Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von machbar, dem Podcast für Alltagsmissionare. Ich bin Christian und heute ist Holger Meier mit dabei. Holger, herzlich willkommen!
Hi, servus, danke für die Einladung.
Sehr gerne! Du sagst servus – von wo kommst du, Holger?
Na ja, aus dem Süden, das hört man ja schon. Genau, aus Bayern, München, ein Münchener Kindl eigentlich.
Sehr cool. Jetzt wohnst du aber in Taching, richtig? Das ist zwischen München und Salzburg, in der Mitte. Taching kennt man nicht so, aber es liegt am See.
Hört sich hübsch an, schön.
Ja, gleich stelle ich dich noch ein bisschen vor. Für alle, die zuhören oder zuschauen: Heute unterhalten wir uns darüber, welche Möglichkeiten man als Arbeitgeber beziehungsweise Arbeitnehmer hat, seinen Glauben an Jesus am Arbeitsplatz zu leben und zu teilen.
Es geht also um Fragen wie: Welche Grenzen müssen wir bei der Evangelisation am Arbeitsplatz beachten? Was sollten Christen berücksichtigen, die Unternehmer werden wollen? Das ist auch ein Thema, denn Holger ist Unternehmer. Und für wen sind Zellgruppen eine gute Möglichkeit, um andere einen Schritt näher zu Jesus zu führen?
Das sind die drei Themenbereiche. Ich bin gespannt, wie wir die drei Sachen zusammenführen, Holger.
Ja, ich auch. Wir werden sehen.
Holger, ich stelle dich kurz vor: Du bist vor 25 Jahren in München zum Glauben gekommen und warst viele Jahre in der Straßenevangelisation engagiert. Außerdem hast du bei einer Gemeindegründung mitgearbeitet. Inzwischen lebst du in Taching am See, wie du gerade gesagt hast, und bist Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens. Du machst Digitalisierung und Automatisierung, um Verlagsprozesse zu vereinfachen.
Du und deine Frau sowie eure Töchter habt alle Zellgruppen gegründet. Was das genau bedeutet, besprechen wir gleich noch.
Holger, beschreib dich mal in drei Worten oder Stichpunkten. Wer bist du? Was sollten wir über dich wissen?
Okay, drei Worte sind krass. Das waren schon wir. Nein. Also, ich würde sagen, als erstes: Ich liebe Jesus mega. Ich versuche, dass Jesus mein ganzes Leben bestimmt und in alle Bereiche hineinredet. Das suche ich immer wieder: Was will er? Das beschäftigt mich die ganze Zeit. Und das zeigt sich in meinem Familienleben, meinem Gemeindeleben und auch in meinem Beruf.
Sehr gut, danke dir!
Wer mehr Tipps für Evangelisation am Arbeitsplatz haben möchte, kann auch unseren Blogartikel dazu lesen. Den Link findet ihr in den Shownotes. Außerdem abonniert den Newsletter, falls ihr das noch nicht gemacht habt. Dort bekommt ihr inspirierende Gedankenanstöße zu verschiedenen Themen rund um Alltagsmission, praktische Tipps und immer wieder Erfahrungsberichte von Menschen, die mit Jesus unterwegs sind – so wie Holger – und Alltagsmission leben. Das kann einfach zur Ermutigung für uns selbst sein.
Holger, wenn wir mal ganz ehrlich sind: Die meisten von uns verbringen mehr Zeit mit Arbeitskollegen als mit der eigenen Familie, oder? Etwa 40 Stunden pro Woche sitzen wir im Büro oder sind am Arbeitsplatz mit Menschen zusammen, die oft keinen Bezug zu Jesus haben.
Ich arbeite jetzt in einem Missionswerk und bin von Christen umgeben. Ich weiß nicht, ob es bei dir im Unternehmen auch Christen gibt? Bei mir sind es fast nur Christen. Den meisten wird es aber wahrscheinlich so gehen, dass sie an einem Arbeitsplatz sind, an dem viele Menschen arbeiten, die keine Christen sind.
Eigentlich ist der Arbeitsplatz ein perfekter Ort für Alltagsmission. Wir haben dort regelmäßig Kontakt, bauen Beziehungen auf und erleben gemeinsam Höhen und Tiefen in der Arbeit. Gleichzeitig sind wir natürlich in erster Linie zum Arbeiten da und werden dafür bezahlt. Das ist unser Agreement mit dem Arbeitgeber beziehungsweise als Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer – unsere erste Pflicht.
Aber wie findet man da trotzdem eine Balance? Auch hier kann man Vollgas Jesus nachfolgen. Man muss nicht halbherzig sein, sondern kann hundert Prozent Jesus in der Arbeit nachfolgen. Es gibt ja diesen Vers, der sagt, wir sollen so arbeiten, als ob wir vor dem Herrn arbeiten.
Ich habe ja so gesehen keinen Chef, weil ich selbst der Chef meines Unternehmens bin. Ich habe immer Jesus als meinen Boss angesehen. Genauso, wenn ich als Arbeitnehmer arbeite, kann ich mir vorstellen: Ich arbeite für meinen Herrn, für Jesus. So tue ich meine Arbeit. Ich gehe all in, gebe hundert Prozent und möchte, dass mein Chef zufrieden ist, mich lobt und ich einfach mein Bestes gebe.
Ich glaube, das ist eine gute Grundlage. Es wäre kontraproduktiv zu sagen: „Das mache ich nur nebenbei“ oder „Ich bin Christ, aber hier reiße ich nur meine Zeit ab.“ Das würde ich als erstes mal sagen.
Verstehe ich das richtig? Du ermutigst dazu, als Unternehmer Jesus als Boss zu sehen und alles zu geben. Und du sagst Christen, die Arbeitnehmer sind: Arbeite für deinen Herrn, so als ob Jesus dein Chef wäre, und gib alles.
Ich glaube, das müssen wir. Das ist ein Gebot in der Bibel. Jesus sagt, wir sollen so arbeiten. Das ist wunderbar.
Heißt das dann, ich soll Überstunden ohne Ende machen und alles geben? Nein. Ich gebe immer den Tipp, gerade wenn ich mit Arbeitnehmern spreche, dass sie nicht unbedingt eine klassische Fünf-Tage-Woche haben müssen. Heute ist es ja oft möglich, vier oder sogar drei Tage zu arbeiten – je nachdem.
Ich sage dann immer: Schau, wie viel Geld du brauchst. Schreib das auf und rechne es aus. Versuche bei der nächsten Gehaltsverhandlung nicht mehr Geld herauszuholen, sondern mehr Zeit. Zeit ist viel wertvoller als Geld. Verdiene so viel, dass alles passt, und nutze den Rest deiner Zeit für die direkte Reichsgottesarbeit.
Ich habe verschiedene Modelle mit meinem Unternehmen durchgespielt. Es gibt zum Beispiel das Konzept der „Kingdom Company“, bei dem ich meine Firma komplett für das Königreich einsetze. Aber dazu kommen wir später noch.
Jetzt aber für Arbeitnehmer: Es ist super wichtig, dass man nicht die Priorität auf das Geld setzt, sondern auf die Zeit. Diese Zeit sollte man dann für den Dienst am Reich Gottes einsetzen.
So läuft man nicht Gefahr, nur noch für die Welt zu arbeiten. Das ist heute eine große Gefahr – für Arbeitnehmer, aber auch für Chefs.
Das klingt vielleicht widersprüchlich. Du hast doch gerade gesagt, man soll hundert Prozent geben. Ja, in der Arbeitszeit, in der man für den Chef arbeitet, ist man für ihn da. Aber diese Zeit sollte möglichst gering gehalten werden.
Ich selbst war Workaholic, arbeitssüchtig, bevor ich gläubig wurde. Da muss man aufpassen. Ich bin ein totaler Suchtmensch und kenne viele Süchte: Geldgier, Erfolgs- oder Anerkennungssucht. All diese falschen Verlockungen stecken in der Arbeitswelt und können einen reinziehen.
Ich habe alle diese Wege ausprobiert und gemerkt: Das erfüllt mich nicht wirklich. Deshalb sollte man zuerst für das Reich Gottes arbeiten, dann wird einem der Rest hinzugefügt.
Man muss sein Herz immer wieder prüfen und schauen, ob man richtig unterwegs ist. Aber wenn man arbeitet, sollte man alles geben und ein Vorbild sein.
Ich denke, das ist die größte Kraft meines Zeugnisses – vielleicht sogar der Türöffner. Was will ich für ein Zeugnis geben, wenn ich meinen Job schlecht mache? Wenn ich hingegen einen guten Job mache, integer lebe und loyal meinem Chef gegenüber bin – natürlich ohne zu lügen oder Grenzen zu überschreiten – dann werde ich eine Vorbildfunktion haben.
Dadurch kann ich automatisch Leitungspositionen übernehmen, weil ich ein vorbildlicher Mensch bin und mich investiere. So habe ich die Möglichkeit, Menschen durch meine Arbeit zu prägen. Sie kommen zu mir, stellen Fragen und ich kann ihnen Werte weitergeben.
Vielleicht kann ich ihnen nicht sofort von Jesus erzählen. Aber irgendwann merken sie: „Ah, du bist Christ oder du bist anders. Warum?“ Und dann kann ich als Mitarbeiter evangelisieren.
Als Chef ist das etwas schwieriger. In Amerika habe ich gelernt, man muss immer „bottom up“ evangelisieren, nicht „top down“. Das heißt, als Chef ist es schwierig, zu den Mitarbeitern zu evangelisieren. Das bringt sie in eine schwierige Situation, weil sie ja gehorchen müssen, auch wenn sie Jesus vielleicht nicht mögen. Das funktioniert nicht gut.
Man muss also sehr weise sein, wie man von oben nach unten evangelisiert – in der Hierarchie der Arbeit.
Wenn man aber Angestellter ist, ist es einfacher, „bottom up“ zu evangelisieren. Mein Chef kann nicht von Jesus erzählen, weil er mein Vorgesetzter ist und nicht machen muss, was ich sage. Wenn er sich aber öffnet, weiß ich, dass er wirklich interessiert ist.
Mit meinen Kollegen, meinen Peers, kann ich einfach moralisch ein gutes Vorbild sein. Es gibt eine Million Gelegenheiten im Business, das zu tun. Dann öffnen sie ihr Herz, merken, dass man vertrauenswürdig ist, erzählen ihre Sorgen und wissen, dass man es nicht weitererzählt. So baut man Vertrauen auf.
Ja, cool. Olga, wenn ich dich richtig verstanden habe, ist es so, dass wir als Christen durch unser Verhalten und unsere Arbeitsweise ein Zeugnis sein sollten. Das zeigt sich durch Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, den Umgang mit Kollegen und das Miteinander. Es ist quasi ein stilles Zeugnis, ohne viele Worte.
Aber mal ehrlich: Wie weit kommt man damit wirklich? Es gibt ja auch fleißige Nichtchristen, und manchmal werden engagierte Mitarbeiter einfach nur ausgenutzt. Braucht es nicht irgendwann auch konkrete Gespräche über den Glauben?
Aus meiner Erfahrung ergeben sich solche Gespräche automatisch. Ich bin ein bisschen evangelistisch begabt, muss mich aber oft zurückhalten, damit ich nicht ständig über Jesus rede. Ich schaffe es nicht lange, das zu unterdrücken. Daher ergeben sich Gespräche irgendwie automatisch. Dann zeigt sich, wie weit die Leute sind.
Was ich heute viel mehr mache als früher, ist das Gebet. Ich bereite alles im Gebet vor und bete täglich für meine Kollegen. Meine direkten Nachbarn bei der Arbeit gibt es bei mir nicht mehr so viel, da ich nur noch zwei Stunden pro Woche arbeite.
Du bist Geschäftsführer und arbeitest nur zwei Stunden in der Woche? Da müssen wir aber noch mal drüber reden.
Ja, darüber werden wir sicherlich sprechen. Aber das Gebet ist die Basis. Darauf aufbauend bete ich für die Leute, also ich sage mal, ich „weiche“ sie im Gebet. Dann kann man in tiefere Gespräche sehr gut reinkommen. Du hast schon recht: In der Arbeitswelt hat man einfach eine begrenzte Anzahl von Kollegen. Irgendwann wissen die Bescheid. Du bist im Gebet und in den Gesprächen so weit gekommen, wie du kommst. Am Ende des Tages liegt die Entscheidung bei der Person.
Dann kannst du die Leute weiter begleiten. Die, die sich öffnen, kannst du einladen, zum Beispiel zu dir nach Hause. Dort kannst du einen weiterführenden Beziehungsaufbau machen und Freundschaften entwickeln, um so weiter zu arbeiten.
Das ist cool. Da bin ich neugierig: Wie machst du dann den nächsten Schritt, also aus dem Arbeitskontext heraus? Wir haben jetzt über Mitarbeiter und Kollegen gesprochen, aber wie ist es, wenn du als Geschäftsführer oder in einer leitenden Position mit Geschäftspartnern oder Kunden zu tun hast? Sind die überhaupt offen für tiefere Beziehungen, die über das professionelle Arbeitsumfeld hinausgehen?
Das ist ja wie mit Freundschaft: Nicht jeder wird dein bester Freund. Aber ich habe immer wieder Leute kennengelernt, zu denen ich tiefe Beziehungen hatte – auch Mitarbeiter.
Mein bester Freund, den ich in meinem Leben habe, ist ein Kollege von mir, ein ehemaliger Mitarbeiter. Er arbeitet nicht mehr bei mir, wir sehen uns leider nicht mehr so oft, aber er ist ganz tief in meinem Herzen. Wir hatten jahrelang intensive Aufs und Abs.
Zu fast allen Kollegen oder Mitarbeitern, die ich hatte, habe ich eine sehr tiefe Beziehung aufgebaut. Das sind teilweise so enge Freundschaften, dass, wenn sich die Wege getrennt haben, auch Tränen geflossen sind.
Wir haben zusammen Sachen unternommen, auch coole Reisen, teilweise Businessreisen. Zum Beispiel mit zwei Geschäftsführern, die ich mal hatte: Wir waren 30 Leute, also relativ groß. Jetzt bin ich nur noch in einer Pommesbude mit zehn Leuten. Damals waren wir drei Wochen in New York – das war eine Hammerzeit. Da sind viele coole Sachen passiert, auch super tiefe Gespräche. Die waren natürlich Christen, aber ich habe auch mit nichtchristlichen Mitarbeitern ganz tiefe Beziehungen aufgebaut.
Vor ein paar Monaten hat eine Kollegin in einer rumänischen Firma von mir aufgehört. Sie hat gesagt, ich war der beste Chef, den sie sich vorstellen kann, und hat mich in einer Lobeshymne überschüttet. Ich war überrascht, weil sie das noch nie so gesagt hatte. Es war mir fast peinlich, ich bin rot geworden.
Da habe ich gemerkt, dass Gott mir eine Vorbildfunktion gegeben hat. Jeder Chef sollte ein menschliches Vorbild sein.
Ich versuche wirklich, das Leben meiner Mitarbeiter persönlich mitzubekommen: Wie geht es dir? Wie geht es deiner Familie? Wenn sie Probleme haben, rede ich mit ihnen darüber. Ich versuche, eine tiefe persönliche Beziehung aufzubauen.
Wenn sich die Möglichkeit ergibt und ich etwas beitragen kann, helfe ich den Menschen. Chef zu sein ist auch eine Führungsposition. Ein Führer möchte Menschen entwickeln.
Anders gesagt: Wenn ich einem Menschen nicht in seinem persönlichen Umfeld helfen kann – dass er ein gutes Familienleben hat oder moralische Werte – dann kann er sich als Person nicht weiterentwickeln. Und ohne persönliche Entwicklung kann er kein besserer Leiter werden.
Wenn ich aber helfe, profitiert das ganze Unternehmen. Denn er gibt diese Werte und seine Vorbildfunktion an sein Team weiter.
Das ist mein Ansatz. Ich versuche immer, den Menschen zu helfen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Das betrifft ihre gottgegebenen Gaben, wenn sie Christen sind, oder ihre menschlichen und natürlichen Fähigkeiten, wenn sie keine Christen sind.
Davon profitieren sie. Sie merken: „Der investiert in mich, der möchte mir helfen, nicht mich nur benutzen, um seine Ziele zu erreichen.“
Wenn sie das merken, öffnen sie sich und sagen: „Ah, du willst mir helfen, dann möchte ich auch dir helfen. Was sind deine Ziele?“
So entwickelt sich eine positive Beziehung.
Ich nehme viel Rücksicht darauf, was die Menschen selbst machen wollen. Dadurch bringen sie das Beste, was sie anzubieten haben, ins Unternehmen ein.
So entwickeln sie ihre Persönlichkeit und ihre Führungsfähigkeiten.
Wenn sie das merken, sind wir schon auf einem guten Weg, auch über das Evangelium zu sprechen. Denn sie merken: „Er will mich nicht ausnutzen, sondern mir etwas geben.“
Wenn ich dann über das Evangelium spreche, habe ich denselben Modus: Ich will dir nur etwas geben. Das ist super für mich, vielleicht hilft es dir auch.
So ist ein bisschen mein Führungsstil.
Ja, jetzt zum Führungsstil, Stichwort: Du bist Geschäftsführer, Unternehmer. Reden wir ein bisschen über den normalen Arbeitnehmer. Was würdest du dem sagen?
Zum Beispiel ist er mit dem Kollegen beim Mittagessen, in der Kaffeepause oder hat eine intensivere Zusammenarbeit im Team, an einem Projekt oder so. Aber wenn man wieder an den eigenen Schreibtisch geht und abends nach Hause, wie kann so ein normaler Arbeitnehmer einen Weg finden, Beziehungen auch über den Arbeitsalltag hinaus zu vertiefen?
Würdest du sagen, das ist genau dasselbe, wie du es als Unternehmer lebst?
Nein, sicher nicht. Ich als Führungsperson spreche immer über Leitung und dass ich meine Leiter ausbilde. Wenn ich jetzt einfach ein Peer bin und mit jemandem zusammenarbeite, geht es auch über die klassischen Sachen. Ich will dir helfen, das schon. Ich will auch meinem Kollegen helfen, dass er seinen Job gut machen kann. Ich unterstütze ihn in seiner Arbeit, und dadurch merkt er: „Okay, der hat Interesse an mir, der möchte mir etwas geben.“ Und dadurch entsteht Vertrauen.
Ich glaube, das ist auch das Allerwichtigste, was jede Beziehung ausmacht: Es entsteht Vertrauen, dadurch entsteht Beziehung, und durch Beziehung entsteht noch mehr Vertrauen.
Letztlich sind wir ja der Leib Christi. Christus wohnt in uns. Ich sage immer: Wenn ein Mensch mir begegnet, dann wünsche ich mir, dass er nicht mir begegnet, sondern Christus in mir.
Das Urproblem ist ja, dass Satan den Menschen von Gott weggebracht hat und dadurch die Beziehung zwischen Mensch und Gott unterbrochen wurde. Diese Unterbrechung bedeutet, dass Gott entfremdet war, Gott ein Fremder für die Menschen wurde.
Diese Entfremdung – dieses „Gott ist mir fremd“ – da sind wir als Christen eine Brücke. Wenn Menschen zu uns eine Beziehung aufbauen, bauen sie indirekt eine Beziehung zu Jesus auf. Und wenn sie mir vertrauen, lernen sie, Jesus zu vertrauen.
Das heißt: Beziehung und Vertrauen zu mir bedeutet Beziehung und Vertrauen zu Jesus. Dann kann Jesus wirken, und aus uns werden lebendige Ströme von Wasser fließen. Das heißt, der Heilige Geist wirkt durch uns, und die Menschen werden berührt.
Das erlebe ich auch manchmal, dass sie dann sagen: „Das, was du jetzt gesagt hast, war wie wenn Gott zu mir geredet hat.“ Das wünsche ich mir, dafür bitte ich, dass Gott durch mich anderen begegnet.
Es heißt also: Beziehung und Vertrauen. Wie mache ich das? Ich helfe den Menschen, ich unterstütze sie, ich sehe ihre Nöte und ich versuche sehr viel zuzuhören: Wie geht es dir? Wer bist du? Was interessiert dich? Was sind deine Hobbys? Welche Filme schaust du gerne? Was unternimmst du gerne?
Irgendwann sollte das aber auch ehrlich und natürlich sein. Wenn etwas kommt, das ich spannend finde, dann ist das gut. Zum Beispiel mache ich gern Pizza, ich bin leidenschaftlicher Pizzabäcker.
So richtig mit Stein und so?
Ja, mit Steinofen. Erst hatte ich einen Ofen draußen, aber dann hat es immer geregnet, deshalb habe ich ihn drinnen aufgebaut. Ich lade jetzt immer Leute zum Pizzaessen ein, nur als Beispiel. Das ist meine Leidenschaft, mein Hobby.
Früher habe ich Bonsai-Bäume geschnitten oder so. Ich habe jetzt nicht so viele Hobbys, aber da findet man auch nicht viele, die es cool finden, am Bäumchen herumzuschnibbeln. Aber man findet halt Gemeinsamkeiten.
C.S. Lewis sagt: Freundschaft ist, wenn ich gemeinsam auf eine Sache schaue. Das ist Freundschaft. Liebesbeziehung ist, wenn ich aufeinander schaue – das ist Mann und Frau in einer Hochzeit. Freundschaft ist, wenn ich auf eine Sache schaue.
Ich versuche, diese Sache zu finden, die mich intrinsisch wirklich interessiert und die den anderen auch interessiert. Zum Beispiel bin ich kein Fußballfan, aber es gibt tausend Millionen Fußballfans. Wenn ich Fußballfan wäre, könnte ich mit jemandem Fußball gucken.
Oder wenn ich gern wandern gehe oder etwas anderes. Skifahren habe ich mit 47 angefangen, vor zwei Jahren. Ich habe meinen Nachbarn gefragt – das ist kein Arbeitskollege, aber zählt ja auch: „Hey, ich fange gerade mit Skifahren an.“ Er hat seine Tochter unterrichtet, und ich habe gesagt: „Kannst du mir ein paar Tipps geben?“
Dann ist er mit mir auf den Berg gegangen und hat mir wirklich geduldig Skifahren beigebracht – so mit Pommes und Pizza. Jetzt fahre ich mit ihm immer auf eine Almhütte, mega cool.
So versuche ich einfach, mit Menschen eine Ebene zu finden für das, was sie interessiert. Aber dafür muss ich erst mal verstehen, wo die Person steht.
Wenn sie Nöte haben – zum Beispiel Eheprobleme – dann sind wir auch schon ein paarmal in deren Leben hineingekommen. Sie haben uns eingeladen, um bei ihren Eheproblemen zu helfen. Das ist natürlich eine große Herausforderung, mega speziell.
Aber ja, das sind so die Wege, wie ich versuche, mit Menschen Beziehungen aufzubauen.
Das fand ich jetzt richtig stark: Die beiden Sachen, Freundschaft ist, man schaut zusammen auf eine Sache – richtig gut. Und was du da vorgesagt hast, das haben wir hier auch schon öfter im Podcast gesagt. Die Hörer kennen das schon: Vielleicht bist du der einzige Jesus, den dein Nächster kennt. Also idealerweise soll er Jesus in dir sehen, auch wenn er ihn nicht persönlich kennt. Wenn er zu dir eine vertrauensvolle Beziehung hat, ist das schon ein Beginn einer vertrauensvollen Beziehung zu Jesus. Das ist richtig, richtig stark.
Aber Holger, wie ist das angenommen? Irgendwie bleibt diese Grenze bestehen, man kommt nicht näher zueinander. Vielleicht hat der andere, obwohl ich Fragen stelle und mich bemühe, kein Interesse an einer Beziehung – auch nicht außerhalb des Arbeitskontexts. Gibt es da noch irgendwas anderes? Oder habe ich einfach keine Möglichkeit und lasse es auf sich beruhen und bin einfach ein guter Kollege oder Chef und fertig?
Also ich bin da schon von meinem Wesen her eher der etwas frechere Typ. Ich durchbreche das dann. Ich fordere Leute heraus. Ich habe kein Interesse an oberflächlichen Beziehungen, ich halte das auch nicht aus und kann es nicht. Ich versuche dann immer wieder, so einen Draht zu finden. In meinem Unternehmen hatte ich eigentlich nie Oberflächlichkeit – das geht ja gar nicht. Du bist ja irgendwie die ganze Zeit miteinander unterwegs. Ich kann mir gar nicht vorstellen, nur oberflächlich mit jemandem zusammenzuarbeiten.
Da ergeben sich doch einfach immer wieder Fragen: Warum machst du das? Man stellt Fragen und interessiert sich für den Menschen. Es gibt auch ein super Buch von Dale Carnegie, „Wie man Freunde gewinnt“, der Klassiker. Das hat mir sehr geholfen, einfach Fragen zu stellen. Dann merken die Leute, du sagst gar nicht so viel, aber sie merken, dass du Interesse an ihnen hast. Ich interessiere mich wirklich für die Leute. Die erzählen dann irgendwann auch mal etwas: Ich war auf einer Hochzeit, wer hat den Gehalt, wie war es da, wie haben die gefeiert? Da kann man dann wieder nachfragen.
Ich denke, diese Blockade, dass sich jemand überhaupt nicht öffnet oder dass ich keine Beziehung zu dem aufbauen kann, daran glaube ich irgendwie nicht wirklich. Welche Erfahrungen hast du da jetzt mit Kunden zum Beispiel? Da ergeben sich wahrscheinlich noch ganz andere Dynamiken als mit Mitarbeitern oder Kollegen untereinander, gerade wenn man so eine Geschäftsbeziehung hat. Die ist ja auch ein bisschen distanziert. Du hast ja nicht jeden Tag stundenlang mit dem gleichen Kunden zu tun. Wo gibt es da Grenzen? Wo muss man vorsichtig sein? Mit welchen Herausforderungen muss man rechnen?
Also ich versuche da das Gleiche. Aber wie du sagst, natürlich verbringen wir nicht so viel Zeit mit Kunden. Es gibt aber Kunden, mit denen hat man sehr viel Zeit. Wir hatten mal einen Kunden, der war super nörgelig und echt anstrengend. Er hat unsere ganzen Bugs gefunden, was dann wiederum sehr wertvoll für uns war. Dadurch, dass er immer genörgelt hat, hatte ich viel Kontakt mit ihm, weil er immer irgendeine Ansprache gesucht und gebraucht hat.
Da ist dann wirklich eine Beziehung entstanden. Am Schluss hat er mir erzählt, dass er im Urlaub war, tauchen war, was er gemacht hat und so. Mit dem hatte ich dann auch Gelegenheiten, ein bisschen den Glauben zu bezeugen.
Es gibt aber auch Kundenbeziehungen, die sind super schwierig. Ich hatte mal eine Kundin, die hat angerufen, und ich habe sofort gedacht: Oh nein, die ruft mich an! Ich bekam Schweißausbrüche und hatte richtig Angst, weil die so krass war. Ich weiß nicht, Holger, das war brutal. Da hat dann eher Jesus an mir gearbeitet in dieser Situation.
Grundsätzlich gilt das auch für Partner – also Unternehmenspartner. Wenn du mit einem Partner zusammenarbeitest, habe ich zum Beispiel mit einem über fast zehn Jahre zusammengearbeitet. Wir waren auch immer auf Geschäftsreisen zusammen. Da ist man sehr nah unterwegs: zusammen im Flieger, im Taxi, im gleichen Hotel, man isst abends zusammen, macht drei Termine am Tag, manchmal sogar zwei, und übernachtet dann, um am nächsten Tag weitere Termine wahrzunehmen.
Da lernt man die Leute extrem gut kennen und hat viele Möglichkeiten. Wir haben auch viel über Jesus gesprochen. Da gibt es schon Möglichkeiten.
Im Kundenumfeld gibt es natürlich auch andere Wege. Wir haben zum Beispiel zu Weihnachten und Ostern Mailkampagnen gemacht, mit ein bisschen Evangelium – also etwas stärker als normale Weihnachtspost, vielleicht mal ein Bibelvers oder so. So etwas kann man schon machen, wenn man ein bisschen mutig ist und sagt: „Passt schon.“ Das sind so die Erfahrungen.
Holger, stell dir vor, ich denke gerade darüber nach, und vielleicht hört das jetzt jemand, der sagt: "Boah, ja, ich würde das auch gerne. Ich habe so eine innere Sehnsucht danach, es irgendwie besser zu machen."
Jetzt habe ich es aber irgendwie schon vergeigt, mein Unternehmen ist nicht mehr das, was es war. Ich bin da einfach als der Christ abgestempelt worden, und die wollen nicht mehr mit mir reden. Ich sage das jetzt mal etwas extrem. Also, wenn im Arbeitskontext oder in der Arbeitsbeziehung das Thema Glaube schon belastet wurde, weil ich vielleicht nicht weise war oder jemandem zu viel zugeredet habe, um ihn zu bekehren oder so.
Wie kann man da wieder etwas herstellen? Was würdest du so jemandem sagen? Wie kann man zu einem guten Miteinander finden, ohne den Glauben zu verleugnen, aber gleichzeitig die Grenzen und den Freiraum des anderen zu respektieren? Das ist wahrscheinlich gar nicht so einfach.
Ich nehme da mal eine Geschichte, die nicht aus der Arbeit, sondern aus der Familie stammt. Du hast ja so eine ähnliche Situation erlebt. Ich habe am Anfang, als ich zum Glauben gekommen bin, auch immer von Hölle, Hölle, Hölle gesprochen. Meine Schwester hat dann immer meine Mutter angerufen und gefragt, ob ich da bin, weil sie nicht mit mir sprechen wollte. Es war wirklich alles sehr kaputt.
Dann habe ich den Modus gewechselt und mich ins Gebet zurückgezogen. Ich habe fünf Jahre für sie gebetet, und dann hat sie sich bekehrt. Ich denke, wenn man in so einer ganz zerstörten Situation ist, sollte man sich aufs Gebet zurückziehen und aus der Situation lernen.
Ich habe auch meine Gesprächstaktik geändert und nicht mehr so oft von der Hölle gesprochen. Das war vielleicht nur noch einmal im Monat der Fall. Man darf ja auch lernen.
Jetzt, Holger, befindest du dich in einer besonderen Position als Unternehmer. Welche Möglichkeiten hast du dadurch, die ein normaler Angestellter vielleicht nicht wirklich hat? Andererseits gefragt: Gibt es auch besondere Herausforderungen für dich als Chef, wenn es darum geht, Alltagsmission zu leben?
Du hast gesagt, dass es von oben nach unten immer schwierig ist, weil das irgendwie auch ein Geschmäckle hat und vielleicht noch andere Abhängigkeiten bestehen. Also, welche besonderen Chancen und Herausforderungen gibt es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Ich beginne jetzt mal als Unternehmer, weil wir Arbeitnehmer schon ein bisschen besprochen haben. Als Arbeitgeber hast du natürlich die Chance, nicht nur den einzelnen Mitarbeiter zu sehen – das haben wir ja schon angesprochen. Du hast die Möglichkeit, mit deinem Unternehmen das Reich Gottes mitzugestalten.
Das musst du ein bisschen ausführen.
Als ich zum Glauben gekommen bin, habe ich meine ganze Firma Gott gegeben. Ich habe gesagt: „Das ist jetzt deine Firma, du bist mein Chef und du musst mir sagen, was ich hier machen soll.“ Dann hat er es mir aufs Herz gelegt, mit einem Mitarbeiter, der auch gläubig war, eine Website zu starten. Das war damals Soul Saver, die damals größte evangelistische Website. Das ist schon etwa zwanzig Jahre her.
Wir hatten dort 3000 Besucher am Tag, und da ging es richtig ab – das war so der Höhepunkt. Das habe ich als Firmenprojekt während der Arbeitszeit gestartet. Das nennt man dann Kingdom Company, also ich setze meine Firma ein, um direkt dem Reich Gottes zu dienen.
Das ist eine sehr krasse Herangehensweise, aber es ist eine Möglichkeit, mein Unternehmen genau dafür zu gebrauchen. Ich nutze die Ressourcen im Unternehmen, um direkt dem Reich Gottes zu dienen.
Dann habe ich eine Firma in Indien gegründet, und dort habe ich das Konzept Business as Mission kennengelernt. Das stammt von Billy Graham, der das irgendwo gestartet hat – nicht in Loretto, das war etwas anderes. Es heißt Business as Mission, kurz B-A-M.
Als ich in Indien war, hat mich ein Missionar dort mit diesem Konzept bekannt gemacht. Er hat uns Kontakte vermittelt. Dieser Missionar macht Business as Mission, und ich habe das dort kennengelernt.
Er hat dann etwa hundert Inder gescoutet und zehn eingeladen. Die waren dann dort, und ich habe gesagt: „Okay, macht mal das.“ Er gab mir ein Papier mit dem Konzept Business as Mission. Ich sagte: „Wir machen das so, dass wir mit den Mitarbeitern evangelisieren.“
Wir haben dort einen Arbeitsplatz, an dem die Hälfte Christen und die Hälfte Nichtchristen sind. Die Christen sollen an ihrem Arbeitsplatz christlich leben und den Nichtchristen zeigen, wie Christen arbeiten. So erreichen sie sie mit dem Glauben.
Er hat mich dort mit verschiedenen Leuten zusammengebracht, die ihr Unternehmen in diesem Stil, Business as Mission, nutzen. Einer zum Beispiel ist Immobilienmogul und baut ganze Stadtviertel.
Die planen die Viertel so, dass ein Haus an Christen und das nächste an Nichtchristen verkauft wird. So folgt Haus an Haus abwechselnd ein Christ und ein Nichtchrist. So bauen sie das ganze Viertel für die Mission.
Sie evangelisieren dort ganz strategisch – Business as Mission. Ich habe einige solcher Leute kennengelernt, die das so verwirklicht haben. Ich fand das super und habe gefragt, ob ich das unterstützen möchte.
Dort hatte ich damals zehn Mitarbeiter, heute sind es sechs. Die haben eine Gebetsstunde während der Arbeitszeit am Dienstag. Sie beten dann für Missionen am Vormittag, beten für ihre Arbeitskollegen und für das Unternehmen.
Während der Arbeit evangelisieren sie ihre ungläubigen Kollegen. Das ist Business as Mission.
Dann gibt es noch eine dritte Sache, die ich jetzt mache, und zwar in der deutschen Company. Dabei nutze ich das Unternehmen, damit es mich finanziell unterstützt.
Das bedeutet: Ich bin Unternehmer, das Unternehmen läuft – mal mehr, mal weniger. Ich habe ein Buch von einem irischen Missionar gelesen, der auch Baumogul war. Er hat viel Geld verdient, sich ein Immobilienimperium aufgebaut und dann einen Fonds gegründet.
Dieser Fonds unterstützt bis heute ausschließlich Missionare. Da habe ich gedacht: „Krass, ich kann mein Unternehmen auch finanziell nutzen.“
Ich habe versucht, mein Unternehmen zu verkaufen, was aber nicht so gesegnet war. Was ich jetzt mache, ist, dass ich das Unternehmen nutze, um mich als Missionar auszusenden.
Ich arbeite nur noch zwei Stunden pro Woche, also fast gar nicht mehr. Ich arbeite als Missionar, als Alltagsmissionar, aber vollzeitlich. Gott sendet mich durch meine Firma aus, solange das funktioniert.
Die Aufgaben habe ich an andere übergeben.
Das sind die drei Modelle: Kingdom Company, Business as Mission und die finanzielle Unterstützung. So habe ich erlebt, wie Gott mich als Unternehmer im Reich Gottes wirken lässt.
Cool. Als Unternehmer – wie ist das in der Firma, in den Firmen? Wie kann man christliche Werte in der Firmenkultur integrieren? Ein bisschen hast du ja schon gesagt zum Modell an sich, wenn du sagst, die Hälfte sind Christen, die anderen nicht.
Mich würde auch interessieren: Was machst du, wenn die anderen zum Glauben kommen? Feuerst du dann die ersten Christen und stellst wieder Ungläubige ein?
Nein, es ist tatsächlich leider so, dass ich bisher noch nicht so viel mitbekommen habe, dass sich in Indien wirklich Leute bekehrt haben. Das müsste ich mal nachfragen, wie dann letztlich der Outcome ist. Bei mir im Unternehmen selber weiß ich auch nicht wirklich, dass sich Leute bekehrt haben.
Was ich aber weiß, ist, dass bei Solsever natürlich Hunderte, wenn nicht Tausende bekehrt wurden. Da ist schon einiges passiert. Auch jetzt in meinem Dienst bekehren sich Leute. Es ist das Reich Gottes. Oder sagen wir es anders: Es gibt ja die Engelsskala mit den sieben Schritten, wie jemand zu Jesus kommt. Man sieht, dass da ein Prozess stattfindet und die Leute sich auf diesem Weg bewegen.
Aber jetzt habe ich die Frage vergessen ... Die erste Frage war: Welche christlichen Werte sind in der Firmenkultur integriert? Was sagst du, wenn du jemanden einstellst? Wichtig ist ja, welche Vision und Mission man hat. Und das sind die Werte. Es soll nicht nur ein nettes Heft sein, das man in der Schublade hat, sondern etwas, das man wirklich lebt.
Was machst du da? Hast du Werte integriert?
Also, ich habe Werte nie aufgeschrieben. Noch nie. Das haben wir erst mit M4 bei David Kröker gelernt – dass wir uns Werte auch für die Gemeindegründung aufschreiben. Und das ist super wichtig.
Ich habe diese Werte immer gelebt und habe die Leute mir angeschaut. Ich habe Potenziale in Menschen gesehen. Das ist etwas, worauf ich schaue: Wie sind die Menschen? Ich lese keine Bewerbungen, ich lade die Leute einfach ein. Ich weiß gar nicht, ob ich schon mal einen Lebenslauf gelesen habe. Ich lade die Leute ein, rede mit ihnen, stelle Fragen und schaue, was sie machen.
Am liebsten würde ich die Leute einfach die Küche putzen lassen und ihnen zuschauen, wie sie arbeiten – aber das mache ich nicht.
Einmal kam ein Mitarbeiter, der musste ziemlich lange warten, ich glaube eine Stunde, in unserem Wartezimmer, das war unser Schlamperaum. Da lag alles kreuz und quer. Dann bin ich reingekommen, und er hat seinen Sakko ausgezogen und angefangen, das ganze Chaos aufzuräumen, die Kästen aus den Schränken zu holen, Kabel zu sortieren – und das war das Bewerbungsgespräch.
Das sind Leute, die anpacken. Man bekommt ein Gefühl, eine gespürte Intuition von Menschen, die etwas beitragen können und die dich auch herausfordern.
Ich habe sehr viel im christlichen Umfeld rekrutiert und Leute gesehen, die ich dann gefragt habe. Das bietet sich halt an.
Ja, so ein bisschen. Das zeigt sich natürlich klar. Man muss es nicht unbedingt aufschreiben, obwohl es hilfreich ist, Werte zu haben. Aber wie geht man um mit Stress, Konflikten und Erfolgen? Du lebst die Werte, oder?
Ja klar, ich lebe die Werte. Sie sind oft auch ein Fenster, um weiterzukommen, zum Beispiel in einem Glaubensgespräch. Ehrlichkeit ist für mich ein großer Wert, das merken die Leute sofort. Ich bin sehr offen, also Offenheit, Ehrlichkeit. Dadurch zeige ich auch meine Schwächen.
Das ist sehr ungewöhnlich, weil Chefs ihre Schwächen oft nicht zeigen. Sie machen sich dadurch angreifbar. Ich habe dadurch auch immer wieder Probleme bekommen. Aber ich sehe das bei Paulus: Gott ist in den Schwachen mächtig. Paulus hat seine Schwächen auch nicht versteckt.
Indem ich als Chef meine Schwäche zeige, mache ich mich nahbar. Menschen öffnen sich dann und sprechen eher über ihre Schwächen. Dadurch entsteht Beziehung.
Das sind Werte, die da sind. Innovation ist einer meiner Kernwerte. Ich entwickle bei uns immer wieder Dinge neu und nehme die Leute mit. Dadurch werden sie agil.
Das war auch ein Prozess, bei dem ich Change Management machen musste. Das hat Jahre gedauert. Wir konnten die Leute mitnehmen, aber nicht alle haben das gepackt. Das sind Prozesse.
Dadurch, dass ich sehr offen bin, liegt alles in der Company offen. Die Leute werden in mein Leben mit hineingenommen. Es ist sehr familiär.
Es gibt einen starken Zusammenhalt. Wir ziehen immer an einem Strang. Niemand fühlt sich übervorteilt. Die Leute legen gerne noch ein Schäflein drauf.
Ich habe noch nie erlebt, dass jemand mehr arbeitet und dadurch mehr Leistung erbringt. Eigentlich habe ich das Gegenteil erlebt: Weniger Arbeiten ist mehr. Darum arbeite ich auch nur zwei Stunden die Woche, und es läuft super.
Ich habe eine lustige, eigentlich auch traurige Erfahrung gemacht: Wir waren mal dreißig Leute, jetzt sind wir noch zehn. Über gar nicht so lange Zeit – fünf Jahre – sind zwanzig Leute gegangen, weil wir nicht mehr so viel Erfolg hatten oder weil ein Produkt eingegangen ist. Jetzt haben wir ein neues, das zieht wieder ein bisschen an.
In dieser Zeit habe ich gemerkt, wenn Leute gegangen sind, hat man das gar nicht so sehr bemerkt. Das war interessant. Auch bei Corona, als wir halbtags gearbeitet haben, haben wir alles geschafft.
Dadurch habe ich gesehen: Mehr Arbeit bringt nicht so viel. Es geht eher um Effizienz und das Richtige zu tun. Dabei hilft es den Mitarbeitenden, ihren Weg zu finden.
Sie merken: Ich werde hier nicht ausgebeutet, nicht ausgenutzt. Die Stunden werden nicht gezählt. Es geht wirklich darum, die gemeinsame Vision zu erfüllen.
Dadurch entsteht ein Miteinander, eine familiäre Stimmung. Das ist, glaube ich, auch zuträglich für das Evangelium.
Das kann natürlich nicht jeder machen, der ein großes Unternehmen hat. Da kann man nicht so Family-Startup-Style arbeiten. Aber so haben wir das gemacht.
Noch mal eine etwas allgemeinere Frage: Gibt es rechtliche Grenzen, die man beachten sollte?
Nehmen wir an, du bist als Mitarbeiter in einem Arbeitskontext, der vielleicht nicht glaubensfeindlich ist, aber auch nicht offen dafür, dass man über den Glauben spricht. Kann man da Probleme bekommen, wenn man mal über den Glauben gesprochen hat? Was sollte man da wissen? Gibt es rechtliche Aspekte bei Evangelisation im Arbeitskreis?
Ich würde sagen: Wo kein Kläger, da kein Richter. Man muss einfach schauen: Wenn jemand sich querstellt und sagt, das wollen wir hier nicht, dann muss man das respektieren.
Das ist nicht die Arbeitswelt, sondern eher eine Community. Bei den Christian Surfers in München ist vor kurzem eine Surferin gestorben. Zwei Prediger haben angeboten, eine Andacht zu machen. Die Community oder die Eltern – ich weiß es nicht genau – haben gesagt: Wir wollen nichts über Gott hören.
Da kannst du dann auch nicht trotzdem über Gott reden. Genauso ist es auch in der Arbeit. Wenn das untersagt ist, muss man sich daran halten. Das wäre sonst unrecht. Das ist die Vorgabe. Dann muss man das Unternehmen wechseln.
Ich glaube aber, wenn ich als Christ mal in so eine Situation komme, muss ich mich damit auseinandersetzen. Ich kann vielleicht auch gucken, dass es nicht so weit kommt, indem ich nicht mit der Tür ins Haus falle, sondern eher vorlebe.
Ich finde es wichtig, dass das der größte Zeitpensum in meinem Leben ist. Diese Zeit muss ich nutzen, um Menschen mit Jesus zu erreichen.
Wenn es gar nicht geht, kann man ja auch mal an einen Unternehmenswechsel denken. Warum nicht?
Wie kann eigentlich Gemeinde uns dabei unterstützen, am Arbeitsplatz Alltagsmission zu leben?
Oft erlebe ich es so: Du hast deinen Arbeitskontext und deinen Gemeindekontext. Gemeinde besuchst du meist am Wochenende, am Sonntag und so weiter. Ansonsten arbeitest du fünf Tage die Woche. Dabei bist du oft als einzelner Christ irgendwie alleine.
Wie können wir als Gemeinde die Geschwister ermutigen, gerade im Arbeitskontext den Glauben zu leben?
Das ist ein großes Thema. Ich trenne jetzt mal die klassische oder traditionelle Gemeinde – die Sonntagsgemeinde – von anderen Formen. Du gehst am Sonntag in die Gemeinde, das ist die Sonntagsgemeinde. Oder die Programmgemeinde, die hat ihre Programme und man trifft sich hauptsächlich am Sonntag. Dort spielt sich das christliche Leben ab.
Ich weiß nicht, inwieweit so eine Gemeinde mir im Alltag, in der Arbeit, helfen kann. Sicherlich hilft sie durch die Verkündigung und die Lehre. Dort wird mir gesagt: „Hey, du sollst in der Arbeit so für Jesus leben.“ Durch die Lehre werde ich geprägt, nach christlichen Werten zu leben. Das verändert mein Verhalten, und das hat Auswirkungen auf meinen Arbeitsalltag.
Aber ich glaube, wenn wir Gemeinde nicht nur am Sonntag leben, sondern jeden Tag und über Zellgruppen ein sehr intensives Beziehungsleben entwickeln, dann können wir auch im Arbeitskontext unseren Glauben leben. In solchen Gruppen kann ich meine Arbeitskollegen einladen – nachdem ich sie erst einmal zu mir nach Hause eingeladen habe – und dann auch zu diesen Gruppen.
Hier entsteht ein Ort, wo coole Leute sind, und wo ich Leute aus meinem Arbeitsfeld mitnehmen kann. Das ist nicht der Sonntag. Aus meiner Sicht ist es so: Ich lebe auf dem Land, da ist es noch krasser, aber in der Stadt ist es wahrscheinlich auch nicht viel anders. Wenn ich jemanden aus der Welt, der nicht glaubt und Jesus nicht kennt, am Sonntag in die Gemeinde mitnehme, dann ist das oft eine fremde Welt.
Das war bei mir auch nicht anders. Ich war damals auf Partys, mit Models, Drogen und so weiter. Dann bin ich in die Gemeinde gekommen und habe gedacht: „Was sind das für Leute?“ Kulturschock! Ich war auch voll hochmütig und dachte: „Was ist das hier? Was sind das für Leute? Die sind ja voll uncool und doof.“ Das ging gar nicht.
Da ist es gut, wenn man einen Ort hat, der nicht so steif und sonntagskirchlich ist, sondern einfach cool. Wo man zusammen ist, eine coole Gemeinschaft hat, und wo das Wort Gottes, Jesus und der Heilige Geist im Mittelpunkt stehen. Die Gemeinschaft ist eigentlich das Ziel.
Über die Gemeinschaft und gemeinsames Essen entsteht Beziehung. Dann kommen die Leute erst im nächsten Schritt in Verbindung mit der Gemeinde als solcher.
Wenn so eine Struktur da ist, ist das ein Strukturthema. Dann glaube ich, dass die Gemeinde sehr stark helfen kann.
Wenn das nicht da ist, wie es leider in den meisten evangelikalen Gemeinden der Fall ist, hast du zwar Hauskreise, aber das sind oft heilige Klubs, wo Bibel gelesen wird. Wenn du da einen Ungläubigen mitnimmst, wissen die Christen oft nicht, was sie machen sollen. Sie sind völlig überfordert. Der Nichtchrist fühlt sich wie das siebte Rad am Wagen. Das ist schwierig, wenn es nicht darauf ausgerichtet ist.
Das ist ein Prozess, auch ein Change-Prozess, der in der Gemeinde stattfinden muss. Da arbeiten wir auch mit DNA Deutschland, einem Netzwerk für Multiplikation, und mit der Konferenz. Du hast da ja schon ein bisschen was mitbekommen über David und so. Da reden wir später noch drüber.
Ich glaube, mit der klassischen Gemeinde wird es schwierig. Klar, über die Lehre wird man ermutigt, den Glauben am Arbeitsplatz zu leben. Aber das richtige Unterstützen und Miteinander fehlt oft. Viele Geschwister sind einfach alleine, weil Arbeit und Gemeinde so getrennt sind. Es sind zwei Settings, die wenig miteinander zu tun haben.
Danke dir erst mal. Bevor wir zum nächsten Thema kommen, habe ich noch eine Bitte an euch, die hier zuhören: Teilt gerne eure eigenen Erfahrungen mit uns.
Wie läuft es bei euch am Arbeitsplatz? Bist du Arbeitgeber oder Arbeitnehmer? Welche Erfahrungen hast du gemacht, um Alltagsmission zu leben? Was sind deine größten Herausforderungen? Was hat dir geholfen, Alltagsmission zu leben und Beziehungen zu vertiefen?
Schreibt gerne an machbar@heuckelbach.org. Ich freue mich auf eure Erfahrungen.
Holger, wir wollen noch einmal ein bisschen über Unternehmertum sprechen, auch mit Blick auf deine persönliche Geschichte. Wie bist du eigentlich zum Unternehmertum gekommen? Du hast eben gesagt, dass du schon selbstständig warst, als du zum Glauben gekommen bist. War das schon immer dein Traum? Hast du dir immer gesagt: „Ich werde auf jeden Fall nie in irgendeiner Firma arbeiten, sondern ich will mich selbstständig machen“?
Also ich kann nichts anderes, sage ich mal. Ich bin auch jetzt nicht so ein Studierter, ich bin Hauptschüler und Legastheniker und habe eine Ausbildung gemacht. Während der Ausbildung habe ich dann irgendwie gemerkt, dass meine Chefs ja gar keine Ahnung haben. Das kann ich alles viel besser – ganz demütig, Holger!
Demut ist meine Superkraft. Zweiter Vorname, ach so. Und das ist auch immer noch so, das ist halt schwierig. Aber auf jeden Fall habe ich das gesehen und gedacht: Das kriegst du besser hin.
Dann habe ich mich schon während der Ausbildung eigentlich selbstständig gemacht. Das war ganz lustig oder ein bisschen freakig. Ich habe damals ziemlich viel Drogen genommen, stand völlig zugekifft auf der Tanzfläche, habe sechs Stunden getanzt und habe dann plötzlich lauter bunte Bildchen gesehen. Ich dachte: Boah, diese Bilder, das ist alles so synchron zur Musik, das müssen alle auf der Tanzfläche sehen, die würden ausflippen!
Das war dann meine erste Geschäftsidee. Ich bin zur Bank gegangen und habe gesagt: „Ich brauche die und die Computer, ich muss so Bilder erzeugen für die Diskos.“ Der Bankberater sagte: „Aha, ja ja, da brauchen wir aber die Sicherheit von Ihrer Mutter.“ Ich war damals etwa 17.
Also bin ich zu meiner Mama gegangen und habe gesagt: „Du, Mama, kannst du mir da so einen Zettel unterschreiben?“ Zehntausend Mark waren das damals. Dann habe ich die Zehntausend Mark von der Bank geholt, mir ein paar Computer gekauft und diese Bildchen gemacht. Ich bin in die Disco gegangen. Das hat dann so drei Monate gedauert.
Die Disco hieß damals Night Flight, das war am Flughafen. Ich habe gesagt: „Hier, ich würde gern so Computerprojektionen machen, um die Tanzfläche herum, und die Leute abfilmen und sie in meine Welten projizieren.“ Die haben mir tausend Mark am Abend gezahlt und das Setting aufgebaut. Der DJ hatte so ein kleines Pult, ich hatte die ganze Bühne. Das war Hammer!
Also ist das nicht so, dass Unternehmerslust nur heißt, ein bisschen mehr zu kiffen. Na ja, also... Wir wollen euch jetzt nicht sagen, ihr müsst erst mal richtig zugekifft sein, wenn ihr Unternehmer werden wollt. Das ist natürlich in einem drin. Du willst halt irgendwie was machen und probierst es einfach aus. Und so ist es immer weitergegangen.
Dann habe ich beim Ari gearbeitet, habe dort meine Videos gezeigt. Die sagten: „Hey, Hammer, komm, mach dazu!“ Dann habe ich in der Spezialeffekte-Abteilung für Kinofilme gearbeitet.
Du hast bei Ari gearbeitet?
Ja, bei Ari in München, diese Firma. Dort haben wir Musikvideos und so produziert. Aber ich habe es als Mitarbeiter nicht lange ausgehalten, habe mich wieder selbstständig gemacht, bin überall angeeckt. Dann habe ich jemanden von dort rausgeholt, wir haben eine andere Firma gegründet, Musikvideos und Plattencover gemacht. So war ich in der Musikwelt drin.
Dort habe ich lange gearbeitet. Dann kam irgendwann das Thema Software, oder erst mal online, also Webseiten. Ich habe gelernt, wie das mit den Pixeln funktioniert. Wir haben Webseiten für Werbeagenturen gemacht. Dann begann die Softwareentwicklung.
Wir mussten Akquise machen, aber ich hatte keinen Bock, die ganzen Leute anzurufen. Deshalb haben wir eine Software entwickelt, mit der wir E-Mails an viele Leute schicken konnten, weil das viel effizienter ist, als tausend Leute anzurufen.
Die Software zeigte, wer die E-Mails anklickt, so konnte ich nur noch hundert Leute anrufen statt tausend. Eine Werbeagentur hat das mitbekommen und gesagt: „Hey, das wäre super für die Verlagsbranche und Abogewinnung.“ So bin ich in die Verlagsbranche gekommen.
Wir haben Vertriebssoftware gemacht und dann die erste iPad-Software in Deutschland entwickelt, mit der man Magazine auf dem iPad anschauen konnte. Wir sind brutal gewachsen, waren 30 Leute und ziemlich erfolgreich.
Jetzt bin ich in der Verlagsbranche hängen geblieben. Ich entwickle immer wieder neue Sachen. Wir haben auch einige christliche Unternehmen, wie idea und faktum, für die wir Magazine herausbringen und das Abo-Management für Verlagshäuser übernehmen.
Während dieser Reise habe ich mich bekehrt und Gott die Firma gegeben. Dann hat er alles in eine andere Richtung geführt.
Holger, was für ein Typ Mensch muss man sein, um Unternehmer zu sein? Für wen ist das Unternehmertum vielleicht nicht das Richtige?
Der Spruch „Selbstständig heißt, du machst alles selbst und das ständig“ stimmt vor allem am Anfang. Du musst Lust darauf haben, dass Ideen sprudeln, dass du Sachen ausprobierst. Wenn etwas nicht klappt, musst du nicht aufgeben, sondern durch Learning by doing, durch „aufs Maul fallen“, lernen. Das ist meine Methode, wie ich Unternehmer geworden bin.
Du probierst aus, manchmal klappt es, manchmal nicht, und dann probierst du weiter. Du brauchst eine intrinsische Motivation, morgens aufzustehen oder auch mittags. Ich bin am Anfang eher mittags aufgestanden, habe nachts gefeiert, dann um Mittag gearbeitet und abends wieder gefeiert – jeden Tag.
Irgendwann habe ich mich bekehrt, bin aus dem Nachtleben zurück ins Tagleben gekommen. Aber du brauchst einfach diese intrinsische Motivation, sonst kannst du das nicht machen.
Heute ist es viel einfacher, selbstständig zu werden, mit all dem KI-Zeug. Du kannst plötzlich alles machen. Es gibt viele Möglichkeiten online, mit YouTube und so weiter. Heute ist es viel leichter als früher.
Ich war damals ein ziemlicher Exot mit meinem Lebensstil. Heute leben viele Leute so: „Ich mache halt irgendwas und verdiene ein bisschen Geld.“ Ich bin auch ein Bootstrapper, das heißt, ich habe mich selbst finanziert. Bootstrap kommt von den Griffen an den Stiefeln, mit denen man sich selbst über den Zaun zieht.
Ich habe mich immer selbst finanziert, habe kleine Semmeln gebacken und verkauft, dann größere. Du brauchst viel Geduld und Durchhaltevermögen.
Ich würde jeden ermutigen, es einfach mal auszuprobieren. Heute ist es so einfach, etwas zu starten und auszuprobieren. Dann merkst du schon, ob es dir liegt.
Wenn dein Motiv aber ist, wie ich einfach nur die Füße hochzulegen oder nur zwei Stunden die Woche zu arbeiten und andere für dich arbeiten zu lassen – das ist es nicht. Manche machen eine Pommesbude auf, stellen Mitarbeiter ein und sagen: „Mach mal!“ Das funktioniert nicht.
Du musst selbst Lust haben, die Dinge zu tun. Ich arbeite full time, bin unterwegs und mache vieles.
Das wären meine Tipps.
Was würdest du sonst noch sagen? Gibt es besondere Chancen oder Fallstricke, auf die man als Christ achten sollte, wenn man sich selbstständig machen will?
Selbstständig zu sein hat, glaube ich, nicht so viel Einfluss darauf, ob man Christ ist oder nicht.
Ich meine nur, weil meine Hörerschaft überwiegend Christen sind: Was würdest du ihnen sagen? Wo siehst du besondere Gefahren oder Fallstricke?
Ich glaube, der Fallstrick als Christ, sich selbstständig zu machen, ist, dass du viel mehr in Gefahr bist, verführt zu werden, dein ganzes Leben in dein Unternehmen zu investieren.
Die meisten christlichen Unternehmer haben damit die größten Kämpfe. Das ist eine große Herausforderung und Gefahr.
Wenn du ein missionarisches Anliegen hast oder im Reich Gottes arbeiten willst, würde ich eher empfehlen, dich drei oder vier Tage anstellen zu lassen und das als Finanzquelle zu nutzen, um die direkte Reichsgottesarbeit zu machen.
Man braucht eine Berufung, wenn man selbstständig sein will. Geistlich darf man sich nicht verführen lassen, weil man immer sehr nah am Geld ist – und auch am Stolz. Das ist sehr herausfordernd.
Man braucht geistliche Stehkraft. Ich war schon Unternehmer, hatte die geistliche Kraft aber nicht. Gott hat es mir dann beigebracht durch Learning by doing, durch Fehler, die ich teuer bezahlt habe.
Du hast es schon angedeutet: Wie geht man als Unternehmer mit Rückschlägen um? Wie gehst du damit um, wenn du scheiterst? Ich nehme an, du bist auch schon gescheitert.
Ja, absolut, immer wieder. Ich würde sogar sagen, selbstständig sein oder Unternehmer zu sein ist eine Aneinanderreihung von Scheitern.
Ich dachte, es sei eine Aneinanderreihung von Erfolgen.
Nein, das glaube ich nicht. Das ist die absolute Ausnahme.
Man sieht es auch bei Venture Capital-Firmen: Einer von zehn wird erfolgreich. Das ist die Realität. Die Realität sind die Neunen, nicht der Eine.
In Amerika sehen sie Scheitern sportlich. In Deutschland leider nicht so. Das war für mich immer schwierig. Wenn du scheiterst, sagen die Amerikaner: „Super, dass du gescheitert bist, jetzt hast du etwas gelernt und beim nächsten Mal profitierst du davon.“
Hier sagt man oft: „Du bist gescheitert, dann solltest du vielleicht was anderes machen.“
Das ist Quatsch.
Das ist etwas, worauf man sich vorbereiten muss. Natürlich gibt es auch Erfolge.
Der erste Erfolg war die App, mit der man Magazine darstellen konnte. Das war einfach eine Führung Gottes und ein Riesengeschenk, so einen Ritt zu erleben: Innerhalb von zwei Jahren von fünf auf dreißig Leute zu wachsen – das war der totale Wahnsinn.
Ich habe viele Fehler gemacht. Deshalb würde ich sagen: Keine Angst vorm Scheitern! Das ist auch ein Lernprozess und man sollte es sportlich sehen.
Das sehe ich auch im christlichen Leben mit Jesus so: „Wen der Herr liebt, den züchtigt er.“
Spurgeon hat mal gesagt: „Die schönsten Einrichtungsgegenstände in meiner Seele wurden vom Leid gezimmert.“
Wenn du das nicht verstehst, brauchst du auch nicht Unternehmer werden. Das ist nicht immer Party und Spaß.
Danke dir für die Einblicke.
Auch euch vielen Dank, dass ihr immer noch dabei seid. Das zeigt mir, dass euch das Thema bewegt und interessiert.
Teilt gerne den Podcast. Vielleicht kennt jemand aus eurem Umfeld, den das auch interessiert – in seiner Arbeitswelt, am Arbeitsplatz oder der, der sich selbstständig machen möchte.
Aber Holger, wir wollen weitermachen und über unser letztes Thema sprechen: Zellgruppen, ein ganz anderes Thema. Vor einer Weile hatten wir David Kröker hier. Ich habe mit ihm in einem Podcast gesprochen, und wir haben über Gemeindegründungsarbeit und Zellgruppenarbeit geredet. Die Podcast-Folge heißt „Was du unbedingt über Zellgruppen wissen musst“. Das ist Folge 40. Wir verlinken sie euch auch nochmal, schaut sie euch an. Ja, hört sie euch an, das lohnt sich, um das ganze Thema besser zu verstehen.
Vielleicht kannst du uns ganz kurz nochmal sagen, was Zellgruppenarbeit ist und was Zellgruppen sind, damit wir das in den Rest einbauen.
Der Übergang ist gar nicht so hart, es ist gar nicht so viel anders, weil es sehr unternehmerisch ist. Ich fühle mich auch als Unternehmer. Das ist vielleicht die beste Überleitung: Ich fühle mich als Unternehmer in dieser Aufgabe das erste Mal zu hundert Prozent richtig im Reich Gottes, weil es sehr viel um Teams geht. Diese Zellgruppen sind meine Erkenntnis von letzter Woche neu: Zellgruppen sind eigentlich wie Teams. Also ein Hauskreis ist ein Team, und es gibt eine klare Vision – die Vision Gottes.
Ich habe mir die Frage gestellt: Was ist die höchste Vision? Was ist das eigentliche Ziel Gottes in unserem Leben? Was möchte er eigentlich von uns? Wofür sind wir als Christen noch hier auf der Erde? Oft sind Christen so ein bisschen wie an einer Bushaltestelle, fragen sich: „Ja, wann kommt der Herr wieder?“, und warten dann. Sie fühlen sich ein bisschen so: „Ja, was machen wir jetzt eigentlich noch?“ Aber Gott hat uns ja hier gelassen, zu einem bestimmten Zweck.
Was ist dieser Zweck? Das höchste Ziel, das ich bis jetzt gefunden habe, der Sinn, warum wir noch da sind, ist die Herrlichkeit Gottes auf dieser Erde zu verbreiten. In Habakuk 3,10 steht: „Die Herrlichkeit Gottes wird die ganze Erde erfüllen.“ Und im Epheserbrief steht, dass wir zur Verherrlichung Gottes da sind, also zum Preis seiner Herrlichkeit – das steht dort dreimal. Das ist das, wofür wir hier sind.
Das ist auch von Anfang an Gottes Vision gewesen. Als er den Menschen auf die Erde geschaffen hat, hat er sein Bild in den Menschen hineingelegt. Diese sollten sich auf der ganzen Erde verbreiten. Auch das war da schon drin in seiner ursprünglichen Architektur: Sein Bild, seine Herrlichkeit, sollte sich über die ganze Erde verbreiten.
Wenn du in die Offenbarung schaust, siehst du das Gleiche am Schluss. In Kapitel 7 steht, dass die ganzen Nationen zu seinem Thron kommen werden und ihn anbeten. Aus allen Nationen werden sie die Herrlichkeit Gottes erheben. Das ist die große Vision Gottes, der große Spannungsbogen.
Natürlich ist das gebrochen durch den Sündenfall. Die Menschen haben sich von Gott entfremdet. Diese Herrlichkeit hat sich nicht ausgebreitet, sondern die Sünde hat sich über die Erde ausgebreitet. Das möchte Gott wiederherstellen. Deshalb ist sein Sohn auf die Erde gekommen, damit wir seine Herrlichkeit, die in uns durch Bekehrung und neue Geburt wiederhergestellt wird, leben. Christus lebt in uns, und wir werden eine neue Kreatur, eine neue Schöpfung.
Jetzt verbreiten wir sein Bild auf dieser Erde, und das geht durch Multiplikation, so wie es von Anfang an geplant war. Und das sind Zellgruppen.
Zellgruppen sind Teams, die diese Vision verfolgen, die Gott uns gegeben hat. Diese ist auch im Missionsbefehl verankert. Die letzten Worte Jesu waren: „Geht hin in alle Nationen und multipliziert meine Herrlichkeit. Macht Jünger und lehrt sie alles zu tun, was ich euch geboten habe.“ Sie sollen so leben, wie ich es euch vorgelebt habe.
Wie habe ich euch das vorgelebt? Ihr wart zwölf Jünger, ich habe euch belehrt, dann seid ihr rausgegangen und habt das weitergetragen. Diese Struktur sehen wir auch in 2. Timotheus 2,2: Jünger machen wieder Jünger. Das sind Zellgruppen.
Das heißt, wir haben da vier Schritte – das habe ich von David Kröker. Der erste Schritt ist, dass wir für unsere Nachbarn beten und sie quasi im Gebet einladen. Wir lassen unser Herz von Jesus brechen.
Der zweite Schritt ist, dass wir sie in unser Haus einladen, Beziehung aufbauen, damit sie uns kennenlernen können. So entsteht die Beziehung zu Gott.
Der dritte Schritt ist, dass wir sie in die Zellgruppe einladen. Dort leben wir zusammen und erleben Gott in seinem Wort durch den Heiligen Geist. Dort machen wir dann das Entdecker-Bibelstudium. Wenn du möchtest, können wir auch darüber sprechen. Das ist eine sehr einfache Methode, die jeder Christ, auch im Alltag, mit Ungläubigen nutzen kann, um gemeinsam in der Bibel zu lesen.
Der vierte Schritt ist, dass wir sie in die Gemeinde integrieren. Das würde ich sagen, ist Zellgruppenarbeit.
Sehr cool, danke für die kurze Erklärung.
Aber wie bist du selbst dazu gekommen, jetzt neben dem Unternehmertum auch in diesem Bereich zu investieren? Vielleicht magst du uns da mal ein bisschen mit hineinnehmen.
Wie ich dazu gekommen bin? Also, es war so: Wir sind vor fünf, sechs Jahren aufs Land gezogen und wussten zunächst nicht genau, was wir machen sollten. Ich hatte die Idee, vielleicht eine Bibelsoftware zu entwickeln, also wieder eine Softwarefirma, um die Verbindung zwischen der Firma und dem Reich Gottes weiterzuführen. Ich dachte, das wäre der nächste Schritt.
Gott hat das aber anders geführt. Er hat mir zunächst das Thema Gemeindegründung aufs Herz gelegt. Dann habe ich fünf Jahre lang für Gemeindegründung gebetet. Vor etwa einem Jahr, genauer gesagt im Januar 2024, waren wir auf der Multiplikationskonferenz. Vielleicht schon ein bisschen vorher, Ende 2023, habe ich David Kröker bei der Neukonferenz kennengelernt. Er erzählte damals von Zellgruppen. Ich habe ihn dann angerufen und gesagt: „Hey, ich will da mehr wissen.“
Er gab mir drei Bücher, und eines davon war das Wichtigste: von Roberto Bottrell, „Multiplikation“, das gibt es bei Amazon. Dieses Buch habe ich gelesen, und es hat mein Leben verändert, würde ich mal sagen. Danach sind wir auf die Konferenz gegangen, die „Multiplikation“ heißt und jetzt jährlich stattfindet. Die erste fand am 24. Januar 2024 statt. Dort war auch David und das ganze Netzwerk DNA.
Für mich war das ein echtes Aha-Erlebnis, so ein „Wow“. Da habe ich auch wieder die Brücke zum Unternehmertum gesehen. Für Unternehmer ist das total spannend, weil man hier wirklich etwas aufbauen kann. Es ist eine richtige Bewegung. Im DNA-Netzwerk gibt es 80 Gemeinden in Deutschland, 40 davon sind schon im Prozess, Zellgemeinden zu werden.
Ich habe mich davon sehr anstecken lassen und bin dann zu meinen Ältesten gegangen. Damals war ich im Leitungskreis und habe gesagt: „Hey Leute, das ist der Hammer, hier geht richtig was ab. Das ist eine coole Art zu evangelisieren und könnte die Gemeinde revolutionieren.“
Wir waren gerade im Gebet in der Gemeinde zum Thema Gemeindegründung, aber das wurde rigoros abgelehnt. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Ich fragte mich: „Wollt ihr euch das nicht mal anhören? Wie wir neu evangelisieren können über Zellgruppen?“ Ein Jahr zuvor hatte ich mit der ganzen Gemeinde den Kurs von Jim Peterson, dem Insider, gemacht. Da waren 50 Leute aus der Gemeinde dabei. Die Gemeinde war also nicht verschlossen für das Thema Evangelisation.
Aber irgendwie, als ich das Thema Zellgruppen und den damit verbundenen veränderten Lebensstil ansprach – nicht nur einmal im Jahr oder zweimal eine Evangelisation, sondern wirklich das Herz verändern –, da wurde es heiß. Jesus will dein Herz verändern, und man erkennt die Vision: Wir sind eigentlich dafür da, die Verlorenen zu erreichen. Dafür sind wir noch da.
Das ist der Grund, warum wir hier an der Bushaltestelle stehen – nicht, um auf den Bus zu warten, sondern um mit den Leuten im Bushäuschen zu reden. Wir sind da, um zu sagen: „Jesus will dein Haus, dass du dein Haus öffnest.“
Das ist der Götze unserer Zeit: „My home is my castle.“ Das ist mein Rückzugsort, da will ich meine Ruhe haben. Aber genau das ist der Ort, wo Jesus rein will, wo er die Leute reinbringen möchte, damit sie dich kennenlernen und dadurch ihn wirklich kennenlernen. Dadurch entsteht unsere größte Wirkungskraft – nämlich wir.
Und das wollen wir nicht. Da müssten wir die Hauskreise umbauen, und dann würde alles umgekrempelt werden. „Nein, nein, das wollen wir nicht.“ Das war für mich der Schock meines Lebens. Ich habe die Gemeinde nicht mehr verstanden und mich meiner eigenen Gemeinde entfremdet gefühlt.
Ich habe gemerkt, die Gemeinde ist wie so eine Blase. Ich habe auch selbst in dieser christlichen Bubble gelebt und mich zu sehr auf die Firma konzentriert, wie Volker uns erzählt hat. Dabei wurde meine evangelistische Gabe ein bisschen begraben. Ich habe gepredigt, war im Leitungskreis aktiv und habe Jugendstunden aufgebaut. Ich war also aktiv, aber das reichte mir nicht.
Das hat mir eine Tür geöffnet, ich habe gesehen, da kann noch viel mehr passieren. Das war krass. Doch die Ablehnung hat mich tief getroffen. Ich merkte, ich kann so nicht weitermachen. Das war wirklich heftig, wie eine Art innerer Bruch.
Ich musste erst einmal Buße tun über meine Lauheit, dass ich meine evangelistische Gabe begraben hatte. Am Ende war es so schlimm, dass ich Angst hatte, mit Ungläubigen zu sprechen. Ich wusste nicht mehr, worüber ich mit ihnen reden sollte, weil ich 24/7 meine Firma mit Christen zusammen leitete, in meiner Familie und in der Gemeinde war.
Die ganzen Gemeindeveranstaltungen und Dienste absorbieren dich so sehr, dass du kaum noch Kontakte zu Ungläubigen hast. Irgendwann weißt du nicht mehr, worüber die eigentlich reden, weil du nur noch christliche Themen hast. Du bist in so einer christlichen Bubble.
Da habe ich Buße getan, und es begann eine Art Erweckung in mir. Ich merkte: Jetzt mache ich etwas Neues mit dir, Gott. Ich habe eine Berufung von Gott in seinem Wort bekommen. Ich habe dafür gebetet: „Was willst du, dass ich tue?“
Diese Berufung wurde dann bestätigt – allerdings nicht von der Gemeinde. 2024 hatte ich schon einen kleinen evangelistischen Hauskreis mit drei, vier Leuten. Ich habe diesen dann radikal umgebaut, von einem Tag auf den anderen, zu einer Zellgruppe.
Nach einem Jahr hatte ich sechs Zellgruppen, also sechs evangelistische Hauskreise.
Jetzt muss ich mal nachfragen: Wenn du sagst, den Hauskreis, das kenne ich auch, das Format haben wir viele Jahre immer wieder gemacht. Man lädt Leute ein, die Christus noch nicht kennen, über Beziehungen und so weiter. Man liest zusammen die Bibel mit Fragen, kommt ins Gespräch und geht dann wieder auseinander.
Wenn du sagst, du hast das radikal umgebaut, wie muss ich mir das vorstellen?
Okay, also der evangelistische Hauskreis ist ja sehr lehrerhaft. Wir sind in Deutschland sehr geprägt von den Hirten und Lehrern. Das sind ja die zwei Führungsgaben in unserer Gemeindelandschaft, in der evangelikalen Welt in Deutschland. Von diesen ist alles geprägt, auch die evangelistischen Hauskreise, lustigerweise.
Das heißt, dort wird gelehrt. Und das bedeutet, da ist einer, der aus der Bibel vorliest. Der nächste Schritt ist dann schon, dass man – das habe ich bei Jim Peterson gelernt – Fragen stellt, also eher induktive, offenere Fragen, aber trotzdem sehr stark am Text entlang.
Was sich dann entwickelt hat, ist das Entdecker-Bibelstudium. Das ist ein Schlüssel. Das ist jetzt nicht unbedingt etwas, was Zellgruppen ist, das ist eher ein Element. Es ist sowieso nicht das Zellgruppenkonzept oder so, sondern ich habe letztlich über vierzig Bücher darüber gelesen. Ich war auch letzte Woche in Brasilien in der Muttergemeinde und wir sind gerade zurückgekommen. Wir haben uns das dort angeschaut.
Es ist wie ein Baukasten, und man versucht, verschiedene Sachen anzuprobieren. Man kontextualisiert die Dinge und schaut, was bei einem selbst in der Region passiert. Wir sind hier auf dem Land, in einer katholischen Umgebung. Da muss man vielleicht anders arbeiten als in der Stadt. Wenn ich auf dem Marienplatz gepredigt habe und Büchertische aufgestellt habe, kann ich das hier nicht machen. Hier muss ich über Beziehungen gehen. 70 bis 80 Prozent der Menschen bekennen sich über 70 bis 80 Beziehungen. Deshalb sage ich, wir müssen auch 80 Prozent unserer Zeit in Beziehungsevangelisation investieren.
Wie mache ich das? Was ist der Unterschied vom evangelistischen Hauskreis zu diesem Entdecker-Bibelstudium?
Das Entdecker-Bibelstudium ist ganz simpel, darum kann es auch jeder machen. Es sind vier Schritte, die du machst, wenn du die Bibel liest. Es gibt ein Rahmenprogramm: Zuerst isst man, dann betet man kurz, dann macht man das Entdecker-Bibelstudium, und am Ende wird noch einmal gebetet.
Dieser Bibelleserteil unterscheidet sich so: Du liest einen kurzen Abschnitt. Ich nehme zum Beispiel diese 73 Jesusstellen aus der Elberfelder Bibel hinten. Die nimmt auch David, da kann jeder nachlesen. Sie sind in der Elberfelder Bibel hinten drin. Jede Woche lesen wir einen Abschnitt von fünf bis zehn Versen.
Dann lesen wir den Text. Die erste Frage lautet: Wie würdest du diesen Abschnitt mit deinen eigenen Worten zusammenfassen, in einer Überschrift? Das ist immer die gleiche Frage, jedes Mal. Immer die gleiche Frage, und das wird aufgeschrieben, schriftlich festgehalten. Jeder hat ein Heftchen und schreibt seine Antwort hinein.
Dann kommt die Frage: Wieso müssen wir das aufschreiben? Ich sage dann: Weißt du warum? Wenn hier fünf Leute sitzen und drei vor dir ihre Überschrift zeigen, hast du deine vielleicht vergessen. Wir wollen aber wissen, was deine Überschrift ist, was dein Beitrag ist, was der Heilige Geist dir jetzt im Wort Gottes durch diesen Abschnitt gezeigt hat. Wir wollen das hören. Schreib das bitte auf.
Dann sagen die Leute: Ah ja, klar, ich schreibe es auf, weil ich ja auch etwas beitragen will. Es ist ganz normal, dass man das aufschreibt. Dann liest man den Text noch einmal in der Stille durch, es wird ruhig.
Dann stellen wir die zweite Frage: Was sagt der Text über Gott? Dann liest man den Text ein drittes Mal, schreibt es auf und tauscht sich darüber aus.
Dann stellen wir die dritte Frage: Was sagt der Text über den Menschen? Dann liest man ihn ein viertes Mal, schreibt es auf und teilt es.
Dann kommt die vierte Frage, und das ist das Ziel von dem Ganzen. Was möchte Gott durch diesen Abschnitt in deinem Denken und Handeln ändern? Das fehlt bei den meisten Hauskreisen.
Dann schreibt man das auf, und da wird es ultrapersönlich. Der Heilige Geist zeigt dir, was du in deinem Leben ändern sollst.
Ich sage dir: Als ich das das erste Mal ausprobiert habe, war das wie Schuppen vor den Augen. Ich habe gemerkt, die Leute fangen selbst an, die Bibel zu verstehen. Nicht ich kaue ihnen alles vor, sondern sie bekommen selbst eine Offenbarung von Gott durch den Heiligen Geist in seinem Wort.
Dadurch, dass das zielgerichtete Fragen sind, wird es auch nicht zu einem Diskussionsklub. Es ist auch nicht diese hermeneutische Herangehensweise, dass jeder etwas anderes in der Bibel entdeckt. Das ist es nicht. Sondern dadurch, dass es so gezielte Fragen sind, geht es wirklich darum: Was entdecke ich über Gott?
Ich muss nur alle zehn Male ungefähr irgendwie theologisch eingreifen, weil das so zielgerichtet ist. Das ist jetzt nicht Kraut und Rüben lesen. Es ist sehr persönlich, und die Leute kommen dann zu dem Punkt, dass sie sagen: Gott redet zu mir durch sein Wort.
Als ich das umgestellt habe, hatte ich zwei Erlebnisse, die Schlüsselerlebnisse für mich waren.
Ich habe eine Frau gefragt: Liest du eigentlich in der Bibel? Sie war schon bekehrt. Sie sagte: Nein, nicht so. Ich fragte: Warum nicht? Sie antwortete: Holger, so wie du, was du alles aus der Bibel liest, das kann ich niemals. Ich kann ohne dich die Bibel nicht verstehen. Wenn ich das lese, ist das nur Mexikanisch für mich.
Ich dachte erst: Super, ich kann das voll gut. Dann dachte ich mir in dem Moment: Scheiße, sie ist voll abhängig von mir. Schlecht.
Dann hatte ich einen anderen, den habe ich als Alpha erkannt, einen Unternehmerleiter, der andere Leiter sucht, die Geistesgabe in ihnen entfalten möchte, Verantwortung abgeben, delegieren möchte und andere Menschen mit in den Dienst hineinnehmen will, damit sie sich selbst einbringen können.
Ich habe ihn gefragt: Möchtest du mal leiten? Er sagte: Holger, niemals, in fünf Jahren nicht, wegen dem ganzen Aufwand. Wieder das Gleiche. Nein, das ist schlecht.
Dann habe ich das erste Mal mit diesem Entdecker-Bibelstudium gearbeitet. Zwei Sachen sind passiert: Die eine hat angefangen, die Bibel zu lesen, und sagte: So kann ich auch die Bibel lesen.
An dem Abend, an dem ich das das erste Mal gemacht habe, kam der Bruder zu mir und sagte: So kann ich die Gruppe schon leiten. Ich sagte: Ja genau, da ist überhaupt nichts dabei.
Seitdem leitet er die Gruppe, dann der Nächste, dann der Nächste. Plötzlich habe ich vier Leute, die die Gruppe leiten. Ich lasse inzwischen sogar Ungläubige diesen Text leiten, denn leiten heißt: Du stellst vier Fragen, mehr ist es nicht.
Das ist für mich so ein totales Aha-Erlebnis. Ich glaube, das ist Alltagsmission pur. Jeder von uns hat keine Ausrede mehr, im Bibelkreis nicht halten zu können. Mit dieser Methode kann es jeder.
Cool, man merkt, du bist total begeistert von diesem Format.
Warum lohnt es sich deiner Meinung nach, Zeit und Energie in so eine Zellgruppenarbeit zu investieren?
Ich bin da immer ein bisschen vorsichtig, wenn man sagt: Das ist jetzt die Methode. Weißt du, Methodengläubigkeit. Ich weiß natürlich, du hast keine Methodengläubigkeit. Aber du sagst, hier kommen wir zum Kern: Hier gebe ich die Möglichkeit, dass Menschen Gottes Wort lesen und Gottes Geist zu ihnen redet. Und das ist eigentlich, was passieren muss.
Ich glaube, William MacDonald hat mal gesagt: Wenn man die Bibel mit Ungläubigen liest, ist das wie eine Operation am offenen Herzen, ohne dass die Leute es merken. Gott wirkt an den Herzen.
Methodengläubigkeit und so – verstehst du, was ich meine?
Ja, ja, voll.
Ich erzähle noch ein Beispiel von Jim Peterson, den kennst du ja auch. Er hat einen Vortrag in Salzburg gehalten, und die Geschichte hat mein Verständnis geändert. Es geht hier nicht um eine Methode, sondern um etwas ganz anderes.
Jim Peterson war, ich glaube, in Brasilien. Er musste Portugiesisch lernen, ich bin mir nicht mehr sicher, wo er war – bisher egal. Er war in der Sprachschule und konnte kein Wort von der Landessprache. Er musste dort aber als Missionar arbeiten.
Mittags ist er zum Basketballspielen gegangen und hat mit den Leuten Basketball gespielt vor der Schule. Die haben ihn gefragt, was er macht. Er sagte: Ich bin Missionar und muss die Sprache lernen. Aha, okay.
Dann sagte er: Wollt ihr mir beim Spracherlernen helfen? Die Antwort war: Voll gerne, wie können wir dir helfen? Er sagte: Wir könnten zusammen in der Bibel lesen. Die sagten: Naja gut, dann machen wir das halt.
Er hat sich mit denen getroffen und die Fragen in die Landessprache übersetzen lassen, weil er die Sprache ja nicht konnte. Dann hat er mit ihnen gelesen. Sie hatten eine portugiesische Bibel, er eine englische. Er legte die erste Frage als Zettel ausgedruckt hin und sagte: Lest das mal.
Sie haben den Bibeltext gelesen, die Frage beantwortet und sich miteinander über den Text unterhalten. Dann legte er den zweiten Zettel hin, als er merkte, sie sind fertig. So hat er immer diese vier Fragen gestellt.
Nach drei Monaten haben sich alle bekehrt. Er hatte nichts damit zu tun.
Er sagte, bei ihm hat es Klick gemacht. Erstens: Jesus braucht mich gar nicht. Ich habe eine völlig falsche Vorstellung von meiner Rolle in dem Ganzen. Zweitens: Der Heilige Geist ist hier der Chef. Er führt die Leute zu Jesus, und ich bin dabei.
Ich kann den Rahmen geben, den Leuten helfen, dass sie sich treffen, sie einladen, das Essen vorbereiten, die Location zur Verfügung stellen und Zeit mit ihnen verbringen. Aber wenn es um das Wort Gottes geht, ist das die Aufgabe des Heiligen Geistes.
Ich sage: Ich challenge dich und auch die Zuhörer, probiert etwas Besseres zu finden. Ich bin nicht derjenige, der sagt, das ist die beste Methode. Ich sage nur, ich habe keine bessere bis jetzt gefunden. Ich habe viele Sachen ausprobiert.
Ich habe diese ganzen Bücher gelesen und alles ausprobiert. Das ist bis jetzt das Beste, was ich gefunden habe.
Noch eine Geschichte: Da war ein Ältester in München, der einen Seelsorgefall hatte, einen Jungen, der nicht richtig klar kommt, der Probleme im Leben hat.
Ich habe ihn gefragt: Das wäre doch was für dich? Er sagte: Nee, ich bin Ältester, evangelistischer Hauskreis, das könnte ich nie.
Ich sagte: Alter, du bist Ältester. Wie, du bist Ältester, wieso kannst du nicht mit Ungläubigen in der Bibel lesen? So, hä? Was ist das für ein komisches Denken?
Ich erzählte ihm die Geschichte: Du hast doch diesen einen Seelsorgefall, oder? Er sagte: Ja, der ist wirklich schwierig.
Ich sagte: Weißt du was? Der leitet bei mir eine Zellgruppe.
Er sagte: Was? Wie bitte?
Ich sagte: Ja, den lasse ich die Gruppe leiten.
Der Junge ist aufgeblüht, folgt Jesus nach, will sein Leben verändern und hilft anderen, zum Glauben zu kommen.
Wieso kannst du das nicht?
Er sagte: Ja, das muss ich vielleicht nochmal überdenken.
Ich glaube, wir leben in einer evangelikalen Gesellschaft, die von Hirten und Lehrern geprägt ist, mit einer Struktur und einem System in unseren Gemeinden, in denen sich ein Denken etabliert hat von den Obergeistlichen, von den Klerikalen.
Diese sind ein Stück weit zur Kirche geworden. Die Klerikalen, die Priester, die machen den Laden. Es sind immer die fünf Gleichen. Zehn Prozent der Leute machen neunzig Prozent der Arbeit, und die anderen konsumieren.
So werden wir erzogen. Das fängt in der Kinderstunde an, ändert sich nicht in der Teeniegruppe, nicht in der Jugendgruppe, nicht im Hauskreis und auch nicht am Sonntag.
Das heißt, wir konsumieren und denken, wir können nichts. Aber das ist eine Lüge Satans, die er in die Gemeinde gebracht hat, die uns ausschaltet als Leib Christi.
Jesus möchte aber genau durch uns Menschen wirken.
Das Entdecker-Bibelstudium ist ein Tool, das uns allen wieder die Türen öffnet.
David und ich reden da ab und zu drüber und fragen uns: Was passiert hier? Warum wurde ich in meiner Gemeinde mit dieser Idee abgelehnt? Warum wird das verhindert?
Ich finde das sehr merkwürdig.
Wir lesen in der Apostelgeschichte immer: Wenn Erweckung passiert, wenn Gott wirkt und Neues schenkt – neue Weine, neue Schläuche –, wenn Dinge aus der Apostelgeschichte wieder ausgegraben werden, dass die Leute sich in den Häusern treffen, dann kommen Menschen zum Glauben.
Der nächste Schritt ist immer Verfolgung.
Die Probleme und Widerstände, die ich mit dieser Arbeit spüre, kommen nicht aus der Welt, sondern aus der Gemeinde. Sie kommen von Christen, die dagegen sind.
Das verstehe ich nicht. Das ist sehr seltsam.
Hm, hm, tja, nachdenkenswert.
Was würdest du jetzt jemandem raten, der das hört und sagt: Boah, voll cool, ich will das auch machen, aber ich finde keine Zustimmung in meiner eigenen Gemeinde? Vielleicht bist du nicht Teil der Gemeindeleitung. Würdest du dann sagen: Ja, dann geh aus deiner Gemeinde und mach es selbst? Nein, nein, nein, auf keinen Fall.
Wir von DNA haben das Ziel, Gemeinden dazu zu bewegen und einzuladen, das kennenzulernen. Das ist der erste Schritt. Man muss hier nichts verbergen. Wir gehen ganz klar auf die Leitung zu. Wenn aber die Leitung sagt: Nein, das ist nichts für uns, dann mache ich inzwischen Folgendes: Ich reagiere nicht nur darauf, sondern Gott schickt mir Leute in meinem Umfeld. Ich bin in Südostbayern, und Leute aus meinem Umfeld, die ich teilweise gar nicht kenne, aus anderen Gemeinden, kommen auf mich zu. Sie sagen: Ich habe von dir gehört, du hast bei der Konferenz gesprochen, bei dir geht es ab, was machst du da? Zeig mal! Und ich sage: Ja, komm vorbei! Dann erzähle ich ihnen davon, helfe ihnen, ein Treffen zu organisieren, und sage: So startest du damit!
So habe ich jetzt zwanzig Leiter aufgebaut. Wir treffen uns einmal im Monat zu einem kleinen Netzwerktreffen hier in Südostbayern. Wenn du hier in der Nähe bist, komm einfach mal vorbei und schau dir das an. Wenn du irgendwo anders in Deutschland bist, geh auf multiplikation.net. Das ist unser deutschlandweites Netzwerk. Dort findest du Ressourcen, kannst an einem monatlichen Zoom-Call teilnehmen, und wir coachen dich. Wir zeigen dir, wie du das in deiner Umgebung ganz alleine als einzelne Person starten kannst – nämlich mit Gebet, Leute einladen in dein Haus und dann eine Zellgruppe starten.
So kannst du Leute in deiner Gemeinde begeistern, dass sie das tun. In der Regel haben sie mir nicht verboten, einen evangelistischen Hauskreis zu machen. Das wird dir auch niemand verbieten. Auch wenn sie nicht mitmachen, kannst du es trotzdem selbst machen. Wir wollen euch dabei helfen, dass ihr diesen Schritt geht. Du musst selbst erst mal, wie David sagt, dein Herz für Ungläubige brechen lassen. Es fängt immer bei dir selbst an. Diesen Prozess darfst du dir auch Zeit geben.
Wenn du jetzt irgendwie angerührt bist und sagst: Hey, ich habe den Eindruck, ich stehe an dieser blöden Bushaltestelle und verpasse eigentlich meine Berufung, wofür ich hier bin, dann melde dich, komm irgendwie in Kontakt mit uns – und let’s go!
Wow, cool. Holger, vielen Dank! Das war sehr inspirierend, auch für mich. Wir müssen da nochmal ein andermal drüber reden. Ich habe mir das Buch auch schon besorgt. Ich habe ja auch mit David schon gesprochen, habe bei ihm zuhause einen Eindruck bekommen und so weiter. Matthias und Tina starten übrigens jetzt auch eine Zellgruppe in München. Von euch, von heute auch. Yes, cool!
Du kannst gleich mal fragen. Ja, mache ich. Holger, welches Buch kannst du empfehlen?
Ja, mit dem würde ich wirklich anfangen: Roberto Bottrell – Multiplikation. Das ist tatsächlich mein erster Tipp. Du kannst auch mehr empfehlen?
Ja, ich empfehle mal den Autor Joel Comiskey. Es gab auch deutsche Übersetzungen seiner Bücher, die sind aber jetzt im Antiquariat. Zum Beispiel „Groups that thrive“ ist ein Buch von ihm. Dann gibt es ein krasses Buch: „Die zweite Reformation“ von Ralph Napier. Ich glaube, Ralph Napier hat auch das Buch „Where do we go from here?“ geschrieben, das ist in Englisch. Diese Bücher würde ich empfehlen.
Wenn du eher aus dem konservativen Umfeld kommst, kannst du auch mal Biografien lesen. Mich hat Bak Zing sehr inspiriert, der war ein Erweckungsprediger. Jetzt lese ich gerade Whitfield. Auch sein Kumpel, der immer mit dem Pferd herumgeritten ist – ich komme gerade nicht auf seinen Namen, aber er hat quasi die Methodisten-Gemeinde gegründet. John Wesley heißt er, genau.
Was sind so deine größten Herausforderungen, gerade auch im Kontext Arbeitsplatz und Alltagsmission?
Also das Opfer, in meinem Fall. Ich habe mich einfach dazu entschieden, und Gott segnet das. Ich kann so leben, dass ich zwei Stunden arbeite und die Firma mich finanziert. Das ist eigentlich keine Herausforderung.
Für mich ist die größte Herausforderung, dass ich die Christen nicht mehr verstehe, dass so viel Gegenwind und Anfeindungen kommen. Zum Beispiel in unserer Gemeinde: Wir haben gesagt, wir wollen gründen, weil Gott uns das aufs Herz gelegt hat. Wir waren fünf Leute. Ich konnte Daniel Herrmann als Coach oder Mentor gewinnen – ein Haudegen-Missionar aus Frankreich, der 25 Gemeinden gegründet hat und 78 Jahre alt ist. Er ist jetzt mein Mentor. David Kröger ist mein Coach. Diese Leute habe ich gewinnen können, und sie sagten: Geh raus aus deiner Gemeinde und starte!
Ich sagte: Wir sind fünf Leute, meine Familie. Wir haben niemanden. Zwar sechs Zellgruppen, aber keine Christen, die mit uns starten wollen. Er sagte: Nein, das läuft anders, du musst im Glauben starten, dann kommen die.
Ich sagte dem Ältesten: Okay, wir starten jetzt eine Gemeinde. Die sagten: Ja, wer denn? Ich: Wir. Nach einer Woche meldeten sich fünf Leute, und so starteten wir mit zehn. Jetzt sind wir dreizehn und haben vierzig Leute in den Zellgruppen. Das ist unser Start.
Die größte Herausforderung sind wirklich die Widerstände in den Gemeinden. Ich bitte die Leute, ihr Herz zu öffnen und zu überlegen: Wie kann ich dagegen sein, wenn Leute das Evangelium in den Häusern verkünden? Da stimmt etwas nicht. Wahrscheinlich ist es etwas Neues, es lockt aus der Komfortzone, man muss etwas aufgeben, ein Stück weit. Das sind sicherlich Punkte.
Wie muss ich mir das vorstellen, wenn ihr sechs Zellgruppen habt? Du kannst ja nur bei einer sein, oder macht ihr das sechs Tage die Woche?
Ich habe eine am Dienstag, eine am Freitag. Das ist eine Gruppe. In einer anderen Gemeinde habe ich gepredigt. Eine Schwester kam und sagte: Da ist ein Haus für psychisch kranke Menschen, und die sind offen. Ich bin dorthin gegangen, und es ist eine Zellgruppe entstanden. Ich mache jetzt quasi eine Zellgruppe mit psychisch kranken Menschen – das sind meine zwei.
Dann hat meine Tochter die dritte gestartet. Sie sagte: Herr Baba, das kann ich auch. Sie hat eine Gartenparty gemacht, da waren sechzig Leute im Garten, sie hat evangelisiert und eine Zellgruppe gestartet. Da sind jetzt fünf, sechs Mädels, die eine Gruppe haben.
Meine Frau hat einen kleinen Frauenkreis, wo sie Bibel lesen. Ich versuche gerade mit zwei, drei Schwestern, sie dazu zu bringen, einen Jüngerschaftskurs zu machen und dort eine Zellgruppe zu starten.
Ich war in einer anderen Gemeinde, habe dort gepredigt. Ein Bruder sagte: Hey, ich will das ausprobieren. Ich habe ihn gecoacht, und er hat eine Zellgruppe gestartet. So sind all diese Gruppen entstanden.
Insgesamt sind es jetzt, glaube ich, zehn Gruppen, auch außerhalb. Unser Gemeindegründungsteam hat die Vision, Zellgruppen als Missionsstrategie zu nutzen. Wir unterstützen jetzt auch Gemeinden in unserem Umfeld.
Ein Bruder aus einer anderen Gemeinde kam und sagte, er wolle seinen Hauskreis in eine Zellgruppe umbauen. Er hat das gemacht und will jetzt mit einem anderen Bruder einen zweiten Kreis starten. Da entsteht gerade eine Dynamik.
So machen wir das hier. Manche Gruppen, eine habe ich im Dezember gestartet, im Januar sind wir mit der Gemeinde gestartet. Im Dezember haben wir diese Zellgruppe hier im Wohnzimmer gestartet. Ende April oder Mai werden wir diese Gruppe wahrscheinlich teilen. Die Gruppe ist auf elf Leute gewachsen. Ich werde mich mit meiner Frau dort zurückziehen und wahrscheinlich eine Person mitnehmen. Die Geschwister, die dort die Leitung übernehmen, kommen aus einer anderen Gemeinde. Zwei von ihnen kommen jetzt zu uns, einer bleibt in der anderen Gemeinde. So entsteht hier in der Region ein Netzwerk von Evangelisten oder erweckten Leuten.
Du musst kein Evangelist sein, also du musst nicht die Begabung des Evangelisten haben, sondern evangelisieren wollen. Das ist der Unterschied. Jeder kann so einen Prozess starten. Ich habe erlebt, dass es sehr schnell gehen kann, dass sich Leute finden und bekehren. Es kann aber auch dauern, dass eine Gruppe nicht schnell wächst oder der Anfang nicht klappt. So läuft das.
Aber eine Zellgruppe ist ja noch keine Gemeinde. Wenn ihr sagt, ihr gründet eine Gemeinde, dann wart ihr als Familie und fünf weitere Leute dabei. Ihr trefft euch jetzt auch als Gemeinde. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Zellgruppe zu tun. Oder kommen von der Zellgruppe Leute, die noch nicht im Glauben sind, auch in die Gemeinde?
Ich sehe gerade, auch bei uns im DNA-Netzwerk entsteht da gerade etwas. Ich habe das gerade mit den Brasilianern besprochen. Das DNA-Konzept ist hauptsächlich dafür gedacht, dass bestehende Gemeinden in so einen Übergang kommen. Was hier gerade entsteht, ist eher, dass durch Zellgruppen Gemeindegründung entsteht. Das ist ein ganz natürlicher, organischer Prozess.
Du fängst im Grunde genommen zu zweit an. Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, fängst du an zu beten. Dann lädst du Leute ein, es entsteht eine Zellgruppe. Die teilt sich, und dann teilt sie sich nochmal – so wie es bei uns passiert ist. Aus Zellgruppen entsteht eine Gemeinde.
Das hast du ja auch in der Apostelgeschichte gesehen: Sie haben sich in den Häusern getroffen und dann im Tempel. Es ist klein und groß, und aus dem Kleinen fängt es an. Das ist ein super Konzept für Gemeindegründung. Du springst nicht ins kalte Wasser.
Meine ursprüngliche Gemeinde, in der ich fünf Jahre war, betet seit sechs Jahren für Gemeindegründung. Sie kommen aber nicht in Schwung, weil es eine große Hürde für die Leute ist: Ich muss so viel Verantwortung übernehmen, eine Gemeinde haben, alle Programme managen, und dann mache ich ja nur noch das.
Bei Zellgruppen fängst du ganz unten an. Du machst eine, fängst mit einem Ungläubigen an. Wenn Gott das segnet, kommt noch einer. Wenn Gott das wieder segnet, wächst es. Jesus steht drin in Matthäus: Ich baue meine Gemeinde, das ist mein Business, nicht deins. Dein Business ist, Jünger zu machen. Wenn du Jünger machst, baut er seine Gemeinde. Das ist Tic Tac.
So fängt es an. Bei uns im lokalen Netzwerk überlegen jetzt zwei andere Gruppen, über Zellgruppen Gemeinde zu gründen. Sie sind schon sehr weit. Sie treffen sich sonntags zum Beten für Gemeindegründung und starten die ersten zwei Zellgruppen. Sie haben einen evangelistischen Hauskreis, machen jetzt zwei Zellgruppen und starten die parallel. Daraus kann dann eine Gemeindegründung entstehen.
Wir lassen uns auch bei M4 coachen, mit David Kröger. M4 ist ein Gemeindegründungsprogramm, bei dem du von der Idee bis zur stabilen Gemeindestruktur durch zwei Jahre begleitet wirst. Es gibt super Programme. Mir schwebt ein Zweischrittkonzept vor: Erst Zellgruppen, dann M4. Die Leute so ein bisschen mit in diesen Prozess nehmen und in Deutschland wirklich eine Erweckung erleben.
M4 betet für Gemeindegründungen. In unserer Gruppe gibt es neun Gemeindegründungen. Da passiert richtig viel.
Wow, Holger, ich sehe schon, ich würde das weiterverfolgen. Wir werden irgendwann nochmal reden, in ein paar Monaten, weil das Thema so spannend ist. Aber ich glaube, das sprengt jetzt hier den Rahmen, vor allem, wenn ich auf die Uhr schaue.
Wie viel haben wir denn?
Wir reden schon ultralange – schon eine Stunde und vierzig Minuten.
Ja, Wahnsinn! Ich glaube, das ist ein neuer Rekord. Deshalb noch eine letzte Frage: Welchen Tipp hast du für unsere Hörer, den sie gleich diese Woche umsetzen können? Vielleicht zurück zum ursprünglichen Thema Alltagsmission am Arbeitsplatz. Nicht, dass du jetzt sagst, sie sollen eine Zellgruppe gründen.
Nein, nein. Der erste Schritt, und da verbinde ich beides, ist: Nimm dir jeden Tag zehn Minuten Zeit und bete. Fang an, für zehn Leute jeden Tag zu beten. Schreib sie dir erstmal auf. Es können zehn Arbeitskollegen sein oder eine Mischung mit Nachbarn. Sag: Herr Jesus, beweg diese Menschen, brich mein Herz für sie, verändere mein Leben. Wenn du mich hier gebrauchen willst, leg mir das aufs Herz.
Ich habe ein Jahr gebraucht, um es zu schaffen, jeden Tag in dieses Gebet einzusteigen. Das ist ein Prozess, und der darf dauern. Du darfst immer wieder Buße tun, aber bleib dran. Vergiss nicht die Bushaltestelle – bete dich aus dieser Bushaltestelle raus.
Sehr schön, vielen Dank! Schönes Schlusswort.
Danke auch euch, die bis zum Ende dabei geblieben sind. Teilt gerne diesen Podcast mit anderen, von denen ihr denkt: Boah, das wäre richtig gut, wenn sie das auch mal hören. Drückt die Glocke, abonniert den Newsletter, was auch immer.
Holger, ich sage dir ganz herzlich danke für das sehr inspirierende Gespräch und die Zeit, die du dir genommen hast.
Alles klar, ich sage Tschüss, bis dann!