst in dieser grauen Zeit Orientierung geben.
Dazu müssen wir unsere Augen auf ihn richten – im Gebet und im Lesen seines Wortes. Dann werden wir erleben, dass Gott uns neue Zuversicht gibt.
Die Zuversicht des Psalmisten und die Verbindung von Gottes Ehre und unserem Wohlergehen
Das, was der Psalmist hier tut, geschieht mitten in seinem Leiden und in dem Gefühl, dass Gott sich von ihm abgewandt hat. Er wendet sich Gott zu, ruft ihn an, sucht sein Angesicht und bittet ihn: „Hilf mir, dich zu erkennen.“
Mitten im Gebet wird er plötzlich mutig. Er nennt Gott Gründe, warum dieser eingreifen sollte: damit er nicht im Tode entschlafe, damit sich seine Feinde nicht rühmen können, dass sie mächtiger als er geworden sind, und damit seine Widersacher sich nicht freuen, dass er wankt.
Er vertraut nun darauf, dass Gottes Ehre und sein Wohlergehen miteinander verknüpft sind. Gott hat ihm als seinem Erwählten, dem von ihm Gesalbten, zugesagt, dass er für ihn ist. Gottes Anerkennung in der Welt ist verbunden mit seinem Wohlergehen.
Diese Zuversicht dürfen auch wir haben. Als Gottes Kinder dürfen wir wissen, dass Gott uns nicht zu Schanden werden lässt, dass er uns beisteht und uns hinführen wird zu einem Tag, an dem wir mit ihm triumphieren werden – über alle Feinde und alles Böse.
Gott ruft in seiner Verzweiflung zu Gott. Dann betet er und bittet ihn, die Beziehung wiederherzustellen. Anschließend erleben wir, wie David ganz neue Zuversicht gewinnt. Das sehen wir in Vers 6: „Ich aber traue darauf, dass du so gnädig bist. Mein Herz freut sich, dass du so gerne hilfst. Ich will dem Herrn singen, dass er so wohl an mir tut.“
Wie im Psalm 6, den wir letzte Woche betrachtet haben, erleben wir hier eine plötzliche Wende – vom Klagen hin zum Frohsein an Gott und zum Lobpreis. Doch auch hier lesen wir nichts davon, dass Gott bereits eingegriffen hätte.
Die neue Zuversicht hängt wahrscheinlich nicht so sehr damit zusammen, dass Gott die äußeren Umstände schon verändert hat. David hat vermutlich noch keine konkrete Antwort auf die Frage bekommen: „Wie lange soll sich mein Feind über mich erheben?“
Aber eines ist ihm wieder klar: Nicht für immer, nicht für immer. Er erkennt erneut, dass Gott gnädig ist, gerne hilft und seinen Kindern wohl tut.
So ist, selbst wenn die letzte Frage noch nicht vollkommen beantwortet ist, die dritte Frage bereits erhört. Zu Beginn hatte er noch gerufen: „Wie lange soll ich Sorgen in meiner Seele haben und mich Ängste in meinem Herzen täglich?“ Nun scheinen seine Sorgen und Ängste einer neuen Zuversicht gewichen zu sein.
Die äußeren Umstände sind wahrscheinlich noch dieselben, doch die innere Not hat neuer Zuversicht Raum gegeben.
Diese Zuversicht ist berechtigt. Es ist nicht einfach nur ein „Ich rede mir selbst ein, mir geht es gar nicht so schlecht“, sondern ein echtes Vertrauen darauf, dass Gott wirklich da ist, seine Kinder liebt und dafür sorgen wird, dass keines seiner Kinder verloren geht.
Ermutigung durch das Wort Gottes: Römer 8
Ich möchte uns Mut machen mit einigen Versen. Macht das sonst nicht, dass ich nur Auszüge lese, aber heute lese ich nur Auszüge aus Römer 8. Vielleicht ist der Text ein bisschen zu klein gedruckt, aber wir können ja zuhören.
In Vers 31 spricht Paulus leidende Menschen in Rom an, die leidenden Christen. In Vers 18 hat er noch davon geschrieben, dass sie in dieser Zeit leiden. Er hat beschrieben, wie sie gar nicht wissen, was sie in ihrem Leid noch beten sollen. Aber dann hat er sehr ermutigt, indem er davon sprach, dass Gott seine Liebe auf sie gesetzt hat – seine Vaterliebe, seine rettende Liebe.
So kann er dann sagen: Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Er hat auch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle dahingegeben. Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
Dann, ganz realistisch, ab Vers 35: Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Paulus erkennt an, dass es diese Dinge gibt: Trübsal oder Angst, Verfolgung oder Hunger, Blöße, Gefahr oder Schwert. Wer kann uns wirklich von der Liebe trennen?
In Vers 38 sagt er: Denn ich bin gewiss – und ich bete, dass wir alle damit einstimmen können – ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukunftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.
Der liebevolle Blick auf den Vater, der seine Kinder so sehr liebt, kann unsere Herzen verändern. Er kann unsere Sorgen und Ängste zur Seite schieben und uns neue Zuversicht geben. Aus Leid, aus Verzweiflung, aus Depression kann wieder Hoffnung, Zuversicht und Freude entstehen, wenn wir den Vater wieder fest in den Blick bekommen – inmitten des Chaos, in dem wir vielleicht leben, inmitten des Leidens, in dem wir leben. Der Blick auf den Vater, der uns so sehr liebt.
Das Erkennen Gottes als Grundlage der Zuversicht
Aber all das beginnt damit, dass wir den Herrn überhaupt erkennen. Deshalb ist Vers 4 ein so wunderbares Gebet – gerade auch für diejenigen, die den Herrn vielleicht noch gar nicht als ihren Retter und Herrn kennen.
„Schaue doch und erhöre mich, Herr mein Gott, erleuchte meine Augen.“ Mit anderen Worten: Herr, hilf mir, zu wissen, dass es dich gibt, hilf mir, dich zu erkennen.
Das heißt: Wenn du heute hier bist und den Herrn noch nicht kennst, wenn du noch nicht wirklich aus vollem Herzen einstimmen kannst in den Lobreis aus Vers 6, weil du diese Zuversicht noch nicht hast, dass es einen gnädigen Gott gibt – einen Gott, der uns hilft, einen Gott, der seinen Kindern Wohltut – dann wünsche ich dir, dass der Herr dir heute erleuchtete Augen des Herzens gibt, damit du ihn erkennen kannst.
Denn dass es Gott gibt, das können wir erkennen, das kannst du erkennen. Die ganze Schöpfung gibt Zeugnis von einem Schöpfer. Nachdem Gott diese Welt geschaffen hatte, sagte er, dass er alles, was er gemacht hatte, gut gemacht hat. Damals, direkt nach der Schöpfung, war für alle Menschen klar: Gott gibt es.
Adam und Eva wurden in den Garten gestellt. Sie wussten: Ja, das ist so traumhaft, und Gott ist so offensichtlich da. Sie lebten mit ihm von Angesicht zu Angesicht, und es gab keinen Zweifel daran. Doch dann stellten sie sich gegen ihn, rebellierten gegen ihn und missachteten seine gute Ordnung. So kam die Sünde in die Welt, und damit auch das Leid.
Das ist bis heute so: Wir Menschen haben alles kaputt gemacht. Die Warum-Frage, die Warum-Frage in Zeiten des Leidens, ist leicht beantwortet. Warum Leid, warum Sorgen und Nöte? Genau deshalb, weil wir Menschen alles kaputt gemacht haben, weil wir uns von Gott abgewandt haben.
Aber Gott hat das Gebet aus Vers 4, das Gebet Davids, erhört: „Ich schaue doch und erhöre mich, Herr, mein Gott.“ Er hat auf ihn geschaut und seinen eingeborenen Sohn in diese Welt gesandt. Jesus Christus kam – Gott kam –, damit wir ihn wieder sehen können, damit wir wieder mit ihm leben können.
Er ist zu uns Menschen gekommen und hat so gelebt, wie wir hätten leben sollen: ein perfektes Leben im vollkommenen Vertrauen auf Gott, in Liebe zu allen Menschen.
Und dann hat er sich, der ohne jede Schuld war, ans Kreuz nageln lassen, um für Sünder zu sterben. Er nahm die Strafe auf sich, weil wir die Welt durch unsere bösen Taten kaputt gemacht haben. Dort am Kreuz hing Jesus. Dort erlebte er das, was wir, wenn wir zu ihm gehören durch den Glauben, nie mehr erleben müssen – auch wenn es uns manchmal so vorkommt.
Jesus Christus hat dort wirklich Gottverlassenheit erlebt. Der geliebte Sohn schrie seinem Vater diese Worte zu: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das hat er für uns erlitten, und wir müssen deshalb nicht mehr diese Gottverlassenheit selbst erleben. Wir dürfen wissen: Er ist bei uns.
In der Tat ist Christus auferstanden. Er hat Tod und Sünde überwunden. Sein Vater hat sich nicht auf ewig von ihm abgewandt. Er wandte sich ihm wieder zu und gab ihm neues Leben. Die Jünger haben ihn gesehen. Vierzig Tage wandelte er auf Erden, dann fuhr er in den Himmel auf. Jetzt sitzt er von Angesicht zu Angesicht zur Rechten seines Vaters.
Von dort wird er eines Tages wiederkommen, und dann werden wir ihn auch von Angesicht zu Angesicht sehen. Bis dahin sagt er uns, dass wir ihn mit den Augen des Herzens sehen können.
Alles, was wir tun müssen, ist, zu ihm zu kommen. Wenn du das noch nicht getan hast, bitte Gott, dir die Augen zu öffnen, damit du ihn erkennst, damit du seine Liebe erkennst. Ich kann dir garantieren: Dann wirst du zu ihm kommen. Er ist ein so guter und wunderbarer Gott, dass wir, wenn wir seine Herrlichkeit erkennen, in keine andere Richtung mehr laufen werden.
Daniela, du hast Gottes Gnade in deinem Leben erlebt. Du hast erfahren dürfen, dass der Herr dich liebt. Du hast seine Herrlichkeit erkennen dürfen. Deshalb hast du das ganz natürliche Verlangen, mit ihm zu leben und für ihn zu leben. Du stellst dich in seinen Dienst, um diese großartige Botschaft, die du hören und glauben durftest, weiterzusagen.
Möge der Herr dich dabei segnen und gebrauchen, besonders für Menschen in Not, wie die Prostituierten in Amsterdam.
Ich möchte dir noch ein Bibelwort mitgeben: 2. Korinther 4,6. Dort vergleicht Paulus das, was Gott in der Schöpfung getan hat, mit dem, was er durch dich tun kann – ein Schöpfungsakt. Gott, der sprach: „Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten“, hat einen hellen Schein in dein Herz gegeben. Durch dich entsteht diese Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.
Amen. So möge es sein. Möge dir diese Erkenntnis immer wieder neue Zuversicht und Kraft für deinen Dienst geben. Und dann möge Gott genau das durch dich tun.
Gottes Gegenwart in Leid und die Verheißung der ewigen Herrlichkeit
Ja, Lieben, wir alle dürfen wissen, dass Gott uns nicht vergessen hat. Ganz im Gegenteil: Er ist bei uns alle Tage. Er steht uns bei, gerade auch mitten im Leid.
Eines Tages, vielleicht schon bald hier auf Erden, spätestens aber, wenn wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen werden, wird er unser Leid beenden. Dann wird uns klar werden, dass diese Zeit des Leidens hier auf Erden leicht und kurz war im Vergleich zur ewigen Herrlichkeit in seiner Gegenwart.
Das mag uns im Moment noch etwas abstrakt vorkommen und seltsam klingen, besonders in Zeiten, in denen das Leid scheinbar kein Ende nimmt. Aber eines Tages werden wir erkennen, dass Gottes Wort Recht hat: Diese Zeit des Leidens ist leicht und kurz im Vergleich zur Herrlichkeit, die uns erwartet.
David hat diese Zuversicht bekommen. Aus dieser Zuversicht heraus spricht er: "Ich aber traue darauf, dass du so gnädig bist. Mein Herz freut sich, dass du so gerne hilfst. Ich will dem Herrn singen, dass er so wohl an mir tut."
Hast du diese Zuversicht? Dann bring Gott all dein Leid und bete zu ihm. Bitte ihn, einzugreifen und deinem Leiden ein Ende zu bereiten. Bedenke dabei, dass er dich in Jesus Christus schon so sehr geliebt hat, dass er dir dein größtes Leiden vollkommen erspart hat.
Das Leiden, das wir alle verdient hätten – ein ewiges Heulen und Zähneklappern – hat er uns erspart. Das werden wir nie erleben. So sehr liebt er uns, so gnädig ist er, so sehr hat er uns geholfen und uns wohlgetan.
Vertraue darauf, dass die Leiden in dieser Zeit, die du erlebst, nicht größer sind, als das, was du ertragen kannst. Auch das hat er dir zugesagt: Er wird dir nicht mehr zumuten, als du ertragen kannst. Er wird dir die Kraft geben, durch dein Leiden hindurchzugehen, und er wird dein Leiden eines Tages beenden.
So dürfen wir zu ihm beten, voller Zuversicht. Wir dürfen füreinander beten, auch wenn wir selbst keine Worte mehr haben. Und wir dürfen ihn preisen – wie der Psalmist.
Schlussgebet und Ermutigung zum offenen Gebet
Und das möchte ich zum Abschluss tun.
Lieber himmlischer Vater, danke, dass wir deine Kinder sein dürfen. Unsere irdischen Väter haben mehr oder weniger gut für uns gesorgt. Deshalb hinkt dieses Bild für den einen oder anderen. Aber du bist der perfekte Vater, der seine Kinder liebt, der sie nie verlassen wird, der immer ein Ohr für sie hat und immer Zeit für sie hat.
Herr, ich möchte dich bitten, dass du uns mutig machst, im Gebet vor dich zu treten – in jeder Situation. Ich möchte dich bitten, dass wir füreinander beten, besonders wenn der eine oder andere nicht mehr beten kann.
Ich möchte dir danken, dass Daniela uns darin ein Vorbild sein kann. Sie betet für die Frauen, die dich selbst noch gar nicht kennen. Ich möchte bitten, dass du sie segnest in diesem Dienst, ihre Gebete erhörst und sie so zum Segen für viele machst.
Und ich möchte bitten, dass du das auch immer mehr in dieser Gemeinde tust. Dass wir uns nicht schminken, um unser Leid zu verstecken, sondern dass wir es ausrufen – zu dir rufen – und erleben, dass du gut und treu bist.
Danke, dass wir wissen dürfen: Du bist bei uns alle Tage, du bist für uns, und deine Liebe ist grenzenlos. Gepriesen seist du. Amen.