Ich fange mal ganz vorne an: Warum begabt Gott eigentlich Menschen? Habt ihr euch diese Frage schon einmal gestellt? Also, warum begabt Gott Menschen?
Wenn man ein Phänomen in der Bibel, wie die Begabung von Gläubigen, näher betrachten möchte, lohnt es sich immer, ganz am Anfang anzufangen. Man sollte schauen, wo wir dieses Phänomen ganz offensichtlich zum ersten Mal antreffen.
Beim Thema begabte Geschwister müssen wir ziemlich weit vorne einsteigen. Bitte schlagt mit mir Zweite Mose 31 auf. Zweite Mose 31 ist unser Thema, aber wir starten nicht mit der neutestamentlichen Gemeinde, sondern mit dem Volk Gottes im Alten Testament.
Ich lese dort die Verse 1 bis 6. Ihr werdet merken, dass es tatsächlich dort zum ersten Mal um Gaben geht:
Zweiter Mose 31,1-6:
Der Herr redete zu Mose und sprach: „Siehe, ich habe mit Namen Bezalel, den Sohn Uri, des Sohnes Hurs vom Stamm Juda, berufen. Ich habe ihn mit dem Geist Gottes erfüllt, mit Weisheit, Verstand und Können, um für jedes Kunsthandwerk Pläne zu entwerfen, um in Gold, Silber und Bronze zu arbeiten. Auch mit der Fertigkeit zum Schneiden von Steinen, zum Einsetzen und mit der Holzschnitzerei habe ich ihn begabt, damit er in jedem Handwerk arbeiten kann.
Und siehe, ich habe ihm Oholiab, den Sohn Ahisamachs vom Stamm Dan, als Mitarbeiter gegeben. Dazu habe ich jedem, der ein weises Herz hat, Weisheit ins Herz gelegt, damit sie alles machen, was ich dir geboten habe.“
Die Frage, die ich am Anfang beantworten möchte, lautet: Warum begabt Gott Menschen? Die Antwort hängt eng damit zusammen, und wir sehen das deutlich bei Bezalel. Gott begabt Menschen, weil er einen Tempel bauen möchte. So einfach ist das.
Der Tempel, von dem hier die Rede ist, ist die Stiftshütte. Ich denke, ihr wisst, dass es im Alten Testament die Stiftshütte gab, später dann den salomonischen Tempel. Danach gab es noch einen weiteren Tempel. Wenn wir heute vom Tempel sprechen, dann meinen wir oft die Gemeinde. Aber wir fangen, wie gesagt, ganz am Anfang an.
Warum begabt Gott Menschen? Wenn wir uns das erste Auftauchen von Begabung anschauen, sehen wir bei Bezalel: „Ich habe ihn mit dem Geist Gottes erfüllt“ – und dann folgt eine lange Aufzählung seiner Fähigkeiten. Gott begabt Menschen, weil er einen Tempel bauen möchte.
Es ist ganz wichtig, dass wir das von Anfang an verstehen: Gaben sind nie Selbstzweck. Bestenfalls kann es sekundär vorkommen, dass Gaben auch der Selbstauferbauung dienen. Das kann passieren. Wenn jemand, wie ich, gerne Predigten schreibt, hat er davon auch etwas. Aber zuerst einmal: Warum begabt Gott Menschen? Die Antwort lautet: Weil er einen Tempel bauen möchte.
Und jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Warum begabt Gott jeden Christen?
Wir beginnen mit einer Stelle aus 1. Petrus 4,10. Diese Stelle wurde bereits in der Einleitung erwähnt. Ich bin ein großer Verfechter davon, dass man Bibelverse auswendig lernt. Das dürfen gerne auch ein paar Hundert sein, das schadet nicht.
Der Vers aus 1. Petrus 4,10 bietet sich dafür wirklich an. Wenn ihr also für dieses Wochenende sagt: „Okay, ich möchte mir zehn gute Gedanken merken“, dann könnten das zehn gute Verse sein, und dieser wäre einer davon.
In 1. Petrus 4,10 heißt es: „Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes.“ Hier spricht Petrus zu Gemeinden, also zu gläubigen Menschen.
Die Frage, die ich beantworten möchte, lautet: Warum begabt Gott jeden Christen? Hier lesen wir zunächst, dass tatsächlich jeder begabt ist. Wenn du hier sitzt und für dich sagst: „Ja, ich bin Christ“ – dann stimmt das. Das bedeutet, du hast den Heiligen Geist. Und es bedeutet auch, dass du von Gott eine Gabe geschenkt bekommen hast.
Vielleicht kennst du diese Gabe noch nicht, und es überrascht dich jetzt vielleicht, wenn ich das so formuliere, weil du dich gar nicht als den oder die Begabte gesehen hast. Trotzdem bist du begabt. Bitte nimm das mit.
Und wenn du das nicht vergessen möchtest, dann lerne den Vers auswendig. Noch einmal: „Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes.“
Warum begabt Gott jeden Christen? Die Antwort lautet: Weil wir gemeinsam einen Auftrag haben.
Ich möchte mit euch diesen Auftrag im Johannesevangelium anschauen, und zwar in Kapitel 20. Das ist am Ende des Johannesevangeliums, nach der Auferstehung.
Der Auferstandene erscheint den Jüngern. Dann heißt es in Johannes 20, Vers 21: Jesus sprach nun wieder zu ihnen: „Friede sei mit euch! Wie der Vater mich ausgesandt hat, so sende ich auch euch.“
Wie der Vater mich ausgesandt hat – der Vater im Himmel sendet den Sohn auf die Erde. Und der Sohn startet, wenn man es etwas vereinfacht ausdrücken möchte, ein Missionsprojekt. Er beginnt mit der Idee, Menschen aus Gnade durch Glauben zu retten – durch den Glauben an den Messias, durch den Glauben an das Kreuz und an das, was dort geschehen ist.
Dieser Auftrag, mit dem der Vater den Sohn in die Welt schickt, um die Welt zu retten und das Verlorene aus der Verlorenheit herauszureißen, wird nun vom Herrn Jesus an uns weitergegeben. Der Herr Jesus ist – wenn man so will – der Anfang. Er hat das Projekt gestartet und ist der große Projektleiter im Hintergrund.
Aber wir sind diejenigen, die dieses Projekt, das er begonnen hat, jetzt auf der Erde vorantreiben müssen. Deshalb sind wir noch hier. Wir könnten ja auch schon längst weg sein, sind es aber nicht. Wir sind die Fortsetzung dessen, was ihr im Neuen Testament lest. Das Neue Testament ist der Startschuss, und wir sind die, die jetzt im Auftrag Gottes unterwegs sind, um den Auftrag, den der Vater dem Sohn gegeben hat, in die ganze Welt hinauszutragen.
Der Herr Jesus konnte tatsächlich nur ein ganz kleines Gebiet erreichen. Manchmal sind wir vielleicht ein bisschen verblüfft, wenn wir hören, wie die syrophenitische Frau kommt und sagt: „Rette meine Tochter!“ Und er antwortet: „Hm, du bist gar nicht die Zielgruppe. Ich bin hier für das Haus Israel gekommen, du bist eigentlich schon zu weit weg.“ Trotzdem hilft er ihr. Aber wir merken, der Fokus des Messias liegt auf einem kleinen Fleck, einem kleinen Volk, das nicht groß ist.
Doch der Herr Jesus weiß: An diesem kleinen Fleck, in diesem kleinen Volk, muss ich meinen Auftrag erfüllen. Dann nehme ich diesen Auftrag, gebe ihn weiter und multipliziere ihn. Jetzt wird es spannend: Der Herr Jesus geht zum Vater zurück. Die Multiplikation des Auftrags geschieht dadurch, dass der Sohn zum Vater zurückkehrt (Himmelfahrt) und dass auf der Erde der Leib Christi entsteht.
Aber nicht mehr der Leib Christi zum Anfassen, so wie es war, als der Herr Jesus hier auf der Erde war, sondern der Leib Christi in Form von vielen einzelnen Menschen. Diese Menschen wirken als einzelne kleine Zellen, als Glieder zusammen und bringen den Auftrag, den der Herr Jesus angefangen hat, gemeinschaftlich in dieser Welt zu Ende.
Auf dieser Erde gibt es den Leib Christi, und zwar überall dort, wo Gemeinde ist. Wir wissen, dass der Leib Christi der Tempel Gottes ist. Ich hatte bereits gesagt, warum Gott Menschen begabt. Die Antwort lautet: um einen Tempel zu bauen.
Nun stellt sich die Frage, warum er jeden Christen begabt. Ihr merkt schon, die Antwort führt dahin, dass wir denselben Auftrag haben, nämlich gemeinsam den Tempel Gottes zu bauen.
Gehen wir einen Schritt zurück. Der Herr Jesus konnte zu Recht sagen: „Ich beziehungsweise mein Körper ist der Tempel Gottes.“ Das lesen wir im Johannes-Evangelium, Kapitel 2. Schlagen wir das kurz auf: Johannes 2,19-21.
Das ist die erste Tempelreinigung, eine Kritik an Jesus und seine Antwort darauf. Dort heißt es: „Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten.“ Da sprachen die Juden: „Sechsundvierzig Jahre ist an diesem Tempel gebaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?“ Er aber sprach von dem Tempel seines Leibes.
Mir geht es um diesen letzten Satz: Jesus spricht von dem Tempel, und dieser Tempel ist nichts anderes als sein Leib.
Wozu gibt es einen Tempel, ganz platt gesagt? Ein Tempel ist der Ort, an dem man Gott begegnet. Das ist immer so. Wenn du einen Tempel betrittst, willst du dort hineingehen, um Gott zu finden.
Ihr könnt euch vorstellen: Als der Herr Jesus auf der Erde war, gab es keinen Ort, an dem man Gott näher sein konnte, als wenn man ihm begegnete. Deshalb ist der Leib Christi der Tempel Gottes.
Ich stelle mir das oft spannend vor: Da wachen Petrus, Matthäus und die anderen morgens auf. Jesus liegt vielleicht noch und schläft einen Moment. Sie schauen ihn an – und da ist Gott im Fleisch. Man kann Gott berühren, anfassen, sagen: „Hey, wir müssen aufstehen!“ Oder man kann ihn fragen: „Was möchtest du zum Frühstück? Wie geht es dir heute?“ Man begegnet Gott.
Und dort, wo ich Gott begegne, da ist Tempel Gottes – Leib Christi, Tempel Gottes.
Jetzt wird es spannend: Dieser Tempel, der Leib Christi in seiner ursprünglichen Version, verlässt uns bei der Himmelfahrt. Das muss so sein, denn ein Mensch kann nur einen kleinen Landstrich evangelistisch erreichen.
Nun kommt die Idee: Der Leib Christi geht, aber der Herr Jesus sorgt dafür, dass an seiner Stelle der Heilige Geist kommt. Der Heilige Geist wohnt in jedem einzelnen Gläubigen und sorgt dafür, dass jeder einzelne Gläubige jetzt im übertragenen Sinn Leib Christi wird.
Lasst mich euch zeigen, dass die Gemeinde – und hier ist die Gemeinde der Gläubigen gemeint, also nicht die Kirche in irgendeiner organisierten Form, darum geht es überhaupt nicht – die Summe der Menschen ist, die gläubig sind. Das heißt, sie tragen den Geist Gottes, sind wirklich an das Evangelium geglaubt und Jesus ist Herr in ihrem Leben geworden.
Und diese Gemeinde ist der Leib Christi.
Wir schauen uns einige Bibelstellen dazu an. Im Epheserbrief, Kapitel 4, Vers 12, geht es um unterschiedliche Gaben und den Zweck, warum diese Gaben der Gemeinde gegeben wurden. Ich möchte jetzt nur diesen einen Vers lesen:
„Es gibt die Gaben, Vers 12, zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi.“
Wir merken: Die Heiligen, das sind wir, die Gläubigen. Wir sind der Leib Christi. Das ist spannend, oder? Allein die Formulierung ist interessant: Wir sind der Leib Christi. Einerseits ist der Leib Christi im Himmel, aber hier ist er auch auf der Erde. Du bist Teil davon.
Noch deutlicher wird das vielleicht im Kolosserbrief. Ich möchte Kolosserbrief Kapitel 1, die Verse 18 und 24 lesen, denn auch dort findet sich diese Gleichsetzung. Es geht mir darum, dass ihr seht: Wir sind als Gemeinde der Leib Christi.
In Kolosser 1, Vers 18 heißt es: „Der Herr Jesus ist ...“ Vers 18: „... und er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde.“ Also auch hier wieder der Leib. Er meint natürlich den Leib Christi, und der Leib ist die Gemeinde.
Vers 24 schreibt Paulus etwas darüber, warum er kein Problem mit Leid hat. Er sagt: „Jetzt freue ich mich in den Leiden für euch und ergänze in meinem Fleisch, was noch aussteht von den Drangsalen des Christus für seinen Leib.“ Das ist die Gemeinde.
Wenn wir heute darüber nachdenken, wo der Leib Christi ist, dann ist er einerseits im Himmel. Dort sitzt ein verherrlichter Mensch. Aber dieser verherrlichte Mensch hat entschieden, auf der Erde Hände und Füße und Augen zu haben – vielleicht auch einen Blinddarm, eine Leber und eine Milz. Ganz viele Glieder, die vom Himmel her orchestriert werden, um das zu vollbringen, was er ursprünglich als Aufgabe hatte. Er soll es auf dieser Erde zu Ende bringen.
„Der Vater hat mich gesandt, ich sende euch.“ Und wir sind jetzt nicht einfach losgesandt worden und wissen nicht so genau, wie wir das schaffen sollen. Nein, wir sind losgesandt, weil wir den Heiligen Geist haben. Wir sind aus Ängsten befreit und mit Christus im Himmel verbunden.
Wir sind sein Leib. Anders ausgedrückt: Alles, was der Herr Jesus auf dieser Erde tun möchte, geschieht durch uns.
Fragt mich bitte nicht, warum er diesen Weg gewählt hat. Ich bin immer wieder erstaunt, dass Gott die Gemeinde erwählt hat, um diese Welt mit dem Evangelium zu erreichen. Ich finde das merkwürdig. Ich kann es ein bisschen erklären, aber nur ein bisschen. Ich weiß nicht, ob ich nicht eher Engel ins Rennen geschickt hätte oder gleich nur... Also keine Ahnung.
Aber Gott hat sich gedacht: Ich nehme Menschen, ich begabe Menschen und ich schließe Menschen zusammen zu einem großen Organismus, der der Leib Christi ist. Die Aufgabe dieser Menschen ist es jetzt – ich hatte ja gefragt, warum jeder Christ begabt ist – dass wir zusammenziehen, weil Gott uns begabt hat, damit ein Tempel gebaut wird.
Wenn Gott uns begabt, dann scheint es so zu sein, dass wir zusammengenommen nicht einfach nur der Leib Christi sind, um die Aufgabe voranzutreiben, mit der der Herr Jesus hier auf die Erde kam. Dann sind wir eben auch Tempel.
Du bist begabt im Leib Christi, weil Gott durch dich den Tempel Gottes bauen möchte.
Bei Bezalel ist das völlig klar. Man steht davor und denkt sich: Jetzt müssen wir also eine Stiftshütte bauen. Das hat ja noch keiner vorher gemacht. Es gibt keine Ikea-Anleitung oder so einen Sechskant-Schlüssel. Man muss das alles irgendwie von Grund auf neu aufbauen.
Du bekommst einen Haufen Holz, einen Haufen Edelsteine, ein bisschen Gold, Silber und Bronze. Und dann braucht es jemanden, der sagt: Ich weiß, wie es geht. Das ist Bezalel. Er setzt sich hin und baut. Am Ende entsteht eine Stiftshütte – ein Heiligtum, das ideal auf die Bedürfnisse der Wüstenwanderung abgestimmt ist. Ein Ding, das man auseinandernehmen und wieder zusammensetzen kann. Das funktionierte super.
Jetzt möchte Gott eigentlich genau das Gleiche noch einmal. Er möchte einen Tempel, der ideal ist, aber nicht für die Wüstenwanderung, sondern für die Evangelisation der ganzen Welt. Der Auftrag ist vielleicht ein bisschen anders, aber die Idee dahinter ist dieselbe: Ich will einen Tempel.
Dieser Tempel entsteht dadurch, dass Gott eine Gemeinschaft erschafft. Diese Gemeinschaft bildet jetzt den Tempel. Das ist total spannend, wenn man das zum ersten Mal versteht. Jeder von euch ist Teil dieses Tempels. Wir sind lebendige Steine, würde Petrus sagen.
Ich zeige euch mal, wo wir das in der Bibel finden, dass die Gemeinde wirklich der Tempel Gottes ist. Es gibt einen Tempel auf dieser Erde. Er ist aber kein Bauwerk, in das man einfach hineingeht und sagt: So, hier ist jetzt die Akropolis, und jetzt habe ich den Tempel.
Nein, es sind Menschen. Ich begegne dem Tempel Gottes, wenn ich Menschen begegne. Anders ausgedrückt: Wenn deine Arbeitskollegen im Frühstücksraum neben dir sitzen, dann begegnen sie Gott. Das klingt vielleicht ein bisschen schräg, weil du ja nicht Gott bist. Aber näher an Gott kommen sie nicht.
Wenn sie in eine kleine Kapelle gehen – und ihr habt hier ja relativ viele kleine Kapellen –, dann begegnen sie Gott nicht. Das ist einfach nur ein Raum. Auch in großen Kirchen begegnen wir Gott nicht. Das ist ebenfalls nur ein Raum.
Aber wenn deine Arbeitskollegen mit dir eine Tasse Kaffee trinken, dann begegnen sie dem Tempel Gottes. Und wenn du den Mund aufmachst, dann spricht im Idealfall Gottes Geist durch dich zu deinen Arbeitskollegen. Näher können sie Gott nicht kommen.
Aber kommen wir zurück zu der Thematik „Gemeinde als Tempel“. Wir schlagen 1. Korinther 3,16 auf. Hier geht es um den Dienst von Verantwortlichen in der Gemeinde und wie wichtig es ist, wenn man in der Gemeinde Verantwortung trägt, einen guten Job zu machen.
In 1. Korinther 3,16 heißt es: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ Dabei sind nicht die einzelnen Gläubigen gemeint, sondern die Gemeinschaft als Ganzes.
Weiter heißt es: „Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr.“ Im Zusammenhang geht es darum, wie man Gemeinde aufbaut, wie man Gemeinde gesund organisiert und wie man dafür sorgt, dass Irrlehre draußen bleibt. Ebenso wichtig ist, dass Geschwister ermutigt werden und geistlich wachsen.
Es geht auch darum, wie unterschiedliche Dienste – in diesem Fall Paulus und Apollos – zusammenwirken müssen, damit das geschieht.
Die Begründung, warum wir uns besonders um dieses Thema kümmern müssen und warum es einen höheren Stellenwert hat als beispielsweise die Einkommenssteuererklärung, ist ganz einfach: An dieser Stelle geht es um etwas, das Gott besonders am Herzen liegt, nämlich den Tempel Gottes.
2. Korinther 6,16. Im Zusammenhang geht es darum, wie eng man mit Menschen zusammenarbeiten soll, die nicht gläubig sind.
Es heißt dort: „Und welchen Zusammenhang hat der Tempel Gottes mit Götzenbildern?“ Die Antwort ist natürlich: gar keinen. Das ist logisch, denn wir sind der Tempel des lebendigen Gottes. Wie Gott gesagt hat: „Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein.“
Versteht ihr? Wir sind der Tempel des lebendigen Gottes. Warum? Weil Gott unter uns wandelt, weil er da ist. Er ist in dir und in mir. Gott ist in uns.
Dort, wo Gott ist, begegnen wir dem lebendigen Gott. Dort findet der Tempel Gottes statt (Epheser 2).
Epheser 2,20-22: Der Apostel schreibt, dass ihr auf der Grundlage der Apostel und Propheten aufgebaut seid, wobei Christus Jesus selbst der Eckstein ist. In ihm wird der ganze Bau zusammengefügt und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn.
Wir erkennen also, dass wir als Gemeinschaft ein heiliger Tempel sind. Und in ihm werdet auch ihr mit aufgebaut zu einer Behausung Gottes im Geist. Ist das nicht großartig? Wir sind Tempel, und du bist Teil dieses Tempels. Der Eckstein, das Fundament, ist Christus.
Damit haben wir nichts zu tun, aber auf diesem Eckstein, auf der Grundlage, die durch alttestamentliche Propheten und neutestamentliche Apostel gelegt wurde, entsteht jetzt der Tempel. Mit jedem einzelnen Gläubigen, der dazukommt, wird ein Stück angebaut. Es wird immer größer und funktionaler. Es kann immer mehr geschehen, weil mehr Menschen, mehr Begabungen und sich ergänzende Qualitäten vorhanden sind.
1. Timotheus 3,15 behandelt die Schreibabsicht des Ersten Timotheusbriefes. Paulus sagt dort, dass es sein kann, dass er nicht sofort kommt, obwohl er gern käme. Wenn er aber zögert, möchte er, dass du weißt, wie man sich im Haus Gottes verhalten muss. Das Haus Gottes ist einfach ein anderer Begriff für Tempel, nämlich das Haus Gottes, die Gemeinde des lebendigen Gottes. Also wieder dieser Gedanke: Wir als Gemeinde sind Tempel.
Nun möchte ich die Gedanken kurz zusammenfassen. Ich hatte am Anfang die Frage gestellt: Warum begabt Gott überhaupt Menschen? Wenn man sich anschaut, wo das Thema Begabung in der Bibel zum ersten Mal ausführlich behandelt wird, bei Bezalel, dann geht es dort darum, dass Gott Menschen begabt, weil er einen Tempel bauen möchte.
Die nächste Frage, ausgehend von 1. Petrus 4,10: Dort steht, dass jeder eine Gnadengabe hat. Warum macht Gott das? Warum dieser große Unterschied? Im Alten Testament reicht es manchmal, dass ab und zu jemand begabt ist, projektbezogen. Warum jetzt plötzlich alle?
Die Antwort lautet: Weil wir alle gebraucht werden. Aber noch mehr: Wir werden alle gebraucht, um an demselben Projekt mitzuarbeiten – dem Tempel Gottes. Und dieser Tempel Gottes wird gebraucht, weil wir den Auftrag, den der Herr Jesus vom Vater bekommen hat, in die Welt hinaustragen sollen. Das ist die Idee dahinter.
Das war erst einmal ein Zwischenfazit. Jetzt wissen wir, warum Gott begabt und warum jeder von uns begabt ist.
Nun möchte ich eine kleine Illustration wagen: Meine Frau geht gerne wandern. Deshalb sind wir wandern gegangen. Ich liebe meine Frau, und weil ich sie liebe, gehe ich mit ihr wandern.
Meine Frau hat gerade eine Vorliebe für apologetische Videos für Jugendliche. Sie träumt davon, dass im nächsten Jahr oder eineinhalb Jahren hundert kleine Videos entstehen, die Jugendlichen theologische Fragen erklären, die ihnen auf der Seele liegen. Apologetik ist die Lehre von der Verteidigung des Glaubens – kleine Videos, die Antworten geben.
Ich liebe meine Frau. Was mache ich? Ich mache bei dem Projekt mit. Warum? Weil ich meine Frau liebe. Was ich zeigen möchte: Immer wenn meiner Frau etwas wichtig ist, werde ich, einfach weil ich sie liebe, an diesem Projekt mitarbeiten. Und ich werde das auch tun, selbst wenn ich eigentlich schon andere Pläne für dieses Jahr habe. Ich werde trotzdem versuchen, mit der Kraft, die da ist, meine Frau zu unterstützen.
Wenn ich liebe, dann liebe ich das, was meiner Frau wichtig ist. Das ist logisch und nachvollziehbar. Das ist einfache Theologie.
Nun gehen wir einen Schritt weiter: Wie ist das bei der Gemeinde? Die Gemeinde ist tatsächlich das Herzensanliegen des Herrn Jesus. Ich lese euch zwei Verse aus dem Epheserbrief vor, Epheser 5,25 und 29.
Epheser 5,25 lautet: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat.“ Hoffentlich haben das viele Männer bereits auswendig gelernt.
Ich möchte euch zeigen, dass die Gemeinde als Konzept ein Herzensanliegen des Herrn Jesus ist. Ich sagte vorher: Wenn ich meine Frau liebe, werde ich das unterstützen, was ihr Herzensanliegen ist.
Der Herr Jesus hat die Gemeinde so sehr geliebt, dass er für sie gestorben ist. Und es blieb nicht dabei. In Vers 29 lesen wir: „Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde.“
Der Herr Jesus ist nicht einfach irgendwann für die Gemeinde gestorben und hat dann gesagt: „So, das war genug Anstrengung, das reicht, tschüss, wir sehen uns am Ende der Zeit im Himmel.“ Das war nicht sein Konzept.
Sein Konzept war: „Ich sterbe für die Gemeinde, ich gebe mich komplett hin, und nachdem dieser erste Schritt getan ist, werde ich weiterhin dafür sorgen, dass die Gemeinde wächst, gedeiht und alles hat, was sie braucht. Er nährt und pflegt die Gemeinde.“
Die Gemeinde ist Herzensanliegen Gottes und des Herrn Jesus. Das bedeutet: Mein persönlicher Umgang mit Gemeinde spiegelt meine Liebe zum Herrn Jesus wider.
Ich hoffe, ihr versteht den Zusammenhang. Meine Liebe zu meiner Frau wird dadurch sichtbar, dass mir wichtig wird, was ihr wichtig ist. Übertragen auf den Herrn Jesus heißt das: Meine Liebe zu ihm wird sichtbar, indem mir wichtig wird, was ihm wichtig ist. Und der Text zeigt mir, dass ihm die Gemeinde unglaublich wichtig ist.
Deshalb spiegelt sich meine Liebe zum Herrn Jesus in meiner Liebe zur Gemeinde wider.
Kehren wir zurück zu 1. Petrus 4,10. Vielleicht habt ihr euch gefragt, warum ich nicht von Anfang an mit diesem Vers begonnen habe. Das hat einen Grund. 1. Petrus 4,10 ist ein ganz zentraler Vers für dieses Wochenende.
Dort heißt es: „Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes.“
Man könnte viel über diesen Vers sagen, aber ich glaube, ihr kennt ihn schon. Ich möchte euch an dieser Stelle fragen: Wie hört ihr diesen Vers?
Ich lese ihn noch einmal vor: „Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes.“
Man kann diesen Vers auf zweierlei Weise hören. Die eine Weise, die ich hoffe, ihr hört nicht so, ist die, in der man denkt: „Oh nein, jetzt kommt wieder so ein Prediger mit einem Gebot, das mir noch eine zusätzliche Last auf die Schulter legt. Ich habe doch schon genug zu tun, und jetzt soll ich auch noch in der Gemeinde dienen.“
Das ist eine Möglichkeit, diesen Vers zu hören.
Ich bin aber bewusst über das Thema Liebe, Tempel und Berufung eingestiegen, weil ich mir wünsche, dass ihr diesen Vers anders hört. Ich wünsche mir, dass wir verstehen, dass ich von Gott begabt bin und dass ich mit meinen Gaben, egal welche, Gottes Geschenk an seinen Leib, an die Geschwister um mich herum bin.
Ich möchte, dass du diesen Vers liest und denkst: „Ich bin Geschenk Gottes.“ Ich weiß nicht, ob du das glauben kannst, aber jetzt wäre die Zeit, damit anzufangen. Ich bin Geschenk Gottes an die Geschwister.
Der Herr Jesus liebt die Gemeinde. Er bezeichnet sie als seine Braut. Er möchte sie nähren und pflegen. Und du bist Nahrung und Pflege – verstehst du? Du bist es!
Durch dich möchte der Herr Jesus die Geschwister beschenken.
Ich wünsche mir, dass wir diesen Vers nicht als Druck, Last oder Gebot hören, sondern dass wir ein bisschen stolz werden und sagen: „Hey, der Geist Gottes wohnt in mir, und Gott hat mich begabt.“
Überlege mal: Gott hat sich im Blick auf dich hingesetzt und überlegt, was diese Gemeinde noch braucht, wen er vor sich hat und wie er den Einzelnen begabt, damit diese kleine Gemeinde, die hier zusammenkommt, als Team funktioniert und gemeinsam den Auftrag lebt, in diesem Umfeld Reich Gottes zu bauen, das Evangelium zu verkündigen und Menschen zu Jüngern Jesu zu machen.
Gott denkt darüber nach, wie du deinen Beitrag leisten kannst. Ist das nicht beeindruckend?
Und jetzt sagt Gott einfach: „Hey, vergiss das nicht, du bist mein Geschenk an die Gemeinde und durch die Gemeinde an die Welt ringsherum.“
Ich möchte diesen Gedanken mit euch teilen, indem wir kurz in den 1. Korintherbrief einsteigen. Ich hatte gesagt, die Gemeinde ist Gottes Tempel, und wir sind berufen, diese Welt mit dem Evangelium zu erreichen.
Bevor wir 1. Korinther 12 anschauen, ein wichtiger Aspekt: Es gibt keinen Plan B. Entweder machen wir den Job, oder es ist vorbei. Wenn wir ihn nicht machen oder schlecht machen, wird Gott keine Engel losschicken, die Traktate verteilen, offene Abende organisieren oder evangelistische Hauskreise einrichten. Das wird nicht passieren.
Schauen wir uns 1. Korinther 12 an. Gottes Idee ist es, ein Team zusammenzustellen.
Ich lese den ersten Vers und springe dann ein wenig, aber ihr werdet folgen können.
1. Korinther 12,1: „Was aber die geistlichen Gaben betrifft, Brüder und Schwestern, so will ich nicht, dass ihr ohne Kenntnis seid.“
Das Kapitel handelt von Geistesgaben, von der Begabung, die jeder einzelne hat. Paulus möchte, dass die Geschwister zentrale Dinge zu diesem Thema verstehen.
Verse 4-7: „Es gibt aber Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist; und es gibt Verschiedenheiten von Diensten, aber es ist derselbe Herr; und es gibt Verschiedenheiten von Wirkungen, aber es ist derselbe Gott, der alles in allen wirkt.“
Hier werden verschiedene Begriffe für Gnadengaben verwendet. Warum das so ist und wie weit der Begriff Begabung unter der Überschrift Gnadengabe, also von Gott geschenkte oder vom Heiligen Geist geheiligte Begabungen, gefasst werden muss, behandeln wir morgen.
Hier möchte ich nur weiterlesen: „Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben.“
Bitte habt das im Blick: „Zum Nutzen.“ Das bedeutet, du sollst deine Gabe nicht für dich behalten, sondern anwenden. Wenn etwas nützlich ist, wird es nur dadurch nützlich, dass du etwas damit machst.
Solange du nichts damit tust, ist es zwar schön, eine Gabe zu haben, aber für niemanden nützlich.
Jede Gabe, jeder Dienst, jede Wirkung, die Gott in die Gemeinde hineinsteckt, ist gegeben, damit wir damit miteinander dienen.
Wir haben den Auftrag, wir sind ein Team.
Nun zur Frage: Wie wirken wir als Team zusammen?
Vers 11: „Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist und teilt jedem besonders aus, wie er will.“
Paulus merkt an, dass Begabungen, die Gott gibt, nicht ein Wunschkonzert sind, sondern Gott gibt, wie er will.
Das heißt nicht, dass du nicht für Gaben beten darfst. Paulus spricht in 1. Korinther 14 davon, dass der, der in Zungen spricht, dafür beten soll, dass er auch auslegt, um der Gemeinde besser zu dienen.
Du darfst für Gnadengaben beten. Aber grundsätzlich gilt: Wenn du mit deinem Christsein startest und feststellst, dass du begabt bist, wird Gott wissen, was er dir gegeben hat, denn du bist sein Geschenk an die Gemeinde.
Du musst dir keine Sorgen machen. Der Geist gibt, wie er will.
Dann heißt es: „Denn wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, so sind wir alle, obwohl viele, ein Leib in Christus.“
Christus, die Person Jesu Christi, hat jetzt einen Leib auf der Erde. Wie ein normaler Körper aus unterschiedlichen Organen zusammengesetzt ist, so ist es auch mit der Gemeinde.
Vers 13: „Denn in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden.“
Das verbindende Element ist der Geist.
Jetzt wird es spannend: „Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.“
Es gibt einen Geist, den wir alle teilen, aber unterschiedliche Funktionen. Der Geist gibt dem einen das, dem anderen das, dem Dritten das und dem Vierten das. Zusammen funktioniert das, zusammen sind wir ein Leib.
Wenn wir uns den Leib anschauen, wird deutlich: Jeder wird gebraucht. Das ist ein wichtiger Punkt.
Verse 15-18: „Wenn der Fuß spräche: Weil ich nicht Hand bin, gehöre ich nicht zum Leib, gehört er deswegen nicht zum Leib? Doch, natürlich gehört er dazu.“
Stell dir vor, dein Fuß hätte den Mund und würde sagen: „Ich gehöre nicht dazu, weil ich keine Hand bin.“ Du würdest sagen: „Entschuldigung, Fuß, natürlich gehörst du dazu, du bist eben Fuß.“
Das ist ziemlich simpel.
Wenn das Ohr spräche: „Weil ich nicht Auge bin, gehöre ich nicht zum Leib“, gehört es deswegen nicht zum Leib? Natürlich gehört es dazu.
Andersherum: Stell dir vor, der ganze Leib wäre Auge. Wo wäre dann das Gehör? Wenn der ganze Leib Gehör wäre, wo wäre der Geruch?
Stell dir vor, du hast vor dir ein überdimensionales Auge, ohne Füße, Arme oder Nase, nur ein großes Auge. Damit kannst du nichts anfangen.
Wir brauchen einfach alles.
Ganz einfache Theologie: Jeder wird auf seine Weise gebraucht.
Der zweite Punkt ist, dass keiner von dem anderen unabhängig ist.
Oder eigentlich ist das schon der dritte Punkt.
Der erste ist: Der Geist gibt, wie er will.
Der zweite: Wir alle werden gebraucht.
Der dritte: Keiner ist unabhängig oder autark.
Verse 19-21: „Wenn aber alles ein Glied wäre, wo wäre der Leib? Nun aber sind zwar viele Glieder, aber ein Leib. Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht. Oder das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht.“
Das kann niemand sagen. Versteht ihr? Es geht nicht.
Keiner kann sagen: „Lasst mich alle in Ruhe, ich brauche euch nicht, ich komme gut alleine klar.“ Das stimmt einfach nicht.
Wir brauchen einander, und zwar sehr dringend.
Ich bin nicht unabhängig von dem, was andere Geschwister haben und mir geben können.
Und übrigens geht es in der Gemeinde noch einen Schritt weiter.
Wir sind nicht nur grundsätzlich voneinander abhängig, sondern wir brauchen sogar die Schwachen ganz besonders.
Das ist ein ungewöhnlicher Gedanke, der in unserer Zeit, besonders in Deutschland mit seinem Hang zum Perfektionismus, Fleiß und Effektivität, kaum mehr vermittelbar ist.
Aber das Evangelium ist eine Botschaft für Schwache.
Ist uns das eigentlich noch klar?
Die Gemeinde sollte eigentlich keine Gemeinde der Starken sein, sondern der Schwachen.
Das Evangelium ist eine Botschaft für die Armen.
Deshalb kann eine Gemeinde sich nur dann als Gemeinde Jesu Christi bezeichnen, wenn sie es schafft, die Schwachen mit ihren Begabungen einzubeziehen.
Wir tun oft so, als ob wir nur die Leute brauchen, die alles können, die ein tolles Profil haben und überall einsetzbar sind. Das sind die Leute, die die Welt sucht.
Aber die Gemeinde sagt: Nein, wir sind eine Gemeinschaft, in der jeder gebraucht wird, keiner autark ist und besonders die, die in der Gesellschaft durchs Raster fallen, ihren Platz finden.
Wenn euch das nicht gelingt, seid ihr nicht Gemeinde Jesu Christi. Dann seid ihr vielleicht ein gut organisierter Haufen.
Und wenn man genug Geld hat, kann man mit Angestellten die Sache am Laufen halten. Aber das ist nicht Gemeinde Jesu Christi.
Ich zeige euch das am Text.
Vers 22: „Sondern gerade die Glieder des Leibes, die schwächer zu sein scheinen, sind es nicht. Die uns die weniger Ehrbaren am Leib zu sein scheinen, umgeben wir mit reichlicherer Ehre, und unsere Nichtanständigen haben größere Wohlanständigkeit.“
Das Bild des Leibes betrachtet hier auch die „Nichtanständigen“. Das sind die Fortpflanzungsorgane, die in jeder Kultur verborgen gehalten werden.
So gibt es auch Leute in der Gemeinde, die auf den ersten Blick nicht geeignet erscheinen.
Gott sagt: Macht euch als Gemeinde Gedanken über die Menschen, die in der Gesellschaft wenig gelten, und sorgt dafür, dass sie in der Gemeinde besonders unterstützt und herausgestellt werden.
Sorgt dafür, dass ihre Begabung und ihr Dienst nicht unter den Tisch fallen.
Dass sie nicht den Eindruck haben: Draußen will mich keiner, und in der Gemeinde anscheinend auch nicht.
Wir sind eine Gemeinschaft, in der jeder begabt ist.
Das zeigt sich besonders daran, dass wir auf die achten, die in der Gesellschaft einen schwereren Stand haben.
Wir dürfen in der Gemeinde nicht die gesellschaftliche Hierarchie abbilden, mit Machern und den Gemachten.
Wir sind ein Team.
Gott begabt alle, und alle werden gebraucht.
Wir müssen es schaffen, dass alle mit ihren Gaben dienen, damit Kirche wirklich eine Rettungsstation für Hoffnungslose wird und nicht ein Club von Besserverdienenden.
Vers 27: „Ihr aber seid Christi Leib und einzeln genommen Glieder.“
Nehmt diesen Gedanken mit: Wir sind ein Team.
Das Bild ist der Körper.
Im Körper sucht sich das einzelne Organ nicht aus, was es wird. Es entwickelt sich einfach.
So ist es auch hier.
Der Geist Gottes begabt dich, ohne dich zu fragen.
Dann gilt: Jeder wird gebraucht, keiner kann auf die anderen verzichten.
Und die, die schwach zu sein scheinen, die man vielleicht nicht braucht, sind besonders wichtig.
Deren Gaben fallen am leichtesten unter den Tisch.
Wenn jemand denkt, „mich braucht keiner“, dann fehlen in der Gemeinde genau diese Gaben.
Damit wird die Gemeinde als Team nicht mehr leistungsfähig.
Bitte vergesst nicht: Gott hat sich diese Idee ausgedacht, die Welt durch einen Tempel zu erreichen – einen weltweiten Tempel.
Wir könnten andere Bilder benutzen, aber ich bleibe beim Tempelgedanken.
Ungläubige Menschen begegnen dir und damit dem Tempel Gottes und somit Gott.
Die Frage ist: Wie schaffen wir es, eine Welt zu erreichen?
Die Antwort lautet: Nur zusammen.
Deshalb fasse ich zum Schluss die wichtigsten Punkte zusammen:
Jeder von uns ist begabt.
Jeder von uns ist begabt, weil wir dazu berufen sind, Gottes Tempel zu bauen.
Ich möchte noch eine Stelle aus dem 1. Petrusbrief anführen, die schön ist, wenn man Verse auswendig lernen möchte.
1. Petrus 2,5: „Lasst euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus.“
Wenn du verstanden hast, dass du so ein Stein im Tempel Gottes bist, musst du natürlich auch an die richtige Stelle.
Es hilft nichts, wenn ein Haufen Steine einfach nur irgendwo herumliegt.
Das ist noch kein Tempel.
Wenn Gott dich mit der Bekehrung dahinwirft und sagt: „Such dir deinen Platz“, dann liegt es an dir, diesen Platz zu finden.
Vielleicht bist du über einem Fenster, einem Querbalken, dann musst du schauen, wie du da reinpasst.
Du hast andere Steine um dich herum, es kann eng werden und unangenehm.
Der zweite Punkt: Gaben einzusetzen heißt, das zu lieben, was der Herr Jesus liebt.
Indem ich mich einbauen lasse und schaue, womit Gott die Gemeinde durch mich beschenken will, liebe ich den Herrn Jesus.
Wenn ich bereit bin, mich trotz Widerständen mit meinen Gaben in die Gemeinde einzubringen, ist das wahrscheinlich der größte Liebesbeweis, den du in einer Zeit von Individualismus und Eigenwillen dem Herrn Jesus bringen kannst.
Ich weiß nicht, ob dir das klar ist.
Heute wird die einfache Ortsgemeinde kaum noch geschätzt.
Ich sehe diese Entwicklung seit etwa zwanzig, dreißig Jahren.
Die Ortsgemeinde ist oft ein Haufen von Chaoten, in den man sich verbindlich einfügen muss.
Das Bild vom Stein, der sich schubbert und reibt, ist nicht immer angenehm.
Es kann eng, warm und kratzig sein.
Aber du gehörst da hin, weil Gott dich berufen hat, diesen Haufen von Chaoten mit deinen Gaben zu beschenken.
Und weil Gott dich berufen hat, dich von ihnen beschenken zu lassen.
Ich mag nicht immer verstehen, dass ich die anderen brauche.
Wenn du ein Alphatierchen bist, wie ich es bin, musst du dir das manchmal sagen: „Du brauchst die anderen.“
Es gibt die Versuchung zu sagen: „Das geht doch ohne.“
Nein, das geht nicht.
Ich brauche die anderen, und die anderen brauchen mich.
Sich darauf bewusst einzulassen, auch wenn es Zeit, Nerven und Geld kostet, bedeutet: Ich liebe den Herrn Jesus und beweise ihm meine Liebe, indem ich das liebe, was er liebt.
Das ist der Punkt, auf den es heute ankam.
Der dritte Punkt: Wir tun diesen Dienst in der Gemeinde als Teil eines Teams.
Das Team funktioniert nur, wenn jeder fröhlich, fleißig und treu mit den Gaben dient, die Gott ihm gegeben hat.
Mir war wichtig zu sagen: Der Geist gibt, wie er will.
Jeder wird gebraucht.
Keiner schafft es allein.
Die Schwachen sind besonders wichtig.
Wenn jemand aussteigt und nicht mitmacht, kann das, was er nicht tut, in der Qualität, wie er berufen ist, von keinem anderen ersetzt werden.
Dann wird unser Dienst als Gemeinde, als Tempel Gottes in dieser Welt, als Leib Christi, der den Auftrag des Herrn Jesus, die Welt mit dem Evangelium zu erreichen, fortsetzt, nicht in der Qualität erfüllt werden, wie Gott es sich ursprünglich gedacht hat.
Amen.
Wir sind Tempel, und nun möchte ich die Gedanken kurz zusammenfassen.
Am Anfang habe ich die Frage gestellt: Warum begabt Gott überhaupt Menschen? Wenn man sich anschaut, wo dieses Thema der Begabung in der Bibel zum ersten Mal ausführlich behandelt wird, nämlich bei Bezalel, dann geht es an dieser Stelle darum, dass Gott Menschen begabt, weil er einen Tempel bauen möchte.
Die nächste Frage ergibt sich aus 1. Petrus 4,10: Dort steht, dass jeder eine Gnadengabe hat. Warum macht Gott das? Warum dieser große Unterschied? Im Alten Testament reicht es scheinbar aus, dass ab und zu mal jemand begabt ist – etwa projektbezogen, je nachdem, was gerade gebraucht wird. Warum aber sind jetzt plötzlich alle begabt?
Die Antwort lautet: Weil wir alle gebraucht werden. Noch mehr: Wir werden alle gebraucht, um gemeinsam an demselben Projekt mitzuarbeiten – dem Tempel Gottes.
Dieser Tempel Gottes wiederum ist wichtig, weil wir den Auftrag, den der Herr Jesus vom Vater bekommen hat, in die Welt hinaustragen sollen. Das ist die Idee dahinter.
So viel erst einmal.
Jetzt, das ist sowieso ein Zwischenfazit. Wir wissen jetzt, warum Gott begabt und warum jeder von uns begabt ist.
Ich möchte eine kleine Illustration wagen. Meine Frau geht gerne wandern. Deswegen sind wir wandern gegangen. Will sagen: Ich liebe meine Frau, und weil ich sie liebe, gehe ich mit ihr wandern.
Meine Frau hat gerade eine Vorliebe für apologetische Videos für Jugendliche. Sie träumt davon, dass im nächsten Jahr oder anderthalb Jahren hundert kleine Videos entstehen, in denen man Jugendlichen theologische Fragen erklärt, die ihnen möglicherweise Schwierigkeiten bereiten.
Apologetik ist die Lehre von der Verteidigung des Glaubens. Diese kleinen apologetischen Videos sollen Jugendlichen Antworten geben.
Ich liebe meine Frau. Was mache ich? Ich mache bei dem Projekt mit. Warum? Weil ich meine Frau liebe.
Was ich euch zeigen möchte, ist Folgendes: Immer dann, wenn meiner Frau etwas wichtig ist, wenn sie etwas schätzt, arbeite ich einfach deshalb an diesem Projekt mit – nur weil ich sie liebe.
Und ich werde das auch tun, selbst wenn ich sage: „Na ja, ich habe für dieses Jahr eigentlich schon etwas geplant. Das heißt nicht, dass ich nicht wüsste, wie ich meine Zeit sonst verbringen sollte.“ Trotzdem werde ich versuchen, mit der Kraft, die mir zur Verfügung steht, meine Frau zu unterstützen.
Wenn ich liebe, dann liebe ich nämlich auch das, was meine Frau liebt. Das ist irgendwie logisch, oder? Ich glaube, das kann jeder nachvollziehen. Das ist ganz simple Theologie.
Jetzt gehen wir einen Schritt weiter. Wie ist das bei der Gemeinde? Gemeinde ist tatsächlich das Herzensanliegen des Herrn Jesus.
Lasst mich euch zwei Verse aus dem Epheserbrief vorlesen, Epheser 5,25 und 5,29. Den Vers 25 haben wahrscheinlich oder hoffentlich alle Männer schon auswendig gelernt, denn er beginnt mit: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat.“
Wie gesagt, ich möchte euch zeigen, dass Gemeinde als Konzept ein Herzensanliegen von dem Herrn Jesus ist. Ich habe euch vorher gesagt: Wenn ich meine Frau liebe, werde ich das, was ihr ein Herzensanliegen ist, unterstützen. Der Herr Jesus hat die Gemeinde so sehr geliebt, dass er für sie gestorben ist.
Doch es ist nicht dabei stehen geblieben. In Vers 29 lesen wir: „Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde.“
Das bedeutet, der Herr Jesus ist nicht irgendwann einmal für die Gemeinde gestorben und hat dann gesagt: „So, das war jetzt genug Anstrengung, das reicht, und tschüss. Ja, wir sehen uns dann am Ende der Zeit wieder im Himmel, habt Spaß.“ Das war nicht sein Konzept.
Sein Konzept war: „Ich sterbe für die Gemeinde, ich gebe mich komplett hin, und nachdem dieser erste Schritt getan ist, werde ich weiterhin dafür sorgen, dass die Gemeinde wächst, gedeiht und alles hat, was sie braucht. Ich nähre und pflege die Gemeinde.“
Gemeinde ist Herzensanliegen Gottes. Gemeinde ist Herzensanliegen des Herrn Jesus. Das bedeutet: Mein persönlicher Umgang mit Gemeinde spiegelt meine Liebe zum Herrn Jesus wider.
Ich hoffe, ihr versteht den Zusammenhang. Ich würde sagen, meine Liebe zu meiner Frau wird dadurch sichtbar, dass mir wichtig wird, was ihr wichtig ist. Und ich habe nichts weiter gemacht, als diese einfache Analogie zu übertragen.
Meine Liebe zum Herrn Jesus wird dadurch sichtbar, dass mir wichtig wird, was ihm wichtig ist. An diesem Text sehe ich einfach, dass ihm die Gemeinde unglaublich wichtig ist. Deshalb spiegelt sich meine Liebe zum Herrn Jesus in meiner Liebe zur Gemeinde wider.
Lasst uns zurückgehen zu 1. Petrus Kapitel 4, Vers 10. Vielleicht habt ihr euch gefragt: Es geht ja um Gaben in der Gemeinde – warum fange ich nicht von Anfang an mit diesem Vers an? Das hat einen Grund.
1. Petrus 4,10 ist natürlich ein ganz zentraler Vers für dieses Wochenende, ganz klar.
„Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als guter Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes.“
Man könnte viel über diesen Vers sagen, aber ich glaube, ihr kennt ihn schon. Deswegen möchte ich an dieser Stelle fragen: Wie hörst du diesen Vers? Ich lese ihn noch einmal vor:
„Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als guter Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes.“
Ich denke, man kann diesen Vers auf zweierlei Weise hören. Die eine Weise, von der ich hoffe, dass ihr sie nicht so hört, wäre die, wo man denkt: „Boah, jetzt kommt wieder so ein Prediger, der irgendwo ein Gebot rausholt und mir noch eine zusätzliche Last auf die Schulter legt. Ständig gibt es eine Predigt darüber, was ich alles noch machen muss, damit Gott endlich mit mir zufrieden ist.“
Man kann den Vers so hören, denn hier steht ja tatsächlich: „Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient.“ Das ist eine Aufforderung. Man kann diese Aufforderung hören und denken: „Boah, vielen Dank, ich habe eh schon genug um die Ohren und jetzt auch noch Gemeinde, okay.“ Das ist eine Möglichkeit, diesen Vers zu hören.
Ich bin aber ganz bewusst über das Thema Liebe, Tempel und Berufung eingestiegen, weil ich mir wünschen würde, dass ihr diesen Vers anders hört. Ich wünsche mir, dass wir diesen Vers so hören und verstehen, dass ich von Gott begabt bin und dass ich mit meinen Gaben – völlig egal, was das ist – Gottes Geschenk an seinen Leib, Gottes Geschenk an die Geschwister um mich herum bin.
Ich möchte, dass du diesen Vers liest und denkst: „Ich bin Geschenk Gottes.“ Ich weiß nicht, ob du das glauben kannst, aber jetzt wäre es an der Zeit, damit anzufangen. Ich bin Geschenk Gottes an die Geschwister.
Der Herr Jesus liebt die Gemeinde, er bezeichnet sie als seine Braut. Er möchte sie nähren und pflegen. Und du bist Nahrung und Pflege. Verstehst du? Du bist es! Durch dich möchte der Herr Jesus die Geschwister beschenken.
Ich wünsche mir, dass wir nicht einfach hören: „Hier ist noch ein Druck, noch eine Last, noch ein Gebot.“ Sondern dass wir ein bisschen stolz werden auf: „Hey, der Geist Gottes wohnt in mir und Gott hat mich begabt.“
Überleg mal: Gott hat sich im Blick auf dich hingesetzt und überlegt, was diese Gemeinde noch braucht, wen er da vor sich hat und wie er die einzelne Person begabt, damit diese kleine Gemeinde, die hier zusammenkommt, als Team funktioniert und miteinander den Auftrag leben kann.
In diesem Umfeld hier soll das Reich Gottes gebaut werden, das Evangelium verkündet, Menschen zu Jüngern Jesu gemacht werden. Gott setzt sich hin und denkt: „Wie kannst du deinen Beitrag dazu leisten?“ Ist das nicht der Hammer?
Und jetzt sagt Gott hier einfach nur: „Hey, vergiss das nicht, du bist mein Geschenk an die Gemeinde und durch die Gemeinde an die Welt ringsherum.“
Ich möchte euch diesen Gedanken zeigen, indem wir gemeinsam kurz in den ersten Korintherbrief eintauchen. Ich hatte gesagt, die Gemeinde ist Gottes Tempel. Wir sind dazu berufen, diese Welt mit dem Evangelium zu erreichen.
Bevor wir uns 1. Korinther 12 anschauen, ein ganz wichtiger Aspekt: Es gibt keinen Plan B. Entweder machen wir den Job, oder es ist vorbei. Wenn wir ihn nicht machen oder schlecht machen, wird Gott nicht hier irgendwelche Engel losschicken, die dann Traktate verteilen, offene Abende organisieren oder evangelistische Hauskreise einrichten. Das wird nicht passieren.
Schauen wir uns also 1. Korinther 12 an. Die Idee Gottes ist nämlich, ein Team zusammenzustellen. Wir starten mit 1. Korinther 12, ich lese mal den ersten Vers und springe dann ein bisschen, aber ihr werdet mitkommen.
1. Korinther 12,1: Was aber die geistlichen Gaben betrifft, Brüder oder Geschwister, so will ich nicht, dass ihr ohne Kenntnis seid.
Dieses Kapitel handelt eigentlich von Geistesgaben, von der Begabung, die jeder Einzelne hat. Paulus möchte, dass die Geschwister Dinge begreifen, die ganz zentral zu diesem Thema Geistesgaben gehören.
Verse 4 bis 7: Es gibt aber Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist. Es gibt Verschiedenheiten von Diensten, und es ist derselbe Herr. Es gibt Verschiedenheiten von Wirkungen, aber es ist derselbe Gott, der alles in allen wirkt.
Hier werden unterschiedliche Begriffe für Gnadengaben verwendet. Warum das so ist beziehungsweise wie weit ihr den Begriff Begabung unter der Überschrift Gnadengabe – also von Gott geschenkte oder vom Heiligen Geist geheiligte Begabungen – verstehen müsst, klären wir morgen. Hier möchte ich einfach weiterlesen.
Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes gegeben. Mit Offenbarung ist hier das Geschenk der Gnadengabe gemeint, das der Geist für dich hat. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben.
Bitte habt das zum Nutzen im Blick, im Hintergrund für alle. Wenn ich etwas zum Nutzen gebe, dann damit du deine Gabe nicht für dich behältst, sondern anwendest. Logisch: Wenn etwas nützlich ist, wird es nur dadurch nützlich, dass du etwas damit machst. Solange du nichts damit tust, ist es zwar schön, dass du eine Gabe hast, aber für niemanden nützlich.
Jede einzelne Gabe – und ich könnte jetzt sagen, jeder Dienst, jede Wirkung, alles, was Gott in die Gemeinde hineinsteckt – ist gegeben, damit wir miteinander dienen. Wir haben den Auftrag, wir sind ein Team.
Jetzt geht es um die Frage: Wie wirken wir als Team zusammen?
Vers 11: Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist und teilt jedem besonders aus, wie er will.
Hier wird deutlich: Begabungen, die Gott gibt, sind kein "Wünsch dir was". Gott gibt, wie er will. Das heißt nicht, dass du nicht auch für Gaben beten darfst. Paulus selbst spricht in 1. Korinther 14 davon, dass der, der in Fremdsprachen spricht, dafür beten soll, dass er auch auslegt, damit er noch mehr der Gemeinde dient.
Du darfst für Gnadengaben beten, aber grundsätzlich gilt: Wenn du startest und mit deinem Christsein erst einmal feststellst: Aha, ich bin jetzt bekehrt, aha, ich bin begabt – dann wird Gott wissen, was er dir gegeben hat. Du bist ja sein Geschenk an die Gemeinde, an die Gemeinschaft. Du musst dir gar keine Sorgen machen. Der Geist gibt erst einmal, wie er will.
Dann heißt es weiter: Wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, so sind alle Glieder des Leibes, obgleich viele, ein Leib.
So ist es auch mit Christus, der Person Jesu Christi. Der Christus hat jetzt einen Leib, einen Körper auf der Erde. Und genauso wie ein normaler Körper aus unterschiedlichen Organen zusammengesetzt ist, so ist es auch mit der Gemeinde.
Vers 13: Denn in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden.
Das, was uns verbindet, das verbindende Element, ist also derselbe Geist.
Jetzt wird es spannend: Dieser selbe Geist sorgt dafür, dass ein Organismus entsteht, in dem unterschiedliche Funktionen sich auf wunderbare Weise gemeinsam ergänzen. Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.
Es gibt einen Geist, den wir alle miteinander teilen, aber unterschiedliche Funktionen. Der Geist gibt dem einen das, dem anderen das, dem Dritten das, dem Vierten das. Und zusammen funktioniert das dann. Zusammen sind wir ein Leib.
Wenn wir uns den Leib anschauen, wird deutlich: Jeder wird gebraucht. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
In den Versen 15 bis 18 heißt es: Wenn der Fuß spräche: „Weil ich nicht Hand bin, gehöre ich nicht zum Leib“, dann würde er nicht zum Leib gehören. Stell dir vor, dein Fuß hätte den Mund und würde sagen: „Jürgen, ich gehöre nicht dazu, weil ich keine Hand bin.“ Da würdest du zu dem Fuß sagen: „Entschuldigung, Fuß, natürlich gehörst du dazu, du bist halt Fuß.“ Es ist ziemlich simpel an dieser Stelle.
Wenn der Fuß spräche: „Weil ich nicht Hand bin, gehöre ich nicht zum Leib“, gehört er deswegen nicht zum Leib? Doch, natürlich gehört er dazu. Und wenn das Ohr spräche: „Weil ich nicht Auge bin, gehöre ich nicht zum Leib“, gehört es deswegen nicht zum Leib? Natürlich gehört es dazu.
Andersherum: Stell dir mal vor, der ganze Leib wäre Auge – wo wäre dann das Gehör? Oder wenn der ganze Leib Gehör wäre – wo wäre der Geruch? Also stell dir vor, du hast vor dir so ein überdimensionales Auge stehen, nur so ein riesiges Auge, keine Füße dran, keine Arme, keine Nase mittendrin, einfach nur ein fettes Auge. Damit kannst du nichts anfangen. Wir brauchen einfach alles. Ganz einfache Theologie: Jeder wird auf seine Weise tatsächlich gebraucht.
Der zweite Punkt ist: Keiner ist von dem anderen unabhängig. Oder eigentlich ist das schon der dritte Punkt. Der erste ist, dass der Geist gibt, wem er will. Der zweite Punkt ist, dass wir alle gebraucht werden. Drittens: Keiner ist unabhängig oder autark.
In den Versen 19 bis 21 heißt es: Wenn aber alles ein Glied wäre, wo wäre der Leib? Nun, es sind zwar viele Glieder, aber ein Leib. Das Auge kann nicht zur Hand sagen: „Ich brauche dich nicht.“ Oder das Haupt zu den Füßen: „Ich brauche euch nicht.“ Das kann keiner sagen.
Versteht ihr? Das geht nicht. Nicht einer kann sich hinstellen und sagen: „Lasst mich alle in Ruhe, ich brauche euch nicht, ich komme gut alleine klar.“ Das stimmt einfach nicht. Wir brauchen einander, und zwar ganz, ganz dringend. Ich bin nicht unabhängig von dem, was andere Geschwister haben und mir geben können.
Und übrigens geht es in der Gemeinde noch einen Schritt weiter. Wir sind nicht nur grundsätzlich voneinander abhängig, sondern wir brauchen sogar die Schwachen ganz besonders. Das ist ein ganz komischer Gedanke, der, glaube ich, in unserer Zeit, gerade auch in unserem deutschen Volk mit seinem Hang zum Perfektionismus, mit seinem Hang, fleißig zu sein, etwas gut organisiert zu kriegen und sehr effektiv zu machen, kaum mehr vermittelbar ist.
Aber das Evangelium ist eine Botschaft für Schwache. Ist uns das eigentlich noch klar? Die Gemeinde sollte eigentlich nicht eine Gemeinde aus Starken sein, sondern aus Schwachen. Das Evangelium ist eine Botschaft für die Armen, und deswegen kann eine Gemeinde sich nur dann als Gemeinde Jesu Christi verstehen, wenn sie es schafft, die Schwachen mit ihren Begabungen einzubeziehen.
Wir tun ja schnell so, als ob jemand, der etwas schwächer ist – und ich meine jetzt im Blick auf Bildung, Charakter, Herkunft – mit dem man nichts anfangen kann. Versteht ihr? Ja, wir brauchen immer die Leute, die alles können, die ein tolles Profil haben, die überall reinpassen, die man überall hinsetzen kann. Das sind die Leute, die die Welt sucht.
Und jetzt kommt die Gemeinde und sagt: Nein, wir sind eine Gemeinschaft, in der jeder gebraucht wird, wo keiner autark ist und wo vor allem die, die in der Gesellschaft immer durchs Raster fallen, ihren Platz finden. Wenn euch das nicht gelingt, seid ihr nicht Gemeinde Jesu Christi. Dann seid ihr vielleicht ein gut organisierter Haufen.
Ja, und wenn man genug Geld hat, kann man mit genügend Angestellten die Sache am Laufen halten. Aber das ist nicht Gemeinde Jesu Christi.
Ich zeige euch das am Text: Da heißt es in Vers 22: „Sondern gerade die Glieder des Leibes, die schwächer zu sein scheinen, sind es gar nicht.“ Du siehst da jemanden und denkst: „Na ja, brauchen wir eigentlich nicht in der Gemeinde, ohne den kämen wir auch aus.“ Jetzt kommt dieser Text und sagt: Falsch!
Die scheinen vielleicht nach weltlichen Maßstäben erst einmal ein bisschen schwächer zu sein, und sie tun sich im Leben vielleicht auch ein bisschen schwerer – das ist ja geschenkt. Trotzdem sind sie in der Gemeinde notwendig. Du brauchst die Schwachen. Gott begabt die Schwachen, und wenn du denkst, du kommst ohne sie aus, hast du dich gewaltig getäuscht.
Und die, die uns die weniger Ehrbaren am Leib zu sein scheinen, die umgeben wir mit reichlicherer Ehre, und unsere Nichtanständigen haben größere Wohlanständigkeit.
Ja, die Nichtanständigen! Vom Bild des Leibes her betrachtet, das wären so unsere Fortpflanzungsorgane. Das ist das „Nichtanständige“, das, worüber jede Kultur irgendetwas macht, damit man es halt nicht sieht.
Genau, und das Bild wird hier übertragen. So wie man die Dinge, die man nicht jedem zeigt, weil man sich ein bisschen schämt, verbirgt, so gibt es Leute in der Gemeinde, die diese Funktion erfüllen. Das hört sich ein bisschen schräg an, weil man auf den ersten Moment denkt: Mit denen können wir aber keinen Start machen.
Und jetzt kommt Gott und sagt: Ich möchte, dass ihr euch als Gemeinde Gedanken macht über die Leute, die in der Gesellschaft wenig darstellen. Wie ihr dafür sorgen könnt, dass sie in der Gemeinde besonders unterstützt und herausgestellt werden. Wie ihr dafür sorgt, dass ihre Begabung und ihr Dienst nicht unter den Tisch fallen. Dass sie nicht in der Gemeinde den Eindruck haben: „Okay, draußen will mich keiner und in der Gemeinde anscheinend auch nicht.“ Sondern wir sind eine Gemeinschaft, in der jeder begabt ist.
Das zeigt sich insbesondere daran, dass wir auf die achten, die in der Gesellschaft einen schwereren Stand haben, und dass sie dann in der Gemeinde nicht auch diesen schweren Stand haben. Wir dürfen in der Gemeinde nicht die Hierarchie der Gesellschaft wieder abbilden – die Macher und die, mit denen gemacht wird –, sondern wir sind ein Team.
Gott begabt alle, und alle werden gebraucht. Wir müssen es schaffen, in einer Gemeinde dafür zu sorgen, dass alle mit ihren Begabungen dienen. Damit Kirche wirklich zu einer Rettungsstation für Hoffnungslose wird und nicht zu einem Club von Besserverdienenden.
Dann heißt es in Vers 27 noch: „Ihr aber seid Christi Leib und einzeln genommen Glieder.“
Nehmt diesen Gedanken mit: Wir sind ein Team. Das Bild hier ist der Körper. In einem Körper sucht sich im Allgemeinen das einzelne Organ nicht aus, was es wird. Es entwickelt sich einfach, es ist da. So ist das auch hier.
Der Geist Gottes begabt dich, ohne dich zu fragen. Und dann gilt: Jeder wird gebraucht, keiner kann auf die anderen verzichten. Und die, die schwach zu sein scheinen – wo man in der Gefahr steht zu denken: „Die brauchen wir aber nicht!“ –, das sind die, über die wir uns besonders Gedanken machen müssen. Denn ihre Gaben fallen am leichtesten unter den Tisch.
Das ist ja irgendwie klar. Wenn da jemand denkt: „Mich braucht keiner!“ – und das denken die Schwachen zuerst –, dann fehlen dir in der Gemeinde die Gaben genau dieser Geschwister. Damit wird deine Gemeinde als Team nicht mehr leistungsfähig.
Bitte vergiss nicht: Gottes Geist hat sich diese Idee ausgedacht, die Welt zu erreichen durch einen Tempel, einen weltweiten Tempel. Wir könnten andere Bilder hier bringen, aber ich bleibe mal bei diesem Tempelgedanken, dass Menschen, die ungläubig sind, dir begegnen und dadurch dem Tempel Gottes und damit Gott begegnen.
Und jetzt die Frage: Wie kriegen wir das hin, dass wir die Welt erreichen? Die Antwort lautet: Nur zusammen.
Und deswegen möchte ich zum Schluss nochmals die wichtigsten Punkte zusammenfassen.
Jeder von uns ist begabt. Jeder von uns ist begabt, weil wir dazu berufen sind, Gottes Tempel zu bauen.
Ich möchte dazu eine Stelle aus dem ersten Petrusbrief anführen, die auch sehr schön ist, wenn man Verse auswendig lernen möchte: 1. Petrus 2,5. Dort heißt es: „Lasst euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus.“
Petrus greift hier den Gedanken vom Tempel auf. Wenn man einen alten Tempel sieht, besteht er aus vielen Steinen. So sind wir auch Steine im Tempel Gottes.
Die Aufforderung lautet: Wenn du verstanden hast, dass du ein solcher Stein im Tempel Gottes bist, dann musst du natürlich auch an die richtige Stelle. Es nützt nichts, wenn da ein großer Haufen Steine einfach nur in der Gegend herumliegt. Das ist noch kein Tempel.
Wenn Gott dich mit der Bekehrung einfach dahinwirft, sagt er sozusagen: „Such dir mal deinen Platz.“ Das ist deine Aufgabe. Wenn du zum Beispiel über einem Fenster so ein Querbalken bist, musst du deinen Platz suchen, dorthin klettern und schauen, wie du da hineinpasst. Dabei hast du andere Steine um dich herum. Das kann schon mal eng werden und ist nicht immer angenehm.
Deswegen ist der zweite Punkt: Gaben einzusetzen heißt, das zu lieben, was der Herr Jesus liebt. Indem ich mich einbauen lasse und schaue, wer ich bin und womit Gott die Gemeinde beschenken will, wenn er mich benutzt, liebe ich den Herrn Jesus.
Das heißt: Wenn ich bereit bin, mich trotz aller Widerstände mit meinen Gaben in die Gemeinde einzubringen, dann ist das wahrscheinlich der größte Liebesbeweis, den du in einer Zeit, die von Individualismus und Eigenwillen geprägt ist, bringen kannst.
Ich weiß nicht, ob dir das klar ist. Etwas, das heutzutage kaum noch geschätzt wird – und ich weiß nicht, wann das angefangen hat – ist die einfache kleine Ortsgemeinde, die sich verbindlich in einen Haufen von Chaoten einfügt.
In diesem Bild vom Stein, der sich so an die anderen schubbert und reibt, ist es manchmal ganz schön eng, warm und kratzig, sich da einzubringen und zu sagen: „Da gehöre ich hin, weil Gott mich berufen hat, diesen Haufen von Chaoten mit meinen Gaben zu beschenken und weil Gott mich dazu berufen hat, mich von ihnen beschenken zu lassen.“
Ich mag es nicht immer verstehen, dass ich die anderen brauche. Und sobald du so ein Alphatierchen bist, wie ich es zum Beispiel bin, musst du dir das manchmal auch zusprechen und sagen: „Du brauchst die anderen.“
Da ist die Versuchung zu sagen: „Das geht doch ohne.“ Nein, geht es nicht. Ich brauche die anderen, die anderen brauchen mich. Und sich darauf bewusst einzulassen, obwohl ich weit aus meiner Komfortzone herausgehe, obwohl mich das Zeit, Nerven und Geld kostet, trotzdem zu sagen: „Ich liebe den Herrn Jesus und ich beweise ihm, wie sehr ich ihn liebe, indem ich liebe, was er liebt.“
Das ist der Punkt, auf den es mir heute ankam.
Der dritte Punkt: Wir tun diesen Dienst in der Gemeinde als Teil eines Teams. Dieses Team kann nur funktionieren, wenn tatsächlich jeder – und jetzt sage ich es mal fröhlich, fleißig und treu – mit den Gaben dient, die Gott ihm gegeben hat.
Mir war wichtig zu sagen: Der Geist gibt, wie er will. Jeder wird gebraucht. Keiner schafft es allein. Die Schwachen sind besonders wichtig.
Wenn einer aussteigt und nicht mitmacht, dann kann das, was er nicht tut, in der Qualität, zu der er berufen ist, von keinem anderen ersetzt werden.
Am Ende wird unser Dienst als Gemeinde, als Tempel Gottes in dieser Welt, als Leib Christi, der den Auftrag hat, den Herr Jesus fortsetzt, die Welt mit dem Evangelium zu erreichen, dann nicht in der Qualität erfüllt werden können, wie Gott es sich ursprünglich für uns gedacht hat.
Amen.
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