Wir kommen damit zum nächsten Teil unserer Reise. Es wird schließlich eine Rundreise, die uns am Ende wieder nach Brake führen wird. Zuvor waren wir in Bad Pyrmont oder in Brake. Nun haben wir einen kleinen Abstecher nach Frankreich gemacht.
Jetzt kommen wir zu den Kriegsschauplätzen dieser Welt, die zum Teil gar nicht so weit entfernt sind, zum Beispiel in Bosnien. Das wissen wir. Aber auch in anderen Teilen der Welt wird heute gekämpft und gestorben.
Es wird nicht nur in diesen Regionen gekämpft und gestorben. Zum Teil, wie ich hier aus einer Illustrierten ein Beispiel mitgebracht habe, gibt es den Krieg auch vor der eigenen Haustür – oder sogar den Krieg hinter der eigenen Haustür. Dann gibt es den Kampf in der Familie.
Krieg und Frieden als grundlegende menschliche Erfahrungen
Heute Abend soll das Thema "Krieg und Frieden" beziehungsweise "Feinde und Freunde" heißen. Diese Begriffe reimen sich nicht nur gut, sie gehören auch eng zusammen. Denn irgendwie müssen wir uns entscheiden: Wie stehen wir zu anderen Menschen, mit denen wir zu tun haben? Graben wir das Kriegsbeil aus oder rauchen wir zusammen die Friedenspfeife? Diese kann ja auch leer sein – wir brauchen sie nicht unbedingt zu rauchen.
Wenn wir im Alten Testament und auch im Neuen Testament lesen, wird sehr viel Wert auf den Frieden gelegt. Im Jesaja, im elften Kapitel, finden wir die sogenannte Friedensvision. Dort beschreibt Jesaja, wie es einmal auf der Erde sein wird: Das Lamm und der Löwe liegen beieinander, das Kind spielt am Loch der Otter. All diese Beispiele zeigen, dass Jesaja hofft und aufzeigt, dass es eine Zeit geben wird, in der Gott auf der Erde herrschen wird. In dieser Zeit wird tatsächlich vollkommener Friede und absolute Harmonie untereinander herrschen.
Auch der Gruß, mit dem sich bis heute die Juden grüßen, das "Schalom", bedeutet Frieden. Sie wünschen sich also Frieden – nicht nur einen guten Tag oder einen einfachen Gruß wie "Grüß Gott", wie man das in Deutschland sagt, oder "Moin", wie es in Norddeutschland üblich ist. Diese Grüße bedeuten meist einfach nur Guten Tag oder etwas Ähnliches.
In Israel wünscht man sich Frieden – und zwar einen umfassenden Frieden, eine Harmonie, eine Atmosphäre des Vertrauens. Es geht nicht nur um das Fehlen von Kampf, sondern um einen Frieden, der die Gabe Gottes ist. Ein Frieden, den man nicht selbst herstellen kann. Dieses Schalom ist vollkommen erst im Reich Gottes, das Gott gründen wird und auf das Israel schon gehofft hat und von dem es wusste, dass es kommen wird.
Der Friede kommt von Gott. In Römer 15,33 wird Gott sogar der "Gott des Friedens" genannt. Der Friede ist also nicht nur ein Ziel unter vielen, sondern wird eng mit der Person Gottes verbunden. Gott ist ein Gott des Friedens.
Jesus erscheint seinen Jüngern nach Tod und Auferstehung und grüßt sie mit den Worten: "Friede sei mit euch." In Lukas 2,14, am Anfang von Jesu Leben, bei seiner Geburt, heißt es: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden unter den Menschen seines Wohlgefallens."
Überall begegnet uns der Friede. Es gibt viele weitere Beispiele. Im Psalm 29,11 steht: "Der Herr wird sein Volk mit Frieden segnen." Und im Epheser 6,15 heißt es, dass wir das Evangelium des Friedens vorwärts tragen sollen.
Das Evangelium – die gute Botschaft vom Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu Christi – wird hier als das Evangelium des Friedens bezeichnet. Damit begegnet uns dieser Friede wieder, von dem wir schon im Alten Testament gehört haben.
Die Realität von Krieg und Gewalt in der Welt und im Alltag
Nun ist es so, dass trotz wiederholter Hinweise auf Frieden und trotz der sehnsüchtigen Erwartung dieses Friedens um uns herum kein wirklicher Friede herrscht.
Wenn wir uns umsehen, stellen wir fest, dass die Zeitungen nichts zu berichten hätten und das Fernsehen kaum noch etwas zeigen könnte, wenn es keinen Unfrieden gäbe. Sei es bei den Chaostagen, als in Hannover Chaoten offenbar alles zusammenschlugen, oder sei es der Krieg in Bosnien oder in anderen Teilen der Welt – Krieg ist allgegenwärtig. Zwischen Staaten wird dieser Krieg mit Waffen ausgetragen.
Nach dem Ersten Weltkrieg sagte man in Deutschland: „Nie wieder Krieg!“ Doch nur wenige Jahre später brach der bisher schrecklichste Krieg, der Zweite Weltkrieg in Europa, aus. Und obwohl man nach diesem Krieg hätte sagen können, nun herrscht endlich Frieden, gab es überall auf der Welt weiterhin Kriege. Schon allein die großen Kriege, ohne die kleineren Auseinandersetzungen, die hier und dort stattfinden, haben in der Zwischenzeit zusammengerechnet über zweihundert Jahre gedauert.
Ich erinnere nur an den Vietnamkrieg, den Koreakrieg, Afghanistan, Israel, den Iran-Irak-Krieg, den Golfkrieg, Bosnien, Tschetschenien, den Sudan oder Sumaja. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Überall gibt es Grausamkeiten, bei denen Menschen andere Menschen quälen.
Doch Krieg gibt es auch hier unter uns. Vor einiger Zeit las ich, dass in New York ein Tourist, der sich die Freiheitsstatue vom Schiff aus ansah, plötzlich von jemandem angeschossen wurde – ohne ersichtlichen Grund. Dort gibt es Bandenkriege und eine zunehmende Kriminalität, die immer hemmungsloser mit Gewalt einhergeht. Zwei Polizisten unter uns könnten sicherlich viel darüber berichten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass jugendliche Schwarze durch Gewalteinwirkung sterben, ist besonders hoch. Die meisten Jugendlichen dieser Gruppe werden ermordet. Auch hier zeigt sich, dass Krieg herrscht.
In Deutschland wurden vor zwei Jahren 13 Straßenräuber festgenommen. 1965 gab es insgesamt 1.789.000 Fälle von Gewaltkriminalität, 1990 waren es bereits viereinhalb Millionen. Die Zahl hat sich in dieser Zeit also mehr als verdreifacht.
Welcher Fernsehfilm ist heute noch interessant, wenn keine Gewalt darin vorkommt? Ich habe einmal gelesen, dass ein Kind, das noch nicht zur Schule geht, im Durchschnitt bereits zweitausend Morde im Fernsehen gesehen hat. Man stelle sich vor, wie sehr die Atmosphäre der Gewalt überall um uns herum präsent ist.
Computerspiele, bei denen man andere abschießen muss, sind beliebt. Wer die meisten Gegner besiegt, erhält die meisten Punkte und gewinnt. Auch im Geschäftsleben gibt es Krieg gegen die Konkurrenz: Man spricht von Übernahmeschlachten, von Verdrängung oder vom Kampf um Märkte.
Im Sport ist der Wettkampf ein fester Begriff. Begriffe wie Schlachtenbummler, Torschütze, Stürmer, Schüsse, Abwehr oder Verteidigung sind alltäglich und wir wundern uns kaum darüber.
Konflikte und Kriege im familiären und nachbarschaftlichen Bereich
Es gibt auch den Krieg, an dem wir noch viel mehr beteiligt sind: den Kleinkrieg in der Nachbarschaft, den Krieg in der Familie. Dort beobachtet jeder kritisch den anderen, um etwas zu finden, über das er sich aufregen kann. Manchmal sind es Sticheleien oder Kleinigkeiten, bei denen der eine nicht auf den anderen hören will oder auch nicht kann.
Dann entstehen Kämpfe um die Alliierten, um die Kinder – eben darum, die Kinder für sich einzunehmen. "Seht ihr, was der Papa dort macht? Seht ihr, was die Mama dort macht? Das ist doch falsch!" Schließlich wissen auch die Kinder, wie sie das machen müssen. Sie stellen sich auf die Seite des Stärkeren oder beziehen mal dort, mal da Positionen, je nachdem, was ihnen zum Vorteil gereicht.
Vor kurzem habe ich so etwas wieder erlebt, als ein Ehepaar zu Besuch bei uns war. Sofort kam das Gespräch auf einen strittigen Punkt in der Familie. Die Frau wollte gerne ein Zimmer, in dem vorher die Mutter gewohnt hatte und die nun gestorben war, neu ausbauen. Der Mann sagte: "Ich habe so viel zu tun, ich habe gar keine Zeit, und ich kann das gar nicht machen."
Dann war es wieder so, dass wir als Außenstehende mit einbezogen werden sollten: Auf welche Seite schlagen wir uns? Jeder hoffte, dass nun endlich ein entscheidender Hieb ausgeführt wird. "Nun, ja, du hast doch Recht, wie kann der andere das nur machen? Wie kann der nur so sein und das jetzt nicht ausbauen?" Oder umgekehrt: "Ja, du hast doch schon so viel Platz, was willst du noch? Damit bist du nie zufrieden."
Wir haben uns dann vornehm zurückgehalten, denn unsere Sache war es sowieso nicht. Wir hatten weder das Haus gesehen noch wussten wir, was die Vorgeschichte war.
Dann kommt das "Wie du mir, so ich dir": "Du hast meine Zahnbürste runtergeworfen, also lasse ich jetzt das Fenster offen." "Du gehst immer mit den schmutzigen Schuhen ins Haus, also werde ich jetzt meinetwegen den Kaffee kalt werden lassen." Oder: "Du hängst deine Kleidung nicht über den Bügel, also werde ich jetzt auch nicht einkaufen gehen."
Ich weiß nicht, wie es bei euch zu Hause aussieht. Aber vielleicht kennt ihr das: Da oder dort gibt es diese Revanchen, diesen kleinen Austausch, bei dem man ganz genau weiß, wo der andere seine empfindlichen Punkte hat und wo man ihn treffen kann.
Bei manchen, die darüber hinauswachsen, gibt es sogar Gewalt in der Ehe. In Basel habe ich mit einer jungen Frau zusammengearbeitet, deren Schwester von ihrem Freund umgebracht wurde – aufgrund solcher Streitigkeiten. Plötzlich hatte er ein Messer in der Hand, wollte sie vielleicht nur einschüchtern, und die Frau ist daran gestorben.
Ein anderes Beispiel, das ich aus Zürich gelesen habe: Da habe ich mir manchmal gedacht, dass ich mich vielleicht ein Stück weit hineinversetzen kann. Nicht immer bleibt es beim Rüppeligkrieg – das heißt im Schweizerdeutsch so viel wie Kleinkrieg mit Wortgefechten und kleinen Bösartigkeiten.
In Zürich erwirkte 1991 ein 79-Jähriger seinen Nachbarn, weil er ihn verdächtigte, einige Bücher gestohlen zu haben. Nun, da könnt ihr euch denken: Erst mal ein 79-Jähriger – würdet ihr ihm zutrauen, dass er seinen Nachbarn erwirkt? Aber da seht ihr, wenn es so eines zum anderen kommt, wenn man sich gegenseitig aufschaukelt, dann können selbst solche Reaktionen noch zustande kommen.
Ursachen und Dynamiken von Konflikten und Unfrieden
Wo liegt nun die Ursache für diesen Kleinkrieg in den Familien? Woher kommt die gegenseitige Stichelei am Arbeitsplatz?
Zunächst einmal ist da natürlich der Angriff des Anderen. Denn das wissen wir schon seit unserer Kindheit: Der andere ist immer schuld. Das ist bei Kindern ganz klar so. Wenn mehrere Kinder zusammen sind und man fragt, warum sie streiten oder wer angefangen hat, dann lautet die Antwort immer: Es ist der andere.
Das war schon bei Adam und Eva so. Ihr kennt die Geschichte: Gott fragt Eva, warum sie vom Baum gegessen hat. Doch zuerst wird Adam gefragt, da er als Mann zuerst dran ist. Er antwortet, dass Eva ihm die Frucht gegeben hat. Eva wiederum gibt die Schuld der Schlange. Wäre die Schlange noch da gewesen, hätte sie wahrscheinlich noch jemanden gefunden, den sie für die Verführung verantwortlich machen konnte. Natürlich wissen wir, dass die Geschichte mit der Schlange etwas anders verlaufen ist. Trotzdem zeigt sich hier schon der Mechanismus: Der andere ist schuld. Die Ursache des Unfriedens liegt also immer beim anderen.
Manchmal rechtfertigen wir uns auch mit einer empfundenen Ungerechtigkeit, wenn wir es uns nicht ganz so einfach machen wollen. Zum Beispiel sagt die Frau: „Das ist doch ungerecht, ich putze den ganzen Tag, und dann kommt mein Mann nach Hause, zieht nicht mal die Schuhe an der Haustür aus, und überall ist wieder Dreck. Ich muss wieder von vorne putzen.“ Das ist ein Beispiel aus dem Leben, zumindest haben meine Frau und ich solche Auseinandersetzungen schon erlebt.
Es gibt unzählige andere Beispiele, etwa die Zahnpastatube. Ich habe eine Familie kennengelernt, in der ständig über die Zahnpastatube gestritten wurde. Der eine ließ sie offen stehen, sodass die Zahnpasta vertrocknete. Der andere wollte unbedingt, dass sie zugedreht wird, damit sie frisch bleibt. Der eine drehte sie vom Ende her auf, der andere drückte einfach in der Mitte. So blieb natürlich die Hälfte der Zahnpasta in der Tube. Ihr seht, das kann sogar zu einem Scheidungsgrund werden.
Diese Ungerechtigkeit ist oft der Auslöser. Vielleicht ist es auch die Unterdrückung, die sich Luft verschaffen will und endlich freien Lauf braucht. Oder die Unzufriedenheit mit der Situation: „Irgendwie fühle ich mich nicht mehr wohl mit dem, was ich mache.“ Man hat Ärger am Arbeitsplatz, ist unzufrieden und kommt nach Hause – schon bricht der Krieg aus. Oder die Kinder waren den ganzen Tag ungezogen, und der Partner hört nicht einmal zu, was man ihm erzählen will. Diese Unzufriedenheit kann dazu führen, dass wir uns bekriegen. So läuft es auch in großen Staaten, wo Unzufriedenheit Kriege auslöst.
Manchmal sind es Bedürfnisse, die wir haben und zu Recht haben: Bedürfnisse nach Sicherheit, nach Anerkennung, nach Zeit und Zuwendung vom Partner, danach, dass uns jemand zuhört und versteht, wie es uns geht. Wenn diese Bedürfnisse nicht erfüllt werden, versuchen wir vielleicht, wie kleine Kinder, durch Randale Aufmerksamkeit auf uns zu lenken.
Im Hintergrund stehen oft Aggressionen, die in uns sind und heraus müssen. Eine Nachbarin, die wir in Basel hatten, bewahrte immer ein paar Gläser im Schrank auf. Sie erzählte stolz, dass sie, wenn sie wütend war, am besten ein Glas nahm und es auf den Boden warf. Je nachdem, wie wütend sie war, dauerte es eine Weile, bis sie sich abreagiert hatte.
Hinter all dem steht auch das Anspruchsdenken, das unsere Zeit prägt. Wir brauchen uns nur umzusehen: Überall wird dieses Anspruchsdenken gefördert und durchgesetzt. Da heißt es: „Lass dir nichts gefallen, setz dich durch!“ Ein Ratgeber, den ich kürzlich gesehen habe, trägt den Titel „Die Kunst, ein Egoist zu sein“. Das wird nicht als negativ betrachtet, sondern als positiv. Dort wird erklärt, wie man am besten seine eigenen Interessen und Wünsche durchsetzt.
Scheinbar haben wir heute ein Recht auf Glück, auf sexuelle Abwechslung, auf Schönheit, auf Reichtum, auf Selbstverwirklichung und Gesundheit. Wenn das fehlt, muss irgendjemand schuld sein. Dann werden wir unzufrieden, weil wir glauben, ein garantiertes Recht darauf zu haben.
Dann kommt auch der Neid ins Spiel – der Neid auf andere Menschen, denen es besser geht als uns. Der Nachbar, der einen größeren Mercedes fährt, das schönere Haus hat, dessen Kinder mehr auf ihn achten oder der den besseren Urlaub gemacht hat.
Wenn wir genauer hinschauen, erkennen wir, dass all das seinen Ursprung in der Ich-Zentriertheit hat, im Blick auf die eigenen Wünsche und Vorteile. Es fehlt der innere Friede. Es herrscht innere Unzufriedenheit und das Gefühl: „Da muss doch mehr sein!“ Zum Beispiel: „Meine Ehe ist langweilig geworden, da muss doch mehr sein. Warum ist mein Ehepartner nicht mehr so, wie wir uns kennengelernt haben? Warum habe ich nicht so viel Erfolg wie andere im Beruf?“ Das kann unzufrieden machen und das Anspruchsdenken weiter anheizen.
Friedensbemühungen und die Grenzen menschlicher Anstrengungen
Wenn wir die große Politik betrachten, sehen wir umfangreiche friedensfördernde Maßnahmen, die angeregt werden. Ein Beispiel dafür ist die UNO mit ihrer Friedenstruppe. Allerdings zeigt sich auch hier, dass der Frieden nicht immer hergestellt werden kann. Manchmal ist es schlicht unmöglich, Frieden künstlich zu erzwingen.
Es gibt auch den Friedensnobelpreis, der von Alfred Nobel ins Leben gerufen wurde. Nobel hatte erkannt, dass seine Erfindung, das Dynamit, hauptsächlich zu kriegerischen Zwecken eingesetzt wurde. Die Friedenserziehung an Schulen soll dazu dienen, Kinder darin zu schulen, mit Konflikten umzugehen.
Eine unserer Nachbarinnen ist nach Bosnien gefahren, um dort einen großen Einsatz zu leisten. Sie wollte den Menschen Friedenstänze beibringen. Ihre Überzeugung war, dass Menschen, die Friedenstänze tanzen, friedlich miteinander umgehen und innere Harmonie finden würden. Ich habe mit ihr darüber gesprochen und dabei etwas Skepsis geäußert, ob diese Friedenstänze tatsächlich helfen, die Menschen zusammenzubringen. Sie ließ sich davon nicht abbringen, aber bisher habe ich keinen großen Erfolg davon wahrnehmen können.
Ein Satz aus diesem Zusammenhang bleibt mir jedoch im Gedächtnis. Vielleicht erinnern wir uns auch an die Friedensbewegung der 1980er Jahre. Damals brachten Hunderttausende von Menschen ihren Wunsch nach Frieden auf die Straßen. „Frieden schaffen ohne Waffen“ lautete das Motto. Ich glaube, wir können heute noch einiges daraus lernen.
Auch Jesus sagt in der Bergpredigt: Wenn jemand dir auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die linke hin. Hier wird deutlich, dass Unfrieden, Krieg und Zwietracht nicht mit denselben Mitteln bekämpft werden sollen – also nicht nach dem Prinzip „Wie du mir, so ich dir“. Stattdessen gibt es die Möglichkeit, einem Konflikt aus dem Weg zu gehen.
Manche Frau sagt vielleicht: Um des lieben Friedens willen werde ich nicht mehr darüber sprechen, so wie wir es gerade gehört haben. Dann herrscht Ruhe, und zumindest gibt es keinen Krieg in der Familie. Doch meist ist das nur eine Aufschiebung und keine endgültige Lösung. Irgendwo bleibt das Problem im Hintergrund bestehen, und irgendwann muss es doch geklärt und wieder angesprochen werden.
Wir können aufeinander zugehen, einander zuhören und miteinander sprechen. Wir können Kompromisse schließen, die Ansprüche des anderen kennenlernen und darauf achten, auslösende Situationen zu beseitigen. Wenn wir wissen, dass der andere sich immer wieder über etwas ärgert – auch wenn wir das selbst nicht einsehen – können wir versuchen, diese Konflikte zu umgehen.
Biblische Beispiele für Versöhnung und Frieden
In der Bibel finden wir verschiedene Beispiele dafür, wie Menschen möglichen Konflikten aus dem Weg gegangen sind. Ein bekanntes Beispiel ist die Freundschaft zwischen David und Jonathan. David war vor Saul, dem Vater von Jonathan, unter Todesandrohung geflohen. Jonathan hätte eigentlich aus Neid oder Ärger über David, der offen erklärte, König an seiner Stelle werden zu wollen, verärgert sein können.
Doch was tut Jonathan stattdessen? Er sucht David an dem Ort auf, an den dieser geflohen ist. Er besucht ihn, spricht mit ihm, versucht herauszufinden, wie es ihm geht, und sorgt sich um ihn. Zwischen den beiden entsteht keine Zwietracht.
Ein weiteres Beispiel finden wir bei Paulus und Barnabas. Während einer Missionsreise geraten sie plötzlich in Streit. Es ging damals um Johannes Markus, einen Mitreisenden, der sich auf der ersten Missionsreise von Paulus zurückgezogen hatte, als die Lage schwierig wurde. Paulus sagte daraufhin, Markus solle nicht mehr mitkommen.
Barnabas hingegen war etwas versöhnlicher und meinte, man müsse Markus noch eine Chance geben. Schließlich nahm er ihn mit. Später versöhnt sich Paulus mit Johannes Markus. Er nimmt ihn sogar auf einer eigenen Missionsreise erneut mit. So kommen sie wieder miteinander aus und versöhnen sich.
Die biblische Analyse von Unfrieden und der Weg zum Frieden
Wie sieht es prinzipiell mit dem Frieden aus, wenn wir in die Bibel hineinschauen? Die Bibel analysiert ganz eindeutig, wie es zu Unfrieden auf der Welt kommt. Der Unfriede entsteht durch Unzufriedenheit, fehlendes Verständnis, Einsamkeit und Egoismus. Er entsteht auch durch den falschen Weg von Erfülltheit und Unzufriedenheit, weil der Mensch merkt, dass ihm etwas fehlt. Letztendlich steht dahinter die Rebellion gegen Gott. Der Mensch richtet sich nicht mehr auf seinen Schöpfer und sein eigentliches Ziel aus, auf das er geschaffen ist, sondern schaut nur noch auf sich selbst. Er dreht sich immer nur um sich selbst und hat nur seine eigenen Interessen im Blick. Deshalb gibt es den Unfrieden – eben weil jeder Mensch nur seinen eigenen Vorteil sieht.
Frieden ist Frucht der Gerechtigkeit, heißt es in Jesaja 32,17. Dort wird ganz klar gesagt: Frieden kann nur da herrschen, wo auch Gerechtigkeit herrscht. Wir können Frieden nicht einfach machen – weder durch Demonstrationen, noch durch große Willensanstrengungen oder irgendwelche Psychoprogramme.
Wenn wir im Umgang miteinander Frieden haben wollen, dann müssen wir die Ordnung Gottes beachten. Wir müssen darauf achten, wie Gott die Welt geschaffen hat. Dann müssen wir auch einmal den Blick von uns selbst wegwenden und auf Gott richten.
Jesus kommt als Befreier von Unfrieden, Zwietracht, Krieg und Auseinandersetzung auf diese Erde. Er beseitigt den Krieg zwischen Gott und uns Menschen – die Gleichgültigkeit und den Aufstand gegen Gott. Uns wird der umfassende Friede verheißen, den wir auch in Jesaja 11 lesen. Dort wird uns gesagt, dass hier der Anfang passieren kann. Im Moment drehen wir uns um uns selbst, aber dann kommt Jesus und bricht die Schale, diese Eierschale, in der wir uns letztlich auch nicht wohlfühlen. Er weist uns neu auf unser eigentliches Ziel hin: auf Gott.
Das ist etwas Faszinierendes, das immer wieder Christen erleben. Dort, wo sie sich auf Gott ausrichten und von sich wegschauen, erleben sie Befreiung. Sie erfahren gerade diese Selbstverwirklichung, weil Gott uns selbst verwirklicht. Gott weist uns Ziele, und wir merken, dass wir von Gott vollkommen besser verstanden werden, als wir uns selbst verstehen können. Gott sucht auch nach den geheimen Motiven, die wir versuchen, selbst in unserem Leben zu verdrängen oder in den Hintergrund zu schieben.
Jesus kann auch unser Vorbild im Umgang mit anderen Menschen sein. Er beseitigt nicht nur den Kriegszustand mit Gott, sondern auch das Leben untereinander. In den Seligpreisungen heißt es in Matthäus 5: „Selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Als Christen nennen wir uns Gotteskinder. Wir glauben an Gott und vertrauen darauf, dass er uns erfüllen kann. Wir brauchen keine Ersatzbefriedigungen.
Wir glauben, dass Gott uns Frieden gegeben hat mit ihm, dass er Frieden geschaffen hat durch Jesus Christus. Und nun sagt er: Diejenigen, die Gotteskinder heißen, sind Friedensstifter. Im Römer 12,18 heißt es: „Haltet Frieden mit allen Menschen, soweit es an euch liegt.“ Oder in Hebräer 12,14: „Jagt nach dem Frieden mit jedermann.“
Wir werden aufgefordert, nicht nur diesen Frieden für uns zu akzeptieren und zu sagen: „Ja, Gott, das ist wunderbar, dass du auf mich zugekommen bist und mich befreit hast.“ Nein, das hat praktische Konsequenzen in unserem Leben miteinander, in unserem Umgang miteinander. Wir sollen schauen, wie es dem anderen geht, wie es meinem Nächsten geht. Dabei meine ich nicht nur den Nachbarn, der nebenan wohnt, sondern den Nächsten, der neben mir sitzt, der neben mir in der Wohnung lebt oder am Arbeitsplatz ist.
„Haltet Frieden, soweit es an euch liegt“ und „jagt nach dem Frieden mit jedermann“ (Hebräer 12,14). Die, die Frieden schaffen, sind Kinder Gottes. Das sollte uns herausfordern, Frieden zu schaffen – so wie Gott uns den Weg zum Frieden gezeigt hat: nämlich den Blick wegzuwenden von uns selbst und auf den anderen zu schauen.
Das bedeutet auch in der Ehe, erst einmal besorgt zu sein, was die Bedürfnisse des anderen sind. Warum hat der andere diese oder jene Vorstellung? Es geht nicht um Machtkämpfe, wer der Stärkere ist oder wer den längeren Hebel hat, sondern um das Wohl meines Ehepartners, den ich ja schließlich liebe – oder zumindest einmal gesagt habe, dass ich ihn liebe, als ich ihn geheiratet habe, und hoffentlich auch später noch einmal.
Welche Auswirkungen hat das? Was tue ich, weil ich den anderen liebe? Schaue ich einmal, wie es ihm geht? Warum ärgert er sich immer wieder, wenn ich die Zahnpastatube so ausdrücke, wenn ich mit schmutzigen Schuhen ins Haus gehe oder an diesem oder jenem Punkt etwas berühre?
Dann heißt es, Gott um Kraft zu bitten – auch wenn innerlich etwas dagegenhält, wenn ich mich doch durchsetzen will und Pluspunkte im Machtkampf sammeln möchte. Dann soll ich darauf verzichten.
Wenn ich das bildlich ausdrücken darf: Jesus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen und ist als Diener seiner Jünger aufgetreten. Wenn Jesus das tut, können wir auch Diener unserer Ehefrau oder unseres Ehemanns sein. Wir können darauf achten, auch wenn es uns nicht immer ganz genehm ist und uns Mühe bereitet, den Krieg zu schlichten, dem Krieg zuhause zu entgehen und Auswege zu finden.
Das kostet Kraft, die wir nicht immer aus uns selbst schöpfen können. Wir sind auf Gott angewiesen, sonst wird es krampfhaft. Wenn ich mir ein Programm aufschreibe und sage: „Jetzt will ich das und das tun“, werden Menschen mit viel Willenskraft das vielleicht eine Zeitlang schaffen, vielleicht sogar über Jahre hinweg. Aber das ist nicht der Sinn der Sache.
Wenn wir an Jesus Christus glauben und die verändernde Kraft Jesu in unserem Leben erfahren haben, brauchen wir nicht die große Kraft, um Frieden zu stiften, auf den anderen zuzugehen, um Entschuldigung zu bitten, auf den anderen zuzugehen und unsere Eigenarten und Gewohnheiten zu verändern. Das ist oft eine Kleinigkeit.
Die größte Schwierigkeit liegt darin, von uns selbst wegzuschauen und nicht immer nur mich selbst im Blick zu haben. Wenn ich nach Hause komme, soll meine Frau mich doch nicht zuerst fragen, wie es mir geht, mir einen Kaffee kochen und sich um mich kümmern. Vielmehr soll ich sehen, wie es meiner Frau zu Hause ging – oder umgekehrt, wenn der Mann nach Hause kommt.
Dann wird Friede herrschen – nicht nur Frieden, wenn die Waffen schweigen, wie es in einem Lied heißt, sondern persönlicher Friede und Liebe, wo wir aufeinander zugehen. Das geschieht aus der Kraft Gottes, wenn wir ihn darum bitten, uns Kraft zu geben, uns selbst zu überwinden.
Das Problem ist oft unser eigener Stolz, der uns daran hindert zu sagen: „Ja, ich mache es jetzt anders“, auch wenn ich es lieber auf die andere Art tun würde. Frieden zu erleben, Liebe zu wagen und das Kriegsbeil zu begraben, macht uns selbstzufrieden.
Ich kenne einige Familien, mit denen wir vor kurzem gesprochen haben. Dort gibt es seit Jahren immer wieder Auseinandersetzungen und Kämpfe. Eine Frau sagte mir, dass sie sich nicht einigen können, wohin sie im Urlaub fahren sollen. Jeder fährt seit einigen Jahren getrennt weg, weil sie sich nicht einigen können.
Ich habe ihr gesagt: „Verzichtet doch einmal auf diese Ansprüche. Schaut, dass ihr etwas gemeinsam macht und nicht immer nur du selbst im Mittelpunkt stehst.“ Für sie war das unvorstellbar. Sie meinte: „Nein, ich kann doch nicht klein beigeben, wo wir schon so lange streiten. Ich will mich doch auch durchsetzen, ich will doch in den Urlaub fahren, wohin ich will.“
Aber dann gilt es, sich selbst zu überwinden, Demut zu haben und Mut, demütig zu sein. Nicht das Recht auszuspielen, das wir scheinbar gegenüber anderen haben. Jesus hat auch nicht sein Recht ausgespielt oder sich als Herrscher über uns aufgespielt. Er kam auf die Erde und wurde unser Diener.
Das heißt oft auch, Macht aufzugeben, weil wir wissen, dass wir unsere Macht nicht durchsetzen müssen. Gott, der hinter uns steht, wird uns alles geben, was wir brauchen.
Einladung zu persönlicher Friedensstiftung
Ich möchte euch nun nicht mit vielen Gedanken in den Abend entlassen. Trotzdem möchte ich euch, obwohl jetzt Ferienzeit ist, eine kleine Aufgabe mitgeben. Sie soll dazu dienen, das Ganze auch praktisch werden zu lassen.
Wenn ihr heute Abend irgendwo einen stillen Moment habt, schreibt euch doch auf einen Zettel hinten in die Bibel den Namen einer Person, mit der ihr in Unfrieden lebt. Das heißt, mit der ihr sozusagen im Krieg seid – wenn ich es mal ganz radikal ausdrücke. Vielleicht würdet ihr es nur als eine kleine Unstimmigkeit bezeichnen. Es soll eine Person sein, bei der die Hand schon mal zum Streit erhoben wurde.
Nehmt euch vor, dieser Person ein ermutigendes Wort zu sagen oder ihr zumindest einmal zu begegnen. Es soll nur eine kleine Geste sein. Ihr sollt nicht plötzlich mit Liebe um den Hals fallen, sodass die Person denkt: „Ist das ein neuer Trick, um mich fertigzumachen?“ Stattdessen überlegt euch einfach, dass ihr in eurer Freizeit einmal für diese Person betet.
Wenn ihr dann morgens bei eurer stillen Zeit die Bibel aufschlagt, werdet ihr immer daran erinnert. Vielleicht sitzt die Person ja sogar hier neben euch – das kann ja auch sein, das weiß ich nicht. So nutzt ihr die Freizeit, um einen Weg zum Frieden zu gehen. Ihr werdet Frieden stiften, Kinder Gottes sein und Frieden in eurer Umgebung schaffen.
Ihr werdet sehen: Das befreit Verbindungen und macht euch ganz neu offen für den anderen. Dabei erlebt ihr die Kraft Gottes. Wenn ihr euch fragt, wo ihr Gottes Kraft zuletzt erlebt habt, dann werdet ihr sie genau in solchen Momenten spüren – wenn ihr ihn bittet und auf die anderen zugeht.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.