
Ich hoffe, ihr habt den bisherigen Nachmittag gut genossen und seid jetzt wieder frisch und aufnahmefähig für unseren nächsten Abschnitt.
Ich habe vor, mich mit euch etwas näher mit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu beschäftigen. Danach werden wir noch eine Gruppe besprechen, die euch interessiert. Vielleicht habt ihr dann noch eine Frage. Wenn nicht, habe ich ein paar Vorschläge, mit denen wir direkt weitermachen können.
Zu Beginn werde ich wieder beten und dann direkt weitermachen.
Herr Jesus, vielen Dank für den Nachmittag und auch für die Zeit, die uns jetzt bevorsteht. Wir bitten dich, dass du uns begleitest, dass ich all das erwähne, was wichtig ist, und dass du allen anderen die Aufmerksamkeit schenkst, das mitzunehmen, was du in Erinnerung behalten möchtest. Amen.
Ich habe heute Morgen bereits erwähnt, wie die Geschichte der Mormonen verläuft. Hier ist ein Bild aus dem Büchlein, in dem sie sich selbst vorstellen: Der Erlöser besucht die Nephiten und gibt ihnen eine Anweisung.
Man stellt sich vor, dass die Indianer Südamerikas vom Besuch Jesu betroffen sind. Jesus sagt ihnen dann, wie sie leben müssen, und gibt ihnen Anweisungen für ihr Alltagsleben.
Übrigens gab es damals, in jener Zeit, zahlreiche Spekulationen über Zusammenhänge zwischen den Indianern und dem Vorderen Orient. Diese Diskussionen gibt es bis heute. Vielleicht erinnert ihr euch an die Experimente von Thor Heyerdahl mit der Kon-Tiki-Expedition. Heyerdahl hatte die Idee, dass man mit einem Floß aus Schilf, wie es am Nil in Ägypten verwendet wird, von dort bis nach Mittelamerika fahren könnte.
Er unternahm einen Versuch, der beim ersten Mal scheiterte. Beim zweiten Mal gelang es ihm, mit so einem großen Strohfloss über den Atlantik zu fahren. Diese Expedition wurde in einem Buch und einer Dokumentation festgehalten und erregte viel Aufsehen.
Das war eine ähnliche These, allerdings nicht, dass Israel Verbindungen zu den Indianern hat, sondern dass der Vorderorient – also beispielsweise Ägypten – möglicherweise Verbindungen zu Amerika gehabt haben könnte.
Auch die Ähnlichkeit der Stufenpyramiden der Mayas mit den Pyramiden Ägyptens führte zu Spekulationen. Man sagte, es gäbe eine gewisse Beziehung, die aber bislang nicht zuverlässig nachgewiesen ist.
Das Experiment zeigt lediglich, dass man mit der damaligen Technik und unserem heutigen Wissen diese Fahrt hätte unternehmen können. Ob sie tatsächlich stattfand, ist jedoch bisher weder archäologisch noch kulturwissenschaftlich belegt. Es gibt keinen einzigen Hinweis darauf.
Diese Diskussion gab es bereits im 19. Jahrhundert. Vermutlich stützt sich Joseph Smith bei der Entstehung seiner Geschichte darauf, indem er darstellt, dass Jesus zu den Indianern gekommen sei. Die Indianer seien demnach Nachfahren der Israeliten, nämlich der zehn Stämme aus dem Nordreich, die damals weggeführt worden sind.
Ob es eine solche Verbindung gibt, kann man weder genetisch noch kulturell oder sprachlich belegen. Doch diese These wird im Buch Mormon vertreten. Joseph Smith erhält dieses Buch, das er mit einer sogenannten Prophetenbrille übersetzt. Es hat den Umfang des Büchleins, das ich euch heute Morgen gezeigt habe, und darin steht die gesamte Geschichte.
Ich werde nachher noch einmal einen Abschnitt vorlesen, damit ihr, falls ihr bisher noch nicht viel darin geblättert habt, einen Eindruck von der Sprache des Buches Mormon bekommt. Ihr werdet feststellen, dass viele Formulierungen sehr ähnlich zur Bibel sind.
Man kann natürlich sagen: Wenn es derselbe Gott ist und derselbe Jesus, der da spricht, dann ist das naheliegend. Die andere Erklärung wäre, dass Joseph Smith sich an der damals gebräuchlichen englischen Bibel orientiert hat und nur einige neue Ideen, die ihm plausibel erschienen, hinzugefügt hat.
Für den damaligen Amerikaner war es natürlich naheliegend, dass das heilige Land nicht nur weit entfernt auf einem anderen Kontinent liegt, sondern auch in Amerika. Gott erscheint also auch in Amerika – das ist die These, die dort vertreten wird.
Auf jeden Fall gewinnt er erste Anhänger, die sich seiner Gruppe anschließen, also auch dieser Schrift. Er überredet zudem einen Freund, den Druck zu finanzieren. Offenbar muss er eine eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen sein. Immer wieder fällt auf, dass er Menschen für seine Ideen begeistern konnte. Ich habe euch bereits das Beispiel mit der Schatzsuche genannt oder dass er prophetische Aussagen machte. Er hatte eine anziehende und begeisternde Persönlichkeit.
Das muss man sagen, denn es wird immer wieder berichtet. So kann er auch einen Freund, der selbst wenig Geld hat, überzeugen, sein Haus zu verpfänden. Dieses Geld investiert der Freund dann in den Druck der ersten Auflage des Buches Mormon, da er selbst kein Geld hat. Er überzeugt also andere.
Die Gruppe wächst rasch. Anfangs wird sie als eine weitere schriftliche Konfession angesehen, also in der Umgebung. Das betont er damals stark und wird bis heute betont. Damals waren die Mormonen noch unbekannt. Mit der Zeit hebt er jedoch sehr den Zusammenhalt der Mormonen hervor. Sie sehen sich als die Einzigen, während andere die Außenseiter sind.
Man investiert relativ viel Geld in Gemeinschaftsprojekte und kauft nur bei Mormonen. Das erzeugt Unwillen in der Umgebung. Nach einiger Zeit kommt es zu offenen Angriffen, sie werden verspottet. Daraufhin ziehen sie weiter Richtung Westen.
Dort lassen sie sich schließlich an der Grenze der damals eroberten Vereinigten Staaten nieder, also beim Indianerland oder langsam in Nevada. Sie gründen eine neue Stadt, bauen einen Tempel und gehen davon aus, dass dies der Ort ist, an dem sie dauerhaft bleiben werden. Die Umgebung ist ganz ländlich.
Damals wird eine der größten Städte des Wilden Westens gegründet, die auch relativ gut organisiert ist. Er gründet sogar eine eigene Armee. Das führt zu Auseinandersetzungen mit den Vereinigten Staaten, die sich damals noch in der Gründungsphase befinden.
Die Armee der Mormonen ist halb so groß wie die der gesamten Vereinigten Staaten. Alle Männer, die bei den Mormonen sind, müssen mitkämpfen. Das sorgt bei manchen für Unbehagen. Er nimmt Einfluss auf das ganze Land und hatte zeitweilig wahrscheinlich Pläne, genau das zu tun.
Man kann sich vorstellen, dass es Spannungen zwischen der nicht-mormonischen Bevölkerung und den Mormonen gibt. Die Mormonen kaufen immer mehr Land, bleiben unter sich und schauen auf die anderen herab. Die eigene Armee trägt ebenfalls zur Beunruhigung der Umgebung bei.
In dieser Phase kommen Gerüchte über die Vielehe auf. Damals war die Vielehe noch nicht offiziell verkündet, sondern nur in einem kleinen Zirkel des Leitungskreises bekannt. Es kam dazu, dass manche junge Mädchen verführt wurden und sich zusiegeln ließen.
Es gab Frauen, die sich ihm zusiegeln ließen. Das drang an die Öffentlichkeit. Er forderte, dass darüber nicht gesprochen werden dürfe, da es eine heilige Sache sei. Sie seien von Gott besonders gebraucht, wenn sie sich dem Propheten zusiegeln ließen. Joseph Smith hatte dabei auch persönliche, fleischliche Interessen. Das wurde aus dieser Zeit berichtet.
Einige Eltern protestierten öffentlich und forderten ihn auf, Stellung zu beziehen. Er verneinte und sagte, er habe das nie gelehrt und mache es auch nicht. Seine Freundin meinte, das dürfe nicht öffentlich gemacht werden, es sei eine geheime Sache Gottes, und die Menschen seien noch nicht reif dafür.
Schließlich wurde einer sehr aufgebracht. Er verfügte über genügend Geld, kaufte eine Druckmaschine und ließ eine Zeitung drucken, die über diese Dinge aufklärte. Das führte zu großem Aufruhr.
In diesem Aufruhr kam es dazu, dass George Smith seine Armee einsetzte, um das Haus zu plündern und die Maschinen zu zerstören, damit keine weitere kritische Zeitung erschien. Er wandte sich an den Gouverneur, der jedoch sagte, so gehe das nicht. Pressefreiheit in Amerika müsse respektiert werden.
Es kam zu Auseinandersetzungen, und George Smith wurde schließlich in Untersuchungshaft genommen. Die Spannungen wurden dadurch verstärkt, da viele Menschen ohnehin verärgert über die Mormonen, ihre überhebliche Art und ihre Ansprüche waren. Zudem waren sie bereit, Gewalt einzusetzen.
Ehemalige Mormonen berichteten, dass es damals Vorschläge gab, mit der Armee den Gouverneur abzusetzen und zu ermorden. Diese Pläne wurden jedoch nicht umgesetzt, aber es gab sie.
Jetzt läuft das direkt weiter, eigentlich so richtig wie in einem Western. So müsste man sich das vorstellen: Joseph Smith ist im Gefängnis, der Sheriff sitzt unten, und dann sind Leute da – zunächst seine eigenen Anhänger.
Joseph Smith ist festgenommen, ebenso zwei weitere Personen, also insgesamt drei im Gefängnis. Einige Freunde besuchen ihn und schmuggeln heimlich Colts ein, also Waffen, um zu schießen. In der Zwischenzeit versammelt sich draußen auf der Straße ein Mob. Sie wollen Joseph Smith lynchen, weil es allerlei Gerüchte gibt.
Der Mob überfällt die Polizeistation mit dem Gefängnis, schlägt den Sheriff und die anderen Leute nieder. Im Gefängnis kommt es zu einer Schießerei. Joseph Smith und seine Freunde ziehen ebenfalls Colts und schießen auf ihre Angreifer. Letztendlich sind die Angreifer jedoch in der Überzahl, und Joseph Smith wird getötet. Einer seiner engsten Mitarbeiter gelingt es noch, aus dem Fenster des Sheriffs herauszuspringen und zu fliehen.
Danach gibt es eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Nicht-Mormonen und den Mormonen. Auf jeden Fall hat man hier den ersten Märtyrer, Joseph Smith, den großen Propheten, der nun gestorben ist. Man merkt, dass die Atmosphäre so vergiftet ist, dass man nicht länger bleiben kann.
Dann gibt es einen großen Streit um die Nachfolge. Es ist klar: Wenn ein charismatischer Führer so dramatisch stirbt, stellt sich die Frage, wer die Führung übernimmt. Es gibt dann Brigham Young – das ist der Name, den ich euch herumgereicht habe, mit den Lehren von Brigham Young. Er möchte die Bewegung weiterführen, gleichzeitig aber auch seine Frau.
Seine Frau hat eine andere Meinung. Es geht dabei um die Vielehe, die Brigham Young weiterführen will. Das ist eine wichtige Lehre. Herr Rand hält fest, dass seine Frau das gar nicht passt. Es gab auch vorher schon Streit zu Hause. Das wundert nicht, wenn du Frau des Propheten bist und er dauernd mit anderen Frauen kommt, bist du nicht begeistert von der Lehre der Vielehe. Deshalb nimmt sie eine Gegenposition ein und will durchsetzen, dass der Nachfolger des Propheten gegen diese Lehre ist.
Unter anderem ist einer von Brigham Youngs Söhnen schon alt genug, um die Führung zu übernehmen. Der wird allerdings von Brigham Young, der im Sattel sitzt, überstimmt. Hier kommt es zur Spaltung der Mormonen. Bis heute sind sie gespalten.
Es gibt die Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Diese wurde durch seine Frau und seinen Sohn gegründet. Sie wollen die Kirche reformieren und die Vielehe abschaffen. Der größere Teil folgt Brigham Young, der ebenfalls sehr anziehend wirkt.
Brigham Young hat die Offenbarung, dass sie in den Westen ziehen sollen, außerhalb des Einflussbereichs der Vereinigten Staaten. Dort wollen sie einen eigenen Staat aufbauen, der nur nach den Prinzipien der Mormonen funktioniert. So ziehen sie in den Westen.
Das ist eine Geschichte, die bis heute von den Mormonen regelmäßig gefeiert wird, genauso wie die Entdeckung auf dem Hügel Cumorah. Das Bild, das ich euch gezeigt habe, stammt aus heutiger Zeit. 2018 fand dort eine große Open-Air-Veranstaltung statt, bei der die ganze Geschichte von Joseph Smith nachgespielt wurde. Tausende von Leuten kamen an diesen Hügel Cumorah, den die Mormonen später gekauft haben. Dort wurden große Steine platziert, allerdings nicht an der Stelle, wo die goldenen Tafeln gewesen sein sollen – diese war in der Nähe von New York.
Die andere Feier findet mehr im Westen statt, dort, wo der große Treck hingegangen ist. Dieses verheißene Land soll wieder das verheißene Land der Israeliten sein, also das Land, wo Milch und Honig fließen und alles gut läuft.
Allerdings sind auf diesem Treck viele Menschen gestorben. Das lag daran, dass die Gruppe schlecht organisiert war. Die Leute, die loszogen, hatten wenig Ahnung von solch einer weiten Reise. Gegen Ende, als sie die Rocky Mountains erreichten, wurde es kalt und hoch, und es gab wenig zu essen und zu trinken. Umso froher war man, als man auf der anderen Seite wieder etwas herunterkam und es wärmer und grüner wurde.
Die Späher hatten bereits gesagt, dass man noch weitergehen könnte, nach Kalifornien. Kalifornien war damals spanisch, deshalb wollte man nicht dorthin. Also blieb man auf der anderen Seite der Rocky Mountains, aber noch vor Kalifornien. Das ist das Gebiet des heutigen Utah.
Das Gebiet ist zum Teil relativ schön. Es gibt ein paar Naturparks, die man besuchen kann, zum Beispiel den Yosemite-Nationalpark. Zum Teil ist es aber auch sehr karg und öde, insbesondere die Gegend um den Großen Salzsee. Dort gibt es einen riesigen Salzsee, der ehemals ein großer See war, ähnlich vielleicht dem Toten Meer, nur dass er schon ganz ausgetrocknet ist. Heute ist das eine riesige glatte Fläche, auf der nichts wächst.
Diese Fläche ist so eben, dass manchmal Autorennen dort stattfinden. Dort werden auch Raketenwagen getestet, weil man kilometerlang eine gerade Strecke auf festem Salzboden hat. Auf jeden Fall ist das etwas öde, aber das ist das verheißene Land. Es ist vor allem deshalb verheißend, weil es der einzige Platz ist, der noch relativ frei ist und den noch niemand in Anspruch genommen hat. Das gehörte damals auch noch nicht zum Territorium der Vereinigten Staaten.
Dort gründen sie einen eigenen Staat. Sie müssen sich nur gegen einige Indianer wehren. Es gibt wieder typische Auseinandersetzungen wie im Wilden Westen, auch zwei Massaker, die bis heute ein schlechtes Licht auf die Mormonen werfen.
Gegen Ende ihrer Selbständigkeit ist Brigham Young der eigene Gouverneur. Er regiert das Ganze, ebenso seine Nachfolger. Die Gesetze sind nur die Mormonen-Gesetze, und dort wohnen nur Mormonen. Diese Phase wird heute gerne idealisiert. Man baut alles auf, hat seinen eigenen Staat, eigene Gesetze und so weiter.
Die Vereinigten Staaten rücken im 19. Jahrhundert immer weiter nach Westen vor. Nach und nach wird ein Gebiet nach dem anderen erobert, bis man an die Grenze zum Mormonen-Territorium kommt. Die Mormonen werden aufgefordert, entweder Mitglieder der Vereinigten Staaten zu werden oder es kommt zum Krieg.
Das wollten sie nicht. Sie sagen: Ja, wir werden Mitglied, wollen aber niemand anderen als Mormonen ins Land lassen. Es wird berichtet, dass sie ein Massaker an weißen Siedlern verübt haben, die durchziehen wollten, um nach Kalifornien zu gelangen. Man hatte Angst, dass diese Siedler das eigene Territorium bedrohen oder erobern könnten.
Man hat das Massaker so inszeniert, dass es den Indianern in die Schuhe geschoben wurde. Wie im Western steckt man ein paar Pfeile hinein und sagt, die Indianer waren es. Es kam aber heraus, dass einige Vertraute des Propheten genau geplant hatten, andere Siedler zu töten, falls es keine Lösung gibt.
Eine der Forderungen der Verhandlungen war, dass die Mormonen ihre Gesetzgebung ändern müssen, unter anderem die Vielehe aufheben. Das wollten sie nicht.
Als der Druck der Vereinigten Staaten so stark wurde, dass sogar eine Armee gegen Utah entsandt wurde, kam eine neue Offenbarung: Ab jetzt ist die Vielehe nicht mehr nötig. So konnten die Mormonen mehr oder weniger ohne Probleme in die Vereinigten Staaten aufgenommen werden – mit einigen Sonderbedingungen, die ausgehandelt wurden.
Über Jahrzehnte war Utah Mormonen-Territorium, ein politischer und religiöser Filz. Bis heute ist die Region stark mormonisch geprägt, aber nicht mehr ausschließlich. Es leben auch andere Menschen dort, und manche Mormonen sind heute säkularisiert, also nicht mehr so streng, wie früher.
Bis heute ist die Mormonen-Kirche der stärkste Wirtschaftsfaktor in Utah. Sie dominiert in vielen Bereichen: im Handel, in der Industrie und so weiter. Sie haben auch eine eigene Universität gegründet, nämlich die Brigham Young University. Diese hat Niederlassungen in den ganzen USA.
Als ich vor ein paar Wochen in Israel war, gibt es dort auch eine Niederlassung der Brigham Young University, nämlich in Jerusalem. Das ist die Mormonen-Universität in Jerusalem. Sie ist weltweit verbreitet und gilt als relativ gut in ihrer Arbeit – allerdings nicht unbedingt in der Erforschung der Geschichte der Mormonen. Dort hält man sich eher zurück.
In anderen Bereichen ist die Universität durchaus anerkannt. Vor allem gilt sie als eine der Universitäten, die sehr moralisch anständig ist. Das heißt: Wer an eine normale amerikanische Privatuniversität geht, erlebt oft einen eher lockeren Lebensstil. An der Brigham Young University hingegen wird man rausgeschmissen, wenn man sich nicht ordentlich verhält.
Wer nicht ordentlich gekleidet ist, wird verwiesen. Wer mit Drogen erwischt wird, fliegt vom Campus. Wer betrunken ist, wird ebenfalls rausgeschmissen. Die Regeln sind streng, denn es gelten dort nach wie vor mormonische Vorschriften.
Es gibt noch eine weitere Universität in Provo, einer anderen größeren Stadt in Utah. Diese gilt zum Teil als noch strenger. Salt Lake City ist inzwischen eine Großstadt, und dort gibt es viele Menschen, die das Mormontum nicht mehr so ernst nehmen.
So gibt es eine gewisse Aufweichung, die auf der anderen Seite wiederum zu traditionsbewussten Mormonen führt, die besonders streng sind und genau darauf achten.
Joseph Smith hat hier unter anderem auch einen Tempel gebaut, der bis heute der Haupttempel in Salt Lake City ist. Aus einem Ihrer Bücher ist das zwar schwer zu erkennen, aber etwas besser sichtbar. Hier ist der Tempel. Dahinter sieht man die Berge. Der Tempel ist mehrere Stockwerke hoch und hat an den vier Ecken jeweils einen Turm.
Dieses Design orientiert sich an Prunkgebäuden des neunzehnten Jahrhunderts. So wurden damals solche Gebäude gebaut, und man fand das damals sehr beeindruckend.
Gibt es hier noch ein anderes Bild? Ja, hier ist noch ein weiteres Bild, das leider auch nicht sehr klar ist, aber man kann den Tempel erkennen. Unten ist der Tempel zu sehen. Daneben stehen Hochhäuser. Die meisten dieser Hochhäuser sind Büro- oder Industriegebäude. Das Bild zeigt die Innenstadt von Salt Lake City.
Die amerikanischen Innenstädte sehen oft ähnlich aus: In der Mitte stehen große Hochhäuser, die als Bürogebäude, Verwaltungsgebäude oder manchmal auch als Wohnhäuser genutzt werden. Mittendrin befindet sich der Tempel, weil das ursprüngliche Gelände dort lag. Ein großer Teil des Geländes ringsherum gehört bis heute der Mormonenkirche, die es verwaltet und dadurch auch Einfluss ausübt.
Die Union Pacific Railroad ist eine Eisenbahngesellschaft, die den Osten mit dem Westen der USA verbindet. Sie spielte eine wichtige Rolle in der Zeit der Eisenbahn. Ob sie direkt mit dem Tempelgelände oder der Kirche verbunden war, weiß ich nicht genau. Aber gerade die Verbindung zwischen den östlichen Bundesstaaten und dem Westen, insbesondere Kalifornien, war wichtig, da viele Eisenbahnstrecken dort entlangführten.
Heute ist die Region wirtschaftlich noch immer bedeutend. Im sogenannten Mormonterritorium gibt es weniger Aids-Fälle, weniger Drogentote und weniger Scheidungen. Deshalb ist die Region häufig wirtschaftlich prosperierend. Im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung gibt es dort auch viele Mormonen in höheren Regierungsämtern und politischen Positionen.
Das liegt daran, dass viele Mormonen einen anständigeren Lebenswandel führen und häufiger studieren. Auch ihr Missionsdienst spielt eine Rolle, den ich vielleicht jetzt noch kurz erwähnen werde.
Meistens, wenn uns in Deutschland Mormonen begegnen, sehen sie aus wie hier. Hier allerdings sind sie gerade in Japan unterwegs, wie man an den Schriftzeichen sieht. Es handelt sich meistens um nette junge Männer, die ein weißes Hemd und schwarze Hose tragen, manchmal auch einen Anzug. Sie haben oft ein kleines Schild bei sich, das so aussieht, als kämen sie gerade von einem Kongress. Darauf steht meistens „Elder“. John Smith, Elder heißt also so viel wie „Ältester“. Das ist ein besonderer Titel, den sie während ihrer Missionszeit tragen.
Jeder Mormone ist verpflichtet, zwei Jahre auf Mission zu gehen. Deshalb gibt es jedes Jahr weltweit Zigtausende von Missionaren, die für das Mormontum missionieren. Diese Missionare bezahlen ihre Mission selbst, das heißt, nicht eine Missionsgesellschaft, sondern sie selbst beziehungsweise ihre Eltern. So sind sie weltweit präsent, auch in Deutschland.
Die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß, dass man irgendwann mal auf Mormonen trifft, doch manche Leute erkennen das nicht sofort. Vor etwa einem Jahr war ich mit einer Gruppe von Leuten in Halle unterwegs. Nachdem ich ihnen einiges über das Leben von August Hermann Francke und die Anstalten erklärt hatte, hatten wir uns aufgeteilt. Mit einem Mann lief ich durch die Stadt, um uns noch etwas anzuschauen. Da kamen zwei junge Männer auf uns zu. Sie sprachen den Mann an und sagten: „Wir lesen auch in der Bibel. Glauben Sie an Jesus Christus?“ Der Mann antwortete, ich blieb still und hörte zu, um zu sehen, wie sich das Gespräch entwickelt.
Der Mann sagte, er glaube auch an Jesus, und das fände er schön. Die jungen Männer verabschiedeten sich, gaben ihm eine Adresse und luden ihn ein, mal vorbeizukommen. Als der Mann wieder allein war, meinte er, es sei toll, hier in Halle Christen zu treffen. Ich sagte ihm dann, dass das Mormonen waren. Es waren eindeutig Mormonen, auch wenn er das zunächst nicht erkannt hatte.
Ich will nicht sagen, dass er dumm ist. Bei ersten Berührungspunkten mit Mormonen merkt man das nicht immer sofort. Sie betonen immer, dass sie Christen sind. Sie glauben an Jesus Christus und an die Bibel. Sie sehen anständig aus und sprechen von ihrem Glauben, manchmal sogar von Bekehrung oder Ähnlichem. Die besonderen Lehren, die ich euch zu Anfang schon vorgelesen habe, bekommt man bei den ersten Kontakten normalerweise gar nicht mit.
Ein weiterer Punkt, den sie betonen, ist die Bedeutung von Familie und Ethik. Mormonen trinken beispielsweise keinen Alkohol. Das ist ihnen wichtig. Sie trinken nicht einmal Kaffee oder schwarzen Tee, weil sie diese Getränke als berauschend ansehen. Das ist relativ streng. Außerdem legen sie Wert auf Fleiß und eine bestimmte Lebensführung.
Das klingt zunächst sehr positiv. Besonders evangelikale Christen fühlen sich manchmal dadurch angesprochen. Generell ist das, was sie tun, nicht schlecht. Doch man vergisst manchmal, dass es auch einige Punkte gibt, die nicht mit dem christlichen Glauben übereinstimmen. Einige davon sind sogar sehr zentral.
Man kann ihnen begegnen, ohne dass sofort auf der Stirn steht: „Vorsicht, Mormone!“ Es sind meistens nette, junge Leute mit einem etwas amerikanischen Akzent, weil die meisten Mormonen in den USA leben. Sie müssen Deutsch lernen, und das können sie meistens auch relativ gut. Ein kleines bisschen Akzent hört man aber noch.
Im Vergleich zu vielen Amerikanern sprechen Mormonen tatsächlich sehr gut Deutsch. Das ist einer der Gründe, warum viele Mormonen in führenden, verantwortlichen Positionen in Politik und Wirtschaft zu finden sind. Zum einen leben sie relativ anständig, zum anderen verfügen sie - was in Amerika noch seltener ist als hier - über sehr gute Sprachkenntnisse.
Jeder Mormone kennt mindestens eine Fremdsprache sehr gut. Manchmal sogar ausgefallene Sprachen wie Vietnamesisch oder Koreanisch, die in Deutschland sonst weniger verbreitet sind. Dadurch haben sie eine gute Stellung. Sie kommen schneller voran und haben Auslandserfahrung. Das kommt ihnen durchaus zugute.
Mormonenmissionare sind also viel unterwegs. Normalerweise werden sie in ein Land geschickt, das sie sich nicht selbst aussuchen können. Die Mormonenmission bestimmt das, um die Missionare möglichst gleichmäßig zu verteilen. So vermeiden sie, dass in bestimmten Ländern viele Missionare sind und in anderen kaum welche.
Das ist eine Strategie, durch die sie relativ stark wachsen. Mormonenmissionare sind durchaus erfolgreich. In Deutschland nicht so sehr, aber in vielen anderen Ländern der Welt erreichen sie viele Menschen. Das liegt unter anderem daran, dass sie unter dem Banner des christlichen Glaubens auftreten und andere Leute für den christlichen Glauben werben.
In Regionen, in denen viele Menschen zum christlichen Glauben kommen, treffen sie auf Mormonenmissionare. Diese sagen dann: „Wir haben noch ein bisschen mehr als die anderen.“ So können sie relativ schnell Menschen zum Mormontum bekehren. Wenn jemand aus einem Land kaum etwas vom christlichen Glauben weiß und dann erfährt, dass es noch mehr gibt, ist er oft offen dafür.
In einem etablierten, stabilen Land wie Deutschland, wo die Menschen schon mehr über den christlichen Glauben wissen, wächst das Mormontum nicht so stark. Dazu kommt, dass Europa und Deutschland sehr materialistisch sind. Deshalb wächst kaum eine Religion hier stark.
Das ist also das, was die Mormonen machen.
Den Lebensstil habe ich euch bereits erläutert. Wie sieht es mit Veranstaltungen aus? Die Mormonen haben regelmäßig Veranstaltungen am Sonntag, bei denen sie sich zum Gottesdienst treffen. Es gibt auch Bibelstunden. Meistens findet sonntags nicht nur der Gottesdienst statt, sondern auch eine Sonntagsschule.
Diese Sonntagsschule ist eine Schulungsveranstaltung, bei der die Teilnehmer entsprechend ihrer Stufe des geistlichen Wachstums aufgeteilt werden. Dort werden unter anderem Lektionen durchgegangen, ähnlich wie in dem Buch, aus dem ich euch vorgelesen habe, in dem der mormonische Glaube erklärt wird. Ich kann das Buch gerne noch einmal herumreichen, falls ihr es euch noch einmal ansehen möchtet.
Es gibt eine strenge Trennung zwischen Frauen und Männern. Männer haben eine gewisse Hierarchie. Wenn man ältester wird, also in der Mission tätig ist, steigt man in diese Hierarchie ein. Später kann man in verschiedene Amtsfunktionen mit unterschiedlichen Bezeichnungen aufsteigen. An der Spitze jeder Gemeinde steht meistens ein Bischof. Auch hier gibt es einen biblisch-christlichen Hintergrund. Die Gemeinde wird meist „Pfahl“ genannt.
Der Gottesdienst verläuft ähnlich, wie wir ihn kennen: Es werden Lieder gesungen, gebetet und eine Predigt gehalten. Das ist relativ ähnlich. Ab und zu feiern sie auch Abendmahl, allerdings wird das Abendmahl mit Wasser gefeiert, nicht mit Wein oder Saft. Wasser steht hier symbolisch für das Wasser des Lebens. Alkohol ist verboten. Bevor man auf die Idee kam, Saft zu verwenden, entschied man sich für Wasser. Das wird dann ausgeteilt – die äußere Form ist also etwas anders.
Eine weitere Besonderheit sind die Sonnentempelrituale. Im Tempel werden bestimmte Handlungen vollzogen, darunter die Versiegelung. Das bedeutet, ähnlich wie mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden. Zudem gibt es die Zusiegelung, bei der man mit seinem Ehepartner für alle Ewigkeit verbunden wird. Außerdem gibt es die Einführung in sogenannte Endowments.
Ein Endowment besteht aus geheimen Losungsworten und Handzeichen, mit denen sich Mormonen ausweisen können. Man geht davon aus, dass sie diese auch im Himmel nutzen können, um zu zeigen, dass sie Mormonen sind. Wenn man im Himmel ankommt, kann man diese Zeichen verwenden, um sich zu erkennen zu geben. Manche dieser Lehren wirken etwas unlogisch.
Ein tiefes Geheimnis vieler Mormonen ist das besondere Kleidungsstück, das sie im Tempel erhalten. Es sieht aus wie ein einfaches Baumwollhemd. Dieses Hemd soll vor teuflischen Angriffen schützen und gilt als heilig. Normalerweise wird man auch mit diesem Hemd beerdigt. Das heißt, man nimmt es mit ins Grab, was eine wichtige Rolle spielt.
Eine weitere Besonderheit bei den Mormonen, die wir schon von den Neuapostolischen kennen, ist die Möglichkeit, dass man nach dem Tod noch gerettet werden kann. Allerdings nicht ganz wie bei den Neuapostolischen, bei denen unklar ist, wer sich bekehrt. Hier muss man ausführliche genealogische Forschungen betreiben, also die eigenen Vorfahren erforschen.
Deshalb kann ich garantieren: Wenn du genealogische Forschungen mit deiner Familie beginnst, wirst du früher oder später bei den Mormonen landen. Die größten Datenbanken für genealogische Artikel befinden sich bei den Mormonen. Sie bieten sogar Kurse an. Ich habe neulich mit jemandem gesprochen, der bei einer Volkshochschule einen Kurs besucht hat, um zu lernen, wie man Vorfahren erforscht. Dort hielten Mormonen den Kurs, weil sie darin sehr versiert sind.
Bei den Mormonen muss man sich taufen beziehungsweise versiegeln lassen – aber nicht für irgendjemanden, sondern für die eigenen Vorfahren. Die Familie spielt eine zentrale Rolle, sowohl die Vorfahren als auch die Nachfahren. Interessanterweise habe ich bisher noch nie gehört, ob die Vorfahren freiwillig gefragt werden. Es scheint, dass man sich im Tempel für sie versiegeln lassen kann, ohne dass sie zustimmen müssen. Dafür muss man jedoch genau wissen, wie sie heißen, wo und wann sie geboren und gestorben sind.
Man muss genealogische Forschungen betreiben, die oft weit zurückreichen. Die Daten wurden zunächst auf Papier, dann auf Mikrofilm und heute in Computerdateien mehrfach gesichert. Die Mormonen haben sogar in der Nähe von Salt Lake City in den Berkeley Mountains einen atombombensicheren Bunker, in dem all diese Daten gesammelt werden. Selbst wenn ein Atomkrieg käme, könnten so die Menschen noch „gerettet“ werden, weil man ihre Namen und Verbindungen kennt.
Wer heute genealogische Forschungen macht, stößt früher oder später auf die Archive und Computerprogramme der Mormonen, die sie anbieten. Das, was sie anbieten, ist an sich nicht böse. Nur weil sie sagen, da und da sei eine Urgroßmutter oder ein Vorfahr, ist das nicht problematisch. Häufig ist es aber eine Möglichkeit, Kontakt aufzubauen, die Leute einzuladen und dann zu sagen: „Siehst du, du wusstest ja nicht, wie die Mormonen sind. Komm doch mal vorbei und schau dir das an.“
So erlebt man, dass die Mormonen relativ nette, liebe Leute sind. Ich habe schon verschiedene Mormonen in unterschiedlichen Städten kennengelernt, sie zu Hause besucht, und sie sind meistens freundliche Menschen, sehr familienfreundlich. Ihre Ideen sind jedoch etwas ungewöhnlich und biblisch gesehen falsch.
Das ist also auch ein Weg: Man erforscht seine Vorfahren. Übrigens habe ich in einem Buch von Mormonen gelesen, dass zwischenzeitlich sogar Martin Luther Mormone geworden sein soll. Das ist interessant. Ein Nachkomme von Martin Luther sei Mormone geworden und habe sich für ihn taufen lassen. Nun sei Luther auch Mormone geworden.
Was sollen wir dazu sagen? Wir können immer noch hoffen, dass, wenn sie Recht haben, irgendeiner unserer Verwandten auch Mormone ist und sich für uns taufen lässt. Das wäre auch in Ordnung. Aber ich bin mir relativ sicher, dass das nicht die richtige Lösung ist, die die Mormonen anbieten.
Sie haben also auch eine Versiegelung für die Toten, aber nur für ganz konkret bestimmte Personen, die man vorher in den Forschungen herausfindet und über die man Bescheid weiß. Das kann man für viele Personen machen – nicht nur für eine einzelne. Du kannst das für Hunderte tun, du musst sie nur herausfinden.
Dabei musst du genau angeben, für wen du es machst: Name, Geburtsort, Geburtsdatum, Sterbeort, Sterbedatum. Wahrscheinlich gehen sie davon aus, dass es auch im Himmel eine genaue Bürokratie gibt. Wenn du nur sagst „für Egon Müller“, gibt es viele mit diesem Namen, deshalb geht das nicht. Man muss genau sagen, wer gemeint ist.
Darüber hinaus betreiben die Mormonen intensive Jugendarbeit. Sie spenden zehn Prozent ihres Einkommens der Kirche. Die Kirchenmitarbeiter arbeiten meist ehrenamtlich. Es gibt spezielle Frauenorganisationen, aber in der Leitung sind ausschließlich Männer vertreten.
Sehr bekannt sind die Mormonen auch durch den Tabernakelchor in Salt Lake City. Dieser Chor ist weltbekannt und macht regelmäßig Tourneen durch die ganze Welt. Sie können wirklich sehr gut singen, führen ganze Oratorien auf und liefern eine sehr gute Qualität. Es gibt zahlreiche CD- und Studioaufnahmen.
Der Chor ist eine andere Form, wie die Mormonen werben. Außerhalb der Missionare werben sie meist sehr sanft. Sie bedrängen die Leute nicht stark. Der Kontakt entsteht mehr über persönliche Beziehungen, Freundschaften, Einladungen zu kulturellen Veranstaltungen und die Familienarbeit. Auch die genealogischen Forschungen dienen dazu, Kontakte zu knüpfen.
Natürlich gibt es auch die Missionare, die direkter vorgehen. In Fußgängerzonen großer Städte bauen sie oft eine Tafel oder Stahlwand auf, auf der verschiedene Bilder zu sehen sind. Dort sind Motive zu sehen, die ich euch hier beschrieben habe: Zum Beispiel ein junges Ehepaar mit Kindern oder ein Bild von Jesus, der bei den Indianern predigt.
Unter den Bildern stehen einige Informationen. Dann wird meist gratis das Buch Mormon verteilt. Sie laden zu Gesprächen ein, wollen aber nicht immer aufdringlich sein. Man besucht dich auch, ist freundlich und erklärt, warum das Buch Mormon so toll ist, was Gott ihnen gezeigt hat, was sie erlebt haben und was Gott noch offenbart hat. Sie sagen, dass du das bisher noch nicht weißt.
Das ist meist recht freundlich und eher direkt, aber nicht aufdringlich. In Deutschland haben sie bisher keinen sehr durchschlagenden Erfolg, zumindest derzeit. Die Mitgliederzahl hält sich einigermaßen stabil. Viele Mormonen in Deutschland sind Amerikaner auf amerikanischen Stützpunkten, vor allem in Süddeutschland.
Hier in Bielefeld sind einige von der britischen Armee, also englischsprachige Mormonen. In Paderborn sind fast alle Einheimische, also deutsche Mormonen. Die Gruppe ist insgesamt nicht sehr groß.
Ich werde noch versuchen, eine relativ aktuelle Zahl zu finden. Die letzte, die ich gelesen habe, liegt bei etwa 25.000 bis 30.000 Mitgliedern in Deutschland.
Normalerweise sah die Frisur zur Zeit Jesu ganz anders aus. Wann genau dieses Bild mit dieser Haartracht entstanden ist, ist nicht eindeutig zu sagen. Soweit mir bekannt ist, wurde dieser Stil Ende des 18. bis ins 19. Jahrhundert dominant. Frühere Darstellungen gab es auch.
Hier wäre es interessant, wenn wir Kunstgeschichte betreiben und die Darstellungen Jesu über die Jahrhunderte hinweg betrachten. Dabei fällt auf, dass sich die Darstellung Jesu oft am Zeitgeschmack orientierte. Das bedeutet, dass das, was man zu einem bestimmten Zeitpunkt als schick, normal, gut oder angesehen betrachtete, sich auch in der Darstellung widerspiegelte. Das betrifft zum Beispiel auch die Haarmode.
Frühe Darstellungen von Jesus aus dem zweiten, dritten und vierten Jahrhundert zeigten ihn häufig bartlos. Warum? Im römischen Reich hatten anständige Männer keinen Bart. Bart trugen vor allem die sogenannten Barbaren, daher stammt auch der Begriff „Barbaren“ vom griechischen „barbaros“. Die Germanen hatten Bart, während ein ordentlicher Mann glattrasiert war. Deshalb wurde Jesus damals auch bartlos dargestellt.
Später, als die Germanen die Macht übernahmen, wurde Jesus plötzlich wieder mit Bart dargestellt – oft mit Vollbart. Das galt auch für die Haarmode. Bei den frühen Germanen war Jesus langhaarig, oft sogar mit längeren Haaren als viele germanische Männer. Lange Haare waren damals ein Zeichen von Stolz und Macht.
Im Laufe des Mittelalters veränderte sich die Haarlänge etwas, die Haare wurden kürzer. In der Zeit der Romantik und kurz davor hatten Männer wieder etwas längere Haare. Im Barock beispielsweise trugen viele Männer Perücken mit langen Haaren, was als schick galt.
Auch evangelikale Christen damals hatten oft schulterlange Haare. Das galt als ganz normal und wurde nicht als problematisch angesehen. Ein Beispiel ist August Hermann Francke, ein frommer Prediger mit schulterlangen Haaren. Er hätte nicht gedacht, dass das als lang gilt, sondern es als normal für Männer angesehen.
Lange Haare, die den Rücken hinunter reichen wie bei Frauen, galten damals nicht als lang im Barock. Manche Männer trugen sogar Perücken mit langen Haaren, um schick auszusehen. Die Darstellungen Jesu veränderten sich also immer wieder im Laufe der Zeit, meist entsprechend der Mode.
Wenn wir heute sagen sollten, wie Jesus wirklich ausgesehen hat, dann wahrscheinlich am ehesten wie ein Araber. Er hatte mit ziemlicher Sicherheit einen Vollbart, denn das war damals für Juden und Rabbiner normal – bis heute tragen fromme Juden Bart. Wahrscheinlich war der Bart nicht so schön beschnitten, sondern eher etwas länger, denn man schnitt damals nicht viel daran herum.
Wie lang sein Haupthaar war, können wir nicht genau sagen. Es gibt zwar ein paar Abbildungen aus der Zeit, aber die meisten stammen von Römern und Griechen, nicht so sehr aus jüdischem Hintergrund. Was wir mit Sicherheit sagen können: Jesus war wahrscheinlich dunkelhäutig, braune Augen und dunkelhaarig – so wie die meisten Menschen damals.
Letztendlich spielt es für uns keine große Rolle, wie Jesus irdisch ausgesehen hat. Hätte Gott das für wichtig gehalten, dann gäbe es in den Evangelien eine genaue Personenbeschreibung: Größe, Breite, Haarfarbe, Augenfarbe. Für heutige Menschen scheint das oft das Wichtigste zu sein. Doch zur Zeit Jesu spielte das offenbar eine untergeordnete Rolle, weshalb es nicht speziell erwähnt wird.
Paulus sagt im Neuen Testament, dass es für Männer angemessen sei, kurze Haare zu tragen. Ich glaube das nicht so ganz. Seine Argumentation bezieht sich auf die Schöpfungsgeschichte und Ähnliches. Das Schwierige für uns heute ist zu verstehen, was er genau meint: Was heißt „kurz“? Ist das so kurz wie bei August Hermann Francke oder wie bei jemandem mit sehr kurzem Haar?
Das ist sehr subjektiv wahrgenommen. Paulus meint wohl, dass es einen deutlichen Längenunterschied zwischen den Haaren von Männern und Frauen geben soll. Wenn Frauen ihre Haare bis hierher tragen, dann ist das für Männer „kurz“. Trägt eine Frau sehr lange Haare, dann müsste ein Mann fast eine Glatze haben, um noch kürzer zu sein.
Es handelt sich also um ein Verhältnis, keine genaue Angabe. Detaillierte Kenntnisse haben wir dazu nicht. Auf dem Bild ist Jesus typisch europäisch dargestellt. Das ist nicht nur speziell mormonisch, sondern findet sich in den meisten katholischen Kirchen, wo Jesus ähnlich dargestellt wird.
Ich war vor ein paar Wochen in Israel, in Nazaret, in der Geburtskirche. Im Vorraum hängen viele Marienbilder. Das finde ich originell, denn aus jedem Land ist dort eine katholische Kirche mit einem Marienbild vertreten. Man sieht Maria als Afrikanerin, als Asiatin, als Indianerin, als Europäerin und vieles mehr. Es sind Hunderte von verschiedenen Marienbildern, die stark nach der jeweiligen Nationalität gestaltet sind.
Das liegt einfach daran, dass man sich beim Lesen der biblischen Geschichten zuerst die Menschen so vorstellt, wie man sie kennt, aus der eigenen Umgebung. Wahrscheinlich war das bei euch als Kindern so, vielleicht ist es heute noch so: Wenn ihr biblische Geschichten lest, denkt ihr zuerst, Abraham sah so aus wie ihr – mehr oder weniger. Dabei war das mit Sicherheit nicht so.
Auch Paulus sah nicht so aus wie wir. Die meisten Menschen damals waren keine Bleichgesichter. Viele der frühen Kirchenväter sahen auch ganz anders aus. Augustinus zum Beispiel war Nordafrikaner und einer der wichtigsten Kirchenväter.
Damit will ich nicht sagen, dass wir Europäer schlecht oder dumm sind. Aber wenn wir genau sein wollen, müssen wir anerkennen, dass die Personen, die in der Bibel handeln, wahrscheinlich anders aussahen als wir heute.
Genau, eingeweiht worden ist. Ja, genau, das ist eine Taufe, die vollzogen wird, und zwar die Totentaufe. Im Tempel findet die Totentaufe statt, die Taufe der mormonischen Kinder hingegen findet in der Gemeinde statt. Das heißt in der örtlichen Gemeinde vor Ort, und zwar im Normalfall ab dem achten Lebensjahr. Es handelt sich also nicht um eine Kindertaufe, sondern um eine Taufe, wenn die Kinder etwas älter sind. Dort werden sie getauft und erhalten dann den Heiligen Geist, auch da versiegelt.
Die Toten hingegen werden im Tempel getauft. Das heißt, stellvertretend lässt man sich für sie taufen. Wenn du beispielsweise eine Urgroßmutter herausgefunden hast, stellst du einen Antrag, ob du in den Tempel gehen darfst. Dort wirst du dann noch einmal getauft, aber stellvertretend für die Großmutter, die unsichtbar ist, also die man jetzt nicht sehen kann. Durch diese Taufe erhält sie den Heiligen Geist.
Ja, darauf legen sie durchaus Wert, es ist prunkvoll. Das gehört auch dazu. Das ist also auch in der Literatur beschrieben, oder? Ja, genau. Nein, bisher nicht. Ich weiß das aus der Literatur und von Mormonen, die schon dort gewesen sind. Normalerweise dürfen sie nicht darüber reden, aber wenn du sie etwas näher kennst, erzählen sie doch manchmal, was dort so läuft, weil das eigentlich geheime Rituale sind.
Man merkt, dass diese Rituale in einer Zeit entstanden sind, in der Freimaurerei in Mode war. Damals waren Geheimgesellschaften beliebt, und deshalb gibt es auch hier Geheimorganisationen. Normalerweise kennt jeder Mormone den Tempel. Ja, normalerweise schon.
Nein, die Tempel sind alle unterschiedlich, sowohl in der äußeren als auch in der inneren Ausstattung. Natürlich gibt es bestimmte Dinge, wie das Taufbecken, das in jedem Tempel vorhanden ist. Architektonisch sind die Tempel jedoch durchaus verschieden.
Wie teuer ist denn so eine Taufe für Verstorbene? Dann Hunderttausende oder Tausende? Nein, nein, nein. Man kann den Mormonen nicht vorwerfen, dass sie damit Geld verdienen wollen. Soweit ich weiß, bezahlst du entweder gar nichts oder nur eine geringe Gebühr. Diese dient tatsächlich nur dazu, das Gebäude instand zu halten.
Bei den Mormonen kann man nicht sagen, dass es eine Sekte ist, die massenhaft Geld abzieht. Das ist sonst gerne ein Vorwurf gegenüber Sekten, aber bei ihnen ist das nicht so. Das meiste Geld wird in die Ausbreitung der Mormonkirche gesteckt. Es gibt keinen Führer, der mit zwanzig Rolls-Royce herumfährt, wie man das von einigen Sekten kennt.
Man lebt dort eher ganz normal. Wenn du mal einen Mormonen oder einen mormonischen Leiter triffst, etwa einen Bischof, dann ist das meist eine ganz normale Person. Er lebt ganz normal, geht sogar seinem normalen Job nach und macht das nebenberuflich. Hier spielen Geldmotive also nicht so sehr eine Rolle.
Wenn die Sünder, wie bei den Katholiken, beichten, müssen sie bei den katholischen Gemeinden teilweise auch Geld bezahlen. Ein Katholik muss für seine Beichte jedoch kein Geld bezahlen, das heißt, die Kirchensteuer in Deutschland – in den meisten anderen Ländern gibt es diese Kirchensteuer nicht. In Deutschland wird durch die Kirchensteuer vieles, was die katholische Kirche anbietet, abgegolten.
Die katholische Kirche hat auch heute nie vertreten, dass Sündenvergebung nur gegen Geld gegeben wird. Das hat sie nie behauptet. Im Spätmittelalter gab es allerdings den Ablasshandel. Dieser sollte eigentlich bedeuten, dass man wahrhaftig und ehrlich Buße tut. In jedem Dokument der katholischen Kirche steht, wenn man es ernst nimmt, dass man bereuen soll und die Sünde aufgrund der Reue vergeben wird.
Damit man sieht, ob die Reue ernst gemeint ist, soll man gute Taten tun. Zu den normalen guten Taten gehört, dass man einem anderen wiedergutmacht, was man falsch getan hat. Wenn jemand beispielsweise jemanden beraubt hat, heißt das nicht nur, dass man sich entschuldigt, sondern man soll das Gestohlene zurückgeben – was ja plausibel ist.
Es gibt aber auch Sünden, die man nicht wiedergutmachen kann. Dann sagt man, man soll der Kirche etwas Gutes tun, indem man Geld gibt. Die Kirche kann damit Gutes tun, zum Beispiel Menschen speisen, Kirchen bauen oder Ähnliches. So war der Grundgedanke. Dieses Geld, das man gegeben hat, war ein Zeichen der Buße, nicht ein Mittel, um sich von Sünden freizukaufen. Die katholische Kirche hat immer betont, dass Vergebung aufgrund von Erkenntnis und Buße geschieht.
In der Beichte soll man hingehen, seine Sünden benennen und bereuen. Natürlich lief das nicht immer so ordentlich ab. Es gab einzelne Ablassprediger, die es übertrieben haben und so predigten, als hinge alles vom Geld ab. Die Kirche hat das aber nie gutgeheißen. Ein Beispiel ist Tetzel, der zur Zeit Luthers Ablasszettel verkauft hat. Er hat sein Leben in Klosterhaft beendet, da die Kirche ihn verurteilt hat.
Man muss allerdings auch eingestehen, dass das erst geschah, nachdem Luther die Kritik geäußert hatte. Solange das Geld floss, kümmerte man sich nicht sonderlich darum. Erst als Luther sagte, das sei nicht rechtens und nicht katholische Lehre, wurde gehandelt.
Ich betone das nicht, um für die Katholiken die Hand ins Feuer zu legen, sondern um deutlich zu machen: Auch bei unseren Gegnern sollten wir Gleiches mit Gleichem vergleichen und ehrlich sein. Wir sollten keine Gerüchte über Gegner verbreiten und bei uns nur das Ideal benennen. Bei uns wird auch nur mit Wasser gekocht. Auch in unseren Gemeinden gibt es manchmal Dinge, die nicht in Ordnung sind, genauso wie bei den Katholiken.
Wir sind ja nicht Christen, weil bei den evangelikalen Christen alles perfekt läuft. Wenn das so wäre, wäre ich kein Christ mehr. In den letzten 30 Jahren habe ich viel erlebt, was in Gemeinden läuft, und ich könnte euch viele Geschichten erzählen. Natürlich gibt es unter Christen und christlichen Gemeinden auch schlimmste Dinge.
Aber deshalb bin ich ja nicht Christ, sondern weil ich von Jesus Christus weiß, weil ich weiß, dass er für meine Schuld gestorben ist, weil ich weiß, dass die Bibel zuverlässig ist. Und weil ich erlebt habe, dass es in vielen christlichen Kreisen liebe und nette Geschwister gibt, die Jesus nachfolgen.
Es gibt aber auch Leute in Gemeinden, bei denen es schlecht läuft, die sündigen und betrügen. Es gibt gläubige Christen, die schwere Vergehen begehen. Das kann sein. In den USA gibt es Untersuchungen, zum Beispiel von Christianity Today, wonach die Religionsverhältnisse in Gefängnissen ungefähr genauso sind wie außerhalb.
Das heißt, du hast dort genauso viele Baptisten, freie Evangelische, Methodisten, Mennoniten und so weiter. Die meisten Christen im Gefängnis sind nicht wegen ihres Glaubens dort. Auch in Deutschland gibt es Christen im Gefängnis, weil sie gestohlen oder getötet haben. Wir sollten ehrlich sein, auch gegenüber der Außenwelt.
Es sind die wenigsten Christen in Deutschland im Gefängnis wegen ihres Glaubens. Das ist eher die Ausnahme. Das ist ein schlechtes Zeugnis für Christen. Natürlich könnten wir besser sein, hoffentlich werden wir das auch. Aber schaut euch die Leute in der Bibel an: Da gibt es Ehebrecher und Mörder, mit denen Gott sein Reich gebaut hat.
Das heißt nicht, dass man erst gebraucht wird, wenn man im Gefängnis war, zum Glück nicht. Aber in der Bibel gibt es viele Betrüger und Verlierer. Einer der Jünger war ein Zelot, ein Extremist, der den Staat stürzen wollte. Ein anderer war ein Steuereinnehmer, der mehr nahm, als er sollte.
Lest mal die Briefe von Paulus an die Gemeinden genau durch. In manchen Gemeinden war es schlimmer als bei uns heute. Zum Beispiel lebte einer zusammen mit der Frau seines Vaters. Gibt es das bei euch? Bei uns nicht. In dieser Hinsicht sind wir reiner als Teile der Urgemeinde.
Dann gab es Frauen, die den Gottesdienst störten, und es gab Streit zwischen Judenchristen und griechischen Christen, die sich über die Verteilung von Unterstützung beklagten. Auch Stephanus musste schlichtend eingreifen.
Ich will die Urgemeinde nicht schlechtmachen, aber zeigen, dass es normale Menschen mit Schwächen und Stärken waren. Durch Jesus Christus werden Menschen freigetragen. Wir sollten das Ziel haben, besser zu sein als unsere Umwelt und danach ringen.
Aber das macht uns nicht zum Christen. Zum Christen macht uns die Gnade Jesu Christi. Er will durch den Heiligen Geist in uns etwas verändern. Wir können trotzdem hartnäckig an unserer Sünde festhalten und sündigen. Sonst wären wir keine Christen.
Manche meinen, Gläubige meiden einfach die Weisheit der Welt. In Diskussionen über Beichte, wie du sie angesprochen hast, bekennt man seine Sünde dem Pastor, der dann im Namen Jesu vergibt. Im Grunde ist das nichts anderes, als was wir Gläubigen tun: Wir machen uns unsere Sünden bewusst, bekennen sie dem Herrn, bitten um Vergebung und glauben daran.
Manchmal gehen wir auch zum Seelsorger, nicht Beichte genannt, sondern Seelsorge. Ich habe jährlich Gespräche mit Bibelschülern, die unaufgeräumte Dinge haben. Wir beten zusammen, bitten um Vergebung, und ich kann sagen, Gott hat ihnen vergeben – genau wie der katholische Priester es tut, nur auf Deutsch.
Ich möchte euch deutlich machen: Auch wenn wir mit manchen Dingen nicht einverstanden sind, sollten wir nicht zu schnell Gerüchten Glauben schenken, die gut in unser Schema passen. Wir sollten bei allen Gegnern ehrlich bleiben und die Sache beim Namen nennen.
Manchmal hört man gerne, dass der andere böse ist und man sich dadurch besser fühlt. Aber ich betone: Die meisten Menschen in jeder Gruppe sind liebe und nette Menschen. Das werdet ihr heute Abend merken.
Viele denken, Sektenmitglieder seien mit glühenden Augen unterwegs und greifen einen an. Wenn ihr heute Abend zu den Zeugen Jehovas geht, werdet ihr feststellen, dass es nette Menschen sind – vielleicht sogar netter als in eurer eigenen Gemeinde.
Aber das heißt nicht, dass sie Recht haben. Das ist der entscheidende Punkt.
Wir sollten das Leben und die Lehre der Leute nicht schlechter machen als sie sind. Ebenso sollten wir unsere christlichen Perspektiven nicht besser machen als sie sind. Wir müssen nicht in Depressionen verfallen. In unserer Gemeinde und wahrscheinlich auch bei euch lebt man anständiger als im Durchschnitt der Bevölkerung.
Bei uns gibt es weniger Scheidungen, weniger Alkoholabhängigkeit, weniger Drogensucht und so weiter. Gott verändert Menschen. Aber wir dürfen das nicht als Voraussetzung nehmen oder denken, hier sei alles heilig und gerecht. Das ist leider nicht so.
Wir müssen immer prüfen, ob etwas mit der Schrift übereinstimmt oder nicht. Wenn wir glauben, wie die Schrift es sagt, dann ist das entscheidend.
Deshalb habe ich auch gesagt, dass Sekten nicht soziologisch definiert werden, sondern durch Irrlehre. Wenn in relevanten Punkten von der Bibel abgewichen wird, sind es Irrlehren.
Die Leute sind nicht unbedingt moralisch böse, sondern Irrlehrer. Deshalb müssen wir sie ablehnen oder für Jesus gewinnen.
Für mich war es befreiend, dass Jesus sagt, zum Beispiel bei Ehebruch: Ihr werdet immer mit dieser Sünde leben. Für Gott gibt es nicht Schlimmeres oder Schlimmstes.
Jesus sagt ganz klar, dass Gedanken Sünde sind. Wenn du zornig bist oder deinen Bruder hasst, bist du vor Gott genauso schuldig wie der, der die Tat begeht.
Deshalb können wir uns über keinen erheben.
Jesus sagt auch zu der Ehebrecherin, dass niemand ohne Sünde ist und niemand Steine werfen soll.
In manchen Dingen denke ich: Bewahrt mich Gott davor! Aber niemand soll sich einbilden, dass er nicht zu allem fähig ist.
Wie wir mit Sünde umgehen und wie Christen damit zurechtkommen, ist ein langes Thema. Jesus spricht davon, dass wir Sünder sind, aber auch von Heiligung.
Wir sollen Jesus ähnlicher werden. Ich hoffe, viele von euch sind ihm nähergekommen und haben manche Sünden überwunden.
Jesus will Heiligung bewirken. Das ist ein Prozess, der immer weitergeht.
Wir sollten uns nicht zu sehr auf unsere Gerechtigkeit einbilden oder generell davon ausgehen, dass der andere unmoralisch oder schlechter ist, nur weil er katholisch, Mormon oder Zeuge Jehovas ist.
Wir haben die Herausforderung, Jesus ähnlicher zu werden, und sind alle auf dem Weg.
Solange wir auf der Erde sind, haben wir immer wieder mit Sünde zu tun. Deshalb beten wir im Vaterunser: Vergib uns unsere Schuld.
Das tun wir lebenslang, nicht nur Ungläubige, sondern auch Gläubige.
Wir sollten nicht in falsche Selbstgerechtigkeit verfallen. Das war der Fehler der Pharisäer. Der Pharisäer sagte, er sei besser als der Sünder, aber er merkte seine eigenen Sünden nicht.
Das ist die Herausforderung für uns.
Vielleicht haben wir mit manchen Sünden nichts mehr zu tun, mit denen unser Nachbar zu kämpfen hat. Aber wir arbeiten daran, Jesus ähnlicher zu werden.
Je länger ich mit Jesus lebe, desto leichter fällt es mir, andere nicht zu verurteilen.
Je mehr ich an der Gnade festhalte, desto leichter fällt es mir, anderen Gnade zu geben.
In den 1950er und 1960er Jahren gab es die Geschichten von Pater Brown, einem frommen Priester, der in Kriminalfällen oft die Perspektive des Täters einnimmt.
Er versetzt sich in die Lage des Verbrechers und findet so die Lösung.
Diese Geschichten zeigen, dass wir alle unter bestimmten Umständen zu Mördern oder Verbrechern werden könnten.
Wie wir mit Sünde, Schuld und Vergebung umgehen, ist ein Thema, das wir in einer gesonderten Bibelschule behandeln sollten.
Heute ist das Thema auch in sozialen Medien beliebt. Dort kann man schnell Rufmord betreiben, viel effektiver als früher.
Denkt an den Fall in Emden vor einigen Monaten: Ein Verdächtiger wurde festgenommen, obwohl sich später seine Unschuld herausstellte.
Tausende drohten ihm, ihn zu lynchen, und er musste von der Polizei geschützt werden.
Durch Rufmord kann jemand sehr schnell zerstört werden.
Im Internet spricht man von einem Shitstorm – wenn jemand anfängt, Mist über dich auszuschütten, und alle anderen mitmachen.
Das kann sehr belastend sein, besonders wenn man viele Kontakte in sozialen Netzwerken hat.
Solche Meldungen werden oft nicht mehr geprüft.
Ich erlebe das manchmal selbst, wenn Leute mich beschimpfen, ohne zu wissen, was ich vertrete.
Das ist heute weit verbreitet: Menschen machen andere fertig, beschimpfen sie brutal.
Früher war das weniger verbreitet, heute ist es viel größer.
Wenn ihr nicht im Internet seid, könnt ihr das beobachten: Zunächst überschütten sich Leute mit positiven Gefühlen, doch wenn eine Freundschaft zerbricht, wird übel nachgetreten.
Ich hoffe, eure Sprache ist nicht so, ich kenne wenige, die sich so ausdrücken.
Das Internet eignet sich besonders dafür, weil man den anderen nicht sieht und nicht zurückschlagen kann.
Man kann seinen Frust und Ärger auslassen, das tun viele.
Es gibt ganze Internetzeiten, in denen Schüler ihre Lehrer fertig machen.
Als Lehrer rate ich: Lest solche Rubriken nicht, geht nicht auf Facebook, denn ihr könnt nichts dagegen tun und seid hinterher total fertig.
Solche Plattformen werden oft für persönliche Abrechnungen und Frust genutzt.
Ich habe selbst erlebt, wie weh das tun kann.
Wir Christen sind nicht unbedingt bessere Menschen, aber wir sind besser dran, weil wir mit unserer Schuld und unserem Versagen zu Christus kommen können und Veränderung erfahren.
Trotzdem sollten wir bedacht sein, wie wir wandeln, auch um unserer Umwelt willen.
Ihr habt einige gute Beiträge gegeben.
Um das Thema zu erschöpfen, müssen wir uns noch grundsätzlicher damit beschäftigen.
Wir sollten uns nicht mit Sünden abfinden und sagen, es ist halt so.
Sünde hat Auswirkungen auf unser Leben und auf andere.
Wir sollten darum kämpfen.
Ich glaube, wenn wir als Christen mehr Mut hätten, offen zu sagen, wo wir gesündigt haben, bevor wir gläubig wurden, würde das mehr bringen als hochmütig auf andere herabzusehen.
Auch das ist ein wichtiger Beitrag.
Ich lenke jetzt wieder zurück zu unseren Sondergruppen und Sekten.
Unser Ausgangspunkt waren die Mormonen.
Ich habe euch dargestellt, wie die Mormonen denken, was sie glauben, ihre heiligen Schriften, ihre Geschichte und ihr Alltagsleben.
Wir haben uns auch mit Kritikpunkten an den Mormonen auseinandergesetzt.
Als ich euch die Lehre vorgestellt habe, habe ich euch herausgefordert: Steht das in der Bibel, dass Ehen ewig sind? Steht das in der Bibel, dass wir wie Gott sein werden?
Wir haben gesehen: Nein. Das ist eine Irrlehre, und zwar eine, die nicht nur Nebendinge betrifft, sondern die Hauptaussagen.
Vielleicht schließen wir damit ab.
Bevor wir das tun, gebe ich einen kurzen Hinweis: Mit Mormonen kann man relativ normal sprechen, wie mit allen anderen Menschen auch.
Man muss nicht wahnsinnig viel beachten.
Man sollte nur kritisch nachfragen, woher sie ihre Überzeugungen haben.
Man sollte ihre Grundtheologie im Kopf haben, um schnell erkennen zu können, worum es geht.
Mormonen achten stark auf die persönliche Erfahrung, zum Beispiel auf Gebetserfahrungen.
Wenn jemand sagt, er habe gebetet und Gott habe ihm gezeigt, dass das Buch Mormon wahr ist, kann ich ehrlich sagen, ich habe gebetet und Gott hat mir das nicht gezeigt.
Dann stellt sich die Frage: Wo gibt es neutrale Kriterien?
Ein Kitzeln im Bauch ist kein Beweis für die Wahrheit des Buchs Mormon.
Deshalb kann man auch kritische Stimmen äußern.
Es ist wichtig, einem Mormon klarzumachen, dass seine Offenbarung im Buch Mormon nicht mit der Bibel übereinstimmt.
Er bekommt immer wieder vermittelt, das Buch Mormon sei nur ein weiterer Zeuge für Jesus Christus.
Die meisten Mormonen wissen das nicht so genau.
Manche ahnen den Unterschied, viele wissen es nicht, weil sie im Alltag wenig damit konfrontiert werden.
Sie haben den Eindruck, das Buch Mormon sei eine zusätzliche Bestätigung der biblischen Lehren.
Natürlich gibt es Bibelverse, die Mormonen hervorheben, zum Beispiel „So wie ich eins bin mit dem Vater, so sollt auch ihr eins sein untereinander“ oder „Zieht Christus an“.
Diese Verse werden besonders betont, während andere, die den Unterschied zwischen uns und Jesus Christus klar machen, vernachlässigt werden.
Mormonen können Bibelverse nennen, um ihre Sicht zu untermauern.
Grundsätzlich ist die Sache aber biblisch ganz klar: Der Mensch kann nicht Gott werden.
Das hat auch die Kirchengeschichte in zweitausend Jahren nie anders gesehen.
Es gibt wenige charismatische Christen, die das anders sehen.
Sie meinen, sie hätten dieselbe Macht wie Gott.
Aber das ist nicht so.
In der Bibel ist der Unterschied zwischen Gott und Mensch klar.
Wir sind Geschöpfe Gottes und von ihm abhängig.
Schon Psalmtexte zeigen, dass wir wie Gras sind, das morgens blüht und abends verwelkt.
Manche Menschen sind größenwahnsinnig und halten sich für Gott.
Dabei sollten wir uns unsere Anfälligkeit und Sterblichkeit vor Augen halten.
Gott ist Gott, wir sind seine Geschöpfe.
Manche meinen, hinter jeder Auffassung stecke Dämonisches.
Der Teufel kann alles benutzen, aber wir sollten nicht zu schnell Dämonen sehen.
Die meisten Menschen glauben nicht an Gott, sind aber nicht automatisch dämonisch besessen.
Materialisten sind nicht weiter von Gott entfernt als Mormonen.
Wenn Materialisten nicht besessen sind, dann sind es Mormonen auch nicht.
Wenn Materialisten besessen sind, dann sind es alle Ungläubigen.
Aber warum hat Jesus nicht von allen Dämonen ausgetrieben?
Von Pharisäern und Sadduzäern hat er keine Dämonen ausgetrieben, obwohl sie Irrlehren vertraten.
Wir sollten nicht bei jedem Andersgläubigen Besessenheit vermuten.
Es gibt Besessenheit, aber nicht jeder Ungläubige ist besessen.
Die meisten Menschen, mit denen Jesus, Paulus oder Petrus zu tun hatten, waren nicht besessen.
Die Ausnahme war deutlich erkennbar.
Viele, denen Jesus Dämonen austrieb, waren fromme Juden.
Der Hauptmann von Kapernaum war ein Heide, und Jesus lobte seinen Glauben.
Wir sollten nicht zu schnell zuordnen, dass jemand besessen ist, nur weil er eine andere Religion hat.
Es gibt Christen, die das tun, aber die Bibel sagt das nicht.
Die meisten Mormonen sind normale Menschen.
Sie sind in Familien geboren, in denen der Glaube weitergegeben wird.
Viele Mormonen sind sogar Materialisten, gehen nur zur Kirche, weil die Eltern es wollen.
Der Ausstieg ist schwerer als bei anderen Gemeinden.
Das liegt nicht nur am Druck, sondern vor allem an der starken Betonung der Familie.
Man wird von klein auf erzogen, wie wichtig die Familie ist.
Wenn man aussteigt, verliert man oft den Kontakt zur Familie.
Das ist ein großer Schritt.
Die meisten Mormonen in Europa und Nordamerika sind durch Familie Mormonen, nicht durch Bekehrung.
Man hat also nicht nur Eltern und Geschwister, sondern auch Onkel, Tanten und Freunde in der Gemeinde.
Das macht den Ausstieg schwierig.
Mormonen verfolgen selten Menschen geistlich, wie es Scientology manchmal tut.
Das Leben des jungen Mormonen wird stark von der Familie geprägt.
Soziale Kontakte werden abgeschnitten, wenn man nicht mehr Mormone ist.
Das macht großen Druck.
Es gibt radikale Mormongruppen, die bis zu Mord gehen, aber das ist nicht der Normalfall.
Ich könnte euch schlimme Fälle nennen, aber ich will euch den Mainstream zeigen.
Die meisten Mormonen, die ihr in Deutschland trefft, sind ganz normale Leute wie du und ich.
Sie legen Wert auf Familie, sind durch Geburt oder Heirat Mormonen geworden.
Viele wurden durch Freundschaft überzeugt, nicht durch intellektuelle Überzeugung.
Die Lehre ist oft nicht intellektuell überzeugend.
Die meisten Mormonen werden durch Lebensstil, Freundschaft und gute Taten überzeugt.
Ich habe eine Frage: Wie ist das bei den Mormonen mit männlichen Kindern, die angeblich rausgeschmissen werden, wenn sie nichts einbringen?
Ich habe davon gehört, weiß aber nichts Genaues.
Im Moment scheint mir das nicht zuverlässig.
Normalerweise werden Kinder nicht rausgeschmissen.
Mormonen betonen Familie, auch wenn man erwachsen ist.
Strenge Mormonen leben oft vom Kindergeld, besonders in den USA.
Polygamie ist verboten, aber es gibt Tempelversiegelungen.
Die Familien bekommen staatliche Unterstützung.
Manche Mormonen arbeiten viel, andere weniger.
Wenn ein Kind faul ist, kann es rausgeworfen werden, aber nicht generell.
Sie betonen Fleiß, wie die meisten von uns.
Wenn du Quellen hast, schick sie mir gerne.
Sonst noch Fragen zu den Mormonen?
Wenn nicht, eine Schlussfrage: Wo sind die problematischen Lehren oder Lebensweisen der Mormonen?
Wer ist Gott? Wer ist der Mensch?
Mormonen lehren, der Mensch sei Gott, das ist falsch.
Gott war nie Mensch, es gibt nur einen Gott.
Die Präexistenz im Himmel, dass wir Göttersöhne waren, stimmt nicht.
Gott hat die Welt aus sich heraus geschaffen, das ist nicht göttlich im Sinne der Mormonen.
Mormonen vertreten Panteismus, ähnlich Spinoza.
Weitere Irrlehren sind die Versiegelung durch Ehe und das Versprechen ewiger Ehen.
Das ist biblisch falsch.
Die Errettung der Toten durch Ersatzversiegelung ist ebenfalls eine falsche Lehre.
Die neuen Offenbarungen in ihren Schriften widersprechen der Bibel.
Gott teilt sich in der Bibel durch Jesus und Propheten mit, nicht durch das Buch Mormon.
Kein Mensch kann Gott werden.
Auch die Lehre über Erlösung ist falsch.
Erlösung kommt nicht nur durch Jesus, sondern durch eigenes Bemühen.
Es gibt eine religiöse Evolution: Man wird besser und irgendwann Gott.
Dazu gehören Rituale wie Endowments und das Amt als Priester im Pfahl.
Zeugen Jehovas und Mormonen betonen, Jesus sei an einem Pfahl gestorben, nicht am Kreuz.
Darüber kann man streiten, es ist für die Erlösung nicht entscheidend.
Wichtig ist, dass er für uns gestorben ist.
Mormonen sind eine Sondergruppe, eine Sekte, die Irrlehren in heilsrelevanten Punkten vertritt.
Wir können noch Zeit für weitere Gruppen nehmen.
Ich gehe gerne noch auf die Adventisten ein.
Viele von euch sind daran interessiert.
Ich möchte euch neugierig machen auf die Adventisten.
Ich beginne mit William Miller.
Ich habe nur eine ältere Statistik, aber sie gibt einen Überblick.
Die Adventisten haben eine Zeitschrift „Zeichen der Zeit“, einen Fernsehsender und einen Radiosender „Stimme der Hoffnung“.
Das ist einer der wenigen christlichen deutschen Radio- und Fernsehsender.
Das Zeichen der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland zeigt eine aufgeschlagene Bibel mit einer Fackel.
Die erste deutsche Adventgemeinde entstand 1876 in Solingen.
1889 wurde das Verlagshaus in Hamburg gegründet.
1897 begann das Adventwohlfahrtswerk.
1899 wurde das theologische Seminar Friedensau bei Magdeburg gegründet, heute ihr Zentrum mit Universität.
1899 entstand der Deutsche Verein für Gesundheitspflege.
1903 wurde die Adventjugend gegründet.
1909 gab es einen Ost- und Westdeutschen Verband.
1912 einen Süddeutschen Verband.
1920 wurde das Krankenhaus Waldfriede bei Berlin gegründet.
1924 das Seminar Marienhöhe bei Darmstadt.
1948 entstand die Rundfunkmission „Stimme der Hoffnung“ in Darmstadt.
Friedensau ist ein ganzes Dorf, fast nur Adventisten.
1987 wurde die adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe gegründet.
1992 erfolgte die Vereinigung der ost- und westdeutschen Verbände zum Norddeutschen Verband mit Sitz in Hannover.
Es gibt 574 Gemeinden, elf regionale Zusammenschlüsse, 35.400 erwachsene Mitglieder, 360 Pastoren.
Die Zahl der Mitglieder nimmt ab.
In den 80er und 90er Jahren gab es Zuzug durch Spätaussiedler aus Osteuropa.
Zum Beispiel die große Adventistengemeinde Paderborn.
Ich habe vor zwei Jahren die Zentrale besucht und Vorträge gehalten.
Die Adventisten sind in Deutschland auf dem Rückgang.
Sie haben Krankenhäuser, Altenheime, Tagungsstätten, eine theologische Hochschule, Schulen, Kindergärten, Verlage, Medienzentren und ein Gesundheitskostwerk.
Cornflakes wurden von John Harvey Kellogg, einem amerikanischen Adventisten, erfunden.
Er gründete eine Gesundheitsklinik und entwickelte die Reformnahrung.
Cornflakes sind weltweit bekannt.
Das heißt aber nicht, dass man sie nicht essen darf, nur weil sie von Adventisten erfunden wurden.
Auch andere Erfindungen, wie der Kugelschreiber oder der Computer, sind nicht von frommen Christen erfunden.
Adventisten betreiben Sozialarbeit, Gesundheitsförderung und humanitäre Hilfe.
Sie sind Gastmitglieder der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF).
Sie verstehen sich als reformatorische Endzeitgemeinde.
Christus ist die Mitte ihres Lebens.
Sie erwarten seine baldige Wiederkunft.
Am Sabbat, dem siebten Tag (Samstag), feiern sie Gottesdienste.
Sie glauben, dass Christus den Sabbat nicht auf den ersten Tag der Woche verlegt hat.
Adventistische Mission zielt darauf ab, Menschen zum Glauben an Christus zu rufen.
Sie legen Wert auf gesunde biblische Theologie, seelische Ausgeglichenheit und gesunden Körper.
Das ist ihre Selbstdarstellung.
Wenn man das liest, klingt es gut.
Das ist auch das, was man im Internet findet.
Zur Geschichte: Die Adventisten entstanden 1863 in Battle Creek, Nebraska, USA.
125 Gemeinden mit etwa 3.000 Mitgliedern schlossen sich zusammen.
Es gab eine Vorgeschichte mit Erweckungen im 19. Jahrhundert, unter anderem bei Siebentagsbaptisten.
Ellen Gould White (1827–1915) hatte prophetische Begabungen ab 1844.
Sie arbeitete eng mit William Miller zusammen, der das Jahr 1844 für die Wiederkunft Jesu berechnet hatte.
Ursprünglich sagten die Adventisten, dass Jesus an diesem Datum wiederkommt.
Als das nicht geschah, suchten sie Erklärungen.
Manche sagen, Jesus sei ins himmlische Allerheiligste eingetreten und habe die Erlösung abgeschlossen.
So begann die Endzeit im Himmel, und jetzt warte man auf die Wiederkunft.
Das war eine fehlgeschlagene Endzeitberechnung.
Es gibt Berichte, dass viele Tausende 1844 an die Wiederkunft glaubten.
Sie versammelten sich früh morgens, sangen und beteten.
Es gab Gefängniswärter, die Gefangene freiließen, weil sie glaubten, das Ende sei nah.
Adventisten bestellten ihre Felder nicht mehr, verschenkte Hab und Gut.
Die Enttäuschung war groß, als nichts geschah.
Es folgten Neuberechnungen und Neuinterpretationen.
Man sagte, die Berechnung sei richtig, aber Jesus sei nicht zurückgekehrt, sondern habe eine himmlische Phase eingeleitet.
Adventisten sehen sich als Endzeitgemeinde.
William Miller trat später in den Hintergrund.
Ellen Gould White erhielt weiterhin Offenbarungen.
Diese wurden in Büchern festgehalten, zum Beispiel „Der große Kampf“.
Manche Lehren, wie Speiseregeln und Kleidervorschriften, spielten früher eine größere Rolle.
Heute sind sie weniger entscheidend.
Ellen White hatte eine Vision, in der Gott ihr die zehn Gebote zeigte.
Besonders das Sabbatgebot leuchtete auf.
Sie sagte, die Christenheit leide, weil sie den Sabbat nicht halte.
Das wird von einigen judaisierenden christlichen Gruppen aufgenommen.
Adventisten betonen bis heute stark das Halten des Sabbats.
Fast jeder überzeugte Adventist fragt, ob man die zehn Gebote hält.
Wer das zehnte Gebot (Sabbat) nicht hält, hat ein Problem.
Strenge Adventisten lehren, dass wer den Sabbat nicht hält, nicht gerettet wird.
Der Sonntag wird als das Mal des Tieres angesehen.
Wer den Sonntag heiligt, verbündet sich mit dem Antichristen.
Deshalb muss man den Sabbat heiligen.
Das ist eine heilsrelevante Lehre.
Das Sabbatgebot wird als Erneuerung der Kirche gepriesen.
Der Sonntag als Mal des Tieres wird auch heute noch von manchen Christen diskutiert.
Viele Christen glauben, der Sonntag sei heidnisch und durch Konstantin den Großen eingeführt worden.
Das stimmt nur teilweise.
Der Sonntag wurde offiziell als Feiertag eingeführt, als Christen an der Macht waren.
Christen feierten den Sonntag schon früher als Gottesdiensttag.
Im römischen Reich war der Sabbat kein freier Tag.
Erst unter Konstantin wurde der Sonntag offizieller Feiertag.
Die Christen trafen sich am Abend oder Morgen, vor oder nach der Arbeit.
Damit müssen wir rechnen.
Wir müssen zum Abschluss kommen.
Morgen früh machen wir mit den Adventisten weiter.
Ich erwarte euch nach dem Essen um Viertel vor sechs am Stein oben.
Wir teilen die Autos auf, fahren um Viertel vor sieben.
Nehmt euch etwas zum Schreiben mit, damit ihr Notizen machen könnt und wir hinterher austauschen können.
Viertel vor sieben, oben am Stein, Abfahrt zum Besuch der Adventisten und der Zeugen Jehovas.