Einleitung: Die Herausforderung, Sünde bei Geschwistern anzusprechen
Warum dürfen wir Sünde bei Geschwistern nicht ignorieren? Fünf theologische Gründe, die dich im Glauben wachsen lassen, praktische Nachfolge und dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Achtsamkeit. Sünde ansprechen – darum dreht sich diese Woche der Podcast. Für mich persönlich ist das Thema eine große Herausforderung. Ich mag es nämlich, gemocht zu werden. Kritische Kommentare zu meinen Videos und Posts im Internet lese ich nicht gerne. Deshalb ist für mich die Vorstellung, jemanden mit seiner Sünde zu konfrontieren, total schlimm.
Es bereitet mir keinerlei Probleme, für jemanden, der sündigt, ein Jahr lang zu beten und zu fasten. Aber vor einer direkten Konfrontation schrecke ich instinktiv zurück. Das ist einfach nicht mein Ding. Ich vermute, dass ich mit dieser Abneigung nicht allein dastehe.
Trotzdem stehe ich vor dem Phänomen, dass die Bibel mich dazu auffordert, grobe Sünde bei den Geschwistern anzusprechen – aus Liebe, aus Gehorsam. Heute möchte ich noch einen Schritt weiter gehen: aus Achtsamkeit.
Was meine ich damit? Erinnert ihr euch an Lukas Kapitel 17, Vers 3? Ich habe den Vers gestern zitiert: „Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht.“ (Lukas 17,3). Dieser Vers ist ein klarer Beleg dafür, dass der Herr Jesus will, dass wir Sünde bei unseren geistlichen Geschwistern ansprechen.
Die biblische Aufforderung zur Achtsamkeit und Selbstfürsorge
Aber jetzt wollen wir uns anschauen, wie der Vers anfängt. Also noch einmal: Lukas Kapitel 17, Vers 3.
Lukas 17,3: "Habt Acht auf euch selbst! Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zu Recht, und wenn er es bereut, so vergib ihm."
Spannend, oder? "Habt Acht auf euch selbst." Vielleicht lege ich etwas zu viel in diese Formulierung hinein, aber mir scheint, dass es Gründe gibt, die in mir selbst liegen und die es wichtig machen, dass ich Sünde anspreche.
Ein Punkt ist der, den ich gestern schon vorgestellt habe, nämlich dass ich das Verhalten von Geschwistern nicht mehr ertrage, dass ich langsam unausgeglichen werde, anfange, die betreffende Person zu meiden, vielleicht deshalb nicht mehr regelmäßig in den Gottesdienst gehe oder aufhöre, für sie zu beten.
Spätestens wenn ich das Kopfkino nicht mehr abschalten kann, mir ständig überlege, wie ich dem anderen mal die Meinung sage, grollig werde und womöglich selbst schlecht über ihn rede, dann ist es Zeit, etwas anzusprechen. Es ist Zeit, weil ich mir selbst schade. Achtsamkeit ist hier wichtig.
Achtsamkeit als Selbstschutz
Ich achte auf mich selbst. Sünde nicht anzusprechen kann mir selbst schaden.
Dazu ein Hinweis: Es ist keine Sünde, auf sich selbst zu achten. Ja, die Bibel fordert mich dazu auf, den anderen höher zu achten als mich selbst. Doch dann geht Paulus noch weiter. In Vers 4 heißt es: „Ein jeder sehe nicht nur auf das Seine, sondern ein jeder auch auf das der anderen.“ Paulus formuliert hier typisch paulinisch überspitzt gegen jede Form selbstsüchtiger Ichbezogenheit, die keinen Raum für die Bedürfnisse meiner Geschwister lässt.
Aber er will nicht sagen: „Achte nicht auf dich.“ Es geht ihm vielmehr darum, dass ich die anderen nicht vergesse. Und gerade Paulus fordert an verschiedenen Stellen dazu auf, auf sich selbst zu achten und die eigenen Bedürfnisse und Grenzen ernst zu nehmen.
Hier drei Beispiele:
In Apostelgeschichte 20,28 warnt Paulus die Ältesten: „Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher eingesetzt hat.“
In Galater 6,1 schreibt Paulus: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt wird, so bringt ihr die Geistlichen einen solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht. Und dabei gib auf dich selbst Acht, dass nicht auch du versucht wirst.“
In 1. Timotheus 4,16, dem Vers, der aktuell auf meinem YouTube-Kanal steht, heißt es: „Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre, beharre in diesen Dingen; denn wenn du dies tust, so wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, die dich hören.“
„Habe Acht auf dich selbst“ – dieser Hinweis kommt immer wieder.
Ein wichtiger Aspekt der Achtsamkeit ist, dass ich Sünde im Leben von Geschwistern anspreche, bevor sie mir selbst zum Verhängnis wird.
Die Folgen des Ignorierens von Sünde in der Gemeinschaft
Und natürlich kann das nicht nur in Form von Kopfkino und Groll geschehen. Sünde ist – das werden wir morgen noch genauer anschauen – infektiös. Sie kann mich selbst oder meine Familie anstecken.
Wenn ich Sünde nicht konfrontiere, dann verseucht sie mein Umfeld und wird mir selbst zur Gefahr.
Es gibt sogar noch einen weiteren Aspekt in puncto Achtsamkeit: Wenn ich Sünde nicht anspreche, führt das dazu, dass auch ich nicht angesprochen werde. Mein Verhalten trägt zur Kultur der Gemeinde bei.
Das wäre sehr tragisch, weil wir alle als Gemeinschaft davon leben, dass wir aufeinander achten. Dabei geht es nicht darum, einander in Stasi-Manier zu bespitzeln, sondern sich füreinander zu sorgen. Wir achten aufeinander, weil wir uns lieben und weil wir uns für jeden in der Gemeinde wünschen, dass er oder sie das Ziel erreicht.
Grenzen der Gemeindezucht und achtsamer Umgang mit Sünde
Ein wichtiger Hinweis zum Schluss
Wir sprechen hier von Sünde bei Menschen, die Christen sind oder sich zumindest als solche bezeichnen und zur Gemeinde gehören. Dabei gehen wir nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Gesellschaft, um Atheisten oder andere Menschen mit ihren Fehlern zu konfrontieren. Natürlich gibt es Situationen, in denen das angebracht sein kann, aber grundsätzlich richten wir nur Geschwister.
Wir sind nur für unsere geistliche Familie verantwortlich, nicht für alle Menschen, denen wir begegnen. Deshalb kann Paulus in einem Fall von Gemeindezucht auch schreiben: 1. Korinther 5,12-13: „Denn was habe ich zu richten, die draußen sind? Richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Die aber draußen sind, richtet Gott.“
Gott richtet also die, die draußen sind – das sind die Menschen, die nicht zur Gemeinde Gottes gehören. Ich bringe das ganz bewusst am Ende dieser Episode über Achtsamkeit, weil es auch zu einem achtsamen Umgang mit mir selbst gehört, dass ich mich nicht aufrege, vor allem nicht über das falsche Verhalten von Sündern.
Gelassenheit im Umgang mit Sünde und Gottes Zukunftsperspektive
Zum Schluss zwei Verse dazu:
Sprüche 23,17: Dein Herz eifere nicht gegen die Sünder, sondern fürchte den Herrn jeden Tag.
Sprüche 24,19-20: Entrüste dich nicht über die Übeltäter, ereifere dich nicht gegen die Gottlosen, denn für die Bösen gibt es keine Zukunft, die Leuchte der Gottlosen erlischt.
Es ist weise und in meinen Augen ein wichtiger Aspekt der Achtsamkeit, wenn wir nicht nur unsere Geschwister auf ihre Sünde ansprechen, sondern auch gelassen bleiben, wenn die Welt um uns herum immer schräger wird.
Lasst uns darauf achten, Gott zu fürchten. Und lasst uns nie vergessen, dass alles Böse keine Zukunft hat.
Abschluss: Einladung zur Selbstreflexion und Segen
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, ob es in deinem Herzen Groll gegenüber Geschwistern oder Ungläubigen gibt. Beides wäre falsch.
Das war's für heute. Der Herr segne dich, schenke dir seine Gnade und lasse dich in seinem Frieden leben. Amen.