Herr Präsident, schönen guten Abend! Hier ist die kleine Runde im Saal und später irgendwann auf YouTube. Ich freue mich, dass wir uns zum Thema „Den Platz in der ersten Reihe freimachen?“ treffen.
Es ist Sonntagmorgen. Sie schauen in die Gemeindeinformation hinein und fragen sich: Wer predigt denn heute? Ihnen geht ganz spontan der Gedanke durch den Kopf: Boah, nicht schon wieder der. Die Predigbeispiele, die ich nachher höre, kenne ich doch alle schon. Die kommen mittlerweile in einer relativ kurzen Reihenfolge, sodass er es schon gar nicht mehr merkt, dass er sie regelmäßig wiederholt.
Eine andere Situation: In der Stadt treffen Sie einen lieben Bruder, der die Achtzig überschritten hat. Er strahlt Sie an und sagt: „Ich bin gerade unterwegs, ich darf wieder eine Bibelarbeit halten.“ Dann legt er nach: „Andere laden mich schon gar nicht mehr ein, und ich verstehe nicht, warum. Die könnten doch so von meiner Lebenserfahrung profitieren.“ Heimlich denken Sie: Ich verstehe, warum sie ihn nicht mehr einladen.
Dann gibt es die Momente, in denen treue, langjährige Mitarbeiter müde werden. Sie sind seit Jahrzehnten in der Gemeinde dabei, haben aber das Gefühl, jetzt wäre es Zeit auszusteigen. Sie wollen die Verantwortung abgeben. Und jedes Mal, wenn sie darüber reden, kommen Verantwortliche aus der Gemeinde, klopfen ihnen auf die Schulter und sagen: „Du bist so wichtig für uns. Du kannst doch jetzt nicht aufhören. Du bist der Einzige, der die Begabung hat. Wir schaffen es nicht ohne dich.“ Man könnte es noch etwas frommer ausdrücken: „Das ist doch deine Berufung. Du kannst doch nicht einfach aufgeben.“
Kennen Sie solche Situationen? Vor gut einem Jahr hatte ich ein Gespräch mit einem lieben Freund und Bruder, der zu dieser letzten Gruppe gehört – zu denen, die gerne mal aus der ersten Reihe aussteigen würden. Wir beide haben alle drei Situationen, die ich gerade als Einstiegsbeispiele genannt habe, erlebt. Und zum Erlebten haben wir auch noch von anderen gehört, dass es diese Situationen gibt. Also ist es Wirklichkeit und nicht nur erfunden.
Zum Schluss des Gesprächs sagt er zu mir: „Dietrich, darüber solltest du im BSK mal einen Abendvortrag halten.“ Leichtsinnig wie ich war, habe ich es in die Planung aufgenommen, und so kam das heutige Thema zustande. Nur damit Sie wissen, wie das manchmal passiert, dass etwas ins Programm kommt.
Ich vermute, dass, wenn wir Raum und YouTube zusammennehmen, verschiedene Zuhörer und Zuschauer dabei sind. Das sind diejenigen, die vielleicht gerne aufhören wollen und sich dabei die Frage stellen: Darf ich das? Und falls ja, wann und wie kann ich das tun? Oder auch diejenigen, die spüren, dass es nicht mehr so gut und einfach geht wie früher. Sie fragen sich: Herr, ist jetzt die Zeit aufzuhören? Darf ich aufhören, oder ist das die Flucht vor der Verantwortung? Vielleicht ist auch jemand dabei, der einfach nur Interesse hat.
Andererseits sind vielleicht Verantwortliche aus der Gemeinde dabei, die Entscheidungen treffen müssen: Wen laden wir ein, wen nicht mehr? Oder noch herausfordernder: die Mitarbeiter aus der eigenen Gemeinde vor Augen, bei denen sie sagen, es ist jetzt Zeit, dass er oder sie aufhört.
So hoffe ich, dass ich allen irgendwie ein bisschen gerecht werde mit dem, was jetzt kommt. Das ist ja doch eine große Bandbreite.
Und noch ein letzter Punkt vorweg: Was meine ich mit der ersten Reihe?
Der Platz in der ersten Reihe bedeutet für mich alle, die in irgendeiner Art und Weise Verantwortung tragen. Das betrifft zum Beispiel diejenigen, die Verantwortung für die Jungschau übernommen haben, das Küchenteam leiten oder ein Technikteam führen. Das ist für mich die erste Reihe – im unsichtbaren Bereich der Gemeinde.
Ich meine aber auch alle, die man gut sieht, die vorne stehen, predigen, moderieren oder Leitungsaufgaben übernommen haben. Der Kassier gehört natürlich ebenfalls dazu.
Lange Rede, kurzer Sinn: Erste Reihe heißt Verantwortung übernehmen. Ich glaube, dass diese Prinzipien bei der Frage, ob man irgendwann aufhören darf oder soll, auch für die restlichen Mitarbeiter vergleichbar gelten.
Unser Thema ist ganz bewusst mit einem Fragezeichen und einem Ausrufezeichen versehen. Zuerst stellt sich die Frage: Habe ich möglicherweise eine Berufung, die ein ganzes Leben lang gilt? Oder gilt sie sogar ganz allgemein? Wenn Gott beruft, beruft er dann dauerhaft bis zum Lebensende auf eine Stelle?
Wenn das so wäre, dann wäre das Ergebnis relativ eindeutig. Die Frage wird mit Ja beantwortet, und es wäre übrigens auch ein kurzer Abend.
Aber für die, die da sind: Wir finden sicher etwas zu trinken und ein bisschen Gebäck und haben dann gute Gemeinschaft miteinander. Also steigt man einfach mal ein.
Ich möchte ganz allgemein beginnen: Was bedeutet es, Christ zu werden, und welche Konsequenzen hat das?
Im ersten Kapitel des Johannesevangeliums spricht Johannes davon, dass viele Jesus Christus aufgenommen haben. Denen gab er die Macht, Kinder Gottes zu werden, die an seinen Namen glauben.
Im dritten Kapitel findet sich die Geschichte von Jesus und Nikodemus. In ihrem Gespräch sagt Jesus, dass man neu geboren werden muss. Dabei geschieht etwas Neues.
Ich hole noch die Bibel herüber und lese aus dem zweiten Korintherbrief, Kapitel vier: "Darum werden wir nicht müde. Wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert bis ans Ende. Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit. Wir sehen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare; denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, aber was unsichtbar ist, das ist ewig."
Eine letzte Aussage stammt aus 2. Korinther 5,17: "Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden."
Anders ausgedrückt: Vom Kleinkind bis zum Senior und darüber hinaus in der Ewigkeit sind wir, wenn wir Jesus nachfolgen. Und wir bleiben Jesus Nachfolger! Es gibt keine zeitliche Begrenzung dafür. Die zeitliche Begrenzung betrifft nur den äußeren Leib, wie Paulus schreibt. Der Verfall betrifft den Körper und vielleicht auch den Verstand, aber nicht unsere Beziehung zu Jesus.
Neben diesem Grundsatz, dass wir jetzt neu und dauerhaft leben, gibt es auch einen ganz klaren allgemeinen Sendungsauftrag. Wenn man genau hinhört, glaubt man kaum, dass es eine Entlassung aus diesem Auftrag geben kann.
Jesus sagt nach seiner Auferstehung in Matthäus 28: "Geht hin und macht zu Jüngern." Dabei gibt es keinen Hinweis, dass dieser Auftrag nur für die nächsten fünfzehn Jahre gilt, sondern "Macht zu Jüngern" ist ein Lebensauftrag.
Im Johannesevangelium lesen wir: "So wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch." Deshalb gibt es keine zeitliche Begrenzung für den Dienst. Möglicherweise gibt es eine zeitliche Begrenzung für verschiedene Platzanweisungen, aber deshalb will ich an dieser Stelle noch gar nicht aufhören.
Das wäre zu kurz gegriffen. Da der Verstand ein Bestandteil der Schöpfung ist und wir Jesus von ganzem Herzen und von ganzem Verstand lieben sollen, wird dieser auch jetzt hin und wieder kurz eingesetzt.
Ich beobachte unterschiedliche Lebensphasen, vom Säugling bis zum Greis. „Ja, und auch bis ins Greisenalter bin ich derselbe“, sagt Gott in Jesaja 46. „Und bis zu eurem grauen Haar werde ich euch tragen.“ Gott bleibt derselbe, aber unsere Lebenssituation verändert sich.
Daraus lässt sich ableiten, dass sich auch unsere Begabungen verändern. Ich werde älter, reifer und geschickter. Irgendwann werde ich vielleicht älter, schwächer und wieder ungeschickter.
Es gibt möglicherweise unterschiedliche Zielgruppen, denen man in verschiedenen Lebensphasen nicht gerecht werden kann. Nicht jeder eignet sich in jeder Situation als Jungscharmitarbeiter, und nicht jeder hat vielleicht das Alter und die Reife, um am Bett eines Pflegebedürftigen zu sitzen.
Die familiären und beruflichen Herausforderungen ändern sich und somit auch unsere Möglichkeiten im Dienst. Der Verstand sagt: Lebenslange Berufung ja, lebenslange Platzanweisung für ein und dieselbe Stelle innerhalb dieser Berufung und der Nachfolge nein.
Nun betrachten wir einige biblische Beispiele von Personen. Ich beginne mit Mose. Von Mose wissen wir, dass sein Leben in drei große Phasen unterteilt ist. Die ersten vierzig Jahre verbrachte er in Ägypten, wo er am Hof des Pharao ausgebildet wurde – eine Topausbildung, wie man heute sagen würde, eine Art Eliteuniversität. Die nächsten vierzig Jahre war er Schafhirte in der Wüste, eine Zeit der Vorbereitung, vergleichbar mit einem Summa-cum-laude-Abschluss. Danach berief Gott ihn, um das Volk Israel ins gelobte Land zu führen.
Bei Mose bleibt diese Hauptverantwortung bis zu seinem Lebensende bestehen. Allerdings gehört zur Wahrheit dazu, dass sein Lebensende durch seinen Ungehorsam begrenzt war: Er durfte nicht mit über den Jordan gehen. Man könnte spekulieren, ob Gott ihn aus der ersten Reihe entlassen hätte, wenn er mitgedurft und noch einmal dreißig Jahre länger gelebt hätte. Doch wir sehen eines: Auch Mose hatte im Laufe seines Lebens unterschiedliche Aufgaben und Phasen.
Eine für mich ganz spannende Geschichte ist, wie Gott das Dienstalter für die Leviten vorgibt. In 4. Mose 8,23-26 steht:
„Und der Herr redete mit Mose und sprach: Das ist es, was für die Leviten gilt: Von fünfundzwanzig Jahren an sollen sie zum Dienst kommen und ihr Amt an der Stiftshütte ausüben. Aber von dem fünfzigsten Jahr an sollen sie frei sein vom Amt und nicht mehr dienen, sondern nur ihren Brüdern beim Dienst an der Stiftshütte helfen. Das Amt aber sollen sie nicht mehr ausüben. So sollst du mit den Leviten tun, dass jeder seinen Dienst versieht.“
Wir reden heute nicht über den Start, aber es gab auch ein Startdatum. Eine gewisse Reife brauchte man – das nur als Nebenbemerkung. Dann gibt es eine Begrenzung. Die Leviten hatten einen körperlich schweren Dienst, wenn man liest, wie die Stiftshütte gebaut wurde, wie viel Gold, Kupfer und Holz verbaut war. Das musste man schon schwer tragen.
Aber es gab ein Zeitfenster, in dem sie in der Verantwortung waren und das Amt hatten. Danach gab es ein Zeitfenster, in dem Gott sagte: Jetzt ist das Amt vorbei. Sie können sich unterordnen, einbringen und gerne helfen. Auch hier gilt: Die Nachfolge bleibt ein Leben lang. Aber das Amt, die erste Reihe, der schwere Dienst, hatte eine Begrenzung. Dieses Prinzip begegnet uns später noch einmal.
Dann habe ich David ausgesucht. Er beginnt als Hirtenjunge. So kennen wir die Geschichte: Die Berufung als Hirtenjunge, der ins Lager geht, als Goliath den Zweikampf ausruft. Der Hirtenjunge führt Israel zum Sieg im Zweikampf. Aus dem Hirtenjungen wird dann der Musiktherapeut am Hof Sauls. Die nächste Aufgabe lautet: Er wird Kämpfer. Zuerst einer der Heeresführer bei Saul, später selbst König. Unterschiedliche Lebenssituationen, unterschiedliche Verantwortungssituationen.
Vor ein paar Jahren habe ich bei einem Vortrag eines lieben Bruders, mit dem ich gelegentlich unterwegs bin, einen höchst interessanten Impuls zu David bekommen. Ich lese eine Episode aus 2. Samuel 21, ab Vers 15 vor, für die, die es notieren, nachschlagen oder mitlesen wollen:
„Es erhob sich aber wieder ein Krieg der Philister mit Israel. David zog hinab und seine Männer mit ihm. Sie blieben in Gob, um mit den Philistern zu kämpfen, und David wurde müde. Ja, David war schon ein alter Mann. Aber da war einer der Riesensöhne, und das Gewicht seines Speeres war dreihundert Lot Kupfer. Dazu hatte er eine neue Rüstung. Er wollte David erschlagen. Aber Abischai, der Sohn der Zeruja, half David und schlug den Philister tot. Da beschworen David seine Männer und sprachen: Du sollst nicht mehr mit uns ausziehen in den Kampf, damit nicht die Leuchte in Israel erlischt.“
David verliert an Kraft, wird gebraucht, aber er wird zur Belastung für die anderen. Sie müssen sich um ihren König kümmern, statt um den Kampf. Es ist wichtig, dass er die Leuchte Israels bleibt. Deshalb – und das ist das Zitat des Impulses des lieben Bruders – „vom Kämpfer zur Leuchte“. Er bleibt bis ins hohe Alter in der Verantwortung und im Dienst, er bleibt König, aber er wird im wahrsten Sinne des Wortes von der Front weggenommen und in die zweite Reihe gestellt, damit er seiner Verantwortung bis zum Tod gerecht bleiben kann.
Er bleibt die Stütze im Hintergrund, aber eben im Hintergrund. Ein interessantes Detail: Das war nicht seine eigene Erkenntnis. Er wollte verantwortungsbewusst, wie es sich gehört, in der ersten Reihe dabei sein. Unsere Männer mussten sagen: Du gehst nie wieder mit uns raus. Also trägt er seine Verantwortung bis zum Schluss, lässt sich aber nicht einfach verdrängen. Das ist kein Problem des 21. Jahrhunderts, das war anscheinend schon zu biblischen Zeiten so.
Dann schauen wir uns Paulus an. Vom Verfolger zum Nachfolger. Paulus war auf mehreren Missionsreisen unterwegs. Er wusste nie, wann es weitergeht. Jedes Mal gab es eine neue Berufung und in der Regel auch neue und andere Mitarbeiterteams. In dieser Phase bleibt er in der ersten Reihe, aber mit wechselnden Teams und ohne Konstanz. Teilweise wusste er nicht einmal, wohin es geht. Erst am Abend, bevor man nach Europa übersetzte, hatte er die Eingebung oder den Ruf: „Komm herüber und hilf uns.“
Es gab eine andere Veränderung in seinem Leben: „Vom Mitarbeiter zum Verantwortlichen“. Als geübte Bibelleser merken wir in den ersten Kapiteln, wo Saulus oder Paulus auftauchen, dass es zuerst heißt „Barnabas und Saulus“ oder „Barnabas und Paulus“, später aber „Paulus und Barnabas“. Auch hier scheint eine Veränderung in der Betonung vorzuliegen.
Die Mitarbeiterausbildung war Paulus sehr wichtig. Ein anderes Prinzip, das wir später noch einmal aufgreifen, zeigt sich in seinem Brief an Timotheus. Für die, die es nachlesen wollen: Im 2. Timotheusbrief, Kapitel 2, Vers 2, heißt es:
„Und du suchst dir jetzt bitte weitere Mitarbeiter, bei denen du heute schon merkst, dass sie auch später in der Lage sind, andere auszubilden. Diese bildest du aus.“
Dieses Prinzip bedeutet: Ich bilde jemanden aus, aber bei dem soll die Kette nicht abrechen. Ich sehe darin das Potenzial, dass er auch andere ausrüsten und ausbilden kann.
Ganz zum Schluss wird Paulus plötzlich immobil und gebunden. Auch er wird zwangsweise aus der ersten Reihe herausgenommen. Er kann nur noch brieflich und über Boten aus dem Gefängnis seinen Dienst tun, aber nicht mehr in der ersten Reihe.
Bei Johannes gilt im Prinzip dasselbe. Er wird später auf Patmos verbannt.
Also, das Zwischenergebnis war bis zu einem gewissen Grad zu erwarten, nicht wahr? Dennoch war es mir wichtig, dass wir es wirklich herleiten und nicht zu schnell zu Schlüssen kommen.
Ab dem Tag unserer Wiedergeburt sind wir Teil von Gottes Familie – und das bis zum Lebensende. Daran ändert sich nichts. Allerdings können sich die Platzanweisungen und Aufgaben im Laufe der Zeit verändern.
Deshalb fasse ich das noch einmal zusammen: Es gibt keinen Ruhestand vom Christsein. Christen gehen nicht in Rente. Sie dienen Jesus ihr ganzes Leben lang. Doch unser Dienst verändert sich im Laufe der Jahre und im Verlauf des Lebens. Er passt sich an die jeweiligen Lebensphasen an.
Ein wichtiger Punkt zum Schluss: Die Hauptverantwortung sollte in der Regel rechtzeitig an Nachfolger abgegeben werden.
Das ist das Zwischenergebnis zur Frage, was das für mich persönlich bedeutet beziehungsweise was wir als Gemeinde und als Gemeindeverantwortliche mit dieser Erkenntnis anfangen. Nun tauchen wir ein bisschen tiefer ein.
Vor diesem Eintauchen oder bei diesem Eintauchen möchte ich zuerst die Blickrichtung auf einzelne Mitarbeiter, auf mich persönlich und auf dich persönlich richten. Was bewegt jemanden, der aufhören möchte oder bewusst weitermachen beziehungsweise durchhalten will?
Den größten Teil der Gründe habe ich übrigens selbst schon von anderen Menschen gehört. Bei dem, was ich nicht direkt gehört habe, habe ich von anderen gehört, dass sie es gehört hätten. Es ist also keine Theorie.
Ich habe zwei Bitten. Die erste Bitte gilt für alle: Ich werde verschiedene Motive und Überlegungen vorlesen. Bitte stellen Sie sich die Frage: Ist das ein Gedanke, der mich auch beschäftigt? Betrifft mich das? Oder betrifft mich das überhaupt nicht? Bin ich frei von diesem Gedanken?
Die zweite Bitte richtet sich vor allem an diejenigen, die in der Gemeinde Verantwortung tragen und wissen, dass demnächst vielleicht der Moment kommt, an dem sie jemanden vom Dienstplan streichen müssen oder sogar jemandem sagen müssen, dass er eine Aufgabe nicht mehr übernehmen sollte. Überlegen Sie dann mit diesen Menschen vor Augen, welche Motive die Menschen antreiben, zu bleiben und weiterzumachen.
Und wenn es jetzt hilft, die Augen zu schließen, um sich besser zu konzentrieren, nur zu!
Der erste Punkt: Ich kann es nicht mehr oder ich kann nicht mehr. Ich bin überfordert, meine Kräfte machen nicht mehr mit. Das könnte ein Motiv sein, warum jemand aufhören will.
Der zweite Punkt: Mir fehlen die notwendigen Gaben oder das Know-how. Obwohl ich mich in den letzten Jahren meines Dienstes sehr bemüht habe, machen meine Kräfte nicht mehr mit und ich habe die Fähigkeiten nicht entwickelt.
Oder ich habe Angst, Menschen oder sogar Gott zu enttäuschen, wenn ich jetzt einfach aufhöre. Anders ausgedrückt: Mir fällt das Loslassen schwer, weil ich glaube, Gott hat mir diese Aufgabe gegeben, und dann darf ich doch nicht einfach weglaufen – auch nicht, wenn es schwerer wird.
Ein anderer Gedanke könnte sein: Ich bin voller Freude dabei und merke gar nicht, wenn meine Fähigkeiten nachlassen. Ich merke nicht, wenn andere von meinem Dienst gar nicht mehr profitieren, sondern ihn langsam als mühsam und belastend empfinden und nur noch höflich und freundlich bleiben.
Der Dienst liegt mir so am Herzen, dass ich ihn einfach nicht lassen kann und will.
Ein weiterer Gedanke: Ich sehe niemanden, der als Nachfolger infrage kommt. Bei den einen habe ich Sorge, dass sie es nicht so gut machen wie ich. Bei anderen habe ich schon nachgefragt und eine Absage erhalten. Also mache ich weiter.
Oder ich befürchte, dass ein Dienstbereich oder Arbeitsbereich in der Gemeinde aufgehört werden muss oder zusammenbricht, weil ich mich meiner Verantwortung entziehe – weil ich nicht mehr da bin.
In der ersten Variante ist das eine rein sachliche Überlegung. In der zweiten Variante könnte es sein, dass ich mich für unentbehrlich halte, obwohl ich es gar nicht bin.
Andere Gedanken, mit denen ich konfrontiert wurde: Ich mache mir Sorgen, dass ich einsam werde, wenn ich nicht mehr mitarbeite, wenn ich nicht mehr mittendrin oder vorne dran bin. Dann verlieren mich die anderen aus der Gemeinde aus dem Auge. Ich werde übersehen und irgendwann bin ich allein.
Auch vor einem anderen Gedanken sind wir Christen nicht gefeit: Könnte es sein, dass es mir auch ein Stück weit – natürlich geht es immer um Jesus – aber zusätzlich zu Jesus geht es mir vielleicht auch um meine Ehre und Anerkennung? Dass jemand mir auf die Schulter klopft und sagt: „Dietrich, das hast du gut gemacht.“
Und wenn ich nicht mehr in der ersten Reihe bin, fehlt dieses Schulterklopfen, dann fehlt die Anerkennung. Macht mir das Not?
Dann ein letztes Thema, das unter Christen natürlich kaum angesprochen wird und dankenswerterweise selten vorkommt, aber es kommt vor: Kann es sein, dass es mir um Macht und Einfluss geht?
Kann es sein, dass ich die Geschicke dieser Gemeinde lenken will und dass es in diesem Werk so zugehen sollte, wie ich es mir vorstelle? Wenn ich aufhöre, habe ich keinen Machtbereich mehr, keinen Einflussbereich mehr.
Noch schlimmer ist es natürlich, wenn das mit Machtmissbrauch und nicht nur Machtgebrauch kombiniert ist.
Ich zeige das jetzt noch einmal, entweder falls es jemand als Screenshot machen möchte oder einfach als Erinnerung, damit man später an der Stelle, wenn man möchte, noch einmal in den Vortrag hineingehen kann.
Das sind die ersten drei Punkte: Überforderung, fehlende Gaben, die Sorge, zu enttäuschen, das Loslassen, die eigene Freude, die Frage der Nachfolge – bricht es zusammen oder nicht –, die Sorge, einsam zu werden, meine Ehre und Anerkennung und als Letztes die Frage der Macht.
War da etwas dabei, das bei Ihnen eine Seite zum Klingen gebracht hat, bei dem Sie sich wiedererkannt und gesagt haben: Ja, das sind meine Gedanken?
Bevor wir diese Gedanken nun vertiefen, möchte ich noch eine zweite Perspektive einbringen – die Sicht der Gemeinde. Es geht darum, aus welchen Gründen Verantwortliche oder Gemeindeglieder vielleicht darum bitten, dass jemand aufhört, oder hoffen, dass endlich jemand aufhört. Beide Sichtweisen sind denkbar.
Ein Gedanke ist: Die Person ist schon lange genug in der Verantwortung, die Dynamik und Frische sind verloren gegangen. Die Aufgabe wird zwar weiterhin erledigt, aber eher verwaltet als gestaltet. Die Gemeinde erhofft sich einen Wechsel, der wieder frischen Wind bringt und Menschen erreicht, die man schon lange nicht mehr erreicht, weil die betreffende Person müde geworden ist – vielleicht ohne es selbst zu merken.
In der Gemeinde sieht man oft, dass die Kräfte eines Mitarbeiters der ersten Reihe schwinden. Ob das altersbedingt oder aus gesundheitlichen Gründen geschieht, spielt keine Rolle. Jemand baut ab, und nun muss die Gemeinde die Verantwortung tragen und die Person vor sich selbst schützen. So soll verhindert werden, dass die Leute irgendwann anfangen zu tuscheln, zu lächeln oder sogar wegbleiben.
In der Regel sind es ältere Brüder, mit denen ich meistens diese Erfahrung gemacht habe. Sie tun mir leid, denn man behält als Mensch immer die letzte Zeit im Gedächtnis. Da gibt es liebe Brüder, die Jahrzehnte lang Vorbild im Glauben waren. Wenn man aber nur noch die letzten Monate oder zwei Jahre vor Augen hat, tut man ihnen auch in der Erinnerung Unrecht. Deshalb trägt man manchmal die Verantwortung, sie zu schützen und zu sagen: Für dich finden wir etwas anderes.
Manchmal ändert sich auch die Theologie von Mitarbeitern, und zwar in eine Richtung, die wir als Verantwortliche nicht gut finden. Dann besteht die Herausforderung darin, als Gemeinde zu sagen: Jetzt wäre es gut, wenn du aus der ersten Reihe zurücktrittst.
Oder die Persönlichkeit verändert sich. Früher war jemand ganz lieb, jetzt ist er nerviger, lästiger und schwieriger. Damit tun wir uns schwer. Im Einzelfall geht es noch weiter: Es handelt sich nicht nur um eine nervige, schwierige Person, sondern um jemanden, der versucht, Macht auszuüben. Nur das, was diese Person sagt, ist richtig und gut. Sie belastet die Gemeinde.
Manchmal wollen wir jemanden als Gemeinde dennoch behalten, weil wir von der Qualität der Arbeit so angetan sind und gar nicht merken, wie müde und am Anschlag der Mitarbeiter schon ist. Trotzdem sagen wir: Macht’s doch gut, macht doch weiter.
Auch die Gemeinde selbst kann die Sorge haben: Wir müssen diese Arbeit einstellen, wenn derjenige geht. Noch schlimmer ist es, wenn es ein Amt gibt, wie zum Beispiel den Kassierer, ohne den es gar nicht geht. Oder ein Amt wie den Vorstand, der in der Satzung auftaucht – ohne diesen geht es nicht. Was tun wir, wenn diese Personen aufhören und niemand anderes da ist?
Nun wollen wir uns diese Vielfalt der Überlegungen etwas intensiver anschauen. Ich habe drei Motivationsgruppen mitgebracht.
Die erste Aussage: „Ich kann nicht aufhören, ich will nicht aufhören“ kommt oft aus guter Absicht. In dem, was ich bisher gesagt habe, stecken viele Gründe, die alle mit einer guten Absicht verbunden sind. Ich kenne meine Gaben, und auch die Gemeinde kennt sie. Über viele Jahre wurde das gut umgesetzt.
Ich habe die Menschen im Blick, für die ich diesen Dienst tue. Deshalb bin ich bereit, Opfer zu bringen, notfalls sogar über meine Kraft hinaus. Ich stehe zu meiner Verantwortung und laufe nicht davon, bevor die Nachfolge geklärt ist. Ich zweifle auch nicht im Geringsten daran, dass ich für diese Aufgabe berufen bin. Zumindest jetzt sehe ich noch keinen Wechsel der Berufung. Und ich habe Freude an dem, was ich tue.
All diese Gründe sind gut nachvollziehbar und ehrenwert. Sie erklären, warum man den Dienst nicht beenden will. Für diejenigen, die mit solchen Gedanken unterwegs sind, habe ich einige Fragen zur Selbstprüfung überlegt. Diese sollen bei der Entscheidung helfen: Mache ich fröhlich weiter, oder sollte ich Platz machen?
Meine erste Frage zur Selbstprüfung lautet: Sehen die Verantwortlichen aus der Gemeinde oder dem Werk, in dem ich tätig bin, auch heute noch meine Gaben für diese Aufgabe? Das ist nur meine persönliche Überzeugung. Wie wäre es, wenn ich die Verantwortlichen in meiner Gemeinde einfach mal darauf anspreche?
Berichten die Menschen, denen ich diene, ebenfalls fröhlich über mich und mein Engagement? Oder weichen mein Eigenbild und das Fremdbild stark voneinander ab? Vielleicht warten andere sogar darauf, dass ich gehe. Ich befürchte, solche Gespräche werden schwierig. Wenn ich Mitarbeiter oder Mitglieder einer Gruppe, die ich leite, frage, wie zufrieden sie mit meinem Dienst sind, werden sie wahrscheinlich höflich antworten: „Gut.“
Deshalb braucht es vielleicht die Frage an sehr vertraute Menschen, die mir ehrlich berichten, was sie hören. In der Gemeinde spricht man meistens darüber. Solange es nur eine Einzelmeinung ist, ist das nicht tragisch. Aber wenn ein Zehntel der Gemeinde der Meinung ist, ich sollte nicht mehr vorne stehen, dann wird das auch besprochen. Sicher gibt es Menschen, die mir das sagen können, auch wenn sie nicht direkt von mir betreut werden.
Wenn ich meine Gemeindeleitung frage, anstatt zu warten, bis sie auf mich zukommt, wird sie mir wahrscheinlich ehrlich antworten. Deshalb ist es gut, Freunde oder die Gemeindeleitung direkt zu fragen. Es kann auch hilfreich sein, auf die Teilnehmerzahlen bei meinem Dienst zu schauen. Wenn jeden Monat ein paar weniger kommen, könnte das ein Indiz dafür sein, dass die Zufriedenheit sinkt. Es muss nicht so sein, aber es könnte.
Eine weitere Frage zur Selbstprüfung: Wie stark hat sich meine Kraft verändert? Kann ich das noch tun, oder leide ich? Und sehen das auch alle um mich herum, wie ich mich abmühe und den Dienst nur noch aus Verantwortung leiste? Wie lange mache ich diesen Dienst schon? Habe ich noch die Frische? Bin ich thematisch noch auf der Höhe? Habe ich noch ausreichend neue Ideen? Bin ich nah genug an der Zielgruppe dran?
In meinem Alter spreche ich vielleicht nicht mehr die Sprache der Jugend. Vielleicht sollte man in meinem Alter aufhören, einen Jugendkreis zu leiten. Aber es gibt Ausnahmen, die bleiben immer jung. Blockiere ich eventuell einen Platz für andere Nachwuchsmitarbeiter und verhindere, dass der Nachwuchs eine Chance bekommt? Auch das ist eine wichtige Selbstprüfungsfrage.
Wenn ich den Platz lange genug belegt habe, sind die Jungen übrigens weg. Da brauchen wir uns keine Gedanken machen. Wenn man sich manchmal fragt: „Wo sind die Jungen?“ – dann waren sie mal da, jetzt sind sie weg.
Ich darf mir auch die Frage stellen: Was würde passieren, wenn es diese Arbeit nicht mehr gäbe? Würde das die Jüngerschaft in der Gemeinde tatsächlich negativ beeinflussen? Würden unsere evangelistischen Angebote eingeschränkt? Oder wäre es einfach nur schade, dass es diese lange Tradition in unserer Gemeinde nicht mehr gibt, aber eigentlich passiert nichts?
Wenn die Arbeit und der Dienst weiterhin sinnvoll sind oder benötigt werden, kann ich mir die Frage stellen: Gibt es geeignete Nachfolger? Oder ist es meine jetzige Verantwortung, in die Nachwuchsförderung zu investieren und mich dafür einzubringen?
Nach diesem Muster kann man sich auch noch weitere Fragen überlegen, falls die, die ich als Impuls gegeben habe, nicht ausreichen. Sinn und Zweck ist, ein Gespür dafür zu bekommen, ob ich vielleicht gar nicht merke, dass mein gut gemeinter Einsatz andere belastet und ihnen die Freude nimmt.
Wenn alles gut ist, kann das ein Signal sein, fröhlich weiterzumachen. Wenn nicht, kann ich meine Verantwortung wahrnehmen und den Platz frei machen. Dazu empfehle ich – ich wiederhole mich, aber es ist auch ein biblisches Prinzip – das Gespräch mit anderen Geschwistern, mit Leitungsverantwortlichen und Ratgebern als Klarheitskomitee. Das ist hilfreich, damit man die Entscheidung nicht allein trifft.
Noch ein Impuls für Gemeindeleitungen und Verantwortliche: Bei dieser Selbstprüfung mit diesen Fragen könnte man gelegentlich mal einen Leitungskreisabend abhalten. Dabei kann man die Mitarbeiter der Gemeinde durchgehen und einschätzen, ob es gut wäre, den einen oder anderen von seinem Dienst abzuberufen und vielleicht gleichzeitig in einen neuen Dienst hineinzuberufen.
Ich sprach vorher vom Schutz verdienter, langjähriger Mitarbeiter, die irgendwann nur noch milde belächelt werden. Deshalb ist die Selbstprüfung nicht nur für uns Einzelne wichtig, die irgendwann in der ersten Reihe stehen, sondern vielleicht auch für Leitungsteams, die ihren Blick auf die Mitarbeiter richten sollten.
Ein zweiter Aspekt ergibt sich aus einem Bündel von Fragen, die mich beschäftigen. Diese Überlegungen führen dazu, dass ich aus persönlicher Sorge nicht aufhöre. Es gibt ja zu Recht die Sorge, einsam zu werden oder aus dem Blickfeld zu geraten, wenn man nicht mehr mitarbeitet.
Zur Wahrheit gehört, dass eine Dienstgemeinschaft eine besonders innige und enge Verbundenheit schafft. Man ist dort viel intensiver miteinander unterwegs, als wenn man sich nur am Sonntag kurz nach dem Gottesdienst begegnet. Deshalb ist es klug, vorzubeugen. Als Christ sollte man aktiv gute Beziehungen suchen und Freundschaften pflegen, die nicht nur an die Mitarbeit gekoppelt sind.
Es ist hilfreich, einen Hauskreis oder eine Kleingruppe zu besuchen, in der man Geborgenheit findet, Zuspruch erfährt und auch mal Korrektur bekommt. Diese Gemeinschaft sollte jedoch nicht an den Dienst gekoppelt sein. Die Gemeinde kann hier einiges tun, darauf werden wir später noch eingehen.
Genauso berechtigt ist die Sorge, dass bestimmte Dienste nicht mehr weitergeführt werden, wenn zentrale Personen wegfallen oder wenn jemand aufhört, ohne dass eine Nachfolge geklärt ist. Man kann sich auch sicher sein, dass es manchmal erst einmal schlechter weitergeht als vorher, wenn eine Nachwuchskraft eingebunden wird, die noch keine Erfahrung hat. Das kann durchaus vorkommen.
Deshalb stellen sich hier einige Fragen zur Selbstprüfung oder zur Einordnung: Wie schlimm wäre es wirklich, wenn es diesen Arbeitszweck nicht mehr gäbe? Weiß ich, dass ich meinen Dienst hier beenden sollte? Und wenn ich echte Klarheit darüber habe, warum habe ich dann noch Sorge?
Wenn ich von Gott die Erkenntnis bekomme, dass ich aufhören darf, dann wird er dafür sorgen, dass es weitergeht. Und wenn es nicht weitergeht, wird er diejenigen, die bisher durch diesen Dienst betreut wurden, auf andere Weise versorgen. Das gilt aus der Sicht der Gemeinde genauso.
Sind wir überzeugt, dass die aktuell verantwortliche Person nicht mehr weitermachen soll? Gibt es eine Gemeinschaftserkenntnis in der Gemeinde oder in der Gemeindeleitung? Daraus entsteht dann die Furcht, dass der Arbeitszweig zusammenbricht.
Entweder schickt uns Gott jemanden, der heute noch unsichtbar ist, oder es gibt diese Arbeit nicht mehr. Aber wenn wir Erkenntnis haben, warum vertrauen wir Gott dann nicht?
Nicht zuletzt stellt sich auch ganz menschlich die Frage, weshalb wir nicht schon frühzeitig Nachwuchs gesucht und gefördert haben. Sind wir als Leitungsteam strategisch unterwegs? Oder sind wir nur im Tagesgeschäft gefangen und löschen dann, wenn die Hütte brennt?
Auch das könnte eine Frage sein, die der heutige Abend mitbringt, um für die Zukunft besser gewappnet zu sein.
Und das bringt mich jetzt zum dritten Block, kurz zusammengefasst: diejenigen, die nicht aufhören wollen, weil es ohne sie sowieso nicht geht. Der erste Block waren die guten Gründe, der zweite die Sorge, die ernst zu nehmen ist, und der dritte lautet: Ohne mich geht es nicht.
Diese Kategorie ist mit Sicherheit die größte Herausforderung, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Denn wer dazu gehört, hat in den seltensten Fällen so sensible Antennen, dass er die vorherigen Fragen für sich ehrlich beantwortet hat. Er bemerkt es nicht von alleine. Er ist so von sich überzeugt, und das ist auch gut so, wenn Christen überzeugt sind, dass sie einen guten Dienst leisten.
Die meisten von uns werden überzeugt sein, dass sie keine egoistischen Motive haben. Die Wirklichkeit zeigt aber immer wieder etwas anderes. Sie zeigt, dass es Dickhäuter gibt, die im Austeilen hart sind, aber doch sensibel im Einstecken. Häufig sind diejenigen, die so überzeugt sind, dass ohne sie nichts geht, die, die am schnellsten eingeschnappt oder beleidigt sind. Vielleicht wechseln sie sogar die Gemeinde, wenn man versucht, sie zu korrigieren, sie abzuberufen oder ihnen zu sagen, dass das, was sie tun, gut gemeint, aber nicht gut gemacht ist.
Das Problem ist: Als Verantwortliche kommt man im Zweifel um diese Gespräche nicht herum. Sie sind immer schwierig, das muss klar sein. Deshalb ist es sicher hilfreich, wenn man als Gemeinde verstärkt organisatorische Vorkehrungen trifft. So können möglichst viele dieser schwierigen Fälle auch durch Gemeindeprinzipien gelöst werden. Darüber sprechen wir nachher noch. Alles, was nicht in der direkten Konfrontation passiert, sondern aufgrund von Regelungen, ist immer leichter und einfacher.
Ganz besonders schwer wird es natürlich, wenn jemand durch seinen Dienst starke Macht ausübt oder Einfluss hat und diese Macht vielleicht sogar noch missbraucht. Aber damit umzugehen, sprengt den heutigen Rahmen. Ich möchte nur einen kleinen Tipp geben: Unser stellvertretender Studienleiter, Dr. Markus Liebelt, hat sich mit dieser Thematik sehr intensiv und lange beschäftigt und auch ein Buch darüber geschrieben.
Für diejenigen, die mit diesem Thema konfrontiert sind oder sich dafür interessieren, können das Thema Machtausübung und Machtmissbrauch in der Gemeinde einfach nachlesen. Oder, wenn man hier am BSK ist, vielleicht sogar beim Seminar Markus Liebelt mal in der Pause ansprechen. Ich bin überzeugt, wenn man ihn auf dieses Thema anspricht, dann sprudelt er nur so.
Ich habe es uns noch einmal kurz, Entschuldigung, auch hier ins Bild gestellt: diese drei Punkte – die guten Absichten, nicht aufhören wollen aus Sorge und nicht aufhören wollen, weil es ohne mich nicht geht.
Nachdem wir das jetzt sortiert haben und auch überlegt haben, was das Loslassen behindert oder sogar verhindert – sowohl aus persönlicher als auch aus Gemeindeperspektive –, ergeben sich im Umkehrschluss einige Aufgaben und Übungsfelder. Diese können dabei helfen, leichter loszulassen und sich auf den Moment vorzubereiten, wenn man die erste Reihe verlassen wird.
Davor aber noch ein kurzer Einschub: Wir sind uns ja mittlerweile bewusst und ganz sicher, dass man mit gutem Gewissen zum richtigen Zeitpunkt aus der ersten Reihe gehen kann oder sogar soll.
Aber das bedeutet nicht – und es ist mir sehr, sehr wichtig, das hier noch einmal zu betonen –, dass der richtige Zeitpunkt zwingend dann gegeben ist, wenn wir das für uns so empfinden. Ich sprach vorher ganz bewusst von Erkenntnis. Es gibt neben dem „zu spät“ definitiv auch ein „zu früh“.
Immer wieder erlebe ich, und höre aus Gesprächen, dass Menschen sich sicher sind, dass sie eine Berufung aufgeben dürfen, aufgeben sollen oder aufgeben können – welches Wort auch immer gerade als das Richtige betrachtet wird. Sie haben für sich persönlich eine Erkenntnis bekommen und sehen es als Gottes Willen an. Soweit ist alles gut.
Wenn man dann aber ins Gespräch kommt und fragt: „Wie bist du zu dieser Erkenntnis gekommen?“, hört man sehr häufig, dass es ein Ergebnis des persönlichen Nachdenkens, persönlichen Betens und persönlichen Bibellesens ist. Wenn ich mich dann getraue – oder wenn ich von anderen höre, die sich trauen, nachzufragen: „Wer war denn sonst noch in die Erkenntnisfindung eingebunden außer dir selbst?“
Ich kann es auch anders formulieren: Wer hat sichergestellt, dass das Reden, das du gerade gehört hast, wirklich Gottes Reden war und nicht dein eigener Wunsch, den du durch lang genuges Beten, Bibellesen und Nachdenken jetzt Gott in den Mund legst?
Deshalb die Frage: Wer war noch mit dabei? Leider kommt sehr häufig die Antwort: Niemand. „Ich habe es doch im Gebet mit Gott gesprochen“ oder vielleicht „der Ehepartner“.
Nichts gegen Ehepartner – ich bin selbst über 35 Jahre verheiratet –, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass meine Frau tendenziell so denkt, wie es mir gut tut. Die kritische Stimme ist nicht immer meine Frau. Sie ist häufig genug eine kritische Stimme, aber manchmal auch so wohlwollend, dass es nicht zwingend das kritische Gegenprüfen von Gottes Willen ist.
Meine Bitte, mein Wunsch, mein eindringliches Bitten hier heute Abend: Besprechen wir Fragen der Berufung ganz offen mit Verantwortlichen aus der Gemeinde und mit erfahrenen Glaubensgeschwistern. Nehmen wir zwei, drei oder vier andere mit hinein. Es braucht niemals eine große Menge, aber ein paar andere, die kritisch hinterfragen: Ist das, was ich glaube, gehört zu haben, wirklich Gottes Reden? Oder habe ich mir genau die Bibelstellen ausgesucht, die zu meinem Interesse gerade passen und mir deshalb auch Ruhe und Bestätigung geben?
Es gibt in der Bibel durchaus Beispiele, die das bestätigen – insbesondere in der Apostelgeschichte. Wer sich das Kapitel 11 in der Apostelgeschichte näher anschaut, merkt, dass die Gemeinde in Jerusalem Barnabas nach Antiochia sandte. Das war nicht seine Entscheidung. Nicht Barnabas hatte gehört, in Antiochia geht es voran, und dort ist es gut, die haben jemanden, sondern die Gemeinde in Jerusalem sandte Barnabas. Das war eine gemeinschaftliche Erkenntnis und eine gemeinschaftliche Sendung.
Im Kapitel 13, vor der ersten Missionsreise, lesen wir, dass namentlich fünf Personen miteinander gebetet und gefastet haben. Sie hatten die Erkenntnis, dass Barnabas und Saulus auf die Missionsreise gehen sollten.
Im Kapitel 15, um noch ein weiteres Beispiel zu bringen, gibt es die Streitfrage nach der Beschneidung von Heidenchristen. Paulus und Barnabas waren sich sicher, dass sie keinen Grund zur Beschneidung hatten. Trotzdem reisten sie nach Jerusalem, um gemeinsam mit den Verantwortlichen um die Wahrheit zu ringen und Einigkeit zu erhalten. Nicht ihre eigene Überzeugung galt: „Wir wissen, wie Gott denkt“, sondern sie ordneten sich in das Ganze der Geschwister ein und unterordneten sich. Das hat sie bewegt.
Selbst beim Ruf nach Europa – ich hatte ja vorher schon darauf hingewiesen – im Kapitel 16 hatte Paulus nachts eine Erscheinung. Doch wir lesen auch, dass die Mitarbeiter, die gemeinsam unterwegs waren, überzeugt waren, dass hier Gott geredet hat.
Langer Rede, kurzer Sinn: Genauso sollten wir unsere Entscheidungen treffen, Veränderungen im Dienst und in wesentlichen Fragen nicht alleine, sondern mit Vertrauten, die mit uns beten, die mit uns die Bibel auslegen, die mit uns unsere Lebenssituation und die Gemeindesituation betrachten.
Denn nicht immer, wenn Verantwortliche aus der Gemeinde uns bitten, einen Dienst weiterzumachen, muss das falsch sein. Nicht immer, wenn wir das Gefühl haben, jetzt ist genug und ich darf aufhören, muss das richtig sein.
Das ist mir als kritischer Zwischenruf sehr wichtig: Wir wissen, dass wir zum richtigen Zeitpunkt guten Gewissens fröhlich den Platz in der ersten Reihe verlassen dürfen. Aber nicht immer ist der richtige Zeitpunkt dann erreicht, wenn wir das im stillen Kämmerlein für uns erkannt haben.
Nutzen wir deshalb die Kraft und Weisheit, die Gott uns in Bruder und Schwester schenkt.
So, das jetzt mal als erster großer Block, ein kurzer Zwischenstopp noch einmal.
Wir haben uns mit Grundsatzfragen beschäftigt: Berufung, Platzanweisung – ist das ein Leben lang unveränderlich, ja oder nein? Und wenig überraschend war die Antwort: Nein. Berufung ist nicht lebenslänglich festgelegt, auch die Platzanweisung kann sich verändern.
Wir haben uns eine ganze Latte von verschiedenen Motiven angeschaut: Warum möchte ich aufhören? Warum möchte ich bleiben? Wie kann man diese Motive kategorisieren und welche Fragen zur Selbstklärung und Selbstprüfung bieten sie an? Also: Was ist die Frage hinter der Frage? Mit diesen Themen haben wir uns beschäftigt.
Diesen Teilaspekt habe ich gerade mit dem kritischen Zwischenruf abgeschlossen. Und jetzt ist es Zeit, darüber nachzudenken: Sollte tatsächlich der richtige Zeitpunkt sein, die erste Reihe zu verlassen – wie mache ich das? Oder wenn eben noch nicht der richtige Zeitpunkt ist, wie bereite ich mich trotzdem frühzeitig darauf vor?
Denn ich muss gestehen, ich habe bisher im Bewusstsein nur zwei Fälle, in denen ich es beobachtet habe und gesagt habe: Das war wirklich gut. Und vielleicht waren es, ich bin jetzt so alt, auch ein paar, die ich schon vergessen habe. Aber in den seltensten Fällen war das wirklich gut und gut vorbereitet. Meistens war es Kampf und schwierig, weil es zu spät, zu früh oder vielleicht richtig, aber nicht vorbereitet war.
Deshalb ist der erste Gedanke in dieser Überlegung meine persönliche Verantwortung: Wie kann ich mich darauf vorbereiten? Hier ist mein erster Gedanke: Such doch frühzeitig potenzielle Nachfolger. Wen kann ich ausbilden? Wen kann ich begleiten?
Mose und Joshua waren fast vierzig Jahre miteinander unterwegs. Relativ früh erfahren wir, dass Joshua als Nachfolger von Mose feststand, und vierzig Jahre waren sie unterwegs. Elija und Elisa waren lange miteinander unterwegs. Paulus war an verschiedensten Stellen in der Nachwuchsförderung tätig – mit Markus, mit Timotheus, mit Titus, mit Silas. Es gäbe noch mehr Namen, die man jetzt einfach nennen könnte.
Ganz allgemein gilt das Prinzip, ich wiederhole es noch einmal aus dem 2. Timotheus 2,2. Ich lese es uns jetzt im Originaltext vor – so viel Zeit muss sein, ich schlage noch die Bibel auf, habe ja einen Spickzettel drin:
Paulus schreibt dem Timotheus: „Und was du von mir gehört hast vor vielen Zeugen, das befiehl treuen Menschen an, die tüchtig sind, auch andere zu lehren.“
Also du, Timotheus, befiehl gleich treuen Menschen an – und zwar welchen treuen Menschen? Die tüchtig sind, auch andere zu lehren. Also da steckt genau dieser Gedanke drin: Fang schon ganz früh an, einen Blick in dein Umfeld zu haben. Wo sind die Menschen, die du fördern, begleiten und anleiten kannst?
Deshalb also der erste Punkt: Wie kann ich mich vorbereiten, dass ich die erste Reihe strahlend verlassen kann? Das heißt, frühzeitig in die Nachwuchsförderung einsteigen.
Ein weiterer Punkt, der für viele sehr schwierig ist, ist das Ende eines Dienstes auf gute Art und Weise anzukündigen. Es ist wichtig, offen und frühzeitig darüber zu sprechen, dass der Dienst bald endet – oder genauer gesagt, dass er mit entsprechendem Vorlauf endet. So frühzeitig, dass man noch andere finden kann, die den Dienst übernehmen.
Wenn ich die Erkenntnis habe, dass ich aufhören darf, ist es wichtig, dass ich das glaubhaft mache. In den meisten Fällen, die ich beobachtet habe, wurde darüber gesprochen: „Ich höre gern auf. Ich höre auf, wenn ihr jemanden gefunden habt.“ Ja, es wäre schön, wenn jemand da wäre. Ich würde ja gerne aufhören. Aber die klare Botschaft „Nächstes Jahr im Sommer höre ich auf“, „Nächstes Jahr im Winter höre ich auf“, „Ich mache noch diese eine Amtsperiode, und dann ist Schluss“ – und das so, dass man es mir glaubt, habe ich sehr, sehr selten gehört.
Deshalb ist es wichtig, offen und frühzeitig zu kommunizieren, damit noch Ersatz gefunden werden kann. Und glaubhaft darüber zu reden, damit Klarheit herrscht.
Neben diesen eher äußeren Punkten – Nachfolger finden und die Kommunikation über ein von mir angedachtes Ende des Dienstes – gehört innere Gelassenheit dazu. Loslassen lernen ist wichtig. Es wird nach mir weitergehen, denn es ist Gottes Werk. Wenn Gott mich auf dem Heimweg durch einen Herzinfarkt oder einen tödlichen Unfall nehmen lässt, wird es trotzdem weitergehen. Natürlich werden Menschen traurig sein. Aber Gottes Werk hört nicht auf, nur weil ich nicht mehr dabei bin.
„Gott hat jetzt einen anderen Platz für mich, dann darf ich innere Gelassenheit haben.“ Nur wenn ich unruhig bin, ob das wirklich richtig ist, darf ich auch innere Unruhe haben – ob ich mich nicht zu früh vom Acker mache. Dabei darf man auch lernen, sich unterzuordnen, unter anderem denjenigen, die einem den Hinweis geben: „Dietrich, jetzt ist vielleicht ein guter Zeitpunkt aufzuhören.“ Es gibt genügend andere Möglichkeiten, sich dann einzubringen.
Was hilfreich sein kann – und jetzt erinnere ich an die Leviten – ist vielleicht, sich eine Altersgrenze für sich selbst zu setzen. Ich glaube nicht, dass die 50 Jahre das richtige Alter sind, wie es bei den Leviten war. Die Lebenserwartung ist heute etwas gestiegen, und in den seltensten Fällen muss man noch mit gold- oder bronzebedeckten Teilen an der Stiftshütte spazieren gehen. Die körperliche Anforderung für den Dienst in der ersten Reihe ist also etwas geringer geworden.
Aber das Prinzip bleibt: Wenn es in der Gemeinde nicht ohnehin eine offizielle Altersgrenze gibt, dann setze ich mir eine und sage, ab da höre ich auf. Das darf ich auch schon frühzeitig kommunizieren. Zumindest höre ich in der ersten Reihe auf.
Ich könnte mich am Renteneintrittsalter orientieren – heute etwa 67 Jahre, vielleicht bald 70, wer weiß – oder ich kann mich am Psalm 90 orientieren. Dort heißt es, dass ein Menschenleben siebzig Jahre dauert, und wenn es hochkommt, sind es achtzig Jahre. Das war die damalige Lebenserwartung, die der Psalmist beschreibt.
Warum also nicht die erste Zahl, die siebzig, nehmen und sagen: Wenn Gott mich älter werden lässt, dann ist das die Zeit, in der ich in der zweiten Reihe noch unterstützen kann? Das ist auch eine Anregung, sich selbst eine Altersgrenze zu setzen.
Eine weitere Anregung von mir für die Vorbereitung ist, frühzeitig alternative Dienste in der zweiten oder dritten Reihe zu suchen. Das entspricht wieder dem Prinzip der Leviten, die mit dem Amt aufgehört haben, aber dann die Einladung bekamen: „Helft doch weiter! Macht doch weiter! Zählt Gottes.“ Warum sollte man die Gegenwart Gottes verlassen? Das wäre doch Unsinn.
Aber die Verantwortung soll man abgeben und nicht als graue Eminenz im Hintergrund weitermachen. Wo ich mich einbringen kann, darüber spreche ich extra noch. Ich habe auch einige Anregungen, wie das gestaltet werden kann.
Also, hier nochmals kurz zusammengefasst für den nächsten Screenshot oder um später wiederzufinden, was ich gerade als Impuls für meine persönliche Vorbereitung zum Ausstieg aus der ersten Reihe genannt habe.
Nun die Frage: Was können wir denn als Gemeinde als Beitrag leisten, damit jemand die erste Reihe verlassen kann, wenn der richtige Zeitpunkt da ist?
Da ist mein erster Wunsch, dass wir ein Klima fördern, in dem man sich traut, auch freiwillig aufzuhören. Ein gutes Klima, in dem man seinen Wert behält, auch wenn man nicht mehr in der ersten Reihe arbeitet.
Das wäre mein Wunsch: dass wir als Gemeinde aufhören zu jammern und kein schlechtes Gewissen erzeugen, weil niemand da ist oder wir niemanden finden. Es muss nicht unbedingt weitergehen, wenn wir viel zu wenige Mitarbeiter haben. Und wie schlimm ist es, wenn jetzt schon wieder jemand aufhört? Wenn das in der Gemeinde Usus ist, dann habe ich ein schlechtes Gewissen – selbst wenn ich echte Erkenntnis habe, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist.
Deshalb wünsche ich mir, dass wir als Gemeinde dieses Klima schaffen und aufhören zu jammern.
Außerdem wünsche ich mir und gebe den Impuls, dass wir als Gemeinde nicht nur ich, Dietrich, für meinen Dienst die Augen offenhalte, wer dazugehört, sondern dass wir als Gemeinde in den Nachwuchs investieren. Denn wo Nachwuchs da ist, fällt es den Alten leichter, loszulassen und aufzuhören. So hat man nicht mehr die Mühe, unbedingt seiner Verantwortung gerecht werden zu müssen.
Konkret heißt das erst einmal: junge Leute mit Potenzial erkennen und berufen. Wenn wir nur sagen: „Bitte meldet euch beim Schorsch“, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass junge Leute sich melden, extrem gering. Wenn wir aber auf junge Leute zugehen und sagen: „Ich habe in dir folgenden Rohdiamanten erkannt. Kannst du dir vorstellen, dass du in ein paar Jahren diese Aufgabe in verantwortlicher Position übernimmst? Jetzt würde ich gerne mit dir den Weg dorthin gehen und dich begleiten“, dann geht das leichter.
Deshalb: Potenzial erkennen, berufen, begleiten und fördern.
Wie wäre es, wenn wir in der Gemeinde verantwortliche Zweierschaften oder ein Mentoring einführen? Bis heute habe ich eine Geschichte aus 1984 im Ohr, als mein damaliger Chef im Zivildienst, er war Jugendreferent, von einer Reise in die USA berichtete. Er war mit Young Life dort, und es gab eine große Mitarbeitereinsetzung. Jeder kam vor und wurde gefragt: Wem gegenüber bist du verantwortlich? In seiner naiven deutschen Denkweise dachte er, die Antwort sei: „Ich bin Jesus Christus gegenüber verantwortlich.“ Nein, die Antwort lautete: „Ich bin Mark Meller gegenüber verantwortlich.“ So ging es bei jedem weiter, jeder nannte ein anderes Gemeindeglied.
Dort gab es bei der Mitarbeitereinsetzung Eins-zu-eins-Beziehungen. Jemand war da, bei dem junge Leute sich anlehnen durften, der für sie betete, mit ihnen sprach und mit dem man Probleme austauschen konnte. Vielleicht wäre das auch ein Gedanke für uns.
Dann könnten wir die jungen Leute schon früh und ohne Überlastung heranführen, sie unter Aufsicht ausprobieren lassen. Ihnen Schulungen empfehlen oder – noch besser – gemeinsam hingehen und sagen: „Ich habe da und da ein Seminar oder ein Wochenende gefunden. Gehen wir zusammen hin!“ Man kann es ihnen auch finanziell ermöglichen.
Es gibt ein paar Gemeinden, wie zum Beispiel uns als BSK, die eine sogenannte Gemeindewertkarte haben. Wenn Mitarbeiter sich bei uns für ihren Dienst zurüsten lassen, geben sie Bescheid, und die Kosten werden von unserem Konto abgebucht – um es einfach auszudrücken. Das macht es vor allem Schülern oder Studenten mit geringeren Möglichkeiten leichter.
Nur als Impuls – und es muss ja nicht nur am BSK sein, so sehr wir uns freuen, wenn man uns für solche Dinge nutzt.
Dann müssen wir die Jungen ausprobieren lassen und auch Fehler zulassen. Ich habe es immer wieder erlebt: Verantwortliche Mitarbeiter, Mitte 60 bis Anfang 70, die seit 40 Jahren im Dienst sind – sie haben mich sogar an ihrem 40-jährigen Dienstjubiläum teilnehmen lassen – haben oft ein Problem damit, den 30- bis 33-Jährigen etwas zuzutrauen.
Dann muss ich sagen: Wenn ich von deinem Alter 40 Jahre abziehe, warst du damals 25 oder 28. Im Älterwerden verlieren wir vielleicht den Blick dafür, was man Jüngeren schon ermöglichen oder zumuten könnte. Die Zeiten haben sich geändert, aber vielleicht doch nicht so sehr.
Deshalb ist es gut, wenn wir als Gemeinde auch die Jüngeren ermutigen, mal etwas anderes zu machen – mutig andere Formen zu wagen, dabei aber klar und verlässlich in der Botschaft zu bleiben.
So entstand zum Beispiel auf Impuls von Studierenden bei uns der neue Claim „stabile Wahrheit, flexibel studieren“. Die stabile Wahrheit ist die Schrift, die Überzeugung, dass die Bibel Gottes Wort ist. Daran lassen wir nicht rütteln. Aber Flexibilität – so wie das Studium flexibel sein kann, kann auch das Gemeindeleben vieles anders gestalten als früher. Hauptsache, die Botschaft bleibt biblisch.
Also: In den Nachwuchs investieren – dazu habe ich ein paar Ideen genannt – und dann als Gemeinde darauf achten, dass die Alten weiterhin dazugehören und nicht vergessen werden. Auch das erleichtert das Loslassen.
Wenn der Eindruck entsteht: „Der Moor hat seine Schuldigkeit getan, der Moor kann gehen“, dann bleibt man lieber.
Deshalb: Überlegt mal, welche Aufgaben ihr in der Gemeinde für die Älteren habt. Sprecht sie an: „Würdest du bitte Folgendes tun? Könntest du das übernehmen? Wir brauchen deine Lebenserfahrung dringend für diese Aufgabe.“
Und wenn jemand zu schwach für eine Aufgabe ist, sollten wir als Gemeinde auch sagen: „Wir entlassen dich fröhlich daraus.“ Frühzeitig.
Wir sprachen schon darüber, dass darauf geachtet werden sollte, dass möglichst alle Gemeindeglieder in irgendeiner Kleingruppe sind. So hängt ihre Beziehung zueinander nicht ausschließlich vom gemeinsamen Arbeiten ab.
Außerdem sollten die Alten, wenn sie nicht mehr kommen können, besucht werden. Ab einer gewissen Gemeindegröße muss man das organisieren und ihnen vielleicht auch praktische Unterstützung anbieten – vom Einkauf bis zur Verwaltungstätigkeit, wenn sie sehr alt sind.
Die Botschaft lautet: Wir vergessen unsere Alten nicht – und das auch leben.
Vielleicht noch ein weiterer Impuls als Gegenstück zur Mitarbeitereinsetzung: Warum nicht auch mal eine feierliche Entpflichtung vor der ganzen Gemeinde vornehmen?
Man könnte sagen: „Wir sind dankbar. In diesem Jahr haben folgende acht Mitarbeiter ihre Aufgaben abgegeben. Wir sind dankbar, betet für sie. Übrigens machen die acht jetzt Folgendes: abc.de. Sie sind nur aus der Verantwortung ausgeschieden, aber sie gehören weiterhin zur Nachfolge und zum Dienst.“
Wie wäre es damit?
Welche Regelungen könnten wir einführen, damit diejenigen, die nicht aufhören wollen, ermutigt werden, dennoch aufzuhören? Dabei sollte es möglich sein, ohne Gesichtsverlust aus der ersten Reihe zurückzutreten. Hierfür könnten einige Impulse hilfreich sein.
Wie wäre es mit festen Berufungsperioden, gerne mit Folgebestätigungen? Niemand sollte nur „für vier Jahre“ dienen, ohne dass es eine Überprüfung gibt. Nach vier Jahren könnte man einerseits eine Folgebestätigung von der Gemeinde erhalten. Andererseits sollte man sich selbst, wie ich zuvor erwähnt habe, gemeinsam mit einem kleinen Kreis von Ratgebern und Betern fragen: Ist eine Folgeberufungsperiode angebracht oder nicht?
Klassischerweise handhaben wir das in den Leitungen von Gemeinden so. Es gibt Kirchengemeinderatswahlen mit festgelegten Turnussen. Wer jedoch Jungschallleiter wird, bleibt es oft so lange, bis er selbst sagt: „Jetzt mache ich nicht mehr mit“ – oder bis jemand anderes sagt: „Du solltest es besser lassen.“
Warum also nicht in jeder unserer Aufgaben einen Rhythmus einführen, der lang genug ist, damit man Erfahrung sammeln und den Dienst mit Freude ausüben kann? Gleichzeitig sollte er kurz genug sein, damit jemand bereit ist, sich für diesen Zeitraum zu binden. So müssen wir uns nicht alle paar Wochen um Nachwuchs kümmern. Gleichzeitig ist es ein Moment, in dem man ohne Gesichtsverlust zurücktreten kann.
Vielleicht kann man für bestimmte Dienste auch eine maximale Dienstzeit in Jahren oder eine maximale Anzahl von Berufungsperioden festlegen. So kommt immer wieder frisches Blut in die verschiedenen Dienste. Möglicherweise lassen sich auch Rotationsprinzipien einführen. Beispielsweise tauscht jemand den Dienst als Jungschallleiter gegen die Kinderstunde, jemand anders die Kinderstunde gegen den Jugendkreis – vor allem, wenn man selbst älter wird.
Hier kann man etwas Kreativität entwickeln. Gibt es Möglichkeiten, für Personen mit einem bestimmten Gabenprofil wechselnde Dienste zu finden? Zudem könnte man eine Dienst-Altersgrenze nach dem Levitenprinzip einführen. So könnte man sagen: Wir wollen keine Stammprediger mehr über 75 Jahre, keinen im ältesten Leitungskreis über der Regelaltersgrenze oder über 70 Jahre.
Ich glaube nicht, dass ich hier feste Vorgaben machen sollte. Es wäre aber gut, wenn man sich miteinander austauscht und überlegt, was vernünftig ist. Wo kann ich die erste Reihe freimachen, wo kann ich das Amt abgeben und trotzdem weiterhin dienen?
Ich kenne ein Missionswerk, das hier sehr konsequent ist. Dort gibt es keine Ämter mehr für Personen über 70 Jahre. Ab diesem Alter ist man nicht mehr im Mitgliederkreis, hat keine verantwortliche Position mehr. Man kann Beter sein, Besucher bei Missionsfesten, Freund oder Spender – aber keine verantwortliche Aufgabe mehr übernehmen. Das dient auch dem Schutz der Person, damit sie ruhen kann und sich nicht übernimmt.
Es muss nicht unbedingt die Grenze bei 70 Jahren liegen. Doch die Anregung ist, miteinander zu reden und zu überlegen, ob eine Altersgrenze für bestimmte Dienste sinnvoll ist. Möglicherweise kommt man beim Prediger zu einem anderen Alter als bei einer Vorstandsposition oder beim Jungschallleiter.
Welche weiteren hilfreichen Gepflogenheiten könnte man in der Gemeinde vielleicht noch einführen? Wie wäre es zum Beispiel mit regelmäßigen Gebetstreffen des Leitungskreises für die Mitarbeiter und deren Dienst? Solche Treffen könnten auch genutzt werden, um Fragen zu klären, wie etwa den Wechsel in einen anderen Dienst oder die Wahrnehmung der Potenziale, die in der Gemeinde vorhanden sind.
Es ist sehr wertvoll, wenn man sich regelmäßig Zeit nimmt, um zu beten und dabei an die Menschen in der Gemeinde zu denken. Besonders hilfreich ist auch ein System zur Begleitung von Mitarbeitern, wie ich es zuvor beim Nachwuchs und bei Young Life beschrieben habe. Dabei kann man beispielsweise Zweierschaften, Mentoring, Rechenschaftspartnerschaften oder Gebetspartnerschaften aufbauen. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einigung auf ein Prinzip: Es gibt nur gemeinschaftliche Leitung. Es gibt nicht den einen Gemeindeleiter. Dieses Prinzip hilft sehr effektiv, Machtausübung und Machtmissbrauch vorzubeugen. Wenn klar ist, dass man so miteinander denkt und zusammensteht, schafft das eine gesunde Leitungsstruktur.
Die letzte Frage ist vielleicht noch: Wie gehen wir es ganz konkret an? Man muss die schlechte Nachricht überbringen und sagen: „Du, Dietrich, für dich ist es jetzt zu langsam Zeit.“ Dabei ist es meines Erachtens ganz wichtig, die Sache und das Ziel in den Vordergrund zu stellen. Man könnte sagen: „Dietrich, dir war immer wichtig, den Dienst für junge Leute zu machen. Dir war wichtig, dass junge Leute wachsen und reifen können und dass sie den Dienst interessant finden. Jetzt beobachten wir, dass dir das nicht mehr gelingt.“
Das fühlt sich ganz anders an, als wenn man sagt: „Du bist doch alt und schwach und machst das nicht mehr richtig.“ Deshalb sollte man die Beobachtung auf den Zweck und das Ziel des Dienstes richten. Was liegt jemandem am Herzen? Was wird beobachtet? Dabei kann man auch ein biblisches Prinzip einfließen lassen. Paulus sagte zu den Ältesten in Ephesus: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde“ (Apostelgeschichte 20,28). Also zweimal Acht geben. Wenn du es nicht mehr kannst, solltest du aufhören. Und wenn die Herde es nicht mehr erträgt, solltest du ebenfalls aufpassen.
Was ich auch sehr hilfreich finde, ist der Gedanke, wenn man jemanden von einem Dienst entpflichten möchte, ihm zu sagen: „Dietrich, wir haben uns überlegt, wo wir dich später brauchen. Wir glauben, dieser Dienst entspricht jetzt nicht mehr deiner Lebenssituation und führt nicht mehr zu dem von dir gewünschten Nutzen. Aber das, was du jetzt nach fünfzehn Jahren Erfahrung kannst – das, was deiner Lebenssituation und Lebenserfahrung entspricht –, das brauchen wir an anderer Stelle.“
Ich habe diese Gedanken noch einmal zusammengestellt und werde sie nur durchklicken, damit sie in der Aufnahme enthalten sind und man sie später noch einmal nachlesen kann: die Hilfestellung durch die Gemeinde.
Und nun vielleicht der entscheidende Punkt: Was kann man anbieten, wenn jemand die erste Reihe verlässt?
Die Älteren könnten Gastgeber und Zuhörer sein, einladen, Gemeinschaft pflegen, dabei Ratgeber und Beter werden. Natürlich ist es auch möglich, wenn man älter wird, leichter Alte und Kranke zu besuchen oder sich in Gruppen für Ältere einzubringen. Das können Bibelarbeiten sein oder Gebetsgruppen, in denen tendenziell eher Ältere, die tagsüber Zeit haben, sich zum Beten treffen.
Im Seniorencafé – das heute zwar anders heißt, ich kenne den genauen Namen nicht, aber im Prinzip ist es dasselbe – oder in Gruppen wie „Kaffee im Park“ oder „55 plus“, wo sich dann die 70 plus treffen, kann man sich engagieren. Es gibt ja die rüstigen Rentner oder die „jungen Alten“. Ich sage mal einfach: Anpacken! Warum nicht mal der Wahloppa oder die Wahloma sein? Wie oft würden sich junge Leute in der Gemeinde freuen, wenn sie mal einen Babysitter hätten, jemanden, der zwei Stunden mit dem Kind spazieren geht, damit sie selbst wieder durchatmen oder in Ruhe einkaufen können.
Die „jungen Alten“ könnten auch mit jungen Leuten oder Flüchtlingen Projekte machen. Sie könnten sie anleiten, handwerklich helfen oder beim Bewerbungen schreiben unterstützen. Sie könnten bei der Jobsuche begleiten oder bei der Hausaufgabenbetreuung mitwirken. Viele der Älteren sprechen heute eine Sprache, die die Jungen vielleicht erst in der Schule lernen müssen. Sie könnten auch mal mit auf ein Amt gehen – und und und. Es gibt genügend Aufgaben.
Man muss nicht in der ersten Reihe stehen, um gebraucht zu werden. Man kann trotzdem den ganzen Tag, wenn man will, in der Gemeinde und im Reich Gottes gebraucht werden. Je älter man wird, desto weniger werden es vielleicht, aber am Ende kann man immer noch der Beter sein. Ich erinnere mich an eine Geschichte, in der ich bei einem älteren Bruder am Sterbebett war. Er erklärte mir, dass er mittlerweile außer Beten gar nichts mehr tun könne. Aber das tut er noch – und das hat mich fasziniert.
Man kann auch dann noch mitbauen, renovieren oder bei Freizeiten mitmachen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Deshalb habe ich dafür zwei Seiten mit Stichpunkten gebraucht. Wir merken, wie vielfältig, interessant und notwendig so viele Aufgaben sind. Gerade in der zweiten Reihe erlebt man vielleicht sogar noch viel direkter als in der ersten Reihe ganz spontan die Früchte seines Dienstes.
Wer leitet oder in der ersten Reihe steht und ein bisschen steuert, sieht die Früchte nicht so schnell wie jemand, der junge Leute begleitet, Babysitter spielt oder bei Bewerbungen hilft. Man kann seine Früchte vielleicht viel schneller genießen. Und wenn man einfach im Putztrupp in einem Freizeithaus mitarbeitet, sieht man vorher schmutzig, hinterher sauber – das geht ganz schnell.
Übrigens merken wir am BSK den Trend, dass sich die 50 plus immer häufiger zu einem Programm einschreiben. Es gibt gerade die „jungen Alten“, die in den Vorruhestand gehen oder sich auf den Ruhestand vorbereiten und sagen: „Da möchte ich gern mit einem der kürzeren Programme am BSK mitmachen, damit ich mich qualifiziert einbringen kann.“
Ich finde das faszinierend: Unser ältester Neueinsteiger im Jahr 2022 war 65 Jahre alt und hat sich als Student eingeschrieben. Nur weil man die erste Reihe verlässt, muss man nicht untätig sein. Es gibt viele Möglichkeiten. Das Reich Gottes braucht Mitarbeiter, und mit unserem Know-how und unserer Lebenserfahrung werden wir Eltern gebraucht. Ich gehöre ja dazu. Ich sehe die Sechs schon ohne Fernglas vorne dranstehen – uns braucht es.
So, jetzt haben wir einen großen Rundumschlag gemacht und die Themenblöcke abgearbeitet. Vielleicht hängen Sie gerade an einem besonders wichtigen Punkt fest und denken: Das hängt jetzt bei mir. Um zum Abschluss noch einmal das große Bild zu bekommen, habe ich die wichtigsten Eckpunkte zusammengefasst.
Das erste Ergebnis, das ich uns mitgeben möchte, ist: Den Platz in der ersten Reihe darf man guten Gewissens freimachen. Aus dem Dienst für Jesus steigen wir niemals aus. Dieser Dienst verändert sich entsprechend unserer Lebensphase und unserer Kräfte. Dabei gilt es, verantwortungsbewusst damit umzugehen – erst dann auszusteigen, wenn es wirklich Zeit ist. Es gibt ein „zu früh“, aber auch ein „zu spät“.
Es hilft, frühzeitig potenzielle Mitarbeiter zu suchen, sie auszurüsten und zu begleiten. Ebenso ist es wichtig, frühzeitig und offen mit den Verantwortlichen und den Betroffenen zu kommunizieren. Im Idealfall bespricht man die Dinge sogar mit ihnen, nicht umsonst sind es leitende Geschwister, anstatt sie vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Die Gemeinde kann viel dafür tun, um den Abschied aus der ersten Reihe zu erleichtern. Sie kann ein Klima schaffen, in dem es normal ist, dass man einen Dienst nicht nur beginnt, sondern ihn auch beendet – und dabei die Lebenssituation anpasst. Die Gemeinde kann frühzeitig einen Pool an Nachwuchsmitarbeitern aufbauen und diese planmäßig ausrüsten. Sie kann allgemeine Regeln für das Dienstende aufstellen. So lässt sich leichter zu jemandem sagen: „Du, jetzt ist es Zeit“, weil er in diese Kategorie fällt. Dann ist es weniger persönlich, tut weniger weh und führt zum gleichen Ergebnis.
Die Gemeinde kann den Abschied auch erleichtern, indem sie aufzeigt, wo überall noch Leute gebraucht werden. Wenn du A aufgibst, kannst du B trotzdem übernehmen. Außerdem sollte sie sich bewusst aktiv um die älteren Gemeindeglieder kümmern, damit niemand aus Sorge, übersehen zu werden, in der ersten Reihe bleibt.
Wir haben zusammengefasst, wie groß die Vielfalt an sehr wichtigen Aufgaben für lebenserfahrende Mitarbeiter ist, die man braucht und wo man sich einbringen kann. Wir können einen sehr wirkungsvollen Dienst tun, auch wenn wir nicht mehr in der ersten Reihe stehen, sondern in der zweiten oder dritten Reihe mitarbeiten.
Nicht zuletzt, glaube ich, ergibt sich das aus manchen Stellen, die wir heute Abend angeschaut haben. Psalm 90 ist vielleicht die deutlichste an dieser Stelle. Wir dürfen und müssen lernen, uns mit unserer eigenen Endlichkeit zu beschäftigen und mit dieser irdischen Endlichkeit umzugehen. Dazu gehört, das Loslassen zu lernen und zu wissen: Immer wieder werden die Brötchen kleiner, die wir backen. Dazu gehört Loslassen und die Erkenntnis, dass irgendwann andere sich um mich kümmern, anstatt ich mich um andere.
Eines wissen wir dabei sicher: Beter können wir bis zum Schluss sein. So sind wir wertvolle Begleiter im Hintergrund, auch dann, wenn die Kraft für ein eigenständiges Arbeiten in der ersten oder zweiten Reihe nicht mehr ausreicht.
Zum Schluss habe ich noch ein paar Ermutigungen für uns.
Die erste Ermutigung lautet: Vertiefen Sie die Überlegungen, die Motive fürs Aufhören oder fürs Durchhalten. Fragen Sie sich: Betrifft es mich? Betrifft es mich nicht? Und was mache ich mit diesem Wissen und den Impulsen von heute? Wählen Sie aus all dem, was ich gesagt habe, das eine oder andere aus, das für Sie ein wichtiger Punkt ist, und gehen Sie es konsequent an. Wer zu lange wartet, macht im Zweifel nichts.
Die nächste Ermutigung lautet: Vorsicht, nicht zu viel auf einmal in den Rucksack packen. Lieber konsequent wenige Dinge angehen als zu viele. Sonst wird es mühselig und demotivierend, und man hört auf. Nehmen Sie jemanden mit ins Boot, dem Sie vertrauen. Sagen Sie: „Das hat mich beschäftigt, das möchte ich angehen.“ Treffen Sie sich mal auf eine Tasse Kaffee oder einen Spaziergang. Berichten Sie in ein paar Wochen, was Sie müde macht, was gut gelingt, und wo Sie Unterstützung brauchen.
Und als Letztes: Da wir den Vortrag dauerhaft auf YouTube lassen, gibt es vielleicht Passagen, bei denen Sie sagen: „Gelegentlich schaue ich mir mal wieder fünf oder zehn Minuten an.“ So können Sie sich gezielt die Abschnitte anschauen, die Sie heute Abend besonders angesprochen haben. Das macht es leichter.
Damit komme ich zum Abschluss.
Wenn dieser Vortrag für Sie hilfreich war, empfehlen Sie ihn gerne weiter. Er steht auf YouTube. Abonnieren Sie unseren YouTube-Kanal, dann bekommen Sie auch künftige Vorträge mit. Sie erfahren regelmäßig, was es am BSK gibt.
Ich lade Sie herzlich ein, bei für Sie interessanten Seminaren einfach vorbeizuschauen. Im BSK muss man sich nicht für ein Studium einschreiben. Man kann das, was einen interessiert, auch zur persönlichen Zurüstung einzeln besuchen. Schauen Sie auf der Internetseite www.bibelstudienkolleg.de vorbei, welche Themen es gibt. Empfehlen Sie das gerade im Sinne der Nachwuchsförderung weiter.
Wenn Sie sagen: „Da haben wir jemanden, und Ihr am BSK habt ein Seminar, das passen könnte“, bringen Sie doch die zusammen, die es brauchen, und die, die es anbieten.
Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis: Uns ist es immens wichtig, dass wir ausreichend kostenfreie Angebote machen können. Ebenso ist es uns wichtig, dass unsere Studienangebote verhältnismäßig günstig sind, damit Geld nicht der Grund ist, dass jemand nicht studieren kann.
Deshalb blenden wir am Ende des Vortrags die Kontonummer ein. Wir sind dankbar für jede Unterstützung. Für diejenigen, die das nicht können oder wollen, ermutige ich: Ignorieren Sie diese Kontonummer einfach und nehmen Sie das nächste Mal wieder teil. Wir freuen uns darauf.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, einen guten Nachhauseweg, eine gute Nachtruhe und viel Freude beim Vertiefen dessen, was Sie heute Abend als Erkenntnis mitgenommen haben.
Vielen Dank und hoffentlich bis bald am BSK. Schön, dass Sie dabei waren.